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Es liegt immer an uns, welchen Weg wir einschlagen und welche Entscheidungen wir für uns selbst treffen. Die Natur unterstützt uns auf ganz eigene Weise dabei, zu erkennen, dass die aktuelle Lebenssituation - egal ob Krise oder Krankheit - stets das Ergebnis der bisherigen Wegentscheidungen unseres Lebens ist. Sie hilft uns einzusehen, dass wir höchstpersönlich den Weg bislang so gewählt haben und niemand anderes die Schuld am derzeitigen Zustand trägt. Diese Erkenntnis, so schmerzhaft sie auf den ersten Blick vielleicht sein mag, eröffnet aber auch die Möglichkeit, das nun zu ändern und mutig neue Wege zu gehen. Eigene Pfade, die für uns besser geeignet sind und an deren Rändern wir genau das finden, was uns guttut. In der Klarheit und Kraft dieses Ein- und Ausblicks liegt das eigentliche Geschenk, das uns die Natur in jeder Lebenslage macht: innere Ruhe statt Anspannung, neue Perspektive statt Ausweglosigkeit und Zufriedenheit statt Frustration. Welche hilfreiche Rolle das Natur-Coaching in diesem Prozess des Wandels spielen kann, beschreibt der Autor Dirk Stegner sehr anschaulich anhand vieler persönlicher Erlebnisse. Auch für den Laien verständlich, erläutert er die Methodik und die dahinterstehenden wissenschaftlichen Zusammenhänge auf eindrucksvolle Weise.
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Seitenzahl: 135
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Ich möchte dieses Buch gerne all jenen widmen, die bereit sind in ihrem Leben etwas zu verändern, um Ihren eigenen, ganz persönlichen Weg gehen zu können. Es ist oft nicht leicht, den Mut und die Kraft für diesen ersten Schritt aufzubringen, aber es lohnt sich jeden Tag aufs Neue.
Machen Sie sich auf den Weg!
Dieses Buch soll über die Methodik des Natur-Coachings informieren und gibt in diesem Zusammenhang auch Anleitung zur Selbsthilfe. Dies soll und kann jedoch im Zweifelsfalle oder bei schwerwiegender Erkrankung eine fachkundige, medizinische Diagnose und Behandlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker keinesfalls ersetzen.
Seitens des Autors und des Verlags wird daher eine Haftung für eventuelle Schäden jedweder Art ausdrücklich ausgeschlossen.
Vorwort
Was ist Natur-Coaching?
Eintauchen in die Natur
Retro Style: altes Wissen neu belebt
Filterlose Selbstwahrnehmung
Der erste Schritt: Auch ein Gefängnis gibt Sicherheit
Welche Rolle spielt der Wald?
Erkenntnis ist alles
Der Stein kommt ins Rollen
In welchen Fällen hilft die „grüne Couch“?
Auswirkungen auf unseren Körper
Eigene Kraftplätze finden
Die wahre Natur der Angst
Walkabout
Drei kleine Helferlein
(Ur)Vertrauen
Ausblicke
Über den Autor
Danksagung
Stichwortverzeichnis
Quellenangaben
An schönen Herbsttagen wie heute ist es sehr einfach, die Kräfte der Natur zu spüren. Die letzten wärmenden Sonnenstrahlen des Jahres lassen den Wald in einem besonders intensiven Licht erstrahlen. Die kräftigen Farben des herbstlich verfärbten Laubs ziehen selbst den hartgesottensten Stubenhocker auf magische Weise zu einem Waldspaziergang hinaus. Körper, Geist und Seele können tief durchatmen, und man spürt förmlich, wie der Stress und die Sorgen des Alltags mit jedem Schritt auf kunterbunten Blätterteppichen aus dem Organismus weichen. Die spielerische Leichtigkeit der Kindheit ist plötzlich wieder präsent, man fühlt sich unbeschwert und leicht. Die Luft ist frisch, riecht aromatisch, und alle Zellen des Körpers schreien „ja, bitte mehr davon“.
Von dieser bezaubernden und sich im positivsten Sinne verschwenderisch gebenden Natur inspiriert, setze ich mich in der Stille des Waldes auf einen alten Baumstumpf direkt an einer kleinen Lichtung. Ich lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen, spüre tiefe innere Ruhe und Zufriedenheit. Die angenehme Wärme auf der Haut und das wohlige Gefühl in meinem Herzen geben mir die hundertprozentige Gewissheit, Teil dieser wundervollen Schöpfung zu sein. Ich fühle mich zu Hause. Ich bin glücklich, ohne Wenn und Aber. Ich genieße den Augenblick, der zeitlos zu sein scheint. Vor dem inneren Auge lasse ich die letzten beiden Jahrzehnte Revue passieren und stelle fest, dass es längst nicht immer so war. Mein Leben war geprägt vom Druck, es allen recht machen zu wollen. Deshalb mussten die gesteckten Ziele unbedingt erreicht werden, auch wenn ich mir gar nicht wirklich im Klaren darüber war, ob ich überhaupt in diese Richtung wollte. Bin ich im Nachhinein ehrlich zu mir selbst, so war eigentlich nur mein Kopf der Meinung, dorthin zu müssen. Das Herz war schon immer anderer Ansicht gewesen, traute sich aber nicht, offen zu rebellieren. Lange Jahre ließ ich es zu, dass Angst und Beklemmung mein Leben regierten. Es waren sicher keine leichten Zeiten, doch eines war auch damals bereits der Fels in der Brandung gewesen. Ein Zufluchtsort, wenn die Panik mich mal wieder durchschüttelte oder mir einfach alles zu viel wurde: Der Wald!
Obwohl ich eigentlich gar nicht wusste warum, ging ich, wie von einem unsichtbaren Faden gezogen, schnurstracks hinaus in die Natur und fühlte mich dabei gleich etwas besser. Die Probleme und Ängste waren nicht einfach weg, jedoch rückten sie draußen irgendwie in den Hintergrund. Es schien, als wäre am Eingang des Waldes ein großer Dimmer angebracht, mit dem man die Intensität der eigenen negativen Empfindungen etwas herunterregeln konnte. Zumindest soweit, um wieder Luft zu bekommen und klare Gedanken fassen zu können. Heute erscheint es mir unfassbar, dass ich diesen simplen Zusammenhang zwischen Naturerlebnis und positivem körperlichen Befinden nicht erkennen konnte. Ich war eben ein Kopfmensch und der gab sich schon mit einer viel banaleren Erklärung zufrieden. Mein Verstand war sich sicher, dass in Verbindung mit den Angst- und Panikattacken die Abwesenheit von Enge und anderen Menschen der Auslöser für die teilweise Entspannung war und nicht der Wald oder die Natur als solche. Erst Jahre später und insbesondere an so wunderschönen Herbsttagen wie heute, sollte mir, im wahrsten Sinne des Wortes, Schritt für Schritt bewusst werden, welch kraftvolle Heilerin, allwissende Lehrerin und grenzenlose Versorgerin die Natur im Allgemeinen und der Wald im Speziellen für uns sind. Mein Ansatz des Natur-Coachings, eines begleiteten Renaturierungsprozesses für den Menschen, war geboren und nahm auch dort Form und Struktur an. Alle Abläufe, Einzelschritte und Erkenntnisübungen, die in diesem Buch erläutert werden, sind so ganz natürlich gewachsen und um sinnvolle, etablierte Methoden aus den Bereichen Meditation, EMDR und NLP ergänzt worden.
Begleiten Sie mich nun in den folgenden Kapiteln auf eine spannende Reise in die Natur und finden Sie durch diese auch die Ihre eigenen ursprünglichen Wurzeln wieder. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.
Niederfüllbach, im Herbst 2015.
Seit dem Beginn der Industrialisierung haben wir die Annehmlichkeiten der Technik in vielen Bereichen für unser tägliches Leben entdeckt. Wir müssen nicht mehr aufwendig die Wäsche einweichen und diese stundenlang auf einem Waschbrett schrubben, wenn wir ein sauberes Hemd tragen möchten. Stattdessen benutzen wir hierfür eine moderne Waschmaschine, die das ganz bequem und ohne großen Zeitaufwand für uns erledigt. Wir müssen auch keine langen Briefe mehr schreiben und Wochen auf Antwort warten, wenn wir wissen wollen, wie es unserer Verwandtschaft am anderen Ende der Republik geht. Ein Mausklick genügt und wir unterhalten uns live via Internet. Für fast alles im heutigen Leben gibt es moderne Helferlein, die uns den Alltag so angenehm wie nur irgend möglich gestalten, ganz ohne, dass wir hierfür auf Unterstützung von außen angewiesen wären. Wir fühlen uns dadurch frei und ungebunden, sind nicht mehr wie früher von den Launen der Natur und den Mitmenschen abhängig, sondern können ganz alleine bestimmen, was wir mit unserer Lebenszeit anfangen möchten. Eigentlich alles wunderbar sollte man meinen. Aber die Anzahl derer, die trotz dieser technischen Hilfen immer unzufriedener und infolgedessen sogar krank werden, steigt leider täglich weiter. Psychische Erkrankungen, ausgelöst durch Überlastung, Reizüberflutung und ein Leben wider die eigene Natur, nahmen in den letzten Jahren rapide zu. Aber woran liegt das? Warum fühlen wir uns immer unglücklicher, obwohl es uns doch materiell und medizinisch kaum an irgendetwas mangelt?
Lassen Sie mich diese Frage vielleicht kurz mit einem Vergleich aus der Natur versinnbildlichen und Ihnen damit gleichzeitig einen kleinen Vorgeschmack darauf geben, wie das Natur-Coaching Zusammenhänge begreif- und erkennbar macht. Wenn Sie einen gesunden Baum von der Wurzel bis zur Spitze betrachten könnten, so würde Ihnen auffallen, dass dieser fast spiegelsymmetrisch vom Boden aus nach unten oder oben verläuft. Das für uns unsichtbare Wurzelgeflecht ist ähnlich verzweigt wie die Krone des Baumes. Wenn Sie nun seine Äste extrem beschneiden (wie dies ganz häufig aus Sicherheitsgründen entlang der Alleen und Straßen geschieht), sterben infolge des Zurechtstutzens immer auch Teile des Wurzelgewebes ab. Der Baum kann weniger Wasser und Nährstoffe aus dem Boden ziehen und verliert über die Jahre beständig an Kraft. Oftmals realisieren wir das kaum, da dieser Prozess ja über lange Zeit hinweg stattfindet. Irgendwann erkennen wir den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Beschneiden und der Kraftlosigkeit nicht mehr, da er aus unserem menschlichen Zeithorizont gerutscht ist. Der Baum beginnt zu kränkeln, seine Äste werden morsch und er wird schließlich von den Mitarbeitern des Grünflächen- oder Straßenbauamts fachgerecht entsorgt.
Was ich mit diesem Beispiel aufzeigen möchte, ist, dass es uns modernen Menschen ganz ähnlich ergeht. Durch die zunehmende Digitalisierung der Lebensabläufe sterben schrittweise auch immer mehr unserer natürlichen Wurzeln ab. Durch meine langjährige Tätigkeit als Wirtschaftsinformatiker fiel mir dies selbst zunächst gar nicht auf. Es war für mich normal, Prozesse in vereinfachter Form digital abzubilden. Dass dabei aber ebenfalls eine große Menge an „Informationsverschnitt“ entsteht, der den Menschen immer weiter von den eigenen Wurzeln entfernt, wurde mir erst später klar. Es ergeht uns mittlerweile buchstäblich wie den Bäumen aus meinem kleinen Beispiel: Wir verlieren fortwährend an Kraft. Wir erleben uns selbst nicht mehr als Teil der Natur, der wir vertrauen können, sondern nehmen diese uns gegenüber oft schon feindlich wahr. Die Devise lautet sie zu zähmen und unseren Bedürfnissen anzupassen, statt mit ihr zu leben. Mit anderen Worten: Wir haben es durch den ständigen Umgang und die Einbettung in eine von technischen und wirtschaftlichen Belangen geprägte Welt schlicht verlernt, auf unsere innere Stimme zu hören. Uns selbst wieder vollständig wahrzunehmen und den Zusammenhang zwischen einem für uns „ungünstigen“ Lebenswandel und der Unzufriedenheit, dem Stress und den Ängsten zu bemerken. Genau hier setzt der Natur-Coaching-Prozess an. Es geht um das Erkennen und die Entwicklung der eigenen Potenziale in einem durch die Natur unterstützten Rahmen. So sähe wohl eine sachliche Beschreibung aus. Weniger technisch ausgedrückt, hilft Ihnen das Coaching im Wald, sich wieder ganz klar als der Mensch wahrzunehmen, der Sie in Wirklichkeit, jenseits aller gesellschaftlicher Normen und Zwänge, nun einmal sind. Dass Sie Ihre wahren (Natur)Kräfte und Fähigkeiten wiederentdecken, richtig einschätzen und sinnvoller einsetzen können. Kurz gesagt, dass Sie Methoden und Werkzeuge kennenlernen, die Ihnen dabei helfen, in die Ruhe zu kommen, zu entspannen, neue Lebenswege, Mut und Kraft zu finden, sowie ein glücklicheres und zufriedeneres Leben ohne Einschränkungen führen zu können.
Der Natur-Coach ist dabei kein allwissender Lehrer, der Ihnen sagt, wie Sie dies oder das tun sollen. Seine Aufgabe besteht vielmehr darin, durch gezielte Hilfestellung beim Eintauchen in die Natur wieder den Zugang zu sich selbst zu ermöglichen. Schließlich weiß niemand besser als Sie, was Ihnen wirklich guttut. Er hilft weiterhin dabei, belastende Dinge schrittweise zu erkennen und intuitiv passende Lösungen hierfür zu finden. Gleichermaßen unterstützt er Sie in dem Prozess, Ihr eigenes Bauchgefühl wiederzubeleben, das Ihnen sicher den Weg durch auch noch so ausweglos erscheinende Lebenssituationen aufzeigt. Dies sorgt wiederum für ein tiefes, echtes Selbstvertrauen und reduziert negative äußere Einflüsse wie Stress und Leistungsdruck. Das Natur-Coaching ist somit ein geführter Renaturierungsprozess, der Sie Ihren eigenen natürlichen Lebensweg finden und erkennen lässt. Aber hierzu später mehr.
Bevor wir uns jetzt in die Tiefen der Materie stürzen, kurz noch eine gedankliche Abgrenzung vorweg. Der Begriff Natur-Coaching setzt sich augenscheinlich aus zwei Wörtern zusammen, der Natur und dem Coaching. Im Rahmen des Coachings dienen Feld und Wald im weitesten Sinne als „grüner Behandlungsraum“ für seine Durchführung. Es gibt meiner Meinung nach keinen besseren Ort, um sich selbst klarer, zentrierter und lebendiger wahrzunehmen, als draußen in der Natur. Wie wir im Folgenden noch sehen werden, bietet sie zudem eine Reihe gewichtiger Vorteile, die moderne Behandlungsräume in Gebäuden meist nicht vorweisen können. Welcher Ort genau, also ob mitten im Wald oder auf einer Lichtung, ob am Fluss oder am Strand, ob auf dem Berg oder im Tal, hängt dabei in erster Linie von den greifbaren Möglichkeiten und dem individuellen Coaching-Ziel ab. Mit Natur ist in diesem Zusammenhang also ein Ort abseits von menschlichem Trubel, Lärm und sonstigen Ablenkungen gemeint, der einem das Gefühl von Ruhe, Frieden und Geborgenheit vermitteln kann.
Der zweite Teil, das Wort „Coach“, stammt aus dem englischen und bedeutet im eigentlichen Sinne „Kutsche“1. Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts ist der davon abgeleitete Ausdruck „coaching“ in England und den USA vor allem im studentischen und sportlichen Bereich gebräuchlich. Ähnlich wie die Beförderung in einer Kutsche hilft der Coach dem sogenannten Coachee – also dem der gecoacht wird – dabei, sein spezifisches Wissen, seine Fähigkeiten und Potenziale bezüglich einer bestimmten Aufgabenstellung zu erkennen und besser einzusetzen2. Um beim Vergleichsthema Sport zu bleiben, gibt es feine aber wichtige Unterschiede zwischen einem Trainer (Berater) und einem Coach. Während der Trainer eher fachliche Aspekte einer Sportart vermittelt, geht es dem Coach darum, die dem Coachee eigenen, ganz persönlichen Fähigkeiten und Ressourcen herauszustellen und gezielt zu fördern. So zum Beispiel übt der Fußballtrainer mit seinem Spieler den perfekten Elfmeter. Der Coach dagegen, hilft ihm dabei, sein mentales Durchhaltevermögen zu verbessern oder das Lampenfieber beim alles entscheidenden „Elfer“ vor einem Millionenpublikum in den Griff zu bekommen.
Gerüstet mit diesem Vorwissen, können wir nun weiter in den Natur-Coaching-Prozess, seine Hintergründe, sowie die Erläuterung sinnvoller, ergänzender Techniken einsteigen.
„Man müsse sich aber auf die Natur einstimmen. Man müsse das Geplapper der ach so klugen Gedanken in unserem Kopf zum Schweigen bringen und ganz still werden“, so zitiert Wolf-Dieter Storl, der bekannte Ethnobotaniker, Bill Tallbull, den Medizinmann der Tsististas-Indianer3 in seinem Buch über die Pflanzen der Kelten. Wenn man genau dies tut, nämlich alle Unruheverursacher wie Uhr oder Handy ablegt und sogar das Wissen aus den Schulbüchern für einen Moment vergisst, so Bill Tallbull weiter, dann kann man die Stimmen der Pflanzen, Steine und Tiere wieder hören. Er bringt es damit genau auf den Punkt, wie ich finde, auch wenn es für das technisierte Europäerohr zunächst etwas gewöhnungsbedürftig klingt.
„Wie in die Stille lauschen? Was soll ich denn da vernehmen? Pflanzen und Tiere können doch gar nicht sprechen“, höre ich Sie bereits laut denken. Aber Geduld, Sie werden sehen, dass Bill Tallbull absolut recht hat mit dem, was er sagt und ich meine das durchaus wortwörtlich. Schauen wir uns das der Reihe nach an. Sich einstimmen auf die Natur, klingt so simpel. Was genau ist damit eigentlich gemeint? Reicht es, wenn ich ein paar Schritte in den Wald hineingehe und mich irgendwo ruhig hinsetze? Bin ich dann schon in dem Sinne eingestimmt, dass ich nun einfach kurz die „Energie“, die mir die Natur zur Verfügung stellt, konsumieren oder auftanken kann? „Ja und nein“ lautet meine Antwort auf diese Frage. Es ist zwar nicht zwingend notwendig, um die positiven „materiellen Benefits“ des Waldes für sich nutzen zu können, jedoch fehlt dabei etwas ganz Entscheidendes, das die Sache erst ausgegoren und vollständig macht.
Hierzu vielleicht eine kleine Geschichte, die vor einigen Jahren ihren Lauf nahm. Die Protagonisten: Mein Bruder, ich und ein paar Bienen rund um mehrere Bienenstöcke, die ein Imker direkt neben einem Forstweg positioniert hatte. Da ich den Wald, die Pflanzen und die darin lebenden Tiere wirklich lieben und schätzen gelernt habe, empfinde ich der Natur gegenüber Respekt und tiefe Dankbarkeit. Es ist keine Form der ehrfürchtigen Unterwerfung, sondern vielmehr das liebevolle Gefühl, selbst ein Mitglied dieser „Naturfamilie“ zu sein. Teil eines großzügigen und toleranten Systems, das mich als Mensch gerne aufnimmt, und zwar genau so, wie ich eben bin. Wie beim Besuch der eigenen Familie habe ich es mir daher angewöhnt, meine „Naturfamilie“ ebenfalls zu begrüßen, wenn ich den Wald betrete. Ich stürme nicht einfach achtlos in die Botanik, sondern bedanke mich innerlich für den freundlichen Einlass und erbitte gleichzeitig Schutz auf den Wegen durch die Natur. Durch die Haltung der Dankbarkeit und des Respekts, öffnet sich für mich zeitgleich der Zugang zu den „energetischen Annehmlichkeiten“, die Mutter Natur für mich bereithält und ich strahle dies nach außen hin selbstverständlich auch aus. Da weder mein Bruder, noch ich Angst vor Bienen oder deren Stichen haben, liefen wir vorsichtig zwischen den Kästen hindurch, um zur dahinter liegenden Lichtung abzukürzen. Während ich bereits ein paar Meter weiter auf der Waldwiese stand, hörte ich meinen Bruder laut fluchen und sah ihn wild mit den Armen um sich wedeln. Wir waren beide ruhig zwischen den Bienenstöcken hindurchgegangen. Doch während er von einigen Bienen attackiert wurde, blieben sie bei mir gelassen und friedlich. Daran änderte sich auch nichts, als ich neugierig einfach nochmal zurücklief. Jenes kleine Beispiel macht deutlich, welch gewaltigen Unterschied alleine die „Gesinnung“ ausmachen kann. Übrigens beschert mir dieser innere Respekt, und natürlich auch das damit verbundene äußere Auftreten, nicht nur Schutz vor nützlichen, aber aufgebrachten Bienen, sondern gleichfalls vor Plagegeistern, wie beispielsweise Zecken. Während ich früher bedeutend häufiger von Ihnen heimgesucht wurde, kommt es heute, obwohl ich öfter draußen bin, wesentlich seltener vor. Diese innere Haltung schafft zudem ohne viel Zutun auch die Möglichkeit, das eine oder andere