Naughty & Nice - eingeschneit - DJ Jamison - E-Book

Naughty & Nice - eingeschneit E-Book

DJ Jamison

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Beschreibung

Warum kann ich deinen Kuss nicht vergessen ... Lieber Quinn, warum muss ich diese Gefühle für dich haben? Du bist mein Ex-Stiefbruder, und nichts wird diese Wahrheit ändern, egal wie viele Briefe ich schreibe. Ich habe nie erwartet, dich wiederzusehen - oder dich in einem Schneesturm vom Straßenrand zu retten. Ich hätte nicht gedacht, dass du mich jemals mögen würdest, geschweige denn, dass du mich in einer dampfend heißen Badewanne in einer verschneiten Nacht küssen würdest. Es scheint, als wären wir bessere Liebhaber als Brüder, was ganz schön verrucht ist, während wir zusammen eingeschneit sind. Aber kann diese neue Intimität von Dauer sein, wenn der Himmel aufklart und meine Familie endlich zu den Feiertagen eintrifft, oder sind wir nur zwei Jungs in einer Berghütte mit einer tollen Aussicht auf alles, was wir wollen, aber nicht haben können? Hoffnungslos dein, Jonas

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Seitenzahl: 337

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DJ Jamison

Naughty & Nice – eingeschneit

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2023

http://www.deadsoft.de

© the author

Titel der Originalausgabe: Naughty & Nice

(Love Notes 2)

Übersetzung: Cleo Göttert

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© Kateina – stock.adobe.com

© theartofphoto – stock.adobe.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-636-8

ISBN 978-3-96089-637-1 (ebook)

Inhalt:

Warum kann ich deinen Kuss nicht vergessen ...

Lieber Quinn,

warum muss ich diese Gefühle für dich haben? Du bist mein Ex-Stiefbruder, und nichts wird diese Wahrheit ändern, egal wie viele Briefe ich schreibe.

Ich habe nie erwartet, dich wiederzusehen - oder dich in einem Schneesturm vom Straßenrand zu retten. Ich hätte nicht gedacht, dass du mich jemals mögen würdest, geschweige denn, dass du mich in einer dampfend heißen Badewanne in einer verschneiten Nacht küssen würdest. Es scheint, als wären wir bessere Liebhaber als Brüder, was ganz schön verrucht ist, während wir zusammen eingeschneit sind.

Aber kann diese neue Intimität von Dauer sein, wenn der Himmel aufklart und meine Familie endlich zu den Feiertagen eintrifft, oder sind wir nur zwei Jungs in einer Berghütte mit einer tollen Aussicht auf alles, was wir wollen, aber nicht haben können?

Hoffnungslos dein,

Prolog

Vor vier Jahren

Quinn

Der Weihnachtsbaum, durch dessen Zweige das Licht fiel, leuchtete in Rot-, Blau- und Grüntönen. Mit jedem Atemzug sog ich den Duft von Tannengrün ein, während ich unter den Zweigen lag, die Geschenke neben mir. Das war meine eigene kleine Weihnachtstradition. Es hatte angefangen, als ich noch ein Kind war. Ich hatte meine Geschenke geschüttelt, wie es jeder Zehnjährige tun würde, und als mein Vater mich dabei erwischte, schimpfte er nicht über meine Neugier. Stattdessen hatte er die Geschenke beiseitegeschoben und mich eingeladen, mit ihm in den Baum zu schauen. Ich dachte, er sei albern. Aber als wir dort unter dem Baum lagen, sprach er mit mir, wirklich mit mir über die Bedeutung der Familie und darüber, wie viel wir ihm alle bedeuteten, über die Wunder des Lebens und darüber, dass es nicht Geld oder Ruhm oder sogar coole Weihnachtsgeschenke waren, sondern die Großzügigkeit und Liebe hinter diesen Geschenken.

Vieles davon war zum einen Ohr rein- und zum anderen wieder rausgegangen. Ich war zehn Jahre alt gewesen.

Aber später, nachdem er gestorben war … Nun, ich erinnerte mich. Ich kehrte jedes Jahr zu dem Baum zurück, legte mich darunter, dachte an meinen Vater und an seine Liebe zu seiner Familie und erinnerte mich daran, dass sein Geist, auch wenn er nicht mehr da war, immer bei mir sein würde.

Ein Tritt gegen meinen Fuß unterbrach meine Gedanken. »Hey.«

Jonas. Was wollte er denn jetzt? Mein Stiefbruder bereitetemir ständig Kummer. Er wollte das beste Schlafzimmer, benutzte meine Sachen, ohne zu fragen, und erfüllte jeden Raum, in dem er sich aufhielt, mit einer überlebensgroßen Präsenz, die nicht ignoriert werden konnte.

Er war heiß. Und jetzt mein Bruder.

Und war das nicht eine beunruhigende Wahrheit? Mein Vater war tot, also wie zum Teufel war es fair, dass ich jetzt einen Bruder hatte? Wir waren keine Familie. Wir waren Mitbewohner.

»Verpiss dich«, murmelte ich.

Jonas hörte mich nie. Zumindest tat er nicht so, als hätte er es gehört.

Er schob einige Geschenke beiseite, ließ sich herab und schob seinen Kopf unter den Baum neben meinen. »Du bist ein bisschen zu groß, um dich als Weihnachtsgeschenk zu tarnen.«

»Und du bist ein Idiot.«

Er berührte meine Schulter mit seiner. Schon jetzt drang sein Duft in meinen persönlichen Raum ein und fügte dem schweren Kiefernaroma einen Hauch von Würze hinzu. »Komm schon. Was soll das alles?«

Ich zögerte, aber die Worte kamen mir über die Lippen. »Mein Vater nannte es Baumguckerei.«

Jonas sah mich an, seine blauen Augen waren auf mein Gesicht gerichtet. Sein warmer Atem traf meine Wange. »Hm. Okay. Also wie Sternguckerei, aber mit … Tannennadeln.«

Er klang skeptisch, aber auch so, als würde er versuchen zu verstehen, und ich musste lachen. »Es ist verrückt. Ich war ein Kind, und er war einfach …«

»Ein Vater«, ergänzte Jonas.

»Ja.« Ich schluckte. »Ich vermisse ihn.«

Ich hatte es nicht sagen oder zulassen wollen, obwohl Jonas es zweifellos schon wusste, dass meine Stimme den Schmerz meines Herzens verriet, aber es war zu spät, es zurückzunehmen. Ich wandte meinen Blick wieder nach oben zu den Ästen, denn ich konnte Jonas nicht ansehen, wenn ich mich so verletzt fühlte.

»Erzähl mir von ihm.«

Wo sollte man anfangen?

»Er war großartig, hat mir Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen, mir das Fahrradfahren beigebracht, all die üblichen Vatersachen. Er war immer da«, sagte ich. »Bis er es nicht mehr war. Es ist nicht seine Schuld, aber manchmal fühlt sich die Welt ohne ihn einfach nicht mehr real an, weißt du?« Ich schaute wieder zu Jonas. »Manchmal denke ich, dass ich derjenige bin, der aufgehört hat zu leben.«

»Mein Gott, Quinn.«

Ich biss mir auf die Unterlippe. »Tut mir leid.«

Er schüttelte den Kopf. »Es muss dir nicht leidtun. Lebe einfach.«

»Wie soll ich das machen?«

»Ein Moment nach dem anderen«.

Ich nickte einmal und leckte mir über die Lippen. »Ich denke, ich werde es versuchen.« Scherzend fügte ich hinzu: »Da du so nett gefragt hast.«

»Gut«, murmelte er und hob eine Hand an meine Wange. »Denn meine Welt wäre nicht dieselbe ohne dich.«

Mir stockte der Atem. »Was soll das bedeuten?«

»Nichts«, sagte er mit einem wehmütigen Lächeln. »Ich … wüsste nur nicht, was ich ohne einen Dorn in meinem Auge tun sollte.«

Enttäuschung machte sich in mir breit, obwohl ich mir nicht sicher war, warum. »Oh.«

»Kopf hoch, Quinn. Küss einen süßen Jungen, geh zum Abschlussball, mach deinen High-School-Abschluss und bau dir ein eigenes Leben auf. Sei einem Kind ein großartiger Vater, so wie deiner es für dich war. Das ist der beste Weg, ihn zu ehren.«

Ich hörte alles, was er sagte, und erkannte die Wahrheit darin. Ich war nicht mehr ich selbst, seit ich meinen Vater verloren hatte, auch wenn das schon über zwei Jahre her war. Ich war nicht bereit gewesen, dass meine Mutter weiterzog, dass sie wieder heiratete, und das hatte meiner langsam abklingenden Trauer Schärfe verliehen.

Aber mir schwirrte der Kopf, als mir klar wurde, dass Jonas wusste, dass ich nicht heterosexuell war.

Er begann, sich zu entfernen. »Ich sollte dich in Ruhe lassen.«

»Warte.« Ich griff nach seinem Handgelenk. »Einen süßen Jungen küssen?«

Seine Augen trafen meine. »Das habe ich auch vor.«

Mir stockte der Atem. »Wirklich?«

Jonas zögerte, dann murmelte er etwas vor sich hin. Ich habe nicht viel mehr als das Wort »Fuck« verstanden, bevor seine Lippen auf meinen lagen.

Ich schmolz bei der Berührung seiner Lippen dahin. So weich, so warm. Mein Herz machte einen Sprung und spielte verrückt, als ich meinen ersten Kuss erlebte. Es machte keinen Sinn, dass ich so reagierte, weil ich Jonas wirklich hasste.

Ich hasste es, dass er mit seinen sarkastischen Witzen und seinem leichten Lächeln in meinen persönlichen Raum eingedrungen war, ich hasste es, dass seine Anwesenheit bedeutete, dass mein Vater nie wieder zu mir zurückkommen würde.

Ich hasste es, dass er so attraktiv war, dass ich ihn nicht ignorieren konnte. Und ich hasste es, dass er sich mein Bruder nannte.

Aber ich liebte seine Lippen auf meinen, und all der Hass zerbröckelte wie ein Kartenhaus. Weggebrannt durch einen einzigen süßen Kuss, mein Hass verwandelte sich in Sehnsucht. Ich klammerte mich an seine Schultern und küsste ihn zurück, bis er es beendete.

Dann stieß ich ihn weg, verunsichert durch meine eigene Reaktion. »Was zum Teufel?«

»Frohe Weihnachten?«, sagte er in einem respektlosen Ton.

Mir wurde heiß und kalt. Ich wollte ihn wieder küssen. Ich wollte ihm ins Gesicht schlagen. Ich wollte weinen und wüten, dass die Welt mir diesen selbstgefälligen, nervigen, süßen Kerl in den Weg gestellt hatte, als ich noch nicht bereit für ihn war.

Ich könnte ihn nicht haben, selbst wenn ich es wäre.

Weil wir Stiefbrüder waren.

Unsere Blicke trafen sich, unser Atem ging schwer, und ich spürte, wie mir alle meine widersprüchlichen Gefühle ins Gesicht geschrieben standen.

»Es tut mir leid«, sagte er dickköpfig. »Das hätte ich nicht tun sollen.«

Ich starrte ihn wortlos an.

Er schob sich unter dem Baum hervor. »Weihnachten, weißt du. Es hat mich erwischt. Das ist alles.« Er schenkte mir ein gequältes Lächeln. »Wir sind Brüder, also … ja. Ich geh dann mal.«

Fassungslos sah ich zu, wie er davoneilte, blickte hinauf in die Zweige der Bäume und ließ den Kuss immer wieder Revue passieren. Mein perfekter erster Kuss. Von einem Mann, den ich zu hassen glaubte.

Es spielte keine Rolle, was ich fühlte. Daraus konnte nie etwas werden. Wir waren eine Familie, ob es mir nun gefiel oder nicht.

Aber ich würde diesen Kuss in meinem Herzen bewahren und mich an die wenigen Sekunden erinnern, in denen ich ihn in meinen Armen gehalten hatte, meinen schönen, süßen, verdammt nervigen Stiefbruder, der mich daran erinnert hatte, dass das Leben voller lebenswerter Momente war.

Kapitel Eins

Jonas

Ollie Anderson war in meinem Zimmer in der Studentenverbindung, als ich von meiner Prüfung in Politikwissenschaft zurückkam. Meine Nackenhaare sträubten sich. Ich hatte mir erst dieses Jahr ein Zimmer im Verbindungshaus genommen und bereute es bereits. Es gab wenig Privatsphäre, ständige Unterbrechungen und jetzt auch noch einen Mangel an Sicherheit. Vielleicht würde ich es auch bereuen, dass ich mit Ollie zusammen war, aber mit ihm hatte ich viel Spaß gehabt.

Im Bett.

Außerhalb davon nicht so sehr.

»Ich bin zu müde für so etwas«, warnte ich ihn, als ich eintrat und meine Tasche auf den Schreibtisch stellte. Ich machte mir nicht die Mühe, ihn zu fragen, warum er in meine Privatsphäre eingedrungen war. Das war Ollies Stil. »Ich war die ganze Nacht auf und habe für die Abschlussprüfungen gepaukt.«

Er drehte sich um und wedelte mit einem Stück Papier in seiner Hand. »Wer ist Quinn?«

»Gib das her!« Ich riss ihm den Brief aus der Hand. »Du schnüffelst in meinen Sachen herum, was soll der Scheiß?«

Ich hatte akzeptiert, dass Ollie viele Grenzen nicht respektierte, hatte es sogar bewundert, als er mir spontan hinter seinem Wohnheim einen geblasen hatte, wo wir hätten erwischt werden können, – aber das hier ging zu weit.

Diese Briefe waren mein größtes Geheimnis und meine größte Schande, die ich schätzte und gleichermaßen hasste.

Ich schaute nach unten und las meine eigene Handschrift.

Lieber Quinn,

Warum kann ich diesen Kuss nicht vergessen? Dich vergessen. Manchmal denke ich, ich habe mir alles eingebildet, dein zerbrechliches Lächeln und deine verletzten Augen, das Herzklopfen, als ich versucht habe, dich besser zu küssen. Die Gefühle in mir, die so gewaltig sind, dass sie unmöglich real sein können, und doch kann ich sie nicht abschütteln … selbst mit Abstand und Zeit nicht.

Ich möchte …

»… warum du mit mir Schluss gemacht hast?«

Ich hörte auf zu lesen. Ollies Stimme war plötzlich scharf und klar, als hätte ich gerade eine Radiosendung gehört. Ich hatte keine Ahnung, wie lange er schon sprach. Seine Worte überfluteten mich, während der Puls in meinem Kopf raste.

Sorgfältig faltete ich den Brief in drei Teile, um meine Worte wegzusperren. Wenn ich doch nur meine Gefühle so einfach wegsperren könnte. Im Augenblick empfand ich weder viel Liebe noch Bedauern oder eines der anderen fünfzig Gefühle, die Quinn in mir ausgelöst hatte.

Ich war stinksauer.

»Nein«, sagte ich kühl. »Trennung impliziert, dass wir zusammen waren. Wir haben ein paar Mal miteinander geschlafen. Das ist nicht dasselbe.«

Mit dunklem Haar und weichen Gesichtszügen war Ollie hübsch, sie passten zu seiner zierlichen Gestalt, aber er hatte keine zarte Ausstrahlung. Seine Augen verengten sich. »Fick. Dich.«

»Nein, danke. Du kannst jetzt gehen.«

Ich hörte mich wie ein Idiot an, aber das war mir eigentlich egal. Ollie wusste, was wir waren. Er war sauer, dass ich unsere Beziehungen beendet hatte, aber es war nichts Ernstes; wir waren nicht einmal exklusiv.

»Du bist erbärmlich«, sagte er und verzog den Mund zu einem grausamen Grinsen. »Immer noch verliebt in deine High-School-Liebe. Was ist los mit dir? Versuchst du, dein trauriges, kleines, gebrochenes Herz wegzuficken?«

Ich machte einen wütenden Schritt in seine Richtung, und Ollies Selbsterhaltungstrieb setzte ein. Er schob den Stapel Briefe von meinem Schreibtisch auf den Boden und flitzte an mir vorbei. »Hey«, schnauzte ich und trat in den Türrahmen, als er in den Flur flüchtete. »Diese Briefe sind privat. Ollie! Hast du mich verstanden?«

»Wie auch immer«, rief er zurück. »Sie sind es nicht wert, dass man sich an sie erinnert. Und an dich auch nicht.«

Er nahm die Stufen und rannte sie mit stampfenden Füßen hinunter. Ich ließ ihn gehen. Der Gedanke daran, dass er allen den albernen Scheiß erzählen würde, den ich in diesen Briefen geschrieben hatte, verursachte mir Magenkrämpfe. Ich war erbärmlich. Daran gab es keinen Zweifel.

Als ich in mein Zimmer zurückkehrte, hob ich die einzelnen Briefe vom Boden auf, stapelte sie ordentlich und legte sie zurück in die Schachtel in meiner untersten Schreibtischschublade. Erbärmlich oder nicht, bedauerlich oder nicht, für mich waren sie wertvoll.

Als meine Wut verblasste, machte sich wieder Erschöpfung breit. Ich warf mich auf mein Bett, ohne auch nur meine Schuhe auszuziehen. Mein letzter Gedanke, bevor mich der Schlaf einholte, war, dass ich noch nie so bereit gewesen war, den Campus zu verlassen.

Ich musste den Businessplan für mein Entrepreneurship-Projekt im Frühjahr einreichen und morgen eine letzte Prüfung ablegen. Dann erwartete mich die Hütte meiner Familie in den Bergen von Colorado.

Die Flucht klang nach Glückseligkeit.

Quinn

Der Flughafen war ein Tollhaus. Ich hatte mir geschworen, nie wieder kurz vor den Feiertagen zu reisen. Selbst mehr als eine Woche vor Weihnachten war es der Wahnsinn. Mein Telefon klingelte, als ich durch den Terminal rannte.

Das Telefon zeigte den Namen Ken Brooks an.

»’Lo?« Ich keuchte außer Atem. Warum hatte ich es so eilig? Das hektische Tempo des Flughafens ging mir unter die Haut und drängte mich zur Eile. Aber ich war angekommen. Mehr oder weniger. Ich würde von Denver nach Grand Lake fahren müssen, aber das waren nur etwas mehr als zwei Stunden Fahrt.

»Hey, Quinn, ich wollte sichergehen, dass du gut angekommen bist.«

Kens Stimme war freundlich. Mehr als ich von einem Mann verdient hatte, den ich während meiner rebellischen Teenagerphase offen gemieden hatte. Und das Angebot, seine Hütte zu benutzen, obwohl er und meine Mutter sich getrennt hatten, ging definitiv über die Rolle des ehemaligen Stiefvaters hinaus.

Er hatte sich so sehr bemüht, dass es mit Mom und mir funktionierte. Ich hatte immer noch Schuldgefühle, wenn ich an das Ende ihrer Beziehung dachte, ich hatte sie so sehr unter Druck gesetzt. Wäre es anders ausgegangen, wenn ich mehr Akzeptanz gezeigt hätte? Mutter sagte nein. Sie sagte, sie habe zu früh wieder geheiratet, sie sei genauso in ihrer Trauer verloren gewesen wie ich, und Ken sei ihre Flucht gewesen, bis sie aufgewacht sei und erkannt habe, dass sie ihn nicht so liebte, wie er es verdiente. Aber sie schien in den wenigen Jahren, die sie zusammen waren, glücklich gewesen zu sein, also wer kann das schon sagen? Ich würde es Mom zutrauen, mich vor der harten Wahrheit schützen zu wollen.

»Ich bin gerade in Denver angekommen«, sagte ich. »Das Flugzeug hatte Verspätung beim Abflug. Aber ich werde ein Auto mieten und mich auf den Weg machen.«

»In Ordnung, pass auf dich auf«, sagte Ken. »Wir haben da oben manchmal Unwetter, also sei vorsichtig.«

»Okay, werde ich.« Ich zögerte. Es war immer noch so schwer, mit ihm zu reden. »Danke dafür.«

»Hey, das ist überhaupt kein Problem, Quinn.«

»Aber ich weiß, wir sind nicht …« Ich brachte es nicht über mich, den Satz zu beenden. »Du hättest mir nicht helfen müssen, vor allem nicht, weil ich mich wie eine Göre benommen habe.«

»Hey, das ist doch nicht nötig«, sagte Ken. »Wir alle brauchen ab und zu Hilfe. Und ich werde immer für dich und deine Mutter da sein, falls ihr jemals irgendetwas braucht.«

Scheiße. Jetzt fühlte ich mich wirklich beschissen dafür, wie ich Ken behandelt hatte, als ich noch zu seiner Familie gehörte. Und Jonas auch. Damals hatte ich gedacht, Jonas sei ein sarkastisches, selbstgefälliges Arschloch. Nach dem Kuss war mir klar geworden, dass er die einzige Person war, die mich dazu gebracht hatte, auf etwas anderes als meine Trauer zu reagieren. Damals hatte ich mich an ihn geklammert, weil ich Angst hatte, ihn loszulassen, denn meine Trauer zu verlieren, wäre der letzte Schritt gewesen, meinen Vater loszulassen.

Aber so sehr ich auch versuchte, mich festzuhalten, es lief mir wie Sand durch die Finger. Die Zeit heilt Wunden, auch wenn man es nicht will.

Ich bedankte mich nochmals bei Ken, während ich den Schildern zum Mietwagenschalter folgte.

»Wir freuen uns darauf, dich bald wiederzusehen«, sagte er, und mein Herz machte einen Sprung.

»Kommen dieses Jahr alle nach oben?«, fragte ich zögernd.

Ich wusste, dass ich es nicht vermeiden konnte, die Brooks zu sehen, wenn ich so kurz vor den Feiertagen in ihrer Hütte blieb. Ich hatte fast die Nerven verloren bei dem Gedanken, sie wiederzusehen, aber ich war verzweifelt. Nach der Trennung von Clay konnte ich nirgendwo mehr hin. Mom dachte, ich wäre noch in der Schule, und ich konnte mich nicht damit abfinden, sie zu enttäuschen. Ich wollte nicht zu ihr nach Hause rennen, auch wenn es tröstlich wäre, in ihrer Gegenwart zu sein, besonders an Weihnachten. Ich wollte einen klaren Kopf bekommen, einen Job finden und ihr dann die Nachricht überbringen.

Als ich die Stellenausschreibung in Grand County gesehen und ein Vorstellungsgespräch bekommen hatte, war das wie ein Glücksfall. Ich hatte beschlossen, meinen Stolz herunterzuschlucken und die Stelle anzunehmen. Als Studienabbrecher würde ich keine bessere Gelegenheit finden.

»Ich fahre in ein paar Tagen los, gleich nach meiner Geschäftsreise, und Jonas wird zur gleichen Zeit von seinem College-Campus in Nebraska hinfahren. Jess und ihre Familie werden später um den Weihnachtsabend herum nachkommen.«

Jonas würde in der Hütte sein. In ein paar Tagen. Zu Weihnachten.

Erinnerungen an meinen ersten Kuss, meinen besten Kuss, drangen in mein Gedächtnis ein, und einen Moment lang sah ich weder das Schild mit den Autovermietungen noch die ungeduldigen Reisenden, die um mich herumtraten, noch die Ankunfts- und Abfahrtsanzeigen.

Ich sah Jonas Brooks im sanften Lichterglanz des Weihnachtsbaums, als er sich zu mir beugte, um mich zu küssen. Ein Schmerz flammte in meiner Brust auf, als ich mich auch an den Grund für diesen Kuss erinnerte. Nicht Sehnsucht, nicht Liebe. Mitleid.

Ich hatte die Erinnerung rücksichtslos verdrängt.

Ich war nicht mehr der traurige Junge, den Jonas an einem Weihnachtsabend bemitleidete, und das wollte ich auch nie wieder sein. Ich fing neu an, oben in den Bergen von Colorado, und ich wollte diese Zeit als stärkerer, unabhängiger Quinn überstehen.

Aber zuerst musste ich einen Weg aus dem verdammten Flughafen finden.

Jonas

Ich packte meinen Seesack und meine Laptoptasche auf den Rücksitz meines Jeep Wrangler, damit ich direkt nach meiner letzten Prüfung losfahren konnte, und ging in den Coffee Shop auf dem Campus, um Koffein zu tanken. Nach der Prüfung in Makroökonomie würde ich mehr als sechs Stunden im Auto sitzen und jeden Tropfen meines großen Cortado brauchen. Vielleicht würde ich sogar einen Espresso bestellen, um ihn herunterzustürzen.

Der Duft von Kaffee und Schokolade umwehte mich, als ich das Javacology betrat. Ich schlenderte zum Tresen und gab meine Bestellung auf. Während ich auf mein Getränk wartete, drehte ich mich um und erblickte meinen ehemaligen Verbindungsbruder Ace und seinen Freund Benji.

»Ace, du Penner, such dir einen Job!«, rief ich aus.

Ace hatte im letzten Frühjahr seinen Abschluss gemacht, aber er war so oft auf dem Campus, um seinen Freund zu sehen, dass man meinen könnte, er gehöre noch zu den Studenten. Er schubste mich von ihrem kleinen Tisch am Fenster weg, und ich lachte.

Benji war einmal fast meine Verabredung gewesen, – es war knapp. Ace hatte ihn mir weggeschnappt, bevor der Abend vorbei war, und sich wie ein dämlicher Ritter in glänzender Rüstung benommen, als Benji zu viel getrunken hatte. Wahrscheinlich hätte ich besser auf den Jungen aufpassen sollen. Er war naiv und so, so süß. Es war gut, dass er bei Ace gelandet war. Ich war nicht nett genug für so einen Typen.

Sobald mein Getränk fertig war, platzte ich in ihr Date zum Kaffee. Sie waren zusammen in eine Wohnung gezogen und waren häuslich und so, also sahen sie sich sowieso jeden Tag. Außerdem machte es Spaß, Ace zu ärgern.

Benji strahlte. »Hey, Jonas! Willst du dich setzen?«

Ich schnappte mir einen Stuhl, drehte ihn um und setzte mich – gleich, nachdem ich mich vorgebeugt und Benji einen Kuss auf die Wange gegeben hatte, weil ich einfach so ein Arschloch war. »Du siehst süß aus wie immer, Benji.«

Benji errötete, sein heller Teint wich leicht meinen Schmeicheleien. Ace stieß einen Atemzug aus, sagte aber nichts. Ich grinste ohne Scham. »Und du siehst missmutig aus. Was ist los, Ace, magst du die Saison nicht?«

Ace rollte mit den Augen. »Ich mag Weihnachten sehr und kann es kaum erwarten, hier raus- und von bestimmten Leuten wegzukommen.«

»Geht mir auch so«, sagte ich und ignorierte, dass ich die Person war, der er entkommen wollte. Ich ärgerte ihn aus Spaß, und er meckerte, aber im Grunde genommen war er mir nicht böse. »Ich fahre heute los, gleich nach meiner Abschlussprüfung.« Ich hob meinen Cortado. »Auf das Koffein.«

»Musst du weit fahren?«, fragte Benji, während ich trank. »Wir brauchen etwa zweieinhalb Stunden.«

»Sechs.«

»Autsch.«

»Deshalb der Kaffeestopp«, sagte ich. »Aber es wird sich lohnen, wenn ich in der Hütte bin.«

»Eine Hütte?«, fragte Benji. »Klingt gut.«

»Ja.« Ich zappelte herum. Erinnerungen an mein letztes Weihnachten in der Hütte kitzelten an den Rändern meines Geistes. Seit der schicksalhaften Nacht, in der ich Quinn geküsst hatte, war ich nicht mehr dort oben gewesen. »Es ist in den Bergen. Tolle Aussicht.«

»Warte, ist das nicht die Hütte, in der du diesen Typen vor dem College kennengelernt hast?«, fragte Ace. »Der, an dem du so hängst?«

Ich hatte absichtlich ein paar Details ausgelassen, als ich Ace von Quinn erzählt hatte. Ich hätte ihm eigentlich gar nichts erzählt, aber ich war gerade so betrunken gewesen, dass ich meine persönlichen Angelegenheiten ausgeplaudert hatte, als einer der Jungs mich einen Aufreißer nannte. Zum Glück war ich noch bei klarem Verstand genug, um die Einzelheiten zurückzuhalten. Die Jungs würden mir die Hölle heiß machen, wenn sie wüssten, dass ich mich in meinen eigenen Stiefbruder verknallt hatte. Gott, ich machte mir selbst die Hölle heiß.

Aber es ärgerte mich, als Aufreißer bezeichnet zu werden, denn im Grunde genommen war ich keiner. Ich hatte einfach … Pech. Nicht alle von uns können ihren perfekten Partner auf dem College-Campus treffen. Nicht alle von uns haben das Glück, sich in jemanden zu verknallen, der unsere Gefühle erwidert – oder auch nur erwidern könnte.

Die dumme Verliebtheit in Quinn hielt an, und ich hatte das Einzige getan, was ich dagegen tun konnte: andere Fische im Meer kosten. Viele, viele andere Fische. Daher auch mein Ruf als Aufreißer.

»Oh, da ist ein Kerl?«, fragte Benji.

Ich verzog das Gesicht. »Uralte Geschichte. Außerdem, wer braucht schon Liebe, wenn ich die Erstsemesterklasse der schwulen Jungs habe?«

Benji rümpfte die Nase. »Du bist schrecklich. Gut, dass wir nicht miteinander ausgegangen sind.«

Ace legte seinen Arm um Benjis Schultern. »Zu nah, Babe. Du warst zu nah dran.«

Ich verdrehte die Augen, obwohl ich mit meiner schnoddrigen Bemerkung die Situation selbst verursacht hatte. Aber ich konnte genauso gut austeilen, wie ich einstecken konnte.

»Es ist nie zu spät, Benji. Ich kann dich von all dem hier wegbringen. Was hältst du von einem romantischen Ausflug in die Berge?«

»Ich wette, die Berge sind um diese Jahreszeit sehr schön«, sagte Benji nachdenklich.

»Hey,« sagte Ace. »Komm nicht auf dumme Gedanken. Wir haben ein romantisches Baumhaus mit unseren Namen drauf.«

Benji wurde wieder rot, und meine Augenbrauen schossen hoch. Das war … kreativer, als ich es von den beiden erwartet hatte. Sie schienen die Art von Paar zu sein, die ihre Possen im Bett trieben, wenn das Licht aus war.

»Da kann ich nicht mithalten«, scherzte ich. »Ein Baumhaus im Dezember? Muss gemütlich sein.«

Ace schubste mich weg, und ich lachte, bevor ich meinen Cortado mit einem weiteren Schluck leerte und aufstand. »Ich muss in den Unterricht. Lasst uns abhängen, wenn ich zurückkomme.«

»Sicher.«

»Meine Studentenverbindung schmeißt eine tolle Party«, stichelte ich.

Benji lachte peinlich berührt. »Vielleicht sollten wir uns an den Kaffee halten. Ich möchte lieber nicht verwirrt und verkatert aufwachen.«

Ich grinste und zuckte mit den Schultern. »Was immer du willst. Du kannst Ace auch zu Hause lassen, wenn du willst.«

Ace stotterte einen Protest, aber er wusste, dass ich nur bellte und nicht biss. Benji stand auf, um mich zum Abschied zu umarmen. »Viel Glück für das Finale und für dein Liebesleben.«

Ich schnaubte. »Ich brauche keine Hilfe. Ich habe alle Männer, mit denen ich umgehen kann.«

»Vielleicht solltest du dich etwas weniger anstrengen«, murmelte Ace.

Ich zeigte mit dem Finger auf ihn und drehte mich um. »Das habe ich gehört. Aber du weißt nicht, wie es ist, wenn so viele Typen auf dich stehen.« Ich gestikulierte in Richtung meines Körpers. »Ich bin einfach zu heiß.«

Benji lachte über meine Mätzchen und schüttelte den Kopf. »Du bist schrecklich.«

Ich tat meinem Ruf keinen Gefallen, indem ich den Aufreißer spielte, aber ich konnte Benji nicht sehen lassen, wie sehr mich seine Worte berührten. Ich hatte kein Liebesleben, nicht wirklich. Quinn war schon lange weg, und niemand sonst war je vergleichbar gewesen.

Und ich hatte auf die harte Tour gelernt, dass es besser war, mein Herz für mich zu behalten. Es war einfacher, reinzukommen, auszusteigen und wieder rauszugehen, ohne dass irgendwelche chaotischen Schwärme im Weg waren.

Auch wenn sich mir jedes Mal der Magen zusammenzog, wenn ich Ace und Benji sah.

Das war nur Übelkeit wegen ihrer grässlichen Süße. Das war genug, um jedermann Bauchschmerzen zu bereiten.

Kapitel Zwei

Quinn

Ich öffnete die Speisekammer und griff nach einer Müslipackung. Sie war leicht in meiner Hand, zu leicht. Als ich sie schüttelte, hörte ich ein paar Flocken rascheln. Die letzten Pop-Tarts vertilgt, die von einer früheren Reise übrig geblieben waren, hatte ich bereits vertilgt. Jess mochte das Special K, das ich gegessen hatte, und Jonas liebte die S’Mores Pop-Tarts, weil er ein riesiges Kind gewesen war. Aber um ehrlich zu sein, hatte ich keine Zeit verschwendet, sie zu verschlingen. Ken hatte gesagt, dass ich in der Hütte bleiben konnte, aber nicht, dass ich all ihre Lebensmittel essen sollte, also musste ich einkaufen gehen.

Seit ich hier angekommen war, hatte ich mich geweigert, wegzugehen. Mein Leben war eine Zeit lang ein einziges Desaster gewesen – der Umbruch durch den Schulabschluss und den Umzug quer durchs Land, die Lügen, die Erkenntnis, dass meine Beziehung toxisch war – und die Hütte fühlte sich wie ein sicherer Hafen an. Ich hatte keine Lust, mich wieder mit der Welt auseinanderzusetzen, obwohl ich wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde. Die Brooks würden über die Feiertage hier sein, und ich hatte in weniger als einer Woche ein Vorstellungsgespräch.

Seufzend griff ich nach dem Behälter mit den Haferflocken. Ich mochte Haferflocken an sich nicht wirklich, aber mein Blick blieb an einem Glas Erdnussbutter hängen und ich grinste. »No-Bake-Cookies zum Frühstück? Von mir aus gerne.«

Ich rührte die Schokoladen-Erdnussbutter-Haferflocken-Plätzchen und summte Weihnachtslieder, während ich die Zutaten mischte und in einer Pfanne auf dem Herd umrührte. Es war seltsam, hier oben allein zu sein. Mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, war schön, – wenn man das Übernachten in einem fremden Haus überhaupt so nennen konnte –, aber dieser Ort war voller Erinnerungen. Ken, Jess und vor allem Jonas waren in meinen Gefühlen, hier zu sein, fest verankert. So sehr ich auch nie zu ihrer Familie gehören wollte, fühlte es sich falsch an, das Echo ihrer Neckereien und ihres Lachens nicht zu hören. Die Brooks waren ein glücklicher Haufen. Ich war die Gewitterwolke in ihrer Mitte gewesen.

Der Gedanke ließ mich die Stirn runzeln. Ich wollte ihnen die Ferienzeit nicht verderben.

Seit ich hier war, versteckte ich mich, aber das konnte nicht ewig so bleiben. Clay war nicht draußen, nicht einmal im Staat. Er war wieder in Nevada, in dieser Provinzstadt, in die er mich wie versprochen statt nach L. A. geschleppt hatte, weil ihm das Geld ausgegangen war. Die Geschäftsmöglichkeit, von der er gesagt hatte, dass sie auf ihn wartete, war eine Lüge. Der Freund, der uns bei der Ansiedlung helfen würde, der daran interessiert war, eine Innenarchitekturfirma zu gründen?

Noch mehr Lügen.

Tief im Inneren hatte ich gewusst, dass es sich nicht richtig anfühlte. Ich hatte mir eingeredet, dass er mich liebte, dass ich keine falsche Entscheidung getroffen hatte. Aber jedes Mal, wenn ich sagte, dass ich ihn liebte, wusste ich auch in meinem Herzen, dass es einfach nicht stimmte.

Damit war ich der größte Lügner von allen.

Während ich die Kekse auf Wachspapier löffelte, nahm ich mir vor, es besser zu machen als vor vier Jahren, als ich das letzte Mal hier war. Ich würde mich nicht über die Anwesenheit der Brooks freuen. Nicht dieses Mal. Ich würde dankbar für ihre Unterstützung sein, die Ken, ohne zu zögern, gewährt hatte. Ich würde nett sein, auch wenn Jonas mich verspottete und ärgerte.

Und ich könnte mit einem Besuch im Lebensmittelgeschäft beginnen, damit sie nicht bei leeren Schränken ankommen würden und ihre Lieblingsspeisen vermissten.

Jonas

Colorado war wunderschön, und als ich die kurvenreichen Bergstraßen mit schneebedeckten Immergrünen auf der einen und einem steilen Abhang auf der anderen Seite entlangfuhr, musste ich grinsen. Ich war schon verdammt lange unterwegs und auf Energydrinks und Adrenalin, mein Koffeinrausch war längst verflogen, aber ich war verdammt froh, die flachen Ebenen von Nebraska für einen Blick auf die Rockies zu verlassen.

Ich hatte leider nie in Colorado gelebt, aber mein Vater war dort aufgewachsen und hatte eine Hütte in der Nähe des Columbine-Sees gekauft, als ich in der fünften Klasse war. Seitdem waren wir fast jeden Urlaub und jede Sommerpause hierhergefahren. Ich hatte auch ernsthaft in Erwägung gezogen, in Colorado zur Schule zu gehen, aber die Studiengebühren außerhalb des Staates wären viel höher gewesen. Mir gefiel jedenfalls mein kleines College in Nebraska. Es war nahe bei meiner Familie, ohne zu nahe zusein, und Colorado würde immer auf mich warten, wenn ich mal wegmusste.

Ich kurbelte das Fenster herunter, und ein eiskalter Luftzug strömte herein, der mein Gesicht rötete und meine Lunge zum Brennen brachte. Das weckte mich verdammt noch mal auf, und ich atmete ein paar Mal tief ein, wobei mein Haar um meinen Kopf peitschte, bevor ich den Knopf drückte, um das Fenster wieder zu schließen.

Ich befand mich jetzt in der Endphase der Reise. Der Schnee wurde immer dichter, je weiter ich in die Berge vordrang, bedeckte die Straßenränder, drückte die Äste der Bäume herunter und verlieh allem ein glitzerndes, makelloses Aussehen. Aber jetzt kam ich auf eine Strecke, die mit Neuschnee bedeckt war, und ich musste mich voll konzentrieren, um sicher zu fahren. Ich hatte Ketten auf meinen Reifen und ein Fahrzeug, das dem Gelände gewachsen war. Für den kurzen Rest der Fahrt sollte ich keine Probleme haben, aber die Schneeflocken fielen so stark, dass ich in Alarmbereitschaft war.

Mein Telefon klingelte durch die Lautsprecher des Jeeps. Ich riss eine Hand aus ihrem Todesgriff am Lenkrad und drückte auf die Taste für die Rufannahme auf dem Display der Stereoanlage. »Hallo?«

Es herrschte Schweigen.

»Hallo?«

Der Anruf wurde unterbrochen. Beschissener Empfang in dieser felsigen Gegend. Ein Nachteil der Berge. Das Wetter war wahrscheinlich nicht gerade hilfreich.

Das Telefon klingelte wieder, und als ich den Hörer abnahm, meldete sich eine Stimme. Mein Vater. »… schlechtes Wetter.« Er unterbrach mich immer wieder. »Nicht gehen … wollte … Quinn.«

Mein Herz schlug heftig. Quinn war der letzte Name, den ich aus dem Mund meines Vaters erwartet hätte. »Was? Du machst einen Rückzieher.«

Ich bog um eine Kurve und plötzlich war seine Stimme glockenklar. »Ein großer Sturm zieht nach Colorado. Ich habe nachgesehen, ob ich vor ihm dort sein kann, aber die Flüge sind bereits verspätet. Du solltest wahrscheinlich nicht morgen hochfahren. Die Straßen werden unpassierbar sein.«

»Ich bin eigentlich schon losgefahren«, sagte ich verlegen. »Ich hatte heute Morgen meine letzte Prüfung, also …«

»Verdammt. Sind die Straßen in Ordnung?«

»Nicht großartig«, gab ich zu, »aber ich bin bald da.«

»Okay. Pass auf dich auf. Ich bin froh, dass Quinn bei diesem Wetter nicht ganz allein in der Hütte sein wird. So wie es aussieht, werdet ihr wohl eine Weile eingeschneit sein.«

Moment, was? Mein Herz setzte aus. »Quinn? Was sollte er dort?«

»Er hat gefragt … und ich glaube, er … also sei nett zu …«

»Du hast schon wieder Unterbrechungen.«

Schweigen.

»Dad?«

Nichts. Er war weg.

Ich fluchte leise vor mich hin. Warum sollte Quinn, der sich seit Jahren nicht mehr gemeldet hatte, seit sich unsere Familienbande aufgelöst hatten, wie er es immer gewollt hatte, ausgerechnet jetzt in der Hütte sein?

Ich hätte Geld darauf gesetzt, dass ich ihn nie wiedersehen würde. Mein Magen zog sich zusammen, und meine Handflächen wurden feucht. Es sah so aus, als würde ich meinem alten Schwarm gegenübertreten, ob ich dazu bereit war oder nicht.

Quinn

Als ich den Lebensmittelladen verließ, wehten ein paar kleine Schneeflocken herab, während ich den Durango, den ich gemietet hatte, mit den Lieblingsspeisen der Brooks-Familie belud. Zumindest das, woran ich mich erinnern konnte. Ken hatte eine Vorliebe für scharfes Essen, also hatte ich ein paar scharfe Soßen für ihn eingepackt, und Jonas war eine Naschkatze, also habe ich Zimtschnecken und Brownie-Mischungen eingepackt. Und noch mehr Pop-Tarts. Ich hatte selbst eine Vorliebe für Süßes, und so wanderten noch mehr Haferflocken, Kakao und Erdnussbutter in den Einkaufswagen.

Ich war schon fast mit dem Einkaufen fertig, als mir einfiel, dass ich mich wahrscheinlich wie ein Erwachsener verhalten und die richtigen Zutaten für ein paar Mahlzeiten kaufen sollte.

Eine steife Brise wehte mein Haar um mein Gesicht. Es war schlaff und überfällig für einen Schnitt, ich sollte noch vor meinem Vorstellungsgespräch einen Termin beim Friseur machen. Ich überlegte, ob ich mich jetzt auf den Weg machen sollte, aber ein weiterer Windstoß fuhr durch meinen Wollmantel und ließ mich stark frösteln. Ich verwarf die Idee, lud eilig den Rest des Einkaufswagens aus und stellte ihn auf den Platz vor dem Eingang des Ladens zurück.

Als ich mich auf den Fahrersitz setzte und den Motor anließ, wirbelten dicke weiße Flocken umher und ließen die Stadt wie das Innere einer Schneekugel aussehen. Ich lächelte und betrachtete die postkartenwürdige Szene, bis ein weiterer Schauer meinen Körper durchfuhr und mich daran erinnerte, dass ich mich wirklich beeilen sollte.

Ich musste noch einen Berg hinauffahren.

Die Hütte war nicht allzu weit entfernt, bei gutem Wetter etwa eine Viertelstunde Fahrt. Ich verließ den Parkplatz und fuhr auf die Hauptstraße. Das Schneegestöber schien sich sekündlich zu vermehren und die Straßen mit nassem Schneematsch zu bedecken. Wie lange würde es dauern, bis der Schneematsch gefrieren und glitschig wie Rotz würde?

Auf diese Antwort musste ich nicht lange warten.

Der Durango rutschte, als ich auf den Highway einbog, der mich aus der Stadt heraus und ein Stück den Berg hinaufführen würde, bevor ich auf die kleinere Straße abbog, die direkt zur Hütte führte.

Mein Herz schlug heftig, als die Reifen ihre Haftung verloren, aber ich gewann die Kontrolle wieder. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«

Adrenalin strömte durch meinen Körper, und ich musste ein paar Mal tief durchatmen.

Entspann dich, Quinn. Du bist ein Junge aus dem Mittleren Westen. Du weißt, wie man im Schnee fährt.

Trotzdem wurde ich langsamer. Die glatte Straße war nicht einmal das Schlimmste. Die Schneeflocken fielen schneller und der Wind nahm weiter zu. Selbst mit den Scheibenwischern auf höchster Stufe war es schwierig, durch die weiße Pracht zu sehen.

Und den Schneebänken am Straßenrand nach zu urteilen, würde das Schneegestöber auch so schnell nicht aufhören.

Ich verlor schnell die Lust an Schneebällen.

»Scheiße«, murmelte ich, als das Auto auf eine weitere glatte Stelle traf und ins Schleudern geriet. Die Anspannung stieg, während ich darum kämpfte, es unter Kontrolle zu bekommen. »Nur noch ein kleines Stückchen weiter …«

Mit einem Seufzer der Erleichterung erreichte ich die Abzweigung. Durch den dichten weißen Dunst konnte ich weiter unten auf der Straße ein paar Rücklichter erkennen. Wenigstens war ich nicht der einzige Verrückte, der bei diesem Wetter fuhr.

Ich befand mich jetzt auf der Zielgeraden und entspannte mich ein wenig, als ich die schmale Straße zur Hütte hinunterfuhr, und das war mein Verhängnis.

Plötzlich geriet das Auto in eine Spurrille, verlor die Bodenhaftung und pflügte geradewegs in eine Schneewehe, die aus dem harten Schnee eines früheren Sturms bestand. Der Aufprall entlockte mir einen Aufschrei, als der Durango zum Stehen kam.

Mindestens eine Minute lang saß ich fassungslos da, bevor ich versuchte, rückwärts herauszufahren. Die Räder drehten einfach durch. Als ich versuchte, vorwärtszufahren, war das Ergebnis dasselbe. Schweren Herzens stellte ich den Motor ab und kletterte aus dem Auto, um den Schaden zu begutachten.

Der Durango stand schräg und war halb in einer Schneewehe begraben. Es wäre ein Leichtes gewesen, auszuweichen, wenn ich etwas hätte sehen können. Aber bei der schlechten Sicht war ich wohl zu nah am Seitenstreifen gewesen. Was ich für eine Spurrille gehalten hatte, war in Wirklichkeit der Rand des Asphalts. Es war unmöglich, aus so viel Schnee herauszufahren.

»Nein«, flüsterte ich, als mir die Tragweite meiner Situation bewusst wurde.

Ich überprüfte mein Telefon, obwohl ich bereits wusste, dass es weit hergeholt war. Kein Empfang. Nicht ein einziger Balken.

Ich war total am Arsch. Hundertprozentig.

»Nein, nein, nein!« Ich stöhnte, während ich mir in die Haare griff, und bemerkte, dass sie feucht und steif waren und in dem eiskalten Wind fast verkrustet wären.

Ich trat bösartig gegen den Schnee, der sich um den Durango aufgetürmt hatte, und meine Augen brannten, weil ich weinen wollte. »Scheiß Schnee! Verdammter Minivan, der sich als SUV ausgibt!«, brüllte ich frustriert. Außer den Kiefern war niemand zu hören, außer vielleicht ein verirrter Elch. Oder ein Bär, wenn ich Glück habe. Ein Bär wird mich fressen, und meine Sorgen werden ein Ende haben.

In diesem Moment klang das gar nicht so schlecht. Wahrscheinlich würde ich in einem Schneesturm sowieso erfrieren. Wenn ich es mir recht überlege, war Erfrieren wahrscheinlich der bessere Weg.

Ich hatte es geschafft, meine Converse und mein Hosenbein zu durchnässen. Durch den Wind und den Schnee fühlte ich mich, als würden winzige Rasierklingen in jede noch so kleine Stelle meiner Haut einstechen. Da keine Lösung in Sicht war, kletterte ich zurück ins Auto und drehte die Heizung auf. Verspätet schaltete ich den Warnblinker ein in der Hoffnung, dass ein Fahrzeug, das mir bei diesem Wetter entgegenkäme, sich nicht mit voller Wucht in mein Heck rammen würde.

So wie mein Leben verlief, wäre das keine Überraschung.

Ich kauerte in meinem Sitz, hielt die frierenden Hände vor die Heizungsschlitze und versuchte, vernünftig zu denken. Kein Telefon. Keine Möglichkeit, Pannenhilfe zu rufen, selbst wenn ich sie mir leisten könnte. Ich könnte hier sitzen und den Motor laufen lassen, bis mir das Benzin ausginge, aber was dann? Über Nacht würde ich erfrieren. Ich könnte versuchen, den Rest des Weges zur Hütte im Schneesturm zu Fuß zurückzulegen. Ich kannte den Weg gut genug, aber ich hatte immer Geschichten von Leuten gehört, die umkehrten und dann erfroren.

Ich fühlte mich wie in einer Version des Oregon Trail-Kartenspiels, das ich in der Hütte gefunden hatte. Ich hatte gerade eine Unglückskarte gezogen, und alle Aktionen führten zum Erfrieren.

Wenigstens hatte ich genug Lebensmittel eingekauft, sodass ich nicht zu verhungern drohte.

Ich atmete ein paar Mal tief durch und überlegte noch einmal, was ich tun könnte.

Ohne Schaufel käme ich nicht mehr aus der Schneewehe heraus. Vielleicht nicht einmal dann. Ich bräuchte vielleicht einen Abschlepper.

Alles in mir wollte etwas tun, aber logischerweise wusste ich, dass das die falsche Entscheidung war. Ich musste im Auto bleiben. Ich musste warten. Ich musste meine Wärme so lange wie möglich aufrechterhalten. Wenn mir die Wärme ausginge, dann, und nur dann konnte ich versuchen, meinen Weg zu Fuß zu finden.

Mein Atem ging stoßweise, als die Panik zurückzukehren drohte. Wenn ich daran dachte, dass ich Angst gehabt hatte, Jonas zu sehen, wenn er ankäme … jetzt wünschte ich mir, er wäre hier bei mir. Er wüsste, was zu tun wäre, und selbst wenn nicht, wäre ich wenigstens nicht so allein.

Kapitel Drei

Jonas