Nebelfotograf - Johann Steller - E-Book

Nebelfotograf E-Book

Johann Steller

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Beschreibung

Haben Sie sich jemals Ihre Reaktion vorgestellt, sollten Sie auf Ihren Alltagswegen je einem "Alien" begegnen? Keiner von uns ist auf so eine Eventualität vorbereitet, doch vielleicht ist es mittlerweile an der Zeit, sich wirklich Gedanken darüber zu machen… Wir Menschen ringen mit gigantischen, oftmals schier unüberwindbar scheinenden Problemen – sowohl in der realen, als auch fiktionalen Welt. Fiktion befähigt uns aber zu einer gewissen Distanz aktuellen Ereignissen gegenüber. Fiktion verschafft uns Zeit und Auswahlmöglichkeiten. Die Realität stellt sich bereits ausreichend brutal dar, denn selten haben wir Einfluss darauf, was um uns herum geschieht. Infolgedessen wäre es wohl nicht verkehrt, einige Szenarien einmal ernsthaft zu visualisieren. Der heldenhafte Protagonist dieses Buches, unmittelbar konfrontiert mit einer fremden Zivilisation, handelt auf unkonventionelle und mutige Weise. Er spiegelt zwei Gesichter der Angst wider: einerseits vor etwas Anderem und Unbekanntem, auf der anderen Seite lockt ihn seine grosse Neugier und Lust auf Neuentdeckungen. Ein Dualismus von aussergewöhnlicher Gestaltung. Persönlich setze ich auf die zweite Art dieser Ängste, so hoffentlich auch meine zukünftigen Leser!

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Seitenzahl: 250

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Kapitel 1

Steven liebte diese nebligen Morgen im Frühherbst, wenn er gegen acht Uhr aufstand, um seine tägliche Runde mit dem Hund zu machen. Zuerst musste er einen kleinen Hügel besteigen, welcher sich hinter seinem Garten erstreckte, bis er zu den weitläufigen Feldern, mit umsäumenden Eichenwäldern, gelangte. Der Lohn für seine Kletteranstrengungen und leichte Atemlosigkeit war der Anblick der schneebedeckten Alpen an jedem Tag. Diese Lage war der ausschlaggebende Grund für den Kauf seines Hauses – ein altes, verwinkeltes Objekt mit Weinkellern und Garten. Umgeben von einer Hecke war das Grundstück uneinsehbar seitens der Strasse und Felder, gleichzeitig bot es das Gefühl von Sorglosigkeit, sowie Abgrenzung von der Aussenwelt. Bekannte verglichen dieses herrliche Anwesen mit dem Garten Eden, was Stevens verschlossenen Charakter berücksichtigend, nahe der Wahrheit lag.

So begann der Morgen mit dem alltäglichen Laufritual seines wilden, unbändigen Hundes, welcher jeden Vogel in den Bäumen anbellen musste. Steven bewunderte diese unerschöpfliche Energie seines Gefährten – ein Tier mit Charakter, gerettet aus einer Hundestation, der mittlerweile eine Art Therapeut für seinen Besitzer geworden war. Die bedingungslose Liebe und Hingabe des Hundes überzeugten ihn davon, dass lediglich Uneigennützigkeit alle Wünsche befriedigen konnte.

Die Schweizer Provinz bot ihm die Option, ein einerseits einfaches, aber dennoch erfülltes Leben zu führen. Trotz zweier akademischer Abschlüsse, legte er keinen grossen Wert auf sein Informatik- bzw. Philosophiediplom. Sie befanden sich nun in dem weitläufigen Büro, welches er von seinem Grossvater geerbt hatte, was den zähen Prozess des Erwachsenwerdens abschliessen sollte. Sein eigener Arbeitsrhythmus bot ihm einige Unabhängigkeit. Er schrieb PC-Programme für Firmen in der Bankenbranche. Eine eintönige Tätigkeit, die ihn regelmässig zur Abwechslung nötigte, seinen langjährigen Studienfreund Little John zu treffen. Diesen, auf seine zwei Meter Statur anspielenden Spitznamen, verdankte er seinen Kumpeln. Er hatte kupferfarbene Locken, war gebürtiger Schweizer, ein sogenannter Secondo, Sohn irischer Emigranten, die voller Stolz auf seinen finanziellen und gesellschaftlichen Status blickten – beides mühevoll erarbeitet. Steven selbst stammte aus einer alteingesessenen Berner Familie und war für Little John in vielerlei Hinsicht sein Gegenstück. Sie waren seit Studienbeginn ein Gespann, doch eine wahre Freundschaft erstand erst durch die Bekanntschaft zu einer Frau, in die sich beide bis über beide Ohren verliebt hatten. Sie war atemberaubend schön, auch wenn sie bei nüchterner Betrachtung ihres Intellektes an Attraktivität einbüsste. Ferner entstammte sie einer mehr als vermögenden Familie. Als ein ebenbürtiger Rivale auf der Bildfläche erschien, söhnten Steven und Little John sich aus, zumal der Nebenbuhler die Schönheit samt ihrem Vermögen ehelichte. Steven war schon immer der Ansicht, dass nichts eine Freundschaft so festigen konnte, wie geteiltes Leid. Daher erkannte er über Nacht Little John als ergebenen Freund an. Diesen Vormittag war er mit Little John verabredet, um über ein bestimmtes IT-Projekt zu reden und Fotos zu begutachten, welche Steven mit seinem neuen Apparat gemacht hatte.

Die Fotografie war aufgrund eines Sehfehlers eine besondere Herausforderung für Steven, der manchmal nur sich überlappende Bilder erkannte. Sein Gehirn hatte gelernt, mit diesem Phänomen klarzukommen, doch hin und wieder kam es zu komischen Situationen, wenn er z.B. Personen als durchsichtig wahrnahm. Andererseits konnte er transparente Objekte dreidimensional sehen. Kurz gesagt: diese Art Fototherapie ermöglichte ihm, seine individuelle Realität mit der echten abzugleichen und war sozusagen eine Art Trainingseinheit für visuelle Wahrnehmung.

Steven liebte auch die Malerei. Er fand, dass Philosophie durch die Kunst sprechen könne – ein schwieriges, doch nicht unmögliches Unterfangen. Vielleicht erschienen ihm künstlerische Artefakte als allgemeingültige Wertesymbole, da nun jeder höchst individuell interpretieren kann. Kunst und Philosophie bieten diverse Interpretationsansätze, verpflichten aber zu keiner Standardmeinung. Eine Karriere als Student auf einer Kunstakademie, oder gar Künstler, war ihm infolge seiner Sehbehinderung nicht gegeben. So vergrub er sich daheim zwischen seinen Büchern und Gemälden, wo er sich am sichersten fühlte. Einerseits schottete er sich von Menschen ab, vermied Massenaufläufe aller Couleur, war jedoch sehr interessiert an der Dramaturgie des täglichen Weltgeschehens. Innerhalb seines erlesenen Bekanntenkreises galt er als geistreicher Mensch mit weitem Horizont, welcher allerdings jeden kontroversen Diskurs zu vermeiden wusste. Für jeden, ausser Little John. Mit ihm hatte er einige gute, internationale Projekte verwirklicht, welche ihnen einen Weg zu einem freischaffenden, renommierten Beraterstatus bezüglich spezieller Programmierungen für Firmen ermöglichten. Die Zeitintervalle zwischen den Aufträgen nutzten sie allein für sich. John kritisierte Steven nie, was dieser wertschätzte, zumal er jede Form von Kritik als Symptom von Missverständnissen ansah, dabei waren sich beide immer einig. Steven war für Little John ein Vertreter für all die Eigenschaften, die er bei seinem Vater so vermisste: Offenheit und Herzlichkeit, doch immer die Privatsphäre respektierend. Sie erkannten, wie wichtig sie füreinander waren, als Stevens 40ster Geburtstag mit etlichen Gläsern Wein gefeiert wurde und sie beschlossen, dass die Arbeit allein nicht ihr Leben bestimmen sollte.

Der Klang eines Autos auf Stevens Kieseleinfahrt versetzte seinem Hund einen zusätzlichen Adrenalinschub. Er raste die Holztreppe herab in der Hoffnung, den erwarteten Gast als erster begrüssen zu können. Die Glasfront der Haustüre war stets gezeichnet von tierischer Vorfreude, egal, wie oft geputzt wurde. Little John ergab sich dem Begrüssungsritual des Hundes und liess sich beschnuppern.

- Ich bin oben - Stevens Stimme schallte irgendwo aus dem ersten Stock herab.

- Wie wäre es mit einem kleinen Apero?

- In Anbetracht unserer letzten Überdosierung würde ich einen Schluck Weissen bevorzugen. Später dann können wir zu Rotem übergehen, für einen dicken Kopf, wie üblich – Little Johns Lachen hallte übers Treppenhaus. Er war hungrig und wusste, Steven hat etwas Leckeres gerichtet. Seine Nase führte ihn geradewegs in die Küche, wo echte Alchemie stattfand. Steven pflegte unaufhörlich neue Rezepte für sein geliebtes Risotto zu finden, daher war John nicht überrascht. Sie haben das Gericht bereits mannigfaltig abgewandelt gegessen und es war jedes Mal köstlich. Wahrscheinlich wurde die 12 Uhr Mahlzeit nirgends so zelebriert, wie in der Schweiz – 90 Minuten Pause versorgten die Menschen mit Glückshormonen, trotz aller Probleme. Häuser und Restaurants füllten sich dann mit zufriedenen und satten Personen, die zumindest so taten, als wäre alles gut.

- Auf der Kommode liegen Fotos für Dich – Steven schaute aus der Küche mit einer freundschaftlichen Geste.

- Dieses Gerät kann absolut alles! Erst jetzt kann ich beim Fotografieren so richtig loslegen! Du wirst sehen!

Little John begutachtete die Fotos mit echter Bewunderung und Interesse. Steven hatte die Gabe, Wirklichkeit fesselnd darzustellen, indem er den Betrachter als aktiven Zeugen der Szenerie integrierte. Er fand in seinen Bildern einen Weg, den Rezipienten effektiv ins Geschehen einzuarbeiten.

- Wunderschön… sie sind schlicht wunderschön – John setzte sich an den Tisch und verteilte die Fotos. – Ich kann gar nicht genau sagen, warum sie so wirken. Hast Du einen bestimmten Filter verwendet?

- Nein, aber ich dachte mir, bei einem bestimmten Einfallswinkel des Lichtes erzeugen die abgelichteten Objekte von sich aus Spezialeffekte. Eventuell hat das Dich fasziniert? Keine Ahnung, das ist wohl der magische Hügel hinter meinem Haus.

Steven betrat den Salon mit einer Flasche Wein und Tellern mit Risotto. Er hatte einen rätselhaften Gesichtsausdruck beim Befüllen der Gläser, typisch für die Hingabe der Schweizer für dieses Getränk.

- Erinnerst Du Dich an einen alten Studienfreund meines Vaters, den ich irgendwann erwähnt hatte? Er heisst Harry Lionelle, wohnt in Genf und hat ca. vor einem halben Jahr Kontakt zu mir aufgenommen mit der Bitte um ein Treffen. Das taten wir und – was soll ich sagen – er verkaufte mir eine regelrechte Bombe!

Steven erhob triumphierend sein Glas.

– Lass uns auf unser neues Projekt anstossen, John. Auf eine neue Zusammenarbeit! Was denkst Du?

- Du weisst davon seit einem halben Jahr und teilst diese Erkenntnis erst jetzt?! Toller Kumpel, alles, was Recht ist. Little John nahm sein Weinglas und schüttelte ungeduldig seine Serviette.

- Wenn Du wüsstest, wie sehr mich das gequält hat. Ich konnte Dich nicht früher einweihen, das Projekt ist hochgeheim und bekam erst jetzt grünes Licht. Die Auftraggeber haben kürzlich eine zweite Person zur Mitarbeit autorisiert und ich habe Dich vorgeschlagen.

Steven öffnete eine graue, textile Aktentasche auf dem Tisch, nahm tief Luft und breitete seine Notizen aus.

- Das ist das erste Projekt unter höchster Geheimhaltung. Wir haben bisher noch nie für jemand fast unbekannten gearbeitet. Die koordinierende Kontaktperson ist besagter Lionelle… alle bearbeiteten Projektsegmente werden nur ihm zugestellt, ebenso, wie alle anfallenden Korrekturen.

- Aber was sollen wir denn so derartig schützen? Little John schluckte heisses Risotto und erwartete erhitzt konkretere Fakten.

- Ich weiss lediglich, dass wir für eine regelrecht allmächtige Finanzlobby arbeiten sollen, wie ich hörte.

Steven Mimik nahm einen völlig anderen Ausdruck an und John erkannte, dass es sich um eine wirklich ernste Sache handelte.

- Ich gebe zu, an diesem Unterfangen mehr als interessiert zu sein. Lionelle verhielt sich bisher noch nie so mysteriös. Mein Vater schätzte ihn immer sehr. Als kleiner Junge habe ich ihn bei schulischen Ausflügen meines Vaters getroffen. Wusstest Du, dass er promovierter Jurist ist und in regem Kontakt mit ehemaligen Universitätskollegen blieb? So habe ich Lionelle überhaupt näher kennengelernt… ein amüsanter, wie ebenso seltsamer Mensch.

- Spuckst Du endlich aus, worum es sich bei diesem ach so geheimen Projekt eigentlich handelt? - Little John stand vom Tisch auf und tigerte durch den sonnendurchfluteten Raum.

- Lionelle wandte sich an mich mit der Bitte, oder besser einem Angebot, welches nicht abzuschlagen war… wir sollen ein Simulationsprogramm für Finanzmärkte im Falle einer globalen Konfliktsituation bearbeiten… er dachte da an einen Krieg globaler Natur… Stevens Tonfall liess nicht auf Ausgeglichenheit schliessen.

- Ich weiss nicht, warum ich mich zur Kooperation bereit erklärt habe… Lionelles Überzeugungskraft hat mich irgendwie überrumpelt. Auf der einen Seite war ich der externe Experte, der käuflich ist, andererseits wollte ich mich auch als solcher beweisen. Eine zweite Chance dieser Art würde es schwerlich geben. Natürlich dachte ich sofort an Dich, als meine rechte Hand bei diesem Projekt. Wie denkst Du über all das? John?

Eine eigenartige Stille hing über ihnen, bis John in der Lage war, irgendwas zu erwidern. Er massierte entnervt seine Stirn, als würde er etwas gründlich analysieren.

- John, was denkst Du?

- Ich versuche, all das mit meinem bescheidenen Verstand zu verarbeiten.

Johns Lachen entschärfe den Moment der Anspannung.

- Wie soll ich das kommentieren – keine Ahnung. Ich bin ähnlicher Meinung, wie Du, dass uns solch eine Gelegenheit kein zweites Mal geboten wird. Ich sehe das Leuchten in Deinen Augen, so wie immer, wenn Du Dich in etwas Neues stürzt. Selbst wenn uns das Ganze über den Kopf wachsen sollte, stemmen wir das gemeinsam, und das ist schon etwas wert, meinst Du nicht?

- Ein ganzer Felsbrocken fällt mir eben vom Herzen… Du kannst Dir kaum vorstellen, wie schwer mir diese Heimlichtuerei vor Dir gefallen ist. Ich wusste bis zum Schluss nicht, wie Du reagieren würdest… Danke, John.

Steven war sichtlich bewegt, streichelte nervös den Kopf seines Hundes.

- Wann sollen wir beginnen?

- Wir haben bereits angefangen… oder ich, genau genommen. Ich sammele bereits Material und erarbeite ein Grundschema. Das Projekt wird FOG genannt und Du wirst für die Analyse, bzw. Kritik meiner Ergebnisse zuständig sein, bevor wir Lionelle Bericht erstatten. Du wirst mich zensieren… gib zu, davon hast Du schon immer geträumt!

Steven lachte herzlich und füllte die Weingläser auf.

Kapitel 2

Eva Adams war eine schöne Frau. Sie hatte eine Schwäche für Steven und entschied sich daher, ihre problematische Liebesbeziehung aufrecht zu erhalten. Bei einem gemeinsamen Dinner mit Little John haben sie sich kennengelernt. Jahre später gab John zu, am Zusammenkommen der beiden nicht ganz unbeteiligt zu sein, zumal er dachte, sie könnten gut miteinander klarkommen. Das grösste Hindernis waren ihre fernliegenden Wohnorte. Die allwöchentliche Fahrt von Zürich nach Freiburg stellte zwar keine Kommunikationskomplikation dar, nervte auf Dauer aber trotzdem. Der Mangel an Spontanität war irritierend genug, vor allem, wenn die monotone Autobahnstrecke endlos erschien. Bei schlechtem Wetter nahm sie den Zug bis zum Hauptbahnhof, wo Steven sie abholte. Steven selbst war schwerlich davon zu überzeugen, einmal selbst nach Zürich zu kommen. Er vertrat die Ansicht, dass Liebe Opfer erforderte, folglich war er an einem alternativen Konzept nicht interessiert. Eva gab sich daher unaufhörlich dem Pilgern zu Stevens „Sanktuarium“ hin. Andererseits genoss sie die vor dem Fenster vorbeiziehende Szenerie, sowie die Stille der angrenzenden Felder und Hügel. Diese Region der Schweiz bot etwas Ursprüngliches, was sie so anzog, dass sie sich ihrer Faszination nicht entziehen konnte.

Dr. Eva Adams, 28, war eine der Vorsitzenden einer weltweit operierenden, höchst spezialisierten Firma. Sie verdankte dies nicht nur ihren fachlichen Fähigkeiten, sondern auch ihrem komplexen Verstand, welcher ihr diese Karriere überhaupt ermöglichte. Als Abhörexpertin der höchsten Kategorie für Signale aus den Tiefen des Weltalls war ihr Talent diesbezüglich über die Schweiz hinaus bekannt. Als Spezialistin war sie bei zahlreichen Kongressen und Lesungen heiss begehrt. Weltweit konnte sie dank Ihrer Erfahrung an den interessantesten Projekten teilhaben.

Schon immer hatten Steven und sie den Deal, dass sie samstags das Frühstück richtete, während er mit dem Hund Gassi ging. Heute war der Nebel aussergewöhnlich dicht und umhüllte Haus und Garten, sodass Eva die Baumreihen am Feldrand nicht erahnen konnte. Bei sonnigem Wetter verfolgte sie Stevens Aufstieg zu den Eichen, während der Hund freudig lospreschte. Momentan nahm sie nur die Umrisse des Gartenteiches und seine herbstlich geneigten Gräser wahr.

- Wir sind da! - Stevens Stimme klang fröhlich durch den Flur.- Ich liebe Dich für diesen Kaffeeduft am Morgen! - Er betrat den Salon mit einem selbstgefälligen Gesichtsausdruck. -Jetzt erst weiss ich Qualität zu schätzen. Seit ich diesen Fotoapparat habe, ist nichts mehr unrealisierbar für mich - er freute sich wie ein Geburtstagskind über sein Geschenk.

- Okaaay, sehr bescheiden von Dir, kein Zweifel.

Ihr Lachen drang bis zur Küche.

- Werde ich denn überhaupt in den Genuss dieser Werke kommen?

- Wenn Du mir versprichst, ein braves Mädchen zu sein.

Steven beobachtete sie eine gewisse Zeit eindringlich mit leicht zusammengekniffenen Augen. Er konnte sich nie an ihr sattsehen. Sie war von einmaliger Zerbrechlichkeit mit ihren hochgesteckten Haaren und hellem Teint. Er wusste schon lange, dass er das beste Tortenstück ergattert hatte. Eva war eine Art Entschädigung für all seine Selbstzweifel und einsamen Jahre. Sie hatte ihm geholfen, mit sich ins Reine zu kommen, wofür er ihr immer dankbar sein wird und gehörte nicht zu den Frauen, welche durch permanentes Nachfragen ihre Dominanz markierten wollten. Vielmehr war sie eine diskrete, analytische Konversationspartnerin. Eines stand fest: Eva machte ihn glücklich, ohne eine Definition dessen, was sie eigentlich verband.

- Zugeständnisse haben so was Endgültiges… ich werde mich aber bemühen- sie setzte sich ihm gegenüber und berührte seine Hände.

- Zeig endlich, was Du diesmal verewigt hast!

Steven holte die Kamera aus dem Etui und legte sie auf den Tisch.

- Ich erinnere mich an meinen Vater, wie er uns bei Wanderausflügen in die Berge fotografierte. Stets folgte ich ihm bis zur Dunkelkammer, um diesem mir damals mysteriösen Vorgang der Bilderentwicklung beizuwohnen. Das war Magie – Bilder entstanden aus dem Nichts, nahmen erste Konturen an, verdunkelten sich, bis sie letztlich deutliche Formen annahmen. Daraufhin hängte er stolz die Fotos zum Trocknen auf, bereits neue Abenteuer planend. Währenddessen freute ich mich schon auf neue Erkundungen, um die Welt zu entdecken. Digitale Technik ist zugegebenermassen nicht dasselbe, aber sie bietet unglaubliche Möglichkeiten - er stellte das Display so ein, dass Eva die Bilder mit ihm zusammen sehen konnte.

- Das habe ich heute als erstes geschossen, der Nebel erschien mir besonders plastisch- schau -Steven betätigte einen Knopf und das Foto erschien - die milchige Färbung liess keine konkreten Details zu, alles verschwamm ineinander. Er liess anschliessende Bilder so ablaufen, dass man bei jedem kurz verweilen konnte.

- Für diese Fotos braucht man einen Instruktor… Liebling, Du bist der talentierteste Nebelfotograf, den ich kenne. Aber erkläre mir doch, warum Dich dieses Motiv so fasziniert? Jeden Herbst präsentierst Du mir ähnliche Aufnahmen – sie sind in ihrer Art wunderschön, mit Raum für zahlreiche, interessante Assoziationen. Aber mal ehrlich, weiterbringen tun sie Dich nicht, also warum widmest Du ihnen so viel Zeit?

- Das wüsste ich auch gerne - Steven war seit einiger Zeit in eine Aufnahme vertieft. - Wahrscheinlich wegen meinem Sehfehler. Manchmal denke ich, meine Augen wollen mir etwas mitteilen und umgehen dabei das Gehirn, als wäre ich blosser Rezipient. Ich betrachte etwas und sehe Dinge, welche andere gar nicht erst wahrnehmen. Das interessiert mich am Fotografieren am meisten - er lächelte sie zwar an, wirkte aber seltsam abwesend. - Schau Dir mal dieses Bild an - er rückte näher an sie heran und rief ein gespeichertes Foto auf -kannst Du darauf auch sichtbare Konturen ausmachen?

- Versteh mich bitte nicht falsch, aber vielleicht solltest Du mal wieder Deinen Optiker aufsuchen? Man hat unter Umständen bereits eine Therapie für diese Form der Sehstörung entwickelt? Bitte ruf ihn an und vereinbare einen Termin.

Eva wusste, wie schwer das für Steven sein würde. Oft schien es ihr, als wäre er sich seiner alternativen Wahrnehmung der Welt nicht ganz bewusst, so, als hätte er sich an die seltsame, visuelle Übertragung an sein Gehirn gewöhnt. Sein philosophischer Ansatz führte ihn zu Vorstellungen und Theorien von Parallelwelten mit fremden Zivilisationen, deren Entdeckung nur noch eine Frage der Zeit wäre. Er war sozusagen zu einem Visionär geworden, seit er sich mit diesen Rätseln befasste. Eva teilte bis zu einem gewissen Grad seine Überzeugungen, behielt aber die Position einer nüchternen Wissenschaftlerin bei, welche sich auf belegbare Fakten stützte. Stevens Realität war sowohl theoretisch, als auch in der Praxis, aussergewöhnlich.

- Ich weiss schon, das sagst Du mir nicht zum ersten Mal, aber eben deshalb kann ich faszinierende Dinge entdecken. Wäre ich gewöhnlich - hier machte Steven ein derartig komisches Gesicht, dass Eva laut lachte - würdest Du nichts mit mir zu tun haben wollen. Gib zu: ich bin was Besonderes.

- Klar bist Du das. Ich will nur nicht, dass alle Dir brutal beweisen, wie illusionär Deine Sicht auf die Welt ist.

- Aber es ist auch eine Illusion- er klang plötzlich sehr ernst. – Wir interpretieren jedes Erlebnis auf individuelle Art und Weise. Jeder Mensch bewertet nach eigenen analytischen Massstäben. Wenn ich mein Gesicht im Spiegel betrachte, sehe ich nur eine Reflektion der Realität, nicht das wahre Bild. Ähnlich ist es für Dich: Du siehst das, was Du erwartest, wenn Du mich anschaust. Du siehst mich nicht als Ganzes, da ich nicht nur physisch existiere, sondern auch Gefühle, Gedanken und Reaktionen aufweise. Es ist unmöglich für Dich zu sehen oder zu fühlen, was ich erlebe, woran ich denke, wie ich handeln werde. Das gilt auch für mich. Oftmals habe ich Dich beobachtet und mir Dein Innerstes vorgestellt, jedes Mal erfolglos. Eines weiss ich – wir Menschen müssen uns mit dieser inneren Leere abfinden. Trotz aller Bemühungen werden wir stets an die gleiche, unüberwindbare Grenze stossen – die individuelle Einzigartigkeit eines anderen. Und weisst Du was? Das ist auch gut so, denn wenn ich mir vorstelle, Du könntest meine Gedanken lesen, würde ich wohl packen müssen – Steven lachte herzlich und küsste Eva auf die Wange.

- Abends wird John kurz vorbeischauen… ich würde ihm gerne einige Bilder zeigen. Du hast doch nichts dagegen?

- Weisst Du, dass ich es sehr mag, wenn er uns besucht, denn er hat einen guten Einfluss auf Dich. Ich kann aber nicht versprechen, Zeit für Euch zu haben. Mein Text zum neuen Projekt für die Präsentation am Montag muss noch überarbeitet werden, verzeihst Du mir? – Eva begann den Tisch abzuräumen.

- Dir alles – er lächelte vielsagend und legte seinen geliebten „Smooth Jazz“ auf.

Sie sassen in Stevens Bibliothek bei kleinen Gläsern mit Porto, vertieft in den Bildschirm des PCs. Steven brach als erster das Schweigen.

- Ich will Dich ja nicht drängen, aber sag endlich etwas, wir spielen hier kein Schach.

John brauchte seine Zeit, bis er sich seinem Freund zuwandte – ich denke, Du hast recht. Ich sage Dir: ich sehe in diesem Foto auch etwas Seltsames. Jetzt, wo wir es vergrössert haben, bin ich mir sicher, dass da was ist. Sage mir, was Du siehst und ich sage Dir, wer Du bist – John lachte Steven an und streckte seinen über dem Monitor gebeugten Rücken. – Ich denke ernsthaft darüber nach, ob Du mich mit Deiner Sehstörung nicht angesteckt hast. Wie oft habe ich Dich immer wieder gebeten, nicht allzu nah bei mir zu sitzen – beide lachten und die Anspannung wich einem lockeren Gespräch.

- Beschreib mir, was genau Du siehst – Steven stand vom Schreibtisch auf, ging zur Balkontür und öffnete sie, um den Hund in den Garten rauszulassen.

- Ich bin nicht sicher, ob ich das so genau formulieren kann. Eine Art Schatten, nicht flach, ist für mich erkennbar. Es ist verflucht schwer zu beschreiben, zumal wir es nicht mit dreidimensionalen Bildern zu tun haben. Dennoch erkenne ich perspektivische Tiefe auf dem Foto. Was denkst Du? – John suchte Bestätigung in Steven Blick.

Steven pfiff durchs leicht gekippte Fenster nach seinem Hund.

- Okay, genau das wollte ich hören. Danke, John! - Das heist, wir sehen exakt dasselbe. Ehrlich gesagt ist das nicht das erste Bild mit diesem Effekt. Letzte Woche habe ich ganz ähnliche geschossen, auch mit diesen eigenartigen Konturen. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als die Probeaufnahmen zu erneuern – ich mache zum Vergleich noch eine Fotostrecke von derselben Stelle. Jetzt muss ich meinen Hund finden, denn normal kommt er sofort, wenn ich ihn rufe… er jagt wohl wieder Katzen.

Kapitel 3

Die Arbeit an Projekt FOG nahm Steven vollkommen ein. Der Umfang der Thematik überschritt seinen bisherigen Wissensstand, sodass er etliche Stunden vor dem Computer verbrachte, bis er gegen zwei Uhr morgens leise ins Bett schlich, wo Eva bereits schlief. Da er selbst aber nicht einschlafen konnte, analysierte er diverse potentielle Varianten von Vorkommnissen im Falle eines eventuellen Konfliktes. Er erinnerte sich an die Tatsache, dass im Laufe der menschlichen Evolution der Kampf um die Herrschaft über das Feuer entscheidend war, was das Überleben sichern konnte. Würde es heute um den Zugang zu Wasser gehen? Dieses Szenario erschien immer plausibler, zumal Medienberichte aus allen Winkeln der Welt das bestätigten. Unser Planet Erde ist voller Wasser und dennoch könnten wir Menschen verdursten – Steven griff nach seinem auf dem Nachttisch liegenden Tablet und sein Gesicht wurde im dunklen Zimmer von einem seltsamen Licht erleuchtet. Er bewegte seinen Finger schnell über das Display, überflog ungeduldig die Seiten. Lionelle hatte ihm mehrere Schlagwörter gesandt, welche er nun in ein überragendes PC-Simulationsprogramm integrieren sollte. Die Aufgabe schien schier unmöglich zu bewältigen, was ihn aber am meisten motivierte. Die Masse an Parametern, welche fiktionale Konflikte auslösen könnten, war beinahe endlos. In der Annahme, dass die Mehrzahl der Menschen mit einem steten Mangel an Trinkwasser leben muss, wäre ein solcher Konflikt wohl vorprogrammiert. Als Ausgangspunkt nahm Steven die Situation, dass eine kleine Gruppe den Zugang zu Wasserressourcen manipulieren und simultan eine globale Krise hervorrufen würde. Er war sich bewusst, dass dies theoretische Konstrukte waren, glaubte aber an ihre praktischen Möglichkeiten. Viele radikale Freaks hatten Zugang zu verschiedensten Waffen und chemischen Kampfstoffen, die in kürzester Zeit den Zugang zu Wasser verhindern könnten. Diese Option irritierte Steven so, dass er nach Sicherung der Daten den PC herunterfuhr, eine Weile gedankenverloren dasass und seinen Blick über die Schlafzimmerwände schweifen liess. Er löschte das Licht und schmiegte sich an Eva.

- Jazz! - Stevens Stimme schallte aus dem Wald zurück. Er verharrte lauschend auf dem Weg, ob sein Hund nicht ortbar wäre. – Wo bist Du denn?! Der Nebel liess keine gute Sicht für Observationszwecke zu, also beschloss er die Heimkehr. Als er sich der Eichenallee am Wegesrand näherte, erspähte er seinen Hund, der entspannt dort sass und über die Aufregung seines Herrchens erstaunt wirkte. – Wo warst du, Jazz?

- Ich habe mir erlaubt, ihren Hund auf einen kleinen Spaziergang mitzunehmen… Eine eigenartige, männliche Stimme kam aus der Richtung der Bäume. Steven erkannte erst jetzt eine dort stehende Gestalt. Die mittelgrosse, zierliche Person stellte sich ihm mit einem traurigen Gesichtsausdruck gegenüber und taxierte ihn kurz. Steven hatte den Eindruck, ihn schon einmal gesehen zu haben, seine Stimme zu kennen, und dass er wüsste, was er ihm sagen sollte. Er streckte zur Begrüssung seine Hand aus und stellte sich vor – Steven Haller.

- Ray – der Unbekannte neigte den Kopf und drückte dezent die Hand des Hundebesitzers.

- Ich denke, Sie schon einmal getroffen zu haben… möchten Sie meinem Gedächtnis vielleicht auf die Sprünge helfen? Seven versuchte vergeblich, sich an den Nachnamen des Mannes zu erinnern.

- Ich heisse einfach nur Ray, und obwohl wir uns nie persönlich begegnet sind, sind wir bis zu einem gewissen Grad Bekannte. Vor einiger Zeit haben Sie sich via eines Computerprogrammes mit mir kontaktiert. Meine Antwort darauf ist unser heutiges Treffen… hoffentlich beunruhige ich Sie nicht zu sehr?

Steven vermochte seine Aufregung nicht zu verheimlichen, streichelte nervös den Kopf seines Hundes. Trotz aller Anstrengungen konnte er sich an ein Zusammentreffen mit besagtem Ray nicht erinnern.

- Mich interessiert die Tatsache, dass ich unsere Korrespondenz nicht rekapitulieren kann… daher vertraue ich diesbezüglich auf Ihre Hilfe?

Ray strauchelte einen Moment lang, schaute dann vielsagend zu den Bäumen. Steven traute kaum seinen Augen und erstarrte in Bewegungslosigkeit. Auf dem lediglich durch die Eichen geschützten Feld stand ein Objekt, welches Steven bisher nur aus SciFi-Filmen kannte. Das perfekte Oval mit matter, metallischer Oberfläche beeindruckte Steven derart, dass er Ray wiederholt begutachtete, nur um dann seinen Blick immer wieder aufs Raumschiff zu richten.

- Ich weiss gerade nicht, was ich sagen soll… und warum Sie ausgerechnet mit mir reden möchten? – Steven versuchte, seine Nervosität zu verbergen, doch mit fortschreitender Dauer der Situation stieg seine Beunruhigung, einer äussert seltsamen und unvorhergesehenen Begegnung beizuwohnen. Er trat einen Schritt zurück und befestigte die Hundeleine an dessen Halsband. Jazz blieb völlig ruhig.

- Sie haben bei Ihrer Arbeit einen bestimmten Code verwendet, welcher mich dazu brachte, Sie zu kontaktieren. Ich versuche es „humanoidgerecht“ zu erklären. Im Zuge einer Programmierung bedient ihr PC sich einer vorher festgelegten Sequenzierung, setzt ihre Analyseergebnisse um und fügt sie adäquat zusammen.

Eine diese Sequenzen konnte ich an meinem… nennen wir ihn mal Computer, empfangen. Ich entschuldige mich noch einmal für diese ungewöhnlichen Umstände unseres Treffens, aber ich wollte es ungestört ablaufen lassen.

- Haben Sie mir daher keine Nachricht mit einem Vorschlag für einen Erstkontakt geschickt? – Steven konnte sich seit geraumer Zeit erst jetzt zu einem Dialog durchringen und schaute mit fragender Miene in Richtung Ray.

– Wenn Sie schon meinen Computer kontrollieren – was mir übrigens gar nicht gefällt – müssten Sie auch wissen, welch weitläufige Korrespondenz ich mit vielen Spezialisten pflege, was eine Terminabsprache problemlos ermöglicht hätte.

Ray lächelte Steven an und zeigte auf sein Schiff – wie würden Sie darauf reagieren, bäte ich Sie um eine Zusammenarbeit an einem intergalaktischen Projekt, landete auf dem Feld bei Ihrem Haus und bediente mich Ihrer Sprache?

- Warum gerade ich? – Stevens Stimme wurde bestimmter und selbstbewusster. Was zeichnet mich aus, um eben mit mir Kontakt aufzunehmen?!

- Nicht ich habe diesen Kontakt gesucht… Ray zog ein kleines Gerät aus seiner Tasche und richtete es auf das Raumschiff. – Schauen Sie bitte, das habe ich gerade empfangen. Er trat an Steven heran und zeigte ihm den Monitor, auf dem Symbole zu sehen waren, deren Bedeutung Steven nicht einmal erahnen konnte. Solche Zeichen hatte er bisher noch nie gesehen und schaute daher Ray komplett verständnislos an. Sein Glaube an ausserirdische Zivilisationen liess keinen Zweifel an Rays Ausführungen zu. Andererseits wehrte sein analytischer Verstand sich mit Widerstand gegen diese Illusion, Erscheinung, oder gar Halluzination. Nüchtern betrachtend war er nicht in der Lage, sich dessen bewusst zu werden, was um ihn herum geschah. Er hatte das Gefühl, dass dieses Erlebnis sein Wahrnehmungspotential bei Weitem überschritt.

- Ich denke, die beste Lösung wird sein, sich von Ihnen zu verabschieden, zumal ich von einer möglichen Verwechslung ausgehe.

Steven beugte sich zu seinem Hund herunter und sagte – komm, Jazz, wir gehen heim.

In diesem Moment erkannte er voller Erstaunen, dass am Ende der Leine das leere Halsband hing… ohne Jazz! Er zuckte erschrocken zurück, seine Worte blieben ihm im Halse stecken.

- Was machen Sie da?! Geben Sie mir bitte sofort meinen Hund wieder!

- Ich hatte nicht vor, ihn irgendwohin mitzunehmen… Jazz steht die ganze Zeit neben Ihnen. Ich wollte Ihnen allein unsere Fähigkeiten demonstrieren, damit Sie sich von unseren harmlosen Intentionen überzeugen können. Ihr Hund ist von einem Frequenzfeld umgeben, welches ihn unsichtbar werden lässt. Diese Technik wenden wir auch oft bei unseren Raumschiffen an. Wir zeigen uns Euch nur, wenn es für uns als bedeutend erscheint. Sehen Sie – Ray richtete das Gerät in seiner Hand erneut auf das Schiff. Über diesem erschienen in einem Sekundenbruchteil zwei weitere, freischwebende Objekte, lautlos und stillstehend.

- Wie Sie sehen, habe ich keine böse Absichten Ihnen gegenüber… ich bitte nur um ein kurzes Gespräch.

- Ich befürchte, wohl keine andere Wahl zu haben – Steven schüttelte resigniert den Kopf – ich erwarte, dass Sie mir Jazz wiedergeben, das ist wichtig!

In diesem Moment bellte der Hund freudig und Steven konnte erleichtert aufatmen. Alles schien wieder normal zu werden, ausser dem Fakt, dass Steven keinen blassen Dunst hatte, worum es hier eigentlich ging…

- Ich höre Ihnen zu und bitte um eine Erklärung, was ich Ihnen denn geschrieben und gesendet habe? Warum suchten Sie diesen Kontakt?

Ray schwankte kurz und richtete dann seinen Blick zum Schiff.

- Wir kommen von einem fünfhundert Lichtjahre entfernten Planeten, unser Ziel ist jedoch ein von der Erde um achthundert Lichtjahre liegender Stern. Unsere Technologie ermöglicht uns die Bewältigung solcher Distanzen etappenweise: die Erde ist eine dieser Etappen. Wir reisen in wesentlich grösseren Raumschiffen, welche in einiger Distanz zu Euch, sozusagen geparkt sind, damit Eure Wissenschaftler nicht beunruhigt werden. Wir benötigen Zwischenlandungen, um unsere Wasservorräte aufzufüllen und Transporte von unserem Planeten zu organisieren. Wir brauchen ebenfalls Wasser, ähnlich, wie ihr Erdlinge. Unsere Unterschiede liegen hauptsächlich im Technologiebereich. Meine Zivilisation durchquert das Weltall seit Jahrtausenden. Die Erde war schon oft im Bereich unserer Reiserouten, doch wir entschieden uns gegen einen Massenkontakt, was nicht heisst, dass es gar keinen gab, aber Eure Technik machte es uns nicht leicht. Nun, da ihr Experimente mit einem Teilchenbeschleuniger durchführt und Euer Wissen einen fortgeschrittenen Stand erreicht hat, können wir einen weiteren Schritt wagen.

Steven schaute Ray voller Verwunderung an – wisst ihr wirklich alles über uns Erdbewohner?