Nena im Nebelland - Christine Ebel - E-Book

Nena im Nebelland E-Book

Christine Ebel

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Beschreibung

Während Nena ihren goldenen Knopf im Wasser der Regentonne säuberte, merkte sie plötzlich, wie er in ihrer Hand schwerer und schwerer wurde, zentnerschwer, und sie über den Rand Tonne zog. Sie fiel tiefer und tiefer, bis sie das Gefühl hatte, sich in einem großen Meer zu bewegen. Sie war eine gute Schwimmerin, mit kräftigen Zügen schoss sie durchs Wasser, trotz der geballten Faust, in der sie noch immer den goldenen Knopf krampfhaft festhielt. Da fühlte sie, dass ihr Fuß etwas streifte. Sie hatte Grund unter den Füßen! Wie es weitergeht, welche Abenteuer Nena im Nebelland erlebt, wie sie einen verzauberten Prinzen erlöst, den Zauberer Zarazunder für seine bösen Machenschaften bestraft und schließlich den Meermann Nautilus kennenlernt, das erzählt Christine Ebel in spannenden und phantasiereichen Geschichten für Groß und Klein.

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Seitenzahl: 120

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ibidem-Verlag, Stuttgart

 

Inhaltsverzeichnis

Der verzauberte Prinz

Nena im Nebelland

Der Zauberer Zarazunder

Nena und Nautilus

Impressum

Der verzauberte Prinz

Nena lief hüpfend nach Hause. Ihr gelber Ränzel in Leuchtfarbe mit ein paar bunten Streifen wippte rauf und runter, und ihre braunen Locken wippten im selben Rhythmus mit. Nena achtete darauf, nicht auf die dunklen Striche zwischen den hellen, viereckigen Steinplatten zu treten. Das war ihr »Nachhausegehspiel«. Noch lieber spielte sie es mit Jessica oder Sandra. Auch mit Florian machte es Spaß, nur mit Sascha nicht, der mogelte immer.

»Kannst du nicht aufpassen?«, rief eine alte Dame, mit der Nena beinahe zusammengestoßen wäre.

»Oh, entschuldigen Sie«, sagte Nena erschrocken, »ich war so vertieft in mein Spiel.«

»Na, ist schon gut.« Die alte Dame hatte sich beruhigt und lächelte ihr zu. »Du bist ja so fröhlich«, setzte sie hinzu.

»Das bin ich immer«, lachte Nena. »Ich wünsche Ihnen noch einen wunderschönen Tag. Das sagt unsere Lehrerin auch immer.«

»Ich danke dir«, und etwas später sagte die alte Dame: »Ich weiß, du wirst heute noch etwas Besonderes erleben.«

Nena hüpfte weiter. Seltsam, dachte sie, was die Frau wohl damit gemeint hat? Als Nena sich noch einmal umdrehte, war die alte Dame wie vom Erdboden verschluckt.

Nena erreichte ihr Zuhause, Stadtwald Nr. l0 war die Adresse. Dort wohnte sie mit ihrer Mutter. Der Vorgarten sah traurig aus, nichts wuchs hier so recht, denn das kleine, etwas zurückliegende Haus war umgeben von hohen Wohnblocks, sodass niemals die Sonne auf Haus und Garten scheinen konnte. Nena sah auf ihre Uhr. Es war zehn vor zwei, dann musste ihre Mutter schon da sein. Sie arbeitete halbe Tage als Schulsekretärin in einem Gymnasium und war meistens um Viertel vor zwei zuhause. »Hallo, Mama!«, rief Nena ihrer Mutter entgegen. »Na, wie war‘s denn heute?«, fragte Frau Niemann. Sie legte den Kochlöffel aus der Hand, umarmte Nena und gab ihr einen Kuss.

Ihre Mutter war eine zärtliche Mutter, das hatte Nena gern, sie fühlte sich so wohl im Arm ihrer Mutter. »Super!«, antwortete Nena, »stell dir vor, der Sascha ist vom Stuhl gefallen, weil er wieder so nach hinten kippelte. Plötzlich saß er unter dem Tisch. In der 4. Klasse! Wir haben alle gelacht!«

»Und euer Lehrer?«

»Wir hatten Mathe bei Frau Ziegler. Sie hat gesagt: ›Na, Sascha, das hast du doch schon in der 1. Klasse gebracht. Hoffentlich hast du dir nicht weh getan.‹ Aber sie musste auch lachen. Das war Sascha ganz peinlich, er bekam einen knallroten Kopf, wo er doch so verknallt ist in Frau Ziegler.«

»Wie kommst du denn darauf?«

»Ach, Mama, das weiß doch nun jeder.«

»Aha«, meinte Nenas Mutter.

»Vielleicht Frau Ziegler nicht. Jedenfalls lässt sie sich nichts anmerken. Sie ist aber auch die schönste Lehrerin der ganzen Schule«, schwärmte Nena. »Was gibt‘s denn heute?«

»Gemüsesuppe, du weißt ja, die habe ich heute Morgen schon vorbereitet.«

»Mmh, lecker, ich hab‘ irre Hunger.«

Als beide am Tisch saßen und die heiße Suppe löffelten, fragte Nenas Mutter: »Na, habt ihr viel Hausaufgaben auf?«

»Viel nicht, aber schwer: Adjektive als Substantive erkennen und üben. Ätzend. Morgen schreiben wir ein Diktat. Wirklich, Mama, du weißt, ich gehe so gerne in die Schule, aber ich hasse Hausaufgaben!« Nena war richtig wütend.

»Aber mein kleiner Liebling«, so nannte ihre Mutter sie manchmal, sie hörte das sehr gerne und hatte auch sofort wieder gute Laune. »Du machst deine Hausaufgaben doch immer so schnell und so gut, dass du dich eigentlich nicht beklagen kannst.«

»Ich geh‘ nachher wieder auf den Spielplatz im Stadtwald, Mama, ist dir doch recht?«

»Bei dem schönen Wetter ist das eine gute Idee. Bitte sei um sechs Uhr wieder zurück, ja?«

»Aber klar doch, Mama.« Nena war immer auf die Minute pünktlich, deswegen ließ ihre Mutter ihr ziemlich viel Freiheit. Nena liebte den Stadtwald. Unter den großen alten Bäumen hatte sie eine Menge Freunde. Sie liebte sie besonders, seit sie in der Schule gelernt hatte, dass der Mensch ohne die Bäume nicht leben könnte: Sie reinigen die Luft, die wir atmen. Auch viele Büsche und Sträucher gab es im Stadtwald. Jetzt im Mai blühten gerade die Rhododendren – schweres Wort, Nena hatte es im letzten Diktat falsch geschrieben, sie hatte vergessen, wohin das »h« kam und hatte vorsichtshalber »Rhododhendhron« geschrieben. So bekam sie nur eine »2« im Diktat. »So ein blöder Fehler«, schimpfte sie zu Hause.

»Aber mein kleiner Liebling«, tröstete ihre Mutter sie, »eine zwei ist eine gute Zensur und ich weiß nicht, ob ich selbst dieses schwere Wort richtig geschrieben hätte!« Niemand konnte sie so gut trösten wie ihre Mutter. Jetzt, als sie durch den Stadtwald lief, freute sie sich an den schönen Blüten, viele davon kannte sie mit Namen. Von klein auf hatte ihre Mutter ihr die Pflanzennamen gesagt, weil sie eine große Blumenfreundin war. Nena hatte ihr rotes T-Shirt an, auf dem SUMMER TIME in großen weißen Buchstaben stand. Obwohl sie keine Ahnung hatte, was das bedeutete, fand sie es »affengeil«. Ein Wort, das sie nur in Gegenwart ihrer Freundinnen benutzte, weil sie wusste, dass ihre Mutter es nicht mochte. Erwachsene sind eben manchmal merkwürdig.

Als sie an ihrem Lieblingsbaum, einer Eiche, vorbeikam, setzte sie sich auf die Bank und sah ihn an. Sie gähnte laut. »Irgendwie bin ich vom Toben auf dem Spielplatz müde«, dachte sie und sah auf ihre Uhr. Viertel vor sechs, da konnte sie sich getrost noch ein paar Minuten hersetzen, sie brauchte nur fünf Minuten bis nach Hause. Sie sah den Baum an. Hoffentlich würde er noch lange leben, obgleich er sehr alt sein musste, denn er war hoch und hatte einen riesigen Stamm. Letztes Jahr war er vom Baumchirurgen operiert worden. Das hatte Frau Ziegler ihnen erklärt, als sie im Stadtwald Bäume bestimmen sollten. Er hatte eine große kranke Stelle, die herausgesägt worden war. Um den Baum zu stützen, waren drei eiserne Stangen quer in den Stamm eingelassen worden. Das sah merkwürdig aus, und oft hatte Nena an der Eiche gestanden und unten am Stamm diese Stelle angesehen, die so groß war wie sie selbst. Unheimlich, wie ein tiefes Loch.

»Die eisernen Stangen sind ja wie eine Leiter«, dachte Nena plötzlich. Und obwohl sie große Angst hatte, stellte sie sich auf die unterste Stange und sah zu ihrem Erstaunen, dass Leitersprossen nach unten führten, in die Wurzel. »Seltsam«, dachte sie, und stieg hinunter. Sie stieg tiefer und tiefer, es wurde immer dunkler. Plötzlich erkannte sie, undeutlich zwar, die Umrisse einer Tür. Sie tastete sie ab und fand einen Griff. Vorsichtig öffnete sie die Tür, die entsetzlich knarrte. Licht flutete herein. Als der Spalt so breit war, dass sie hindurchsehen konnte, rief sie »Oh, das gibt‘s ja gar nicht!«, schlüpfte durch den Spalt und schloss die Tür hinter sich. Sie stand auf einer blühenden Wiese mit seltsamen, schönen Blumen, die sie noch niemals zuvor gesehen hatte. Der Himmel war blau, die Sonne stand hoch. In der Ferne sah sie einen sanften Hügel mit einem dunklen Schloss. Neben ihr plätscherte ein Bach, Vögel zwitscherten, Mücken und Bienen summten, eine Grille zirpte. Lauter schöne Sommergeräusche.

»Gefällt es dir bei uns?«, hörte sie hinter sich jemanden sagen.

»Diese Stimme kenne ich doch«, dachte Nena und drehte sich um. Da saß auf einem großen Stein am Bach die alte Dame von heute Morgen und lächelte sie an. »Eigentlich sieht sie gar nicht mehr alt aus, in diesem schönen weißen Kleid und mit dem großen Hut mit rosa Rosen«, dachte Nena und ging auf die alte Frau zu. Aber je näher sie kam, desto undeutlicher wurde diese. Nena lief schneller, aber als sie den Stein erreichte, war der Platz leer. »Seltsam«, dachte Nena, »wenn ich das Jessica und Sandra erzähle, glaubt mir das ja wieder keiner!«

Sie ging jetzt querfeldein auf das Schloss zu. Die blühenden Sträucher, an denen sie vorbeikam, wurden seltener und der Weg steiler. Nena musste sich anstrengen, es war ihr heiß, und durstig war sie auch. Aber sie wollte sich nicht ausruhen, denn die Sonne stand schon tief, und sie wollte unbedingt heute noch das Schloss erreichen. Es sangen keine Vögel mehr, auch die Grillen schwiegen. Um sie herum war eine unheimliche Stille. Sie kraxelte über große schwarze Felsbrocken. Ganz nah lag jetzt das Schloss vor ihr, es war umgeben von einer gewaltigen, hohen Mauer. In den letzten roten Sonnenstrahlen erkannte sie, dass Schloss und Mauer aus schwarzem, glänzenden Marmor waren, mit dünnen, weißen Adern darin.

»Schön sieht das aus«, dachte Nena, »aber unheimlich.« Kurz darauf stand sie vor dem riesigen Holztor mit rostigen Eisenbeschlägen. Und während sie noch darüber nachdachte, wie sie wohl dort hineingelangen könnte, öffnete sich das Tor wie von Geisterhand. Sie war nun auf einem großen, gepflasterten Hof vor dem düsteren Marmorschloss, das große Portal war geöffnet. Jeder ihrer Schritte hallte, obgleich sie doch Turnschuhe trug. Als sie das Schloss betrat, kam sie zunächst in einen Raum, der ihr durch seine Schönheit den Atem nahm. Sie hatte mit ihrer Mutter schon einige Schlösser besichtigt, aber so etwas Schönes, das hatte sie nun noch nie gesehen: Aus den schwarzen Marmorwänden strahlten lauter kleine Lichtquellen und überfluteten mit einem weichen Licht alle kostbaren Gegenstände, Möbel, Teppiche, riesengroße Gemälde von Menschen aus vergangener Zeit.

Nena wollte sich nicht aufhalten und ging in den nächsten Raum. An der Türschwelle blieb sie jedoch erschrocken stehen, sie schien in ein großes Festmahl hineingeraten zu sein. An einer langen Tafel, die mit den herrlichsten Delikatessen gedeckt war, saßen viele Menschen, kostbar angezogen, in Samt und Seide, wie aus einem früheren Jahrhundert. Auf den ersten Blick wirkten die Menschen lebhaft ins Gespräch vertieft, und Nena hatte ein schlechtes Gewissen, hier so hineingeplatzt zu sein. Sie wollte sich gerade unbemerkt wieder hinausschleichen, als ihr bewusst wurde, dass es totenstill war und alle in ihrer Bewegung verharrt waren. Sie waren stumm und bewegten sich nicht.

Trotz der Wärme fror Nena plötzlich, und es beschlich sie wieder dieses unheimliche Gefühl. Sie ging jetzt ganz nah an den Tisch heran, sah die Menschen ganz deutlich, sah ihnen ins Gesicht. Eine junge Frau lächelte, und Nena lächelte zurück. Erst als sie merkte, dass die junge Frau nicht aufhörte zu lächeln, wusste Nena, dass sie nicht lebte. Nena streckte die Hand aus, um den Arm der Frau zu berühren. Er war kalt, der Arm, und Nena fühlte, dass er aus Marmor war. Alles war aus Stein, die Menschen, die schönen Kleider, die üppigen Früchte, alle Schüsseln und Schalen, obwohl alles ganz echt aussah. Nun wusste Nena, dass die Menschen verzaubert waren.

»Wie aufregend«, dachte sie, »da gibt es ja viel zu entdecken!« Sie riss sich los von diesem Anblick und ging in den nächsten Raum, der noch viel größer und prächtiger als die beiden anderen war. »Das muss der Thronsaal sein«, dachte Nena, denn der Raum war fast leer, nur am gegenüberliegenden Ende stand ein riesiger, goldener, überdachter Sessel. Sie war mit ihrer Mutter einmal im Schloss Neuschwanstein gewesen, dort hatte König Ludwig sich auch so einen prächtigen Thron bauen lassen. Als sie näherkam, erkannte sie, dass ein junger Mann auf dem Thron saß, bewegungslos.

»Auch er wird aus Stein sein«, dachte Nena. Er war, wie das Schloss, aus schwarzem, polierten Marmor. Sie berührte seinen Arm, er fühlte sich kalt und glatt an. Und erst jetzt, als sie ganz dicht vor ihm stand, merkte sie, dass sich seine Augen bewegten. »Oh, ein verwunschener Prinz!«, rief Nena und beobachtete dabei, dass der schwarze Prinz seine Augenlider einmal zu und wieder aufmachte.

»Vielleicht könnte ich auf diese Weise mit ihm reden«, überlegte Nena, »wie bei diesem Spiel, bei dem man nur Fragen stellen darf, die man mit Ja oder Nein beantworten kann. Ich versuch‘s einfach mal.«

»Bist du verzaubert?«, fragte sie den Prinzen und achtete sehr genau darauf, was er mit den Augen machte. Der Prinz klappte die Augenlider zu und auf, zu und auf.

»Jetzt muss ich mir eine Frage ausdenken, auf die er mit Nein antworten muss«, dachte Nena, »aber mir fällt beim besten Willen nichts ein. Ich hab‘s!»

»Hast du mich schon einmal gesehen?«, fragte sie.

Der Prinz bewegte seine Augen von links nach rechts, und von rechts nach links, als ob er den Kopf schütteln würde.

Nena war ganz aufgeregt. »Es klappt, es klappt!«, rief sie. »Kann ich dir helfen, dich erlösen?«

Sie beobachtete wieder seine Augen: Rauf und runter, rauf und runter, also Ja!

»Wie denn?«, rief sie voreilig.

Die Augen des Prinzen blieben starr in die Ferne gerichtet, ohne sich zu bewegen.

»Mein Gott, bin ich dumm«, sagte Nena zu sich selbst, »diese Frage lässt sich ja nicht mit Ja oder Nein beantworten.«

»Ist es ein Gegenstand, der dich erlöst?«

»Nein.«

»Etwas Lebendes?«

»Ja. «

»Ist es hier im Schloss?«

»Nein.«

»Ist es schwer zu finden?«

»Ja.«

Nena wurde mutlos. Wie sollte sie in diesem fremden Land, wo sie niemanden kannte, Hilfe holen! Da sah sie, wie dicke Tränen aus den Augen des Prinzen tropften. Das rührte sie, und beinahe weinte sie auch. Sie ging wieder ganz nah an ihn heran, fing mit jeder Hand eine Träne auf und rief: »Hab keine Angst, ich gebe nicht auf!«

Und plötzlich fiel ihr ein, dass sie ja doch jemanden kannte, die alte Dame im weißen Kleid.

»Kann mir die Frau in Weiß weiterhelfen?«, fragte sie.

»Ja.«

»Oh, wie schön«, rief Nena, »ich werde sie suchen.«

Sie wollte gleich davonrennen, kehrte aber noch einmal um, küsste den Prinzen und sagte: »Ich werde dir helfen!«

Sie lief aus dem Thronsaal, durch den Speisesaal, wo immer noch die Hofgesellschaft tafelte, durch den ersten Raum, bis sie wieder auf dem gepflasterten Hof stand. Die Sonne war längst untergegangen, trotzdem war es nicht dunkel, das Mondlicht war fast so hell wie Tageslicht, es war nur nicht gelb-golden wie das der Sonne, sondern blau-weiß und es ließ alles schillern und funkeln. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Der schwarze Marmor funkelte, die Pflastersteine unter ihren Schuhen, die vielen Türme und Kuppeln des Schlosses. Jetzt erst bemerkte Nena, dass ihre Hände, die sie immer noch zu Fäusten geballt hielt und in denen sie die Tränen des Prinzen aufgefangen hatte, schmerzten. Sie öffnete ihre Hände. In jeder lag ein glitzernder Stein, ein Diamant, so groß wie eine Träne.

»Ist der schön!«, sagte sie zu sich selbst, »aber ich habe jetzt keine Zeit zu verlieren.«