Neurolinguistisches Coaching - NLC - Cora Besser-Siegmund - E-Book

Neurolinguistisches Coaching - NLC E-Book

Cora Besser-Siegmund

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Beschreibung

Zu unseren größten Reichtümern gehören das Denk- und Handlungsvermögen sowie unser Gefühlspotenzial. In unserer Neurobiologie ist dieser Schatz in Form von Sätzen und Wörtern codiert. Dazu gehört auch die »Vita-Sprache« – Wörter, die in unserer Lerngeschichte mit Emotionen und Körpersensationen aufgeladen wurden. Diese sogenannten Referenzwörter hinterlassen einen individuellen, manchmal sogar affektiven »Sprach-Eindruck« in der beteiligten Neuromatrix. Im Neurolinguistischen Coaching (NLC) arbeitet der Coach mit »Stopp-Wörtern« seines Coachees, die mit einer emotional schwächenden Hemmung einhergehen; und mit »Go-Wörtern«, die für ein ressourcevolles Ausleben des inneren Vermögens stehen. Aus der wingwave-Methode ist der gut beforschte Myostatik-Test bekannt, eine Testung der Fingerkraft, die auch im NLC bei der Suche nach Stopp-Wörtern und als Erfolgskontrolle zum Einsatz kommt. Das Coaching-Ziel ist immer eine Wandlung aller zum Coaching-Thema gehörenden Referenzwörter in Go-Wörter. Sogar ein Wort wie »Problem« kann so beim Coachee automatisch Zuversicht, Entschlossenheit und Ideenreichtum auslösen und zum Juwel in seinem »Sprachschatz« werden.

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Seitenzahl: 337

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Cora Besser-Siegmund & Lola A. SiegmundNLC – Neurolinguistisches Coaching Sprache wirkt Wunder!

Über dieses Buch

Zu unseren größten Reichtümern gehören das Denk- und Handlungsvermögen sowie unser Gefühlspotenzial. In unserer Neurobiologie ist dieser Schatz in Form von Sätzen und Wörtern codiert. Dazu gehört auch die »Vita-Sprache« – Wörter, die in unserer Lerngeschichte mit Emotionen und Körpersensationen aufgeladen wurden. 

 Im Neurolinguistischen Coaching (NLC) arbeitet der Coach mit »Stop-Wörtern« seines Coachees, die mit einer emotional schwächenden Hemmung einhergehen; und mit »Go-Wörtern«, die für ein ressourcevolles Ausleben des inneren Vermögens stehen. Das Coaching-Ziel ist immer eine Wandlung aller zum Coaching-Thema gehörenden Referenzwörter in Go-Wörter. Sogar ein Wort wie »Problem« kann so beim Coachee automatisch Zuversicht, Entschlossenheit und Ideenreichtum auslösen und zum Juwel in seinem »Sprachschatz« werden.

Cora Besser-Siegmund, Dipl.-Psych., Business-Coach, NLP- und wingwave-Lehrtrainerin, wingwave-Begründerin.

Lola A. Siegmund, B.A. Wirtschaftspsychologie, NLP- und wingwave-Lehrtrainerin.

Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2016

Coverfoto: © oorka – iStock

Covergestaltung / Reihenentwurf: Christian Tschepp

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2015

Satz & Digitalisierung: JUNFERMANN Druck & Service, Paderborn

ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-446-8

ISBN dieses E-Books: 978-3-95571-447-5 (EPUB), 978-3-95571-448-2 (MOBI), 978-3-95571-449-9 (PDF).

1. Vorwort

Als wingwave-Lehrtrainerinnen zählt zu unseren Lieblingsfilmen der Satire-Klassiker „Tote tragen keine Karos“ (Originaltitel: „Dead men don’t wear plaid“). Dieser Film ist ein eindrucksvolles Beispiel für den potenziellen neurolinguistischen Störeffekt eines Wortes im Rahmen sprachlicher Kommunikation. Der bekannte Schauspieler Steve Martin spielt einen recht nervenstarken Detektiv, der jedoch völlig durchdreht, wenn er das Wort „cleaning woman“ – also „Putzfrau“ – hört. In einer Szene sagt eine Kundin ganz lapidar zu ihm: „Ich werde eine Nachricht bei der Putzfrau hinterlassen.“ Der Empfänger der Botschaft versteht jedoch den Sinn des Satzes nicht mehr, denn sein Gehirn „pickt“ sich aus der Satzkonstruktion nur das Wort „Putzfrau“ heraus. Binnen Sekunden rutscht der Held in eine emotionale Dekompensation, weil es in seiner Lebensgeschichte ein sehr traumatisches Erlebnis mit einer Putzfrau gab.

Auf YouTube reichen die Suchbegriffe „cleaning woman“ und „Steve Martin“ – und schon landet der Suchende bei dem beschriebenen heftigen Emotionsausbruch, der allein durch ein problematisches Stress-Trigger-Wort ausgelöst werden kann.

Für den Filmhelden ist dieser Wortzauber-Effekt nicht so angenehm – und die Kundin ist völlig irritiert, als er sie dann auch noch würgt und schüttelt. Hinterher entschuldigt sich der Detektiv allerdings und die attraktive Dame zeigt auch Verständnis für den Ausbruch, als sie die Erklärung erfährt: Der Vater dieses Mannes brannte in der Kindheit mit der Putzfrau durch und die Mutter starb deshalb an gebrochenem Herzen.

So traurig diese Erklärung wirken mag – im Coaching-Prozess hat das Know-how über den geschilderten neurolinguistischen Wort-Effekt einen immensen Vorteil für den Coachingkunden, denn es bietet Coach und Coachee die Möglichkeit, ein Coaching punktgenau, zielorientiert und äußerst zeitökonomisch durchzuführen – indem Sprache als Kompass genutzt wird. Unzählige Menschen bleiben beim Hören des Wortes „Putzfrau“ emotional neutral. Ein Gefühlschaos entsteht nur dann, wenn das Gehirn mit dem Wort ein spezifisches individuelles Stresserlebnis verknüpft. Dann ist ein „Vita-Wort“ entstanden, welches eine individuelle Emotionskomponente bei einer Person anspricht.

Mit der Methode wingwave-Coaching konnten in den letzten Jahren besonders viele positive Ergebnisse für einen maximalen Coaching-Effekt mit minimalem Methodeneinsatz erzielt werden – vor allem durch den professionellen bewussten Umgang der wingwave-Coaches mit Sprache als Referenzwerkzeug, mit Vita-Wörtern und Vita-Sätzen. Viele Fallbeispiele belegen eindrucksvoll diese „Abkürzung zur Lösung“. In dem wingwave-Buch „Erfolge zum Wundern“ (Besser-Siegmund 2009) werden beispielsweise „50 und eine“ Coachinggeschichten dieser Art vorgestellt. Wie genau das in der Praxis funktioniert, beschreiben wir in diesem Buch.

So viel sei schon verraten: wingwave-Coaches nutzen einen Muskeltest – den Myostatiktest – für das Herausfinden von blockierenden Stress-Triggern (mehr dazu in Kapitel 5.4). Der Zugang zum Coaching-Thema sind Wörter und Aussagen. Ein schwacher Test bedeutet: „Hier ist ein Stress-Thema“, ein starker Test sagt aus: „Diesem Thema ist der Coachee gewachsen“. Zunächst widmet sich das Coaching dem Stressthema, später können dann die stark testenden Themen noch mit Gefühlsqualitäten wie Entschlossenheit, Zuversicht oder gar Begeisterung potenziert werden. Haben wir einen Satz oder ein Wort gefunden, welcher/s das Thema laut Test präzise spiegelt, wird dieses „Fundstück“ dann als Referenzsatz oder Referenzwort für das erzielte Coachingergebnis genutzt.

Abbildung 1: Der Myostatiktest

Mit einem entsprechenden „Aussagenbaum“ (mehr dazu in Kapitel 3.2) finden wir beispielsweise bei einem Schauspieler heraus, dass seine Auftrittsblockade nur in Räumen mit sehr „hohen Decken“ auftritt. Ein Politiker fühlt sich unwohl beim Wort „Applaus“ – kritischen Fragen hingegen begegnet er laut Test mit Gelassenheit. Eine Lehrerin meint, sie hätte eine „schwierige Klasse“ und der Test zeigt uns, dass der entscheidende Stress, der das Gesamterlebnis als subjektiv schwierig „einfärbt“, nur durch ein einziges Kind von insgesamt 30 Schülern ausgelöst wird.

Neurolinguistisches Coaching – abgekürzt NLC – fokussiert sich auf das Know-how über den hohen emotionalen und individuell spezifischen Wirkungsgrad von Wörtern und Aussagen. Der NLC-Coach arbeitet – wie schon erwähnt – mit der sogenannten Vita-Sprache eines Menschen. Gehirnforscher sprechen hier auch von „Buzzwords“ (Kißler et al. 2007 ) – also von Wörtern, die mit einer besonders hohen emotionalen Energie aufgeladen sind. Ob Wörter subjektiv als angenehm oder unangenehm empfunden werden, spielt bei einem „Buzzword“ keine Rolle.

Für den Coach ist es auf jeden Fall wichtig zu wissen, dass diese Wörter nicht nur das Denken, sondern auch den Körper bewegen. Diese Arbeitsweise bezieht sich auf das Phänomen der „Neuromatrix“, in die auch Wörter und Sätze eingewoben sind. Die Neuromatrix ist ein Netzwerk im Gehirn, das Denken, Fühlen und Handeln in Bezug auf ein bestimmtes Thema assoziativ verknüpft. Mit NLC gestalten Coaches nicht nur das Coaching-Gespräch oder einen optimalen Lösungsprozess. In Feinarbeit entdecken Coach und Coachee in Teamwork durch das Einsteigen in die „Neuromatrix“ des Themas den individuellen Auslöser hinter einem Stresserleben. Oder sie finden den entscheidenden „Schlüsselwort-Kick“ durch ein positiv besetztes Vita-Wort, der eine Neuromatrix zur Steigerung von Kreativität, Wohlbefinden und Leistungsvermögen aktivieren kann. Für Columbus beispielsweise war so ein positives aufgeladenes Vita-Wort mit Sicherheit das Wort „Indien“. Nur die so definierten Vita-Wörter und Vita-Sätze werden zur Erfolgs-Referenz; sie garantieren, dass der Coachee ein Coachingergebnis im Alltag wortwörtlich ausleben kann.

Apropos Kreativität, Wohlbefinden und Leistungsvermögen: Wir zwei Autorinnen freuen uns sehr über die Verwirklichung unseres ersten gemeinsamen Buchprojekts! Wir wünschen Ihnen viel Freude und interessante Erlebnisse mit unserem Basisbuch zum Thema „Neurolinguistisches Coaching“.

2. Die Wirkung von Neurolinguistischem Coaching

2.1 Viele Wege – ein Anliegen

Alle psychologischen Verfahren – seien es Psychotherapien oder Coaching-Methoden zur Leistungsoptimierung und Persönlichkeitsentfaltung – haben ein gemeinsames Anliegen: Sie wollen den Menschen dazu befähigen, innere Blockaden zu überwinden, seine Potenziale zu entfalten und so die subjektive und die objektive Lebensqualität zu steigern.

Subjektive Lebensqualität bedeutet: Die Grundstimmung hebt sich, die Wahrnehmung fokussiert sich auf Positives, Entschlossenheit und Tatkraft nehmen zu, gute Gefühle und aufbauende Gedanken entstehen aus sich selbst heraus.

Das kann zur Steigerung der objektiven Lebensqualität führen: Neues Selbstbewusstsein führt beispielsweise zu mehr Freundschaften, der Heiratsantrag ist erfolgreich; man bekommt den neuen Job und kann sich so auch ein Auto leisten usw.

Dieses oben kurz beschriebene konstruktive Anliegen haben die klassische Psychoanalyse, die kognitive Verhaltensmodifikation, die Themenzentrierte Interaktion, Verfahren für systemisches Coaching oder Aufstellungsarbeit – um nur einige wirkungsvolle Methoden zu nennen. Grundsätzlich gilt: Alle psychologisch aktivierenden Verfahren wirken häufig gut – und manchmal auch nicht. Vertreter der jeweiligen Verfahren argumentieren oft, dass das theoretische Modell zur Wirkungsweise der Methode entscheidend für ein positives Ergebnis sorgt. So entstehen manchmal regelrechte „Lager“: Den Befürwortern der Verhaltensmodifikation sind die tiefenpsychologischen Verfahren zu ungenau, zu intuitiv, zu unkonkret. Die Anhänger der Tiefenpsychologie empfinden wiederum die Verhaltenspsychologie als zu technisch, prozedural und aufgesetzt – eben als nicht „tief“ genug gehend.

Dabei wirken auf der neurobiologischen Ebene alle Methoden nach einem identischen Muster. Es ist also egal, ob sich der Astronaut durch ein Verhaltenstraining fit für das All fühlt oder ob ein Patient mit einer Psychotherapie sein Unfalltrauma überwunden hat: Eine Intervention ist gelungen, wenn der Klient oder Patient sowohl auf die innere als auch auf die äußere Wahrnehmung des behandelten Themas mit innerer Balance reagiert. Vielleicht entsteht noch ein inneres Wanken, aber anstatt umzufallen, pendelt sich schnell wieder ein stabiles Gleichgewicht ein – wie beim Stehaufmännchen. In Bezug auf die behandelte Sache ist das Resultat somit immer ein Resilienz-Effekt. Der Datenstrom aller Sinneswahrnehmungen im Zusammenhang mit dem Thema fließt bei einem derartig erfolgreichen Ergebnis friedlich am Alarmsystem des Gehirns vorbei – und die innere Resonanz bewirkt Gelassenheit, einen klaren Kopf, innere Stärke, Überlegenheit oder wohltuende Neutralität.

Manchmal wandelt sich das Emotions-Echo sogar ins Positive: In einer wingwave-Studie zum Thema Redeangst profitierten einige Probanden nicht nur durch einem „Verlust“ der Redeangst, sondern verzeichneten sogar die Zunahme einer regelrechten Auftrittsfreude vor fremdem Publikum (Dierks 2015).

Abbildung 2: Stehaufmännchen

Im NLC arbeitet der Coach sinnesspezifisch und physisch konkret mit diesem geschilderten Resilienz-Effekt. Das Gute daran ist: NLC kann mit jedem psychologischen Behandlungs- oder Coaching-Konzept zielführend kombiniert werden. Der Anwender muss nicht „konvertieren“ oder seine bisherige Arbeitsweise gar aufgeben. Ein Umstand, der sich schon bewährt hat.

Coach für systemische Kurzzeitkonzepte

Am Besser-Siegmund-Institut vergeben wir seit Jahren das Zertifikat „Coach für systemische Kurzzeitkonzepte“ für die Bereiche Mental-Coaching, Business-Coaching und Work-Health-Balance-Coaching. Coaches mit dieser Qualifikation verbinden ihr Know-how über wingwave- und Neurolinguistisches Coaching mit „klassischen“ Coaching-Grundlagen, wozu u. a. systemisches Coaching, NLP, Gestalttherapie oder eine Ausbildung in Mediation gehören. NLC wirkt hier als Prozessbegleitung durch alle Dimensionen, die in einem Coaching berührt werden können:

Die Psychophysiologische Befindlichkeit eines Menschen einschließlich der Emotionen, des Körpererlebens und der dazugehörigen Gedankenwelt

Die Fokussierung im Zeitsystem auf bestimmte Punkte der Lebens- und Lerngeschichte in der Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft

Die Vernetzung des Menschen in sozialen Strukturen, also die Verbindung mit dem „Ich“ und seinen vielen Anteilen; mit dem „Du“ als konkretem Gegenüber und mit der Einbindung in größere Systeme, also dem Umgang mit „Er / Sie / Es“ wie Familien, Unternehmen, Religion, Vereine etc.

Diese drei Systemdimensionen der subjektiven Lebensqualität eines Menschen sind in der NLC-Matrix gespiegelt, die wir später noch vorstellen (siehe Kapitel 8). Bei jedem Coachingschritt im NLC können alle drei Dimensionen gleichzeitig und minutenschnell berücksichtigt werden, was zu der hohen Effektivität des Prozesses führt und ihn zu einem echten „Kurzzeit-Coaching“ macht: maximaler Nutzen durch minimalen Methodeneinsatz.

2.2 wingwave, NLC und der Schmetterling

Der Schmetterling ist die ideale Metapher für die eben umrissene Vorgehensweise und die Wirkung von Neurolinguistischem Coaching. Daher ist dieses bunte Wesen, das die Menschen schon immer fasziniert hat, auch im Namen wingwave-Coaching enthalten, der Methode, die uns maßgeblich zur Entwicklung des Neurolinguistischen Coachings inspiriert hat. Der Begriff erinnert an den Flügelschlag – also den „wing“ – des Schmetterlings, der auf dem nächsten Kontinent das Wetter ändern kann, wenn er punktgenau an der richtigen Stelle Schwingungen verbreitet. Somit steht die Metapher für die System-Idee: „Kleine Ursache, große Wirkung“ – vorausgesetzt natürlich, dass alle notwendigen Bedingungen für eine derartig erstaunliche Ausbreitungsenergie gegeben sind. Diese Bedingungen werden durch NLC im Coaching-Prozess gezielt geschaffen.

Vor allem harmoniert der Schmetterling sehr gut mit einem psychologisch fundierten Verfahren, denn das altgriechische Wort Psyche heißt nicht nur Atem, Seele und Lebenskraft, es bedeutet auch Schmetterling. Die alten Griechen bewunderten den Schmetterling nicht nur für seine spielerische Leichtigkeit und Schönheit, sondern auch für die große Kraft, mit der er sich aus seiner engen Puppe befreit. Auch das passt gut: Im wingwave-Coaching und im NLC ist die körperliche Kraftantwort der Coachees der entscheidende Kompass, der sowohl zur präzisen Problemerkennung als auch punktgenau zur schnellen Lösung führt.

Und apropos Kompass: Der besonders schöne amerikanische Monarch-Falter fasziniert die Biologen schon seit Jahren mit seinem Marathonflug: Jedes Jahr zieht er in Schwärmen über 3500 Kilometer von Nordamerika nach Süden ins zentralmexikanische Hochland, um dort zu überwintern. Die Schmetterlinge finden ihren Weg auch bei bewölktem Himmel, und lange Zeit war es ein Rätsel, wie sie ihr Winterquartier dennoch zielsicher erreichen können. Kürzlich hat jedoch ein US-Forscherteam unter der Leitung des Biologen Stephen Reppert entdeckt, dass der Monarch-Schmetterling einen körpereigenen Magnetkompass nutzt und so mithilfe des Erdmagnetfeldes seinen Weg findet (Guerra, Gegear & Reppert 2014).

Daher ist der Schmetterling auch eine besonders schöne Metapher für die Coaching-Methoden wingwave und NLC, die mit einem sicheren Kompass arbeiten. Der Kompass ist die individuelle Nutzung der Vita-Sprache eines Coaching-Kunden – vor allem mithilfe des Myostatiktests (siehe Kapitel 5.4). Das Vorgehen stellt sicher, dass ein Coaching nicht „vom Kurs abkommt“, sondern sicher zum Ziel führt.

Abbildung 3: Monarch-Falter

3. Die Abkürzung auf dem Weg zur Lösung

3.1 Einführung

Die Putzfrauen-Geschichte aus dem Film „Tote tragen keine Karos“ (siehe Kapitel 1) geht übrigens noch weiter. Nachdem die verständnisvolle Kundin vom Kindheitstrauma des Detektivs erfahren hat, sagt sie: „Oh, Sie Armer!“ Und dann verspricht sie: „Ich werde das Wort nie wieder sagen.“ Er lächelt sie erleichtert an, setzt seinen Detektiv-Hut auf und sagt beim Herausgehen völlig cool: „So long, dollface“ – was so viel heißt wie: „Bis bald, Süße.“ Der Spuk ist vorbei.

3.1.1 Wörter können wehtun

Im Film besteht die Lösung also darin, dass das Wort, das für den Detektiv zu einem negativ besetzten Vita-Wort geworden ist, einfach nicht mehr benutzt wird. Das ist wie beim positiven Denken, denn auch dort konzentriert man sich in der Kommunikation auf Wörter, deren Wirkung zu angenehmen Gefühlen oder zumindest zu einem neutralen subjektiven Erlebnis führen. In vielen psychologischen Verfahren gilt dieses Vorgehen als Königsweg: Schmerzpatienten lernen beispielsweise, sich auf positiv verankerte Wörter des Körpererlebens zu fokussieren: „leicht“, „locker“, „frei“ usw. Allein das Wort „Schmerz“ kann laut den Ergebnissen einer Forschungsgruppe unter der Leitung von Thomas Weiss, Psychologie-Professor an der Universität Jena, das Schmerzzentrum aktivieren (Richter 2010). Unter dem Titel „Wörter können wehtun“ ging das Ergebnis durch die Presse und die Empfehlung war und ist ein achtsamer Umgang mit Wörtern in der Schmerzbehandlung – vor allem die Fokussierung auf positiv wirkende Wörter.

Diese Techniken funktionieren. Cora Besser-Siegmund und Harry Siegmund waren in den 1980er-Jahren in Deutschland Pioniere der schmerzbezogenen Psychotherapie und konnten mit diesem ressourcen-orientierten Verfahren vielen Schmerzpatienten zu einem verbesserten psychischen Erleben, zu einer Senkung der empfundenen Schmerzintensität und damit zu einer gesteigerten Lebensqualität verhelfen. Heutzutage ist dieser Ansatz aus der schmerzbezogenen Psychotherapie nicht mehr wegzudenken (Besser-Siegmund 1990).

3.1.2 Vermeidung funktioniert nicht

Kehren wir zu unserem Detektiv zurück. Sein verbessertes subjektives Erleben durch die Vermeidung des Reizwortes hält im Film leider nur so lange an, bis irgendjemand – aus Versehen – wieder das Wort „Putzfrau“ ins Spiel bringt. Dann flippt er aus wie zuvor – er kommt „vom Kurs ab“, verliert seinen Kompass auf dem Weg zu seinen persönlichen Zielen. Dazu passt die Klage einer damaligen Patientin mit Spannungskopfschmerzen: „Ich selbst beherrsche die Technik der positiven Gedankenformulierung jetzt sehr gut – aber all meine Freundinnen, Kollegen und Verwandten leider nicht. Die fragen mich immer wieder: ‚Na, was machen die Kopfschmerzen?‘ Sogar mein Arzt spricht die Schmerzwörter immer wieder aus.“ Die Vermeidung von Stress auslösenden Vita-Wörtern oder Vita-Sätzen kann zwar den Fokus auf das Positive lenken – aber das Leben auch komplizierter machen.

In unserem Filmbeispiel müsste das gesamte Umfeld des Detektivs darüber informiert werden, dass niemand das Wort „Putzfrau“ erwähnen darf. Und sollte die nächste Kundin von Beruf Putzfrau sein, könnte er den Auftrag nicht annehmen. Als viel beschäftigter Single-Mann müsste er zudem seine Wohnung immer selbst putzen, denn mit seinem Problem könnte er nicht einmal eine Anzeige aufgeben, geschweige denn eine Putzfrau in den eigenen Räumen empfangen. Auch der Alternativbegriff „Reinigungskraft“ ist keine große Hilfe, weil recht schnell vor dem geistigen Auge das Bild einer staubsaugenden Frau auftauchen kann, die haargenau so aussieht … wie eine Putzfrau!

Dieses Assoziationsphänomen zwischen Wörtern im gleichen Themenkreis nennt man übrigens „semantische Felder“: Ein Wort ruft neuronal andere Begriffe auf, die von der Bedeutung her zum Inhalt dazugehören könnten.

Wort-Experimente mit der „Priming-Methode“ – der Bahnung von Reaktionen unseres Nervensystems durch gezielte Reize – haben die Existenz von semantischen Netzen nachgewiesen. „Bei diesen Testverfahren wird den Versuchspersonen ein Wort (z. B. ARZT) als Prime vorgegeben. Anschließend wird ein anderes Wort als Zielwort (z. B. KRANKENSCHWESTER oder BLUME) genannt.Die Versuchspersonen sind vorher instruiert worden, so schnell wie möglich anzugeben (per Knopfdruck), ob es sich bei dem Zielwort um ein sinnvolles Wort oder lediglich um eine sinnlose Silbenfolge handelt. Diese lexikalische Entscheidung benötigt weniger Zeit, wenn das Prime-Wort in einer engen semantischen Relation zum Zielwort steht. ARZT und KRANKENSCHWESTER gehören einem semantischen Feld (Krankenhauspersonal) an, ARZT und BLUME nicht“ (Schwarz-Friesel 2014). Demnach ist zu erwarten, dass das Ausweichwort „Reinigungskraft“ sehr schnell provozieren kann, dass wieder eine Putzfrau durch das Bewusstsein fegt.

Kurzum: Das beschriebene Dilemma unseres Detektivs kann das Leben erschweren, die Handlungsfreiheit einschränken und negative Konsequenzen haben. Denken Sie nur daran, was passieren würde, wenn jemand phobisch auf den Begriff „Steuererklärung“ reagiert und für sich selbst die Devise ausgibt, dass er nie mehr im Leben an dieses Wort denken möchte. Aber das Finanzamt denkt einfach weiter an die Steuererklärung – und schon lauert ein Problem.

In diesem Zusammenhang fällt uns noch ein Firmeninhaber ein, der in seinem Unternehmen die Devise ausgab, niemand dürfe mehr das Wort „Wirtschaftskrise“ aussprechen. Ist dies nicht erlaubt, kann sich aber auch niemand mehr kreativ mit der Sachlage – eben der Wirtschaftskrise – auseinandersetzen.

Auf dieser Welt gibt es Wirtschaftskrisen, Kopfschmerzen Steuererklärungen und – dem Himmel sei Dank! – Putzfrauen. Allein die Vermeidung der Wörter schafft keine Tatsachen ab, sondern blockiert eine konstruktive Lebenskunst mit den Phänomenen, die im Gehirn durch ein Wort oder Wörter gespiegelt sind. NLC hat zum Ziel, dass ein Klient auf die Putzfrau mit Neutralität oder auch mit Freude und Dankbarkeit, auf die Wirtschaftskrise mit Kreativität, auf den Spannungskopfschmerz mit innerer Gelassenheit und auf eine Steuererklärung mit Entschlossenheit und Tatkraft reagieren kann. Auch das ist eine enorme Abkürzung auf dem Weg zum Coaching-Ziel.

3.1.3 Warum die „richtige“ Emotion wichtig ist

Im Bereich des Gefühlsmanagements kann es sogar stresslindernd oder gar befreiend wirken, wenn man die Emotion in einem Stressgeschehen beim Namen nennt – aber das Wort muss das Gefühl „auf den Punkt“ treffen. wingwave- und NLC-Coaches testen präzise den passenden Begriff: „Wut“, „Ekel“, „Hilflosigkeit“ usw. Trifft das Wort Ekel genau die Emotionsqualität des Klienten, fühlt dieser sich plötzlich wie befreit, obwohl der gefundene Begriff „doch recht eklig“ ist: „Ganz genau, mein Kollege ist ein richtiges Ekelpaket, einfach ein Kotzbrocken – es tut so gut, das auszusprechen!“, ruft eine Klientin beim wingwave-Coaching, bekommt einen Lachanfall und kann von diesem Moment an schlagfertig und humorvoll auf den Kollegen reagieren: „Vorher war ich sprachlos, verletzt, wie gelähmt.“ So kann auch die zutreffende Wortfindung für ein Gefühl den Weg zur Lösung beschleunigen: Verändern durch Verstehen heißt der Titel eines Buchklassikers der Gesprächspsychotherapie zu diesem Thema (Biermann-Ratjen 2003).

Auch bei der Besinnung auf ressourcevolle Momente im Leben ist die sorgfältige Auswahl einer wirklich kraftspendenden inneren Vorstellung wichtig. Beispielsweise werden Klienten im Coaching oder in der Therapie gebeten, an einen „sicheren Ort“ zu denken, den sie aus ihrem Leben kennen. Eine unserer Coaching-Kundinnen sagte spontan: „Es war früher so schön, wenn ich im Stall mit meinem Pferd geschmust habe.“ Auch hier sollten Coach und Coachee sich nicht nur auf die Verbalaussage verlassen, sondern den Satz testen: „Dieser Ort ist eine gute Wahl.“ Manchmal ist er das nämlich nicht. In diesem Fall testete der Ort schwach, obwohl er früher laut O-Ton der Klientin die „absolute Kraftquelle“ war.

In diesem Fall war der schöne Ort in die Kategorie der „wehmütigen Erinnerungen“ gerutscht, da die Familie später umziehen und die Klientin sich von ihren geliebten Pferden trennen musste. Als Kraftquelle wird eine solche Ressource deshalb unbrauchbar. Hier ist es wichtig, zunächst den emotionalen Trennungsschmerz im Zusammenhang mit der schönen Erinnerung zu bearbeiten. Es ist wie beim Liebeskummer: Plötzlich mag man eine bestimmte schöne Musik nicht mehr hören, weil sie an den Verflossenen erinnert. Beim NLC suchen Coach und Coachee an diesem Punkt per Test entweder einen anderen, gut funktionierenden inneren sicheren Ort oder es wird – wie schon gesagt – die „Wehmut“ behandelt, damit die alte Kraftquelle wieder als positiver Erfahrungsschatz zur Verfügung steht.

NLC orientiert sich auf diese Weise sorgfältig an der emotional-affektiven Sprache eines Menschen und ermöglicht mit dem Kompass nicht nur den kürzesten, sondern auch den wirkungsvollsten Weg zur Lösung. In diesem Buch beschreiben wir im Folgenden einige neurobiologische Grundlagen, NLC-Coaching-Formate und interessante Fallgeschichten. Das praktische Know-how ist vor allem durch unsere jahrelange Erfahrung mit der Methode wingwave-Coaching entstanden. Mit NLC wollen wir ermöglichen, dass auch Coaches, die mit anderen Coaching-Tools arbeiten, unsere Erfahrungen und die Forschungsergebnisse über die Wirksamkeit von wichtigen Elementen des wingwave-Coachings in ihre Arbeit einfließen lassen können. Wir würden uns außerdem freuen, wenn wir mit unserem Buch das Interesse vieler Coaches für den Methoden-Verband „Gesellschaft für Neurolinguistisches Coaching“ wecken können.

3.2 Coping und Kraft-Test: Das Problem zeigt die erfolgreiche Lösung

Coping ist ein Begriff aus der klassischen Verhaltenstherapie. Das englische Verb „to cope“ heißt übersetzt:

schaffen

mit etwas fertig werden

meistern

einer Sache gerecht werden

etwas beherrschen

zurechtkommen

einer Sache gewachsen sein

etwas verkraften

Vor allem das Wort „verkraften“ harmoniert sehr gut mit der wingwave-Forschung: Der Diplom-Psychologe Marco Rathschlag konnte im Rahmen seiner Promotionsarbeit über wingwave-Coaching zeigen, dass in der Tat eine physische Kraftsteigerung mit einer verbesserten psychischen Befindlichkeit und vor allem mit der Überwindung einer Stress- oder Angstproblematik einhergeht. NLC- und wingwave-Coaches können also davon ausgehen, dass der Coachee sein Ziel erreicht hat, wenn die Konfrontation mit dem Eingangsthema mit einer verbesserten Kraftantwort im Myostatiktest (s. Kapitel 5.4) einhergeht.

In Abbildung 4 sieht man die objektive Messung im Rahmen der Forschungsarbeit. NLC- und wingwave-Coaches sind darin geschult, den Test von Mensch zu Mensch durchzuführen. Die Forschung konnte aber zeigen, dass Maschinentest und „Mensch-zu-Mensch-Test“ im hohen Maße übereinstimmen.

Abbildung 4: Maschinentest

Für unser Detektiv-Beispiel würde das bedeuten: Egal, mit welcher Intervention am Thema gearbeitet wurde – ob mit Ressourcen-Coaching, Hypnose, Aufstellungsarbeit, NLP-Formaten, Verhaltensmodifikation –, das Problem des Detektivs gilt nach NLC-Kriterien erst als gelöst, wenn er beim Referenzwort „Putzfrau“ oder gar bei Live-Begegnungen mit einer weiblichen Reinigungskraft beim Myostatiktest physisch stark und im inneren Erleben ruhig und gelassen reagiert.

Wie schon erwähnt: Erst das Überprüfen punktgenau ausgewählter Referenzwörter oder -Sätze sagt uns, ob das Coaching erfolgreich war – oder nicht. Daher ist es auch so wertvoll, dass Coaches von Anfang an auf die genaue Wortwahl der Problemformulierung ihrer Coachingkunden achten und diese sorgfältig testen. Sie ist mindestens so zielführend und aufschlussreich wie die wohlgeformte Zieldefinition. „Ich habe Angst davor, dass alles über mir zusammenbricht“ kann tatsächlich bedeuten, dass dieser Mensch einmal als Kind beim Höhlenbauen von einer zusammenkrachenden Dachkonstruktion verletzt wurde. Und es wirkt Wunder, wenn man dann dieses Erlebnis findet und mit dem Klienten das Unfallgedächtnis erfolgreich neutralisiert. Plötzlich ist auch die Zukunftsangst verschwunden und wandelt sich in Zuversicht.

Den Weg zu dieser Lösung gehen der wingwave- und der NLC-Coach ebenfalls über den Myostatiktest. Durch die Vorgabe eines Aussagenbaums finden Coach und Coachee durch das Phänomen der Vita-Sprache die Ursache der Erfahrung im Stressgedächtnis des Coaching-Kunden. Das Testverfahren führt durch die Lebens- und Lerngeschichte, durch alle Emotionssorten wie „Ärger“ oder „Hilflosigkeit“ und potenzielle Körpererfahrungen wie „Schmerz“ oder „Erschöpfung“. So landen Coach und Coachee innerhalb von zehn Minuten beispielsweise bei der Höhlenbau-Panne in der Jugend und können die Stresserinnerung mit durch Winken erzeugten „schnellen Augenbewegungen“ – auch „wache REM-Phasen“ genannt – zügig neutralisieren.

Abbildung 5: „Live-Winken“ – schnelle Augenbewegungen

Diese Technik – mithilfe von Winkbewegungen schnelle Augenbewegungen zu induzieren (s. Abbildung 5) – imitiert übrigens am helllichten Tag den Traumschlaf des Menschen, der laut Schlafforschung für die Glättung stressender Emotionswellen verantwortlich ist. Diese Intervention kann innerhalb von Minuten effektiv helfen, wenn der Stressauslöser zuvor sprachlich punktgenau definiert wurde. Und sofort sind auch die Zukunftsängste des Coachees verschwunden. Bei der Konfrontation mit zuvor als lähmend erlebten Katastrophen-Fantasien bezüglich einer ungewissen Zukunft kann er sogar schmunzelnd den Kopf schütteln und über sich selbst lachen: „Vielleicht werde ich noch mal mit meiner blühenden Fantasie Horrorfilm-Regisseur!“ Plötzlich spürt er deutlich die irrealen Aspekte seiner Gedanken und kann sich von diesen Misserfolgsszenarien im Gefühl wohltuend distanzieren.

NLC könnte auch für „Neurolinguistisches Coping“ stehen: etwas meistern, beherrschen, sich der Sache gewachsen fühlen, zurechtkommen, etwas verkraften.

3.3 Vita-Wörter für punktgenaue Ressourcenwirkung

Ebenso wichtig wie die Wortwahl bei Problemschilderungen ist die punktgenaue sprachliche Abbildung von Ressourcen durch zutreffende positive Wörter und Sätze. Ressourcen-Coachings wirken besonders aufbauend, wenn die Interventionen tatsächlich den entscheidenden „Kick“ in die Richtung zum Ziel auslösen.

 Beispiel: Das Ressource-Wort

Einer unserer Klienten – ein Golfspieler – wünscht sich im Umgang mit Zuschauern, die hinter ihm warten, mehr „Selbstbewusstsein“. Als im wingwave-Coaching der Satz: „Ich brauche Selbstbewusstsein“ getestet wird, fällt der Test schwach aus. Anschließend gehen wir eine Liste mit Ressource-Wörtern durch, während der Coachee gleichzeitig an diese spezielle Situation auf dem Golfplatz denkt.

Abbildung 6: Positive Emotionsqualitäten

Nur bei dem Satz: „Ich brauche Humor“ fällt der Test stabil mit einer deutlichen Kraftantwort aus. „Es stimmt“, sagt er, „manchmal können Szenen auf dem Golfplatz auch an einen Loriot-Film erinnern.“ Der Gedanke muntert ihn sichtlich auf.

Die sprachliche Definition des zutreffenden Ressource-Wortes hat dann entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung des nächsten Interventionsschritts. Natürlich ist es sinnvoll, am eigenen Selbstbewusstsein zu arbeiten. In diesem konkreten Beispiel ist aber die Etablierung von Humor für den Coachee der kürzeste Coaching-Weg zum Ziel, ressourcevoll mit Beobachtern seiner Performance umgehen zu können.

Die präzise neurolinguistische Wirkung von Wörtern und Sätzen ist auch für Coachingkunden wichtig, die ihr Leistungsvermögen verbessern wollen, ohne dass sie ein unangenehmes Stressthema mitbringen. „You don’t have to be thick to become better (Man muss nicht krank sein, um sich verbessern zu können)“, sagte einmal ein Coachingkunde, der „ohne Not“ Termine gebucht hatte, einfach um sein Leistungsverhalten zu optimieren.

 Beispiel: Mehr Stimmvolumen

Eine Musicalsängerin fühlt sich mit ihrer Lieblingsrolle schon recht wohl, daher testet sie bei der Vorstellung an den Auftritt vor ausverkauftem Haus bereits stark. Grundsätzlich ist sie zufrieden mit der eigenen Performance, möchte aber ihre Stimme noch mehr ausleben. Wir arbeiten mit ihr im wingwave-Coaching unter Nutzung der „Wellness-Skala“ (siehe Abbildung 7) mit folgendem Referenzsatz: „Ich bin mit meiner Stimme bei +2, bei +3 usw.“ und bis „+3“ bekommt die Sängerin die Kraftbestätigung. Aber im nächsten Schritt, bei „Ich bin mit der Stimme bei +4“, fällt die Antwort schwach aus.

Auch hier suchen wir per Test nach dem Begriff, der ihren Auftritt aus den inneren Möglichkeiten heraus auf einen höheren Wert – Richtung Vollkommenheit – verstärken würde, und kommen auf das Schlüsselwort „Mut“. Nachdem wir diese Emotionsqualität in den Auftrittsmoment haben „einweben“ können, landet die Sängerin mit dem Referenzsatz bei +8 und erreicht ein deutlich erweitertes Stimmvolumen.

Wir beschreiben später noch ausführliche Vorgehensweisen für dieses Ressourcen-Coaching. Doch auch jetzt wird schon deutlich, wie die punktgenaue Nutzung von positiven Vita-Wörtern und Vita-Sätzen einem Menschen das Ausleben seiner Potenziale erleichtern kann.

Mit dem Myostatiktest skalieren

Um die Qualität des Erlebens zu messen, arbeiten wir mit einer Skala von -10 bis +10 (siehe Abbildung 7). Zum Skalieren des ressourcevollen Erlebens können wir auf der Plusseite den Myostatiktest einsetzen. Testet ein Coachingkunde bei der Referenzaussage stark, mit einem Wert von +5, gilt das Coaching erst als gelungen, wenn sich der Wert durch die Intervention um mindestens einen Punkt verbessert hat: „Ich bin jetzt auf +7, +8 usw.“

Übrigens funktioniert das Skalieren per Myostatiktest nur auf der Plusseite und nicht im Minusbereich der Skala. Hier kann schon die reine Benennung des Stressthemas den Coachee neurolinguistisch schwächen, was zu unbrauchbaren Ergebnissen in der Muskelreaktion führt. Aber zum weiteren Ausbau von schon spürbar vorhandenen mentalen Stärken bringt die punktgenaue Referenz-Nutzung von individuell bedeutsamen Vita-Wörtern den entscheidenden Kick auf dem Weg zum Ziel.

3.4 Gehirnfreundlich: die klientenzentrierte Grundhaltung

Die „Abkürzung auf dem Weg zur Lösung“ ergibt sich beim NLC durch das stringente klientenzentrierte Vorgehen des Coachs. Wir arbeiten nicht „auf Biegen und Brechen“ sofort an der Lösung, sondern versuchen, auch das Problem des Coachingkunden möglichst gut zu verstehen. Cora Besser-Siegmund und Harry Siegmund, die Begründer von wingwave-Coaching, sind in der Gesprächspsychotherapie nach Rogers ausgebildet und setzen auch beim wingwave-Coaching seit Jahren die Grundhaltung des „aktiven Zuhörens“ und des „aktiven Verstehens“ als wichtiges Coaching-Tool ein. Immer noch genießen es Coachingkunden, sich in einem geschützten Rahmen aussprechen zu können: „Verstehen Sie mich da?“ Oder: „Können Sie das nachvollziehen?“

Gefühle in Worte fassen

Nicht nur das Sprechen, allein das Aufschreiben von Problemen kann zu einer deutlichen Stressreduktion führen. Hierzu gibt es zahlreiche Forschungsergebnisse, eines der jüngeren zu diesem Thema stammt von dem kalifornischen Psychologen und Gehirnforscher Matthew Lieberman (2014). Anscheinend bewirkt allein der Vorgang des Aufschreibens, dass die Menschen ein inneres Erleben nach außen bringen und dass es so zu einer wohltuenden Trennung zwischen problematischem Inhalt und der inneren Gedankenwelt kommt. Auch im Begriff des „Sich-Aussprechens“ wird das deutlich: Es ist „raus“ und ich fühle mich frei davon.

Mit weiteren Forschungsergebnissen konnte Lieberman auch die Wirkung der klientenzentrierten Gesprächsführung bestätigen: Putting Feelings Into Words lautet der Titel seiner Studie (Lieberman 2007). In unserem Gehirn gibt es ein Areal, das bei Stress eine hohe Aktivität aufweist: Es handelt sich um die Amygdala im Bereich des limbischen Systems, auch Mandelkern genannt. Ein weitere Beschreibung dieses paarig angeordneten Gehirnorgans lautet: „Alarmglöckchen des Nervensystems“.

Abbildung 8: Das limbische System und seine Lage im Gehirn

Das limbische System gilt umgangssprachlich als das „Emotionsgehirn“. Es befindet sich unter dem sogenannten Cortex, dem Großhirn. Unser Großhirn ist aktiv, wenn wir einfallsreich, reaktionsschnell und im guten Kontakt mit unseren Potenzialen und unserem Gedächtnis sind. Wir haben einen klaren Kopf und können gut und präzise denken und körperlich geschickt reagieren. Bei großem Stress sinkt die Aktivität des Großhirns, vor allem die des präfrontalen Cortex, der für die schnelle Einordnung unserer Erlebnisse und Gedanken in die bereits vorhandene Erfahrungswelt sorgt: Er hilft uns, die Dinge „auf die Reihe“ zu bekommen. Und wie schon gesagt: Die Amygdala steigert ihre Aktivität bei Stress. In diesem Zustand bestimmt das limbische System, dass wir nur noch auf unsere überschießenden Emotionen reagieren, der Verstand hat nicht mehr viel zu sagen.

Lieberman und sein Forscherteam zeigten einer Reihe von Versuchspersonen während eines Gehirn-Scans Porträtfotos von Menschen, die verschiedene Emotionen ausdrücken: Ärger, Wut, Trauer usw. Die Probanden reagierten auf diese „Emotions-Gesichter“ mit einer Aktivität in der Amygdala – sie wurden also von der beobachteten Emotion körperlich berührt und fühlten mit. Dann wurde ihnen eine Liste von Emotionswörtern gegeben und sie sollten anklicken, welche Begriffe die Fotos gut beschreiben: „Ärgerlich, traurig … usw.“ Exakt im Moment des Anklickens änderte sich laut Scan die Gehirnaktivität der Bildbetrachter: Die Amygdala beruhigte sich und die Aktivität im Großhirn – vor allem im präfrontalen Cortex – nahm zu.

Wenn also ein Gefühl nicht nur ein Gefühl bleibt, sondern mit Sprache „zum Ausdruck“ kommen darf, erleben wir Menschen eine Stresslinderung und die Zunahme „klarer Gedanken“. Wir können die Emotionen einsortieren und damit auch managen. Deshalb ist die Wort- und Aussagentestung als elementarer Bestandteil des Neurolinguistischen Coachings so wichtig: Schon die linguistisch zutreffende Benennung von neurologischen Rückmeldungen des Körpers – wie beispielsweise durch Emotionen – wirkt stresslindernd und belebt kognitive Ressourcen.

Abbildung 9: Mimischer Ausdruck unterschiedlicher Emotionen: Trauer, Freude, Ekel (aus: Eilert 2013).

Die Versuchspersonen konnten den Emotions-Gesichtern auch Namen wie „Mary“ oder „Peter“ zuordnen – aber diese Namensgebung hatte keinen Einfluss auf die Beruhigung der Amygdala. Die Stresslinderung setzte wirklich nur bei der zutreffenden Benennung der jeweiligen Emotion ein.

Dieses Know-how findet beim NLC in der klientenzentrierten Gesprächsführung und in der klientenzentrierten Testung mit dem Myostatiktest praktische Anwendung. NLC-Coaches erachten das „Sich-Aussprechen“ des Coachingkunden bereits als sinnvolle Intervention. Besonders wichtig dabei ist die „Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte“ (VEE) und später dann die punktgenaue Testung der individuellen Vita-Sprache des Coachees. Erweisen sich bestimmte Sätze oder Wörter als Stress-Trigger, werden diese als Referenzwörter und -Sätze festgelegt: etwa die Begriffe „Putzfrau“, „Wirtschaftskrise“, „Wut“ oder „Hilflosigkeit“. Verändert sich die Resonanz auf das Wort in die gewünschte Richtung, gilt das als gelungenes Coaching-Ergebnis.

Die klientenzentrierte Grundhaltung macht auf diese Weise den Coachee zum Experten für seine Themen: Wir arbeiten überwiegend mit dem Sprachmaterial des Kunden und etwas zurückhaltender mit dem Sprachmaterial des Coachs.

3.5 Welche Themen eignen sich für das Neurolinguistische Coaching?

Die wingwave-Methode ist derzeit das beste Beispiel für die positiven Effekte eines Neurolinguistischen Coachings, denn hier orientiert sich der Prozess im hohen Maße an der Vita-Sprache des Coachees. Diese Nutzung der Vita-Sprache als Kompass ermöglicht ein zügiges und effektives Arbeiten im Sinne eines Kurzzeit-Coachings. Zur Sicherheit empfehlen wir immer drei bis fünf Sitzungen pro Thema – und sollte man „aus Versehen“ schon früher das Ziel erreichen, ist es natürlich auch völlig o.k. Alle Forschungsarbeiten zum Thema wingwave haben gezeigt, das zwei bis drei Coaching-Sessions à 50 Minuten ausreichen, um:

Redeangst in Auftrittssicherheit zu verwandeln und damit die soziale Kompetenz zu steigern,

Prüfungsangst zu überwinden und in Zuversicht zu wandeln,

die Leistungen beim 5000-m-Lauf signifikant messbar zu steigern,

emotionale Nachwirkungen von Unfällen nachhaltig zu überwinden, wie beispielsweise nach Sportunfällen,

Spinnenangst nachhaltig zu überwinden,

mit dem Einsatz der wingwave-Musik die Pulsrate zu senken – auch bei körperlicher Aktivität.

Wie schon erwähnt: Der Diplom-Psychologe Marco Rathschlag hat zum Thema wingwave-Coaching promoviert und die Forschungsergebnisse in dem wingwave-Buch „Mit Freude läuft’s besser“ (Besser-Siegmund & Rathschlag 2013) zusammengefasst. Weitere Forschungsarbeiten sind in Planung; sie sollen in erster Linie vom gemeinnützigen Verein „Gesellschaft für Neurolinguistisches Coaching“ organisiert und gefördert werden.

NLC und wingwave widmen sich der Leistungsoptimierung, der Förderung von Kreativität, dem Emotionsmanagement und dem Gesundheitscoaching. Die Themen der Coachees sind immer isolierte Blockaden oder sogenannte Mono-Phobien. Die Coachees sind also gesunde Menschen. wingwave und NLC widmen sich daher nicht der Behandlung von Krankheiten. Im ICD-10, der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, sind die Themen, welche die Lebensqualität stören, aber keinen „Krankheitswert“ aufweisen, unter den „Z-Ziffern“ aufgeführt. Dazu gehören beispielsweise Stressthemen am Arbeitsplatz, ungesunde Lebensführung oder Verhaltenseinschränkungen, die sich aus der familiären Lerngeschichte ableiten (Dilling 2013). Diese Themen werden immer wichtiger werden, denn „psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ spielt eine immer wichtigere Rolle. Der Trend geht hier zu durch das Unternehmen organisierte Coachings im Sinne einer Arbeitsschutzmaßnahme.

Diese Coaching-Themen eignen sich für NLC:

Auftrittskompetenz

Führungskompetenz

Soziale Kompetenz

Leistungssteigerung

Konfliktstabilität

Work-Health-Balance

Selbstmotivation – z. B. auch beim Erobern eines Lernstoffes

Kognitive und physische Leistungssteigerung, z. B. beim Sport

Wegen der stabilisierenden und auch leistungssteigernden Wirkung wird die Methode in vielen Bereichen genutzt: im Business und auch von Künstlern, Sportlern, von Zahnärzten für ihre Angstpatienten, von Schülern, Auszubildenden und Studenten.

4. Ein bisschen Geschichte: Am Anfang war das Wort

Mit diesem bekannten Ausspruch eröffnet das Johannes-Evangelium seine Erzählung – im Gegensatz zu den anderen drei Bibel-Evangelien, die mit der Geburt, Kindheit und Taufe von Jesus beginnen. Der Satz: „Am Anfang war das Wort“ ist auch über das religiöse Verständnis hinaus eine äußerst zutreffende Formulierung für den Beginn des Mensch-Seins (gemeint ist der Homo Sapiens mit dem heute noch „gültigen“ Gehirn-Modell) auf der Erde. Er bringt die faszinierende Wirkung von Wörtern zum Ausdruck und symbolisiert den Beginn jeder zielgerichteten Schöpfungsgeschichte, die nur Menschen zustande bringen: Aus dem existierenden Wort heraus können wir Menschen eine körperliche Umsetzung dieses Wortes in die lebendige Wirklichkeit bewerkstelligen.

4.1 Sprache als überlebenswichtiger Vorteil

In der Steinzeit bedeutete die Sprache den alles entscheidenden evolutionären Vorteil für das Überleben der Spezies Mensch. Spätestens nach der Erfindung von Pfeil und Bogen, die beim Jagen den Abstand zwischen Mensch und Tier ermöglichte, schafften die Menschen mit durchdachter Kommunikation eine rasante Wende: Frühere Nachteile wurden für sie zu Vorteilen. Man denke nur an die Bärenjagd. Begegnete einer unserer Vorfahren diesem riesigen Tier allein, war der körperlich schwächere Mensch ganz klar im Nachteil und musste schlimmstenfalls befürchten, getötet zu werden. Durch in Teamwork entwickelte Szenarien hingegen war der Mensch in der Lage, den Bären als Beutetier erfolgreich zu jagen: „Du gehst rechts herum, du schleichst dich von links an und der Rest unserer Gruppe schneidet dem Bären den Fluchtweg ab.“ Diese Verabredungen nahmen mit Gesten, aber vor allem auch mit Worten zunächst nur in den Köpfen der Jagdgesellschaft Gestalt an. Und erst die genaue sprachliche Vorbereitung „in sensu“ – also im sogenannten „Kopfkino“ aller Beteiligten – sorgte dafür, dass jedes Teammitglied später in die verabredete Richtung lief und verabredungsgemäß handelte.

Die Erfahrung, dass wir Menschen mehr Überlebenschancen haben, wenn wir kommunizieren, hat laut Meinung vieler Gehirnforscher zu dem außerordentlich hohen neurologischen Niveau des menschlichen Gehirns geführt. Der Anreiz, sich mit andern verständigen zu können, war wohl die entscheidende biologische Motivation für diese Entwicklung und nicht so sehr der Wunsch, gut rechnen, malen oder Golf spielen zu können. Diese zusätzlichen menschlichen Möglichkeiten der Gehirnbenutzung waren dann eher angenehme Nebenwirkungen der ausgebauten Kapazität „zwischen den Ohren“.

Wir Menschen sind derzeit wohl die einzigen Lebewesen, die sich in der Welt der inneren Wahrnehmung und mit Sprache lebhaft und mit allen Sinnen in ein Zukunftsereignis hineinversetzen können. Wenn wir einen Monat vor einem Geburtstag eine Geburtstagsparty planen, sind beim Ausdenken der Abläufe nahezu die gleichen Gehirnareale aktiv wie bei der Durchführung der Party selbst. Wir entwickeln Ideen, fassen diese in Worte und machen daraus Listen. Wir reden mit uns selbst im intrapersonellen Dialog: „Lieber eine große Torte oder einzelne Teilchen?“ Und selbst wenn die Verpflegung der Gäste sich als Bilder oder Filme vor dem geistigen Auge abspielt, führen erst Wörter und Sätze zum Ergebnis: Wir lesen ein Rezept durch, geben eine Bestellung beim Bäcker auf usw. Wieder formt das Wort die geplante Realität, steht am Anfang der Verwirklichung unserer Pläne.

Biologen sind sich nicht ganz einig, inwieweit Tiere ebenfalls über einen Zukunftssinn verfügen. Auf jeden Fall können Affen anscheinend rechnen und das Eichhörnchen bereitet sich mit seiner Vorratshaltung auf den kommenden Winter vor. Es gibt sogar eine Quallenart – die hochgiftige australische Würfelqualle, auch „Seewespe“ genannt –, die sich nicht nur einfach so im Meer umhertreiben lässt, sondern anscheinend nach Plan in ihrem Jagdrevier regelrecht auf und ab patrouilliert.

Aber auch hier unterscheidet man ein immer wiederkehrendes „automatisches“ Verhalten von einem mit Bewusstsein und Einsicht eingefädelten Projekt, wie etwa dem Bau eines Hochhauses. Letzteres ist eigentlich ein Wunder an Planung, Berechnung und vor allem präziser zwischenmenschlicher Kommunikation. So etwas könnte auch kein Schimpanse mit seinen durchaus bewusst verfügbaren Rechenkünsten verwirklichen – und eine Würfelqualle schon gar nicht.

4.2 Abrakadabra – Sprache wirkt Wunder!

Das Zauberwort „Abrakadabra“ taucht bereits in Schriftstücken der Spätantike auf, also vor über 1500 Jahren. Es gilt als ein besonderes Wort, da es bis heute in den meisten Sprachen die gleiche Aussprache hat und immer noch als magischer Spruch genutzt wird. In Wikipedia heißt es: „A-Bra-Ca-Dabra spielt mit den ersten vier Buchstaben des lateinischen Alphabets und kann sich aus Buchstaben-Magie und Alphabet-Zauber erklären, die in der Spätantike weitverbreitet waren: Das Alphabet hat magische Kraft, weil sich mit ihm alle Dinge der Welt darstellen lassen.“ Es gibt noch andere Thesen zur Entstehung von „Abrakadabra“ – aber der damalige Respekt der Menschen vor dem Alphabet als potenzieller Spiegel der Welt ist ein besonders interessantes Phänomen.

Seit Beginn des Buchdrucks hat diese magische Wirkung von Buchstaben ihre Kraft im Bewusstsein der Menschen immer mehr verloren. Heute sind wir umgeben von Buchstaben, Wörtern und Ziffern, die wir auch selbst unbegrenzt produzieren können. Doch eigentlich ist es immer noch erstaunlich, wie Kommunikation über Sprache, Wörter und Buchstaben funktioniert. Lesen Sie bitte einmal folgendes Wort: HOCHHAUS. Ihr Auge sieht diese acht Buchstaben und in der geistigen Vorstellung taucht sofort ein hohes Gebäude mit vielen Stockwerken auf – also ein Bild, das völlig anders aussieht als besagte acht Buchstaben –, und das geschieht in Bruchteilen von Sekunden. Vielleicht sieht Ihr Hochhaus anders aus als meins, das ich beim Tippen der Zeilen im Kopf hatte. Hier müssten wir uns noch etwas austauschen: Meinte ich einen Wolkenkratzer in New York City oder einen Plattenbau am Stadtrand von Hamburg?

Wir können uns auch vorstellen, Sie hätten mich auf der Straße nach dem Weg zum Bahnhof gefragt und folgende Antwort bekommen: „… und bei dem großen Hochhaus biegen Sie dann rechts ab.“ In diesem Fall hilft der Wortklang „HOCHHAUS“ dabei, dass Sie Ihren Zug pünktlich bekommen – ohne dass man Sie begleiten muss. Aus einem Klang oder aus einem Buchstabengebilde wird ein Wort, aus einem Wort ein Bild in der inneren Wahrnehmung und aufgrund des Bildes kommt es zur Wiedererkennung des HOCHAUSES in der „Welt da draußen“. Daraus wiederum entsteht ein zielgerichtetes Verhalten und bringt Sie zum Bahnhof. Und Sie stellen sich momentan diese Bahnhofsszene vor …, weil Sie gerade diese Wörter lesen.

ABRAKADABRA – es ist eigentlich ein Wunder! Selbst die modernste Robotertechnologie hätte mit dem hier beschriebenen Informationsaustausch viel zu tun. Man müsste Unmengen von Daten, wahrscheinlichen Bildern und Handlungen einprogrammieren, damit ein Roboter einen anderen Roboter bei einer zufälligen Begegnung mittels Sprache zum Bahnhof schicken kann.

4.2.1 Buchstaben machen Gefühle und wirken wie Opernhäuser