Nikes Weg zum Erfolg - Geoff Hollister - E-Book

Nikes Weg zum Erfolg E-Book

Geoff Hollister

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Beschreibung

Wie gerät ein Junge aus einem kleinen Bauerndorf in Oregon in die politischen Mühlen seiner Sportart? Nikes Weg zum Erfolg nimmt den Leser mit auf Geoff Hollisters 33 Jahre dauernde Reise im Zentrum von Nike, der Firma, die nicht nur die Welt der Leichtathletikschuhe und Bekleidung veränderte, sondern das Sportbusiness schlechthin. Nike begann mit einem Handschlag zwischen Phil Knight und dem legendären Leichtathletik-Coach Bill Bowerman - und mit ein paar hundert Dollar, die zwischen den beiden die Hand wechselten. Bill Bowerman coachte zu dieser Zeit an der Universität von Oregon auch Geoff Hollister und machte ihn zum dritten Mann bei Nike. Hollister begann so noch vor seinem Universitätsabschluss aus dem Kofferraum seines Autos für die Firma "Blue Ribbon Sports" Schuhe zu verkaufen - also für die Firma, die später zu Nike werden sollte. Nikes Weg zum Erfolg ist eine faszinierende Lebensgeschichte und außerdem ein Insiderbericht über die größte Sport- und Fitnessfirma der Welt, erzählt von einem, der die bescheidenen Anfänge mitgemacht hat und der die ersten 33 Firmenjahre mit Nike gelebt und geatmet hat. Geoff Hollister nimmt Sie mit auf eine Achterbahnfahrt von Erfolg und Misserfolg.

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Seitenzahl: 555

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NIKES WEG ZUM ERFOLG

DIE INSIDE-STORYWIE NIKE DIE KULTUR DES LAUFENS SCHUF

von Geoff Hollister

MEYER & MEYER VERLAG

Originaltitel: Out of Nowhere – The Inside Story of How Nike Marketed the Culture of Running

© 2008 by Meyer & Meyer Sport (UK) Ltd.

Übersetzer: Jürg Wirz

Nikes Weg zum Erfolg

Die Inside-Story – Wie Nike die Kultur des Laufens schuf

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Details sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2008 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen

Adelaide, Auckland, Budapest, Cape Town, Graz, Indianapolis,

Maidenhead, New York, Olten (CH), Singapore, Toronto

Member of the World

Sport Publishers’ Association (WSPA)

eISBN: 9783840326073

www.dersportverlag.de

E-Mail: [email protected]

Es gibt Ereignisse, die, wenn sie passieren, unwichtig erscheinen, später aber eine große Bedeutung erlangen.

Homer Hickam, Author von „The Rocket Boys“

Wenn Sie die Wahrheit erzählen, vergewissern Sie sich, dass Sie die Zuhörer zum Lachen bringen, sonst werden sie Sie umbringen.

George Bernard Shaw

INHALT

Dank

Vorwort

1. Die Straße nach Eugene

2. Nenn mich Bill

3. Markierung à la Bowerman

4. Die Universität von Oregon

5. Es gibt jemanden, den ich dir vorstellen möchte

6. Sternschnuppen

7. Direkt aus Bowermans Waffeleisen

8. Wir nannten ihn „Pre“

9. Nach München

10. Ein Traum wird wahr

11. Unser geliebter Sohn und Bruder

12. Montreal – eine Erfahrung, kein Sieg

13. Nach Montreal

14. Ronos Ankunft und Athletics West

15. Herumirren in Moskau

16. Laufen, fliegen und verkaufen

17. Wir sind nicht adidas

18. Viele Veränderungen, Teil eins

19. Viele Veränderungen, Teil zwei

20. Nach Seoul oder nicht nach Seoul

21. I love L. A.

22. Der „Dumper“

23. Der America’s Cup

24. Das Nike World-Hauptquartier

25. Erzähl mir eine Geschichte

26. Wind und Wellen

27. Das unerwartete Kapitel

Bildnachweis

DANK

Es begann mit einer Geschichte – vielen Geschichten. Es handelte sich um Vorträge, die ich vor Athleten an verschiedenen Mittelschulen hielt, vor Nike-Angestellten und Wirtschaftsstudenten an der Universität von Oregon und der Lehigh-Universität. Die Letzteren veränderten alles.

Natürlich schrieb ich die Geschichten auf. Die Lehigh-Professorin Karen Collins sagte mir eines Tages, meine Geschichten würden ein größeres Publikum verdienen als bloß die Studenten. „Du solltest ein Buch schreiben.“ Zwei Jahre lang bestürmte sie mich, bis ich im Jahre 2004 schließlich mit dem Schreiben begann. Dann kam eine größere Unterbrechung.

Im Januar 2007 begann ich mich wieder auf das Projekt zu konzentrieren, diesmal mit großer Disziplin und im Wissen um die Dringlichkeit. Ich danke Karen, dass sie mich nie aufgab.

Ein anderer maßgeblicher Einfluss kam von Homer Hickam. Ich musste laut vor mich hinlachen, als ich im Flugzeug nach Melbourne unterwegs war und Hickams The Rocket Boys las. Meine Tochter Kaili ist Schauspielerin; sie erhielt die Rolle mit Jake Gyllenhaal in der Feature-Filmversion October Sky. Seine wunderbaren, ehrlichen Zitate verdienen eine eigene Seite in diesem Buch. Zudem gab er mir einen anderen wertvollen Ratschlag. Homer sagte mir, ein solches Projekt sei viel leichter in die Tat umzusetzen, wenn ich ein Tagebuch führen oder gute Notizen aufheben würde. Das tat ich denn auch. Ich bewahrte alle meine Reiseberichte und Tagesnotizen auf. So bekam meine Geschichte ein gutes Gerüst.

Ich habe eine unglaubliche Liste mit Persönlichkeiten, denen ich zu Dank verpflichtet bin. Sie haben mich angestoßen, inspiriert, sie haben mit mir zusammengearbeitet, sie haben sich mit mir gemessen und ab und zu auch gegen mich gestellt. Ich bin dankbar für die vielen Teams, in denen ich im Laufe der Jahre ein Mitglied war: die Leichtathletikteams in meiner Kindheit und bis zur Universität, die Teams in der Marine, verschiedene Nike-Teams und die medizinischen Teams.

Leider kann ich am Schluss nicht alle erwähnen. Das heißt aber nicht, dass ich euch vergessen habe. Meine Freundin Laura Houston, eine Dozentin für kreatives Schreiben und eine Nike-Beraterin, ermutigte mich, an der Oregon-Küste an einem Workshop für Schreiber teilzunehmen. Es widerstrebte mir ziemlich, meine Texte vor Fremden vorzutragen. Mehr als 40 Jahre waren vergangen, seit ich meine letzten Englischstunden hatte. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und las meine Storys vor. Am Ende des Workshops kamen die Dozenten Stevan Allred und Joanna Rose auf mich zu und sagten: „Wir wären interessiert daran, Sie durch den weiteren Verlauf Ihres Projekts zu begleiten.“

Ich erinnere mich gut, wie ich jeden Tag am Ende des Workshops kaum warten konnte, bis ich wieder an meinen Laptop zurückkehren konnte. Ich hatte Besseres zu tun. Wie an der Küste nahm ich die Chance wahr und arbeitete weiter mit Stevan und Joanna. Sie halfen mir dabei, den Bogen, der die Geschichte umspannt, zu formen, sie machten die grobe redaktionelle Arbeit und brachten mein Werk mit ihren wohlüberlegten Fragen auf ein höheres Niveau. Sie wollten mehr wissen. Im Laufe des Prozesses brachten sie das Manuskript von einem groben Entwurf zu einer lesbaren Geschichte.

Ich bin dankbar, dass mein lebenslanger Freund Jeff Galloway mich seinem Verleger Hans Jürgen Meyer vorstellte. Hans Jürgen fand schon bald Gefallen an der Geschichte. Mit dem Ziel, das Buch vor den Olympia-Trials 2008 in Eugene fertig zu stellen, war ein ehrgeiziges Ziel gesetzt.

Nike-Archivare suchten in ihrem großen Fundus im Rekordtempo nach Bildern, welche der Geschichte mehr Leben geben. Ich selbst suchte meine Schachteln nach Fotos und Diapositiven durch, welche sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten. Es dauerte Tage, war aber eine eindrucksvolle Reise durch die Erinnerungen. Danke, Dan Long und Pete Montagne.

Nikes erster Angestellter ist immer noch unter uns – er war jedenfalls bei mir während des Projekts. Jeff Johnson nimmt nie etwas zum Nennwert und las das Manuskript mit einem außerordentlich kritischen Auge. Er korrigierte Fehler, die nur einem Insider hätten auffallen können und er trieb mich an. Das ganze Buch ist dank seinem immensen Einsatz das geworden, was es ist.

Schließlich geht mein Dank auch an Lenee Cobb, die es auf sich nahm, mein handgeschriebenes Manuskript in eine druckfertige Version zu übertragen. Damals, als ich die Architektur verließ, veränderte sich meine Handschrift von einer leserlichen Schrift zu einer Schreibe, die manche als „Griechisch“ identifizieren. Kein einfacher Job.

Meine Geschichte ist bloß eine von vielen Tausenden, die über Nike geschrieben wurden. Während ich mich vor allem auf Nike als Running-Marke und Begründer der Running-Kultur konzentriere, ist Nike heute ein weltweites Multi-Sport-Unternehmen. Es gab viele Menschen, die bei dieser Entwicklung eine Rolle spielten. Ich hatte das Glück, damals dabei zu sein, als die Sterne zusammenliefen. Ich danke allen, die mir dabei halfen, mein Leben, das zuweilen wie eine Achterbahn verlief, in ein Buch umzusetzen.

VORWORT

Während ich diese Zeilen schreibe, kämpfe ich gegen den Krebs, aber ich hatte ein außergewöhnliches Leben. Ich hatte das große Glück, Phil „Buck“ Knight kennen zu lernen, als ich noch im College war. Ich wurde Bucks erster Verkäufer in Oregon. Wie Buck war ich einer der „Männer von Oregon“, die vom unvergleichlichen Bill Bowerman gecoacht und beraten wurden. Man kann es als Glück und Timing bezeichnen, dass sich Bill und Buck zu einer Partnerschaft fanden, aus der Nike wurde. Das Laufen hat uns zusammengebracht und das Laufen ist seither ein Bestandteil meines Lebens geblieben.

Die Leichtathletik vermittelt die Werte von Teamwork, Disziplin und Treue. Sie bringt dich dazu, alles zu geben. Genau diese Werte stehen auch im Zentrum von Nikes Firmenphilosophie. Im Sport bedeutet, konkurrenzfähig zu sein, einen Wettkampf gewinnen zu können. In der Geschäftswelt hat Nike mit innovativem Design gewonnen und auch dadurch, dass die Bedürfnisse der Kunden in einer sich ständig verändernden Umgebung immer im Vordergrund standen. In meinem persönlichen Leben und im Beruf zählt etwas, das entstand, aber noch mehr: die Gemeinschaft. Es begann im Kleinen. Aber diese Gemeinschaft von Sportlern ist inzwischen weltumspannend und geht vom Eliteathleten bis zu uns allen, die wir uns in Fitnessstudios, auf Spielfeldern und auf Straßen und Wegen bewegen. Jeder und jede kann dazugehören.

Wenn ich zurückschaue, fühle ich mich gesegnet, stolz und demütig. Ich begann damit, Schuhe aus dem Kofferraum eines bescheidenen Sunbeam Talbot 90 zu verkaufen. Ich war Teil eines kleinen Teams, das immer größer wurde. Wir kamen vom Nordwesten in der Nähe des Pazifiks, wo es keine Schuhindustrie gab. Wir kamen „aus dem Nichts“.

KAPITEL 1: DIE STRASSE NACH EUGENE

Die letzten Tautropfen waren an diesem Spätsommermorgen vom Gras verschwunden. Ich laufe zu meiner entfernten Position, nachdem Mitglieder des Kiwanis Clubs die Grundlinien mit Kalk gekennzeichnet haben. In der Mitte des Platzes befindet sich die große, mit Holz abgetrennte Rollschuhbahn. Die ganze Anlage ist von perfekt platzierten, großblättrigen Ahornbäumen umgeben. In einem weiteren Monat wird der Saft der Blätter auf die gewaxten Karosserien der Desotos, Packards und Studebakers tropfen, die darunter abgestellt werden, wenn die Anhänger der Canbys kommen, um ihrem Team zuzuschauen. Wie die Dodgers trage ich eine weiße Uniform mit blauer Baseballmütze und blauen Socken, aber ich bin stolz auf mein blaues „C“ auf der Brust.

Ich drehe mich um und sehe mich dem gegnerischen Schlagmann am Schlagmal gegenüber. Es scheint weit weg zu sein. Ich bin Duke Snyder, den ich auf dem kleinen Schwarzweißfernseher gesehen hatte, den Herr Miller in unser Klassenzimmer mitbrachte. „Das ist etwas ganz Großes – die World Series, die Dodgers gegen die Yankees im Ebbets-Stadion.“

Ich stehe im Zentrum und warte, dass etwas geschieht. Ich frage mich, ob sich Duke zuweilen wohl auch so langweilt. Oder Jackie Robinson oder Maury Wills. Es war mir egal, ob diese Jungs schwarz oder weiß waren, ich wollte einfach so sein wie sie. In meiner Vorstellung sprintet Wills zur Nummer zwei, holt ein weiteres Mal und bringt sein Team in Führung.

Mike Masterson ist unser Fänger. Mike ist der Größte in unserer Klasse. Er kann einen Ball so weit schlagen, dass er hinter dem Spielfeld eine Windschutzscheibe beschädigt. Er hat Haare, wo ich nicht wusste, dass man welche haben kann. Er hat auch keine Angst vor Mike Stones stechend-schnellem Geschoss. Sie sind die „zwei Mikes“. Mit Mike Stone im Team haben wir eine gute Chance, zu gewinnen.

Harry Eilers ist zuerst an der Reihe. Er ist schlacksig und trägt seit seiner Jugend eine Brille. Harry erinnert mich ein wenig an Goofy in den Disney-Trickfilmen. Wenn wir uns einspielten, verpasste er nicht selten das vorgesehene Ziel und beförderte den Ball irgendwo in die linke Spielfeldhälfte. Aber die beiden Mikes, die waren wirklich speziell. Sie hatten die Gabe, dann am besten zu spielen, wenn es wirklich darauf ankam.

Mein Vater ist der hauptverantwortliche Ringercoach an der Canby-Highschool. Baseball und Ringen sind meine ersten Sportarten. Für ihn ist das eine wichtige Sache. Meine Mutter ist am Samstag jeweils damit beschäftigt, im Parson-Drugstore in unserer Nähe Bananensplits zuzubereiten. Meine Schwestern fühlen sich mir gegenüber verpflichtet und bleiben bei jedem Durchgang bei Dad.

Unsere Trainer sind Eltern, die etwas vom Spiel verstehen. Sie sind gewitzt genug, um die beiden Mikes auf der Liste der Schlagmänner ziemlich an den Anfang zu stellen. Der „haarige Mike“ ist so positioniert, dass er im Stile von Babe Ruth zwei oder drei Läufer schlagen kann. „Schlag ihn bis zum Häuserblock im Stadtzentrum, Mike! Komm, Babe!“ Ich weiß nicht, woher das „Komm, Babe“ kam, aber wir sagten es alle. Ich befinde mich in der Aufstellung der Schläger ziemlich weit unten. Oft erhalte ich im ersten Inning gar keine Chance, ins Spiel einzugreifen. Sobald unsere Seite aus dem Spiel ist, renne ich aufs Feld, ich drehe mich um und warte in geduckter Stellung mit dem Fanghandschuh auf dem linken Knie und der Hand auf dem rechten. Falls der Ball je in die Mitte des Feldes gelangt, ist er mein.

Die Mannschaft von Lone Elder ist draußen. Jetzt bin ich endlich dran. Ich laufe, so schnell ich kann, um den hart geschlagenen Louisville-Ball zu erreichen; er gleitet durch meine Hände mit etwas Staub vom Unterstand der Coaches. Harry Eilers bewegt sich im kleinen Feld des Schlagmanns auf und ab. Ich weiß, dass Harry im Inneren kichert, weil er denkt, dass er damit den Werfer verwirrt. Ich habe nie zuvor gesehen, dass der Ball so geworfen wurde. Ich schaue auf den Werfer, auf Harry und dann auf den Fänger. „Whop!“ Der Ball ist im Handschuh des Fängers, Harry geht hinaus und ich bin an der Reihe.

Ich lege meine Baseballmütze ab und ziehe den Plastikhelm des Schlagmanns über. Ich konzentriere mich auf den Werfer und versuche, den Ball zu sehen. Ich wundere mich, wie ich mich vor einem so kleinen Ding fürchten sollte. Mit niemandem auf einer Base muss der Pitcher nur mich im Auge behalten. Auch ohne Ablenkung landet der erste Wurf im Staub vor dem Schlagmal – „BEall!“, schreit der Schiedsrichter, was ich für Klein-Canby in Oregon als übertrieben betrachte. Ich schlage mit einer weiten Ausholbewegung nach einem Ball, der diesen Kraftaufwand nicht verdient. Dann stehe ich einfach da und lasse den Ball auf mich zukommen. Endlich „Ball vier“ und mit einem breiten Grinsen trage ich mein Schlagholz, halb nach unten gerichtet, zur ersten Base. Ich weiß nicht genau, was ich damit tun soll.

Ich stampfe mit meinen Metallstollen auf die erste Standlinie. Der Kalk, der sich auf der Unterseite meiner schwarzen Spalding-Lederspikes befindet, bedeckt den Dreck. John Plant ist der Nächste. Ich mache ein paar Schritte weg vom Mal, schätze die 15-18 m bis zur zweiten Base ab. Ein „Rechter“, der Werfer dreht auf dem kleinen Erdhügel, von dem aus geworfen wird. Wie verrückt sprinte ich los. Die Spieler im Feld rufen und der Ball landet im Handschuh des Fängers. Ich sehe nur etwas – die Base. Zwei Schritte nach außen, ich ziehe mein rechtes Bein zurück, setze die linke Schuhspitze nach unten und hebe ab. In einer Staubwolke rutsche ich, bis mein Fuß beim Mal zum Halten kommt – genau wie Maury Wills. Ich stehe auf, intakt, und schaue voller Stolz auf meine schmutzige Uniform. Ich bin im Spiel.

John Plant schlägt und lässt mich stranden. Ich bin wieder im Feldzentrum. Mindestens jetzt fühle ich mich wie ein richtiger Spieler. Unter den Wolken, die wie Zuckerwatte am Himmel kleben, denke ich an meine Helden Robinson, Snyder, Hodges, Campanella, aber insbesondere an Wills. So musste man sich als wohl fühlen.

Es braucht einen weiteren Durchgang, aber dann komme ich nochmals zum Schlagen. Diesmal mache ich den Anfang. Ich beeile mich, den Helm zu greifen, und, nach ein paar wenigen Übungs-Ausholbewegungen, stehe ich bereit. „Zing!“ Der erste Ball kommt genau auf mich zu. Ich drehe mich um und ducke mich. Der Ball muss wohl meinen Rücken getroffen haben. Ich spüre ein heißes Brennen, das mich zu einer Grimasse zwingt und mich etwas hüpfen lässt, als ich mich zur ersten Base begebe. Ich bewege meine linke Schulter, um mich etwas zu lockern. Dann mache ich ein paar Schritte weg von der Standlinie. Sobald der erste Wurf unterwegs ist, drehe ich mich und grabe meine Stollen in den Boden. Ich laufe aufrecht mit dem knirschenden Ton von frischem Dreck unter meinen Stollen, und dann steche ich runter in den Staub. Der Ball fliegt über den zweiten Basemann und landet im Feld. Ich weiß, dass ich den Wurf vom Zentrum zum dritten Base nicht schaffe, aber es ist so gut wie sicher, dass ihre Feldspieler das auch nicht fertig bringen. Ich laufe zum dritten Base und diesmal muss ich nicht einmal hineinrutschen. Der fehlgeleitete Ball schlägt auf der dritten Baselinie auf und landet mit einem lauten Rasseln in der Absperrkette vor der Bank. Es ist kein Feldspieler in der Nähe. Ich laufe zum Schlagmal.

Der ganzen Sommer über bin ich nie zum Werfen gekommen. Weil die gegnerischen Werfer oft die Zone zwischen den Knien und der Brust verfehlten, führte ich das Team in „gestohlenen Bases“ an, wenn man mir einen Walk gab. Manchmal hatte ich sogar Glück und wurde von einem Ball getroffen.

Die Plattform ist gerichtet. Ich weiß, was ich kann. Ich kann laufen.

Ein paar Jahre später begann ich in der Highschool mehr zu laufen, an Wochenenden machte ich oft eine Fahrt mit der Canby-Fähre und lief dann um den Pete-Berg herum. Es schien den ganzen Tag in Anspruch zu nehmen, aber ich war ein Läufer, ich hatte meinen Platz im Team bereits als Freshman, zuerst vor allem in den Sprints. Ich erinnere mich, wie ich die 400 m auf einer Rasenbahn in Gervais lief und dabei den Star-Footballspieler bis ins Ziel hart bedrängte. Nachher kam er zu mir und sagte: „Mein Junge, du solltest dabeibleiben. Du könntest gut werden.“

Ich machte weiter mit Ringen und Football, um meine Optionen offen zu halten. Auf der Bahn wollte ich mein neues Talent unter Beweis stellen und sprintete mit voller Kraft aus der Kurve heraus. Ich dachte, ich würde die Hürde mit Leichtigkeit überqueren, aber knallte mit dem Führungsbein voll hinein, fiel Kopf voran auf die Aschenbahn und überschlug mich mit einem Vorwärtssalto. Das Einzige, was an diesem Tag Schaden nahm, war mein Selbstvertrauen.

Wenn ich meinen Eltern etwas verdanke, dann ist es die Tatsache, dass sie mich in meiner Kindheit spielen ließen. Es bestand kein Druck, was meine Zukunft betraf und keine große Erwartung. Ich spielte wirklich viel. Das alte „Cozy Corner“-Haus hatte nebenan einen Stall, ideal für Cowboys und Indianer mit Kapselpistolen, die drauflosfeuerten und mit viel Stroh, das den Fall der Getöteten dämpfte. Ich weiß nicht, wie meine Mutter das „Whop-Whop“ aushielt, das durch mein Schlagtraining entstand, wenn der Tennisball von der Auffahrt auf der Südseite des Hauses an die Wand knallte. Ich war Sandy Koufax, nur dass ich Rechtshänder war. Wenn der Ball zurückkam, lief ich zur zweiten Base und warf den Ball mit dem seitlich ausgestreckten Arm zur ersten zurück. Die Lorbeerhecke vor dem Haus wurde zur gegnerischen Linie; ich rannte auf der Schräge oder tauchte an einem schlammigen Tag. Terry Baker, Gewinner der Heisman-Trophy, war jetzt der Mann im Angriff der „Biber“; meine ganzen 1,73 m imitierten seine Bewegungen.

Den ganzen Sommer 1960 war mein Vater abwesend. Er war für seine Doktorarbeit an die Universität von Oregon gegangen. Er wollte, dass ich für eine Woche zu ihm kam. Das amerikanische Leichtathletikteam für die Olympischen Spiele würde im Hayward-Field-Stadion trainieren.

Ich hatte in den Zeitungen einiges über Hayward Field gelesen. Es war das Heimstadion der University of Oregon und der Emerald Empire Athletic Association. Nach meiner Meinung musste es sich um einen sehr grünen Ort handeln. Als ich das Stadion zum ersten Mal von der nordwestlichen Ecke betrat, konnte ich es kaum glauben. Es war genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte, mit einem von Hand gepflegten Rasen im Innenraum, umgeben von grünen Holztribünen, die 1918 gebaut worden waren, und einem Band von dunkelgrünen Nadelbäumen.

Für einen Bahnläufer war das wie Nirwana. Allein schon hier zu sein und es zu sehen, war beeindruckend. Als ich dann die Gelegenheit hatte, den Athleten beim Training zuzuschauen, legte ich Filme in meine Brownie-Kamera ein und bereitete die Seiten in meinem Sammelalbum vor. Weltrekordhalter John Thomas war beim Hochsprunganlauf und Ralph Boston landete in der Weitsprunggrube. Dave Sime zog seinen Trainingsanzug wieder an. Dann war auch mein Liebling dort, der Hürden-Olympiasieger Glenn Davis. Ich wette, er hatte nie an einer Hürde angeschlagen.

Ich machte eine Aufnahme von ihnen, sagte Hallo und bat um ein Autogramm. Ich habe das Album immer noch. Jahrzehnte später erinnere ich mich besonders an ein Bild. Ich kannte die Athleten, die sich im Innenraum auf und um eine Bank herum befanden. Es handelte sich um die Oregon-Langstreckenläufer Dyrol Burleson und Bill Dellinger. Ein Mann saß auf der Bank, den Rücken gegen mich gewendet, ausgestreckte Arme, mit einem breitkrempigen Hut; er war im Mittelpunkt der Diskussion. Ich hatte damals keine Ahnung, wer er war, aber er sollte die einflussreichste Person in meinem Leben werden. Es war Bill Bowerman, Coach des Leichtathletikteams der Universität von Orgeon.

Dad merkte, dass es eine große Belastung für das Budget bedeutete, wenn mit dem Lohn eines Schuladministrators die Hypothek bezahlt werden musste. Ich leistete meinen Anteil, indem ich von der Zeit an, als wir in das alte „Cozy Corner“-Haus umzogen, meine Kleider und die Weihnachtsgeschenke selbst bezahlte. Ich mähte für einen Dollar den Rasen unserer Nachbarn und verkaufte Stechpalmen und Tannenzweige von unseren Bäumen mit Schleifen. Im Sommer sammelten wir drei Kinder Beeren, Kirschen und Bohnen. Ich habe es immer meiner Mutter angerechnet, dass sie uns diese Arbeitsmoral beigebracht hatte, bis ich eines Tages mit meinen beiden Schwestern von den Feldern nach Hause zurückkehrte, weil ich der Meinung war, es sei zu heiß, um Beeren zu pflücken. Mein Vater knallte mir eine ins Gesicht, dass ich Sterne sah.

Dave Sime gewann über 100 m mit einer Zeit von 10,35 s die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1960. Glenn Davis gewann über 400-m-Hürden zwei Goldmedaillen hintereinander, zuerst bei den Spielen von 1956 in Melbourne und dann 1960 in Rom, wo er auch Mitglied der siegreichen 4 × 400-m-Staffel war.

1960 und 1961 verbesserte Burleson die US-Rekorde über 1.500 m und die Meile. Seine Bestzeiten waren 3:40,9 min und 3:57,6 min, Dellinger stellte 1956, 1958 und 1959 amerikanische Rekorde über 1.500 m, 5.000 m, 2 Meilen (Halle) und 3 Meilen (Halle) auf. 1959 lief er Hallenweltrekorde über 2 Meilen (8:49,9 min) und 3 (13:37,0 min).

Zwei Jahre später, an einem frühen Sommermorgen, kam Dad mit uns zu den Feldern und half uns, Beeren und Bohnen zu pflücken. Lehrer werden im Sommer nicht bezahlt. Während Vater an seiner Doktorarbeit saß, bemühte er sich, etwas mehr für den Familientisch zur Verfügung zu stellen.

Das Leben war gut. Dann, eines Tages, ließ Dad die Bombe platzen. Er hatte eine Position als Vizerektor und Vorsteher der Knabenabteilung an der Nord-Eugene-Highschool angeboten bekommen und angenommen. Mutter war in Tränen, als sie die Entscheidung hörte. Als ich von der Schule nach Hause kam, sah ich sie auf einem Stuhl sitzen und endlos schluchzen. Dad war gerade auf dem Weg zum Briefkasten. Ich eilte zur Auffahrt hinaus, hob Steine auf und warf sie, in meinem besten Sandy-Koufax-Stil, nach ihm. Dad bewegte sich nicht. Er wusste, dass wir seine Entscheidung nicht teilten, er stand einfach da und ließ meine Attacke über sich ergehen. Was ich damals nicht wusste, war, dass es der beste Wechsel war, den wir je vornahmen. Mein Leben würde sich für immer verändern.

Meine Eltern kauften ein Haus an der Hilyard 1462, nur zwei Häuserblocks vom Campus der Universität von Oregon entfernt. Einer der Vorteile, an der Hilyard-Straße zu wohnen: Ich konnte immer, wenn ich wollte, zum Hayward Field gehen oder laufen und sehen, wie das Team von Oregon trainierte. Coach Bill Bowerman hatte eine sehr leistungsstarke, ausgeglichene Gruppe aufgebaut. Die Sprinter wurden angeführt vom kanadischen Weltrekordhalter Harry Jerome; sie hatten auch die Footballstars Mel Renfro und Mike Gaechter im Team (beide spielten später für die Dallas Cowboys); hinzu kam der weltbeste Hürdensprinter Jerry Tarr. Die vier stellten über 4 × 110 Yards einen Weltrekord auf. So sehr ich auch deren Talent bewunderte, wusste ich genau, dass ich nie so sein würde.

An jenem Donnerstagnachmittag, als Dyrol Burleson Stanfords Ernie Cunliffe niederrang und die erste Meile unter vier Minuten auf dem Hayward Field realisierte, lehnte ich über der Kettenabzäunung am Nordende der Bahn. Burleson war nach Don Bowden aus Kalifornien erst der zweite Amerikaner, dem das gelang, was viele für unmöglich hielten. „Burly“ war der Schlussläufer in Bowermans Vier-Meilen-Staffel. Mit Keith Forman, Archie San Romani und Vic Reeve gelang es dem Team, einen Weltrekord aufzustellen. Sie erhielten darauf eine Einladung während der Weihnachtsferien nach „Down under“. Die Reise folgte einer heißen Wettkampfwoche auf dem Hayward Field, wo Oregon vor dem Heimpublikum den NCAA-Mannschaftstitel gewann. Das war der Moment, als Eugene das U of O-Leichtathletikteam ins Herz schloss – und ich war dabei. Das Gefühl von Stolz war inspirierend. Ich wollte sein wie diese Athleten.

Die Weltrekordzeit von Forman, San Romani, Reeve und Burleson im Jahre 1962 war 16:08,9 min.

Ich hatte gehört, dass einer der beliebten Weekendläufe für Studenten um Spencer Butte herumführte, einen vulkanischen Vorsprung, der das südliche Ende von Eugene bewachte. Ich konnte direkt von Hilyard aus starten, die Steigung am Ostabhang hinauf, den Senken und Kehren auf der Rückseite folgen, dann in vollem Tempo hinunter zur Willamette-Straße, im Zickzack nach rechts an South High vorbei und dann an ein paar Häuserblocks vorbei das Tempo reduzieren, bis ich zu Hause war. Es wurde zu einem Ritual. Als Resultat davon aß ich mehr und hatte einen großen Schuhverschleiß.

Der einzige Ort, wo man in Eugene Laufschuhe bekam, war das Eisenwarengeschäft John Warren. Es gab auch noch Luby’s, aber Luby war ein pensionierter „Schläger und Ball“-Typ; man stellte sich dort auf den Standpunkt, das Laufen sei nur etwas für Weichlinge. Ich wusste nicht, dass auch Warren ein „Schläger und Ball“-Typ war und zwar ein sehr guter. Aber nach dem Tod des legendären Bill Hayward war John Warren vor der Ankunft von Bowerman Oregons Leichtathletikcoach.

Bei John Warren bekam man Laufschuhe der Marken Puma, adidas und Converse. Die Trainingsschuhe wurden Flatsgenannt. adidas stellte Flats her, die entweder eine weiche oder eine harte Laufsohle hatten. Wegen der Schläge, die das Laufen auf dem Straßenbelag verursachte, entschied ich mich für die weiche Sohle. Das Obermaterial war weiß und hatte grüne Streifen. Die weiche Sohle war wie Butter und es half auch nicht, dass ich die Schuhe auch in der Schule trug, zusammen mit dem Pullover, den ich vom Schulsport hatte.

KAPITEL 2: NENN MICH BILL

Als einer der Älteren in der Highschool musste ich mir Gedanken über meine Zukunft machen. Der Vietnamkrieg war im Gange und ich würde zum Wehrdienst einberufen, wenn ich nicht an ein College ginge. Meine Eltern hatten beide an der Oregon State-Universität studiert und sie hätten sich sehr gefreut, wenn ich in ihre Fußstapfen getreten wäre, aber die University of Oregon hatte das bessere Leichtathletikteam. Bis dahin hatte ich noch nie von Bill Bowerman gehört oder ihn getroffen. Burleson lief für Coach Sam Bell an der Cottage Grove High School, aber als Bell einen Job an der Oregon State erhielt, ging „Burly“ nach Oregon und trainierte unter Bowerman. Er bereitete sich auf einen Showdown bei den Olympischen Spielen in Tokio mit Weltrekordhalter Herb Elliot vor. Bowerman trainierte sein Team auch für die NCAA-Meisterschaften. Ich wusste, dass er sehr viel um die Ohren hatte, aber ich wollte mindestens mein Interesse zeigen. Also ging ich zu seinem Büro, um ihn zu treffen.

Die Wände waren kahl. Es gab keine Medaillen oder Andenken, nichts, das an die beiden nationalen Meisterschaften erinnerte, nicht einmal ein gerahmtes Diplom, wie man es zum Beispiel in einer Arztpraxis findet. Beinahe 40 Jahre später, als ich zum letzten Mal im Bowerman-Haus war, das sich wie ein Adlerhorst auf dem Hügel über dem McKenzie-Fluss befindet, fand ich die Medaillen und Erinnerungsstücke in einem schmutzigen Kellerraum, bedeckt mit Staub und Mäusedreck. So unwichtig waren diesem Mann seine Erfolge.

Bowerman erhob sich, als ich ins Büro eintrat, und er schien immer größer zu werden. Er streckte mir seine große Hand entgegen, die meine richtig verschlang. Er war 1,89 m groß, hatte einen Bürstenschnitt und trug ein kurzärmliges, weißes Hemd. „Nimm Platz.“

Ich setzte mich und dann war es still. Es herrschte immer eine Zeit lang Ruhe, während er den Besucher mit seinen kristallblauen Augen musterte, wie ein Leuchtturm, der dich vor den Gefahren eines Felsens bewahrt. Ich hatte meinen Abschluss an der Highschool, die Zukunft lag vor mir. Damals wusste ich nicht, dass dieses Muster eines Mannes einen derartigen Einfluss auf mich und mein Leben haben würde. Irgendwie fand ich den Mut, mit ihm zu sprechen.

„Coach Bowerman, ich möchte vielleicht nach Oregon kommen.“ „Warum willst du nach Oregon kommen?“ „Ich möchte der beste Meilenläufer werden, der ich sein kann.“ „Warum willst du nach Oregon kommen?“ Ich war überrascht, dass er die Frage wiederholte. Es war etwas, das mein Deutschlehrer, Herr Webking, jeweils tat, wenn die Antwort nicht komplett war. Bowerman konnte mir zweifellos meine Verwirrung ansehen, ohne dass ich etwas sagte. „Du wirst nach Oregon gehen, um eine Ausbildung zu bekommen. Du kannst nicht für den Rest deines Lebens laufen.“

Das Büro meines Vaters war neben jenem von Bob Newland, einem guten Freund von Bowerman. Ich wusste, dass Dad viel von den beiden hielt. Was ich nicht wusste: Bob Newland und der Rektor der North Eugene-Schule, Ray Hendrickson, waren zwei von Bowermans besten Freunden. Hendrickson war bei allen Veranstaltungen der Starter; er trug dabei eine rote Jacke. Newland war der Organisationschef und für die Durchführung von drei Olympiatrials im Hayward-Field-Stadion verantwortlich. Sie waren das Rückgrat der Emerald Empire Association, aus der der Oregon Track Club entstand. Ich wusste nicht, dass Bowerman wegen dieser Familienbeziehungen schon etwas über mich wusste.

Es war Zeit für mich zu gehen und so sagte ich: „Danke, Coach“, und erhob mich. Auch er stand nun auf und schüttelte meine Hand. „Sohn, nenne mich nicht Coach. Nenne mich Bill oder Mister Bowerman.“

Als ich übers Universitätsgelände in Richtung meines Elternhauses ging, war ich unglaublich aufgeregt. Endlich hatte ich „den Mann“ getroffen. In Eugene war er bereits eine Legende, im Sport und darüber hinaus, aber ich wusste kaum etwas über ihn. Es schien, dass es ihm dabei wohl war. Trotzdem brachte er sein Gegenüber nicht durcheinander. Er war sehr direkt, immer auf das Wichtige konzentriert; du wusstest immer, was er erwartete. Wenn es eine Meinungsverschiedenheit gab, gab es keinen Zweifel, für welchen Weg du dich entscheiden würdest.

Als ich die Eingangstüre öffnete, war Dad zu Hause. Ich erzählte ihm von meinem Gespräch mit Bowerman und dann sagte ich: „Ich gehe nach Oregon.“ Ich dachte im ersten Moment, meine Worte hätten meinen Vater irgendwie getroffen, weil er zuerst einfach dastand, ohne eine Reaktion zu zeigen. Dann sagte er etwas, das ich nie vergaß: „Mein Sohn, ich habe dich so weit gebracht, um dich an Bill weiterzugeben.“

Was Dad meinte, war: „Ich liebe dich, aber mit 18 bist du in einem Alter, wo es schwierig für mich wird. Ich habe großes Vertrauen, dass Bill dich auf dem Weg weiterbringen wird.“ Ich glaube, dass viele Eltern so denken. Du gibst dein Bestes, aber irgendwann musst du anerkennen, dass eine andere Person mit mehr Erfahrung und besseren Kontakten nun das Zepter übernehmen muss. Alles ist Teil eines Prozesses, in dem ein junger Mensch geformt wird, und Bowerman hatte ein Bild vor Augen, das er „Die Männer von Oregon“ nannte.

KAPITEL 3: MARKIERUNG À LA BOWERMAN

Meine Lieblingsdozentin an der Universität von Oregon war eine kleine, rundliche Lady mit einem katzenähnlichen Grinsen. Sie trug gestrickte Hüte in hellen Farben, die auf dem Hutband Verzierungen mit Stoffblumen hatten. Sie war bekannt als eine hervorragende Herstellerin von Druckerzeugnissen und eine sehr begabte Aquarellmalerin. Mit ihrem Grinsen überdeckte sie ihre außergewöhnliche Disziplin. Niemand durfte Laverne Krauses Zeit verschwenden und sie verschwendete auch unsere Zeit nicht. Am Abend lud sie uns oft in Maxies Taverne außerhalb des Unigeländes ein, wo sie in einem verbalen Tauziehen über Kunst und Politik mehr über ihre Studenten erfahren konnte. Es war die Zeit des Vietnamkriegs und die Diskussionen waren entsprechend angeregt. Die Einberufung zum Wehrdienst stand im Raum und ich musste mich entscheiden, was ich machen wollte.

Kurz nach meinem 19. Geburtstag erhielt ich einen Brief. Man teilte mir mit, dass ich zum körperlichen Eignungstest kommen müsse. Nachdem ich mehr als eine Stunde lang in einem Glied mit den anderen wartete, musste ich ein Formular mit medizinischen Fragen ausfüllen, dann wurden Blutdruck und Herzfrequenz kontrolliert. Die Person, die den Puls maß, sah mich erstaunt an und wiederholte das Prozedere. Dann fragte er mich: „Was machen Sie?“

„Was meinen Sie?“

„Nun, Sie haben einen Ruhepuls von 38 – wir sehen das sonst nie.“

„Ich bin ein Langstreckenläufer für die Universität.“ Und sofort bekam ich ein „1 A“, geeignet für den Wehrdienst.

Was wird wohl auf mich zukommen? Ich wusste, so lange ich im Studium war, würde ich nicht eingezogen. Aber falls der Krieg nach meinem Abschluss immer noch im Gange war, wusste ich, was mir blühte. Es war mir klar, dass die Armee nichts für mich war. Mein Freund John Plant ging nach Vietnam, er erzählte mir viele Geschichten. Wie sehr ich auch das Laufen liebte, ich wollte nicht durch Reisfelder laufen müssen und dabei den Gewehrkugeln ausweichen müssen. Aber ich liebte Boote und so besuchte ich das Büro der Marinereserve. Die Marine bot ein Programm an, das sich ROC nannte („Reserve Officer Candidate“). Nachdem man zwei Sommer in Newport, Rhode Island verbracht hatte, und Wochenenddrills 1 × im Monat während der Collegejahre absolviert hatte, erhielt man den Grad eines Offiziers, eine Gehaltsstufe höher. Ich stürzte mich darauf.

Für Laverne Krause waren Athleten wie Neil Steinhauer, der beste Kugelstoßer unseres Teams, und ich eigenartige Menschen. Es war ganz selten, dass sie Athleten in ihren Kunstvorlesungen hatte. Eugene war eine liberale Stadt. Leute wie Ken Kesey, Ken Babbs, The Merry Pranksters, The Greatful Dead und Kriegsgegner würden in dieser Gemeinschaft, wo Bildung zusammen mit Waldflächen, Landwirtschaft und Politik in einen Topf geworfen wurde, einen Zufluchtsort finden. Oft fand man die Schulleiter und die Polizei auf der einen Seite und eine Ansammlung von langen Haaren, Friedenssymbolen und farbigen Textilien auf der anderen.

1967 erzielte Steinhauer einen Hallenweltrekord im Kugelstoßen mit 20,67 m.

Viele waren, wie ich, irgendwo dazwischen. Als Athleten benötigten Neal und ich eine rechte Portion Disziplin. Unsere Trainingseinheiten benötigten Zeit, und diese Zeit mussten wir in den gleichen Stunden finden, die auch den anderen zur Verfügung standen. Es gab ein Programm und eine Trainingsstruktur mit Zielen, Terminen und Methoden. In Lavernes Welt drehte sich alles um die kreativen Fähigkeiten. Man musste seine Gedanken von wiederholenden Tätigkeiten loslösen. Einmal, als ich alle Regeln der Druckkunst missachtete, gab mir Laverne ein A+. Meine Studienkollegen dachten, ich hätte betrogen, weil ich, statt einfach von der Zinkplatte zu drucken, eine Collage von Platten druckte. Laverne nannte es „neuartig“ und belohnte mich dafür.

Es war ein unausgesprochenes, ungeschriebenes Gesetz, dass ein Student im ersten Jahr nicht mit Bowerman redete, so wie auch er nicht mit dir sprach. Wenn wir eine Frage hatten, mussten wir uns an Charlie Bowles, den Coach für die Neulinge, wenden. Falls man zu Bowerman hinging, zeigte er, ohne ein Wort zu sagen, zu Charlie und machte weiter mit dem, was er gerade tat. Wir dachten, er würde sich überhaupt nicht für uns interessieren, aber da lagen wir falsch. Bowerman war ständig dabei, abzuschätzen, mit was für Athleten er es in der Zukunft zu tun haben würde. Mit 18 oder 19 war unsere Zukunft das Heute.

Wenn die Cross-Country-Läufer von ihrem Long Run zurückkamen und sich in Richtung des Umkleideraums begaben, hatten die Footballspieler schon wieder ihre Straßenkleider an. Das überforderte Heißwassersystem des alten MacArthur-Feldes wurde von ihnen über Gebühr strapaziert. Wir mageren Jungs hatten eine kleine Ecke mit unserem Namen auf einem Stück eines Zielbandes, um uns zu zeigen, wo unsere Box war.

Nichts konnte einen Lauf an einem schönen Herbsttag übertreffen, wenn du den Laurelwood-Golfplatz überquertest und die Schuhe in den verdorrten Blättern dieses unverwechselbare Rascheln erzeugten. Das war ein guter Tag. Was dich hart machte, war ein von Südwesten wehender Wind mit Regen über Spencer Butte. Um uns dagegen zu schützen, gab uns Bowerman lange Unterhosen, die er eingefärbt hatte, damit sie zu unseren grünen Kapuzen-Sweatshirts passten und die wir unter unseren Baumwollshorts trugen. Wenn wir zum Trainingslauf starteten, fühlten wir uns warm und trocken. Bei der Rückkehr war es, als wären wir 10 kg schwerer, die Haut rieb an der Oberschenkelinnenseite.

All das, bevor es unter die kalte Dusche ging. Wir wussten, dass das Wasser kalt sein würde. Hier war ich also und begab mich auf den Zehenspitzen über den angemalten, kalten Zementboden zur Dusche. Ich seifte mich schnell ein, um die Sache hinter mich zu bringen, als ich plötzlich warmes Wasser auf meiner Wade spürte, das zum Fußknöchel herunterlief. Wie kann da plötzlich warmes Wasser sein, wenn es doch gar keines gab?

Ich drehte mich um und blickte geradewegs in Bowermans Augen, während er mit einem Lächeln im Gesicht seinen Urin weiter auf meinen Unterschenkel versprühte. Seine Augen nahmen meinen Schockzustand wahr. Die älteren Athleten, die es nicht geschafft hatten, rechtzeitig aus dem Duschraum zu flüchten, als Bowerman eintrat, lachten aus vollem Hals: „Heute ist dein Tag, Geoff.“

Ich habe oft darüber nachgedacht. Bill ging immer mit dem Beispiel voran und machte nichts ohne einen guten Grund. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, warum Bill auf die Beine seiner Athleten urinierte, aber ich bin sicher, dass er dabei jedes Mal etwas lernte: „Wird dieser junge Mann mich angreifen, wird er davonrennen oder sich vielleicht sogar revanchieren und zurückpissen?“

Bowerman schritt die Halle entlang und trocknete sich bei jedem Schritt zur Sauna mit dem Badetuch ab. Im Umkleideraum lachte ich, während ich meine Kleider anzog, und dachte: „Er hat mich markiert.“

Es war der Sommer 1965. Die Marine offerierte mir verschiedene Möglichkeiten für die Zeit an der ROC-Schule in Newport, Rhode Island. Ich entschied mich, die Sache nicht aufzuschieben und sofort zu gehen. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in einem Flugzeug, das sich in Richtung Osten begab. Ich erinnere mich nicht mehr, wie ich im Marinestützpunkt in Newport eintraf, aber ich weiß noch genau, dass ich völlig verwirrt war. Es gab keine Hügelzüge, an die ich im Westen gewöhnt war und die mir immer die Richtung anzeigten. Der Osten wurde zum Westen, der Norden zum Süden. Die Sonne ging nun über dem Atlantik auf. Der Verlauf der Küste konnte einem einen Hinweis geben, ob man sich auf einem östlichen Küstenstreifen befand und nach Westen blickte. Man musste sich auf die Sonne verlassen.

Auf dem Stützpunkt waren wir in Jahrgänge und Kompanien eingeteilt. Jede Kompanie wurde für die internen Meisterschaften aufgeteilt. Meine Wahl war klar. Ich war in der Staffel, und nach ein paar Trainingseinheiten um die Basis herum wurde ich als Schlussläufer bestimmt. Wir waren ganz gut und ich rechnete mir aus, dass, wenn ich den Stab in der Hand hatte, niemand einen Athleten aus einem Collegeteam gefährden könnte. In unserem ersten Wettkampf war ich gleichauf mit dem Schlussläufer einer anderen Kompanie. Ich dachte, ich würde ihn unverzüglich abhängen können, aber es gelang nicht. Zwei Häuserblocks weiter war er immer noch da. Wir liefen im Gleichschritt. Auf der Geraden schaltete ich in einen anderen Gang, aber er folgte mir wie ein Schatten. Am Ende unserer Kräfte stürzten wir uns ins Ziel. Dort streckte mir ein Körper, der gleich knochig war wie meiner, eine Hand entgegen. Mit einem für den Süden typischen Näseln sagte der Typ: „Ein gutes Rennen, Kumpel. Mein Name ist Jeff Galloway.“

Mit diesem Handschlag begann eine lebenslange Freundschaft. Jeff und Geoff. Jeder von uns beansprucht noch immer den Sieg von damals für sich.

Einer von Jeffs Mannschaftskollegen vom Wesleyan-Leichtathletikteam, Amby Burfoot, fuhr jeweils in einem alten Kombi zum Marinestützpunkt. Einmal nahm er uns zu einem lokalen Straßenrennen mit. Für mich war das eine neue Erfahrung. Ich war beeindruckt, zu sehen, wie viele Menschen aller Altersklassen sich hinter der Startlinie einreihten, nur um sich in einem 10-km-Rennen auf einem harten Straßenbelag das Letzte abzuverlangen.

Amby Burfoot wurde später leitender Redakteur von „Runner’s World“.

Ich wies Jeff und Amby vor dem Rennen, das beim VFW-Posten (Veterans for Foreign Wars) in Buzzard’s Bay startete, darauf hin, dass ich nicht in guter Form war und kaum in der Lage, über diese Distanz in einem Schnitt von 6 min pro Meile (3:45 min/km) zu laufen. Jeff zeigte auf einen alten, weißhaarigen Mann mit abgetragenem Trägershirt und Shorts. „Dann lauf mit ihm. Er ist der richtige Partner für ein Sechs-Minuten-Tempo.“ Es war Johnny Kelly, Jahrzehnte zuvor Gewinner des Boston-Marathons, auf den er deutete. Ich dachte, Jeff würde einen Witz machen, als er uns vorstellte. Die Strecke führte in einer Runde durch die Landschaft und endete am gleichen Ort, wo wir starteten. Ich lief mich ein, indem ich von der Ziellinie aus eine Meile zurücklief, bis ich einen Hügel vor mir sah. Da drehte ich auf einer kleinen Brücke um und joggte zum Ziel zurück. Hier wollte ich am Ende des Rennens nochmals zulegen.

Als der Startschuss losging, orientierte ich mich an den Schultern des alten Johnny. Nach einer Meile hörte ich einen Helfer die Durchgangszeit hineinrufen: „5:58, 5:59, 6 Minuten.“ Bei der Zwei-Meilen-Marke war die Durchgangszeit „11:58, 11:59, 12 Minuten.“ Ich dachte nicht mehr darüber nach, was ich tat. Ich blickte nur ganz rasch hinüber zu dem Mann und bewunderte, wie er sich fast ohne Aufwand vorwärts bewegte und kaum hörbar atmete. Bevor ich es realisierte, liefen wir den Hügel hinunter der kleinen Brücke entgegen. Nach Überquerung der Brücke schwenkte der Kurs nach rechts und wir erreichten einen weiteren Hügel, dann noch einen und wieder liefen wir über eine Brücke. Beim Abwärtslaufen musste ich das Tempo etwas zurücknehmen; tatsächlich spürte ich den Wind, es war schwierig, in einem guten Rhythmus zu bleiben. Der alte Kelly schwebte beinahe an mir vorbei, und wieder schien es, als koste ihn das kaum eine Anstrengung. Schließlich erreichten wir das Ziel, Johnny Kelly vor mir. Mit einem Lächeln begrüßte er mich, fasste mich am Arm und ging mit mir zu seiner Frau. „Liebling, ich möchte, dass du einen von Bill Bowermans Jungs kennen lernst.“

Ich war verlegen, dass er mich einen von Bill Bowermans Jungs nannte, weil ich als Studienneuling ja unter Charlie Bowles trainierte. Ich hatte ein ganzes Jahr lang kaum mit Bowerman gespochen. Aber Galloway war immer sehr genau im Bild, was Bill uns in Oregon tun ließ. Es war allerdings nicht bis zum Team von Wesleyan vorgedrungen, dem damals neben Jeff und Amby auch ein Unbekannter namens Bill Rodgers angehörte, dass er uns nach einem langen Trainingslauf nur leicht laufen ließ; sie liefen in jedem Training volle Leistung. Bowerman ließ die Ausdauer nur mit dem langen Sonntagslauf trainieren.

Bill Rodgers gewann später die Marathonläufe in Boston und New York je 4 x.

KAPITEL 4: DIE UNIVERSITÄT VON OREGON

Im Herbst kehrte ich zur Universität von Oregon zurück. Jetzt, in meinem zweiten Studienjahr, kümmerte sich Bowerman um mich und übernahm in allen Dingen eine aktivere Rolle. Er konnte jeden unserer Schritte beobachten, als wir eine Woche im gleichen Bungalow an einem Urlaubsort am Odell-See in den zentralen Cascade-Bergen verbrachten. Bereits auf 1.200 m liefen wir auf schneebedeckten Pfaden – ein echter Test für unser Leistungsvermögen. Im Team mussten wir kochen, Geschirr abwaschen und die Zimmer putzen; das Haus gehörte dem Holzbaron Nils Hult, einem Bowerman-Freund. Ein Junge aus Kanada, Cedric Wedemeier, einer aus Chicago, Steve Bukeida, und der in Hawaii geborene Brian Clarke waren auch dabei. Es war mir klar, dass es nun noch schwieriger war, unter die besten Sieben zu kommen. Bowerman verlangte Disziplin, ließ andererseits aber auch Spaß zu – und dafür war in erster Linie Dave Wilborn zuständig.

Wilborn war laut und extrovertiert und forderte ständig die Regeln des guten Geschmacks heraus. Höhepunkt war, als Bowerman das Team eines Tages mit den Worten instruierte: „Heute will ich, dass ihr nur langsam lauft und 20 200er macht.“ Er sagte nicht, wie oder wo. In der Gruppe joggten wir ein paar Kilometer neben der Eisenbahnlinie, wo ein Weg an der nördlichen Seite entlangführte und in eine Zufahrtsstraße mündete. Nun sagte Wilborn: „Alles bis auf die Schuhe runter, Leute!“, und er entledigte sich seiner Shorts. Einer nach dem anderen folgten wir seinem Beispiel und beschleunigten dann das Tempo: 15 Serien mit nacktem Hintern. Das Training wurde berühmt unter der Bezeichnung „Totem Scrotum 200’s“, auf Deutsch etwa „Stammeszeichen Hodensack 200er“.

Im Hayward-Stadion führte Bowerman Joggingkurse für Leute aus Eugene und Springfield durch. Je 10 dieser Laufanfänger wurden in die Obhut eines Läufers gegeben, die Bill für dieses Programm ausgewählt hatte. Wade Bell, Hindernisläufer Bob Williams und ich leisteten unseren Einsatz entweder um 6 Uhr früh oder am Abend nach der Arbeit und trainierten mit ihnen nach einem abgeschwächten Hart-leicht-Trainingsprogramm im Oregonstil. Bowerman arbeitete mit dem Herzspezialisten Waldo Harris zusammen und stellte sicher, dass jeder zuerst einem physischen Test unterzogen wurde, eine gute Sache, denn einige konnten am Anfang nicht einmal eine Bahnrunde lang joggen, ohne ins Gehen zu verfallen.

Bowerman hatte den Eindruck, dass das Crosslaufteam von 1965 gute Perspektiven hatte und bei den Meisterschaften eine gute Figur machen würde. Unser bester Mann war Kenny Moore. Unter Bowerman entwickelte sich Moore von einem linkischen Läufer aus Nord-Eugene, der nie ein Rennen gewonnen hatte, zum einzigen Jungen in unserem Distrikt, der Washingtons Sensation Gerry Lindgren echt herausfordern konnte. Bob Williams und Bruce Mortenson waren nicht weit dahinter; beide waren stark und sehr beständig. Bevor Bowerman das Team für die Meisterschaften der Norddivision bestimmte, ließ er uns an fünf Vorbereitungsrennen teilnehmen.

Bowerman organisierte ein Darlehen, das es Aaron Jones erlaubte, eine Holzfabrik zu eröffnen. Im Gegenzug bot Jones Bowermans Athleten Jobs in Jones’ „Furnier- und Holzverarbeitung“ an

Dank meines Einkommens aus den Joggingkursen und einer Arbeit in der Mühle konnte ich ins Haus der SAE-Studentenverbindung einziehen. Jeden Tag musste ich bereits um 5.30 Uhr aus dem Haus, damit ich meinen Morgenlauf absolvieren konnte, bevor ich die Jogger auf dem Hayward-Sportplatz traf. Mit meiner guten Trainingsbasis war ich in der Lage, in Bowermans Ausscheidungsrennen stets unter die ersten Fünf zu kommen.

Seit Jahren experimentierte Bill für seine Athleten mit Schuhen. In dieser Saison brachte er fürs Team neue Trainingsschuhe zum Testen mit. Sie waren in Plastiktüten mit Bindfäden zum Zuziehen verpackt; sie nannten sich Tiger und stammten von Onitsuka in Japan. Bill hatte sich bei dieser Firma über die Materialzusammensetzung der Laufsohle und der Zwischensohle beklagt und gab den Rat, weiches mit hartem Material zu kombinieren, um so einen Schuh zu bekommen, der Dämpfung und Dauerhaftigkeit bot. Das Modell hieß Tiger Cortez. Vom ersten Schritt an merkte man den Unterschied.

Ich erhielt meine Schuhe an dem Tag, als uns Bowerman auf eine Landstraße schickte mit einem langen Bergabstück. Am Ende des Trainings fühlte ich ein Klopfen in der großen Zehe des linken Fußes. Als ich genauer hinschaute, sah ich Blut, wo das Schuhleder mit der Mittelsohle verbunden war. Ich ging zu Bowerman, der mich anwies, den Schuh auszuziehen. Als Mann, der nie viele Worte verlor, nahm er eine Schere aus einer Erste-Hilfe-Box, schnitt ein Loch in den Schuh und gab ihn mir zurück. „Hier“, sagte er. Bill mochte es nicht, wenn man viele Fragen stellte. Er handelte lieber, als viel zu reden.

In der Folge verlor ich den Zehennagel. Eine andere ärgerliche Sache mit dem Cortez war der Abschluss der Fersenkappe, der ins Fersenbein einschnitt. Das Fersenbein ist bei einem Langstreckenläufer sehr wichtig für die richtige Fußfunktion; Achillessehnen und Plantarfaszien sind das Bindeglied zwischen Fersenbein und Wadenmuskel. Probleme mit dem Fersenbein können zu einem abrupten Ende einer Laufkarriere führen. Die Naht, die beim Cortez über die Mitte des Fersenbeins ging, verursachte im Laufe von zwei Monaten einen stechenden Schmerz im Fersenbereich. Um den Druck zu vermindern, schlitzte ich die Ferse des Cortez mit einer Rasierklinge auf. Ich beklagte mich nicht, sondern versuchte, mich weiter auf mein Training zu konzentrieren.

Eines Tages überraschte mich Bowermann auf der Bahn, als er mich zur Seite nahm. „Frauen haben mich gefragt, sie möchten bei den Joggingstunden mitmachen. Ich möchte, dass du diese Gruppe im südlichen Teil von Eugene trainierst. Falls sie sich umziehen wollen, können sie das in der Jugendherberge tun.“

Da stand ich nun also und wartete, wie eine nach der anderen aufkreuzte. Zum Teil waren es Frauen der Jogger, die jeweils zum Hayward Field kamen. Viele kamen mit Haarwicklern, Plastik-Regenhüten, dreiviertellangen Regenmänteln und Segeltuchschuhen ohne jegliche Dämpfung. Die wenigsten waren in der Lage, eine Runde lang zu joggen, aber alle waren sie entschlossen und voller Hoffnung.

Es war nicht die einzige Überraschung, die von Bill kam. Aus seiner grünen Olympiatasche von Melbourne kramte er ein Paar handgemachte Spikes mit einem weißen Nylonmesh-Obermaterial hervor. Mein Mund stand offen. Wenige Coaches in der Welt hatten sich je die Zeit genommen, um die im Laden erhältlichen Schuhe auf die spezifischen Bedürfnisse eines Bahnläufers anzupassen. Als Knabe sah ich Jerome, Burleson und Tarr in Bowerman-Prototypen laufen, aber diese hier waren für mich, genau zur rechten Zeit für die Meisterschaften der Norddivision. „Zieh sie an, lass uns sehen, ob sie passen.“

Das Mesh hatte zwar fast eine schmirgelartige Wirkung auf meine Zehen, aber die Länge passte. Ich schnürte die Spikes ziemlich eng, tänzelte umher und stellte mich mit dem ganzen Körpergewicht auf die Plastik-Spikesplatte. Unverzüglich spürte ich einen stechenden Schmerz in der Achillessehne und zwar dort, wo die Fersenkappe aufhört. Nachdem ich Bill mein Problem erklärt hatte, fuhr er mit der Hand über seinen Mund und das Kinn und schaute nach unten, nachdem er sich die Stelle genau angesehen hatte. „Es gibt zwei Dinge, die ich tun kann. Entweder reduziere ich die Höhe der Fersenkappe oder ich bringe ein Fersenpolster an.“ Ich plädierte für das Polster, und am nächsten Tag brachte Bill die modifizierten Spikes zurück.

An diesem Wochenende reisten wir nach Mary’s Park für den Wettkampf gegen Oregon State, die Universität von Washington und Washington State. Im Verlaufe der Woche hatte es stark geregnet. Aber heute war das Wetter schön. Ich fühlte mich bereit, als ich mit meinen Teamkollegen joggte und wir Gerry Lindgren und seine Puma-Kollegen passierten, die in die Gegenrichtung liefen. Typisch für Gerry, winkte er uns zu.

Die Laufstrecke begann am Ende einer Rasenfläche und alle vier Teams rannten in einem dichten Pulk in Richtung der ersten Kurve zum Weg, der am südlichen Ufer des Mary’s River entlangführte. Zusammen mit meinen Teamkollegen war ich im Feld etwa dort, wo ich hingehörte. An der Spitze Kenny, der sich einmal mehr mit Lindgren maß, Schritt für Schritt; Kenny in seinem leichten Laufstil, Lindgren mit Kraft. Ich hatte die Spikes behutsam festgezogen und mit einem Doppelknoten versehen, genauso, wie uns Bill gesagt hatte. Die Strecke war an einigen Stellen sumpfig und wies zahlreiche Richtungsänderungen auf. Ich fühlte mich leicht, meine Knie hoben sich fast ohne Anstrengung vom Boden ab – bis ich plötzlich mit dem rechten Fuß auf Kies trat, der sich unter dem Sumpf befand. Der Schuh blieb stecken. Ich hielt an, kehrte um und zirkelte durch das Läuferfeld, bis ich ihn im Matsch fand.

In aller Eile versuchte ich, den Doppelknoten zu lösen, ich kniete nieder, zog den Schuh wieder an und startete meine Aufholjagd. Nach einer Meile war ich überzeugt, dass ich meine Position wieder erreichen könnte, wenn ich ruhig bliebe. Doch dann schlug das Schicksal erneut zu: Ich verlor den Schuh ein zweites Mal. Diesmal hielt ich nicht mehr an, sondern lief barfuß weiter. Da merkte ich, was für eine große Hilfe Spikes bieten. Der Weg fiel zum rechten Flussufer hin ab, und ich hatte am rechten Fuß keine Spikes. Unter dem Schlamm befanden sich zermalmte Steine, die bei jedem Schritt Schmerzen verursachten und meinen Schritt brachen. Das Feld entfernte sich immer weiter von mir. Mit Tränen, die sich in meinem Gesicht mit den Dreckspritzern vermischten und auch auf das zitronenfarbene Singlet tropften, erreichte ich das Ziel als Zweitletzter.

Nachdem ich mich im Kellergeschoss des Gill-Coliseums geduscht hatte, versammelte uns Bill und teilte uns mit, der Leichtathletikdirektor Leo Harris habe entschieden, dass nur fünf von uns zu den nationalen Meisterschaften gehen würden. Es sei nicht genügend Geld für sieben Läufer vorhanden. Bowerman sagte, die ersten Fünf des heutigen Rennens würden das Team bilden – die vorangegangenen Ausscheidungsrennen würden nicht berücksichtigt. Kenny Moore, Dave Wilborn, Brian Clarke, Bruce Mortenson und Bob Williams seien dabei, ich müsse zu Hause bleiben.

Ich war untröstlich. Ich kannte Leo Harris nicht, außer, dass ich wusste, dass er ein früherer Footballcoach war und die Verhandlungen führte, als es darum ging, ob Walt Disneys Ente als Oregon-Maskottchen verwendet werden durfte – und dass Bowerman nicht immer mit ihm auskam. Aber ich dachte, ich würde Bowerman kennen. Es war seine Entscheidung. Er wusste um meine Beständigkeit in den fünf Trials und er war es, der die Schuhe machte, die ich trug. Nach meiner Meinung war es völlig ungerecht.

Die Ungerechtigkeit, die ich in Bowermans Entscheidung sah, wurde auch von meinen Kollegen geteilt: „Wie konnte er das nur tun? Warum hörst du nicht auf, fürs Team zu laufen?“

Was sollte ich tun? Ich ging weiterhin zum Training und verpasste kein einziges. Ich trainierte die Joggerinnen, ich arbeitete in der Holzfabrik und war auch bei den Spezialtrainingseinheiten für die Ersatzläufer dabei. Aber ich hielt mich fern von Bowerman. Wenn er sich auf der nördlichen Seite der Bahn aufhielt, war ich auf der südlichen. Wenn er sich Richtung Westen bewegte, ging ich Richtung Osten. Selbst während der Ferienzeit legte sich meine Wut nicht. Eines Tages, als ich als letzter Athlet das Trainingsgelände verließ, hörte ich plötzlich eine Stimme: „Hollister!“

Ich schaute mich nicht um und ging weiter. „Hollister!“ Diesmal etwas lauter und deutlicher. Es war Bowerman. Ich wusste, wenn er mich ein drittes Mal rufen musste, würde ich dafür bezahlen. Ich hielt an, aber sah mich nicht um. Er kam zu mir. „Lass uns ein Stück zusammen gehen.“ Er legte seinen langen Arm um mich. „Du hast ziemlich die Schnauze voll von mir, nicht wahr?“

Als er das sagte, explodierten meine ganzen Emotionen. Ich mochte diesen Mann sehr und würde alles tun, um ihm Freude zu machen, aber gleichzeitig war ich unglaublich wütend auf ihn. In meinem Inneren war ich richtig blockiert, ich brachte kein Wort heraus. „Nun, ich denke, du musst eine Entscheidung treffen. Du kannst aussteigen oder du machst weiter und versuchst, der Beste zu werden, der du sein kannst.“

Viele Jahre später, als ich gefragt wurde, ob es in meiner langen Nike-Karriere je einen entscheidenden Moment gegeben hätte, antwortete ich: „Ja, aber der liegt sehr weit zurück.“

Es begann mit den zwei Monaten, die an jenem Abend auf dem Trainingsfeld kulminierten. Wenn ich aufgegeben hätte, wäre es viel leichter gewesen, auch später auszusteigen. Ich hätte alle die Lektionen fürs Leben verpasst. Ich wollte sehen, wer ich wirklich war und zu meiner Überraschung wollte das auch Bill herausfinden. Das war der entscheidende Moment. Ich konnte ihn und mich nicht enttäuschen.

Ich teilte meine Jogginglektionen auf mit den Frauen um 6 Uhr früh im Süden von Eugene und den Männern im Hayward Field am Abend. Die Frauen überraschten mich. Sie konnten nun schon über 800 m am Stück laufen, bevor sie ins Gehen wechselten. Sie waren immer gut aufgelegt und freuten sich, einander zu sehen. Sie kamen in allen Formen und Größen und waren entschlossen, beides zu verbessern. Mein Psychologieprofessor hatte uns eine herausfordernde Aufgabe gestellt; wir mussten einen eigenen Test mit Menschen außerhalb des Klassenzimmers durchführen. Je mehr ich darüber nachdachte: Ich hatte eine einzigartige Gelegenheit – eine männliche und eine weibliche Jogginggruppe, die unabhängig voneinander trainierten. Welche langfristige Auswirkung hatte das Laufen in psychologischer Hinsicht? Waren sie glücklicher? Hatten sie eine höhere Selbstachtung? Wie war ihr Energieniveau? Wie der Geschlechtstrieb?

Mein Arzt Larry Hilt war einer der Jogger. Larry schien mit 60 ein neues Leben zu beginnen. Er begann mit dem Skifahren, kaufte sich seinen ersten Porsche und träumte davon, sich für den Boston-Marathon zu qualifizieren. Wenn man ihn über Sex fragte, schloss sich ein Auge hinter seinen Brillengläsern und er sagte: „Das ist nicht in der Hitparade.“

Ich erhielt in Psychologie ein A+ und die gleiche Note von Laverne Krause – mein Notendurchschnitt sah gut aus. Ein Problem hatte ich allerdings: Physik, und hätte ich nicht bei meinem Dozenten interveniert, das D, das er mir schließlich gab, hätte sehr wohl ein F sein können. Das blieb den wachsamen Augen Bowermans nicht verborgen und er ließ mich in sein Büro kommen.

Ich war nie mehr in Bills Büro, seit unserer ersten Begegnung damals in meinem Abschlussjahr an der Highschool. Er las die Eugene Register-Guard-Zeitung und sagte: „Setz dich!“ Also setzte ich mich hin und saß. Bill las weiter in der Zeitung. Eine Stunde lang, ohne ein Wort zu sagen. Die Ruhe war tödlich. Damals realisierte ich es nicht: Er gab mir eine starke Lektion, was es heißt, sich auf etwas zu konzentrieren. Es war, als sei er alleine im Raum – nur er und die Zeitung. Endlich legte er die Zeitung zur Seite; hervor kamen seine kristallblauen Augen, die sich in meinen Schädel bohrten und alle meine Gedanken zu lesen schienen. Sein Blick war schlimm genug, aber er hatte bis dahin kein Wort gesagt.

„Hollister, du weißt nicht, ob du ein großer Läufer, ein großer Liebhaber, ein großer Student oder ein großer Politiker sein willst. Du kannst gleichzeitig nur zwei Dinge gut machen. Wenn du weiter im Team sein willst, kommt das Studium an erster Stelle, das Laufen an zweiter. Für etwas anderes hast du keine Zeit. Du kannst jetzt gehen.“

Wie in aller Welt wusste er, dass ich eine Freundin hatte? Sicher hatte er Lin Madden nie gesehen. Seine Bemerkung, ich wolle ein Politiker sein, bezog sich wohl auf das Wohnhaus der SAE-Studentenverbindung. Lin war soeben Mitglied einer Verbindung geworden und ins Haus eingezogen. Ich sah einen Konflikt kommen. In meinem Haus schienen meine Kommilitonen ihre „Die ganze Zeit Party“-Einstellung nicht zu ändern. Ich war zeitweise erschöpft, weil ich zu wenig Schlaf hatte, und das Haus hatte einen richtigen Trottel als Chef. Andy Jordan war im Vorjahr zum Rechtsstudium aus Portland gekommen, ein arroganter Typ. Er erwartete von jedem, dass er sich voll fürs Haus einsetzte, als ob es seine Pflicht wäre.

Bowerman hatte andere Prioritäten, wenn es um die Pflichten ging. Es kam zu einer direkten Konfrontation, in der mich Andy auf einen gewöhnlichen Studenten in den ersten zwei Jahren reduzieren wollte, der keinen Extraschlaf benötigte und bestimmt keine besonderen Privilegien. Wenn ich Bowermans Rat befolgen wollte, dass man nur in zwei Dingen gut sein konnte, wusste ich, was ich zu tun hatte. Ich packte meine Sachen, verließ das SAE-Haus und ging die Straße runter zum Haus meiner Eltern. Ich hatte Bowermans Botschaft gehört – ich hatte ein Ziel.

Was Lin Madden betrifft, war der Gedanke, unsere Beziehung zu beenden, Musik in ihren Ohren; sie wollte ohnehin mit anderen Jungs ausgehen. Ich befand mich im Nebel zwischen ihrer Zustimmung und meiner Frage, woher Bowerman von unserer Beziehung wusste.

Bowerman wiederholte seine Prioritäten jeweils in den Teammeetings, die oft so begannen: „Ihr seid die Männer von Oregon“, und dann kam er oft auf die Frauen zu sprechen, die einen schwach machen können. „Ihr verpufft auf der Jagd alle eure Energien. Ihr solltet es machen wie Jerry Tarr, wenn ihr das wissen wollt. Tarr würde zur Foo-Bar gehen, ein Mädchen treffen, alles schnell hinter sich bringen und am nächsten Tag ein Rennen bestreiten und gewinnen.“

Tarr hielt 1962 den US-Rekord über 110-m-Hürden mit 13,3 s. Er erhielt Geld, als er sich dem Broncos-Football-Team in Denver anschloss. Diese Bezahlung machte seine Teilnahme an den Olympischen Spielen 1964, wo er Favorit für den Gewinn der Goldmedaille gewesen wäre, unmöglich.

Wie wusste Bowerman überhaupt etwas darüber, wie man Frauen nachlief und dem damit verbundenen Energieverlust? Die Bowermans luden uns oft in ihr Haus ein, das sich wie ein Vogelnest weit über dem McKenzie-Fluss befand, über dem weitreichenden Farmland, das dem Rechtsanwalt und engen Bowerman-Freund John Jaqua gehörte. Barbara Bowerman war für uns wie eine zweite Mutter. Wir halfen ihr jeweils dabei, die Tische im Haus und auf der Terrasse zu decken. Sie war selten vorbereitet und hatte sich längst mit Bills Blähungen und Rülpsen abgefunden, das er so zelebrierte, wie etwas, das ein Mann tun musste – genauso wie das Pinkeln. Ein Klo war nie nahe genug bei der Rundbahn. In der Mitte einer Trainingseinheit konnte Bill den Reißverschluss seiner Hose öffnen und, mit dem Rücken gegen uns, in der südöstlichen Ecke in Richtung Haupttribüne seinem Bedürfnis nachkommen. Oft geschah es unter dem aufmerksamen Auge von Dave Wilborn, der Bowermans animalisches Benehmen zu bewundern schien. Hatte Bowerman je Energie im Zusammenhang mit Frauen verschwendet? Hat er sich jemals darum gekümmert?