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North Paquette ist neu bei den Pittsburgh Titans, aber sein Ruf eilt ihm voraus - kompromisslos ehrgeizig, gnadenlos fokussiert und immer auf Sieg gepolt. Er weiß genau, wie man sich ins Spiel kämpft, auf und neben dem Eis. Aber dieses Mal steht für ihn persönlich viel auf dem Spiel, denn das Spiel findet nicht nur auf dem Eis statt. Das Leben als Titan? Einfach fantastisch. Ich lebe in einer großartigen Stadt, bekomme Geld dafür, das zu tun, was ich liebe, und genieße die Vorzüge, die ein Profisportler so hat. Farren Abrams war mir bis zu dem Tag unbekannt, an dem sie ihren Bruder Rafferty besuchte. Klug, sarkastisch, verdammt sexy - und sie kann über Eishockey reden, als hätte sie selbst auf dem Eis gestanden. Ein Abend mit dem Team endete in einem betrunkenen One-Night-Stand zwischen uns. Spaß gehabt, alles gut, dann reiste sie zurück nach Hause. Kein Drama, kein Foul. Jetzt ist Farren dauerhaft nach Pittsburgh gezogen. Während sie weiterhin nach Spaß sucht, will ich plötzlich mehr. Je mehr Zeit ich mit ihr verbringe, desto stärker zieht sie mich in ihren Bann. Doch Farren und Beziehungen? Ein absolutes Tabu. Etwas in ihrer Vergangenheit lässt sie fliehen, sobald jemand ihr zu nahe kommt, und wenn ich versuche, hinter ihre Mauern zu blicken, blockt sie ab. Als sie meine Versuche, unsere Beziehung zu vertiefen, abweist, bleibt mir nur ein riskanter Plan: Ich hole mir Hilfe bei niemand anderem als Rafferty - der natürlich keine Ahnung hat, dass ich es mit seiner kleinen Schwester treibe. Mit seiner Unterstützung versuche ich ihr zu helfen, sich ihren Dämonen zu stellen - und ihr etwas zu geben, für das es sich wirklich lohnt zu bleiben. New York Times-Bestsellerautorin Sawyer Bennett punktet erneut mit einer mitreißenden Mischung aus Spannung, Leidenschaft und unvergesslichen Charakteren - genau das Richtige für alle, die auf Eishockey, Herzklopfen und Drama stehen.
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Seitenzahl: 374
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Sawyer Bennett
Pittsburgh Titans Teil 16: North
Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Oliver Hoffmann
© 2025 by Sawyer Bennett unter dem Originaltitel „North: A Pittsburgh Titans Novel“
© 2025 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, Im Großfeld 18, D-64678 Lindenfels
www.plaisirdamour.de
© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg
(www.art-for-your-book.de)
ISBN Print: 978-3-86495-803-8
ISBN eBook: 978-3-86495-804-5
Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.
Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Autorin
Farren
Die Busfahrt von Calgary nach Pittsburgh war exakt so miserabel, wie ich es erwartet hatte – klebrige Sitze, schreiende Babys und der stechende Geruch von Verzweiflung, gemischt mit dem von abgestandenem Kaffee. Ich hätte fliegen sollen, aber mein Budget ist begrenzt, und der Bus war die preiswertere Lösung. Aber das macht nichts, denn Calgary liegt nun weit hinter mir, und ein neues Abenteuer erwartet mich.
Sobald ich aus dem Bus stieg und die frische Dezemberluft einatmete, wusste ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Ich brauche einen Neuanfang, und wo ginge das besser als in Pittsburgh, bei Rafferty, der mich immer lieben wird, komme, was wolle?
Ich schleppe meine beiden unhandlichen Koffer und meine Reisetasche den Flur entlang zu Raffertys Tür. Das Haus, in dem er wohnt, ist glatt und modern, ganz aus poliertem Stahl und Glas – so ähnlich wie mein großer Bruder. Er war immer der, der die Kurve gekriegt hat, während ich der Knallfrosch war, der aufflammte und genauso schnell wieder verpuffte.
Natürlich würde ich jetzt gern behaupten, dass sich mit diesem Neuanfang alles ändern könnte, aber das ist höchst unwahrscheinlich. Neue Stadt, großes Abenteuer – immer noch dieselbe alte Farren, und der größte Teil von mir ist damit zufrieden. Ich brauche nichts Neues … nur etwas anderes.
Ich klingle und während ich warte, wippe ich nervös von einem Fuß auf den anderen. Als Rafferty endlich öffnet, reißt er vor Schreck die Augen auf und kneift sie dann misstrauisch zusammen. Seine breite Statur füllt den Türrahmen aus und erinnert mich daran, wie viel Platz mein Bruder sowohl körperlich als auch durch seine beschützende Präsenz einnehmen kann. Rafferty ist nicht nur mein Bruder, sondern auch Verteidiger bei den Pittsburgh Titans. Er kam im September von den Edmonton Grizzlies zum Team. Seitdem hat er für Furore gesorgt, denn er ist bekannt für seine harten Checks und seinen unnachgiebigen Spielstil.
Mit einer Größe von 1,98 m, einer breiten Brust und Schultern, die fast die gesamte Türöffnung ausfüllen, ist Rafferty auch ohne seine Ausrüstung beeindruckend. Aber mein Blick gleitet über sein Gesicht, während ich ihn betrachte. Hohe Wangenknochen und volle Lippen, die meinen ähneln, wobei der größte Unterschied darin besteht, dass er sich eindeutig schon einmal die Nase gebrochen hat, ich hingegen nicht. Ich bin fast vierundzwanzig, er ist drei Jahre älter, aber man fragt uns häufig, ob wir Zwillinge seien, so ähnlich sehen wir uns. Mit seinen hellblauen Augen mustert er mich kritisch, und obwohl ich ihn ständig wegen seines ernsten Gesichtsausdrucks gehänselt habe, haben mir diese Augen immer Liebe und Loyalität entgegengebracht.
Er hat eine kleine Narbe oberhalb seiner Augenbraue und eine weitere am Kinn. Sie sind eine Erinnerung an den körperlichen Tribut, den Eishockey manchmal fordert, und machen sein Äußeres nur noch markanter. Er ist der Inbegriff eines beschützenden großen Bruders und eines Profisportlers in einer Person. Im Moment sieht er mich an, als wäre ich aufgetaucht, um sein geordnetes Leben zu zerstören.
„Überraschung“, rufe ich und reiße die Arme in die Luft.
„Was zum Teufel machst du hier?“, knurrt er, während er mich ruckartig in seine Arme zieht, ehe er mich hochhebt und herumwirbelt. Sein Ton ist schroff, aber die Umarmung sagt alles – er ist froh, mich zu sehen, auch wenn er mir gleich die Hölle heiß machen wird. „Nein, im Ernst … was zum Teufel machst du hier?“
Ich grinse ihn an. „Braucht eine kleine Schwester einen Grund, um ihren fantastischen großen Bruder zu besuchen?“
Er zieht skeptisch eine Augenbraue hoch, als ich an ihm vorbeigehe und auf mein Gepäck deute. „Nimm mein Gepäck.“
„Wie lange willst du denn bitte bleiben? Eine halbe Ewigkeit?“ Er stellt meine Koffer in den kurzen Flur, der zu den Gästezimmern führt.
„Vielleicht.“ Ich betrete seine Küche, als gehöre die Wohnung mir, nehme mir ein Bier und öffne es. Ich war schon zweimal hier und weiß, dass der Mülleimer links unter der Spüle ist. Brav werfe ich den Flaschendeckel hinein.
„Bist du geflogen?“, erkundigt er sich. „Ich hätte dir einen Wagen schicken können, um dich abzuholen, wenn du Bescheid gesagt hättest.“
Ich schwinge mich auf einen Hocker an der Kücheninsel, stelle einen Fuß auf den Boden, der andere baumelt locker in der Luft. „Nein, ich habe den Bus genommen. Es war eine spontane Entscheidung. Ich … habe einen Tapetenwechsel gebraucht.“
Ich richte meinen Blick auf die Bierflasche, in der Hoffnung, dass ich locker genug klinge, um ihn zufrieden zu stellen und er nicht allzu neugierig sein wird. Abwartend trinke ich einen Schluck und schaue mich in der Küche um, um seinen Blicken auszuweichen.
„Was ist los?“, fragt er, und sein Misstrauen ist deutlich zu hören.
Ich begegne seinem Blick und halte ihm stand. „Nichts ist los.“
„Du bist weg aus Calgary? Einfach so mir nichts, dir nichts? Was ist mit deinem Job?“
Verdammt. Er wird neugierig. Ich lockere meine Stimme und strahle selbstbewusst. „Ach, der.“ Ich winke ab. „Den habe ich gekündigt. Mit Derek lief es chaotisch, und ich ertrug seine Nähe nicht mehr.“
Das ist vage ausgedrückt und entspricht nicht annähernd der Wahrheit. Ich habe diesen Sommer mit Derek Schluss gemacht und mir nie die Mühe gemacht, es meinen Eltern oder meinem Bruder zu sagen, weil ich nicht noch einen Vortrag über meine Impulsivität und meine mangelnde Bindungsfähigkeit hören wollte. Es war eben einfacher, sie glauben zu lassen, in meinem Leben sei alles in Ordnung.
Ich warte darauf, dass er mich zu Einzelheiten befragt, aber er sagt nur: „Farren, du kannst nicht jedes Mal weglaufen, wenn etwas nicht gut läuft.“
„Das tue ich doch gar nicht.“ Mein Dementi kommt schnell, weil er so sehr unrecht hat. Ich laufe nicht weg, wenn etwas nicht gut läuft, sondern nur, wenn die Dinge ernst und übermäßig kompliziert werden.
Raffertys Augen glitzern, er hebt wieder eine Augenbraue. „Was ist mit damals, als du Hals über Kopf nach Vegas geflogen bist, weil du von deinem Job gelangweilt warst?“
Nein. Ich bin nicht impulsiv. Damals, mit zwanzig, war ich mit einem wunderschön tätowierten Schlagzeuger zusammen, und eines Abends sagte er mir, dass er mich lieben würde. Das hat mich überfordert, und Vegas schien der richtige Ort zu sein, um dem Ganzen zu entfliehen.
„Oder als du aus einer Laune heraus deinen Wagen verkauft hast“, sagt er schmunzelnd, „um diese Musikfestival-Reise mit Leuten zu finanzieren, die du kaum kanntest?“
Okay, das war vielleicht ein winziges Bisschen impulsiv, aber diese Reise kam zustande, weil ein auf eine nerdige Art und Weise sehr heißer Ingenieurstudent, mit dem ich zusammen war, plötzlich über eine langfristige gemeinsame Zukunft redete. Er fragte mich tatsächlich, wie viele Kinder ich haben wolle, und na ja … da bin ich auch ein bisschen ausgeflippt. Zufälligerweise traf ich just da ein paar coole Leute auf einem Festival-Roadtrip. Ja, so endete diese Beziehung.
Ich will etwas sagen, aber Rafferty ist noch nicht fertig. „Nicht zu vergessen, wie du letztes Jahr in diese Luxuswohnung gezogen bist – die weit über deinem Budget liegt –, nur weil sie einen Blick auf den Fluss hatte. Wie lange hast du das ausgehalten, zwei Monate, ehe du den Mietvertrag gekündigt hast?“
Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Das war definitiv ein abstruser Schachzug, den man durchaus als impulsiv bezeichnen könnte.
„Du übertreibst“, entgegne ich und hebe trotzig das Kinn, obwohl er den Nagel auf den Kopf getroffen hat.
Rafferty sieht mich nüchtern an und sagt leiser: „Farren, ich versuche nicht, dir das Leben schwer zu machen. Ich mache mir nur Sorgen. Du agierst vollkommen impulsiv, und das wird dir eines Tages auf die Füße fallen.“
Nicht, wenn ich rechtzeitig wieder weglaufe.
„Ja, ich weiß“, brumme ich und stelle mein Bier ab. „Du kritisierst mich nicht, sondern vermittelst lediglich ein gewisses Maß an Besorgnis, das dein angeborener Beschützerinstinkt noch verstärkt, und zwar in der Form spielerischen Gezänks, das nur aufgrund der tiefen Verbundenheit, die wir teilen, erlaubt ist.“
Rafferty schnaubt und schüttelt den Kopf. „Du Wortakrobatin. Du solltest in die Politik gehen.“
Ihhh … eklig. „Dafür bin ich nicht unehrlich genug.“ Aus dem Bedürfnis heraus, ihn zu beruhigen, füge ich hinzu: „In diesem Fall handelt es sich nicht um eine wilde Laune. Ich ziehe mich nur taktisch aus meinem tretmühlenartigen Leben zurück.“
Raffertys Augen verengen sich leicht. „Was hast du vor? Hier zu bleiben?“
Ich schenke ihm ein Lächeln. „Klar. Du hast ein Gästezimmer.“
Er hebt schon wieder eine Augenbraue, die mit der Narbe. „Für wie lange? Wirst du Miete zahlen?“
„Ja“, antworte ich, als wäre das das Lächerlichste, was er hätte sagen können. Ich bin keine Schnorrerin. „Natürlich. Ich muss nur vorher einen Job finden.“
„Du könntest aufs College gehen“, knurrt er, und die Enttäuschung in seiner Stimme geht mir auf die Nerven. Ich weiß, wie sehr ich meine Familie mit meiner Weigerung enttäuscht habe, eine höhere Ausbildung anzustreben.
Während Rafferty erfolgreich ist und Millionen von Dollar im Jahr verdient, verrottet mein Gehirn beim Einräumen von Regalen im Supermarkt oder beim Getränkeausschank. Ich bin praktisch ein Genie (meine Eltern haben meinen IQ testen lassen, als ich sechs war). Offensichtlich hatte ich meine Lehrer mit meiner fortgeschrittenen Sprachbeherrschung, meinem Wortschatz sowie mit meiner unheimlichen Begabung verblüfft, Rätsel und Muster zu lösen, die Erwachsene nicht verstehen konnten.
Mein ganzes Leben lang waren die Erwartungen an mich im akademischen Bereich hoch, und mir fiel immer alles leicht. Ich habe meinen Abschluss als Klassenbeste gemacht, ohne zu lernen, und dann brach ich meinen Eltern das Herz, als ich beschloss, nicht aufs College zu gehen.
Das führte zu schrecklichen Auseinandersetzungen, und auch Rafferty, der seine Eishockeykarriere schon begonnen hatte, redete verärgert auf mich ein.
Aber schließlich beschlossen sie, meinen mangelnden Ehrgeiz, einen Abschluss zu machen, zu akzeptieren, und verbuchten mich unter ‚liebenswerte Enttäuschung‘.
Ich bin noch immer nicht an einem College interessiert. „Danke, aber danke nein. Ich bin sicher, es gibt Hunderte von Barkeeperinnen-Jobs. Ich werde im Handumdrehen etwas finden.“
Ich sehe die Frustration im Gesicht meines Bruders. „Zwei Wochen. Wenn du bis dahin einen Job hast, kannst du bleiben.“
„Kein Problem“, trällere ich heiter, zufrieden, dass das so gut geklappt hat.
„Hast du Hunger?“
„Ja“, entgegne ich, und mein Magen knurrt zum Beweis.
Rafferty holt Zutaten für ein Sandwich aus dem Kühlschrank. „Willst du heute Abend zum Spiel kommen?“, fragt er, während ich ihm bei der Arbeit zusehe. „Ich kann dir noch eine Karte besorgen.“
„Ja, klar. Du weißt doch, dass ich dich immer spielen sehen will.“
Rafferty schenkt mir einen nachsichtigen Blick, und sein Lächeln erwärmt mein Herz. „Ich habe dich auch lieb, Schwesterherz. Gib mir einen Augenblick.“
Während ich esse, fliegen Raffertys Finger über sein Smartphone, und nach nur wenigen Augenblicken sagt er: „Ich habe ein Ticket für dich zu den dreien hinzugefügt, die ich bereits für ein paar Freunde organisiert hatte.“
Dieser Unterton. Das leichte Erröten. Interessant. „Sind das zufällig heiße alleinstehende Typen?“
„Nein“, sagt er rasch und leicht verlegen. „Wie ekelhaft. Keiner meiner Freunde sollte für dich von Interesse sein. Tatsächlich sind es meine Freundin Tempe, ihr jüngerer Bruder Cooper und sein Freund Danny.“
Oh, das ist wirklich interessant. Wie seine Stimme leicht höher klang, als er die Frau erwähnt hat … „Tempe?“ Ich werfe ihm einen spitzen Blick zu. „Du hast eine Freundin, aber sie ist nicht deine Freundin.“
„Nun, das hängt davon ab, wie man es betrachtet“, brummt er und fährt sich mit den Fingern durch die Haare. „Das ist eine ziemlich lange Geschichte.“
Ich sehe ihn erwartungsvoll an.
Er seufzt und stützt sich mit der Hüfte an den Küchentresen, dann verschränkt er die Arme. „Ich habe vor einer Weile eine Frau kennengelernt, und seitdem verfolgt sie mich.“
„Oh wow … heißt das, ich kann dir tatsächlich die Hölle heiß machen, weil du ein Lotterleben führst? Damit du mal merkst, wie sich das anfühlt?“
„Leck mich“, knurrt er, und ich lächle. „Jedenfalls war ich in diesem Supermarkt und habe meine Stalkerin – sie heißt Tansy – auf mich zukommen sehen.“
Ich beuge mich vor, fasziniert von der Geschichte meines Bruders. Ihm passiert nie etwas so Aufregendes.
„Da bin ich irgendwie in Panik geraten, habe mir die nächstbeste Verkäuferin geschnappt und sie geküsst, damit Tansy denkt, ich sei mit jemand anderem zusammen.“
Er hält inne und sieht mich abwartend an, um zu sehen, ob ich ihm folgen kann. „Fahr fort“, fordere ich ihn auf.
„Wie auch immer, die Verkäuferin …“
„Ich vermute, sie heißt Tempe“, werfe ich ein.
„Genau. Sie heißt Tempe. Jedenfalls hat Tempe spontan mitgespielt und so getan, als wäre sie meine Freundin. Nur hat Tansy es nicht geglaubt, also setzen wir die Scharade fort. Ich bezahle Tempe dafür, eine Rolle zu spielen, und hoffentlich kapiert Tansy den Wink mit dem Zaunpfahl und lässt mich in Ruhe.“
Okay … süße Geschichte, aber ich habe das Gefühl, dass er etwas auslässt. „Du bezahlst wegen Tansy eine Frau dafür, dass sie so tut, als wäre sie deine Freundin? Warum kommt sie dann zum Spiel?“
Rafferty zuckt mit den Schultern. „Ich wollte etwas Nettes für sie tun. Sie kümmert sich um ihre Mom und ihren kleinen Bruder. Ich bin bei ihr vorbeigefahren, habe ihr bei ein paar Sachen geholfen und ihren Bruder getroffen, der ein wirklich netter Junge ist. Es schien mir eine gute Idee zu sein, ihnen Karten für ein Spiel zu schenken.“
Mir bleibt vor Überraschung der Mund offenstehen, weil es einfach zu lustig ist, um zu begreifen, dass mein Bruder in etwas so lächerlich … Unraffertymäßiges verwickelt ist. „Damit ich das richtig verstehe … du bezahlst wegen Tansy eine Frau dafür, dass sie so tut, als wäre sie deine Freundin, und jetzt magst du sie vielleicht sogar wirklich? Das ist … auf eine verdrehte Art und Weise irgendwie romantisch.“
„Moment“, schnauzt er, richtet sich auf und hebt eine Hand. „Wer hat gesagt, dass ich Tempe mag?“
„Ich.“ Ich zwinkere meinem Bruder zu, weil er so leicht zu durchschauen ist. „Weil du sie besucht, ihrer Mutter geholfen und dann ihr und ihrem Bruder Eishockeykarten besorgt hast.“
„Das ist nur ein zusätzlicher Bonus für sie, weil sie mich gerettet hat.“
„Wie du meinst.“ Ich lächle wieder und verpasse ihm einen spielerischen Rippenstoß. „Ich freue mich darauf, diese Tempe kennenzulernen. Sie klingt wie ein echter Brüller.“
„Benimm dich in ihrer Nähe“, warnt er und wedelt mir mit dem Finger unter der Nase herum. Ich würde ihn am liebsten wegschlagen.
„Natürlich“, versichere ich mit einem verschmitzten Grinsen.
Rafferty starrt mich an, als wolle er mich damit zu gutem Betragen bewegen, aber ich werde ihm nichts versprechen. Er brummt einen Fluch und schaut auf die Uhr. „Ich muss sofort los. Kannst du einen Uber zur Arena nehmen?“
„Ja. Ich komme erst mal an, und dann will ich duschen, um den Gestank des Busses loszuwerden.“
Rafferty umarmt mich erneut und drückt die Lippen auf meinen Scheitel. „Schön, dass du da bist, Schwesterherz.“
Ich erwidere die Umarmung. „Schön, hier zu sein.“
Dann begleite ich Rafferty zur Tür, und er drückt mir einen Hausschlüssel in die Hand. „Der Code für die Alarmanlage ist 5-2-4-4.“
„Danke“, sage ich, betrachte den Schlüssel und hoffe, dass er nicht nur für einen Neuanfang, sondern auch dafür steht, dass ich die unmittelbare Vergangenheit weit hinter mir lasse. „Benimm dich heute Abend.“
„Selber“, erwidert er, und dann ist er weg.
Ich schließe die Tür hinter ihm und räume die Küche auf. Anschließend bringe ich mein Gepäck ins Gästezimmer, räume einen Teil meiner Sachen in die Kommode und hänge den Rest in den Schrank. Im Gästebad packe ich meine Toilettenartikel aus.
Nachdem ich mir ein zweites Bier aufgemacht habe, rufe ich meine Mutter an. Es ist Zeit, meinen Eltern reinen Wein einzuschenken.
Daniel und Marie Abrams sind die liebevollsten und solidarischsten Eltern, die sich zwei Kinder nur wünschen können. Deshalb schmerzt es jedes Mal so sehr, wenn ich das Gefühl habe, sie enttäuscht zu haben.
Ich lasse mich auf die Couch fallen, als meine Mutter den Hörer abnimmt. „Farren? Ist alles in Ordnung bei dir?“
„Hi, Mom“, antworte ich und versuche, fröhlich zu klingen, aber das Zögern in meiner Stimme verrät meine Angst, ihr zu sagen, dass ich in Pittsburgh bin. „Hör mal … ich habe beschlossen, Rafferty zu besuchen.“
„Oh“, entgegnet sie ein wenig verwirrt. „Das heißt, du wirst Weihnachten nicht hier sein?“
Bis dahin sind es nur noch vier Tage, das ist also eine berechtigte Frage. „Tatsächlich … glaube ich, ich werde eine Weile hier bleiben. Kleiner Tapetenwechsel.“
Sie schweigt einen Augenblick. „Was ist mit deinem Job?“
„Den habe ich gekündigt.“ Bang warte ich auf weitere Fragen.
Es kommt die, die ich am meisten fürchte. „Was ist mit dir und Derek?“
Ich seufze und spüre, wie schwer es mir fällt, das meiner Mutter zu erklären. „Es hat nicht geklappt und …“
„Was ist passiert?“, fragt sie besorgt, und ich bin mir nicht sicher, ob es ihr um ihn oder um mich geht. Meine Eltern mochten Derek sehr, aber sie hatten ihn nur ein paar Mal getroffen.
„Es hat eben einfach nicht funktioniert“, seufze ich und hoffe, dass die tiefe Müdigkeit in meiner Stimme, wenn ich über eine Beziehung spreche, die vor Monaten zu Ende war und sich für mich nie wirklich innig angefühlt hat, mir weitere Fragen ersparen wird.
„Okay“, flüstert sie. „Du weißt, wenn du wieder zu deinem Vater und mir ziehen willst, bist du jederzeit willkommen.“
„Das weiß ich“, antworte ich, und eine Woge von Zuneigung und tiefer Liebe bricht über mich herein wie ein Tsunami. Obwohl ich immer nervös bin, weil ich mich wie eine permanente Enttäuschung fühle, weiß ich, dass ich bei ihnen einen Zufluchtsort habe, wenn ich einen brauche. „Aber ich bleibe noch eine Weile bei Rafferty.“
„Ich bin froh, dass dein Bruder auf diese Weise über die Feiertage nicht allein sein wird“, murmelt sie mit der Freude einer Mutter, die weiß, dass es ihren Kindern gut geht, zumindest für die nächste Zeit.
Wir reden noch ein bisschen und verfallen in eine lockere Unterhaltung. Ich liebe meine Eltern genauso sehr wie Rafferty. Es ist schwer, mit dem Erwartungsdruck zurechtzukommen, vor allem, wenn ich nicht einmal sicher bin, ob diese gefühlten Erwartungen real sind oder nicht, aber ich habe nie an der bedingungslosen Liebe meiner Eltern zu mir gezweifelt. Ich bin mir nur nie sicher, ob sie wirklich damit klarkommen, was ich aus meinem Leben gemacht habe.
Trotzdem fühlt sich der Schmerz der Einsamkeit geringer an, als ich auflege, denn egal, wie sehr ich mein Leben dauernd versaue, auf die Liebe meiner Familie kann ich immer zählen.
Ich lehne mich auf der Couch zurück und tippe nachdenklich auf mein Handy. Solange ich hier in Pittsburgh bin, muss ich definitiv nicht in jeder Hinsicht einsam sein. Es gibt jemanden, an den ich in den letzten Monaten immer wieder gedacht habe, und es wäre dumm, nicht die Hand nach ihm auszustrecken.
Tabula rasa.
Ich habe ein neues Kapitel in meinem Leben aufgeschlagen.
Typisch Farren … ich bin rastlos, sehne mich nach … mehr.
Ich scrolle durch meine SMS, finde den Austausch mit ihm und sehe, dass es fast sechs Wochen her ist, seit wir einander das letzte Mal geschrieben haben. Entschlossen tippe ich eine schnelle, knappe Nachricht. Überraschung … ich bin in der Stadt. Wollen wir uns treffen?
Fast augenblicklich sehe ich die tanzenden drei Punkte, die anzeigen, dass eine Antwort kommt. Warum rast mein Puls in Vorfreude?
Seine SMS ist kurz, aber genau das, was ich hören wollte. Darauf kannst du deinen Arsch verwetten.
Unwillkürlich breitet sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus, und ich versuche gar nicht erst, das Galoppieren meines Herzens zu unterdrücken. Zugegeben, noch nie hat jemand mein Interesse so geweckt, und noch nie hat jemand mein Blut so in Wallung gebracht, wie er es mit einer einzigen SMS schafft.
Wann?, tippe ich zurück.
Lass uns das heute Abend entscheiden. Noch mehr tanzende Punkte, während er tippt. Ich nehme an, du kommst zum Spiel?
Nicht gerade die leidenschaftliche Antwort, die ich erwartet hatte – oder das konkrete Vorhaben, nackt in seinem Bett herumzutollen. Aber es ist klug von ihm, dass er zuerst das Gespräch sucht, denn das wird nicht leicht.
Wenn mein Bruder wüsste, dass ich mit seinem Mannschaftskameraden und engen Freund North Paquette zusammen war, als ich ihn die letzten beiden Male besucht habe, würde er ausrasten.
Ich schreibe zurück: Na gut. Wir reden heute Abend nach dem Spiel.
North
Das Gebrüll der Menge schlägt mir entgegen, als wir das Eis betreten. Es gehört zu den Geräuschen, an denen ich mich nie satt hören werde: die Anfeuerungsrufe, die laute Rockmusik und das leise Vibrieren des Adrenalins, das beim Anpfiff in die Höhe schießen wird. Die Kälte trifft meine Lungen wie ein Schuss Espresso, und ich bin bereit, den NewYork Phantoms heute Abend ordentlich einzuheizen.
Die Kufen meiner Schlittschuhe gleiten sanft über die Eisfläche. Meine Mannschaftskameraden um mich herum beginnen mit ihren üblichen Aufwärmübungen – Rafferty feuert schnelle, präzise Schüsse ins Netz, Drake dehnt seine Beine an der blauen Linie, und Atlas dreht träge ein paar Runden, um die Kanten seiner Schlittschuhe aufzuwärmen. Ich schnappe mir den Puck, bewege ihn ein paar Mal mit dem Stock und schieße dann aus dem Handgelenk aufs leere Netz. Er prallt von der Latte ab, und ich ernte ein Grinsen Camdens, der mit einem schnellen „Ein bisschen hoch, was?“ vorbeifährt.
Lachend gleite ich davon, wobei ich einen Blick auf die Tribüne werfe. Ich weiß genau, wo sie sitzt – in der ersten Reihe, direkt hinter der Bank. Rafferty hatte erwähnt, dass er Karten für Tempe, ihren jüngeren Bruder Cooper und Coopers Freund Danny besorgt hat, und als Farren heute aus heiterem Himmel auftauchte, hat er auch ihr eine hinterlegt. Es war eine kleine schauspielerische Leistung, überrascht zu schauen, als er erwähnte, dass sie hier ist, denn ich hätte ihm niemals die Wahrheit sagen können: dass Farren mir bereits eine SMS geschickt hatte.
Mein Blick wandert suchend über die Sitze. Gleich darauf entdecke ich sie. Farrens glänzendes dunkles Haar fällt in weichen Wellen über ihre Schultern, ihre blauen Augen glänzen im hellen Licht der Arena. Sie ist beeindruckend, ihre Präsenz wirkt selbst aus dieser Entfernung magnetisch. Gerade lacht sie über etwas, das Tempe gesagt hat, und ich kann es beinahe in meinem Kopf hören. Ihr Lachen habe ich schon viel zu oft in Gedanken wieder abgespielt.
Farren Abrams.
Raffertys kleine Schwester.
Korrektur … die kleine Schwester meines Teamkollegen.
Ich knirsche mit den Zähnen, als ich eine weitere Runde drehe, mein Schläger schleift träge übers Eis. Wir haben uns bisher zweimal getroffen. Das erste Mal war bei einem ihrer früheren Besuche in Pittsburgh gewesen – ein betrunkener, spontaner Fehler nach einem Abend mit dem Team. Aber beim zweiten Mal … beim zweiten Mal wusste ich genau, was ich tat. Farren schrieb mir eine SMS, und ich zögerte nicht. Kein Alkohol, keine Ausreden – nur wir beide und eine Verbindung, die ich anscheinend nicht mehr loswerde.
Lässig schlenze ich den Puck gegen die Bande, beobachte, wie er zurückprallt, und nehme ihn dann wieder mit dem Schläger auf.
Diese Sache mit Farren?
Die ist kompliziert.
Sie ist amüsant, sorglos und absolut umwerfend, aber sie ist auch unheimlich unabhängig. In der wenigen Zeit, die wir miteinander verbracht haben, hat sie mir genug erzählt, um mir zu vermitteln, dass sie allergisch gegen alles ist, was einer Bindung ähnelt. Obwohl Sex die treibende Kraft zwischen uns ist, haben wir in den letzten Wochen viel Zeit damit verbracht, uns auszutauschen, und sind über SMS in lockerem Kontakt geblieben. Ich habe gelernt, wie ihr Verstand funktioniert, und ihr absoluter Mangel an Bedarf nach etwas Ernsthaftem ist faszinierend. Sie ist eine Frau, die sich damit begnügt, eine lockere Beziehung zu pflegen und diese nur dann zu nutzen, wenn es ihrer Stimmung förderlich ist. Vielleicht ist es gerade das, was mich an ihr reizt – die Herausforderung, die Unberechenbarkeit, die Tatsache, dass sie vollkommen anders ist als alle anderen Frauen, mit denen ich bisher zusammen war.
Trotzdem weiß ich, dass ich mit dem Feuer spiele. Sie ist Raffertys Schwester, und Raff ist der Typ Mann, der jedem die Faust ins Gesicht rammt, der auch nur daran denkt, bei ihr eine Grenze zu überschreiten. Aber Farren ist erwachsen, genau wie ich. Sie setzt die Grenzen, hält die Dinge zwanglos. Farren läuft nicht Gefahr, verletzt zu werden, und ich glaube, das ist es, was ihrem Bruder am meisten ausmachen würde, wenn er uns je auf die Schliche käme.
Ich kurve durch eine Gruppe von Spielern, mein Blick wandert zurück zu den Sitzen. Rafferty schnappt sich einen herrenlosen Puck und läuft auf die Bande zu. Sein Blick ist auf Cooper gerichtet. Das Gesicht des Jungen leuchtet auf, als Raff den Puck über das Plexiglas schnippt. Cooper fängt ihn auf, und sein Grinsen ist so breit, dass es mit der Toranzeige um die Wette strahlt. Rafferty grinst, klopft mit dem Schläger ans Plexiglas und fährt davon.
Mein Blick wandert wieder zu Farren. Sie applaudiert Cooper, ihr Lächeln ist breit und echt. Als sie schließlich zum Eis schaut, treffen sich unsere Blicke. Die Verbindung ist sofort da, wie ein Funke, der ein trockenes Holzfeuer anfacht. Sie sieht nicht weg, sondern verzieht langsam die Lippen zu einem wissenden Lächeln. In ihren Augen liegt ein Versprechen, das mich mit Hitze durchflutet.
Ich schlucke schwer, meine Hände verkrampfen sich um den Schläger. Verflucht sei sie! Verflucht sei sie, weil sie so unwiderstehlich ist und die Sache so verdammt kompliziert macht.
Als ich an der Bank vorbeilaufe, hämmert mein Puls in meinen Ohren. Vielleicht ist es am besten, wenn das vorerst unter uns bleibt. Farren will nichts Ernstes, und ich will meine Freundschaft mit Rafferty nicht gefährden. Andererseits wäre es die sicherste Lösung, die Sache zu beenden.
Aber als ich mich wieder in die Mitte der Eisfläche begebe, ruht ihr Blick auf mir, und ich weiß, dass ich nicht Schluss machen kann – noch nicht.
Jetzt habe ich erst mal ein Spiel zu spielen, bevor ich überhaupt daran denken kann, das Geheimnis um Farren Abrams zu lüften.
***
Dieses Titans-Team ist ein Ausbund an Talent, angeführt vom besten Spieler der Liga, Penn Navarro. Aber heute Abend ist vor allem meine Second Line Feuer und Flamme, und Foster hat bereits im ersten Drittel ein Tor erzielt.
Das Spiel beginnt tief in unserer Zone, und ich beobachte das Eis, um den nächsten Spielzug vorwegzunehmen. Camden schnappt sich den Puck, nachdem die Phantoms einen Spielzug entlang der Bande verpfuscht haben. Er wirft einen Blick aufs Eis, sein Blick geht nach links, ehe er zu Atlas passt, der sich auf dem Flügel durchsetzt.
Ich gebe Gas und laufe die rechte Seite hinauf, wobei meine Schlittschuhe zielstrebig in das Eis schneiden. Atlas spielt den Puck sauber über die blaue Linie, praktisch ohne sein Tempo zu verlangsamen. Er umkurvt einen Phantom-Verteidiger, als wäre der Kerl ein Übungskegel, geschmeidig und kontrolliert. Foster gleitet durch die Mitte, immer an genau der richtigen Stelle, um die Abwehr in Verlegenheit zu bringen.
Wir bauen hier etwas auf – ich spüre es in meinen Knochen. Die Zuschauer merken es ebenfalls, denn ihr Gebrüll wächst mit jedem Schritt, den wir machen. Atlas überquert die rote Linie und gibt den Puck an Foster ab, der wie ein Magnet zwei Verteidiger anzieht. Das ist mein Stichwort. Ich drehe mich ruckartig, stürme auf das Tor zu und habe plötzlich freie Bahn.
Foster zögert nicht. Er täuscht einen Schuss so gut an, dass der Torwart reagiert und die Verteidiger sich auf ihn konzentrieren. Dann passt er den Puck mit der Präzision, die nur er hat, direkt auf meine Kelle. Er ist perfekt, genau wo ich ihn brauche.
Ich denke nicht nach, ich zögere nicht – ich schieße.
Der Puck zischt von meinem Stock, ein schwarzer Fleck, der die Luft durchschneidet. Der Torwart lässt sich mit gespreizten Armen und Beinen fallen, aber es ist zu spät. Der Puck prallt von der unteren Querlatte ab, seine Flugbahn ist genau richtig, er schlägt hinten im Netz ein.
Die Arena bricht in ohrenbetäubendes Gebrüll aus, und Adrenalin schießt durch meine Adern. Ich stoße einen Schrei aus und reiße die Faust hoch, während meine Teamkollegen mich umschwärmen.
„Toller Schuss!“ Atlas schlägt mir auf den Rücken, sein Grinsen ist breit und ansteckend. Camden stürmt heran und klatscht lachend mit den behandschuhten Fäusten gegen meinen Helm. Foster umarmt mich und klopft mir auf die Schulterpolster. Die Energie ist so intensiv, dass meine Knochen zu klappern scheinen, und ich lasse mich davon mitreißen.
Während wir zur Bank laufen, wandert mein Blick zur Tribüne – ein Instinkt, den ich nicht abschütteln kann. Mein Blick fällt auf Farren, und sofort tritt alles andere in den Hintergrund. Sie ist auf den Beinen, applaudiert und jubelt. Ihr Lächeln strahlt, und selbst von hier aus spüre ich es – wie sie leuchtet, wie ihre Energie durch mich hindurch zu pulsieren scheint wie ein Stromstoß.
Verdammt, sie ist wunderschön.
Schnell schaue ich nach vorne und zwinge mich, mich wieder zu konzentrieren, als ich die Bank erreiche. Das Spiel ist noch nicht vorbei, und ich habe keine Zeit, meinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Aber während ich mich setze und einen Schluck aus meiner Wasserflasche trinke, verziehen sich meine Lippen unwillkürlich zu einem Lächeln.
Ein Tor zu schießen fühlt sich gut an.
Sie dort oben auf der Tribüne zu sehen ist noch besser.
North
Als ich hereinkomme, ist der Ansturm nach dem Spiel im Mario’s schon in vollem Gange. Die Bar ist voll und brodelt vor Energie, während die Titans-Fans die Höhepunkte unseres Sieges gegen die Phantoms noch einmal Revue passieren lassen. Die Neon-Leuchtreklame über der Bar wirft bunte Lichtreflexe auf das polierte Holz, und der Duft von Burgern und Wings liegt in der Luft. Dieser Ort ist mir so vertraut wie die Eisbahn – Zufluchtsort und Spektakel zugleich. Wie die Atmosphäre nach verlorenen Spielen ist, weiß ich natürlich nicht, denn wir kommen nur hierher, um unsere Siege mit den Fans zu feiern.
Ich werfe einen Blick auf den abgesperrten VIP-Bereich im hinteren Teil, den die Besitzer für das Team eingerichtet haben, damit wir uns dort nach unseren Spielen treffen können. Wir wollten den Fans gegenüber nahbar sein und uns gleichzeitig einen ruhigen Platz zum Entspannen schaffen, damit wir nach der Foto- und Autogrammstunde etwas Privatsphäre haben.
Die meisten Lebensgefährtinnen und Familienmitglieder sind schon da, als die Spieler langsam eintrudeln – und da ist auch sie.
Farren.
An ein Tischchen gelehnt lacht sie über etwas, das Brittany, Willas Schwester, sagt. Sie sieht verdammt sexy aus in zerrissenen Jeans, kniehohen Stiefeln und einem knappen Titans-Trikot, auf dem bestimmt ihr eigener Nachname steht, aber die Nummer ihres Bruders. Sie ist einfach umwerfend, eine Meinung, die ich von dem Augenblick an hatte, als sie das erste Mal herkam, um ihren Bruder für sein neues Team spielen zu sehen, und wir einander begegnet sind. Das ist drei Monate her. Ich weiß nicht, ob Distanz die Zuneigung wachsen lässt, aber ich fühle mich heute auf jeden Fall noch mehr zu ihr hingezogen.
Ich reiße meinen Blick von ihr los, gehe zur Bar und bestelle bei einem der Barkeeper, die nach dem Spiel im Akkord Getränke ausschenken, ein Bier. Kaum habe ich einen Schluck getrunken, tippt mir jemand auf die Schulter, und ich fahre herum.
„North! Kann ich ein Selfie mit dir machen?“
Der Fan, ein Typ Mitte zwanzig, hält hoffnungsvoll sein Handy umklammert. Ehe ich antworten kann, steht sein Kumpel mit einer Titans-Basecap und einem Edding in der Hand daneben.
„Schreibst du mir ‚Für Mike‘ drauf?“
Ich lächle höflich und antworte leichthin: „Klar doch.“
Nachdem ich auf der Mütze unterschrieben und für das Selfie posiert habe, will ich mich gerade auf den Weg zum VIP-Bereich machen, als sich zwei weitere Fans nähern – und dann noch zwei.
Ich komme mir vor wie Sisyphus, der den Stein bergauf rollt.
Alle paar Augenblicke schaue ich zu Farren über. Sie plaudert immer noch mit einer lässigen, selbstsicheren Haltung, der man nur schwer widerstehen kann, mit Brittany und Willa.
Ein kleines Mädchen zupft an meinem Hemdsärmel, und ich schaue nach unten und sehe Grübchen und fehlende Schneidezähne. Ihr Vater steht hinter ihr, die Hand auf ihrer winzigen Schulter, in einem Titans-Trikot, das, wie ich sehe, meine Nummer trägt.
Es ist unfassbar süß und fast ein bisschen beschämend, wenn kleine Mädchen deine Fans sind, und ich vergesse Farren für ein paar glorreiche Momente, während ich in die Hocke gehe, um mit dem Fratz zu plaudern. Ich signiere ihr Trikot, posiere für Selfies und verspreche ihr, dass sie Eishockeyspielerin werden kann, wenn sie groß ist. Als sie endlich gehen, schaue ich zurück in den VIP-Bereich, bereit, mich Farren zu nähern, aber jetzt ist sie weg.
Ein Anflug von Enttäuschung überkommt mich, und ich suche den Bereich ab. Wo ist sie? Ist sie gegangen, ehe ich mit ihr reden konnte?
Eine weitere Berührung am Arm unterbricht meine Suchaktion. Ich drehe mich um. Unmittelbar vor mir steht eine Frau. Ihr Lächeln ist so aufreizend wie ihr Outfit – sie trägt ein Titans-Trikot als Kleid mit einem Gürtel um die Taille und oberschenkelhohen Stiefeln, die ihre Beine unfassbar lang aussehen lassen. Das ist zwar verdammt sexy, aber angesichts des winterlichen Wetters draußen unpassend. Aber ich schätze, wer schön sein will, muss leiden. Ihr roter Lippenstift ist makellos, und ihr platinblondes Haar ist zu einem hohen Pferdeschwanz hochgesteckt, der sich nach oben wölbt und dann in einem Lockenschwall bis zur Mitte des Rückens fällt.
Die Frau lässt einen Finger über meinen Unterarm gleiten. „Du warst heute Abend unbeschreiblich.“
„Danke“, sage ich mit einem aufrichtigen Lächeln, aber neutral, auch wenn sie mit den Wimpern klimpert.
„Kann ich ein Selfie mit dir machen?“ Sie winkt mit ihrem Smartphone, das sie bereits in der Hand hält. Ohne meine Antwort abzuwarten, tritt sie näher und hakt sich bei mir ein. „Ist das okay?“
„Kein Problem“, antworte ich, obwohl meine Aufmerksamkeit ganz woanders liegt.
Sie neigt den Kopf zu mir und schürzt spielerisch die Lippen, als die Kamera klickt. „Darf ich anmerken, dass du der heißeste Spieler im Team bist?“, fragt sie mit einer Stimme, die wohl sinnlich klingen soll.
Ich lache höflich und versuche, mich von ihr zu lösen. „Das höre ich definitiv zum ersten Mal, aber ich bin froh, dass du ein Fan des Spiels bist.“
Sie drückt meinen Arm fester, als ich auf Abstand gehen will. „Kann ich dich auf einen Drink einladen?“
Ehe ich etwas entgegnen kann, sehe ich aus dem Augenwinkel einen Hauch von dunklem Haar. Ich erkenne nicht nur, wer es ist, sondern spüre mit meinem ganzen Wesen, wie die Luft um mich herum flirrt.
Farren.
Sie steht ein Stück entfernt, die Arme verschränkt, und beobachtet das Geschehen mit einem leisen Lächeln. In ihrer Miene ist keine Eifersucht zu erkennen, nur amüsierte Gleichgültigkeit, was mir das Messer noch ein bisschen tiefer in die Brust rammt.
Die Blondine merkt, dass ich abgelenkt bin und folgt meinem Blick. „Oh“, sagt sie und tritt einen Schritt zurück. „Sieht aus, als hättest du Besuch.“
„So ähnlich“, brumme ich und drehe mich zu Farren um, während die Frau in der Menge verschwindet.
Farren hebt eine Augenbraue, ihre blauen Augen funkeln verschmitzt. „Du bist heute Abend ja ein richtiger Frauenheld.“
Seufzend reibe ich mir den Nacken. „Ja, sie fliegen regelrecht auf mich.“
Sie kommt näher und fragt so leise, dass nur ich es höre: „Merkst du überhaupt, wenn sich jemand schamlos an dich ranschmeißt? Oder bist du zu sehr damit beschäftigt, Autogramme zu geben, um dich darum zu kümmern?“
Ich lächle und lehne mich lässig an die Bar. „Vielleicht war ich zu sehr damit beschäftigt, mich nach jemand anderem umzusehen.“
Sie verzieht die Lippen zu einem wissenden Lächeln und legt den Kopf schief. „Gut gekontert. Das muss man dir lassen.“
„Wo warst du?“, frage ich, außerstande, die Neugierde aus meiner Stimme herauszuhalten.
„Auf der Toilette“, antwortet sie schlicht. „Warum fragst du? Hast du mich etwa vermisst?“
„Wenn du es so nennen willst“, gebe ich zu. Sie lacht, ein Klang, der meine Rippen kitzelt. Ich stimme unwillkürlich ein.
Wir gehen an die Seite der Bar, weg von den Fans und dem Lärm. Hier stehen wir immer noch öffentlich genug, um die Dinge zwanglos zu halten, aber auch privat genug, um uns zu unterhalten.
„Also“, sage ich im Plauderton. „Ein spontaner Besuch bei deinem Bruder?“
Sie zuckt mit den Schultern und lässt den Blick über die Bar schweifen, ehe sie ihn wieder auf mich richtet. „Ich habe einen Tapetenwechsel gebraucht. Calgary hat sich langsam erdrückend angefühlt.“
„Interessante Wortwahl“, merke ich an. „Klingt nach mehr als nur einem Besuch.“
„Ich werde wohl eine Weile bleiben. Außerdem sieht es aus, als sei Rafferty in eine verrückte Sache mit dieser Stalkerin verwickelt.“
Lachend schüttle ich den Kopf. „Typisch dein Bruder.“
„Typisch Rafferty“, stimmt sie mir grinsend zu.
„Ich habe dich beim Spiel neben Tempe sitzen sehen. Wie findest du sie?“
„Sie ist super“, entgegnet Farren, und ihre Augen leuchten. „Ich meine, ich könnte mir diese Geschichte nicht ausdenken, wenn ich es versuchen würde, aber das ist was Ernstes. Merk dir meine Worte.“
„Ich glaube, du könntest recht haben“, stimme ich ihr zu.
„Hast du schon einmal Zeit mit ihr verbracht?“, fragt sie. „Tut sie ihm so gut, wie ich denke?“
„Ja“, bestätige ich leise und lasse in meinem Kopf alles Revue passieren, was ich bei unseren wenigen Begegnungen über Tempe erfahren habe. „Sie ist supersüß, total geradeheraus und offensichtlich ein guter Kumpel, der die verrückten Streiche deines Bruders erträgt.“
Farrens Miene wird ein wenig verträumt. „Das hört sich gut an. Ich möchte, dass er glücklich ist.“
Das klingt komisch – fast, als wäre sein Glück für sie unabdingbar, und ich frage mich, ob das nur ihre Liebe zu ihm ist, denn ich weiß, dass sie einander sehr nahe stehen, oder ob sie sich etwas für ihn wünscht, was sie selbst will.
Ich kenne die Antwort nicht, aber ich bin neugierig, mehr darüber zu erfahren, warum Farren hier ist. „Wie hat eure Familie deinen Umzug nach Pittsburgh aufgenommen?“
Sie winkt leicht genervt ab. „Sie unterstützt mich, wie immer. Aber ich habe endlich eingestehen müssen, dass ich im letzten Sommer mit Derek Schluss gemacht habe.“
„Ich kapiere immer noch nicht, warum du es ihnen nicht gesagt hast“, sage ich kopfschüttelnd. „Nach allem, was man hört, stehst du deiner Familie sehr nahe. Warum wolltest du das geheim halten?“
Es war eines der ersten Geheimnisse, die Farren mit mir teilte, denn obwohl ich betrunken war, als wir uns kennenlernten, hatte ich den Eindruck, dass sie in Calgary mit jemandem zusammen war.
Zumindest hatte Rafferty mir so etwas erzählt.
Sie versicherte mir, sie habe mit ihm Schluss gemacht, es aber niemandem in der Familie erzählt hatte, weil ‚es am Anfang nicht ganz klar war‘.
Farren errötet leicht, als hätte ich sie in einer peinlichen Situation ertappt. „Ich stehe meiner Familie tatsächlich sehr nahe. So nah, dass meine Eltern und mein Bruder sich gern einmischen und hohe Erwartungen an mich haben. Es war einfacher, sie aus meinem Liebesleben herauszuhalten, als sie dachten, ich sei gerade vergeben.“
Ich grinse zu ihr hinunter. „Sie verbinden damit ein Gefühl von Stabilität.“
Farren schaut beleidigt und schmollt vor Verärgerung. „Warum sie nicht verstehen, dass eine Frau Single und glücklich sein kann, ist mir ein Rätsel. Oder dass ich damit zufrieden bin, Drinks auszuschenken, statt zu studieren.“
Ich hebe die Hand, um zu zeigen, dass ich kapituliere. „Hey, projiziere deine Verärgerung nicht auf mich. Ich finde, Barkeeperin ist ein respektabler Job, und na ja … ich schätze, es kam mir zugute, dass du nicht mehr mit Derek zusammen warst, richtig?“
Etwas Dunkles huscht über ihr Gesicht, ehe ihre Züge sich wieder glätten und sie mich mit einem sexy Grübchen-Lächeln belohnt. „Es war auf jeden Fall ein Vorteil, die Freiheit zu haben, mit dir zu flirten.“
Ich weiß, dass sie die Worte im Scherz meint, aber sie bringen Farrens Wesen auf den Punkt. Sie will frei sein, ohne Verpflichtungen. Wir haben eine Affäre, mehr nicht. Nur zwei Menschen, die einander nicht vollkommen unsympathisch finden, und eine ganze Menge sexueller Anziehungskraft.
Ich kann die Enttäuschung nicht leugnen, die ich bei dieser Erkenntnis verspüre. Zwanglose, oberflächliche Beziehungen waren noch nie mein Ding, aber Farren scheint darauf zu stehen, und das ist ein Problem, das ich wahrscheinlich nicht lösen kann. Ich weiß nur, dass ich sie mag und sie verdammt faszinierend ist, weswegen ich nehme, was ich kriegen kann.
„Apropos Freiheit“, sagt sie und senkt leicht ihre Stimme. „Gehen wir später noch zu dir?“
Ihre Worte treffen mich wie ein Blitzschlag, und ich überlege kurz, ob ich ihre Hand ergreifen und sie aus dem Mario’s ziehen soll. Aber ehe ich antworten kann, durchbricht Raffertys Stimme den Lärm.
„Hey, ihr beiden!“
Wir drehen uns um, und Farren setzt eine gelassene, unbeschwerte Miene auf. Rafferty kommt grinsend auf uns zu. Sein Jackett ist über die Schulter geworfen, die Krawatte gelockert, sein Haar leicht zerzaust.
„Wir haben es heute Abend richtig krachen lassen“, sagt er und hält mir eine Faust zum Fistbump hin, bevor er sich bückt, um Farren einen Kuss auf die Wange zu geben. Er sieht ihr in die Augen und fragt: „Wie hat Tempe und den Jungs das Spiel gefallen?“
„Sie waren hingerissen“, versichert sie ihm, und ich verkneife mir ein Lachen angesichts der Zufriedenheit in Raffs Gesicht. Der Mann ist schwer verliebt in die attraktive Supermarktangestellte.
„Schön zu hören“, meint er und bestellt beim Barkeeper mit einem Fingerzeig ein Bier.
Rafferty schaut zwischen uns hin und her, sein Grinsen wird breiter. „Also, lasst uns hier ein Bier trinken und dann zu mir nach Hause gehen, um ein bisschen Xbox zu spielen. Atlas ist auch dabei.“
Ich zögere und werfe Farren einen Blick zu. Diese Einladung ist kein kompletter Schock. Die Single-Männer, inzwischen nur noch Rafferty, Atlas und ich, hängen oft bei Raff ab, wegen seiner Xbox. Es ist nicht ungewöhnlich, dass wir nach ein oder zwei Bierchen hier dorthin umziehen und die ganze Nacht zocken, zumal das Einzige, was morgen in Sachen Titans ansteht, die abendliche Hochzeit unseres Teamkollegen Stone Dumelin ist.
Farrens Gesichtsausdruck ist unleserlich, aber selbst wenn sie tief enttäuscht wäre, kann ich die Einladung nicht ablehnen. Rafferty würde merken, dass etwas nicht stimmt, und wenn seine Schwester dann heute Abend nicht nach Hause kommt, nachdem sie mit mir zusammen gestanden hat, würde er vielleicht eins und eins zusammenzählen. Obwohl ich kein Problem damit habe, dass Rafferty herausfindet, dass ich an seiner Schwester interessiert bin, glaube ich nicht, dass es ihm gefallen würde, dass wir nur miteinander schlafen. Es würde ihm nicht passen, dass das alles ist, was Farren will und ich ihr nur entgegenkomme.
Vor allem aber können wir ihm nichts darüber sagen, weil Farren die Sache geheim halten will. Allein die Tatsache, dass sie ihre Familie nie darüber informiert hat, dass sie sich von dem Mann getrennt hat, mit dem sie zu diesem Zeitpunkt seit sechs Monaten zusammengelebt hatte, ist bezeichnend.
„Ja“, sage ich schließlich und lächle Rafferty an. „Das ist immer eine gute Idee.“
„Super.“ Rafferty schnappt sich sein Bier, schiebt dem Barkeeper Geld zu und zieht sich zurück. „Dann drehe ich mal noch eine Runde. In etwa einer Stunde können wir abhauen.“
Ich hebe anerkennend das Kinn, und Rafferty wirft Farren einen Blick zu. „Ist das in Ordnung für dich? Wenn wir in etwa einer Stunde losfahren?“
Ich glaube nicht, dass er automatisch davon ausgeht, dass sie eine Mitfahrgelegenheit braucht. Sie kennt schließlich einige der Spieler und deren Lebensgefährtinnen. Außerdem war sie bei früheren Besuchen auch schon ohne ihren Bruder mit ihnen unterwegs.
Wie die Tatsache beweist, dass wir zweimal Sex hatten, nachdem Rafferty nach Hause gegangen war.
Farren nickt. „Klingt gut.“
Sobald er außer Hörweite ist, fragt sie leise murmelnd: „Ein anderes Mal?“
Ich erwidere ihren Blick, hin- und hergerissen zwischen Enttäuschung und Belustigung. „Sieht wohl so aus.“
„Du könntest auch warten, bis Rafferty und Atlas volltrunken umkippen, und dich dann in mein Zimmer schleichen“, meint sie spielerisch.
„Ja … aber ich will nicht riskieren, dass dein Bruder etwas mitbekommt und mich umbringt.“
„Spielverderber“, brummt sie und lacht dann heiser. „Dann mal viel Spaß mit eurer Bromance.“