Norwegen Traumziel nicht nur für Kreuzfahrer - Claudia Kugelmann - E-Book

Norwegen Traumziel nicht nur für Kreuzfahrer E-Book

Claudia Kugelmann

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Beschreibung

Ein Traumziel, ein Land, in das man eine Reise unternimmt, sollte man nicht nur besichtigen und vielleicht bestaunen, um danach mit vielen Fotos und Erinnerungen wieder ins Alltagsleben zurück zu kehren. Ich habe bei meinen Reisen die Erfahrung gemacht, dass die Erlebnisse und Begegnungen in der Fremde intensiver und lohnender wurden, wenn ich ein wenig über das Land wusste, über die Menschen, ihre Gewohnheiten und aktuellen Themen. Meine Freude darüber gilt vor allem meinem Traumziel Norwegen. Darum verstehe ich mich hier als Vermittlerin von Themen, die im Allgemeinen nicht so bekannt sind; als Erzählerin von Geschichten aus Vergangenheit und Gegenwart; als Berichterstatterin von Informationen, die den Blick auf Land und Leute schärfen.

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Seitenzahl: 362

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Ein Traumziel, ein Land, in das man eine Reise unternimmt, sollte man nicht nur besichtigen und vielleicht bestaunen, um danach mit vielen Fotos und Erinnerungen wieder ins Alltagsleben zurück zu kehren. Ich habe bei meinen Reisen die Erfahrung gemacht, dass die Erlebnisse und Begegnungen in der Fremde viel intensiver und bereichernder waren, wenn ich ein wenig wusste über das Land und die Menschen, ihre Gewohnheiten und aktuellen Themen. Meine Freude darüber gilt vor allem meinem „Traumziel Norwegen“.

Die Erzählungen, Informationen und Schilderungen in diesem Buch eröffnen den Leserinnen und Lesern die Möglichkeit, das Reisen im Norden intensiv und vielfältig zu erleben. Und ich bin sicher – das Lesen wird dazu beitragen, dass eine Norwegenreise zum unvergesslichen Erlebnis wird.

Claudia Kugelmann www.claudia-kugelmann.de

Inhaltsverzeichnis

VORWORT

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INTERESSANTE LINKS

VORWORT

.Seit über 40 Jahren reise ich immer wieder nach Norwegen. In Spitzbergen habe ich als junge Frau mit einer befreundeten Bergsteigergruppe 3 Wochen am Kongsfjord gezeltet und die umliegenden Berge und den Kongsfjordgletscher bestiegen. Später war ich klettern und wandern auf den Lofoten. In zwei kleinen Schlauchbooten mit Außenborder tuckerten wir zu acht rund um den Ostteil der Austvagsøya, mit Raftsund und Trollfjord als Höhepunkte, und erstiegen die Gipfel des Trolltind und seiner Nachbarberge.

Das Rondane-Gebirge und die Hardangervidda habe ich erkundet, den Galdhøpiggen in Jotunheimen bestiegen, den Klarelv mit dem Kanadier befahren, Pilze und Multerbeeren gefunden, im Meer und in wunderschönen Seen geschwommen. Auch Städte wie Oslo, Bergen, Stavanger, Trondheim, Tromsø und andere mehr habe ich kennen gelernt. Was mich damals interessiert hat, waren also vor allem die Natur Norwegens und ein wenig die Kultur.

Das hat sich grundlegend geändert, als ich im Jahr 2016 an einer Segel-Wander-Reise um das Spitzbergen-Archipel teilnahm. Ich lernte bei Rolf Stange (www.spitzbergen.de ), unserem Reiseleiter, und seinem Team nicht nur eine Menge über die Flora und Fauna dieser grandiosen arktischen Gegend, ich begeisterte mich nicht nur für die Schönheit der Eisberge, Gletscher und Fjorde, ich genoss nicht nur das Glück der Beobachtung von Vögeln, Eisbären und Walrossen. Ich entdeckte noch etwas anderes, für mich Neues: Die Spuren der Polarforscher aus dem 19. und 20. Jahrhundert., die von Spitzbergen aus gestartet waren. Ihre Geschichte und Geschichten und die abenteuerlichen Erinnerungen, die im Geiste hinter den Häuserruinen und Hangarresten zum Vorschein kamen, weckten ein heftiges Interesse an Norwegen insgesamt, an seiner Vergangenheit und Gegenwart. Ich wollte nun wissen, was für Menschen das sind und waren, deren Heimat soweit im Norden liegt, dass die Sonne im Sommer nicht untergeht. Menschen, die im dunklen Winter mit Schnee und Eis und Einsamkeit fertig werden müssen. Meine Faszination für das Land und seine Bewohner hat sich erst damals entzündet.

So begann ich zu lesen, mich im Internet zu informieren, Bibliotheken zu besuchen, Fernsehsendungen auszuwerten und Menschen zu befragen, die sich in dieser Thematik besser auskennen als ich. Ich nahm Kontakt auf zur Deutsch-Norwegischen Gesellschaft (www.dng-bonn.de ) in Bonn, von deren Zeitschrift ich ungemein profitierte. Ich fing an, die norwegische Sprache zu lernen – online mit einem Sprachprogramm, analog mit einem Lehrbuch, bei einem Sprachkurs in Norwegen und ganz persönlich durch eine Norwegerin, die in meinem Heimatort wohnt und mich unterrichtete. Alle Norwegerinnen und Norweger, die ich treffen konnte, fragte ich über ihr Geburtsland aus. Kurz, ich befasste mich mit dem Themengebiet „Norwegen – seine Vergangenheit und Gegenwart“ sehr intensiv.

Doch damit nicht genug. Weil ich, als ehemalige Sportwissenschaftlerin im Fach Bewegungs- und Sportpädagogik, gewohnt bin, mit anderen Menschen mein Wissen und meine Forschungsergebnisse zu teilen, beschloss ich, das neue Wissen auch an andere weiter zu geben. Meine Bewerbung als Lektorin bei einem Kreuzfahrtunternehmen war erfolgreich. Ich erhielt einen Vertrag für zwei Routen von Hamburg über Bergen nach Trondheim und zurück. Diese Verpflichtung beflügelte mich enorm. Ich nahm die Aufgabe ernst, die Mitreisenden für das Land Norwegen zu begeistern und so ihre Reiseerlebnisse zu vertiefen und zu bereichern.

Und so verfasste ich vier Vorträge zunächst für Kreuzfahrtgäste, schrieb sie jedoch auch für alle anderen Nordlandfans auf, die sich auf die Reise nach Norwegen machen.

Der erste Vortrag „Bergen und die Deutsche Hanse“ bereitet auf den Besuch von Norwegens heimlicher Hauptstadt Bergen vor. Im Mittelpunkt stehen hier die Geschichte der Kaufmannssiedlung „Tyske Bryggen“, der Einfluss der Pest auf die Erstarkung der Hanse, und das Alltagsleben der Bewohner. Ein heutiger Spaziergang durch die engen Gassen - mit diesen Erzählungen im Hinterkopf - wird so zur lebendigen Geschichte.

Das nächste Kapitel „Norwegen – Land im Glück?“ sucht Antworten auf die Frage, was dran ist an den UN-Berichten der letzten Jahre, die Norwegen zu einem der glücklichsten von 155 Ländern der Erde erklärt haben. Durch die Ölmilliarden wurde das Land reich. Doch Wohlstand allein macht nicht glücklich, wie der Vergleich mit anderen Ländern zeigt. Man muss genauer hinschauen, um zu verstehen, warum kluge Politik und intelligente Geldanlagen, aber auch die Geschichte und Mentalität der norwegischen Nation der Grundstock für ein besonders positives Lebensgefühl der Nordländer sind.

Der dritte Vortrag hat die Vorfahren der Nordländer zum Thema. Unter dem Titel „Wikinger! Abenteuer, Geschichten, Irrtümer“ wird erzählt, warum die Nordmänner mit ihren schlanken Schiffen so weit gen Westen segeln konnten, bis Island, Grönland, ja sogar Amerika, und dort siedelten; wie sie als Räuber und Piraten Europas Klöster verwüsteten; wo sie als Bauern, Fischer und Handwerker mit ihren Familien wohnten und arbeiteten; womit sie Handel trieben und welche Götter sie verehrten. Schließlich geht es um die Frage, wo die Wikinger geblieben sind, als sie aufhörten, von sich reden zu machen.

Das vierte Kapitel, „Auf zum Nordpol. Abenteurer, Forscher, Hasardeure unterwegs in der Arktis“, führt 1000 km - vom Nordkap aus gemessen - weiter nach Norden nach Spitzbergen. Von dort starteten oder endeten gegen Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts einige Polarexpeditionen. Mehr oder weniger glücklich. Ihre Spuren in Ny Ålesund und am Strand von Danksøya regten mich bei meinem Besuch dort zu diesem Thema an. Bei meinen Recherchen stieß ich auf unglaubliche Geschichten und faszinierende Persönlichkeiten. Ihre Abenteuer, Erlebnisse und Schicksale werden faktenreich erzählt und durch authentische, persönliche Texte aus Tagebüchern und Romanen ergänzt.

Weil ich im Jahr 2019 ein Engagement für eine Reise nach Island, Spitzbergen, Noreg (dem Nordteil Norwegens) und die norwegische Küste entlang erhielt, ergänzte ich mein Repertoire um zwei weitere Kapitel: „Island – wo wilde Kerle hausen“ und „Spitzbergen – an der Schwelle zum Nordpol“. Da die Geschichte und Besonderheiten beider Zielregionen vielen Reisenden noch relativ unbekannt sein dürften, habe ich sie in aller Kürze, aber möglichst umfassend beschrieben: Menschen, Land, Kultur und Natur. Island vor dem Hintergrund seiner Mythen und Sagen. Spitzbergen, genauer gesagt Svalbard, in seiner grandiosen arktischen Schönheit als polares Paradies für Tier- und Pflanzenfreunde.

In der vorliegenden, stark überarbeiteten Neufassung meines „etwas anderen Reiseführers“ finden sich nochmals zwei neue Kapitel. „Sapmí – Ein besonderes Land in Nordnorwegen“ ist der Text über die Geschichte und Kultur der Urbevölkerung Nordnorwegens überschrieben. Den Spuren ihrer historischen und gegenwärtigen Herausforderungen begegnen Reisende nördlich des Polarkreises an vielen Orten. Wer Norwegen ein bisschen tiefer kennen lernen will, und verstehen möchte, warum die Menschen im hohen Norden oft ganz besondere Persönlichkeiten sind, kommt am Schicksal der Samen nicht vorbei.

Ähnliches, wie nämlich kollektive Erinnerungen an die Vergangenheit die Mentalität der Bewohner eines Landes prägen, gilt für die Geschichte der Erschließung dieser einsamen Gegend für den Verkehr zur Wasser und zu Lande und schließlich auch für die Ereignisse des zweiten Weltkriegs, in dessen Verlauf die deutschen Besatzer großes Leid über die Bewohner gebracht haben. Informationen und Gedanken dazu habe ich im Kapitel „Nordland – Faszination Arktis“ aufgeschrieben.

Nun wünsche ich meinen Leserinnen und Lesern viel Freude beim Entdecken von Dingen, die sie bisher nicht oder nicht so genau gewusst haben. Ha det bra! Machen Sie es gut!

Claudia Kugelmann

Im Kreuzschiffhafen von Manhattan

KREUZFAHRTREISEN – ERINNERUNGEN UND NOTIZEN

Dem Reisen mit einem Kreuzfahrtschiff wohnt anscheinend ein besonderer Zauber inne. Warum sonst schwärmen so viele Kreuzfahrtfans davon?

„Die Melodie von Sail away im Autoradio – und unmittelbar fühle ich mich versetzt auf „mein“ AIDA-Schiff, als wir letzten Sommer in Hamburg ablegten. Gänsehaut.“ Oder auch: „Verrückt nach Meer – so fühle ich mich nach meiner letzten Kreuzfahrt mit der Albatros jedes Mal, wenn ich zuhause die Serie schaue.“ Und: „Wenn ich mit Mein Schiff einen Hafen verlasse und die Hymne ertönt – da geht mir jedes Mal das Herz auf.“ In meinem Bekanntenkreis höre ich immer wieder solche und ähnliche Sätze, die mir zeigen, wie faszinierend für viele das Reisen mit Kreuzfahrtschiffen ist und wie intensiv die Erinnerungen an Stimmungen, Erlebnisse, Gefühle auf dem Schiff, an Land und auf dem Meer nachwirken. Kein Wunder, dass immer mehr Urlauber eine Reise mit dem Schiff buchen. In den letzten zehn Jahren steigerte sich die Zahl der Kreuzfahrttouristen weltweit um 30% auf über 30 Millionen Passagiere im Jahr 2019.

Expeditionsreisen, Clubreisen, Themenreisen – das Angebot ist überwältigend und ein zunehmend wichtiger Faktor der modernen Art, Urlaub zu machen. Durch die Corona-Pandemie ist in den Jahren 2020/21 zwar vieles unmöglich geworden, die meisten Schiffe mussten lange im Hafen bleiben, die Menschen zu Hause ihre Reisesehnsucht im Zaum halten. Doch, da bin ich sicher, trotz aller Schwierigkeiten haben Kreuzfahrtschiffe seit 2022 wieder Fahrt aufgenommen, vielleicht verändert, vielleicht nicht mehr so sorglos wie bisher, aber sicher nicht ohne die alte Faszination der Seefahrt.

Geschichte

So modern, wie es scheint, ist die Idee der Kreuzfahrt gar nicht. Mit einem Schiff auf dem Meer unterwegs zu sein, sich in gleichgesinnter Gesellschaft zu bewegen, immer neue Häfen anzufahren und Städte und Länder zu erkunden – das Hotelbett stets dabei - das hat schon im 19. Jahrhundert wohlhabende Leute gereizt.

Die erste Reederei, die einen „Cruiser“, ein kreuzendes Schiff für Passagiere, anbot, war die Peninsular & Oriental Steam Navigation Company. Zunächst waren nur Reisen von England zur iberischen Halbinsel im Angebot. Aber ab dem Jahr 1844 gab es schon einen Luxusdampfsegler, der von England nach Gibraltar und Ägypten fuhr.

In die Weltliteratur eingegangen sind die Erlebnisse, die Mark Twain im Verlauf zweier Dampferreisen sammelte. Er war im Jahr 1867 von New York nach Europa und in den nahen Osten unterwegs und 1895 mehrere Monate von Vancouver aus über den Pazifik. Damals musste jeder Passagier seinen eigenen Klappstuhl mit an Bord bringen, wenn er während der Fahrt auf Deck sitzen und aufs Meer schauen wollte. In seinen Büchern „Die Arglosen im Ausland“ (1869) und „Reise um die Welt“ (1897) hat er seine Eindrücke nieder geschrieben. Mit seinem Humor, seinem Scharfsinn und seiner Beobachtungsgabe kann Twain auch heute als lohnende Lektüre während einer Kreuzfahrt empfohlen werden.

In Deutschland war es der Reeder Albert Ballin, der von Cuxhaven aus als Erster eine Vergnügungsfahrt zur See anbot. Die Augusta Victoria, ein Schiff der Hamburger Reederei HAPAG, stach 1891 in See, nicht ohne vorher von Kaiser Wilhelm II., einem großen Fan der Kreuzfahrt, mit einem Besuch geehrt worden zu sein. Zwei Monate dauerte die Luxusreise, die keinen der berühmten Häfen im östlichen und westlichen Mittelmeer ausließ. An Bord waren unter den 241 Passagieren auch Ballin selbst und ausgewählte Gäste aus der zeitgenössischen Wirtschaft, Politik und Kultur. Ansonsten bevorzugten auch ältere, wohlhabende Damen Seereisen, weil sie dabei leicht Anschluss fanden, sich weniger langweilten als zuhause, und rundum bedient wurden.

Zwar galten Reiseziele ins Mittelmeer und andere wärmere Gebiete damals wie heute als am meisten begehrte Destinationen, doch auch Kreuzfahrten nach Norwegen waren bei der deutschen Bildungsschicht des 19. Jahrhunderts sehr angesagt – einerseits, um die Schönheiten der nordischen Natur zu bewundern, andererseits auch, um die originalen Orte und Landschaften der altnordischen Literatur und Kultur kennen zu lernen. Für Wagnerverehrer war das fast ein Muss – denn Odin/Wotan, Baldur und die Walküren wurden als Figuren germanischer Kultur angesehen.

Der bekannteste Kreuzfahrtreisende dieser Zeit war Kaiser Wilhelm

II. Er war viele Sommer, bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs 25 mal, auf Tour entlang der norwegischen Küste und in den Fjorden Norwegens - mit seiner Yacht Hohenzollern und einer kleinen Flotte von Begleitschiffen der Marine. Deutsche Kreuzfahrttouristen folgten seinen Spuren und suchten eine Gelegenheit, „ihren“ Kaiser zu sehen. Wenn er im Herbst nach Hause fuhr, war auch für sie die Saison vorbei.

Weil die Norweger seine Majestät und seine Entourage schätzten, kann man heute noch an vielen Orten Statuen und Gedenktafeln entdecken, dazu auch Hinweise auf einen Stuhl oder ein Bett, auf dem der Kaiser einst saß oder schlief. Oberhalb von Geiranger, gleich neben der Straße, befindet sich so ein Stein, und auch das Berghotel Stalheim, eine ehemalige Poststation auf der Bahnstrecke zwischen Bergen und Oslo, erinnert mit einer Tafel an seinen Aufenthalt. Das bekannteste Beispiel einer Gedenkstätte findet sich in der Hafenstadt Ålesund, im Fjordland südlich von Trondheim. Dort steht eine 7m hohe Pyramide mit des Kaisers Konterfei und seinem Namen, zur Erinnerung daran, dass er der Stadt in größter Not half. Als die 800 Holzhäuser des Orts durch einen Brand im Jahr 1904 zerstört wurden, schickte er Schiffe mit Hilfsmitteln für die Bevölkerung. Und aus eigener Kasse leistete er einen beachtlichen finanziellen Beitrag zum Wiederaufbau der Stadt. Die Bürgerhäuser dort wurden, im damals in Deutsch-Österreich-Ungarn verbreiteten und vom Kaiser geschätzten Stil der Gründerzeit, wieder aufgebaut, häufig mit Jugendstilelementen, wenn auch in nordischer Variation, verziert. So entstand in Norwegen eine Stadt, wie der Kaiser sie sich wünschte.

Ein paar Jahrzehnte später, zur Zeit des Nationalsozialismus, erlebte die Kreuzschifffahrt einen Aufschwung durch das Programm „Kraft durch Freude“. Staatlich finanzierte Ferienreisen sollten die Gesundheit und Bildung der einfachen Bevölkerung fördern, die sich solche Unternehmungen niemals selbst hätte leisten können. Und ganz nebenbei sollte auch die Bindung der Bürger an den nationalsozialistischen Staat verstärkt werden. So wurden zwischen 1934 und 1939 neben Wanderreisen, Eisenbahn- und Busfahrten auch Schiffsreisen in befreundete Länder angeboten - an die Ostsee, nach Italien, Griechenland, Madeira und eben auch nach Norwegen.

Dafür gab es eine Flotte von 6 eigenen und 6 gecharterten Schiffen, die vor dem Zweiten Weltkrieg über 700.000 Passagiere beförderten. Das bekannteste Schiff war die Wilhelm Gustloff. Sie unternahm 6 Passagierreisen nach Norwegen, stand aber seit Kriegsbeginn im Dienst der Kriegsmarine und war 1940 beim Überfall auf Norwegen beteiligt. (Am 30. Januar 1945 wurde sie mit vermutlich über zehntausend Flüchtlingen und 1500 Angehörigen der Wehrmacht an Bord von einem russischen U-Boot in der Ostsee versenkt.)

Im Laufe des wirtschaftlichen Aufschwungs der Nachkriegszeit wurde auch die Kreuzfahrt immer beliebter, anfangs vor allem beim älteren, betuchten Publikum. Luxus-Liner fuhren über den Atlantik von Europa nach Nord- und Südamerika, aber auch Kreuzfahrtschiffe mit erschwinglichen Preisen wie die TS Maxim Gorkiy waren unter sowjetischer Flagge unterwegs, besuchten Afrika und Australien, kreuzten im Mittelmeer und steuerten die Færøer Inseln, Island und sogar Spitzbergen an. Einsame, arktische Ziele dort wurden traum- und märchenhaft inszeniert. Meine Schwiegermutter nahm 1981 an einer solchen Reise teil und erfüllte sich damit einen Lebenstraum. Am Ufer des Magdalenenfjord, dort oben weit im Norden, am 80. Breitengrad, wurde eine aus heutiger Sicht eher skurrile Strandkulisse aufgebaut. Es gibt ein Bild von einer rotweiß gestreiften Strandbar namens „Gorki Bar“, davor Plastikstühle und –tische, ein Abfalleimer, ein Wegweiser zum „Beach“, im Hintergrund die Maxim Gorkiy und der Magdalenengletscher. Zum Ende des Landaufenthalts wurde alles wieder abgebaut und zurück aufs Schiff verbracht, erzählte meine Schwiegermutter. Es war nicht das einzige Mal, dass dieses Schiff arktische Gefilde erreichte - im Svalbardmuseum in Longyearbyen hängt ein ähnliches Foto. Sehr, sehr eindrucksvoll der Gegensatz von beinahe unberührter Natur und klischeehaft konstruiertem Urlaubsglück.

Das Luxusleben, das die Damen und Herren damals ersehnten, konnten die nicht so vermögenden Zeitgenossen seit 1981 in der ZDF-Serie „Traumschiff“ bestaunen und dabei ein bisschen mitträumen.

Kreuzfahrt heute – ein Erfahrungsbericht

In der Zwischenzeit hat sich die Zahl der Kreuzfahrttouristen nicht nur deutlich erhöht, auch die Interessen und Vorlieben der Gäste haben sich verändert und ausdifferenziert. Die Anbieter stellten sich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse ein und spezialisierten sich entsprechend.

Wer eine Kreuzfahrt plant, sollte deshalb genau überlegen, was ihm oder ihr wichtig ist. Meine persönlichen Erfahrungen können dabei eine Anregung für diejenigen sein, die erstmals so verreisen.

Da ich als Gast oder Lektorin bisher nur mit wenigen Schiffen unterwegs war - eine Kurzfahrt in der Ostsee, eine Transferroute von Hamburg ins Mittelmeer als Städtereise, eine Atlantiküberquerung nach New York über Island und Grönland, eine Woche im arabischen Golf, mehrere Törns ins norwegische Fjordland - kann ich allerdings nur eine grobe Orientierung geben. Meine eigenen Erfahrungen sind nur teilweise auf andere Schiffe zu übertragen.

So kann es anfangen

Immer wieder werde ich im Bekanntenkreis gefragt, welche Vorzüge denn so eine Seereise eigentlich habe. Na ja, das kommt auf die Sichtweise an, sage ich dann, und darauf, was dir selber wichtig ist. Jede Reederei, jede Route und jedes Schiff hat spezielle Eigenheiten. Nach dieser Vorrede fange ich aber meistens an, von den positiven Eindrücken meiner Kreuzfahrten zu schwärmen. Hier also meine persönlichen Erinnerungen:

Zuallererst fällt mir schon der Beginn meiner Schiffsreisen ein. Wenn das Schiff in Hamburg, vom Cruiseterminal Altona aus startet, dann ist es für mich ein Muss, mit der Bahn bis zu den Landungsbrücken anzureisen. Dort besteige ich stilvoll ein sogenanntes „Bügeleisen“, eine Hafenfähre der Linie 62 Richtung Finkenwerder, und lasse mich auf der Elbe zum Anleger „Docklands“ bringen, direkt neben dem Liegeplatz (Derzeit geschieht die Abfahrt - nicht ganz so elegant zu erreichen – auch vom Hafen Steinwerder aus.). Von unten zu dem mächtigen Schiff hochzuschauen, das in den nächsten Tagen mein Zuhause sein wird, lässt mein Herz höher schlagen. Die Einschiffungsprozedur, bei der es zugeht wie in einem Flughafen – Sicherheitscheck, Pass und Fahrkartenkontrolle (derzeit PCR-Test) - ist bald überstanden und die obligatorische, wenig romantische Rettungsübung vor dem Start lasse ich geduldig über mich ergehen. Die Zeit vertreibe ich mir dabei mit der Beobachtung meiner Mitreisenden. Sehr unterhaltsam kann das sein.

Dann aber, im Abendlicht, beim so schön kitschigen Klang der Auslaufmelodie, langsam die Elbe hinunter zu fahren, vorbei an den Containerterminals links und den alten Kapitänshäusern rechts, beim Sundowner auf Deck ein Blick zurück auf den Turm des Michel und die Elbphilharmonie – das empfinde ich jedes Mal als den Beginn einer wunderbaren Reise. Von Kiel aus in die Nordsee zu reisen ist auch nicht zu verachten. Man schippert je nach Route und Schiffsgröße sogar durch den Nord-Ostsee-Kanal. Das ist ein Erlebnis, das ich in vollen Zügen genießen kann – rechts und links ganz nah das Ufer mit den kleinen Orten vorbeiziehen zu sehen, in engen Schleusen mit dem „Wasser Aufzug“ zu fahren und von Deck aus zu beobachten, wie die fast 120 Jahre alte schmiedeeiserne Levensauer Hochbrücke langsam über mir hinweg gleitet. Mit ein wenig Glück fährt gerade der Zug zwischen Flensburg und Kiel darüber. Und wessen Schiff von Bremerhaven aus startet – vorbei an den Docks und Containeranlagen – erlebt die Ankunft im Hafen natürlich ebenso eindrucksvoll.

Seetag

Am Konzept der Kreuzfahrt gefällt mir zudem, dass das Schiff meist nachts unterwegs ist und Strecke macht, während ich eine Show genieße, mein Glas Wein trinke, meine Vorträge überarbeite oder schlafe. Und tagsüber kann ich irgendwo selbständig oder bei einem organisierten Ausflug einen Ort oder eine Gegend kennenlernen und mich an Land per Bus, Fahrrad oder zu Fuß bewegen. Mein Hotelzimmer ist, im Gegensatz zu Busreisen, immer dabei. Ich muss nicht täglich den Koffer aus- und einpacken. Wenn ich zurück komme an Bord, ist das jedes Mal ein wenig so, als käme ich nach Hause. Und später, zum Abschied von jedem Hafen, erklingt wieder die schöne Auslaufmelodie. Sentimental – ja. Verzichtbar – nein. Klassische Musik oder Jazz kann man bei anderen Gelegenheiten hören.

Meine kreuzfahrtskeptischen Bekannten fürchten sich am meisten davor, seekrank zu werden. Sie erinnern sich an entsprechende Erlebnisse vor 30 Jahren mit moribunden, griechischen Fähren oder an Segeltörns mit kleinen Yachten im Mittelmeer und behaupten, sofort zu „erkranken“, sobald sie ein Schiff betreten. Auf Kreuzfahrtschiffen passiert das nicht so leicht, versprochen! Seekrankheit ist keine Krankheit, sondern ein Zustand. Die modernen Schiffe sind mit Stabilisatoren ausgestattet, die bei Seegang zumindest die Rollbewegungen (die „seitlichen Schiffsbewegungen“) etwas dämpfen, sodass die Passagiere meist wenig vom Auf und Ab der Wellen merken. Wenn es geht, ändert der Kapitän auch mal die Route, um einem Schlechtwettergebiet auszuweichen. Das habe ich auf der Fahrt nach Island aber auch im Skagerrag selbst erlebt. Und wenn es wirklich mal etwas mehr wackelt, dann helfen bis zum nächsten Hafen bei den Einen Tabletten, bei den Anderen Globuli oder Akupunktur-Armbänder. Gute Ratschläge in dieser Richtung findet man in vielen einschlägigen Kreuzfahrt-Foren.

An Seetagen, wenn also weite Entfernungen ohne Zwischenstopp zurück zu legen sind, wird der Weg, wie man so schön sagt, zum Ziel. Ich genieße die Zeit, die ich zum Ausschlafen, zum Lesen, zum gepflegt Speisen, zum aufs Meer Schauen habe. Besonders dieser Blick rundum zum Horizont, die entspannte Sicht auf Wolken, Wellen und Gischt, die Beobachtung vorbei ziehender Schiffe, all das kann viele Stunden füllen. Am Abend kann ich, wenn ich will, Shows und andere Veranstaltungen besuchen, die übrigens sehr abwechslungsreich und meist qualitativ recht hoch stehend und professionell sind. Wenn ich das nicht möchte, ist es auch gut. Keiner zwingt mich. Ich hätte vor meiner ersten Kreuzfahrt nie gedacht, dass ich am Seetag soviel Ruhe finden kann. Mit ein wenig Erfahrung gelingt es mir nämlich, auch auf Schiffen mit vielen Gästen einsame Ecken und stille Winkel für mich zu finden. Schwierig ist das allerdings bei gutem Wetter auf dem Sonnendeck, wenn dort den ganzen Tag Musik erschallt. Gottseidank ist das nicht überall so.

Guten Appetit

Kaum etwas ist so wichtig bei einer Kreuzfahrt wie das Essen. Die Auswahl, die Qualität, der Service. Mit dem Frühstück fängt es schon an. In den ersten zwei Tagen erlaube ich mir, in exquisiten Früchten, Speck mit Spiegeleiern, Heringssalaten, Lachs und verschiedenen Brotsorten zu schwelgen. Dann aber haue ich „die Bremse rein“. Ab Tag drei gibt’s nur noch Joghurt und Obst. Schließlich will ich ja nicht am Ende der Reise neue Jeans kaufen müssen. Auch das Mittagessen lasse ich, bis auf eine Kleinigkeit, lieber aus – dann schmeckt es am Abend umso besser. „Zwar hab ich ja eigentlich für alles mit bezahlt“ – solche Gedanken gehen mir schon auch durch den Kopf. Ich schiebe sie aber entschlossen wieder weg.

Nach einem gemütlichen Seetag oder einem erlebnisreichen Landausflug freue ich mich also über die reichliche Auswahl vielfältiger Speisen in den Buffet-Restaurants. Sie sind mir ebenso lieb wie die Lokale mit Bedienung samt ihrer Bequemlichkeit. Jeden Tag kann ich mich neu zwischen Fisch und Fleisch, zwischen Gemüse und Salat, zwischen Nudeln, Kartoffeln, Reis oder für alles, von jedem ein bisschen, entscheiden. Ob es schmeckt, hängt selbstverständlich vom Chefkoch des jeweiligen Restaurants ab. Wie überall gibt es auch hier Unterschiede. Bis ich mit dem zweiten oder dritten Gang zurückkomme, ist der gebrauchte Teller abgetragen. Die Kellner sind da in der Regel sehr aufmerksam.

Besonders die Wahlmöglichkeiten bei den Hauptmahlzeiten schätze ich. Ich entscheide selbst zwischen unterschiedlichen Buffet-Restaurants, je nachdem ob ich eher klassisch deutsch, mediterran oder asiatisch speisen will. Und wenn ich es vornehmer will, buche ich eben zu verträglichen Preisen in einem der Restaurants, in denen ich bedient werde.

Wer sich mit dieser Regelung nicht so wohl fühlt, kann mit der Konkurrenz auf Reisen gehen. Da herrscht dann vielleicht ein noblerer Stil vor, wie man es sehr gut in den Serien „Traumschiff“ oder „Verrückt nach Meer“ beobachten kann. Mittag- und Abendessen kann, wer möchte, mit Bedienung genießen. Die Portionen der Menüs sind so bemessen, dass man sich nicht vor dem nächsten Gang zur Waage fürchten muss. Meist werden für den Abend Kleidungsvorschläge gegeben, insbesondere wenn Galaabend oder Käptns Dinner ist. Das Ereignis hat dann Stil und gefällt dem Publikum. Wer das nicht mag, kann eine andere Kreuzfahrtfirma auswählen, wo das Leben an Bord ungezwungener ist. Die Drinks in den verschiedenen Bars kosten oft extra. Man kann sie aber auch im Paket günstiger buchen. Bei einigen Reedereien sind alle Getränke im Gesamtpreis inbegriffen. Wie gesagt – was wem besser behagt, hängt vom persönlichen Geschmack und Bedürfnis ab.

Personal und Freundlichkeit

Überall fühle ich mich von der freundlichen Belegschaft verwöhnt. Manchmal wirkt das fast ein wenig aufgesetzt, denn die Belastung der Angestellten, die zum großen Teil von den Philippinen und aus anderen asiatischen Ländern kommen, ist für jeden, der die Augen aufmacht, sichtbar. Doch in den meisten Fällen scheint mir das Lächeln echt. Das fällt dem Personal vermutlich nicht immer leicht, denn Kreuzfahrtpassagiere sind manchmal sehr anspruchsvoll, ungeduldig bis unhöflich, leider sogar knickerig. Es gibt sogar Gäste, die das – bei manchen Reedereien - im Gesamtpreis enthaltene Personal-Trinkgeld verweigern, wobei sie sich auf ein entsprechendes Gerichtsurteil berufen. Von einer zusätzlichen finanziellen Anerkennung für besonders freundliche Dienste ganz zu schweigen. Sehr traurig.

Obwohl auch ich mich gern auf dem Schiff verwöhnen lasse, mache ich mir immer wieder Gedanken über die Arbeitssituation der Angestellten und frage mich, ob ich als Gast deshalb ein schlechtes Gewissen haben sollte. Man liest ja einiges darüber, wie sich Reedereien um das deutsche Arbeitsrecht drücken, indem sie unter sogenannten Billigflaggen fahren. Man kann als Mitreisender höchstens erahnen, wie lange die Arbeitszeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedenen Abteilungen – Nautik, Hotel, Technik – sind, wie eng die Gemeinschaftsunterkünfte sind, wie viele Monate diese Menschen von ihren Familien getrennt sind. Und man ahnt, dass sie nach deutschen Maßstäben wenig verdienen.

Auf der anderen Seite habe ich auch erfahren, dass auf einem Schiff innerhalb einiger Jahre relativ viel Geld angesammelt werden kann. Man hat erstens kaum Gelegenheit zum Ausgeben. Das Angesparte kann in der Heimat gut angelegt werden und trägt deshalb häufig zum sozialen Aufstieg bei. Durch das Währungsgefälle reicht es für ein Haus aus Stein statt einer Blechhütte, für ein Auto oder Motorrad als Basis für ein eigenes Start-up-Unternehmen oder für die Gründung einer Familie und die bessere Bildung der Kinder.

Im Übrigen haben auch das Führungspersonal des Schiffes, die Offiziere, Hotelmanager, Entertainmentchefs, ja sogar der Kapitän, eine Sieben-Tage-Woche und niemals eine geregelte Arbeitszeit, wie das viele aus dem Büroalltag kennen. Es ist immer etwas los. Entweder spielt das Wetter verrückt, ein alkoholisierter Gast zerlegt um Mitternacht eine Bar, ein Raucher löst in seiner Kabinendusche den Feueralarm aus oder der Lotse für den nächsten Hafen kommt im Morgengrauen an Bord oder die Mannschaft muss für eine Seenotrettung üben. Kreuzfahrtschiffe haben für alle – für Gäste wie für Dienstleistende - ihren eigenen Rhythmus und ihre eigenen Regeln.

Auch an Land bei uns gibt es übrigens nicht wenige Branchen, in denen die Arbeitsverhältnisse nicht fair sind – Erntehelfer, Groß-schlachtereien, Friseurgeschäfte, Restaurants zum Beispiel. Wer von uns geht mit ungutem Gefühl in ein Lokal essen oder verzichtet ganz darauf, nur weil und obwohl man weiß, dass auch in der besten Gastronomie oft miese Arbeitsbedingungen herrschen? Warum also nur die Kreuzfahrt schlecht reden?

Wenn ich mich mit der einen oder anderen Servicekraft unterhalte, entstehen oft nette Kontakte. Als ich einmal allein unterwegs war, suchte ich wiederholt denselben Tisch auf. Bald wurde ich wieder erkannt, nach meinem Namen gefragt und fortan vom zuständigen Ober und seinen Kollegen bestens betreut.

Ein Schiff für unterschiedliche Passagiere

Womit ich beim Thema „Alleinreisende“ angekommen bin. Allein zu verreisen ist ja für viele Betroffene eine echte Herausforderung. Bei einer Busfahrt kann es passieren, dass man jeden Tag allein oder aber neben einem unsympathischen Schwätzer beziehungsweise einer hypochondrischen Seniorin sitzt, und sich bei Tisch neben Paaren wie das fünfte Rad am Wagen fühlt. An Bord eines Schiffes ist das anders. Auf einigen Kreuzfahrtreisen kann man sich für jede Mahlzeit ein anderes Restaurant, einen anderen Tisch und neue Tischgenossen aussuchen. Bei anderen sorgt der Hoteldirektor für eine passende Nachbarschaft am Tisch. Und man kann das Angebot des Hotelmanagers annehmen, sich mit anderen Alleinreisenden beim Single-Treff bekannt zu machen und zum Essen oder zu den Ausflügen zu verabreden. Zumindest bei den Schiffen, die ich kenne, war das so. Es braucht also nur ein wenig Mut, nicht allein zu bleiben.

Ein Faktor für die Qualität einer Schiffsreise besteht im Verhältnis von verfügbaren Aufenthaltsflächen zur Zahl der Passagiere. Dieser Quotient ist beispielsweise bei Phoenix oder Mein Schiff höher als bei AIDA, deshalb sind auch die Reisen teurer. Bei anderen Reedereien sind die Reisen günstiger, der Raum für den Einzelnen dann auch kleiner. Doch das variiert von Schiff zu Schiff.

Aufgrund des – im Vergleich zu anderen organisierten Reisen – doch recht zahlreichen Servicepersonals, sind auch ältere und alte Menschen, solange sie gesund und selbständig sind, auf einem Schiff gut aufgehoben. Wenn sie sich einmal zurecht gefunden haben in dem anfangs verwirrenden Dschungel von Treppen, Gängen, Bug und Heck, Steuerbord und Backbord, Restaurants und Bars, können sie sich sozusagen im geschützten Raum des Schiffs bewegen, sich auf die Hilfsbereitschaft des Personals verlassen und mit Mitreisenden Kontakt aufnehmen. Betreutes Wohnen de luxe!

Mutter und Tochter, beide nicht mehr ganz jung, sah ich besonders häufig an Bord, aber auch erwachsene Söhne mit ihren alten Eltern – ein Schiff hält für alle Generationen etwas bereit. Die Familienmitglieder können leicht einmal getrennte Wege gehen, eigene Interessen verfolgen und sich später wieder treffen, erholt vom Stress des möglicherweise engen Beisammenseins in der Kabine.

Was mir außerdem immer wieder besonders angenehm auffiel, egal auf welchem Schiff ich unterwegs war, ist die relativ hohe Anzahl von Mitreisenden mit Handicap. Blinde Menschen orientieren sich an den Schildern mit Brailleschrift, und Rollstuhlfahrer können sich fast überall barrierefrei bewegen. Wo das nicht möglich ist, sind sofort hilfsbereite Mitarbeiter zur Stelle. Oft habe ich beobachtet, dass Rollstühle samt der zugehörigen Person mit vereinten Kräften von zwei bis vier Crewmitgliedern getragen wurden, zum Beispiel beim Tendern, wenn das Schiff nicht anlegen konnte und deshalb auf Reede lag, oder wenn die Pier nur über eine steile Gangway zu erreichen war. Die „Fußgänger“ haben derweil geduldig gewartet, bis der Weg für sie wieder frei war. Sehr entspannt alles! Bei Busreisen gibt es, im Vergleich dazu, zwangsweise weniger Personal, das, wenn nötig, einfach mal zupacken kann.

Kinder auf Kreuzfahrt – ist das zu empfehlen? Jein, würde ich sagen, es kommt auf das Schiff und auf das Ziel an. Mittelmeer im Sommer ist eher geeignet als Herbst in Nordnorwegen. Und ein Schiff mit Planschbecken und Rutsche ist besser als eins, wo die meisten Passagiere die Ruhe an Deck genießen wollen. Trotzdem, Kinder waren, zumindest bei meinen Reisen, immer willkommen. Und haben fast nie gestört. Ich hatte das Gefühl, dass sie zufrieden und glücklich waren mit all den Möglichkeiten, die ein Schiff so zu bieten hat. Gerne beobachte ich zum Beispiel die kleinen Gäste dabei, wie sie sich beim Frühstück von Theke zu Theke durchwuseln, sich dort ein Würstchen und ein Ei und hier ein Kuchenteilchen schnappen, dazu noch Limo am Automaten zapfen und alles kunstvoll auf einem Tablett zum Familientisch balancieren - sichtlich erfreut über etwas, das sie zu Hause niemals geboten kriegen. Die Kreuzfahrtunternehmen bemühen sich um den Nachwuchs als spätere Kunden. Für Kinder und Jugendliche gibt es oft überraschend günstige Preise. Animateure übernehmen die Betreuung tagsüber und bieten ein buntes Programm, sodass man von der ganzen Bande fast nichts merkt. Und nachts ist für die ganz Kleinen ein Babyfon in der Kabine eingeschaltet, sodass die Eltern gemeinsam das Abendprogramm und die Bars sorglos genießen können, solange sie wissen, dass ihr Kind schläft. Und wenn es ruft, sind sie gleich zur Stelle. Dass bei Phönix, wo das Publikum in der Regel älter ist, das Kinderprogramm nicht so reichhaltig ist, versteht sich von selbst. Und dass Expeditionsreisen in die Arktis oder Antarktis für Kinder nicht unbedingt geeignet sind, auch.

Welches Schiff? - Auswahlkriterien

Wer will im Urlaub ständig in einer Fremdsprache angesprochen werden? Nun ja, sicherlich diejenigen, die ins Ausland fahren, um dort Land und Leute näher kennen zu lernen und dabei ihre Sprachkenntnisse zu trainieren. Auf einem Schiff aber möchte ich mich nicht unbedingt wie im Ausland fühlen. Und deshalb bin ich froh, dass auf den Schiffen, die ich kennenlernte, Deutsch die erste Bordsprache war. Die philippinischen Kellner, die thailändischen Zimmermädchen sprechen zwar einfaches Englisch, lernen aber Deutsch, so gut das geht. Auf manchen Schiffen wird ihnen sogar Sprachunterricht in der Dienstzeit angeboten. Nicht nur das Servicepersonal, auch die Durchsagen des Kapitäns, die Ausflugsinformationen, die Lesungen, all das verstehe ich leichter in meiner Muttersprache. Mein Aufenthalt ist auf die Dauer einfach weniger anstrengend. Bei Costa und MSC ist, entsprechend der Herkunft der Firmen und des Publikums, italienisch bzw. englisch die Umgangssprache, bei den amerikanischen Schiffen wie Carnival Cruise oder Celebrity Cruise natürlich englisch. Zwar bemüht man sich, die Ansagen für die internationale Klientel mehrsprachig zu machen. Das führt jedoch leicht zu langen Reden, bis alle Sprachen durch sind.

Wer eine Kreuzfahrt plant, sollte sich also vor der Buchung klar darüber werden, wohin die Reise gehen soll und unter welchen Bedingungen man sich wohl fühlt. Je nachdem, ob man in südliche oder in nördliche Länder reist, ob man eine Städtereise oder eine Freizeitunternehmung wählt, entscheidet das gewählte Ziel auch über die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, über die Orte, die man besucht, über die Menschen, denen man begegnen wird. Wer nach Norwegen reist, muss wissen, dass es dort im Sommer kühl und regnerisch sein kann. Dafür sind die Abende hell und lang - und warm, wenn die Sonne scheint. Das Naturerlebnis - die Fjorde, Seen, Wasserfälle, Wälder, Berge - steht im Vordergrund. Aber auch interessante Städte werden angesteuert, deren Bauwerke, Museen und Bewohner einen Besuch wert sind.

Auch die Größe des Schiffs und der gebotene Luxus sind ein Auswahlkriterium. Auf ganz großen Exemplaren geht es unpersönlicher zu als auf kleineren. Die Einen bieten Bier, Tischwein und Softdrinks nur zum Essen inclusive an oder verkaufen Getränkepakete extra, bei anderen sind auch die meisten Getränke an den Bars im Preis inbegriffen. Unterschiede bestehen auch in Bezug auf die Länge der Liegezeiten im Hafen und bei den Showprogrammen. Es gibt vornehme Schiffe für Leute, die nicht auf den Euro schauen müssen, wie die Schiffe der Flotte von Hapag Lloyd. Wer sich in einem schwimmenden Casino vergnügen will, wird die amerikanischen Riesenpötte bevorzugen, die relativ günstige Reisen anbieten. Die sind aber mehr in der Karibik und weniger in Norwegen unterwegs. Und dazwischen gibt es viel Auswahl, auch Sonderangebote für den schmä-leren Geldbeutel.

Expeditionsreisen in den Norden haben in den letzten Jahren ein immer breiteres Publikum gefunden. Die Möglichkeit dazu bieten zum Beispiel die eistauglichen Schiffe von Hapag-Lloyd-Cruises. Sie sind klein genug, um auch in Fjorde oder in flachere Küstengewässer zu fahren, was natürlich seinen Preis hat. Für die bis zu 200 Passagiere stehen Naturbeobachtungen und Fotografieren im Vordergrund, Unterhaltungs- und Vergnügungsveranstaltungen sind nicht so angesagt.

Eine besondere Stellung unter Nordlandreiseanbietern nimmt die Postschifflinie “Hurtigruten AS“ ein (mehr dazu im Kapitel „Nordland“). Zwar kenne ich deren Schiffe nicht aus persönlicher Erfahrung, möchte sie aber hier in einem Norwegenreiseführer nicht unerwähnt lassen. Denn die berühmte Marke ist nach wie vor vom Geist des norwegischen Postschiffverkehrs umschwebt und macht damit kräftig Reklame, obwohl sie seit 2015 nicht mehr in norwegischer Hand ist, sondern von einer internationalen Kapitalinvestmentfirma aufgekauft wurde. Elf Schiffe sind derzeit noch auf der traditionellen Route entlang der norwegischen Küste unterwegs, wo sie an fast jedem Hafen anlegen, Post liefern und in Empfang nehmen, Passagiere ein- und aussteigen lassen und nach kurzer Liegezeit wieder weiter fahren. Hunde dürfen mitgeführt werden. Das einfachere Ambiente und der Verzicht auf den Schnick-Schnack anderer Kreuzfahrtlinien macht das Reisen mit Hurtigruten für viele interessant. Wer sich für diese Linie entscheidet, muss allerdings ein wenig mehr Geld ausgeben als beispielsweise auf klassischen Kreuzfahrtschiffen, obwohl das Unterhaltungs-, Ausflugs- und Informationsprogramm nicht so reichhaltig ist.

Hurtigruten AS hat sich in den letzten Jahren, im Zuge der wachsenden Arktisbegeisterung, neue Geschäftsfelder eröffnet und bietet nun auch Expeditionskreuzfahrten in die Arktis und Antarktis an, mit der Fram und der Nordstjernen zum Beispiel. Seit kurzem hat die Firma Konkurrenz bekommen. Havila fährt mit seinen neuen, umweltfreundlichen Schiffen auf der gleichen Route, ein wenig eleganter, ein wenig feiner, ein wenig teurer.

Und wer sich noch genauer informieren möchte, sollte die „Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten“ von Thomas Blubacher lesen. Das Buch enthält sehr amüsante und detaillierte Beschreibungen angesagter Schiffe!

Kreuzfahrt und Umwelt

„Aber diese Schiffe sind doch die reinsten Dreckschleudern!“ So oder so ähnlich höre ich viele meiner Bekannten sprechen, um zu begründen, warum sie niemals so eine Kreuzfahrt unternehmen würden. Der Vorwurf, dass Kreuzfahrtschiffe viel zu viel Schadstoffe und Feinstaub ausstoßen, ist neuerdings fast immer Thema bei Diskussionen über Ökologie und Umweltverträglichkeit im Kreuzfahrtgeschäft. Deshalb hier noch ein paar Worte dazu.

Leider wird im Zuge der Kritik vieles vereinfacht und eher oberflächlich behandelt. Ich fand sehr widersprüchliche Informationen dazu und bin schließlich zu folgendem Ergebnis gekommen: Der Schadstoffausstoß in der Schifffahrt – und zwar in der gesamten Schifffahrt - ist auf jeden Fall in Bezug auf den Klimawandel ein ernst zu nehmendes Problem. Aber wenn sogar seriöse Medien wie die Süddeutsche Zeitung und der NDR durchwegs mit dem allgemeinen Begriff „Dreckschleudern“ auf Kreuzfahrtschiffe losgehen, dann ist das undifferenziert und irreführend. Die Berichterstattung zum Thema greift dabei die aufgeregten Beobachtungen von Vereinen, denen es nicht nur um die Umwelt sondern auch um Spenden geht, gläubig auf. So werden zum Beispiel Behauptungen von Vertretern des Naturschutzbundes Deutschland übernommen und gebetsmühlenartig wiederholt, ohne deren Messungen, Berechnungen und Schlussfolgerungen einer kritischen, wissenschaftlich sauberen Prüfung zu unterziehen. Wissenschaftler und Journalisten, die genauer hinschauen, finden dabei oft interessante Gegenargumente.

Mich ärgert, dass es die Medien mit ihrer Kritik häufig darauf anlegen, bei den Kreuzfahrtreisenden ein schlechtes Gewissen zu erzeugen und ihnen den Urlaub zu vermiesen, ohne danach zu fragen, wie diese vielleicht ihren persönlichen Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem sie Fernflüge vermeiden, mit dem Zug statt mit dem Flieger anreisen, zuhause das Fahrrad statt den PKW nutzen und beim Lebensmittelkauf auf regionale Waren setzen. Angesichts der Anzahl von derzeit knapp 400 Kreuzfahrtschiffen weltweit (Januar 2022), weniger als 0,5 % der 95.000 Fracht-, Passagier- und Serviceschiffe auf den Weltmeeren (Angabe Umweltbundesamt 2019), sollte das Thema „Umwelt und Kreuzfahrt“ etwas gelassener betrachtet werden. Kreuzfahrtschiffe nehmen heute eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung und Einführung sauberer und nachhaltiger Antriebe ein, die auch für die restlichen 99,5% der Seeschifffahrt eine Richtschnur sein können.

Nicht im Blick haben einige Naturschützer und Journalisten zudem häufig, dass Umweltschutz in der Schifffahrt mehr ist als die Wahl des Treibstoffs. Er umfasst nämlich auch die Müllvermeidung und - entsorgung, die Wasserzubereitung, die Klärung des Abwassers, die Lebensmittelverschwendung. Auf diesen Feldern zumindest sind die meisten Kreuzfahrtschiffe heute auf einem guten Weg.

Franz Neumeier hat auf seiner Website www.cruisetricks.de seit Jahren die Fakten zum Thema Kreuzfahrt und Ökologie recherchiert und veröffentlicht. Wer mehr wissen möchte, mag dort unter dem Link „Umweltschutz in der Kreuzfahrt“ nachsehen.

Noch ein Problem soll nicht verschwiegen werden: Schwierig aus Sicht der betroffenen Bevölkerung ist es, wenn mehrere Schiffe gleichzeitig in kleinen Häfen anlegen und tausende von Kreuzfahrtpassagieren in einen kleinen Ort strömen, um dort die Souvenirlä-den, Cafés und Boutiquen zu stürmen. Doch auch hier muss man genauer hinschauen, um sich ein Urteil bilden zu können. Zum Einen besteht der moderne Massentourismus, der aus verschiedenen Gründen zu Recht kritisch zu sehen ist, nicht nur aus Schiffspassagieren. In Venedig machten diese zum Beispiel vor der Coronakrise nur etwa 5% Prozent der knapp 30 Millionen Touristen pro Jahr aus. Zum anderen stimmt es nicht, dass nichts an ihnen verdient ist, weil sie ja an Bord essen und trinken. Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, wird sehen, wie viele ihr Geld dalassen, nicht zum Nachteil der Einwohner, auch wenn sicherlich nicht alle davon profitieren. Und drittens haben Schiffsreisende den Vorteil, dass sie auf ihrem Schiff schlafen – und nicht, mit Hilfe von airbnb, den Menschen, die in Venedig, Dubrovnik, Barcelona oder Oslo wohnen, die knappen Mietwohnungen wegschnappen.