Nur eine Affäre mit dem Boss? - Maya Blake - E-Book

Nur eine Affäre mit dem Boss? E-Book

Maya Blake

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Beschreibung

Ein Diamantarmband, eine kostbare Halskette mit Saphiranhänger, vier üppige Blumenbouquets: Zu ihrem Geburtstag wird Sienna von ihrem Boss und Liebhaber Emiliano Castillo noch mit extravaganten Geschenken überhäuft. Aber kurz darauf scheint ihr märchenhaftes Glück mit dem feurigen argentinischen Geschäftsmann schon wieder vorbei. Kaum wünscht sie sich, dass er ihre Beziehung endlich öffentlich macht, schimmert in seinen Augen statt Zärtlichkeit plötzlich ungewohnte Kälte. Zutiefst verletzt erfährt sie von seinem schockierenden Geheimnis …

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Seitenzahl: 203

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2017 by Maya Blake Originaltitel: „The Boss’s Nine-Month Negotiation“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2313 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Kara Wiendieck

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733711603

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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PROLOG

Nichts hatte sich in den vergangenen sechs Jahren verändert.

Emiliano Castillo überraschte sich selbst, dass er überhaupt dem Gedanken nachhing, es könne sich irgendetwas geändert haben. War nicht gerade das eherne Festhalten an Traditionen und Gewohnheiten der Grund gewesen, seiner Familie den Rücken zu kehren?

Während der Chauffeur die Limousine unbeirrt in Richtung seines Elternhauses lenkte, zwang Emiliano sich, den Blick stur geradeaus zu halten und nicht die sich links und rechts der Straße erstreckenden endlosen Weiden und Koppeln zu betrachten, auf denen die preisgekrönten Pferde der Familie grasten und trainiert wurden. Verwundert stellte er jetzt fest, dass die sonst so belebten Ländereien seltsam verlassen wirkten.

Emiliano plante, seinen Ausflug zu dem Anwesen der Castillos in der Nähe von Cordoba so kurz wie möglich zu halten. Nur aus Respekt für seinen älteren Bruder Matias war er überhaupt gekommen. Wäre Matias in der Lage gewesen zu sprechen, hätte Emiliano ihn gebeten, ihren Eltern laut und deutlich seine Weigerung zu übermitteln.

Leider befand Matias sich nicht in der Lage, dergleichen zu tun.

Als er an den Grund dafür dachte, verhärtete sich seine Miene. Zum Glück blieb ihm keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn in diesem Moment hielt der Wagen vor dem Hauptportal der Villa, in der viele Generationen von stolzen und eigensinnigen Castillos gelebt hatten.

Während er die Stufen erklomm, erwiderte er die Begrüßung eines grauhaarigen Butlers. An diesen Angestellten konnte er sich gar nicht erinnern, worüber er eine gewisse Dankbarkeit empfand. Auf weitere Begegnungen, die Erinnerungen auslösten, konnte er gut verzichten – immerhin hatte er genug dafür getan, sie zu verdrängen.

Emiliano erlaubte sich nur einen flüchtigen Blick auf die Umgebung seiner Kindheit, auf das massive Treppengeländer, das er immer hinuntergerutscht war, auf die antike Vitrine, an der er sich bei einem Zusammenstoß das Schlüsselbein gebrochen hatte.

Damals hatte er Zeit für all das gehabt, weil er nicht der Erstgeborene war. Er hatte tun und lassen können, was er wollte, denn in seiner Familie hatte nur eine Person gezählt: Matias. Allerdings hatte er erst als Teenager begriffen, was das wirklich bedeutete.

Er überprüfte die Knöpfe seines Einreihers, wandte den Blick in Richtung Boden und folgte dem Butler in den weitläufigen, von hellem Sonnenschein durchfluteten Salon.

Seine Eltern saßen auf zwei identischen Lehnstühlen, die im Thronsaal von Versailles nicht weiter aufgefallen wären. Und so benahmen sich Benito und Valentina auch – wie die Beherrscher der Familie Castillo.

Beide musterten ihn jetzt mit derselben hochmütigen Miene. Aber hinter der kühlen Fassade erhaschte Emiliano noch etwas anderes. Nervosität. Verzweiflung.

Er schob die Beobachtung beiseite, machte einen Schritt vorwärts und küsste seine Mutter auf beide Wangen.

„Mama, ich hoffe, es geht dir gut?“

Ihre Miene veränderte sich nur solange, wie sie brauchte, um ihn von Kopf bis Fuß zu betrachten, dann erschien auf ihrem Gesicht wieder der Ausdruck stolzer Überlegenheit. „Natürlich. Aber es würde mir noch besser gehen, wenn du auf unseren ersten Versuch reagiert hättest, mit dir Kontakt aufzunehmen. Aber, wie immer, hast du dich entschieden, die Dinge dann zu erledigen, wann es dir passt.“

Emiliano biss die Zähne zusammen und verkniff sich jeden Kommentar. Stattdessen bedachte er seinen Vater mit einem Nicken, bekam ein ebenso knappes Nicken zurück und setzte sich in einen der bereitstehenden Sessel.

„Jetzt bin ich hier. Sollen wir darüber sprechen, weshalb ihr mich herzitiert habt?“, fragte er und lehnte den Drink ab, den der Butler ihm anbot.

Die Mundwinkel seines Vaters zuckten. „Sí, immer in Eile. Immer gibt es einen anderen Ort, an dem du eigentlich sein müsstest, richtig?“

Emiliano atmete sehr langsam aus. „Tatsächlich ist das der Fall.“ Zu Hause in London befand er sich inmitten einer Bieterschlacht um eine revolutionäre Social Media Anwendung. Die Programmierer der Anwendung wurden von mindestens einem Dutzend anderer Risikokapitalgeber belagert. Obwohl seine Firma die größte von allen war, durfte er nicht vergessen, dass er auch einmal der Außenseiter gewesen war, bevor eine extrem waghalsige Investition ihn zu phänomenalem Erfolg katapultiert hatte. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen.

Außerdem musste er sich um die letzten Feinheiten der Geburtstagsüberraschung kümmern, die seine Eventplanerin für Sienna Newman zusammengestellt hatte.

Seine Vizepräsidentin.

Seine Geliebte.

Gedanken an die Frau, deren Intellekt ihn tagsüber auf Trab hielt und deren Körper ihn nachts glühende Leidenschaft erleben ließ, durchdrangen die bitteren Erinnerungen an seine Kindheit. Anders als seine bisherigen Liebschaften, war sie nicht leicht zu erobern gewesen. Ihr Zögern, ihm überhaupt ein bisschen Zeit außerhalb des Büros zu schenken, hatte sein Blut in den Monaten zum Kochen gebracht, bevor sie ihm auch nur erlaubte, sie zum Dinner auszuführen.

In stillen Momenten erschreckte es Emiliano, was für Veränderungen er in seinem Leben vorgenommen hatte, um seine Geliebte glücklich zu machen. Sienna reagierte darauf allerdings sehr zurückhaltend.

Mit hochgezogenen Augenbrauchen blickte er seine Eltern fragend an und ließ ihren stummen Tadel selbstbewusst von sich abprallen. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, dass nichts, was er tat oder sagte, an ihrer Einstellung ihm gegenüber etwas ändern würde. Er war der Ersatzerbe, den sie gezeugt, aber nie gebraucht hatten. Sein Platz befand sich auf der Bank – er bekam Nahrung und Kleidung, aber darüber hinaus gab es nichts für ihn zu tun. Deshalb hatte er sein Zuhause verlassen und aufgehört, sich um die Aufmerksamkeit seiner Eltern zu bemühen.

„Wann hast du deinen Bruder das letzte Mal besucht?“, fragte seine Mutter. Als sie Matias erwähnte, brach für einen Moment ihre verschlossene Miene auf und zeigte echte Gefühle.

Die Frage ließ ihn automatisch an den momentanen Zustand seines Bruders denken. Er lag in einem Krankenhaus in der Schweiz im Koma und zeigte beunruhigend wenig Zeichen von Gehirnaktivität.

Brüsk schob Emiliano die aufsteigende Traurigkeit beiseite und zupfte einen Fussel vom Ärmel seines Jacketts. „Vor zwei Wochen. Und davor alle zwei Wochen seit seinem Unfall vor vier Monaten“, erwiderte er.

Seine Eltern tauschten einen überraschten Blick aus. Er unterdrückte den Drang zu lachen. „Wenn das alles ist, was ihr wissen wolltet, hättet ihr mir eine Mail schicken können.“

„Das ist nicht alles. Aber wir finden es … beruhigend, dass die Familie dir noch etwas bedeutet, obwohl du uns ohne einen Blick zurück verlassen hast“, sagte Benito.

Die feinen Härchen in Emilianos Nacken richteten sich auf. „Beruhigend? Dann sollten wir wohl feiern, dass ich endlich einmal etwas richtig gemacht habe, oder? Wollt ihr mir nicht endlich sagen, weshalb ich hier bin?“

Benito griff nach seinem Glas, betrachtete den Inhalt einige Sekunden, bevor er plötzlich den Kopf in den Nacken legte und es in einem Zug leerte. Das war so untypisch für den stets auf seine Haltung bedachten Vater, dass Emiliano ihn beinahe mit offenem Mund angestarrt hätte.

Mit einem lauten Knall stellte Benito das Glas ab. „Wir sind pleite. Vollkommen mittellos. Uns steht das sprichwörtliche Wasser bis zu Hals.“

„Wie bitte?“ Emiliano wusste nicht, was ihn mehr verunsicherte, die Wortwahl seines Vaters oder sein seltsames Verhalten.

„Du möchtest, dass ich mich wiederhole? Warum? Damit du dich an unserem Unglück weiden kannst?“, fuhr Benito ihn an. „Na schön. Die Polo Firma, die Pferdezucht, alles ist gescheitert. Seit drei Jahren schreiben wir rote Zahlen … seit Roberto Cabrera uns hier in Cordoba Konkurrenz macht. Wir haben mit Cabrera gesprochen, und er hat unsere Schulden übernommen. Jetzt verlangt er seine Kredite zurück. Wenn wir bis Ende nächsten Monats nicht bezahlt haben, wirft er uns aus dem Haus.“

„Wie kann das sein? Cabrera hat keine Ahnung von Pferdezucht. Das Letzte, was ich über ihn gehört habe, war, wie stümperhaft er sich im Immobilienhandel anstellt. Außerdem zählt Castillo Estate zu den führenden Gestüten und Polo-Trainingscamps in ganz Südamerika. Wie könnt ihr am Rande des Bankrotts stehen?“

Seine Mutter wurde kreidebleich, während sie gleichzeitig ein Spitzentaschentuch so fest knetete, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. „Pass auf, was du sagst, junger Mann.“

Emiliano atmete scharf ein, hielt die weiteren Spitzen zurück, die ihm auf der Zunge lagen, und wählte seine Worte vorsichtig. „Erklärt mir, wie es zu dieser Situation gekommen ist.“

Sein Vater zuckte die Schultern. „Du kennst das Geschäftsleben … du weißt, wie diese Dinge passieren. Ein paar schlechte Investitionen hier und da …“

Ungläubig schüttelte Emiliano den Kopf. „Matias war … ist ein scharfsinniger Geschäftsmann. Niemals hätte er die Firma an den Rand des Ruins getrieben, ohne die Verluste irgendwie aufzufangen oder einen Weg zu finden, die Finanzen wieder auf Kurs zu bringen. Und auf jeden Fall hätte er mir davon erzählt …“ Er hielt inne, als seine Eltern einen weiteren Blick tauschten. „Ich glaube, ihr solltet mir endlich sagen, was hier wirklich vorgeht. Ich nehme an, ihr habt mich gerufen, weil ihr meine Hilfe braucht?“

Einen Moment blitzte glühender Stolz in den Augen seines Vaters auf, dann blinzelte er und nickte.

„Dann erzählt mir alles.“

Lange Sekunden schwiegen beide eisern, dann griff sein Vater nach einem Tablett, das Emiliano bislang nicht bemerkt hatte. „Dein Bruder hat eine Nachricht für dich aufgezeichnet. Vielleicht verstehst du die Lage dann besser.“

„Eine Nachricht?“, fragte er stirnrunzelnd. „Wie das? Matias liegt im Koma.“

„Daran brauchst du uns nicht zu erinnern“, sagte Valentina. „Er hat die Nachricht vor seiner Gehirnoperation aufgenommen, nachdem die Ärzte ihm ihre Prognose gestellt haben.“

Emiliano hörte den Schmerz in ihrer Stimme, sah die Traurigkeit in ihren Augen. Nicht zum ersten Mal in seinem Leben fragte er sich, weshalb diese tiefen Gefühle für seinen Bruder nie auch für ihn gereicht hatten.

„Das war vor zwei Monaten. Warum erzählt ihr mir erst jetzt von dieser Nachricht?“

„Wir hielten es nicht für notwendig.“

Allmählich spürte er, wie ihm die Kontrolle über seine Gefühle entglitt. Abrupt stand er auf. Mit schnellen Schritten ging er auf seinen Vater zu und streckte die Hand nach dem Tablett aus. Benito reichte ihm das Gerät.

Auf dem Bildschirm war das Gesicht seines Bruders eingefroren, wie er im Krankenbett lag, einen Verband um den Kopf. Bei dem Anblick verspürte er ein Ziehen in seiner Brust. Matias war der einzige Mensch, der ihn nicht verachtete, weil er nur der Zweitgeborene war. Er unterdrückte das Zittern, das ihn beim Anblick des blassen und hageren Gesichts seines Bruders auf dem Bildschirm überkam. Emiliano kehrte zu seinem Sessel zurück und startete die Aufzeichnung.

Die Nachricht dauerte zehn Minuten.

Mit jeder Sekunde des Videos, mit jedem Wort, das sein Bruder sprach, wuchsen Schock und Verwirrung in Emiliano. Als die Aufzeichnung zu Ende war, hob er den Kopf und blickte in zwei Gesichter, die jetzt weniger gleichgültig und dafür umso besorgter wirkten.

„Seid ihr … ist das wahr?“, fragte er.

„Du hast die Worte von den Lippen deines Bruders gehört und zweifelst trotzdem an ihnen?“, erwiderte sein Vater.

„Ich bezweifle nicht, was Matias sagt. Ich will wissen, ob ihr wirklich die Millionen verspielt habt, von denen ihr genau wusstest, dass die Firma sie nicht besitzt?“

Sein Vater schlug mit der Hand auf den Tisch. „Castillo Estate gehört mir!“

„Sie ist auch Matias’ Erbe! Zumindest habt ihr ihm das seit dem Tag seiner Geburt eingetrichtert, war es nicht so? Hat er sich nicht aus genau diesem Grund den Rücken krumm geschuftet, um die Firma zum Erfolg zu führen? Weil ihr ihn unter Druck gesetzt habt, jeden Preis für den Erfolg zu bezahlen?“

„Ich bin kein Tyrann. Was er für Castillo Estate getan hat, hat er aus freien Stücken getan.“

Es gelang Emiliano gerade noch, das Schimpfwort zurückzuhalten, das ihm auf der Zunge lag. „Und ihr habt es ihm gedankt, indem ihr hinter seinem Rücken die Profite verjubelt habt?“

„Der Deal, den wir mit Cabrera ausgehandelt haben, sah wie eine sichere Sache aus.“

„Eine sichere Sache? Ihr seid von einem Mann übervorteilt worden, der eine leichte Beute aus einer Meile Entfernung wittert.“ Emiliano starrte auf den Bildschirm. Noch immer konnte er die Geschichte nicht begreifen, die Matias ihm gerade erzählt hatte. Bankrott. Mittellosigkeit für seine Eltern. Absurde Versprechungen. Und das Bedauern, dass die Last nun auf Emilianos Schultern ruhte.

Er dachte an das Flehen in Matias’ Augen und seinen ernsten Tonfall, bitte nicht die Familie im Stich zu lassen.

Diese letzte Bitte war es, die Emiliano mehr als alles andere davon abhielt, einfach durch die Tür zu spazieren. Auch wenn das, worum Matias ihn bat, so absurd war, dass er sich insgeheim fragte, weshalb er sich nicht vor Lachen auf dem Boden wand.

Weil nämlich jedes einzelne Wort stimmte. Das konnte er in den Augen seiner Eltern lesen.

„Ihr meint das wirklich ernst, oder? Ihr habt ausgehandelt, dass Matias Cabreras Tochter heiratet, wenn der Deal platzt und die Kredite fällig werden?“ Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Ist sie nicht noch ein Kind?“

Einen Moment stieg das Bild eines Mädchens mit Zöpfen vor seinem geistigen Auge auf, das bei einem Besuch über die Ranch stürmte. Matias hatte sich, wie es seine Art war, rührend und geduldig um Graciela Cabrera gekümmert. Aber Emiliano war zu sehr in seine eigenen Träume von Flucht versunken gewesen, dass er sich abgesehen von ein paar Satzfetzen bei Tisch kaum an sie erinnern konnte.

„Sie ist dreiundzwanzig“, antwortete seine Mutter. „Sie hatte ein paar wilde Eskapaden, die ihren Eltern mehr graue Haare beschert haben, als ihnen lieb war. Aber mittlerweile ist sie reifer und ruhiger geworden. Matias mochte sie am liebsten, natürlich, aber auch an dich denkt sie gerne zurück.“

„Es ist mir völlig egal, wie sie an mich denkt. Was mir Sorgen bereitet, ist, dass nichts an dieser Vereinbarung irgendwelche Alarmglocken bei euch zum Schrillen gebracht hat!“ Innerlich kochte er. Nach sarkastischen Spitzen war ihm nicht mehr zumute. „Von einem angeblichen Freund der Familie!“

Zum ersten Mal wirkte sein Vater peinlich berührt. Doch der Gesichtsausdruck hielt nicht lange an. Gleich darauf fasste er sich wieder – wie es typisch für einen Castillo war.

„Was passiert ist, ist passiert, Emiliano. Die Bürde, das Vermögen der Familie wiederzubeschaffen, ruht jetzt auf deinen Schultern. Cabrera hat allerdings klargestellt, dass er nur eines will. Entweder du heiratest Graciela oder du kannst dich zurücklehnen und mit ansehen, wie deine Mutter und ich alles verlieren.“

1. KAPITEL

Sienna Newman trat aus der Dusche, trocknete sich ab und löste den strengen Dutt, mit dem sie ihre schwarzen Haare den ganzen Tag festgesteckt hatte. Mit einer Hand fuhr sie über den mit Wasserdampf beschlagenen Spiegel. Unwillkürlich schenkte sie sich selbst ein Lächeln.

Schwester Margaret aus dem Waisenhaus, in dem Sienna die meiste Zeit ihrer Kindheit verbracht hatte, hatte ihr oft gesagt, sie solle dankbar sein für das, was sie besaß. Natürlich hatte sie damit nicht gemeint, dass sie sich treuherzig selbst im Spiegel anlächelte. Die Matriarchin des Waisenhauses wäre bestimmt nicht mit dem sündigen Schauer einverstanden gewesen, der ihren Körper durchlief, während sie teure und luxuriöse Lotion auf ihrer Haut verteilte. Vorfreude durchströmte sie, wenn sie daran dachte, was der Abend für sie bereithielt. Deshalb war es gut, dass Schwester M, wie die Kinder sie immer genannt hatten, heute nicht hier war und nichts von ihrem kleinen Sündenfall mitbekam.

Heute feierte sie ihren achtundzwanzigsten Geburtstag. Und der Tag hatte auf spektakuläre Weise begonnen. Vier gigantische Bouquets aus Callas und weißen Rosen waren zwischen neun und zwölf Uhr an ihren Schreibtisch ins Büro geliefert worden. Jeder Strauß wurde begleitet von einem atemberaubenden Geschenk. Die Schönheit des mit Diamanten besetzten Armbands, das um elf Uhr geliefert wurde, wurde nur noch übertroffen von der hinreißenden Halskette mit Saphiranhänger und passenden Ohrringen um zwölf. Als noch fantastischer als die Geschenke empfand sie die von Emiliano handgeschriebenen Karten, die jedem Päckchen beigelegt waren. Das Gekritzel war genauso kantig und dynamisch wie der Mann. Er gebrauchte weder romantische noch blumige Worte, aber die Intimität der kurzen Texte hatte sie tief berührt.

Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen kulinarischer Genüsse. Angefangen bei mit essbarem Gold bestäubter Schokolade, dann Kaviar und schließlich einem Cupcake mit einer Glasur aus pink- und silberfarbenem Zuckerguss – darauf eine einzelne Kerze, die sie auspusten und sich dabei etwas wünschen sollte.

Und sie hatte sich etwas gewünscht. Der Wunsch hatte sich bereits vor einiger Zeit in ihr Herz geschlichen und war dort mit jedem Tag gewachsen. Vor ungefähr drei Monaten nämlich war ihr aufgefallen, dass sie seit fast einem Jahr eine Beziehung mit Emiliano führte.

Der einzige Wehrmutstropfen an diesem wundervollen Tag bestand darin, dass sie wieder einmal den unzähligen neugierigen Fragen ihrer Arbeitskollegen nach ihrem Liebesleben ausweichen musste. Denn obwohl sie es genossen hatte, die extravaganten Geburtstagsgeschenke zu bekommen, hatte Emiliano sich rücksichtslos über ihren Wunsch hinweggesetzt, ihre Beziehung geheim zu halten.

Nach einer hitzigen Debatte über das Thema waren sie im Schlafzimmer gelandet, wo er seinen Unmut auf sehr leidenschaftliche Weise demonstrierte.

Und es gab noch einen Wehrmutstropfen: Wirklich perfekt wäre ihr Geburtstag nur gewesen, wenn Emiliano auch da gewesen wäre. Oder sie zumindest angerufen hätte. Aber er hatte nur eine Mail geschickt, in der er ihr zum Geburtstag gratulierte und schrieb, dass er nun an Bord seines Flugzeugs gehe, das ihn von Argentinien zurück nach England bringen würde. Auch wenn sie sich freute, dass die zusätzlichen vier Tage endlich vorüber waren, um die er seinen Abstecher verlängert hatte, sehnte sie sich danach, seine Stimme zu hören. Ja, sie sehnte sich so sehr danach, dass sie ihn angerufen hatte, kaum dass sie das Penthouse betreten hatte – nur um mit seiner Mailbox verbunden zu werden. Genauso war es ihr mit den meisten ihrer Anrufe in den vergangenen drei Tagen ergangen. Bei dem einzigen Mal, dass er mit ihr gesprochen hatte, hatte er sich brüsk und einsilbig geäußert.

Sie zog Unterwäsche und das neue Kleid an, nach dem sie Stunden gesucht hatte, bevor sie es in einem winzigen Laden in SoHo entdeckt hatte. In dem blutroten ärmellosen Kleid kam ihre leichte Sonnenbräune besonders gut zur Geltung, die sie von ihrem Ausflug nach St. Tropez vor einigen Wochen hatte retten können. Sienna legte die neue Kette und die Ohrringe an und schlüpfte in neue schwarze Stilettos. Trotz der dazugewonnenen Zentimeter reichte sie noch nicht an Emilianos einszweiundneunzig heran, doch die Steigerung ihres Selbstbewusstseins war auch ganz nett.

Langsam atmete sie aus und ignorierte die hinterlistige Stimme in ihrem Kopf, die beharrlich wiederholte, dass sie bisher alles in ihrem Leben – abgesehen von ihrer Karriere – irgendwann verloren hatte. Mit ihrer Beziehung zu Emiliano würde es ihr nicht anders ergehen. Sie sprühte Parfüm hinter die Ohren, griff nach Clutch und Stola und wandte sich in Richtung Tür.

Bei dem Gedanken daran, sich heute Abend mit Emiliano in der Öffentlichkeit zu zeigen, spürte sie Nervosität, Aufregung und auch ein bisschen Furcht in sich aufsteigen. Auch wenn sie ihren Streit nie wirklich beigelegt hatten, verhielt er sich in letzter Zeit ziemlich besitzergreifend. Fast kam es ihr vor, als wolle er sie mit seinen offensiven Zärtlichkeiten bewusst provozieren. Doch da sie keinen weiteren Streit heraufbeschwören wollte, hatte sie bislang nicht protestiert. Insgeheim musste sie sogar zugeben, dass sie sein Imponiergehabe ein bisschen genoss.

Unvermittelt meldete sich ihr Handy. Emilianos Name erschien auf dem Display.

Kleine Planänderung. Wir essen zu Hause. Habe mich um Restaurantbestellung gekümmert. Passt dir das? E.

Mit jedem gelesenen Wort wurde ihr Lächeln größer. Hastig schrieb sie zurück.

Das passt sehr gut. Kann es kaum erwarten, dich zu sehen! XXX

Sie drückte auf ‚senden‘ und beobachtete die kleine Blase auf dem Bildschirm, die anzeigte, dass ihre Nachricht gelesen wurde. Dann wartete sie. Er antwortete nicht.

Sienna schluckte, verstaute ihr Handy in der Clutch und verließ das Schlafzimmer.

Das Restaurant, in dem sie reserviert hatten, befand sich ungefähr zwei Meilen von dem Penthouse in Knightsbridge entfernt, in dem sie mit Emiliano wohnte. Wenn Emiliano bereits mit ihrem Lieblingskoch telefoniert hatte, befand sich das Essen vermutlich schon auf dem Weg.

Sie ging durch den wunderschön dekorierten Flur und das großzügige Wohnzimmer ins Esszimmer. Butler Alfie deckte gerade den Tisch.

Er blickte auf und lächelte, als er sie sah. „Guten Abend.“

Sienna erwiderte das Lächeln und deutete mit einem Kopfnicken auf den Tisch. „Emiliano hat Sie schon in die Planänderung eingeweiht.“

„Stimmt. Außerdem hat er mir die Nacht freigegeben“, erwiderte er grinsend. „Ich warte nur noch auf das Essen, dann lasse ich Sie alleine, damit Sie Ihren Geburtstag feiern können.“

Sie kämpfte gegen die Röte an, die sich auf ihren Wangen ausbreiten wollte, und erinnerte sich an einen anderen trockenen Kommentar des Butlers vor einigen Monaten. Seit sie bei Emiliano eingezogen war, hatte er gemeint, sei er in den Genuss vieler freier Nächte gekommen. „Danke.“

Alfie nickte und kümmerte sich wieder um das Geschirr. Weil sie ihn nicht stören wollte, schlenderte sie zurück ins Wohnzimmer. Die Einrichtung orientierte sich an Luxus und Gemütlichkeit. Die Strenge der schiefergrauen Sofas, passenden Tische und der weißen Wände wurde durch dunkle, in einem warmen Goldton schimmernde Kissen und Teppiche aufgebrochen. Im alles dominierenden Kamin flackerte ein Feuer, das dem trüben Novemberwetter eine wunderbar herbstliche Note entgegensetzte.

Langsam ging Sienna zum Kamin hinüber und betrachtete das einzelne gerahmte Bild, das dort stand. Ein Selfie, das sie vor drei Monaten von Emiliano und sich gemacht hatte. Es war in einem dieser seltenen Momente entstanden, in denen sie alle Vorsicht über Bord geworfen hatte. Auch deshalb empfand sie das Foto als etwas ganz Besonderes. An jenem Tag hatten sie den Morgen und den Nachmittag mit leidenschaftlichen Liebesspielen im Bett verbracht. Erst am frühen Abend waren sie zu einem Spaziergang im nahe gelegenen Park aufgebrochen. Dort hatte sie ihm dann erzählt, wie traurig es sie stimmte, dass sie keinerlei Fotos von ihrer Kindheit im Waisenhaus besaß. Emiliano hatte darauf bestanden, den Augenblick zu nutzen und eine neue Erinnerung zu schaffen. Und auch wenn er nicht direkt in die Kamera blickte – allzu tief hatten sich seine lebenslangen Bemühungen, den Linsen der Paparazzi auszuweichen, in sein Verhalten eingegraben –, hatte er doch für dieses Bild mit ihr posiert. Das Foto zeigte also Emiliano, wie er sie anschaute, während sie direkt in die Kamera blickte – errötend und ein wenig unsicher wegen seines unverhohlen begehrlichen Blicks.

Anschließend hatte er das Foto kurz betrachtet, verkündet, dass es ihm gefiel, es ausgedruckt, gerahmt und auf den Kaminsims gestellt.

Sienna starrte auf das Profil des Mannes, der ihre Tage und Nächte beherrschte, ihren Chef, der trotz ihrer vielen Proteste die Regeln seiner eigenen Firma geändert hatte, um mit ihr ausgehen zu dürfen.

Und noch etwas hatte er geändert: Er war mit ihr zusammengezogen. Genau deshalb wagte Sienna zu glauben, dass es in ihrer Beziehung mehr gab als Sex und Erotik. Darum hoffte sie auf mehr. Sie hatten nie darüber gesprochen, eine Familie zu gründen – ein Thema, das aufgrund ihrer jeweiligen Geschichte für sie beide absolut tabu war.

Soweit sie wusste, konnte man seine Beziehung zu seinen Eltern bestenfalls als angespannt beschreiben. Allerdings hatte sie auch miterlebt, wie er nach dem Unfall seines Bruders vor vier Monaten am Boden zerstört war. Und jedes Mal, wenn sie Emiliano bei seinen Besuchen in die exklusive Privatklinik in der Schweiz begleitete, in der sein Bruder Matias nach seiner Gehirnoperation im Koma lag, sah sie seinen Kummer und Traurigkeit.

Ihre Geschichte war eine andere. Sie besaß keine Vergangenheit, über die sie sprechen konnte. Also schwieg sie darüber.

Gerade als sie das Bild auf den Sims zurückstellte, hörte sie, wie das elektrische Schloss der Penthousetür geöffnet wurde. Bestimmt war es Alfie, der die Essenlieferung entgegennahm.

Plötzlich klopfte ihr das Herz bis zum Hals, weil sie Emiliano unvermittelt an der Tür entdeckte.