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Zum Buch ‹Ob die Granatbäume blühen› ist Gerhard Meiers Gedenkbuch für seine verstorbene Frau Dora. In diesem persönlichsten Text Meiers tritt der Autor erstmals in der ersten Person in Erscheinung. Der monologische Text beginnt nüchtern mit rapportierten Lebensstationen, aber bald wird er zu einer intensiven Zwiesprache, der Dialog mit seiner geliebten Dorli setzt sich über ihren Tod hinaus fort, die Grenzen zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem verschwinden. Der letzte Text Meiers, welchen der Autor ausdrücklich als Adagio zu seinen Romanen verstanden hat, ist der «kostbare Schlussstein einer Erzählkathedrale» (Rainer Moritz).
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Seitenzahl: 33
Veröffentlichungsjahr: 2017
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© 2017 Zytglogge Verlag, Basel
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Coverfoto: Christoph Altorfer
Gesetzt aus: Stempel Garamond
E-Book: Schwabe AG, www.schwabe.ch
ISBN: 978-3-7296-0958-7
eISBN (ePUB): 978-3-7296-2182-4
eISBN (mobi): 978-3-7296-2183-1
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Die du wohnest in den Gärten,
lass mich deine Stimme hören.
Hoheslied, 8, 13
«Nachdem der Reisende am 1. Dezember 1987 lange die Schnitzfiguren am Holzportal der Kathedrale von Split betrachtet hatte, mit dem Johannes, der beim Letzten Abendmahl wieder den traurigen Kopf an die Schulter des Jesus legt, dabei mit einer Hand – Variante – Trost suchend im Ärmel seines Meisters, ging er hinunter auf die sonnige Strandpromenade, wo er einen greisen Schuhputzer sah, wie er, wohl schon lange unbeschäftigt, anfing, sich selber die Schuhe zu putzen.»
So beginnt eines der kleinen Epen aus Peter Handkes um fünf Texte erweiterter Sammlung Noch einmal für Thukydides, deren Druckfahnen eines Tages in Sils-Maria eintrafen, wo du und ich im Nietzsche-Haus als geladene Gäste einquartiert waren, neben Friedrich Nietzsches Wohn- und Arbeitszimmer, von diesem getrennt durch eine Bretterwand. Der Geist des grossen Wanderers scheint noch in den Räumen vorhanden zu sein, so dass dieser auch durch die Fahnen geweht haben musste, nachts vor allem, denn tagsüber führten wir diese mit, bis ins Bergell zum Beispiel, nach Soglio, dort, wo’s den Palazzo Salis gibt, mit dem Garten dahinter, dem sogenannt historischen, den man auf Anhieb als paradiesisch empfindet, als Anklang an Eden. Rainer Maria Rilke ist dort den Rosen nachgelaufen, hat an diesen gerochen, hat gelesen, Briefe geschrieben, seinen Elegien nachgehangen, die er in Duino begonnen und in Soglio zu vollenden gedacht hatte. Dort setzten wir uns hin, Dorli, unter einen der beiden Mammutbäume, während die Rittersporne herumstanden, die Rosen, der Phlox, die abgeblühten Pfingstrosen, die kümmerlichen Apfel-, Birn- und Kirschbäume, wobei niedrige Buchshecken die Bäume, Rosen, den Phlox zusammenzuhalten versuchten und die Berge hereinschauten, aus angemessener Entfernung.