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Von einer Reise in die ehemalige Heimat, das Sudetenland, brachten die Schwiegereltern des Herausgebers in den 70-er Jahren ein handgeschriebenes Kochbuch mit. Es stammte von einer ehemaligen Mitbewohnerin in Reichenberg (heute Liberec). Die Aufzeichnungen in Sütterlin-Schrift leisteten danach in der Familie gute Dienste, um das Erbe der sudetendeutschen Küche weiterhin zu pflegen. Kurz vor seinem Tod transkribierte der Thüringer Autor und Verleger Hans-Jürgen Salier das Kochbuch von Betty Kubik, um es zunächst als eBook herauszugeben. Erweitert hat er das Manuskript um die Fluchtgeschichte seiner Schwiegereltern von Böhmen nach Thüringen. "Oma Ernas Kochbuch aus dem Sudetenland" ist vor allem ein Zeitzeugnis und ein Botschafter aus der alten Heimat.
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Seitenzahl: 174
Veröffentlichungsjahr: 2022
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eBook EPUB: ISBN 978-3-96285-168-2
Copyright © 2022 by Salier Verlag
Alle Rechte vorbehalten . All rights reserved.
Autorin: Betty Kubik
Herausgeber: Hans-Jürgen Salier (†)
Herstellung: Salier Verlag, Bastian Salier, Bosestr. 5, 04109 Leipzig
www.salierverlag.de
Haftungsausschluss:
Dieses Buch ist nicht als Ratgeber anzusehen. Bei den Rezepten in diesem Buch handelt es sich um historische Quellentexte. Die Rezepte wurden vom Herausgeber und vom Verlag nicht auf Richtigkeit, Vollständigkeit oder Brauchbarkeit geprüft. Der Verlag übernimmt keinerlei Haftung für jegliche Art von Schäden, die durch die Nutzung der Rezepte entstehen.
Wie ich den Weg zur sudetendeutschen Küche fand
Flucht aus dem Sudetenland
Einführung in die Schriftarten
Rezepte
Suppen und Beilagen
Rindsuppe
Frittatensuppe
Gebackene Erbsensuppe
Nudelsuppe
Kartoffelsuppe
Grießnockerlsuppe
Erbsensuppe (I)
Schäbige Brotsuppe
Bröslknödlsuppe
Bröslnockerlsuppe
Linsensuppe (I)
Brotsuppe
Hirnknödlsuppe (I)
Nockerlsuppe
Markknödlsuppe
Tropfsteinsuppe
Nudelsuppe
Sauerteigsuppe
Einbrennsuppe aus Kornmehl
Eierschwämmsuppe
Hirnsuppe (I)
Rastensuppe
Zwiebelsuppe
Einlaufsuppe
Gulaschsuppe – billiges Nachtmahl
Braune Suppe
Hausmannssuppe
Hirnsuppe (II)
Eingelegtes Suppengemüse
Zellersuppe
Markklößchensuppe
Leberreissuppe
Butternocken (I) (Suppeneinlage)
Butternocken (II) (Suppeneinlage)
Linsensuppe (II)
Grießnockensuppe (II)
Omeletten als Suppeneinlage
Nierensuppe
Kartoffelschwämmchen (Suppeneinlage)
Erbsensuppe
Kraftsuppe
Wildsuppe
Suppe von der Junggans
Kraftbrühe für Kranke
Grießreis oder Bröslreis
Saucen und Zuspeisen
Majoranerdäpfel
Kartoffelzuspeise
Sauerkraut
Gedünstete Möhren
Pflaumenknödl vom Erdäpfelteig
Spinat
Kohlrüben zum Rindfleisch
Sauer eingebrannte Erdäpfel
Gedünsteter Häuptelkraut
Linsen
Krautfleckerl
Zwiebelsauce
Kabuste zugießen zum Rindfleisch
Gurkensauce
Sardellensauce
Schwedische Gabelbissen
Große Graupen mit Schwämmen
Soße zu Junghasen
Pflaumensoße – Verschiedenes
Holunderbeersauce
Vanille braun
Weiße-Bohnen-Reste
Ungarische Erdäpfel
Reisreste
Kartoffelreste
Pilzsoße
Krautstrudl
Kartoffeln mit Speck und Ei
Gefüllte Tomaten
Gemüseauflauf
Sauerkrauteintopf
Gedünstetes Sauerkraut
Sauerkrautauflauf
Verschiedene Teigarten für Zwetschkenknödl
Pflaumenverwertung
Eintopf
Senfsauce
Dillsauce
Weiße Sardellensauce
Gurkensauce von sauren Gurken
Zwiebelsauce
Kapernsauce
Spargel
Fleischspeisen
Kalbsgulasch
Hascheeomelette
Gerollter Nierenbraten
Französische Bratrollen
Schweinskoteletten
Kalbsrouladen
Reisfleisch
Husarenbraten
Niederländer Braten
Feine Schinkenfleckerl
Hasenjunges mit Paprika
Haschee
Gedünstete Hühner
Tauben
Paprikahuhn
Kalbsleber in pikanter Sauce
Wildbret
Eingemachtes Kalbfleisch
Vögl
Rindfleischschnitzel auf Wurzelwerk
Einfaches Gulasch
Szegediner Gulasch
Rostbraten
Gefüllte Ente
Hasenbraten
Falscher Hase
Peuschel
Eingelegtes Hirschfleisch
Hirschschnitzel (Natur)
Hirn und Ei
Leber oder Nieren
Junge und alte Hasen mit Saucen
Karlsbader Gulasch
Schinkenfleckerl
Kalbsgulasch mit Rind
Gedünstete Kalbsleber
Eingemachtes Kalbfleisch mit Karfiol
Schöpfenfleisch mit Sauce
Kammstück
Gebackene Leber
Karbonadel
Kalbsgulasch mit Nockerln
Gefülltes Kraut
Geflügelreis
Kümmelfleisch
Falscher Hase auf andere Art
Gespießter Hase mit Rahmsauce
Gebackener Rostbraten
Gebackenes Hirn
Landbairischer Rostbraten
Kalbfleischfülle
Reisfleisch aus Rind
Gebackenes Blut
Schweinerouladen
Kalbsrouladen
Geröstete Leber auf italienische Art
Geröstete Nieren
Paprikanieren
Kuttelflecke gedünstet
Kuttelflecke mit Paradiesäpfeln
Hasenrücken
Haschierter Braten mit Schmettensauce
Haschiertes auf andere Art
Kuttelflecke sauer
Schöpsenfleisch mit Kohl
Gefüllter Rostbraten
Eintopfgericht von Kuttelflecken
Rosa gebratenes Beiried
Makkaroni-Gulasch
Gefüllte Brathühner
Gulaschsemmeln
Leberbusserln
Fleischstrudel
Gebratene Rebhühner
Kalbsherz gedünstet
Speck-Grieß-Knödl
Rostbraten
Schwedischer Braten
Jungfernbraten
Krautgulasch
Speckknödl
Gulasch (gemischt)
Paprikaschnitzel
Schöpfenfleisch und Kapuste mit Majoran
Kapuste mit Hammel- oder Rindfleisch
Panierte Kalbsleber
Geröstete Nieren und Hirn
Hasenbraten
Sauerbraten
Rindsrouladen
Rindszunge in polnischer Sauce
Gebratene Rindszunge
Ochsenherz als Sauerbraten
Gefüllte Kalbsbrust
Schweinebraten nach Wildbretart
Geröstete Nieren mit Hirn
Lammbraten
Lamm- oder Zickelrücken
Schöpsenschnitzel
Schöpsen-Gulasch
Schöpsenschlegel wie Wild zubereitet
Lammbraten
Junge Ziegen
Hasenbraten
Schwarzer Hase oder Hasenklein
Schöpskarree
Gebratener Rehschlegel
Gedünstete Schweinsnieren
Gekochtes Schweinepökelfleisch
Gebratenes Kaninchen
Kaninchenbraten wie Wild
Enten- oder Gänseklein mit Klößen
Gespickte Gans
Ente gebraten
Junge Hühner gebraten
Brathühner
Gebratene Tauben gefüllt
Gebratener Truthahn mit Leberfüllung
Kalbsleberpastete
Junge Ziege auf andere Art
Leberklößchen
Kalbsrouladen
Panierte Kalbsleber
Ragout von gebeizten Kalbsherzen
Gedämpfte Klopse
Leberwurst
Blutwurst
Fleischwurst
Hirschrücken gebraten
Einfache Fleischpastete
Gansleberpastete
Kalbfleischpastete
Rostbraten
Sulz
Fleischspeisen und deren Sterilisieren
Mehlspeisen
Reisauflauf
Husarenkrapferln
Rehrücken-Torte
Schokoladenglasur
Gedünsteter Reis
Omeletten
Gebackene Semmelschnitten
Krapferln
Schinkenreis
Erdäpfelkipferl
Schöberl
Panamatorte
Grieß-Reis
Mürbe Kipferln
Bisquittorte
Mürber Kuchen
Salzburger Nockerln
Zuckernüsse
Kirschenauflauf
Guter Gugelhupf
Weihnachtsbäckerei
Kolatschen
Streusel
Apfelkuchen über Blech
Zuckerbusserln
Kartoffelkuchen
Nusskuchen
Eisschokolade
Semmelspeise
Brezeln
Feines Mandelgebäck
Bäckerei (Christbaum)
Nuss- oder Mandelbusserln
Anisringel
Gebackene Mäuse
Grammelknödl und gekochte Erdäpfel
Erdäpfel Nudeln
Knödl zum Wildbret
Reisauflauf
Nockerl
Butternockerl in der Suppe
Mohnstrudel
Kaiserschmarrn
Semmelbaba
Erdäpfelbuchte aus rohen Erdäpfeln
Abgetriebener Grießstrudel
Buchte aus schwarzem Mehl
Lebkuchen-Bäckerei
Gebackene Fülle
Strudel aus Erdäpfelteig
Mohnbuchte
Erdäpfel-Karbonadel
Weihnachtsbäckerei
Schneekuchen
Kuchen
Apfelkuchen
Torte von Karlsbader Oblaten
Warmer Leberkuchen
Ingwerbäckerei
Holzknechtknödl
Kartoffelschneeballen
Krustierte Äpfel
Gerösteter Zwieback
Lebzelterln
Grießtorte
Bisquittorte
Buttercreme
Nusstorte
Gebackener Zeller
Spritzgebackenes
Kartoffel-Topfen-Täschchen
Weiße Lebkuchen
Schwarze Hobelspäne
Senfkartoffeln
Roulade Prinzesse
Schweizer Käse-Kartoffeln
Pottensteiner Apfelkuchen
Eierspeise mit Bücklingen
Geschwindkuchen
Quarkplätzchen
Sacher Gugelhupf
Spitzbuben-Weihnachtsbäckerei
Albertkeks
Türkischer Honig
Rhabarberauflauf
Zimtfiguren
Sparkartoffelspieße mit Salat
Kartoffelpuffer
Gekochte Topfenknödl
Sardinenbrötchen
Brombeerauflauf
Zimtrollenkuchen
Gugelhupf
Igl (Bäckerei)
Brauner Kirschkuchen
Apfelkuchen mit Mandelguss
Eierbuchte
Gugelhupf
Hefeteig für Zwetschkenkuchen
Quarkkuchen
Pumpernickel
Gugelhupf
Haselnussbusserl
Haferflocken-Bäckerei
Quarkstollen
Quarkkuchen
Kartoffelbuchte
Haferflockenkeks
Kartoffelknödl
Kleingebäck
Braune Plätzchen
Vanillebrezeln
Haferflockenplätzchen
Haferkeks
Salate
Rote Rüben zum Rindfleisch
Rote Rüben einlegen
Fleischsalat
Rotkrautsalat
Selleriesalat mit Mayonnaise
Selleriesalat mit brauner Butter
Sellerie
Feiner Heringssalat
Heringssalat (I)
Heringssalat (II)
Heringssalat zum Sterilisieren
Karottensalat
Gemüsesalat
Sauerkrautsalat
Rosenkohlsalat
Rosenkohlsalat (Karfiol – Blumenkohl)
Mayonnaise
Senfmayonnaise
Bohnen in Essig
Kohlrabi
Rote Rüben (Salatrübe)
Herrenpilze in Essig
Senfgurken (I)
Senfgurken (II)
Senfgurken (III)
Perlzwiebeln einlegen
Pilze in Essig
Essiggurken einlegen
Marmeladen, Obst und Beeren
Weichsel in Essig
Salzgurken
Himbeermus
Orangenmarmelade
Eingelegte Heidelbeeren
Zwiebeleinlagen
Pflaumen einlegen
Holunderbeeren einkochen
Gemischtes Kompott
Preiselbeerkompott
Zimtrollenkuchen
Essigschwämme
Stachelbeergelee
Ribiselgelee
Dunstbirnen
Pfefferkuchen
Eingelegte Kirschen oder Zwetschken
Pflaumen einlegen (Kompott)
Pflaumen auf andere Art
Äpfelgelee
Vogelbeer-Ebereschen-Marmelade
Eingekochte Preiselbeeren
Melonenkompott
Ribisel und Himbeeren
Rote-, Schwarze Ribisel- oder Stachelbeermarmelade
Heidelbeersaft
Heidelbeeren ohne Zucker einkochen
Stachelbeermarmelade passiert
Ribis-Marmelade
Zwetschkenröster
Hefeteig für Zwetschkenkuchen
Pflaumen als Kuchenbelag
Süß-Sauer-Pflaumen
Pflaumenmarmelade
Pflaumenmus
Trockenpflaumen
Kürbis in Essig und Zucker
Frischhaltung der Pflaumen für Knödl
Grüne Tomaten
Kürbis als Kompott
Melonen
Johannisbeermarmelade
Johannisbeermarmelade und Apfelmark
Kürbismarmelade
Schwarze Johannisbeermarmelade
Wacholdermus
Getränke
Kümmelschnaps
Holunderschnaps
Eiercognac
Bohnenlikör
Orangenlimonade
Bristolpunsch
Orangenpunsch
Weichselschnaps
Weichselschnaps auf andere Art
Magenbitter
Pomeranzenlikör
Mandellikör
Zitronenmilch
Heidelbeerwein
Heidelbeersaft
Zitronenpunsch
Damenpunsch
Westerlandpunsch
Heidelbeerschnaps
Himbeersaft
Weichsel in Zucker
Schwarzer Johannisbeerschnaps
Guter Nusslikör
Himbeersaft
Erdbeersaft
Ebereschenlikör
Brombeersaft
Himbeersaft mit Zucker
Melonensaft
Schwarzer Ribiselsaft
Weichselwein
Eingelegte Heidelbeeren
Kornschnaps
Apfelwein
Stachelbeerwein
Bier
Weichsellikör
Johannisbeerlikör (rot und weiß)
Johannisbeerlikör (schwarz)
Himbeersaft
Johannisbeersaft
Zitronensaft
Brombeersaft
Apfelsaft
Verwendete Küchensprache, Worterklärungen und Abkürzungen
Hans-Jürgen Salier
Bücher von Hans-Jürgen Salier
Die handgeschriebenen Kochrezepte der Betty Kubik, Aufgezeichnet in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts in Reichenberg/Sudetenland (heute: Liberec/Tschechien)
Irgendwann, vermutlich bei einem ersten Besuch meiner Schwiegereltern 1972 in ihrer einstigen Heimatstadt Reichenberg, taucht in der Familie ein in Sütterlin-Schrift geschriebenes Kochbuch im Format 15,5 cm x 24 cm auf, eingewickelt in tschechoslowakisches Packpapier mit einigen Werbeelementen, vermutlich Anfang der sechziger Jahre hergestellt. Unter dem Packpapier verbirgt sich der Bucheinband. Dort ist handschriftlich zu lesen:
Kochbuch
Betty Kubik
Der Wortteil „buch“ ist zu einem späteren Zeitpunkt mit anderer Farbe durchgestrichen und durch den fehlerhaften Begriff „repcepte“ ersetzt worden.
1972 besuchen die Schwiegereltern mit ihrer jüngsten Tochter erstmals wieder ihre Heimat, die Stadt Reichenberg, die jetzt Liberec heißt. Rechts ist Opa Willi, in der Mitte Oma Erna.
Ein Tscheche, Freund der Familie, hatte das Buch mit anderen Erinnerungsgegenständen für die Schwiegereltern aufbewahrt. Die unmenschliche Flucht, die viele Erwachsene und Kinder nicht überstanden, das Szenario, die Ängste der Mutter und das schützende mutige Handeln des Vaters kann sich wohl heute keiner mehr vorstellen. Sie ist im nächsten Kapitel „Flucht aus dem Sudetenland“ dokumentiert. Zweimal konnte er aus Lagern fliehen, einmal sogar unter Lebensgefahr aus einem Lager der Roten Armee. Die Familie fand in einer für sie weltfernen unbekannten Gegend, in Themar, im Kreis Hildburghausen, eine neue Heimat, die aber nie ihre Heimat wurde. Die psychische Belastung war zermürbend.
Die Aufzeichnungen stammen nicht von der Schwiegermutter, Oma Erna, denn das Schreiben des Sütterlin beherrschte sie nicht. Wohl wissen wir aber, dass das Buch über viele Jahrzehnte hinweg für Sie eine wichtige „Kochhilfe“ war.
Betty Kubik wohnte mit im Haus der Schwiegereltern und hieß eigentlich Betty Kubitz. Ihre Spur verlor sich nach der Vertreibung.
„Oma Erna“ in jungen Jahren vor ihrem Haus in Neupaulsdorf bei Reichenberg im Sudetenland.
Die zahlreichen Rezepte im Buch sind sehr sorgfältig und gleichmäßig in recht gut lesbarer Handschrift geschrieben. Auch ein handschriftliches Inhaltsverzeichnis ist beigelegt. Allerdings ist die Orthografie sehr fehlerhaft und wurde vom Herausgeber bei der Transkription verbessert, um den Lesefluss zu erhöhen.
Beispielseite aus dem handschriftlichen Rezeptbuch von Betty Kubik.
In dem Rezeptbuch befinden sich etwa zehn Zeitungsausschnitte aus tschechischen Zeitungen in deutscher Sprache, auch mit Rezepten. Einer der Artikel lässt sich auf das Jahr 1965 datieren, denn er berichtet vom 20. Jahrestag der Befreiung und vom Ergebnis des sozialistischen Wettbewerbs in der Tschechoslowakei. Für die Familie ist das Buch ein authentisches Bindeglied zum Leben der Eltern und Großeltern. Das Buch mit etwa 500 Rezepten zu
Suppen und Einlagen – Soßen und Zuspeisen – Fleischspeisen – Mehlspeisen – Salate – Marmeladen – Obst und Beeren: einkochen, einlegen – Getränke: Wein, Liköre, Säfte, Limonaden, Schnäpse – Verschiedenes
erinnert an eine vergangene und oft verdrängte Lebenszeit.
Mit dem Tod der Schwiegereltern Mitte der 1980er Jahre gelangte die Handschrift in die kleine Kochbuchsammlung des Herausgebers und seiner Ehefrau Gudrun.
Gudrun (geb. 1942) als Kind in Reichenberg. Die Vertreibung wird das Leben ihrer Familie aus den Angeln reißen.
In Erinnerung an die wohlschmeckende sudetendeutsche Küche genoss das Buch kein kümmerliches Dasein, sondern es wurde immer wieder zum Nachlesen und Nachkochen von beliebten Rezepten genutzt. Die Zeit fehlte in den verflossenen dreieinhalb Jahrzehnten, die Handschrift zu transkribieren und sie für die übernächste Generation besser nutzen zu können. In nicht immer ersprießlichen Fastfood-Zeiten ist es nun geschehen, und so manches originäre und vielleicht in Vergessenheit geratene Rezept kann die Kochkunst bereichern oder zumindest anregend wirken. In dem Sinne erfüllt das Buch eine wichtige Aufgabe und ehrt auch das Andenken an Vergangenes.
Hildburghausen, am 13. März 2021
Hans-Jürgen Salier
In der Buchhandlung am Markt von Reichenberg arbeitete „Oma Erna“ bis zum Krieg. Erst 1972 sah sie als Touristin ihre ehemalige Wirkungsstätte wieder.
Über das Schicksal der Familie M. ist wenig bekannt, selten wird über Flucht und Vertreibung gesprochen.
Ein kleiner unscheinbarer Kalender mit den Maßen 7,5 x 10,5 cm liegt vor. Alles Verräterische (Hoheitszeichen, Texte mit nationalsozialistischen Inhalten) wurde getilgt, das Kalendarium beginnt ab Donnerstag, 3. Mai 1945.
Auf dem Vorsatzpapier stehen Namen und Herkunft des jungen 31-jährigen Familienvaters in Tschechisch:
Vilém Michler [Willi Michler]
Liberec/Nové Pavlovice [Reichenberg/Neu-Paulsdorf]
11.590.431 (Vermutlich die Registrier- oder Feldpostnummer)
In den folgenden Tagen werden Stationen der Flucht aus der Kriegsgefangenschaft des Familienvaters genannt: „am 8. Mai geht es über den Mittellandkanal, am 14. Mai über die Weser, am 15. Mai ist er in Thal., am 16. und 17. Mai in Ottenhausen („sehr gut“ vermerkt er und, dass er Holz gehackt hat, um ein Weniges an Essen zu bekommen). Am Abend des 17. fährt er mit einem Lkw über Paderborn nach Soest – Dortmund und mit dem Zug nach Bochum, er übernachtet in einem Eisenbahnwaggon.
Vermutlich am Samstag, dem 19.05., um 6.33 Uhr kommt er in W.-E. Hbf [Wuppertal-Elberfeld Hauptbahnhof] an.
19.5. Zur Bruni gekommen mit Zug von Steele (Brunhilde ist seine Schwägerin).
22.5. Bei CIC gemeldet.
23.5. Holz gehackt, Leben sehr bitter.
24.5. nach Mettmann, Gemüse geholt (traurig), Reinis Geburtstag (Rainer Lingemann, der Sohn Brunhildes, also der Cousin von G. M.).
27.5. Weiberstall (vermutlich Reaktion darauf, dass er für viele Frauen der Familie und Kinder bei der Nahrungsbeschaffung verantwortlich ist).
29.5. Mit Trautmann in Wülfrath (vermutlich auf Arbeits- und Wohnungssuche), W. M. legt Gemüsebeete an.
1.6. Antrag bei Pol.[izei] wegen Rückreise.
3.6. bis 12.6. Aufenthalt in W.E. [Wuppertal-Elberfeld].
13.6. Antrag abgegeben nach Leipzig.
18.6. Abschiedsabend bei Bruni.
19.6. Von W.-Elberfeld mit Krawag abgefahren.
20.6. Mittag an Erfurt über Weimar – Jena – Gera.
21.6. Hof – Marktredwitz zurück Gera.
Großes Elend. Sind Deutsche ausgewiesen.
Ob ich Erni finden werde? (Erna ist seine Frau)
22.6. Leipzig – Grimma,
übernachtet – Stroh.
23.6. Ca. 8.30 Uhr über die Grenze z. Russen zu Fuß (später erzählte er, dass er auf verschlungenen Wegen in seine Heimat gelangen musste, weil die Verkehrsverbindungen desolat waren, zum anderen wollte er den Russen nicht in die Hände fallen. Einmal konnte er aus einem russischen Lager fliehen), ca. 10 km, mit Zug v. Merchau nach Wermsdorf, im Zug übernachtet. W. M. trifft einen Bekannten aus seiner Heimat, aus Gablonz.
24.6. von Wermsdorf nach Oschatz, abends in Riesa.
25.6. Riesa übernachtet, Kinderheim.
26./27.6. ½ 7 Uhr mit Schiff nach Dresden – Pirna, zu Fuß nach Copitz und in Lohmen in einer Garage übernachtet.
28.6. Holz gehackt.
29.6. Ab Lohmen nach Bischofswerda – zu Fuß nach Neukirch (West) – mit Zug Schirgiswalde – Kirschau, übernachtet in Schirgiswalde bei einem Bauern.
1.7 Schirgiswalde zu Essen bei Familie Herold.
2.7. Zu Fuß nach Sohland, von dort mit der Bahn weiter nach Zittau (3.7.).
4.7. Will versuchen nach Reichenberg zu kommen.
5.7. Mit Zug: nach Zittau 16 h bis Machendorf, da gelaufen.
6.7. Daheim!
7.7. Bei Pol.[izei] angemeldet.
9.7. Bei einem Baumeister bekommt W. M. vermutlich Arbeit.
11.7. Hausdurchsuchung 1 ½ Stunden (Anzeige Schmidt, vermutl. ein Denunziant).
In den folgenden Wochen gibt es keine Einträge.
16. – 18.8. (Über die 3 Tage schreibt W. M. v. l. o. nach r. u.) Zustände für Deutsche unerträglich. Kz [Kennzeichen] – weiße Binde zudem Karten etc. Schikanen.
20.8 Papa und Gusti aus der Wohnung u. Haus gewiesen.
21.8. Papa bei mir.
24.8. Erna krank.
25.8. Die Heimat verlassen!!!
Bhf. Reichenberg Zollrevision, erst abends 7 h mit Zug bis Zittau gekommen.
Hotel „Weißes Ross“ übernachtet.
„Ein schwerer Weg beginnt.“
26./27.8. in Olberndorf bei Bergmann.
28.8. Abfahrt nach Putzkau-Arnsdorf, Übernachtung Scheune.
29.8. Mittags Zug nach Lohmen in Schule (Lager) übernachtet.
30.8. Von Lohmen gelaufen bis Pirna (große Strapazen) mit Zug bis Dresden Hbf, auf dem Bahnsteig übernachtet.
31.8. 6.30 h Zug bis Glauchau, 14 h angekommen. Rad von Mutter’s Wagen gebrochen. Übernachtung beim Fleischer Göckeritz.
1.9. In Glauchau.
2.9. Früh 7.57 h mit Zug weiter bis Schönberg/Sa., Quartier in Scheune Mühltroff, Marken (vermutlich Essenmarken, Lebensmittelkarten) erhalten.
4.9. ½ 10 Mit Zug nach Schleiz und nachmittags Omnibus 16 h nach Gera, DRK Gera, 20 h bis Zeitz zu Seidemann (vermutl. ist er ein Kriegskamerad) übernachtet.
5.9. 7.28 h v. Zeitz nach Gera, 8.28 h Gera, 13.30 h Schleiz – Mühltroff.
Mit Postauto nach Neustadt (vermutl. Neustadt/Orla), Übernachtung in N.
7. od. 8.9. 16 h mit Zug nach Gera, Lager in der Unternhäuser Schule übernachtet.
9./10.9. In Gera Lager, Verpflegung sehr schlecht.
11.9. Bhf. Gera Transport nach Hildburghausen, nachts Abfahrt.
12.9. 5 h Ankunft in Eisfeld.
13.9 Lager ? aber schmackhaftes weniges Essen, Wanzen, Läuse.
14.9. Kein Ausgang (Quarantäne).
16.9. In Kartoffeln gewesen.
Bis 23.9. Lager Eisfeld.
24.9. Von Eisfeld mit Zug 13.45 Uhr nach Hildburghausen (Lager).
25.9. Lager Verpflegung einigermaßen.
26.9. Entlaust – Gebadet.
Untersuchung, 16 h nach Themar.
27.9. Baracke in Themar, da wieder kein Privat-Quartier.
Baracken (Wanzen).
1.10. Zu Frau Weingardt gezogen.
9.10. Papa nach Zittau gefahren.
13.10. Hildburghausen Gesuch abgegeben.
31.10 Hildburghausen (Landrat) Handelskammer (W. M. schreibt in der Zeit eine Vielzahl Briefe, weil er Arbeit sucht.)
9.11. Bewerbung Ortskrankenkasse Hildburghausen.
A.O.K. als Kassierer angefangen.
Willi schreibt in seinem Tagebuch am 25. August 1945: „Die Heimat verlassen!!!“ und notiert anderntags: „Ein schwerer Weg beginnt“.
Es folgt ein umfangreiches Adressenverzeichnis, das W. M. auf der Flucht gute Dienste geleistet hat.
W. M. bringt die Familie mit dem großen Anhang bis nach Themar durch. Wieviele Personen es insgesamt waren, kann im Detail nicht mehr nachvollzogen werden (ca. 10), denn wer alles dabei war, darüber schreibt er nicht, auch nicht über die Strapazen, das Leid, die Ängste, den Hunger, die Krankheiten, die Perspektivlosigkeit, aber auch die Fürsorge zu den Familienmitgliedern, vor allem der beiden Kinder (sein eigenes 3 Jahre), das Kind seiner Schwägerin (1 Jahr), das kleine Glück beim Verzehr einer Kartoffel, eines Schluckes Milch oder eines Stückchen harten Brotes. – Hunderttausende Flüchtlinge und Vertriebene starben auf dem langen Marsch ins Ungewisse. – W. M. hat den Zeitpunkt der Flucht selbst festgelegt, bei der späteren Vertreibung nach Erlass der Benès-Dekrete in der Tschechoslowakei wurden die Deutschen unter dem Schutz der Alliierten Freiwild und teils wie räudige Hunde erschlagen, erschossen, an Scheunentore genagelt, die Frauen vergewaltigt ...
Von G. M., die in dem oben geschilderten Zeitraum 3 bis 3 ½ Jahre war, erfahren wir in dem scheinbar belanglosen Notizbüchlein nichts. Sie hatte gute Beschützer.
In Sütterlin geschriebene Doppelseite des sudetendeutschen Kochbuchmanuskripts. Die Rezepte sind durchgehend nummeriert und im vorliegenden Transkriptionstext nach einem beigefügten Inhaltsverzeichnis geordnet worden, aus dem sich die jetzige Gliederung ergibt. Dabei entstanden einige Dopplungen, die von den Herausgebern nicht getilgt wurden, zumal man davon ausgehen kann, dass an dieser Handschrift einige Jahre gearbeitet wurde und der Text nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für den Privatbedarf selbst genutzt wurde.
Kurrentschrift um 1865
Das Sütterlin-Alphabet. Ludwig Sütterlin (1865–1917), der im Schwarzwald geborene Lehrer für Grafik und Buchgestaltung an den „Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst“ in Berlin, wurde 1911 vom königlich-preußischen Kultusministerium beauftragt, eine neue Schulausgangsschrift nach der Deutschen Kurrentschrift zu entwickeln. Die attraktive Schrift, die auch im folgenden Jahrhundert als Werbeschrift genutzt wurde, ist 1915 in Preußen eingeführt worden und ersetzte in der folgenden Zeit die Kurrentschrift. Im September 1941 wurde im Dritten Reich per Normalschrifterlass die Verwendung gebrochener Druckschriften (Frakturtypen), so auch Sütterlin, untersagt, Ab 1942 wurde die lateinische Schrift als „Deutsche Normalschrift“ eingeführt.
Um eine gute Rindsuppe herzustellen, nimmt man das Fleisch vom hinteren Teil des Rindes. Helles Fleisch ist von zu jungen Tieren. Gutes Fleisch dagegen ist dunkel und von Fett durchzogen. Das Fleisch wird kalt gewaschen, leicht geklopft und zum Kochen in den Fleischtopf gegeben. Soll die Suppe kräftig werden, muss das Fleisch in kaltem Wasser zugestellt werden. Will man aber, dass das Fleisch saftiger bleibt, stellt man es in kochendem Wasser zu. Das Fleisch muss zugedeckt werden, damit die Suppe nicht trübe wird. Zum Kochen gibt man das ganze Grünzeug und Zwiebeln sowie Pfeffer und Gewürzkörner. Will man braune Suppe haben, röstet man das Grünzeug, die Zwiebel und Leber in Butter braun und gibt es in die bereits kochende Suppe. Ist das Fleisch weich, hebt man es heraus, passiert die Suppe durch und kocht sie beliebig ein.
In ¼ l Milch oder Wasser sprudelt man 1 bis 2 Eier und so viel Mehl, dass es ein dicklicher Brei wird. Salz wird hinzugegeben. Dann lässt man in einer Omelettenpfanne Fett heiß werden, gießt den Teig hinein, einen Messerrücken stark, und lässt ihn auf beiden Seiten lichtbraun backen, schneidet ihn dann nudlig und gibt die Frittaten als Einlage zur klaren Rindsuppe.
Man bereitet einen dünnen Tropfteig aus 1 Ei, etwas Wasser und so viel Mehl, wie es annimmt, salzt den Teig und gießt diesen langsam durch ein Reibeisen in heißes Fett und bäckt diese kleinen Erbsen goldgelb.
Aus 20 dkg Mehl, 1 Ei und dem nötigen kalten Wasser beiläufig 1 ½ Esslöffel wird ein fester Nudelteig gemacht, dann auswalken und etwa 1 cm breite Nudeln schneiden, etwa 10 Minuten in Salzwasser kochen, dann seihen und kalt abschrecken. Dann gibt man sie in 6 dkg heiße Butter, salzt noch etwas und lässt sie noch 10 bis 15 Minuten rösten.
Von 6 dkg Fett macht man eine Einbrenne, gibt fein gewiegte Petersilie hinzu, lässt sie aufschäumen, gießt mit Wasser auf und gibt kleinwürfelig geschnittene Kartoffeln hinein. Die Suppe lässt man kochen, bis die Kartoffeln weich sind.
1 ½ Ei und reichlich 100 g Butter werden flaumig gerührt, dann gibt man 3 Dotter, Salz und gut eierschwer Grieß dazu, der Schaum von 3 Eiklar wird leicht hineingemengt. Man formt Nockerln und kocht sie je nach Größe 5 bis 10 Minuten in Salzwasser oder Suppe und lässt sie dann noch 10 Minuten stehen.
⅛ kg Erbsen werden in Wasser mit etwas feingewiegter Zwiebel und Petersilie, welches man in etwas Fett geröstet hat, weich gekocht, dann macht man von 6 dkg Butter eine Einbrenne, gießt mit Wasser auf, gibt die passierten Erbsen hinein, salzt und pfeffert sie. Als Einlage gibt man würfelig geschnittene und geröstete Semmeln oder auch die gebackenen Erbsen hinzu.
1 Stück fein geschnittene Zwiebel und Petersilie lässt man in 6 dkg Fett anlaufen, gibt 6 bis 7 in Würfel geschnittene Kartoffeln hinzu, lässt sie anrösten. Unterdessen kocht man fein geschnittenes Wurzelwerk, gießt mit der Suppe auf und lässt die Kartoffeln weich kochen. 3 bis 4 Stück würfelig geschnittene Semmeln werden in Butter geröstet und zu den Kartoffeln gegeben, lässt alles kochen, bis die Kartoffeln weich sind, sprudelt die Suppe dann tüchtig ab, legiert sie mit 1 bis 2 Eiern.
5 dkg Butter treibt man mit 2 Eiern flaumig und mischt so viel Brösl darunter, wie die Masse annimmt. Die Hälfte der Brösl befeuchtet man mit Milch, gibt noch fein gewiegte Petersilie dazu und lässt sie noch eine Weile stehen, formt kleine Knödl, garniert sie mit Ei und Brösl, bäckt sie und lässt sie in der Suppe aufkochen.
Ein eigroßes Stück Butter oder Fett wird mit 2 ganzen Eiern abgetrieben, dann werden 2 Esslöffel Mehl hineingerührt und glatt abgeschlagen. Dann wird gesalzt und so viele Brösel hineingemengt, wie es nötig ist. Die Löffel werden in heißes Wasser getaucht und die Nockerln herausgestochen. Sie werden in die Suppe gegeben und kochen ¼ Stunde.
⅛ Liter Linsen werden mit fein geschnittener Zwiebel und Petersilie weich gekocht. Von 6 dkg Fett macht man eine Einbrenne, gibt fein gewiegte Zwiebeln, Petersilie, Lorbeerblatt und die (passierten) Linsen hinein, gießt mit Suppe oder Wasser auf, gibt Salz, Pfeffer, ein wenig Essig oder Zitronensaft dazu und lässt sie aufkochen. Als Einlage gibt man würfelig geschnittene und geröstete Semmeln.