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Onkel Hanni lebte als Junggeselle gemeinsam mit seinen Schwestern im Nachkriegsdeutschland als Kleinbauer. Die Geschichten dieses Buches drehen sich humoristisch um seine Person, seine Familie, seine Nachbarn und das dörfliche Leben. Dabei wird auch die Umgebung und seine Arbeitsweisen geschildert. Es werden auch fast mittelalterlich anmutende Techniken und Methoden erwähnt. Insgesamt ergibt sich ein Bild wie es ein Museum nicht besser bieten könnte und das ich als Kind, als Jugendlicher und als Erwachsener miterleben durfte. Wichtig war mir bei diesem Buch auch die Schilderung von Bräuchen, von genutzten Geräten, von Arbeitsweisen etc. Bei allem ging und geht es immer noch um "das Erzählen" der Vergangenheit. Onkel Hanni war ein Unikat, ein Typ Mensch wie man ihn heute nicht mehr erlebt. Und trotzdem sagt jeder, der sich an die Wirtschaftswunderzeit erinnert: "So einen Onkel Hanni hatten wir auch im Dorf". Sahen viele die Eifel der Nachkriegszeit noch >, so hatte sie doch etwas, was wir in der heutigen Hektik vermissen: Menschlichkeit und Wärme........
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Seitenzahl: 93
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Onkel Hanni
und
andere Geschichten
In Erinnerung an Feeschtehänses Hanni, der zwar keiner der Dorfhonoratioren war, dessen Alltagsleben zwischen althergebrachtem Kleinbauernwesen und dem wachsenden Wirtschaftswunder statt fand, aber heute im Angesicht der modernen Zeit filmreif wäre.
Vorwort
Ursprünglich hatte ich die Absicht, auf ein Vorwort zu verzichten, denn „Onkel Hanni“ kann nicht so einfach erklärt werden. Man musste ihn erleben und das hieß für uns: „Wir haben ihn erlebt“.
Es war mir vergönnt, Onkel Hanni aus der Sicht des Kindes, des Jugendlichen, und des Erwachsenen zu erleben. Folglich sind meine Geschichten, je nach Jahr des Erlebens, auch als solche zu sehen:
*als Kind
*als Jugendlicher
*oder als Erwachsener
Onkel Hanni war, obwohl es das Dasein eines Kleinbauern war, mit seinem Leben zufrieden. Seine Wünsche bewegten sich in der Welt derer, die mit Kleinigkeiten zufrieden sind. In der heutigen Welthektik wäre er verloren gewesen.
Deshalb möchte ich mich kurz fassen. Die nachfolgenden Geschichten erklären das Wesen Onkel Hanni´s und seiner Mitbürger.
Auch die „gute alte Zeit“ hatte ihre Aufreger. Probleme besaßen halt ein gemütlicheres Level als heute.
Dies lässt uns über die Erlebnisse der Vergangenheit schmunzeln.
Zeit ca. 1955
Die Ferien durfte ich immer im Elternhaus meiner Mutter verbringen.
Dort wohnten als letzte der einstmals 8 Geschwister, zwei Tanten und ein Onkel, zu jenem Zeitpunkt alle 3 unverheiratet.
Wie in den 50er Jahren auf dem Land noch üblich, waren sie Kleinbauern, das hieß 3 Kühe, 2 Rinder, 4 Schweine und jede Menge Hühner.
Onkel Hanni war der Jüngste von allen Geschwistern und logischerweise auch der Jüngste der 3 Hausbewohner. Er versorgte den Kuhstall und fütterte das Vieh.
Da wurde Stroh gehäckselt, je nach Jahreszeit trockenes Heu von der “Gack” gestoßen und ab und zu “Rummelblätter” und “Rummeln” verfüttert.
Dazu kam dann die Feldarbeit. Raus auf die Felder ging´s mit dem Holzwagen und einem Gespann von 2 Kühen. Musste man an einem Tage nicht aufs Feld fahren, führte Onkel Hanni die Kühe auf die Weide. Dann ging er mit seiner “Geessel”, seiner Peitsche, daneben. Die Kühe kannten ihren Weg und verlangten nach ihrer Weide, sodaß es für Onkel Hanni nur wenig Arbeit war, dorthin zu gelangen.
Spät nachmittags wurden die Tiere wieder zurück in den Stall gebracht. Sie waren alles in einem: Arbeitskühe, Milchkühe, und Fleischlieferanten.
Abends mussten sie rechtzeitig im Stall stehen um gemolken zu werden.
Gute Arbeitskühe wurden nicht geschlachtet und gehörten fast zur Familie. Deshalb bedachte man sie auch alle mit Namen; und das Vieh reagierte tatsächlich auf die Zurufe -- zwar nicht immer -- aber das war halt genau so wie bei den Menschen auch.
Onkel Hanni erhielt die Aufgabe, das Vieh abends zurück in den Stall zu bringen, und ich ging dann häufig mit.
Nun war Onkel Hanni etwas langsam und gemütlich. Er erkrankte als Kind im Vorschulalter an Kinderlähmung. Die war in den 1920er und 1930er Jahren noch extrem gefährlich und weitaus verbreiteter als heute.
Onkel Hanni jedenfalls hatte sie überstanden. Was davon zurückblieb war ein leicht verkrüppeltes linkes Handgelenk, das er sich irgendwann mal brach. Es heilte zwar wieder, aber seitdem band er es jeden Tag oder zog eine Manschette an.
…und Onkel Hanni war etwas langsam im Ausführen seiner Tätigkeiten, nicht “zurückgeblieben” wie man es damals nannte, sondern halt etwas langsamer im Denken als seine Mitmenschen.
Darauf führte es meine Tante zurück, dass sie ihn jeden Tag erinnern müsse, die Kühe rechtzeitig vor dem Abend von der Weide zu holen.
“Hanni, gi de Keh holen,” war dann die sich wiederholende Aufforderung, die mein Onkel zunächst ignorierte und dann später aber doch befolgte.
“Hanni, gi de Keeh holen.”
Nun nahm mein Onkel seinen Tabakbeutel, Tabak und das Zigarettenpapier und rollte sich gemütlich eine Zigarette, wobei er beim Verschließen des Tabakröllchens besonders lange die Klebekante mit der Zunge befeuchtete.
Meine Tante reagierte jeweils unwahrscheinlich sauer und wiederholte etwas bestimmender:
“Hanni, gih de Keeh holen.”
Onkel Hanni zündete dann mit dem Streichholz ganz gemütlich seine Zigarette an, begann zu grinsen und schlurfte ebenso gemütlich aus der Küche und zur Haustüre hinaus.
Draußen vor der Tür fand er immer wieder kleine Arbeiten, die erledigt werden mussten, bevor er zum Viehstall kam. Entweder wurden Seile aufgehängt, oder der Schweinestall stand offen, oder irgendwo lag Dreck der noch gekehrt werden musste. Hanni´s Schwester, verstand ihre Arbeitsmoral etwas anders und dies brachte sie so richtig in Rage.
“Hanniiii, giehh de Keehhh holen.”
Immerhin brachte das nun meinen Onkel dazu den Viehstall zu erreichen. Dort stellte er schließlich fest, daß für die Kühe noch kein frisches Stroh als Unterlage eingebracht war. In der Scheune wurde Stroh besorgt und mit der Gabel im Stall verteilt.
Das dauerte so ca. 5-10 Minuten, bis meine Tante merkte, daß er noch immer nicht zur Weide unterwegs war.
Dann aber:
“HANNIIIIEEEEE, GIEEHHH DE KEEHHHH HOOOLEN.”
Diesmal bekam die ganze Nachbarschaft den Ruf mit.
Und nun endlich nahm mein Onkel die Viehpeitsche vom Haken und verließ den Hof um das Vieh von der Weide nach Hause zu treiben.
Diese Situation wurde zu einem fast täglichen Ritual, das erst seinen Abschluss fand, als mein Onkel und meine Tanten in den 70er Jahre ihren klein landwirtschaftlichen Betrieb als unrentabel einstellten.
Für mich bleibt beim Betrachten alter Bilder nur die Erinnerung an eine schöne Zeit, die halt anders war als heute.
“Hanni, gi de Kee holen.”
...erinnert an eine Zeit, die noch gemütlicher war.
Zeit ca. 1965
“Hanni, gih de Keeh holen.”
Onkel Hanni erhielt die Order von seiner Schwester und befand sich auf dem Weg zur Viehweide, in ca. 10 Gehminuten Entfernung vom Stall.
Ich durfte mit und lief als Dreikäsehoch 1 bis 2 Meter hinter meinem Onkel im Zick-Zack über den Weg. Es ging leicht bergan und wir kamen am Nachbarbauernhaus vorbei.
“Hanni, gih de Krumpern holen.”
Ich sah meinen Onkel an. Der lachte nur und ging weiter.
Dann rief wieder jemand:
“Hanni, gih de Krumpern holen.”
Onkel Hanni blieb stehen und wir schauten zum Nachbarhaus. Da kam aus der Haustür ein älterer Mann mit leicht gebeugten Schultern.
“ Gooden oavend Hanni”, wünschte mein Onkel.
Der Mann ging die 3 Steinsteinstufen vor dem Haus hinunter und blieb vor meinem Onkel stehen.
“N’oavend Hanni” antwortete dieser zurück.
“Bas dou op dem wech fier de Kee ze holen?”
Mein Onkel nickte und wollte etwas erwidern, da kam aus dem Haus erneut die weibliche Stimme:
“Host dou de Krumpern gehool?”
Der ältere Hanni, der Großvater aus dem Nachbarhaus, zuckte mit den Schultern und schlurfte zum Kellereingang der von außen, links neben der Eingangtür, in einen halb unter dem Boden liegenden Gewölbekeller führte.
Eine ältere Frau steckte den Kopf zur Tür raus und sah uns.
“Tach Hanni, tach Günter. Entschelischt, äwer eych brouch meyn Krumpern befier de Meschel heem kinnt. Eych moss koochen.”
Krumpern, je nach Dialekt auch Krommpern,oder Krumbeeren, Krumbieren, oder Grumbieren etc. ausgesprochen waren die Kartoffeln fürs Abendessen, und Meschel war ihr Sohn, der bald von der Arbeit kommen würde und etwas jünger als meine Mutter war.
In der Zwischenzeit gingen Onkel Hanni und ich weiter zur Weide die Kühe holen. Ich war stolz, daß ich mit durfte. Auf Ruf meines Onkels kamen die 3 Kühe und das Rind zum Zaun. Ich durfte Frieda, die älteste Kuh streicheln und sie leckte mit ihrer langen rauhen Zunge über meinen Arm.
Wir gingen mit dem Vieh zurück Richtung nach Hause. Am Nachbarhaus vorbeikommend war die Kellertür wieder verschlossen. Vor dem Haus stand ein großer Bastkorb mit Kartoffeln. Der Korb hatte es zumindest schon einmal bis vor die Haustür geschafft.
Vorbei am Nachbarhaus brachten wir unser Vieh in den Stall. Ich streichelte Leitkuh Frieda noch einmal bevor sie hinein ging.
Diese Geschichte ist nun über 50 Jahre her.
Vor wenigen Wochen suchte ich nach einem passenden Geburtstagsgeschenk für einen Freund. Dabei fiel mir ein Gutscheinheft einer bestimmten Firma in die Hände. Eine von mehr als 100 möglichen Geschenk-Offerten lautete:
“ 1 Stunde lang mit Kuh schmusen und streicheln”
Und das für einen Wert von 40 EURO.
Leute…..…..was hab ich da als Kind Geld gespart…...........…...
50er – 60er – 70er – 80er Jahre
Wir haben Onkel Hanni in 2 Anekdoten kennen gelernt, und keiner weiß, über wen wir sprechen? Oder doch? Einige wenige werden sich noch an ihn erinnern. Onkel Hanni war eine Seele von Mensch. Ich kann mich nicht erinnern, daß er jemals mit irgend jemand in Streit geriet, außer eben seinen Schwestern, mit denen er gemeinsam im Haus lebte. Diese agierten logischerweise sehr bestimmend, da sie glaubten, ihr Bruder Hanni wäre einer eigenen Meinung nicht fähig und bedürfe Hilfe.
Diese Bevormundung begann bereits mit seinem Rufnamen
<< Hanni >>. Andernorts als Mädchenname verwendet, war und ist der Name Hanni in der Eifel ein verbreiteter Männername, und je nach Ansehen der Person wird der Name << Johann >> so verändert, dass entweder Hans, Haanes, Hennes oder eben Hanni daraus wird. Onkel Hanni wurde nun eben seit Kindheit << Hanni >> gerufen. Aus Klein-Hanni wurde später << Hanni >>, was immer noch besser klingt als Hänschen oder Hansi. Die Kurzform Hanni hatte sich bei seinen Eltern und Geschwistern eingeprägt, da er als Kind halt, bedingt durch die einstige Kinderlähmung, lange Zeit schmächtig war.
Nun war aus dem Klein-Hanni von einst ein kräftiger Mann geworden, der auch zupacken konnte.
Wie erwähnt bestanden Schwierigkeiten mit seiner Hand und seinem Handgelenk, aber er hatte es gelernt, die Landwirtschaft auch mit seinem Handicap auszuüben. Wenn er sich mal beschwerte, kommentierten seine Schwestern: „Stäl dich net su ohn.“ Onkel Hanni zog es dann vor, sich irgendwohin zurück zu ziehen, wo er allein war.
Wie die Namen verwendet wurden…Eine scherzhafte Betrachtung...
<< Johannes >>ist ein über Jahrhunderte beliebter und oft verwendeter Vorname, den es in vielen Variationen gab und gibt.
Vernachlässigen wir den Namen << John >> der sich in unseren Orten erst durch die Amerikaner einbürgerte und besehen wir uns die deutschen Formen des Namens.
Johannes
In seiner Form als vollständiger und nicht mundartlich verfremdeter Name, wird diese Namensform respektvoll angewandt und sorgfältig ausgesprochen, z.B. bei sogenannten besseren Persönlichkeiten. Dies trifft u.a. bei Kaisern, Königen, Heiligen etc. zu. Auch << St. Johannes >> Kirchen und Kapellen sind flächendeckend anzutreffen. Aber wer kennt schon Kirchen namens << St. Hanni >> oder << St. Hansi >>?. Der Name Johannes wird mit Respekt zur Person angewandt.
Johann
Ein Beispiel aus der Vergangenheit in Spangdahlem: Der Exbürgermeister Johann-Fritz Metzen
Hanni
