Ostwärts - Wolfgang Roehl - E-Book

Ostwärts E-Book

Wolfgang Roehl

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Beschreibung

Bebildertes Tagebuch einer Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Wladiwostok, mit Zwischenstopps in Krasnojarsk und Irkutsk. Weiter von Wladiswostok nach Südkorea. Rundreise per Auto durch Südkorea. Von da weiter in die Mongolei nach Ulan Bator. Rückreise wieder per Bahn.

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Seitenzahl: 158

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Vorbereitungen

Der Plan

Visafragen

Eine Planänderung

Hotels

Von Göttingen nach Wladiwostok

ICE 374 und eine Nacht auf der Spree

Flug SU 2319 nach Moskau

Moskau

Moskau

Moskau und Zug Nummer 56

Zug Nummer 56, zweiter Tag

Zug Nummer 56, dritter Tag

Helene-Fischer-Stadt, formerly known as Krasnojarsk

Krasnojarsk

Immer noch Krasnojarsk

Krasnojarsk und Zug Nummer 8

Irkutsk

Irkutsk

Circum-Baikal-Bahn

Immer noch Irkutsk

Zug Nummer 8

Zug Nummer 8, zweiter Tag

Zug Nummer 8, dritter Tag

Zug Nummer 8 und Wladiwostok

Wladiwostok

Südkorea

Flug KE 982 von Wladiwostok nach Seoul

Seoul

Seoul

Seoul

Von Seoul nach Pocheon

Von Pocheon nach Sokcho

Sokcho

Von Sokcho nach Yong Pyong

Von Yong Pyong nach Suanbo

Suanbo

Von Suanbo nach Andong

Von Andong nach Gyeongju

Von Gyeongju nach Tongyeong

Von Tongyeong nach Sancheon

Von Sancheong nach Kalmol

Von Kalmol nach Jeonju

Von Jeonju nach Mallipo

Mallipo

Von Mallipo nach Incheon

Von Ulan Bator nach Göttingen

Flug KES5867 von Incheon nach Ulan Bator

Ulan Bator

Zug 305 von Ulan Bator nach Ulan-Ude

Ulan-Ude

Ulan-Ude

Zug Nummer 1 von Ulan-Ude nach Moskau

Zug Nummer 1, Tag 2

Moskau

Zug 13 "Strizh" von Moskau nach Berlin

Wir sind wieder zu Hause

Und was hat das alles gekostet?

I. Vorbereitungen

Der Plan

Was macht man, wenn man mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau aus quer durch Russland gefahren und am Endpunkt Wladiwostok angekommen ist? Klingt wie ein Luxusproblem, und ist auch eines, aber auch Luxusprobleme brauchen eine Lösung, wenn man, wie wir es geplant hatten, die legendäre Transsibirische Eisenbahnstrecke fahren will.

Wir haben uns erst im August zu der Reise entschlossen, wollten spätestens Anfang September losfahren, um nicht zu sehr im Herbst mit seinen kurzen Tagen unterwegs zu sein, und hatten als Reisedauer ca. 2 Monate angedacht. Und wir wollten mit der Eisenbahn soweit nach Osten fahren, bis die Schienen zu Ende sind.

Und am Ende ist man dann in Wladiwostok. Und was macht man dann? In Wladiwostok sind zwar die Schienen zu Ende, so dass es mit der Bahn nicht mehr weitergeht, aber man könnten in ein Fährschiff umsteigen, um nach Südkorea, nach Japan oder erst nach Südkorea und dann nach Japan zu fahren. Japan schien uns allerdings recht teuer zu sein, während uns Südkorea preislich etwas günstiger und einfacher mit dem Auto zu bereisen schien. Daher beschlossen wir, die Reise in Südkorea fortzusetzen und mit einem Mietwagen das Land erkunden.

Das Fährschiff ab Wladiwostok fährt im Herbst aber nur einmal pro Woche und ist recht teuer, zumindest, wenn man eine Zwei-Personen-Kabine buchen und nicht auf dem Boden und/oder in einem Schlafsaal schlafen will. Zudem harmonierte der Abfahrtstag der Fähre nur schlecht mit unserer geplanten Ankunft in Wladiwostok, so dass wir mehr als eine Woche Aufenthalt dort gehabt hätten. Daher haben wir uns, wenn auch ungern, zu einer Fortsetzung der Reise per Flugzeugt nach Seoul entschlossen. Damit war dann auch die Rückreise leichter zu planen, denn die sollte dann nach einem weiteren Flug von Seoul nach Ulan Bator wieder mit der Eisenbahn zurück nach Göttingen erfolgen. Die ganze Strecke von Wladiwostok aus wieder wie auf dem Hinweg mit der Transsib zu fahren schien uns wenig attraktiv.

Wir hatten uns – man ist ja etwas bequem geworden, schließlich sind wir ja keine 60 mehr - für die Reise auf drei Prinzipien geeinigt:

Bahnfahren über Nacht nur im Zwei-Personen Schlafwagenabteil,

Hotels nur mit eigenem Bad (keine Gemeinschaftsbäder, erst Recht keine Schlafsäle) und

speziell in Südkorea: Nur Zimmer mit Betten, keine Futons auf dem Boden.

Alle Tickets und Übernachtungen haben wir vorab von zu Hause aus über das Internet gebucht.

Das geht für die Russische Bahn ganz hervorragend über deren Webseiten (https://pass.rzd.ru). Die Webseite ist auf Englisch umschaltbar, und man muss sich registrieren, um buchen zu können. Hier kann man für jeden Fernzug an jedem Tag sehen, welche Plätze noch frei sind und was die Plätze kosten, und kann Fahrkarten direkt online buchen. Bezahlt wird per Kreditkarte. Und auch die Rückgabe von Fahrkarten ist kein Problem, wie ich feststellen konnte: Der Fahrpreis wird umgehend auf die Kreditkarte zurücküberwiesen. Alle Fahrkarten sind Online-Tickets, man kann sie sich ausdrucken, muss das aber nicht tun – wir haben die Ausdrucke nie gebraucht.

Webseite der Russischen Eisenbahn

Die Transsibirische Eisenbahn ist kein spezieller Zug, sondern bezeichnet die Schienenverbindung von Moskau bis zum Pazifik. Es verkehren mehrere Züge auf verschiedenen Teilstrecken und zu unterschiedlichen Zeiten. Es gibt auch durchgehende Züge von Moskau bis Wladiwostok, aber dann sitzt man 6 Tage ununterbrochen in der Bahn und rauscht an Allem nur vorbei.

Da ich ungern mitten in der Nacht in einer fremden, russischen Stadt aus dem Zug steigen oder vor Morgengrauen in einen Zug einsteigen möchte, haben wir Fahrtunterbrechungen mit unterschiedlichen Zügen so geplant, dass wir nur zu halbwegs normalen Tageszeiten ankommen oder abfahren.

Bei der Planung merkt man schnell, dass die Strecke doch recht beliebt ist, denn die Erste Klasse mit den Zweibettabteilen ist schnell ausgebucht; dort gibt es auch nur 18 Plätze. Damals wusste ich noch nicht, dass man in diesem Fall auch vier Fahrkarten für die Zweite Klasse buchen kann, sodass man dann ebenfalls ein Zweierabteil für sich hat. Preislich macht das keinen Unterschied, lediglich die Sanitärräume sind dann stärker beansprucht, denn die Wagen der zweiten Klasse haben 38 Plätze, statt 18 wie in der ersten Klasse. Und da niemand ohne Reservierung den Zug besteigen kann besteht auch keine Gefahr, dass plötzlich unbekannte Reisende ins Abteil kommen und einen der beiden gebuchten, aber freien Plätze haben wollen.

Zu den Fahrkarten kann man auch gleich Mahlzeiten buchen, das bietet die Webseite automatisch an. Wir haben das Angebot gerne angenommen – man will ja nicht verhungern unterwegs. Das würde ich heute nicht mehr machen; besser ist es, bei Bedarf in den Speisewagen zu gehen. Zumal man pro Fahrkarte eine kostenlose Mahlzeit bekommt, was nirgends erwähnt wird und uns Tage mit doppeltem Mittagessen beschert hat.

Die Preise pro Platz variieren danach, wie kurzfristig man bucht, wie viele Plätze noch frei sind und um welchen Zug es sich handelt. Zu langes Zögern kann, wie ich feststellen musste, teuer werden.

Für den Flug von und nach Südkorea haben wir direkt bei Korean Air gebucht. (https://www.koreanair.com/global/de.html). Das ist nicht besonders preiswert, aber die Gesellschaft hat, anders als die Russischen Gesellschaften die die Route auch bedienen, einen guten Ruf. Den Mietwagen für Südkorea haben wir über den ADAC bei AVIS reserviert, was ausgesprochen günstig war (https://www.avis.de/mietwagen-angebote/partnerangebote/adac).

Die Rückreise sollte wieder weitgehend per Bahn erfolgen, und zwar von Ulan Bator in der Mongolei aus. Leider ist die Mongolische Bahn technisch noch nicht im Internetzeitalter angekommen – Fahrkarten gibt es nur vor Ort. Es gibt aber im Internet Angebote von findigen Mongolen, die einem eine Fahrkarte reservieren - wir haben den Dienst von Davaajav Ganbayar beansprucht, der uns die Tickets reserviert und dann vor Ort ins Hotel gebracht hat. Und erst da mussten wir sie bezahlen. Hat sehr gut geklappt; Kontakt lief per Mail: [email protected].

Reservierung für die Fahrt von Ulan Bator nach Ulan-Ude

Visafragen

Für die Russische Föderation muss man als Tourist aus Deutschland ein Visum haben. Dieses Visum gibt es in einer Vielzahl von Varianten, die sich hinsichtlich der erlaubten Aufenthaltsdauer, der Anzahl der möglichen Einreisen und natürlich im Preis unterscheiden. Das normale Touristenvisum erlaubt nur maximal einen Monat Aufenthalt, das war uns unter Berücksichtigung der geplanten Rückreise per Bahn zu kurz. Wir haben daher ein sog. Business-Visum mit 3 Monaten Gültigkeit und zwei Einreisen beantragt.

Jedem Visumsantrag muss man eine Einladung aus Russland, eine für Russland gültige Krankenversicherung mit der Mindestdeckung von 30.000 Euro sowie den Nachweis für die Rückkehrwilligkeit beifügen.

Wir haben die Visa über eine Agentur in Bonn beantragt, die auch die benötigte Einladung zur Verfügung stellt. Die normale Reise-Krankenversicherung des ADAC, die wir haben, deckt leider nur einen Zeitraum von maximal 6 Wochen ab, wir mussten daher für drei Monate – den Gültigkeitszeitraum der Visa - eine zusätzliche Krankenversicherung abschließen. Und diese ist, wie ich leider feststellen musste, für Menschen, die älter als 65 sind, recht teuer. Wenn das mal keine Altersdiskriminierung ist!

Der Nachweis der Rückkehrwilligkeit erfolgt über Gehaltsnachweise oder Rentenbescheide. Mir war bisher nicht bekannt, dass massenweise Touristen in Russland bleiben wollen, daher überrascht diese Regelung etwas. Grund ist wohl eher, dass russische Staatsbürger einen ähnlichen Nachweis für ein Visum in die EU führen müssen, so dass wir es hier mit einer klassischen Retourkutsche zu tun haben.

Wir wollten die gesamte Strecke von Göttingen nach Wladiwostok mit der Bahn fahren. Die direkte Verbindung von Berlin nach Moskau führt durch Weißrussland (Belarus), und für die Durchfahrt wird ein Transitvisum benötigt – ebenfalls mit zweifacher Einreise, wenn man auf diesem Weg auch wieder zurückkehren möchte.

Für Südkorea wird für Bundesbürger kein Visum benötigt, hier darf man sich 90 Tage aufhalten. Ähnliches gilt für die Mongolei, hier darf man sich mit deutschem Pass 30 Tage visumsfrei aufhalten

Insgesamt sah unsere Rechnung so aus:

2 x Transitvisum Weißrussland mit 2 Einreisen

192 €

2 x Visum Russland, 3 Monate, 2 Einreisen

420 €

Krankenversicherung 3 Monate, über ADAC, Wolfgang

268 €

Krankenversicherung 3 Monate, über ADAC, Brigitte

104 €

Damit hatten wir schon mal rund 1.000 Euro ausgegeben, bevor wir überhaupt losgefahren sind.

Eine Planänderung

Auf der Strecke von Berlin nach Moskau verkehrt ein sehr schöner Zug, den wir schon einmal in Berlin gesehen haben, als er am Bahnsteig stand. Für diesen Zug hatten wir Fahrkarten gebucht – übrigens mit Seniorenrabatt - und wollten zwei Wochen vor Abfahrt nur einmal nachsehen, ob der Zug einen Speisewagen hat.

Dabei sind wir auf den Hinweis der Russischen Botschaft gestoßen, dass eine legale Einreise nach Russland von Belarus (Weißrussland) aus für EU-Bürger legal nicht möglich ist, da es an der Grenze zwischen beiden Ländern keine Grenzkontrollen gibt (da gibt es eine Art Mini-Schengen).

Webseite der Russischen Botschaft:

„Im Straßen- sowie Schienenverkehr auf dem russisch-weißrussischen Abschnitt der Staatsgrenze der Russischen Föderation sind keine für den internationalen Verkehr zugelassenen Grenzübergangsstellen errichtet, sodass keine Grenzkontrolle von Personen und Verkehrsmitteln erfolgen kann.

Die Benutzung der für den Straßen- sowie Schienenverkehr zugelassenen Grenzübergangsstellen zwischen Russland und Weißrussland durch die ausländischen Staatsbürger […] ist ein Verstoß gegen das […] Verfahren zum Übertreten der Staatsgrenze der Russischen Föderation unabhängig davon, ob ein Visum […] vorliegt.“

https://russische-botschaft.ru/de/consulate/visafragen/zum-grenzubertritt-der-russisch-weisrussischen-staatsgrenze/

Das deutsche Auswärtige Amt zitiert allerdings ein Schreiben des Russischen Verkehrsministeriums, wonach der Zug Berlin - Moskau von dieser Regelung ausgenommen ist, und auch das Reisebüro, über das wir unsere Visa bezogen haben, schrieb uns, die Einreise per Zug sei unproblematisch, wenn man die entsprechenden Visa hat. Dies war auch der Standpunkt des Reisebüros, über das wir unsere Visa bezogen haben.

Webseite des Auswärtigen Amtes

Im Reiseverkehr ist es an der Grenze zur Russischen Föderation seit Herbst 2016 zu Zurückweisungen von Reisenden aus Drittstaaten gekommen, da die dortigen Grenzübergänge rechtlich nur für die Nutzung von russischen und belarussischen Staatsangehörigen zugelassen sind. […]

Die Nutzung des Fernzugverkehrs (Strecke Berlin-Moskau) ist nach Mitteilung des Russischen Verkehrsministeriums möglich, sofern die Reisenden im Besitz von gültigen Visa für die Russische Föderation und die Republik Belarus sind. Dennoch wurde auch hier in Einzelfällen deutschen Staatsangehörigen ein illegaler Grenzübertritt vorgeworfen.

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/belarus-node/belarus-

Und dann gibt es noch den Offenen Brief eines Schweizers im Netz, der genau dies getan hat, und bei dem man zwar nicht bei der Einreise selbst, wohl aber beim ersten Hotel in Russland die Polizei verständigt hat, weil er keine legale Einreise nach Russland vorweisen konnte - mit der Folge, dass er Strafe zahlen und sofort ausreisen musste.

Damit stand es 2 zu 2 Unentschieden hinsichtlich der legalen Einreise per Eisenbahn über Belarus. Und da wir nicht diejenigen sein wollten, die testen, welche Seite Recht hat, haben wir umdisponiert, wollten lieber per Flugzeug von Berlin nach Moskau reisen. Damit tauschen wir die dauernde Unsicherheit wegen möglicherweise fehlender Einreisestempel gegen die einmalige Unsicherheit, dass unser Gepäck verloren geht - wir wollten mit Aeroflot fliegen, eine Fluggesellschaft, die im Netz einen Ruf als notorische Gepäckverlierer hat.

Aus dem Schreiben von Michael Tschanz, Geschäftsführer chtour GmbH

Mit einem für Russland gültigen Visum sind wir am Morgen des 31. August 2018 mit dem Zug von Belarus aus in der russischen Stadt Smolensk eingetroffen, wo wir ein Hotel für die folgende Nacht gebucht hatten. Die Nacht verbrachten wir jedoch nicht im Hotel, sondern auf den Posten der Polizei und des Bundessicherheitsdienstes FSB […]. Wir wurden fotografiert und erkennungsdienstlich behandelt, mit einer Busse von je 2000 Rubeln bestraft, an unserer Weiterreise nach Moskau gehindert und schliesslich gezwungen, morgens um 5 Uhr mit dem Zug zurück nach Belarus zu fahren.

https://www.chtour.ch/wp-content/uploads/2018/09/Open-Letter-11Sep2018-DE.pdf

Auf der Rückreise haben wir die Strecke ja noch einmal auf dem Programm, für die Ausreise gibt es keine Warnung. Die Fahrkarten für die Hinfahrt konnte ich problemlos und ohne Kosten über die Webseite der Russischen Bahn zurückgeben.

Als Alternative haben wir einen Flug von Berlin Schönefeld nach Moskau Sheremetyevo gebucht. Der Flughafen liegt ziemlich weit außerhalb, aber es gibt eine Zugverbindung in die Innenstadt von Moskau. Auch für diesen Aerotrain lassen sich Tickets vorab im Internet buchen. Der Zug fährt zum Belorussischen Bahnhof, an dem wir auch angekommen wären, wenn wir den Zug von Berlin nach Moskau genommen hätten.

Hotels

Wir haben alle Hotelübernachtungen vor der Reise über Booking.com gebucht. Das hat den großen Vorteil, dass man die Unterkünfte in Ruhe zu Hause vergleichen kann. Man kann sich über Lage, Ausstattung und Preis informieren und die Kommentare anderer Gäste lesen. Und man kann sicher sein, eine Unterkunft zu haben, wenn man in einem Ort ankommt.

Ein Nachteil dieses Vorgehens ist allerdings, dass man sich schon vor der Reise genau festlegen muss, wie und wohin man wann fährt. Wir haben zwar, wenn möglich, Unterkünfte mit Stornierungsoption gebucht. Spontane Änderungen sind dann theoretisch noch möglich, ziehen aber eine Kette von Stornierungen und Umbuchungen nach sich. Wir haben diese Möglichkeit nicht genutzt.

Ein anderer Nachteil des Vorausbuchens ist, dass man sehr viel Zeit damit verbringen kann, die optimale Unterkunft zu finden. Ich glaube, die Hotelsuche hat länger gedauert wie die Reise selbst.

Unsere Reise war am Ende sehr stark durchgeplant, so dass sie fast schon den Charakter einer Pauschalreise hatte. Trotzdem haben wir es insgesamt doch sehr angenehm gefunden, unterwegs nicht auch noch Zeit für Reiseplanung aufwenden zu müssen.

Und wir haben uns natürlich immer gefragt, wie wir das eigentlich früher, in der Zeit vor dem Internet, gemacht haben. Da ist man dann auf gut Glück, oder nach Empfehlungen eines Reiseführers, zu einer Unterkunft gefahren und hat sich überraschen lassen. Ob das jetzt besser war?

Am Montag, den 9. September 2019, sind wir dann endlich losgefahren.

II. Von Göttingen nach Wladiwostok

Montag, 09. September: ICE 374 und eine Nacht auf der Spree

11:09 - Abfahrt vom Göttingen Bahnhof

Zu Hause ist alles verschlossen, abgedreht, ausgeschaltet, dichtgemacht und verriegelt. Wir sind viel zu früh am Bahnhof, üben schon mal das Warten auf dem Bahnsteig. Der ICE nach Berlin kommt mit den üblichen 5 Minuten Verspätung, um 11:09 fahren wir los. Der Zug ist ziemlich leer, wir sitzen im Bistrowagen, trinken Kaffee, fahren durch einen trüben Tag.

Endstation ist der Ostbahnhof - das war zu DDR-Zeiten der Hauptbahnhof und noch früher der Frankfurter Bahnhof. Frankfurt an der Oder, natürlich.

Gerade als wir den Bahnhof verlassen, wird das leichte Nieseln zu eine richtigen Regen. Wir nehmen ein Car2go-Auto, das gerade passend an der Straße steht, und fahren das kurzes Stück zu unserer Unterkunft. Eigentlich könnte man hier an der Spree und einem Stück stehen gebliebener Mauer entlang zum Hostel laufen. Dieses Stück Mauer ist auf beiden Seiten mit Graffiti und Bildern bemalt – es ist die East Side Gallery. An sich sehr spannend, aber bei Regen verliert eine Freiluft-Galerie stark an Attraktivität.

Blick vom Hostel-Hausboot aus auf die Oberbaumbrücke

Wir übernachten in einem Hostel-Hausboot, in der Nähe des Warschauer Bahnhofs, im Stadtteil Friedrichshain, mit Blick auf die Oberbaumbrücke. Hier ist ein wenig die Zeit stehen geblieben, viel alternative Szene. Wir wohnen in einer Kabine kurz über der Wasserlinie, mit zwei Bullaugen und vier Betten (aber ohne entsprechende Mitbewohner) und eigenem Bad. Alles recht eng und einfach, aber trotzdem nett.

Nachmittags machen wir uns auf den Weg zum neueröffneten Futurium - eine Zukunftswerkstatt, was immer das auch sein mag -, brauchen aber für den Weg so lange, dass wir vorher umkehren und lieber per Straßenbahn zurück zum Hostel fahren. Ich kann mich nicht erinnern, dass Westberlin eine Straßenbahn hatte - die gesamte Strecke führt also durch den ehemaligen Ostteil und ist eine Stadtbesichtigung durch ein uns völlig unbekanntes Berlin.

Abends findet in der Lounge unseres Schiffes, wie offenbar jeden Montag, eine kostenlos englische Comedy-Show statt, "Berlins #1 (and only) stand-up comedy show on a boat" laut Werbezettel. Die Atmosphäre ist wie bei der Sendung "Waschsalon", nur eben in echt. Wir betreten den Showroom durch eine Hintertür direkt vom Hotelteil des Schiffes aus, und bekommen daher auch keinen kostenlosen Aufwärm-Schnaps, und wir haben auch keine reservierten Plätze. Wir bekommen daher zwei Stühle in gefährlicher Nähe der Bühne.

Das Publikum ist jung und sehr international, wir scheinen die einzigen Deutschen zu sein und heben den Altersschnitt beträchtlich. Wir verstehen zwar nur einen Teil und werden, wie schon befürchtet, auch noch in die Show einbezogen, trotzdem ist es ein sehr unterhaltsamer erster Abend. Aber da wir morgen noch etwas vorhaben, ziehen wir uns in der Pause in unsere Kabine zurück.

Unsere Kabine auf der Spree

Wir schlafen mit offenem Bullauge. Manchmal schaukelt das Schiff ganz leicht.

Dienstag, 10. September Flug SU 2319 nach Moskau

Wir frühstücken in einem Café gegenüber der nahen S-Bahn-Station, fahren dann mit der Linie S9 bis zum Flughafen Schönefeld. Von unserem Ausflug gestern weiß ich, wie man den Fahrkartenautomaten bedient – einfach fand ich das für einen Nicht-Berliner nicht. Eine ausländische Reisegruppe hat das System wohl nicht verstanden; beim Aussteigen sehen wir sie mit mehreren Kontrolleuren auf dem Bahnsteig stehen. Die Linie zum Flughafen dürfte für Kontrolleure sehr ergiebig sein.

Gegen 10:00 Uhr - und damit wieder viel zu früh - sind wir im Terminal A. Schönefeld wirkt ein wenig wie ein Provinzflughafen, die Gebäude von außen immer noch mit leichter DDR-Anmutung.

Nun beginnt das große Warten: Warten, dass der Check-In geöffnet wird, warten, dass wir einchecken können, warten vor der Sicherheitskontrolle, warten vor der Passkontrolle, warten auf den Einstieg, warten im Flugzeug auf den Start. Der eigentliche Flug wirkt da fast wie eine störende Unterbrechung.

Wir starten pünktlich um 14:15, die Maschine (Airbus A 320) ist voll besetzt. Rund drei Flugstunden und 1 Stunde Zeitumstellung später landen wir in Moskau. Die Passkontrolle geht schnell und problemlos (kein Vergleich mit der in die USA letztes Jahr), und unser Gepäck kreist auch schon auf dem Kofferband - und zwar vollständig! Allerdings komme