Painting Flowers: Zusammen erblüht - Annie C. Waye - E-Book

Painting Flowers: Zusammen erblüht E-Book

Annie C. Waye

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Beschreibung

***Wenn Mr. Right schon vergeben ist ...***

Die vierundzwanzigjährige Floristin Marie rechnet am Valentinstag nicht damit, jemanden wie Daan zu treffen. Daan, der exzentrische Künstler, der in ihren Blumenladen stolpert und sie sofort in seinen Bann zieht. Daan, der ihr daraufhin einfach nicht mehr aus dem Kopf geht. Daan, der verlobt ist und in den sie sich auf keinen Fall verlieben darf.

Während die niederländischen Tulpen im Frühling erblühen, begegnen sich die beiden vor einer traumhaften Schlosskulisse wieder. Marie kann nicht verhindern, dass ungeahnte Frühlingsgefühle in ihr zum Leben erwachen. Gefühle, die alles andere als angebracht sind: Schließlich soll sie Daans Hochzeit vorbereiten …

Seasons of Love: Alle Bände sind unabhängig voneinander lesbar.

  • Spicy Romance für Young und New Adult Leserinnen
  • Frühlingsgefühle pur: Valentinstag, Floristik und die Niederlande zur Tulpensaison
  • Tropes: Hochzeit, verbotene Liebe
  • mit wenig Drama und viel Gefühl

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Painting Flowers

Zusammen erblüht

Impressum

Annie Waye

c/o JCG Media

Freiherr-von-Twickel-Str. 11

48329 Havixbeck

© 2025 Annie Waye

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlaggestaltung: Emily Bähr

Korrektorat: Monika Schulze

Dieser Buchsatz wurde mit Ressourcen von Freepik.com erstellt.

ISBN (Taschenbuch): 978-3-7322-3112-6

Am Ende dieses Buchs findest du ein Glossar.

Auch erschienen:

Faking Butterflies: Zusammen berühmt (Frühlingsroman)

Craving Sunlight: Zusammen erstrahlt (Sommerroman)

Changing Tides: Zusammen erwacht (Sommerroman)

ANNIE WAYE

Annie Waye ist eine junge Autorin mit einer alten Seele. Sie ist auf der ganzen Welt zu Hause und seit jeher der Magie der Bücher verfallen. Sie schreibt, um fremde und vertraute Welten zu erschaffen, sympathischen und zwiespältigen Charakteren Leben einzuhauchen und Dunkelheit und Stille aus den Herzen der Menschen zu vertreiben. Wenn sie nicht gerade an Romanen arbeitet, veröffentlicht sie Kurzgeschichten und bereist die Welt auf der Suche nach ihrem nächsten Sehnsuchtsort.

Instagram: @anniewaye.author

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Bonuscontent: Auf Patreon findest du Hintergrundinfos zum Buch, Bonusinhalte, Deleted Scenes und exklusive Einblicke in das Autorenleben und die kommenden Veröffentlichungen von Annie Waye.

Für alle, die den Frühling nicht nur auf ihrer Haut spüren, sondern im Herzen tragen wollen.

1. Valentijnsdag

»Bist du dir auch ganz sicher, Liebes?«, fragte meine Großmutter nun schon zum vierten Mal, seit sie den Laden betreten hatte. Und das war erst vor zehn Minuten gewesen. »Du musst das wirklich nicht tun, weißt du?«

Seufzend lehnte ich mich gegen die Theke. »Natürlich weiß ich das. War schließlich meine Idee.« Es war vielleicht keine gute Metapher, aber der Blumenladen um uns herum blühte an Tagen wie diesen förmlich auf. An Tagen, an denen wir unseren Bestand kräftig aufgestockt hatten, weil wir mehr Kunden haben würden als manchmal in mehreren Wochen zusammen: Es war Valentinstag.

Meine Großmutter schürzte die Lippen. Sie sah nicht aus wie die typische Floristin: Mit ihren hochtoupierten, rot gefärbten Haaren, dem vielen Make-Up im Gesicht und ihrer allzeit glattgestrichenen Kleidung, die immer perfekt auf die Farbe ihrer Handtasche abgestimmt war, hätte man sie eher für eine pensionierte Unternehmerin oder eine Modedesignerin halten können. Wobei Letzteres von unserem Beruf gar nicht so weit entfernt war, wie man meinen könnte.

Der Blick, mit dem sie mich bedachte, beinhaltete einen Mix aus Skepsis und Sorge. »Es ist wirklich nicht notwendig, Marie«, bekräftigte sie nochmal. »Wenn du dich nicht völlig verrechnet hast, haben wir unsere Umsatzerwartungen für heute schon übertroffen.« Es war seltsam, jemanden wie sie über etwas so Wirtschaftliches reden zu hören. Genau wie ich war sie Floristin geworden, weil sie die Schönheit der Natur mehr liebte als alles andere. Das war auch der Grund gewesen, weshalb sie mich dringend gebraucht hatte, um den Laden zu schmeißen – manchmal reichte die reine Liebe eben nicht aus.

»Ist schon gut.« Ich rieb mir die Hände an meiner dunkelgrünen Schürze ab, auf der das Logo unseres Ladens eingestickt war: Schneeweißchen und Rosenrot. Welche Blumen dieses zierten, erklärte sich von selbst. »Ich hab doch sonst nichts mehr vor heute.«

»Und genau das ist das Problem.« Meine Oma unterdrückte einen Seufzer, ehe sie ihrem Namen alle Ehre machte: »Es ist Valentinstag, Marie! Du bist vierundzwanzig Jahre alt und solltest verabredet sein. Ins Kino gehen oder tanzen –« Sie stockte – aber wahrscheinlich nicht, weil ihr auffiel, dass es Donnerstag war und man in Bad Halldorf heute ganz sicher nirgends tanzen gehen konnte. »Was ist eigentlich mit dem jungen Mann, den ich neulich hier gesehen habe? Wie sieht es mit dem aus?«

Ich riss die Augen auf und schüttelte so heftig den Kopf, dass sich eine dunkle Haarsträhne aus meinem Dutt löste. »Das war doch nur Michi!«, beteuerte ich. »Mit dem bin ich zur Schule gegangen, und er war zufällig in der Gegend.« Ich schnaubte belustigt. »Absolut kein Valentinstagsmaterial.«

Gerlind, wie ich sie vor anderen Kunden nennen musste, rümpfte die Nase. »Na, hier drin wirst du heute definitiv auch keines finden, so viel steht fest.«

Wo sie recht hatte: So ziemlich jeder Mann, der diesen Laden betrat, war auf der Suche nach einem Geschenk für die Frau, die er liebte. Oder den Mann.

Allerdings nicht nur heute – die Tatsache, dass Blumen das Geschenk für Jahrestage, Jubiläen, Hochzeiten oder Entschuldigungen war, machte es ziemlich schwierig, hier jemanden kennenzulernen. Aber ich hatte mir diesen Job schließlich nicht zum Flirten ausgesucht. Ich, Marie Heinrich, die jeden Valentinstag in der Schule tief in ihrem Sitz versunken war, weil sie genau wusste, dass sie bei der großen Rosen-Verschenkaktion keine einzige abbekommen würde. Und tatsächlich, ganz egal, wie viele Rosen verteilt worden waren, es war nie eine für mich dabei gewesen. Mit Ausnahme von einem Jahr, in der mein Vater unseren Klassenlehrer bestochen hatte und ich vor versammelter Mannschaft mit einem ganzen Rosenstrauß beschenkt worden war. Peinlichste Aktion überhaupt.

Das war ein Jahr gewesen, bevor er gestorben war. Bevor meine Mutter mit einem viel jüngeren Kerl nach Mallorca ausgewandert war, um ein Restaurant, ein Café oder was weiß ich zu eröffnen. Ich hatte schon seit einigen Monaten keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt – und in den letzten Jahren war es nicht darüber hinausgegangen, dass sie mich um Geld gebeten hatte.

Jetzt gab es nur noch meine Oma und mich.

»Es ist okay«, entschied ich, bevor sich diese ein neues Argument einfallen lassen konnte. »Sieh dich doch mal um.« Unauffällig nickte ich in Richtung der drei, vier Kunden, die in verschiedenen Ecken des Ladens stehengeblieben waren und so taten, als würden sie sich intensiv mit dem Angebot beschäftigen, obwohl es jeder von uns im Raum besser wusste: Sie hatten nicht den blassesten Schimmer, was sie wollten, und warteten nur darauf, dass ich das Gespräch mit meiner Großmutter beendete, um ihnen weiterzuhelfen.

Gerlind atmete tief durch, und ich konnte förmlich heraushören, wie ihr letzter Mut, mich noch dazu überreden zu können, den Laden für heute zu schließen, mit der Luft aus ihren Lungen gestoßen wurde. »Ich mache mir doch nur Sorgen um dich«, sagte sie sanft. »Andere Frauen in deinem Alter ziehen in eine andere Stadt, gehen studieren, feiern, reisen ins Ausland … und du?« Ihr Lächeln hatte etwas beinahe Wehmütiges an sich. »Du sitzt hier schon dein Leben lang fest. Ich habe Angst, dass es nicht mehr lange dauert, bis du wortwörtlich Wurzeln schlägst.«

Ich nagte an meiner Unterlippe. »Ich habe eben schon das gefunden, was ich machen will«, entgegnete ich. »Andere schaffen das ihr Leben lang nicht.«

Gerlind nickte langsam, ein Zeichen dafür, dass sie sich geschlagen gab – vorerst. Bis wir eine ähnliche Diskussion aufs Neue führten. Wahrscheinlich würde es bis dahin nicht einmal zwei Tage dauern. »Also gut. Aber überarbeite dich nicht, ja?« Sanft rieb sie mir mit einer Hand über den Oberarm. »Wenn dein Körper oder dein Geist sagt, es ist genug, dann ist es genug. Hörst du mich? Dann wirfst du alle raus, die hier noch herumlungern!« Sie kniff die Augen zusammen. »Das gilt natürlich jetzt schon für alle, die nur reinkommen, um sich aufzuwärmen.«

Ich kicherte. »Ist gut, Oma. Mach dir keinen Kopf.« Ich stieß mich von der Theke ab und führte sie durch den Blumenladen zur Tür. »Ich krieg das schon hin.«

»Vergiss nicht, zwischendrin was zu essen! Und mach keine Minute länger als zwölf!«, ermahnte sie mich. »Ich rufe dich so lange an, bis du abschließt, wenn es sein muss!«

Ich grinste. »Ich werde mich hüten.« Am Ausgang angekommen, hauchte ich ihr einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht.«

»Gute Nacht, Marie.«

Als sie mich verließ, fühlte sich ein Teil von mir seltsam erleichtert. Seit drei Jahren arbeitete ich nun schon hier – nachdem ich nochmal drei Jahre meine Berufsausbildung in einem anderen Blumenladen hatte absolvieren müssen, weil Oma fest davon ausgegangen war, dass ich sowieso nach vier Wochen hinschmeißen würde.

Sogar nachdem ich mein Ausbildungszeugnis in Händen gehalten hatte, hatte es sie einiges an Überwindung gekostet, mich hier arbeiten zu lassen: An ihrem Baby, den letzten Überresten von etwas, das man heutzutage wohl als Blumenmonopol in Emsland bezeichnet hätte. Doch wie so viele Branchen hatte die Floristik vom wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Wandel nicht nur profitiert.

Das Monopol war zersplittert, und meine Großmutter hatte sich und ihre Filiale gerettet und seit Jahrzehnten gerade so über Wasser gehalten. Irgendetwas an ihrem Laden in fremde Hände zu geben, hatte sie viel Überwindung gekostet, vor allem, seit mein Vater gestorben war. Sie fürchtete sich davor, auch den letzten Rest ihres Vermächtnisses zu verlieren. Aber ich hatte mir fest vorgenommen, sie nicht zu enttäuschen – und dafür kämpfte ich jeden Tag. So auch heute, am Valentinstag, an dem ich den Laden bis Mitternacht geöffnet lassen würde, um all den Menschen, die last-minute auf der Suche nach dem perfekten Geschenk waren, zu geben, was sie brauchten.

Und davon gab es einige. Während ich mich dem Verkaufsbereich zuwandte, band ich mir meine Haare schnell zu einem frischen, wenn auch immer noch unordentlichen Dutt, und ließ den Blick durch den Raum schweifen.

Unser Laden sah wahrscheinlich nicht anders aus, als man es sich typischerweise vorstellte: Einfach alles war voll mit Blumen. Normalerweise boten wir größere Variationen von Topfpflanzen über Gestecke und Kränze bis hin zu Saatgut und Blumenerde an. Aber jetzt, in der Valentinstagswoche, hatten wir deutlich umgestellt und uns vor allem auf Steckrosen und Bouquets konzentriert. Die ganze Woche über hatten Gerlind, ich und ein paar Aushilfskräfte damit zugebracht, Blumen und Dekoration einzukaufen und sie zu den schönsten Sträußen zu binden. Einen Großteil des Ladens machten Rosen in allen erdenklichen Farben des Regenbogens aus: Sie nahmen ein ganzes Regal für sich ein, das sich über die vom Tresen aus rechte Seite des Verkaufsraums erstreckte.

An der gegenüberliegenden Wand und auf den kleinen Blumeninseln, die wir auf niedrigen Regalen und in den Ecken und Enden des Geschäfts aufgebaut hatten, fanden sich wiederum Kombinationen mit und ohne Rosen. Für jeden Geschmack war etwas dabei – auch für diejenigen, die ihren Geschmack selbst nicht kannten. Dann war es an uns, ihnen dabei zu helfen, sich festzulegen.

Wie jedes Jahr hatte ich heute Morgen Sorge gehabt, dass wir auf zu vielen der Sträuße sitzenbleiben würden – aber im Laufe des Tages war es zu einer meiner Hauptaufgaben geworden, die vielen Lücken, die sich in unseren Aufbauten bildeten, zu schließen, damit die Blumenregale nicht wie Schweizer Käse aussahen. Vor allem die beiden Aufsteller, die wir vor der Tür platziert hatten und auf die ich durch die gläsernen Außenwände stets einen guten Blick hatte, wurden mit der Zeit immer karger. Das war eben so eine Sache an Blumen: Jeder wollte welche haben, aber die meisten wollten sich so wenig Umstände wie möglich machen, wenn sie welche kauften. Sie kamen zufällig hier vorbei, schnappten sich einen der Sträuße, der sie gerade anlachte, und im besten Fall kamen sie dann sogar kurz rein, um zu bezahlen.

Auch wenn wir einen vergleichsweise warmen Februar hatten, lief hier drinnen die Heizung, damit die Blumen und Kunden nicht froren. Dafür erfüllten sie die Luft im Geschäft zu jeder Zeit mit ihrem Duft – die Blumen, nicht die Kunden. Zum Glück nicht die Kunden.

Der Geruch der Blumen war nicht aggressiv wie in einer Parfümerie, und man konnte sich nie daran sattriechen. Je nachdem, was wir verkauften, roch ich andere Nuancen aus der Gesamtkomposition heraus, die vor allem eine Sache an meinem Job unterstrichen: Dass kein Tag wie der andere war.

Ich ließ den Blick über die Kunden schweifen. Ich hatte nicht mitbekommen, welcher der vier den Laden zuerst betreten hatte, weshalb ich nach einem anderen Maßstab vorging und zu demjenigen trat, der den verzweifeltsten Eindruck machte.

»Guten Abend«, begrüßte ich ihn überschwänglich und mit einem breiten Lächeln, weil ich mit den Jahren gelernt hatte, dass man mit guter Laune oft auch Leute anstecken konnte, die beim Betreten des Ladens keine gehabt hatten.

»Oh, h-hallo.« Mein Gegenüber wandte sich mir zu und entpuppte sich als etwa mittefünfzigjähriger Mann mit kreisrundem Haarausfall und einer Brille genauso rundlich wie seine Statur. Er trug einen Anzug mit Krawatte, und während ich so vor ihm stand, stieg mir der Anflug einer Schweißnote in die Nase. »Ich schau mich nur um«, wehrte er schon ab, bevor ich auch nur fragen konnte, ob er Hilfe benötigte.

Es war interessant zu sehen, welche Menschen – insbesondere Männer – es noch zu dieser späten Stunde in den Laden verschlug. Es war Viertel nach acht, zwei Stunden nach unserem üblichen Ladenschluss. Schon an den letzten Valentinstagen hatte ich es mir angewöhnt, zu raten, welchen Gast es aus welchem Grund hierher zog.

Schon klar, man lief dabei nur zu leicht Gefahr, in Vorurteile zu verfallen – aber viele der Menschen hier sah ich ohnehin nie wieder. Was auch bedeutete, dass ich selten herausfand, ob ich richtiggelegen hatte. Leider.

Ich wich nicht von der Seite meines Kunden, sondern ließ den Blick über die Schnittblumen schweifen, die sich vor uns erstreckten. Bei ihm tippte ich ganz stark auf einen vielbeschäftigten Geschäftsmann, der zwar Unmengen an Geld mit nach Hause brachte, dafür aber kaum Zeit. Er wirkte etwas blass um die Nase. Ich konnte ihm das schlechte Gewissen ansehen. Wahrscheinlich hatten sich seine Frau und er schon oft darüber gestritten, dass er so spät von der Arbeit zurückkam – und dann schaffte er es nicht einmal heute rechtzeitig. Vielleicht hatte ein Meeting länger gedauert oder ein Problem in der Firma ihn aufgehalten, aber jetzt war er hier und suchte verzweifelt nach einer Aufmerksamkeit für die Frau, die er doch so sehr liebte.

»Was ist ihre Lieblingsfarbe?«, hob ich an.

Erstaunt blickte der Mann in meine Richtung. »M-meine?«

Zweifelnd drehte ich den Kopf zu ihm. »Nein, die von ihrer –«

Er blinzelte hektisch. »O-oh.« Er räusperte sich. »Seine Lieblingsfarbe ist grün«, nahm er mir dann jeglichen Wind aus den Segeln. »Aber das ist wahrscheinlich keine Farbe für Blumen.«

Meine Augen wurden groß. Er? Da hatte ich ja mal so was von danebengelegen. »Im Gegenteil«, widersprach ich. »Die meisten Pflanzen haben doch etwas Grünes an sich. Wir müssen nur welche finden, die das Grün gut komplementieren.« Suchend blickte ich mich um und wurde schnell fündig. »Was spricht gegen die guten, alten roten Rosen?« Während ich sprach, wich ich von seiner Seite und schritt zum Tresen hinüber, neben dem ich ein paar hochwertigere Sträuße aufgereiht hatte: Nicht die einfachen schnittblumenbasierten Zusammenstellungen, sondern welche, die mehr zu bieten hatten.

»Ach, rote Rosen«, antwortete mein Kunde abfällig, schlurfte aber trotzdem hinter mir her. »Er sagt immer, ich soll ihm bloß nicht mit roten Rosen kommen. Das ist ihm zu viel Klischee.«

Ich schmunzelte in mich hinein. »Scheint ja jemand mit Charakterstärke zu sein.«

»Und wie!«, seufzte der Geschäftsmann. »Vor allem, wenn ich es wage, am Valentinstag ohne ein Geschenk aufzukreuzen. Das ist dann wieder nicht zu viel Klischee«, fügte er murmelnd hinzu.

»Na ja …« Ich blieb neben dem Tresen stehen und hob zielgerichtet einen fertigen Strauß aus seiner Halterung. »Zum Glück kann man mit Klischees spielen.« Ich wandte mich zu ihm um und präsentierte ihm den Strauß mit zwölf violetten Rosen, perfektioniert durch ein Beiwerk aus saftig grünem Eukalyptus.

Die Augen des Mannes wurden hinter seiner Brille groß. »Was … ist das?«, fragte er verwundert, aber dem Tonfall nach auch nicht ganz abgeneigt.

»Ich glaube«, antwortete ich leichthin, »das ist Ihr perfekter Strauß.« Sanft drehte ich ihn in den Händen. »Die charakterstarken Rosen für ihn, und der weiche Eukalyptus für Sie.« Ich hielt ihm den Strauß hin. »Passt perfekt zusammen, oder etwa nicht?«

Behutsam, fast schon ehrfürchtig, nahm er mir den Strauß ab. »Und er ist grün!«

Ich unterdrückte ein Seufzen. »Und er ist grün.«

Der Mann riss den Blick nicht von dem Strauß, und mit jedem Augenblick, der verstrich, schien er etwas mehr in ihm zu versinken. Ich wusste genau, wie sich dieser Moment für ihn anfühlte. Ein Moment, dem ich schon so oft beigewohnt hatte, der mich aber immer wieder aufs Neue mit einer ungeahnten Wärme erfüllte: Es war der Moment, in dem man aufhörte, die Blumen zu sehen, und stattdessen denjenigen darin erblickte, den man aufrichtig liebte.

Seine Lippen teilten sich kaum, als er sich schließlich dazu zwang, mich wieder anzusehen, und sagte: »D-den würde ich gerne nehmen.« Nur wenige Minuten später verließ er den Laden mit dem Strauß in der einen und seinem Handy in der anderen Hand. Das Letzte, was ich von ihm hörte, ehe er nach draußen trat, war: »Schatz? Ich komme jetzt nach Hause.«

Dieser eine Satz beflügelte mich so sehr, dass die nächste Stunde wie im Flug verging. Zwei der anderen drei Kunden schafften es auch ohne meine Hilfe, den perfekten Strauß für sich auszuwählen, und der vierte schlich sich aus dem Laden, bevor ich mich um ihn kümmern konnte. Wenn gerade niemand da war, fegte ich kurz durch – es war unglaublich, wie schnell sich in einem Blumenladen Dreck aller Art ansammeln konnte!

Gerlind schickte mir regelmäßig Kontrollnachrichten, in denen sie mir einzureden versuchte, dass es für heute genug war. Aber ich machte mir lieber noch einen Kaffee mit unserer 1A-Kaffeemaschine im Hinterzimmer und genoss ihn in vollen Zügen, während ich neue und immer neue Leute beobachtete, die es ins Schneeweißchen verschlug.

So viele unterschiedliche Menschen fanden hier zusammen. Mann und Frau, Jung und Alt, manche in Jogginghosen, andere in Uniform – Angestellte in unflexiblen Berufen, die es an diesem besonderen Tag einfach nicht früher nach Hause geschafft hatten, aber auch nicht mit leeren Händen ankommen wollten.

Ich konnte den Herrn verstehen, dem ich violette Rosen für seinen Freund oder Mann verkauft hatte. Obwohl wir heute viel Geld verdienten, war ich kein Fan vom Valentinstag – nicht zuletzt aufgrund meiner Erfahrungen in der Schule. Aus der Ferne betrachtet war dieser Tag unglaublich romantisch, aber oft auch zu abgehoben. Ein Anlass, zu dem man seinen Partner mit genau der Liebe überschüttete, die er doch eigentlich jeden Tag verdient hätte.

Wenn ich mal nicht aufpasste, ertappte ich mich dabei, wie ich Menschen mit Blumen verglich – nicht nur mit charakterstarken Rosen und weichem Eukalyptus. In einer Frau, die am Laden vorbeilief, glaubte ich eine Lilie zu sehen, in einem älteren Mann eine kraftvolle Orchidee – und dann betrat ein Kunde den Raum, der sofort meine volle Aufmerksamkeit hatte.

Er erinnerte mich an eine Hyazinthe. Großgewachsen, lebhaft, facettenreich. Während er durch den Verkaufsraum trat, ließ er den Blick über das Angebot schweifen, was aber nichts daran änderte, dass er sich unentwegt auf mich zubewegte. Zielstrebig. Er hatte blonde, gegelte Haare und trug trotz der kalten Februartemperaturen nur ein Shirt mit Jeansjacke darüber. Auf den ersten Blick konnte ich ihn nicht einordnen. Eine Hyazinthe, ja, ganz eindeutig, aber abgesehen davon war ich mir nicht sicher, was jemand wie er heute Nacht hier wollen könnte. Seine Geschichte breitete sich nicht wie von selbst vor mir aus – und das machte mich neugierig.

»Hey.« Er schenkte mir ein zuvorkommendes Lächeln, noch bevor ich meines aufsetzen konnte.

»Hallo.« Ich stand hinter dem Tresen, ein halbfertiges Blumengesteck neben mir, das ich zuletzt vor einer Stunde angerührt hatte und zu dem ich seitdem nicht mehr gekommen war. Es war schon kurz nach zehn, aber es kamen immer noch mehr Leute rein als an anderen Tagen zu den normalen Öffnungszeiten. Ich konnte mich nicht beschweren. »Sind Sie auf der Suche nach etwas Bestimmtem?«

»Ja, ich glaube schon.« Mein Gegenüber steckte beide Hände in die Jackentaschen und blickte sich um. »Ich suche nach … Blumen, schätze ich.«

Ich lächelte. »Wer hätte das gedacht?«

»Sie sind für meine Mutter«, stellte er gleich klar. »Sie wurde gestern aus dem Krankenhaus entlassen und erholt sich gerade. Ich wollte ihr eine Freude machen.«

»Ich verstehe.« Sofort begann es in meinem Kopf zu rattern. »Hat sie eine Lieblingsblume? Oder Farbe?«

Das Lächeln des Mannes nahm etwas Gequältes an. »Nicht wirklich. Sie ist schon seit ein paar Jahren blind und erinnert sich nicht mehr so gut daran, wie es war, Dinge zu sehen.« Er zog die Schultern hoch. »Deshalb bin ich etwas aufgeschmissen.«

Meine Augen weiteten sich leicht. Das war eine Herausforderung. Aber gleichzeitig auch eine ganz neue Freiheit. »Hyazinthen«, murmelte ich und blickte mich hilfesuchend im Raum um.

Der Mann blinzelte. »Wie bitte?« Er konnte nicht viel älter sein als ich, mit einer ausgeprägten Kieferpartie und ebenso braunen Augen wie ich.

Ich bemerkte, dass ich einen Tunnelblick bekam. Hyazinthen waren natürlich keine klassischen Straußblumen, aber dafür ein umso schöneres Beiwerk. Am allerbesten ergänzten sie Tulpen. Tulpen – ungefähr die einzigen Blumen, von denen ich heute absolut keine da hatte. Wohin ich auch blickte, waren da nichts als Rosen.

Ich biss mir auf die Unterlippe und fixierte meinen Kunden. »Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten«, klärte ich ihn auf. »Entweder wir suchen uns etwas aus unserem Angebot für Sie aus, oder ich binde Ihnen einen individuellen Strauß, der wirklich zu Ihnen passt. Dafür muss ich allerdings noch was besorgen – das bedeutet, Sie könnten ihn erst morgen abholen.«

Mein Gegenüber schenkte mir ein tiefes, warmes Lächeln. »Das klingt gut. Wenn ich es mir recht überlege«, fügte er gedehnt hinzu, »lässt sich der Anlass doch bestimmt mit einem gemeinsamen Kaffee …«

Ich hörte nicht mehr, was er sagte, da in diesem Moment ein weiterer Kunde den Laden betrat und sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Es brauchte nicht mehr als einen Blick, um zu wissen, dass er Ärger bedeutete.

2. Bloemen

 

Ich wusste nicht, ob es an seinen wallend roten Haaren lag, an dem leichten, strubbeligen Bartwuchs, der ihm etwas Löwenähnliches verlieh, oder daran, wie er sich bewegte – aber ich vergaß auf einen Schlag alles, was ich gerade hatte tun wollen.

Der Mann schritt nicht ins Geschäft, er stolperte regelrecht hinein. Er musste Mitte zwanzig sein, trug eine Lederjacke und dazu ein überlanges T-Shirt. Seine Jeans lagen eng an seinen langen, dünnen Beinen an und wirkten abgewetzt, allerdings nicht so, als hätte er sie in diesem Zustand gekauft.

Noch während er über die Schwelle trat, drehte er sich bereits im Kreis, gehetzt, suchend, als hätte er etwas verloren. Da er dabei aber nicht den Boden, sondern unsere Sträuße fixierte, schloss ich diese Option sofort aus.

Eine seltsame Unruhe machte sich in mir breit. »Guten Abend!«, sagte ich laut und deutlich, konnte seine Aufmerksamkeit jedoch nicht auf mich ziehen. Meine Güte, war der Kerl etwa high? »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«

Der blonde Kunde neben mir sah von mir zu ihm und wieder zurück. Dann räusperte er sich. »Also, was den Strauß angeht …«

Ich konnte den Blick nicht von dem Mann mit der Löwenmähne reißen. Dieser fing sich endlich wieder, schritt zielstrebig auf einen der Rosensträuße zu, die unmittelbar neben der Tür aufgebaut waren, und streckte eine Hand danach aus. Aber nicht, um ihn an sich zu nehmen.

Stattdessen ergriff er nur eine einzige, violette Rose und zog sie schwungvoll heraus.

Ich riss die Augen auf. »Entschuldigung!« Kurzentschlossen joggte ich um den Tresen herum und ließ den anderen einfach stehen. »Die sind nicht für den Einzelverkauf gedacht!«

»Oh!« Erst jetzt schien der Mann zu registrieren, dass ich existierte. Was nichts daran änderte, dass er mir nur einen kurzen Blick schenkte. »Ich kaufe sie auch nicht einzeln.«

Sofort wurde ich langsamer, vielleicht auch etwas beruhigter, weil er weder betrunken noch betäubt klang. »Okay?«

Ich ging fest davon aus, dass der Mann den restlichen Strauß nachträglich an sich nehmen würde – Fehlanzeige. Stattdessen zupfte er einfach zwei weitere Rosen heraus.

Meine Schultern sackten herab. »So geht das aber nicht!«

Wieder sah er sich mit demselben bestimmten, wenn auch suchenden Ausdruck in den Augen um, beschrieb dann eine Hundertachtziggraddrehung und machte sich daran, ein zweites, gemischtes Bouquet zu ruinieren. In dem Moment, in dem ich ihn erreichte, hatte er sich schon wieder abgewandt und stolzierte davon.

Meine Schultern sackten herab. »Wenn Sie mir sagen, was Sie brauchen, kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen.«

»Nein, danke«, wehrte er ab. »Ich komme klar.«

Mein Mund öffnete sich zu einer Erwiderung, doch mir blieb die Spucke weg. Hilflos heftete ich mich an seine Fersen, hielt mich die ganze Zeit in seiner unmittelbaren Nähe, wusste aber gleichzeitig nicht, was ich tun sollte. Er war einen Kopf größer als ich, und ich könnte ihn sicher nicht mit roher Körpergewalt aufhalten. Nicht, dass ich das andernfalls in Erwägung gezogen hätte. Doch warum in aller Welt hörte er mir nicht zu?

»Hey!«, bellte der blonde Kunde vom Tresen aus. »Benehmen Sie sich gefälligst!«

Ich wollte erleichtert sein, dass mir jemand zu Hilfe kam, aber die Einmischung ließ mich nur noch angespannter werden. Nicht zuletzt, weil der Mann nicht reagierte. Vor einer kleinen Pyramide aus Wintersträußen zupfte er sich aus jedem einzelnen Bouquet genau eine Blume heraus, während das Blut in meinen Ohren zu rauschen und die Verzweiflung überhandzunehmen begann.

»Bitte!«, flehte ich seinen Rücken an. »Sagen Sie mir einfach, was Sie –«

Er wandte sich so abrupt zu mir um, dass ich zusammenzuckte – und hielt mir zwölf verschiedene Blumen aus mindestens acht, neun Sträußen unter die Nase. »Die hier.«

Ein Zucken ging durch meine Augenbraue. »Was?«

»Die hier würde ich gerne kaufen«, teilte er mir mit und marschierte damit auch schon in Richtung Tresen.

Verdattert sah ich ihm nach, ehe mir einfiel, dass niemand außer mir auf dessen andere Seite treten konnte. Ich fühlte mich, als würde ich schlafwandeln, als ich ihm folgte und meinen Platz einnahm. Was in aller Welt passierte hier? Und war das allein meine Schuld, weil ich mir eingebildet hatte, es wäre eine gute Idee gewesen, den Laden noch bis mitten in der Nacht geöffnet zu lassen?

Ruhig bleiben, Marie, bläute ich mir selbst ein. Das hier war nur ein einziger Kunde – und es sah ganz so aus, als hätte er sich beruhigt. In ein paar Augenblicken würde er nach draußen spazieren, und der Spuk wäre vorbei. Und dann wären es keine zwei Stunden mehr, bis ich abschließen konnte. Wobei ich gerade große Lust darauf hatte, jenen Teil des Abends vorzuziehen …

Behutsam legte der Rothaarige die einzelnen Blumen vor mir auf dem Tisch ab. »Was macht das?«

Unbewegt starrte ich erst seinen individualisierten Strauß an, dann wieder ihn. »Und alles, was ich hier schon zusammengestellt habe, hat Ihnen nicht gefallen?«, fragte ich mit einer ausschweifenden Handbewegung.

Er blickte sich noch einmal um, als wollte er sich vergewissern, dass er nichts übersehen hatte. »Nein«, antwortete er gedehnt. »Manche haben Potenzial, aber auch da fehlt mir das gewisse Etwas.«

Ich biss die Zähne zusammen. Was tat er hier, wenn er unsere Bouquets so furchtbar fand? Wir waren nicht der einzige Blumenladen in der Gegend. Sollte er doch woanders hingehen. Oder sich seine Sträuße online zusammenstellen!

Am liebsten hätte ich ihm genau das an den Kopf geworfen, aber leider gehörte ich zum Typ Mensch, der in entscheidenden Momenten nicht den Mund aufbekam und sich im Nachhinein wochenlang darüber ärgerte.

Ich rang um Fassung. Ich musste Gerlind beweisen, dass ich das hier packte. Und dazu gehörte auch, solche Situationen sang- und klanglos hinter mich zu bringen. Bloß kein Drama. Keine Katastrophen. Keine Niederlagen.

»Und dieses Etwas«, fragte ich skeptisch, »ist das hier?« Das, was er da auf den Tresen gelegt hatte, sah geradezu kümmerlich aus.