Perfect Gentlemen - Alte Sünden leben länger - Shayla Black - E-Book

Perfect Gentlemen - Alte Sünden leben länger E-Book

Shayla Black

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Beschreibung

  • Attraktiv, mächtig und erfolgreich - die Perfect Gentlemen

Roman Calder, Sprecher des Weißen Hauses, hat Augustine Spencer vor Jahren das Herz gebrochen. Das hat sie ihm nie verziehen. Doch jetzt sitzen die beiden gemeinsam in einem Flugzeug nach London, um einer Verschwörung auf die Spur zu kommen, die das Leben des Präsidenten der Vereinigten Staaten bedroht. Schnell kocht die alte Leidenschaft zwischen ihnen wieder hoch, doch kann Augustine Roman jemals seine Sünden von damals verzeihen?

"Seien Sie bereit für Herzklopfen, falsche Fährten und viel sexy Prickeln!" Spicy Reads

Prickelnde Erotik und atemlose Spannung - der 4. Band der Perfect Gentlemen

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Seitenzahl: 586

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Inhalt

TitelZu diesem BuchWidmungProlog1234567891011121314151617Die AutorinnenDie Romane von Shayla Black und Lexi Blake bei LYXImpressum

SHAYLA BLACK LEXI BLAKE

Perfect Gentlemen

Alte Sünden leben länger

Roman

Ins Deutsche übertragen von Nele Quegwer und Hanna Ohlrogge

Zu diesem Buch

Vor Jahren hatten Roman Calder und Augustine Spencer eine heiße Affäre. Doch während Gus sich eine gemeinsame Zukunft wünschte, bekam Roman kalte Füße. Er trennte sich von ihr, um sich ganz auf seine Karriere zu konzentrieren. Das konnte sie ihm nie verzeihen. Mittlerweile hat Roman sein Ziel erreicht: Er hat seinem Freund Zach Hayes den Weg zur Präsidentschaft geebnet und fungiert als dessen Stabschef. Auch Gus arbeitet seit einigen Jahren für das Weiße Haus, und die beiden vermeiden so gut es geht jeden persönlichen Kontakt. Doch als neue Hinweise auf die Hintermänner einer Verschwörung auftauchen, die bereits ein Mitglied der Perfect Gentlemen das Leben gekostet hat und Zach als Präsident stürzen will, finden sich die beiden in einem Flieger auf dem Weg nach London wieder. Gemeinsam folgen sie der neuen Spur, um herauszufinden, wer hinter den Anschlägen steckt. Schnell lodern die Flammen der Leidenschaft so heiß wie damals, doch es entwickeln sich auch längst vergessene tiefere Gefühle – Gefühle, die Roman, der sein früheres Verhalten zutiefst bedauert, an eine gemeinsame Zukunft glauben lassen. Aber wird Gus ihm seine Sünden jemals verzeihen können?

An alle da draußen, die den Glauben nicht verloren haben.

Prolog

Yale University

Dreizehn Jahre zuvor

Roman Calder wälzte sich aus dem Bett. Er machte sich nicht die Mühe, den Morgenmantel anzuziehen, der zusammen mit dem Rest seiner Klamotten in einem Haufen auf dem Schreibtisch lag. Diese waren letzte Nacht in hohem Bogen dort gelandet, nachdem Augustine Spencer sein Haus betreten hatte.

»Habe ich dir schon gesagt, dass du den spektakulärsten Arsch hast, den ich je gesehen habe?«, fragte Gus, die auf der Seite lag, vom Laken lediglich von der Taille abwärts bedeckt. Sie schmiegte den Kopf in ihre Hand. Strähnen ihres karamellfarbenen Haars breiteten sich auf der Matratze aus. Ihr verführerisches Grinsen verfehlte seine Wirkung nie. Roman war sicher, dass Eva genauso gelächelt hatte, als sie Adam zu einem saftigen Bissen von dem Apfel verlockt hatte.

Denn genau das war Augustine Spencer für ihn, seine Eva, die ihn aus dem Paradies locken wollte.

Wahrscheinlich hörte es sich für die meisten verrückt an, dass es seiner Vorstellung vom Paradies entsprach, sich für die Politik abzuschinden. In ein paar Wochen begann sein erster Wahlkampf, in dem er Zack Hayes’ Kandidatur als Senator unterstützen würde. Sie waren jung und gingen aufs Ganze. Zacks Vater – selbst ein hohes Tier in der Politik – hatte einen Wahlkreis ausfindig gemacht, der nach neuer Führerschaft hungerte. Wenn Roman seine Sache gut machte, wäre das ihr erster Schritt auf dem Weg ins Weiße Haus – die Überholspur zu Geld, Macht und Ruhm. Danach hatte er sich immer gesehnt.

Aber woran lag es, dass er sich im Moment nichts mehr wünschte, als wieder mit Gus ins Bett zu schlüpfen und die Welt da draußen auszusperren?

Unfähig zu widerstehen saß er neben ihr, lächelte sie an und streichelte ihr seidig herabfallendes Haar. Er liebte es, wenn sie befriedigt und zerzaust aussah. Normalerweise war sie wie aus dem Ei gepellt, das Haar kunstvoll hochgesteckt oder geflochten, doch wenn er daran zupfte und ihre Locken befreit wurden, umgaben sie ihr Gesicht wie eine Wolke. Dieses Haar war überall, berührte ihn, streifte seine Haut. Und erregte ihn wahnsinnig.

»Tja, das ist harte Arbeit. Du weißt doch, ein Anwalt ist nur so gut wie sein Gesäßmuskeltraining.« Augenzwinkernd legte er die Hand auf ihre aufreizende Hüfte. »Aber wenn ich mit dir mithalten will, muss ich an meiner Kondition arbeiten.« Er verzog das Gesicht. »Und erst recht, wenn dein Bruder das mit uns je rauskriegt. Warum ist Dax eigentlich so krass geworden?«

Daxton Spencer war einer seiner besten Freunde. Genau genommen waren es sechs in seiner Clique. Sie hatten sich alle auf der Creigthon Academy kennengelernt und standen sich nach wie vor nah, trotz aller Steine, die die Privatschule – und das Leben – ihnen in den Weg gelegt hatte. Sie hatten zusammen ihren Abschluss in Yale gemacht. Er und Zack hatten vor Kurzem das Jurastudium beendet. Nun standen sie an einem Scheideweg. Gabriel Bond und Maddox Crawford waren bereits nach New York gegangen, um in den Unternehmen ihrer Familien zu arbeiten, auf dem besten Weg, ihr jeweils mehrere Milliarden Dollar schweres Geburtsrecht anzutreten. Dax war in die Fußstapfen seines Vaters getreten und nach Yale zur Navy gegangen, wo er die Karriereleiter rasch emporkletterte. Connor Sparks war als aussichtsreicher Rekrut der CIA in Langley tätig – als Analyst, wie er behauptete. Roman vermutete aber stark, dass mehr dahintersteckte.

Es war fast ein Jahr her, dass er das erste Mal mit Augustine im Bett gewesen war. Damals war sie im Abschlussjahr ihres Jurastudiums gewesen. Natürlich kannte er sie schon seit Jugendzeiten. Aber eines Abends war sie vorbeigekommen, um ihm bei der Vorbereitung auf eine Prüfung zu helfen … und in seinem Bett gelandet.

Und seither hatte er sie kaum wieder herausgelassen – nicht, dass er sich besonders bemühen musste, sie dort festzuhalten. Gus liebte Sex ebenso sehr wie er.

Daraus war schon bald eine Gewohnheit entstanden, aber nicht annähernd so etwas wie Normalität. Wenn Roman sich auf eins in seiner Beziehung zu Gus verlassen konnte, dann darauf, dass sie entweder stritten oder vögelten. Sie stritten sich über Politik – hitzige Diskussionen, die ihn unweigerlich dazu brachten, sie über das nächstbeste Sofa zu werfen und heftig von hinten zu nehmen. Sie stritten sich über soziale Themen. Eine Meinungsverschiedenheit über eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs hatte einmal dazu geführt, dass sie den Esstisch demolierten. Es hatte ihn nicht gekümmert. Sie waren unsanft auf dem Boden gelandet, und er war nicht mal aus dem Takt gekommen. Am nächsten Morgen musste er sich eine gute Ausrede einfallen lassen und war sich bis heute nicht sicher, ob Zack sie ihm abgekauft hatte.

»Wieso? Dax ist doch total süß«, sagte Gus und bot ihm ihre üppigen Brüste dar. »Außerdem wird er es früher oder später sowieso herausfinden.«

Gott, er liebte diese Brüste. Sie waren prall und weich, mit hübschen, rosa Brustwarzen. Und so erregbar. Manchmal brachte es Gus zum Orgasmus, nur indem er daran saugte. Er legte die Hand auf eine davon, mit den Gedanken nur halb bei ihrer Unterhaltung. »Ich wüsste nicht, warum. Er ist doch kaum noch zu Hause. Wenn er kommt, halten wir uns eben eine Weile zurück, damit er nichts merkt.«

Sie setzte sich abrupt auf. »Das wird nicht ewig funktionieren, Roman.«

Das plötzliche Auffunkeln ihrer Augen verriet Roman, dass er sich auf gefährlichem Terrain befand, das er besser unberührt gelassen hätte.

Seufzend griff er nach ihrer Hand. »Lass uns nicht darüber reden, Gus. Nicht mehr lange, und das Studium ist Vergangenheit, dann gehen wir doch sowieso jeder unserer Wege. Können wir die Zeit bis dahin nicht einfach genießen?«

Er wünschte sich Frieden mit ihr. Er fragte sich, warum es ihr manchmal Spaß zu machen schien, ihn um jeden Preis in Rage zu versetzen. Und trotzdem fühlte er sich immer wieder zu ihr hingezogen.

Vielleicht würde Abstand ihnen beiden guttun. Möglicherweise rückte ihm das den Kopf wieder gerade.

Aber warum tat der Gedanke, von Gus getrennt zu sein, dann so weh?

»Unserer Wege?« Sie wich vor ihm zurück. Ihre Augen waren plötzlich ausdruckslos, sie wurde kleinlaut.

Nichts an Gus war jemals klein.

»Du weißt schon, wie ich das meine«, sagte er und versuchte, seine eigenen Worte mit einer Handbewegung zu relativieren. »Dein Referendariat ist fast zu Ende. Du hast den Job bei der Kanzlei in New Orleans. Und ich gehe bald mit Zack auf Wahlkampftour. Wir werden uns nicht oft sehen.«

»Darüber habe ich auch schon nachgedacht.« Sie setzte sich auf, griff nach dem Morgenmantel, den er verschmäht hatte, und wickelte sich darin ein. Es war nicht zu übersehen, wie angespannt sie auf einmal war. »Ich habe ein anderes Angebot bekommen, bei einer Kanzlei in D. C. in der Nähe des Capitol Hill, also mit starkem Politikbezug.«

Sie dachte darüber nach, nach D. C. zu ziehen? »Die Kanzlei in New Orleans hat doch auch einen politischen Schwerpunkt. Moment, redest du etwa von dem Job bei Kleinman & Horne? Da würdest du nicht annähernd so viel verdienen wie bei dem in New Orleans. Und du müsstest als Junior Associate einsteigen.«

»Nur für ein Jahr«, entgegnete sie.

»Ja, und nach dem Jahr werden neunzig Prozent der Anwärter ausgesiebt.« Er schüttelte den Kopf. Was dachte sie sich nur dabei? Die Kanzlei in New Orleans war alteingesessen und renommiert. Dort konnte sie ihre Karriere rasch ausbauen. Das Büro in D. C. war als Haifischbecken bekannt. Klar, die zwei oder drei Anwälte, die es schafften, wurden ganz große Haie, aber das bedeutete einen ständigen Kampf mit gefletschten Zähnen.

Sie winkte ab. »Darüber mache ich mir keine Sorgen. Mit dem Konkurrenzkampf komme ich schon klar. Meine Güte, wahrscheinlich genieße ich ihn sogar. Aber wenn ich in D. C. bleibe, brauchen wir uns nicht zu trennen.«

Roman ging zur Kommode und nahm eine Jogginghose aus einer Schublade, um sein Erstaunen zu verbergen. Diskutierten sie wirklich gerade über die Zukunft einer Beziehung, die er nie ernst genug genommen hatte, um eine Unterhaltung wie diese zu rechtfertigen? Gus wirbelte immer mal wieder wie ein Hurrikan durch sein Leben, aber auch wenn er ununterbrochen nach ihr schmachtete, war er klug genug, sehr genau zu wissen, warum es mit ihnen nie funktionieren würde.

Er war davon ausgegangen, dass sie sich in diesem Punkt einig waren.

Himmel. Er und Gus waren wie Feuer und Wasser. Großer Gott, sie waren wie seine Eltern. Entweder im Bett oder im Streit – dazwischen gab es nichts.

Romans Kindheit zog an ihm vorbei. Oft war er dankbar gewesen, wieder nach Creighton zurückzukehren, wo er nicht mit anhören musste, wie die beiden sich in einem Moment anschrien, um sich schon im nächsten zu benehmen wie die Hauptfiguren der größten Liebesschnulze aller Zeiten.

Er hatte keine Ahnung, wie sie ihre Ehe über all die Jahre gerettet hatten. Aber er weigerte sich, sein Leben von derart irrsinnigem Drama bestimmen zu lassen. So verrückt er auch nach Gus war, er konnte nicht im ständigen Clinch leben, immer in Erwartung des nächsten Streits, der unweigerlich kommen würde.

»Ich finde, du solltest den Job in New Orleans annehmen, Gus.«

»Ach ja?« Ihr hinreißendes Gesicht erstarrte. Sie schwieg und sah weg. Als sie sich ihm wieder zuwandte, schimmerten Tränen in ihren Augen. »Du willst mich nach deinem Abschluss überhaupt nicht mehr sehen, oder? Du hattest nie vor, irgendeine Zukunft mit mir zusammen aufzubauen.«

Verdammt. Roman hatte sie noch nie weinen sehen. Nicht ein einziges Mal. Der Anblick drohte ihm das Herz zu zerreißen. Er trat dicht an sie heran und griff wieder nach ihrer Hand. »Ich will das Beste für dich. Ich will, dass du ein glückliches Leben führst. Bei mir werden die nächsten zwei Jahre die Hölle, immer unterwegs, ein mieses Motel nach dem anderen. Ich werde mich ganz auf Zack konzentrieren. Müssen.«

»Das verstehe ich. Roman, ich bin kein verknallter Teenager. Ich weiß, dass es schwer wird, aber ich würde damit fertigwerden.« Sie drückte seine Hand. »Ich bin hart im Nehmen. Womit ich nicht mehr klarkomme, ist, dein kleines, schmutziges Geheimnis zu sein. Ich hasse das. Wir passen gut zusammen. Wir fordern einander heraus. Wir verstehen einander. Ich finde, wir sollten uns eine echte Chance geben.«

Er ließ sie los und machte einen Schritt zurück. »Wo kommt das jetzt auf einmal her, Augustine? So hast du noch nie geredet.«

»Weil es nie nötig war«, entgegnete sie. »Ich weiß, dass wir das hier aus einer Laune heraus begonnen haben. Aber ich liebe dich, Roman. Hast du das denn nicht gemerkt? Ich bin schon eine ganze Weile in dich verliebt. Wir sind keine Kinder mehr. Wird es nicht langsam Zeit, an die Zukunft zu denken?«

Jedes ihrer Worte war ein Schlag in die Magengrube. Sie liebte ihn? Das durfte er nicht zulassen. Er hatte zu hart gearbeitet, um jetzt alles für eine Frau aufzugeben – selbst für eine so umwerfende wie Gus. Wenn er heiratete, dann eine Frau, die sich selbst zurücknahm, die keinerlei Forderungen stellte, sondern sich damit begnügte, sich ums Haus zu kümmern und seine Karriere voll und ganz zu unterstützen. Er würde seine Frau mögen. Niemals würde er sie lieben.

Dummerweise liebte er Gus. Sie war eine Klippe, die er sich mit ihr gemeinsam hinabstürzen konnte, nur dass es dann kein Zurück mehr gab. Dann wäre sein Leben die Hölle auf Erden, genau wie bei seinen Eltern. Sicher würde es ihm und Gus gut gehen, wenn es auf der Achterbahn der Gefühle nach oben ging. Aber wenn man oben war, ging es unweigerlich wieder bergab. Und mit diesen Tiefpunkten konnte Roman nicht leben. Mit den Streitereien. Der Verzweiflung. Zwischen ihm und Gus würde es sogar noch schlimmer werden als zwischen seinen Eltern. Sie war leidenschaftlich in allem. Stur bis zum Gehtnichtmehr. Und sie wussten beide genau, wo sie das Messer ansetzen mussten.

»Ach komm, Roman. Denkst du wirklich nie darüber nach? Wir beide zusammen? Und vielleicht eines Tages eine Familie? Wir wären die Könige von D. C. Ich habe mir sogar schon ein paar Gedanken über Zacks Wahlkampf gemacht.« Sie schenkte ihm jenes Grinsen, das stets drohte, ihn einknicken zu lassen.

Er geriet ins Wanken. Er spürte förmlich, wie die Klippe unter seinen Füßen nachgab. Ein Schritt, und er würde die Klippe hinabstürzen … und in den Abgrund.

»Nein«, stieß er hervor.

»Überhaupt gar nie?« Sie schüttelte den Kopf, als begreife sie nicht.

»Ich sehe uns nie anders vor mir als nackt. Wir hatten Spaß, aber ich hatte nie vor, etwas Dauerhaftes daraus werden zu lassen. Unsere Beziehung hatte schon immer ein Verfallsdatum, Gus, und ich schätze, wir haben es jetzt erreicht. In einem Punkt muss ich dir allerdings recht geben. Wir sind keine Kinder mehr. Ich muss langsam vernünftig werden.«

»Aber nicht, was mich betrifft.« Es war eine Feststellung, keine Frage, als müsse sie die Worte einfach nur laut ausgesprochen hören.

Vielleicht war es so. Vielleicht war ein klarer Schlussstrich wirklich das Beste. Irgendwie hatte er sich vorgestellt, er könnte von Zeit zu Zeit in New Orleans vorbeischauen und sie sehen, mit ihr schlafen, sie jenen Teil von sich füllen lassen, der sonst immer leer blieb. Als wäre sie eine verdammte Tankstelle oder so! Wie grausam von ihm! Sie verdiente etwas Besseres. Sie verdiente ein gutes Leben mit einem Mann, für den sie an erster Stelle stand. Auch wenn dieser Gedanke ihn umbrachte.

Aber kein Mann konnte sie so sehr lieben wie er. Niemand würde Augustine Spencer jemals so komplett lieben wie Roman Calder. Verdammt, keiner. Zu dumm, dass er so verkorkst war und ihr nicht sein ganzes Herz schenken konnte, wie sie es verdiente.

Vielleicht war es besser, wenn sie ihn hasste.

»Nein, Augustine. Das mit dir war für mich nie etwas Ernstes. Wenn du es genau wissen willst, ich habe morgen Abend ein Date. Zack lernt jemand Neues kennen, und ich komme mit.«

»Du meinst, Zack lässt potenzielle Ehefrauen vorsprechen, und du kommst mit, um ihm dein Okay zu geben«, schnaubte sie verächtlich. Der scharfe Unterton in ihrer Stimme war unüberhörbar. »Guck nicht so überrascht. Ich weiß schon länger, dass Zacks Vater ihm ›angemessene‹ Frauen schickt. Sein Date morgen Abend ist eine Freundin von mir, Joy. Sie ist reizend, aber sie passt nicht zu Zack. Sie ist viel zu still. Er braucht ein bisschen Feuer in seinem Leben. Ich mag Joy, aber Zack wird sie mit seiner Kontrollsucht zerquetschen wie eine Fliege.«

»Ich habe auch ein Date.«

»Etwa … ein Doppeldate mit Zack und Joy? Na ja, du warst ja bei seinen Dates immer das fünfte Rad am Wagen. Warum solltest du nicht auch … Oh.« Ein verletzter Ausdruck huschte über ihr Gesicht, und sie presste die Lippen zu einer verbissenen Linie zusammen.

Ja, Gus hatte es kapiert. Er hatte ihr das eigentlich nie erzählen wollen, und sie jetzt zu sehen, tat weh.

»Du siehst dich auch um?« Ihr Murmeln klang heiser, angestrengt.

Er nickte. »Schließlich werde ich eine Ehefrau brauchen.«

»Und zwar nicht mich. Was du mir also soeben klarmachen willst, ist, dass du zwar darüber nachdenkst, eine Familie zu gründen, aber nicht mit mir.«

»Nicht direkt. Das mit der Familie ist nichts für mich. Ich will keine Kinder. Niemals.« Er würde seinen eigenen Nachwuchs nicht der Hölle aussetzen, die er durchgemacht hatte. Selbst wenn es ihm gelang, eine Frau zu finden, mit der er leben und eine richtige Partnerschaft aufbauen konnte, weigerte er sich, das Risiko einzugehen, Vater zu werden und die Psyche eines unschuldigen Kindes zu verkorksen.

»Ich war also nur ein Lückenbüßer.« Sie riss sich den Morgenmantel herunter, kehrte ihm den Rücken zu und suchte ihre Kleider zusammen.

Er lehnte sich an die Kommode. »Das habe ich nicht gesagt. Ich dachte, wir haben einfach nur Spaß. Schließlich sehen wir uns nie außerhalb des Schlafzimmers.«

»Ach nein? All die Male, als wir zusammen etwas trinken gegangen sind oder ich zu dir gefahren bin und wir stundenlang geredet haben, zählen also nicht, weil sie meistens mit Sex geendet oder angefangen haben? Und dass ich dir geholfen habe, dich auf deine Prüfungen vorzubereiten, spielt auch keine Rolle?«

»Ich habe nicht gesagt, dass wir keine Freunde sind.« Tatsächlich tat es ziemlich weh, wenn er daran dachte, was für ein großer Teil seines Lebens sie geworden war, seit seine Kumpel ihr Studium abgeschlossen hatten und ins Berufsleben gestartet waren. Mit Gus hatte er wahrscheinlich genauso viel Zeit verbracht wie mit Zack. »Und unsere Freundschaft will ich auch gar nicht beenden.«

Das wollte er tatsächlich nicht.

Sie hakte ihren BH ein und zog sich ihre Kakihose über den seidenen Slip, den er ihr vor nicht allzu langer Zeit fast vom Leib gerissen hätte, weil er es nicht hatte erwarten können, in ihr zu sein. »Und ich soll danebenstehen und zusehen, wie du deine Traumehefrau findest? Und wenn der Sex mit ihr dich irgendwann langweilt, kommst du ganz vielleicht mal wieder bei der Schlampe vorbei?«

Wie aufs Stichwort war die unnachgiebige Göttin wieder da, die genau wusste, welche Knöpfe sie drücken musste, um einen Streit vom Zaun zu brechen.

»So habe ich dich nie genannt.«

»Aber gedacht hast du es, oder etwa nicht? Gus ist gut genug zum Ficken, aber großer Gott, lass meine Freunde bloß nicht wissen, dass ich so etwas Primitives mache.« Ihre Hände zitterten, als sie sich die Bluse zuknöpfte. »Du fandest es also in Ordnung, dich durch die gesamte weibliche Belegschaft der juristischen Fakultät zu poppen, aber um deine Frau zu werden, wenn du in die Politik einsteigst, dafür bin ich nicht gut genug. Habe ich recht?«

»Du willst wissen, warum du nicht meine Frau werden kannst? Das hat nichts mit Sex zu tun, Baby. Du bist, was Sex angeht, für mich das Ein und Alles, das weißt du ganz genau. Es liegt daran, dass du ein richtiges Biest sein kannst und nie lernen wirst, zu anderen freundlich zu sein. Dein Mundwerk ist ein Manko, das ich mir nicht leisten kann, also, ja, ich beende die Beziehung, weil ich erwachsen werden und aufhören muss herumzuspielen. Du bist nicht der Typ zum Heiraten. Oder der mütterliche Typ. Daher verstehe ich nicht, warum du sauer bist, wenn ich einfach nur ehrlich bin.«

Ihre Handfläche traf seine linke Gesichtshälfte mit voller Wucht. Sein Kopf flog nach rechts, und seine Ohren klingelten von dem schallenden Schlag. Sein Kiefer schmerzte, und er rieb ihn sich mit steifen Fingern.

Verflucht, diese Frau hielt sich einfach nie zurück – nicht mit ihrer Meinung, ihrem Rat, und definitiv nicht, wenn sie beschlossen hatte, jemanden zu ohrfeigen. Gus gab eben stets alles.

So lief es bei ihnen immer. Sie schubsten einander herum und bohrten, bis einer von ihnen nachgab oder einknickte. Und dann landeten sie unweigerlich im Bett. Zum Teufel, Wutsex war wie ein Grundnahrungsmittel für sie, und er hasste es zuzugeben, wie sehr er genau das liebte.

Aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass damit jetzt Schluss war.

»Ich hoffe, du genießt den Rest deines Lebens, Roman, du verdammter Feigling.« Sie entfernte sich und schnappte sich ihre Tasche. »Genau das bist du. Du und Zack, ihr habt viel gemeinsam. Ihr beide braucht Frauen, die keine Herausforderung darstellen.« Sie lachte höhnisch. »Viel Glück dabei.«

Mit großen Schritten verließ sie das Zimmer.

Er ließ sie gehen und sah ihr nach. Sah ihr beim Verlassen des Schlafzimmers zu, wie man ein Zugunglück beobachtet.

Das war’s. Es war aus.

Oder sollte es zumindest sein, denn er folgte ihr nach draußen, unfähig, sie wirklich gehen zu lassen. »Ich bin also ein Feigling, weil ich den Rest meines Lebens nicht so verbringen will?«

Sie drehte sich nicht um, als sie den Treppenabsatz des ersten Stocks erreichte, sondern hob lediglich die Hand und zeigte ihm den Mittelfinger. »Musst du ja nicht. Ab jetzt kannst du deine Zeit damit verbringen, Zack in den Hintern zu kriechen. Dazu bist du wie geschaffen. Armer Roman. Hat solche Angst, sein eigenes Leben zu führen, dass er bei Zack schmarotzen gehen muss.«

Sie war schon halb die Treppe hinunter, die ins Erdgeschoss führte, als er sie einholte. Er streckte die Hand nach ihr aus, um sie aufzuhalten, denn auf keinen Fall sollte es so hässlich zwischen ihnen enden. Sie sollte nicht das letzte Wort haben.

In dem Moment, als seine Hand ihren Arm berührte, wirbelte sie mit einem feurigen Blick und einem Fluch auf den Lippen zu ihm herum.

Und das war der Moment, in dem sie abrutschte. Sie riss die Augen auf, als sie wie in Zeitlupe rückwärts die Treppe hinunterstürzte.

Roman blieb fast das Herz stehen. Verzweifelt griff er nach ihr, um ihren Sturz zu verhindern.

Ihre Bluse war aus glatter Seide. Er bekam keinen Halt. Sie glitt ihm buchstäblich durch die Finger.

Gus fiel polternd die Stufen hinunter, ihr Körper schlug auf das Holz und gegen das Geländer, bis sie schließlich am Fuß der Treppe liegen blieb.

Roman rannte zu ihr, so schockiert, dass er glaubte, sein Atem habe ausgesetzt. »Oh Gott, Gus. Bist du in Ordnung?«

Die Tür flog auf, und Zack kam hereingestürmt, Maddox gleich hinter ihm.

»Was in aller Welt war das für ein Krach?«, fragte Zack. Dann sah er Gus, die sich wimmernd auf dem Boden krümmte. »Soll ich einen Krankenwagen rufen?«

»Ja!«, rief Roman, der an nichts anderes denken konnte, als Augustine so schnell wie möglich in seine Arme zu schließen. Sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging. Sich verdammt noch mal bei ihr zu entschuldigen und dieses Gespräch noch einmal von vorn zu beginnen. Denn es durfte nicht aus sein zwischen ihnen. Das war ihm in dem Sekundenbruchteil klar geworden, als sie stürzte. Er hatte eine Welt ohne sie gesehen, und die war verdammt düster gewesen. Kalt. Das wollte er auf gar keinen Fall.

Sie hatte recht gehabt. Er war ein Feigling. Das musste er eingestehen, es wiedergutmachen.

»Rühr mich nicht an«, fauchte sie, während sie stöhnend auf die Knie kam.

»Augustine, bitte, lass mich dir helfen.« Er musste wissen, ob sie okay war. Sie wirkte so blass, und das war eigentlich untypisch für sie. Seine Gus war draufgängerisch und voller Leben. Er hatte vergessen, dass sie manchmal auch verletzlich sein konnte.

»Ich will wissen, was verdammt noch mal passiert ist, und zwar jetzt.« Maddox, der sonst so fröhliche Tunichtgut, stand unten an der Treppe, als wäre er Gus’ Rächer, und starrte Roman mit dem finstersten Blick an, den er je gesehen hatte.

Gus streckte eine Hand aus. »Ich bin gefallen, Mad. Ich war hier, um etwas zu holen, bevor ich die Stadt verlasse, und das Arschloch hier ist sich mal wieder treu geblieben.« Sie deutete mit einem Daumen in Romans Richtung. »Ich hab die Treppe viel zu schnell genommen und bin gestürzt. Untersteh dich, einen Krankenwagen zu rufen. Abgesehen von meinem Stolz geht es mir gut. Der ist ziemlich am Boden zerstört. Wenn ihr also bitte mal aus dem Weg geht, damit ich mich verabschieden kann.«

Mad war an ihrer Seite und nahm ihre Hand. »Lass mich dir zum Auto helfen.«

»Ich bin zu Fuß hier«, sagte sie. »Es geht schon.«

Roman konnte sie nicht gehen lassen, solange alles zwischen ihnen in Scherben lag. »Gus, wir sollten reden.«

»Ich will nicht mit dir reden, Roman. Sehr lange nicht«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. »Und wenn du versuchen solltest, auch nur in meine Nähe zu kommen, bevor ich so weit bin, werde ich dir mit Genuss das Leben zur Hölle machen. Also verpiss dich. Und Zack? Joy ist eine meiner Mitstudentinnen aus der Sorority. Sie ist ein nettes, liebes und gutes Mädchen, und wenn du ihr wehtust, bringe ich dich um. Habe ich mich deutlich ausgedrückt? Ihr Jungs haltet euch für die ultimative Bruderschaft. Ihr habt keine Ahnung, wozu meine Schwesternschaft fähig ist.«

Sie stolzierte zur Tür hinaus.

Als Roman ihr hinterherwollte, legte Zack ihm eine Hand auf die Brust, um ihn zurückzuhalten. »Nicht. Damit erreichst du gar nichts, außer einem weiteren Streit. Du kennst Gus doch. Sie macht alle ihre Drohungen wahr. Mad?«

»Ich fahre sie nach Hause und kümmere mich um sie.« Mad warf Roman einen finsteren Blick zu. »Wenn du Abstand hältst, rufe ich Dax vielleicht nicht an, um ihm zu sagen, dass du seine Schwester vögelst. Ich weiß, du denkst, sie wäre eine Art Kriegergöttin und könnte Sex und Gefühle trennen, aber sie ist wesentlich zerbrechlicher und fürsorglicher, als du ihr zugestehst.«

Roman erschauderte, als Mad zur Tür hinausging und sie hinter sich zuschlug.

»Ihr wusstet es?«, fragte Roman Zack. »Alle beide?«

Zack seufzte und schlenderte zum Sideboard hinüber, wo sie den guten Scotch aufbewahrten. Rasch goss er zwei Gläser ein. »Ob ich wusste, dass du unheimlich viel Zeit mit Gus verbringst und ihr dabei nicht nur lernt und euch über frühere Dozenten unterhaltet? Klar. Ihr konntet niemandem etwas vormachen. Zwischen euch hat es gefunkt, wenn ihr auch nur im selben Raum wart.«

»Und Dax?«

»Hat nicht die leiseste Ahnung. Und Mad musst du verzeihen. Er liebt Gus. Er hat seine Unschuld an sie verloren, und seitdem sind sie sich sehr nah.«

Roman zuckte zusammen.

Zack zeigte mit dem Finger auf ihn. »Siehst du. Das ist genau der Grund, warum du Gus hättest in Ruhe lassen und sie nie anrühren sollen.«

Roman nahm das Glas und umklammerte es krampfhaft. »Wie meinst du das?«

Zack trank einen langen Schluck, bevor er sich in den großen Ledersessel sinken ließ, der bei ihm immer wie ein Thron wirkte. »Du wirst die Tatsache nie akzeptieren, dass Gus mehr Erfahrung hat als du.«

»Das ist nicht wahr.« Oder vielleicht doch? Er hasste es zu wissen, dass sie mit Mad geschlafen hatte. Er hasste Zack dafür, dass er es ihm jetzt unter die Nase rieb. Auch wenn sie seit Jahren nicht mit dem Playboy Crawford in die Kiste gestiegen war, ärgerte es ihn. Und dann gab es da noch dieses hässliche Gerücht über sie und Zack … Bei dem Gedanken flammte Eifersucht ihn ihm auf.

»Doch, ist es«, entgegnete Zack. »Und es ist verlogen. Aber ich glaube nicht, dass du es überwinden kannst. Du verabscheust jeden, der sie zu lange ansieht, und sie ist nun mal eine heiße Frau. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, machst du dich selbst verrückt. Dann ist da noch die Tatsache, dass Gus klüger ist als du. Sie ist witziger. Sie ist eine bessere Anwältin. Sie ist –«

»Jetzt reicht es aber. Wenn es dir lieber ist, dass Gus deinen Wahlkampf leitet, kann ich gern an sie abgeben.«

»Damit bestätigst du nur, was ich gerade gesagt habe. Du kannst eine Frau nicht lieben, mit der du im ständigen Konkurrenzkampf stehst. Setz dich und triff eine Entscheidung, hier und jetzt. Entweder gehst du ihr hinterher und lässt dir etwas einfallen, wie es mit euch funktionieren kann, oder du lässt sie gehen.«

Er wusste genau, was er tun sollte. Zack hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Er wollte sein Leben nicht damit verbringen, sich mit einer Frau zu streiten. Oder mit ihr zu konkurrieren. Ansonsten wäre seine ganze Existenz ein ständiger Kampf. So sehr er auch für den politischen Kampf lebte, zu Hause brauchte er Frieden. Sonst drehte er durch.

Er sank auf den Platz gegenüber von Zack. So ließen sie die meisten Abende ausklingen – sie schmiedeten Zukunftspläne mit einem Glas Scotch in der Hand.

»Dann erzähl mir mal von diesem neuen Mädchen. Nicht Joy. Ich habe die Unterlagen gelesen, die dein Vater geschickt hat. Ich spreche von ihrer Freundin.« Eine Leere tat sich in ihm auf, aber das war vielleicht besser, als in ständiger Anspannung zu leben. Es mochte langweilig und leidenschaftslos sein, aber zumindest würde er nicht in ständigem Aufruhr leben. So konnte er denken. Und atmen.

Und er wusste, dass das eine Schwäche war. Zack hatte recht.

»Bist du sicher?«, fragte sein Freund. »Vielleicht solltest du erst mal ein paar Tage darüber nachdenken. Ich kann das Date mit Joy auch allein über die Bühne bringen. Sie ist wahrscheinlich auch nur wieder eine von diesen nervtötend geistlosen Möchtegern-Jackie-Os. Und jetzt, wo ich weiß, dass Gus mich umbringen wird, falls ich dieses Mädchen auch nur mit der Fingerspitze berühre, werde ich den Abend wahrscheinlich früh beenden.«

»Wenn Gus sie mag, solltest du sie ernsthaft in Betracht ziehen. Gus hat einen guten Instinkt.« Bei den meisten Dingen, auch wenn sie offensichtlich einen furchtbaren Männergeschmack hatte. »Und ich muss das Ganze auch so betrachten wie du. Die Entscheidung für eine Partnerin sollte auf Logik beruhen. Ich brauche die richtige Frau. Eine, die versteht, was mein Job bedeutet, die nicht das Gefühl hat, ich würde sie vernachlässigen.«

»Eine, der es egal ist?«

Frust beschlich Roman und drohte zuzubeißen wie eine Schlange. »Jetzt entscheide dich mal, Zack. Entweder bin ich ein Arschloch, weil ich an einer Frau festhalte, die eindeutig zu gut für mich ist, oder ich bin ein Scheißkerl, weil ich analytisch und gefühllos handle. Außerdem solltest du ganz still sein. Du bist doch derjenige, der systematisch potenzielle politiktaugliche Ehefrauen abklappert.«

Zack starrte auf sein Glas und schwenkte die bernsteinfarbene Flüssigkeit darin. »Ja, aber ich habe noch nie für eine Frau so empfunden wie du für Gus. Ich bin nie einer begegnet, die mich dermaßen von den Socken gehauen hat, und mir ist klar geworden, dass das auch niemals passieren wird. Ich bin zu solcher Leidenschaft nicht fähig. Es ist das Beste, wenn ich eine Abmachung treffe. Ich will die Frau, die ich heirate, nicht verletzen, weil ich nicht zu echter Liebe fähig bin. Ich werde von Anfang an offen und ehrlich sein und eine Partnerschaft mit ihr aufbauen.«

Das klang so oberflächlich und leer und … so einfach. »Und was, wenn du dann doch noch einer begegnest, die dich von den Socken haut?«

Zack schüttelte den Kopf. »Das wird nie passieren. Ich bin zu gefühlskalt. Ich kann das an mir selbst nicht leiden. Noch weniger, dass sich, was das betrifft, anscheinend die Gene meines Vaters durchgesetzt haben. Ich versuche einen Draht zu den Frauen aufzubauen, aber es gelingt mir nie. Ich werde mich für eine angenehme Freundschaft entscheiden. Aber Leidenschaft kann ich nur für eine Sache aufbringen: das Weiße Haus.«

Darüber waren sie sich einig – immer. Aber Zack irrte sich. Er brachte seit Jahren Leidenschaft für seine Freunde auf. Mehr als ein Mal hatte er sich und seine Karriere für sie aufs Spiel gesetzt. Zack war nicht ansatzweise so gefühlskalt, wie er glaubte.

Aber Roman spürte, wie eine schreckliche Kälte von ihm Besitz ergriff. Und ohne Gus’ Wärme blieb ihm nichts anderes übrig, als sie willkommen zu heißen.

Er schluckte den Schmerz hinunter und prostete Zack zu. »Auf das Weiße Haus.«

Augustine Spencer entfernte sich mit großen Schritten von dem Stadthaus, um so schnell wie möglich Abstand zwischen sich und ihr persönliches Waterloo zu bringen. Denn das würden diese Nacht und dieser Ort den Rest ihres Lebens für sie bedeuten. Sie hatte Widerstand geleistet.

Und verloren.

Sie würde nicht weinen. Sie weigerte sich. Sie war eine erwachsene Frau. Vielleicht ging sie mit gebrochenem Herzen, aber zumindest behielt sie ihre Würde.

»Hey, Gus. Bitte lass mich dich fahren.«

Verdammt. Mad war ihr auf den Fersen, und sie wusste, er würde sich nicht von ihr abschütteln lassen. So charmant er auch war, wenn er wollte, konnte Mad wie eine Zecke sein. Er biss sich fest, und nichts auf der Welt brachte ihn dazu lockerzulassen. Sie musste ihn überzeugen, dass es ihr gut ging.

Gus blieb stehen und drehte sich mit einem gezwungenen Lächeln um. »Mad, es ist alles in Ordnung. Du weißt doch noch, was wir beim Lacrosse gelernt haben. Lauf den Schmerz weg, Baby. Meinem Knöchel geht es schon viel besser.«

Sie machte sich um etwas viel Privateres Gedanken als ihren Knöchel, doch sie hoffte, die krampfartigen Schmerzen würden bald aufhören. Schließlich wuchs das Baby erst seit ein paar Wochen in ihr und war, unter ihrem Herzen, gut beschützt.

Das Baby, das Roman auf keinen Fall je wollte. Also würde es ganz allein ihres sein.

»Ich hasse Sport jeder Art, Gus. Das weißt du doch.« Er griff nach ihrer Hand. »Und ich bin auch nicht so ahnungslos, wie du denkst. Du liebst ihn.«

Ja, aber das durfte sie jetzt nicht mehr. Sie zwang sich zu einem Lachen. Lachhaft war an der ganzen Situation im Grunde ihre eigene Dummheit. Roman Calder hatte sie nie angelogen. Er hatte ihr nie irgendwas versprochen, außer Spaß im Bett. Ehrlich gesagt war das am Anfang auch alles gewesen, was sie gewollte hatte. Sie liebte Sex, und er war gut darin. Sie schämte sich nicht für ihre Bedürfnisse.

Aber dann hatte sie sich doch verliebt. Seit sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten, war sie bei keinem Date und auch mit niemand anderem im Bett gewesen. Sie ging allerdings davon aus, dass er von sich nicht dasselbe behaupten konnte.

»Ich liebe Roman nicht. So eine bin ich nicht.« Doch sie befürchtete, dass sie niemandem etwas vormachen konnte, am allerwenigsten Mad. Er kannte sie besser als sie sich manchmal selbst. Sie hatten vieles gemeinsam.

»Gus, erzähl mir nichts. Ich weiß Bescheid.«

Sie verstummte. »Was weißt du?«

»Alles.« Er lehnte an seinem Porsche, die Augen auf sie gerichtet. Die Straßenlaterne warf einen Lichtkegel auf sie beide, und plötzlich wünschte sie sich, die Straße wäre nicht derart hell erleuchtet. Im Moment würde sie dunkle Schatten Mads prüfendem Blick vorziehen. »Ich war letzte Woche bei dir, um das Buch dazulassen, das du mir geliehen hast. Ich bin mit meinem Schlüssel reingekommen, und bevor ich ging, war ich auf der Toilette.«

Sie erstarrte. Es war ein großer Fehler, Mad einen Schlüssel für ihre Wohnung zu überlassen, aber er übernachtete manchmal dort, wenn er in der Stadt war. Sie hatte ein Gästezimmer, und Zack und Roman hatten oft keine Zeit für ihn. Mad war sehr auf Gesellschaft angewiesen, obwohl er das hinter seinem Partylöwen-Image verbarg. Er war nicht gern allein, also verbrachten sie oft Zeit miteinander, rein platonisch, als Freunde.

Panik stieg in ihr auf. »Du darfst es Roman nicht sagen.«

Mad stützte die Hände auf seine Knie und stöhnte auf. »Verdammt. Ich hatte gehofft, dass es nicht dein Schwangerschaftstest ist. Du bist wirklich schwanger, Gus?«

Na ja, sie hatte schon gewusst, dass es nicht ideal war. »Das geht dich überhaupt nichts an.«

Sie wandte sich zum Gehen. Wenn Mad sie verpfiff, spielte es auch keine Rolle. In Romans Augen war sie eh nichts als eine leichte Nummer. Wahrscheinlich würde er nicht mal glauben, dass das Baby von ihm war. Bis zum Morgen würde sie ihre Pläne besiegeln. Sie würde bei der Kanzlei in D. C. absagen, zurück nach New Orleans gehen und darum betteln, dass die Kanzlei dort sie wieder einstellen würde.

Sie war so ein dummes, naives Mädchen gewesen. Nun war es Zeit, erwachsen zu werden.

»Es geht mich sehr wohl etwas an. Was hast du jetzt vor?«

»Mein Baby bekommen.« Darüber dachte sie jede Sekunde an jedem Tag nach, seit sie diesen Schwangerschaftstest gemacht hatte. Den sie nicht im Badezimmer hätte liegen lassen dürfen. Sie hätte ihn wegwerfen sollen, aber jeder Blick darauf erfüllte sie mit freudiger Erregung, mit dem Wissen, dass in ihr ein winziges Wesen heranwuchs, das eine Verschmelzung von ihr und Roman sein würde.

Sie hatte den Beweis für die Existenz ihres gemeinsamen Kindes aufbewahren wollen.

»Du bekommst Romans Baby.«

»Nein, mein Baby. Es ist noch keine zehn Minuten her, da hat Roman mir unmissverständlich klargemacht, dass er nicht das geringste Interesse hat, mich zu heiraten oder Kinder zu bekommen. Er zieht vielmehr bei der Zack-Hayes-Methode der arrangierten Ehe mit.«

»Das sind Idioten, Gus. Und das wird er auch noch merken. Wahrscheinlich wird ihm in diesem Moment da drinnen klar, was für einen Fehler er gemacht hat.«

»Ich sehe ihn nicht hinter mir herrennen.« Sie deutete auf das Haus.

Ja, tief in ihrem Inneren hatte sie sich das gewünscht. Ihr einfältiges Herz hatte sogar geglaubt, dass er hinter ihr her aus der Tür stürzen würde, weil das bei ihnen immer so war. Sie stritten sich, einer stürmte hinaus, der andere lockte ihn wieder herein, und sie landeten im Bett. Sie hatten immer alles mit Sex gekittet.

Sie hatte gedacht, dass sie in diesem Moment schon wieder in Romans Armen liegen würde, dass er sie zu seinem Bett trug, wie er es oft gemacht hatte, ihr ins Ohr flüsterte, dass alles gut werden würde. Dazu brauchten sie nichts weiter zu tun, als mit ihren Körpern zu sprechen statt mit dem Mund.

Aber dieses Mal folgte er ihr nicht. Er war sehr deutlich gewesen. Jetzt fühlte sich alles noch erbärmlicher an, weil ihr klar wurde, dass er nicht lediglich auf den richtigen Augenblick gewartet hatte, um es allen zu sagen. Er hatte nie vorgehabt, es irgendwem zu sagen.

Sie war sein schmutziges kleines Geheimnis gewesen.

»Das wird er aber tun, sobald er von dem Baby erfährt«, versicherte Mad ihr.

Das war das Letzte, was sie gebrauchen konnte. Na ja, abgesehen von diesen Krämpfen in ihrem Unterleib. Aber sie wollte keine Zwangsheirat. Sie hatte sich immer eine liebevolle, stabile Ehe gewünscht, wie die ihrer Eltern. Eine solche Liebe würde sie nie von einem Mann bekommen, der sie aus einem Zwang heraus heiratete.

»Bitte, Mad. Ich will nicht, dass er es erfährt.«

Er starrte zurück zum Haus, und sie konnte förmlich sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete. Mad war der König der verrücktesten Verschwörungen. »Na gut. Bleibt nur noch eins zu tun.«

»Ich gehe wieder nach New Orleans.«

Er runzelte die Stirn. »Ich dachte, du nimmst den Job in D. C.«

Sie schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht, als alleinerziehende Mutter. Die Arbeitszeiten sind zu mörderisch. Glaub mir, ich will diese Stelle mehr denn je. Ich muss auf andere Gedanken kommen, aber ich muss auch an mein Baby denken. Ich habe zwar einen beträchtlichen Treuhandfonds, aber ich will nicht, dass mein Kind von Nannys aufgezogen wird. Als ich noch dachte, ich hätte Roman an meiner Seite, war ich bereit, das Risiko einzugehen und es mit dem Familienleben zu versuchen. Jetzt muss ich nach New Orleans zurückgehen, damit mein Baby so etwas wie ein männliches Vorbild hat, das ich nicht stundenweise bezahlen muss. Mein Dad hat schon davon gesprochen, in Ruhestand zu gehen. Dax wird immer mal wieder zu Hause sein. Ich werde ihm sagen, dass ich nicht weiß, wer der Vater ist. Das wird er mir glauben.«

»Sag ihm, ich bin der Vater. Das wird er dir auch glauben.«

»Was? Mad, das ist nicht der Zeitpunkt für einen deiner Scherze.« Sie hätte am liebsten geweint, aber erst musste sie hier weg und sich sammeln.

Das Problem war, dass Mad ein echter Freund für sie geworden war. Als Einziger von den Freunden ihres Bruders. Mad war etwas Besonderes, und das nicht, weil sie auf der Highschool kurz miteinander Sex gehabt hatten. Mad erinnerte sie so sehr an sie selbst, dass sie manchmal das Gefühl hatte, in einen Spiegel zu schauen.

Wenn sie sich nur in ihn hätte verlieben können.

»Das ist kein Scherz.« Er trat näher und verschränkte seine Finger mit ihren. Ein tieftrauriger Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Du brauchst jemanden, der dir mit dem Baby hilft. Ich brauche einen Sinn in meinem Leben, denn ich muss dir sagen, die Tage werden mir lang, und die Nächte noch länger. Ich werde vielleicht ein beschissenes Vorbild abgeben, aber ich verspreche dir, ich werde mein Bestes tun. Komm nach New York, und wir tun das, was Zack und Roman machen. Wir bauen etwas zusammen auf.«

Sie schüttelte den Kopf. Bei seinen Worten ging ihr das Herz auf. Warum sahen ihn alle als einen gefühllosen Partylöwen? Mad war einer der besten Männer, denen sie je begegnet war. Was Roman mit seiner Abweisung nicht geschafft hatte, gelang Mad mit seinem lieben Angebot. Ihr liefen die Tränen über die Wangen, weil sich wenigstens einer um sie sorgte. Und genau deswegen konnte sie ihn nicht beim Wort nehmen. »Mad, eines Tages wirst du dich verlieben, und ich werde die Letzte sein, die dich davon abhält.«

Denn egal, was alle über ihn sagten, Mad würde seiner Frau treu sein. Wenn er eine Familie hätte, müsste schon etwas Furchtbares geschehen, um ihn dazu zu bringen, sein Versprechen zu brechen.

Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe mich einmal verliebt und war nicht gut genug für sie.«

»Sara war damals noch jung.« Sie wusste alles über den Sommer, in dem er ständig versucht hatte, die Aufmerksamkeit von Gabe Bonds Schwester auf sich zu ziehen. Sie hatte auch gedacht, dass Sara zu unreif gewesen war, um zu erkennen, was Mad zu bieten hatte. Oder vielleicht zu ängstlich, um daran zu glauben, dass die Liebe manchmal das Risiko wirklich wert war. »Du weißt nicht, ob sie es sich nicht noch anders überlegt.«

»Nope, sie wird irgendeinen netten Kerl mit einem netten Job heiraten«, antwortete er salopp. »Ich werde der Böse sein, den sie einmal geküsst hat und wo sie dann schlau genug war, ihn zum Teufel zu jagen. Ob du es glaubst oder nicht, sie hat mir gesagt, ich sei der Teufel. Also, was meinst du? Ich finde, wir sollten es ihnen allen zeigen. Wie zwei Teufelskerle miteinander leben.«

Das war Mad. Arrogant. Süß. Rebellisch. Liebevoll.

Aber sie konnte das nicht zulassen. Und sie konnte keinen anderen Mann heiraten, wenn Roman, das Arschloch, immer noch in ihrem Herzen war. Und das Traurige war, dass er es immer sein würde.

Der stechende Schmerz in ihrem Unterleib wurde immer heftiger. Verdammt. Der Sex, der Streit, der Sturz. Alles war heftig gewesen. Morgen früh würde sie sich wie erschlagen fühlen. Zumindest hoffte sie, dass es nichts weiter war. Vielleicht hätte sie vorsichtiger sein sollen. Aber sie war so wütend gewesen.

»Gus?« Mad war blass geworden.

Sie richtete sich gerade auf, zwang sich, die Schultern nach hinten zu nehmen und den Kopf aufrecht zu halten. Es war Zeit, nach Hause zu gehen und es sich mit einem Becher Eis gemütlich zu machen, sich hinzulegen und sich um sich selbst und ihr Baby zu kümmern. Morgen würde sie sich einer Welt ohne Roman stellen. Sie schaffte das. Sie war stark. Sie würde alles tun, was nötig war, um sich und ihr Kind zu schützen.

Und dann schien die Welt zu kippen. Sie verlor beinahe das Gleichgewicht, und ihr wurde schwindelig. Vielleicht sollte sie sich hinsetzen.

»Gus, Schatz, du blutest ja. Ich muss dich in ein Krankenhaus bringen.«

Eben hatte sie sich noch für so stark gehalten, und jetzt war Mad dabei, sie hochzuheben und in sein Auto zu verfrachten.

Sie blutete? Alles drehte sich. Und sie konnte an nichts anderes denken, als dass sie, wenn sie dieses Baby verlor, völlig allein auf der Welt wäre.

Mads Stimme, die ihr sagte, dass alles gut werden würde, schien von weit her zu kommen.

Gar nichts würde gut werden. Als sie ohnmächtig wurde, war alles, was sie wollte, Romans Stimme zu hören, seine Hand in ihrer zu spüren.

Doch tief in ihrem Herzen fürchtete sie, dass sie für immer auf ihn verzichten musste.

1

Air Force Two

Irgendwo über Kanada

Augustine Spencer blickte aus dem Fenster. Aus dieser Höhe, weit über der Wolkendecke, sah man keine Lichter funkeln. Nichts als tiefschwarze Nacht breitete sich über dem Himmel aus. In ein paar Stunden würde die Sonne aufgehen, und sie würden in London sein. Sie hoffte, dass der neue Tag Licht auf alles Notwendige werfen würde. Aber für den Moment fand sie Trost in der alles verhüllenden Dunkelheit. Darin konnte sie ohne neugierige Blicke ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Und ihren nächsten Schritt planen, denn sie hatte etwas zu erledigen und würde sich von nichts und niemanden daran hindern lassen.

Nicht einmal von Roman Calder.

»Darf ich mich setzen?«

Als sie aufblickte, stand Connor Sparks vor ihr. Aha, der gefährlichste der Perfect Gentlemen, wie ihr Bruder und seine besten Freunde inzwischen mitbekommen hatten. Nicht, dass sie sich selbst als so was Albernes wie best friends forever bezeichnen würden, aber genau das waren sie. Wenn überhaupt würden sie sich selbst als Brüder fürs Leben bezeichnen oder irgendwas, das sie als angemessen maskulin erachteten. Ganz sicher vertraten sie die Devise »Bruder vor Luder«.

Zumindest noch bis vor Kurzem.

»Ich werde dich wohl kaum daran hindern können«, antwortete sie mit einem Lächeln, von dem sie hoffte, dass es großzügig wirkte.

Connor sank mit einer ernsten Miene auf den Platz neben ihr. »Du brauchst mir bloß zu sagen, dass ich abhauen soll, und ich tue es. Ich hoffe es allerdings nicht. Ich würde mich gern mit dir über etwas unterhalten.«

Verdammt. Was Connor ihr auch immer zu sagen hatte, es ging mit ziemlicher Sicherheit um Roman. »Jetzt, wo du für Zack arbeitest, bin ich sicher, dass du einiges zu sagen hast.«

Und sie würde alles einstecken, was Connor und seine Kumpels austeilten, denn sie konnte es sich jetzt nicht leisten, gefeuert zu werden. Sie war so dicht an der Wahrheit dran.

»Es geht um Lara.«

Das unerwartete Thema brachte sie dazu, sich leicht aufzusetzen, obwohl sie versuchte, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen. Lara Armstrong Sparks war Connors frisch angetraute Ehefrau. Sie war lebhaft und reizend, wenn sie auch etwas von einer idealistischen Regenbogenkämpferin hatte. Zumindest war das Gus’ erster Eindruck von dem Mädchen gewesen. Sie hatte sofort den Wunsch verspürt, Lara in die Arme zu schließen und sie vor der bösen realen Welt zu beschützen. Gus war skeptisch gewesen, ob die Brünette wirklich ihr Glück mit Connor finden würde. Aber vielleicht hatte sie Connors belesene Frau unterschätzt. Bis jetzt schien diese kleine Schöne ihr gefährliches Biest ganz gut gezähmt zu haben.

Unter Connors wachsamen Augen warf Gus einen Blick zu Lara, die in eine Decke gehüllt mit geschlossenen Augen auf einem der Plätze saß, die normalerweise von den Stabsmitarbeitern benutzt wurden.

»Warum ist sie nicht in die Suite gegangen?« Die Air Force Two war zwar kleiner, verfügte aber dennoch über die Annehmlichkeiten eines Luxusjets. In dieser speziell angefertigten 747 gab es eine Präsidentensuite unter dem Cockpit, wo der Präsident und die First Lady duschten, sich umzogen und schliefen – oder auch den kleinen Fitnessraum benutzten, wenn ihnen danach war. »Zack ist nicht da, und Roman schläft sowieso nie. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er für diesen Vorteil einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat.«

Connor errötete leicht. »Sie findet es falsch, dass die Mitarbeiter gezwungen sind, auf ihren Plätzen zu schlafen, während der Präsident der Vereinigten Staaten auf Kosten der Steuerzahler im Luxus schlummert. Also schläft sie als Zeichen der Solidarität mit dem gemeinen Arbeiter aufrecht und zusammengekrümmt.«

Gus musste lächeln. Einige von diesen Stabsmitarbeitern kamen aus den wohlhabendsten Familien der Welt. Nicht, dass viele von ihnen nicht verdammt hart arbeiteten, aber sie gehörten auch zur Elite.

Und Lara Sparks glaubte, sie müsste sich für ihre Rechte einsetzen. Überbehütetes kleines Mädchen.

Aber auch wenn Laras Protest ein bisschen dämlich war, erweichte nichts Gus’ Herz so sehr wie sozial Benachteiligte oder jemand, der sich für sie einsetzte. »Finde ich gut. Es ist erfrischend zu sehen, dass sich hier jemand um etwas anderes schert als um Politik.«

»Meine Frau ist anders. Sie macht sich ehrlich Gedanken, aber sie hat noch nicht gemerkt, dass die Welt nicht so funktioniert, wie sie sich das denkt. Ich weiß, ich hätte sie zu Hause lassen sollen, aber sie wollte unbedingt mit, und ich –«

»Konnte nicht Nein sagen.« Gus spürte, wie sich ein Lächeln auf ihre Lippen stahl. Der mächtige Connor Sparks war von einem quirligen Mädchen mit großem Herzen zu Fall gebracht worden. Es war fast nicht zu begreifen … und doch waren sie perfekt zusammen, soweit sie gesehen hatte. Sie hielten einander im Gleichgewicht. Insgeheim war sie ein bisschen neidisch.

Dann wurde ihr klar, warum Connor Sparks wahrscheinlich vor ihr saß. Warum er sich von seiner heiligen Pflicht losgeeist hatte, um mit ihr zu reden. Er wollte sie ermahnen, sich von seiner Frau fernzuhalten. »Ich hoffe, ihr beiden genießt den Aufenthalt in London. Ich habe einen vollen Terminplan, daher werde ich nicht viel Zeit für gesellschaftlichen Kontakt haben. Um mich brauchst du dir also keine Sorgen zu machen.«

Sein Hintergedanke machte ihr mehr aus, als sie gedacht hätte. Es tat sogar weh. Sie war mit Connor aufgewachsen. Er war immer Dax’ allerbester Freund gewesen. Andererseits hatte sie sich auch von allen außer Mad entfernt, seit … Na ja, seit Roman.

Tatsächlich war sie über sich selbst überrascht gewesen, als sie den Job im Weißen Haus angenommen hatte. Natürlich hatte sie beim Wahlkampf geholfen. Aber als ihr die Stelle als Stellvertretende Pressesprecherin angeboten wurde – wo sie eng mit Roman zusammenarbeitete –, war ihr erster Gedanke gewesen, Zack zu sagen, dass er sie mal konnte, und Roman genauso. Aber sie waren viel zu gerissen gewesen, um sie selbst zu fragen. Nein, die Schweine hatten Joy geschickt, weil sie genau wussten, dass Gus ihrer lieben Freundin niemals etwas hätte abschlagen können. Joy, eine ihrer besten Freundinnen. Joy, die First Lady geworden wäre, wenn sie nicht ermordet worden wäre. Joy, von der sie vermutete, dass Roman sie aufrichtig geliebt hatte.

»Natürlich hast du einen vollen Terminkalender«, räumte Connor ein. »Aber ich hatte gehofft, Lara könnte dich unterstützen. Ich habe einiges zu erledigen und kann Lara nicht mitnehmen. Kann sie dir nicht … keine Ahnung, etwas assistieren?«

Gus atmete überrascht aus. Sie sollte sich also gar nicht von Lara fernhalten. »Was?«

»Lass mich ausreden. Sie ist unheimlich klug. Und … ich mache mir Sorgen, dass einige der Stabsmitarbeiter gemein zu ihr sein werden. Sie kann ihre Meinung nicht für sich behalten, und ihre politische Einstellung deckt sich nicht unbedingt mit der von den anderen hier.«

Weil diese Welt mörderisch und unbarmherzig war, und jeder einzelne dieser Mitarbeiter bereit gewesen wäre, jemandem das Herz aus dem Leib zu reißen, wenn er glaubte, dadurch auf der Karriereleiter nach oben klettern zu können.

Plötzlich hatte Gus das Gefühl, Lara beschützen und ihr ihre Illusionen bewahren zu müssen.

»Stimmt es, dass sie Capitol Scandals betreibt?«

Connor riss kurz die Augen auf, dann schmunzelte er. »Ich hätte mir denken können, dass du dahinterkommst. Ja.«

Das liebenswerte Nerd-Mädchen war verantwortlich für eine der kitschigsten Internet-Klatschseiten in D. C. Natürlich wurden dort auch einige wahre, tief gehende Artikel veröffentlicht. Wahrscheinlich versuchte Lara mit Storys über das Liebesleben des Präsidenten, Leute auf die Seite zu locken, in der Hoffnung, dass sie sie dann über wichtigere Themen informieren konnte. Gus bezweifelte, dass der Plan funktionierte, aber sie bewunderte Laras Trick. »Wenn sie sich an mich dranhängen will, kann ich ihre Gesellschaft an den meisten Tagen gut gebrauchen, aber ich habe ein paar … Dinge vor, für die ich ungestört sein muss.«

Er runzelte die Stirn. »Du triffst dich mit einem Mann?«

Weit gefehlt. Sie tat etwas viel Wichtigeres. Sie würde einen Freund rächen – selbst wenn das bedeutete, ihren Chef zu Fall zu bringen. Aber das konnte sie Connor schlecht sagen. »Du weißt doch, ich habe überall Freunde.«

Gus hatte auch einen gewissen Ruf, sie wusste also, was Connor sich denken würde. In diesem Fall gereichte ihr das zum Vorteil. Den leichten Stich, den es ihr eventuell versetzte, dass Dax’ bester Kumpel davon ausging, dass sie unbekümmert mit einem Wildfremden ins Bett sprang, ignorierte sie. Ihre Freunde kannten sie. Ihre Mom und ihr Bruder akzeptierten sie. Was alle anderen dachten, war ihr egal. Sie konnten sie nehmen, wie sie war, oder sich zum Teufel scheren.

»Ich verstehe.« Connor schwieg einen Moment, und sein Blick verweilte irgendwo auf dem Fußboden, als überlegte er, was er als Nächstes tun sollte. »Hast du je darüber nachgedacht, Roman eine Chance zu geben?«

Ehe sie auf die Idee kam, sich zu zügeln, schleuderte sie zurück: »Jeden Tag. Ich denke darüber nach, ihm ein Seil zu schenken, damit der Kerl die Chance hat, sich aufzuhängen.«

Connor zog eine Grimasse. »Oh Mann. Also schön, ich weiß, dass vor langer Zeit zwischen euch etwas vorgefallen ist. Aber ich glaube, dass er immer noch auf dich steht.«

Ein höhnisches Lachen entfuhr ihr. Ein paar Köpfe drehten sich zu ihr um, missmutige Gesichter verschlafener Stabsmitarbeiter.

Gus senkte die Stimme. »Das bezweifele ich ernsthaft. Roman und ich hatten vor langer Zeit eine Affäre. Er ist darüber hinweg. Ich bin darüber hinweg. Er hat mehr als deutlich gemacht, dass ich nicht die Art Frau bin, mit der er mehr wollte als nur Spaß. Er sucht ein graues Mäuschen, das sich um Heim und Herd kümmert und nie die Stimme erhebt, um seine eigene Meinung kundzutun, und die Tatsache akzeptiert, dass er in allen außer sexuellen Belangen mit Zack verheiratet ist.«

»Meinst du? Dann frage ich mich, warum es ihm bisher noch nicht gelungen ist, seine Lichtgestalt der Tugend zu finden.«

»Oh, das hat er. Dummerweise hat sie seinen besten Freund geheiratet und wurde erschossen.«

Eine lange Pause entstand, und Gus spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte. Sie hatte Joy geliebt. Die Wahrheit war schon hässlich genug, warum hatte sie dem auch noch so einen bissigen Ton hinzugefügt? Wahrscheinlich der Stress und die Tatsache, dass Roman so nah war … und doch so fern. Er förderte immer ihre schlechtesten Seiten zutage.

Sie sah Connor an und versuchte gar nicht erst, die Tränen aufzuhalten, die ihr in die Augen stiegen. Das war eine Sache, die sie nach all den schlimmen Ereignissen gelernt hatte. Manche Tränen waren einfach unvermeidlich. Anstatt krampfhaft das Gesicht wahren zu wollen, war es besser, sich um die Dinge Gedanken zu machen, die wirklich zählten. Sie war freundlich und liebevoll, auch wenn die meisten das nicht wussten. Und sie hatte Joys Freundschaft sehr geschätzt. Nie wieder würde sie anderen die kalte Schulter zeigen, denn Joys Tod hatte sie gelehrt, wie kurz das Leben war. Vor allem weigerte sie sich, einen Groll zu hegen wegen irgendeinem Arsch, der sie nicht lieben konnte.

»Tut mir leid«, murmelte sie. »Das war widerlich, und ich meine das nicht so. Ich habe Joy sehr geliebt. Bitte entschuldige.«

Connor beugte sich vor und tätschelte ihre Hand. »Das ist die Gus, wie ich sie in Erinnerung habe. Weißt du, was ich immer an dir bewundert habe? Dass du ein richtiges Biest sein kannst, wenn es sein muss, aber einen weichen Kern hast. Deshalb wünsche ich mir, dass du dich um Lara kümmerst. Sie ist ein bisschen verloren.«

Dass ihr weicher Kern so sichtbar war, war zwar ein blödes Gefühl, aber sie würde es auch nicht abstreiten. Sie konnte und wollte nicht ändern, wer sie war.

Aber sie musste einige schwierige Entscheidungen treffen. Vor langer Zeit hatte sie beschlossen, dass Aktion besser war als Reaktion. Aktion war ein Schritt, der darauf basierte, wer sonst noch betroffen war und wie gut sie diese Person kannte und ihr vertraute. Reaktion hing einzig und allein davon ab, was jemand ihr in einem bestimmten Moment für ein Gefühl gab, und war selten weise oder eine angemessene Repräsentation ihrer selbst.

Deshalb agierte sie, anstatt zu reagieren.

Connors schmale Ehefrau stand auf, streckte sich und schlurfte dann zu ihrem Mann, und während sie gähnte, wallte ihr unglaublich üppiges Haar um ihre Schultern herum. »Connor? Sind wir bald da?«

Aktion. Die Frau vor ihr wirkte zwar etwas fehl am Platz, schien aber freundlich und guter Absicht zu sein. Und das bedeutete Gus etwas. Und in Wahrheit hatte Connor ihr nie etwas zuleide getan. Streit hatte sie lediglich mit Roman.

»Wir brauchen noch Stunden, Connors schönes Mädchen. Du solltest wirklich das Patriarchat aus der Präsidentensuite werfen und etwas Schlaf für das Proletariat erkämpfen.« Gus zwinkerte. Sie beherrschte die liberale Rhetorik.

Lara hatte die Augen aufgerissen. »So habe ich es noch gar nicht betrachtet.«

Sie sah so müde aus und war offensichtlich nicht an diesen temporeichen Lebensstil gewöhnt. Wenn Gus ein paar wohlüberlegte Worte sagen und dem Mädchen so ein behagliches Gefühl geben konnte, dass sie genug Schlaf fand, umso besser. »Nun, seit Zack sein Amt angetreten hat, hat noch keine Frau in dieser steuerfinanzierten Suite geschlafen.« Sie beugte sich vor. »Zumindest keine, die er nicht dafür bezahlt hat. Du solltest sie im Namen aller Schwestern einnehmen. Und wenn ich darüber nachdenke, Connor war jahrelang ein unterbezahlter Kämpfer für unser Land, und was hat er dafür bekommen? Bescheidene Motelzimmer in der Dritten Welt. Du hast noch nie ein echtes Drecksloch gesehen, bevor du nicht im Sudan warst.«

»Dann müssen wir diesen Raum erobern, für Amerika«, sagte Lara grinsend und sah ihren Ehemann an. »Wir treffen uns dort.«

Connor lächelte, als Lara im Flugzeug nach vorn lief und dann verschwand. »Willst du mir vielleicht ein paar Tipps geben, wie ich mit meiner Frau umgehen soll?«

Er war glücklich. Manchmal vermisste sie die dreisten, großspurigen Perfect Gentlemen, aber es war schön zu sehen, dass so viele von ihnen jetzt verliebt waren. Umso mehr schmerzte es, dass Mad eine solche Zukunft nicht vergönnt gewesen war. Das Loch, das seine Abwesenheit hinterlassen hatte, war tagein, tagaus wie eine große, klaffende Wunde.

Auch stellte sich ihr die Frage, ob Roman sich nun bald eine Frau aussuchen und sesshaft werden würde. Gus wusste nicht, ob und wie sie damit klarkommen würde.

»Klar«, neckte sie Connor. »Ich schreibe sie dir sogar auf. Und wegen London mach dir keine Gedanken. Ich weiß, Roman denkt, dass ich Ärger für ihn bedeuten werde, aber ich habe wirklich Besseres zu tun, als ihm das Leben schwer zu machen. Außerdem trifft er sich dort sowieso mit dieser Tussi von der Britischen Botschaft. Die wird ihn ziemlich auf Trab halten.« Gus versuchte, das Brennen in ihrem Magen zu ignorieren. »Falls du dir also Sorgen machst, dass ich mich als die verschmähte Liebhaberin aufspiele; das Letzte, was ich will, ist auf seinem Radar zu erscheinen.«

»Ihr sagt alle beide immer solche Sachen, und doch hat keiner von euch je geheiratet«, sinnierte Connor.

»Na ja, Roman hat unmögliche Maßstäbe, und ich habe eine anspruchsvolle Karriere.« Wenn sie eine Sache früh gelernt hatte, dann die, dass Männer keine Frauen mit anspruchsvollen Karrieren mochten, schon gar nicht, wenn die Frau klüger war als ihr testosterongeladener Gegenpart. Also war sie dazu übergegangen, die Männer um sie herum als Schachfiguren zu betrachten. Oder, wenn sie gut im Bett waren, als Spielzeug. Mehr nicht. »Ich fürchte, ich bin mit dem Weißen Haus verheiratet.«

»Und wenn Zacks Zeit dort vorbei ist?«, fragte Connor leise.

Sie hatte schon immer alles durchgeplant. »Dann gehe ich ins Consulting und verdiene mich dumm und dämlich. Warum das plötzliche Interesse an meiner Zukunft?«

Connor lehnte sich zurück. »Weißt du, ich schätze, ein Mann erreicht in seinem Leben ein bestimmtes Alter oder einen bestimmten Punkt, wo er zurückblickt und sich fragt, an welcher Stelle vielleicht etwas schiefgelaufen ist. Du weißt, wovon ich spreche, oder? Ich habe nachgedacht und versucht festzumachen, wann sich die Dinge verändert haben. Wir waren mal Freunde, Gus. Und irgendwann nicht mehr.«

Die plötzliche Wendung dieses Gesprächs gefiel ihr nicht. »Es ist schwer, mit einem Mann befreundet zu sein, der die meiste Zeit an streng geheimen Orten verbringt und Sachen macht, von denen ich nichts erfahren darf.«