Perry Rhodan-Extra: Schwingen der Macht - Bernhard Kempen - E-Book

Perry Rhodan-Extra: Schwingen der Macht E-Book

Bernhard Kempen

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Beschreibung

Abgeschirmt vom Rest des Universums, geschützt durch gigantische Staubmassen, leben in der mysteriösen Charon-Dunkelwolke die menschenähnlichen Charonii und andere Wesen. Seit einiger Zeit erst haben die Terraner den Kontakt zu ihnen aufnehmen können. Das Zentrum der Charon-Dunkelwolke ist das Goldene System - nur dort findet man das mysteriöse Salkrit, seltsamerweise in den Leichnamen großer Vogelwesen, die durch das All treiben. Dieses Salkrit wiederum benötigt man, um die auf Hyperkristallen basierende Technologie für Raumschiffe und Schutzschirme weit über das normale Maß hinaus zu steigern. Genau das brauchen die Menschen in diesen Tagen, in denen die Terminale Kolonne TRAITOR, ein Heerzug der Chaosmächte, die Galaxis heimsucht. Kein Wunder, dass Atlan, der unsterbliche Arkonide, sofort reagiert, als er Neuigkeiten aus der Charon-Wolke erfährt. Dort forschen terranische Wissenschaftler im Auftrag Perry Rhodans - und sie stoßen gemeinsam auf die uralte Geschichte der SCHWINGEN DER MACHT ...

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EXTRA

Schwingen der Macht

Atlan und das Geheimnis der Inyodur – Aufstieg und Untergang eines uralten Volkes

von Bernhard Kempen

Cover

Vorspann

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Impressum

Abgeschirmt vom Rest des Universums, geschützt durch gigantische Staubmassen, leben in der mysteriösen Charon-Dunkelwolke die menschenähnlichen Charonii und andere Wesen. Seit einiger Zeit erst haben die Terraner den Kontakt zu ihnen aufnehmen können.

Das Zentrum der Charon-Dunkelwolke ist das Goldene System – nur dort findet man das mysteriöse Salkrit, seltsamerweise in den Leichnamen großer Vogelwesen, die durch das All treiben. Dieses Salkrit wiederum benötigt man, um die auf Hyperkristallen basierende Technologie für Raumschiffe und Schutzschirme weit über das normale Maß hinaus zu steigern.

Genau das brauchen die Menschen in diesen Tagen, in denen die Terminale Kolonne TRAITOR, ein Heerzug der Chaosmächte, die Galaxis heimsucht.

Kein Wunder, dass Atlan, der unsterbliche Arkonide, sofort reagiert, als er Neuigkeiten aus der Charon-Wolke erfährt. Dort forschen terranische Wissenschaftler im Auftrag Perry Rhodans – und sie stoßen gemeinsam auf die uralte Geschichte der SCHWINGEN DER MACHT ...

1.

Nebenzeit

Mensch, Mädchen, reiß dich zusammen! Du wirst es schon überleben.

Foff! In wenigen Augenblicken werde ich Atlan sehen! Arnie Siska mit ihren nicht einmal 26 Jahren wird auf den großen Arkoniden treffen, der schon fast 13.000 Jahre auf der Kante hat!

Hab's vorsichtshalber mal genau nachgerechnet. Mit so was kenne ich mich ja aus.

Wir schreiben den 9. April des Jahres 1345 NGZ, das dem Jahr 4932 der alten Zeitrechnung entspricht. Atlan wurde am 9. Oktober 8045 vor Christus geboren, und da er in genau sechs Monaten Geburtstag hat, macht das zusammen 12.976,5 Jahre!

Das ist knapp das Fünfhundertfache meiner bisherigen Lebensspanne. Foff!

Auch wenn die Sache ja eigentlich etwas komplizierter ist. Schließlich ist Atlan ein paarmal den Zeitstrom rauf und runter gesprungen. Wär' mal interessant, sein subjektives Alter auszurechnen. Aber dazu müsste man schon ein paar sehr obskure Geschichtswerke zu Rate ziehen ...

In diesem Moment öffnet sich die Schleusentür.

Und da steht er: Atlan da Gonozal, Abkömmling einer uralten Herrscherdynastie des arkonidischen Imperiums, Zellaktivatorträger, früher Chef der USO und des Neuen Einsteinschen Imperiums und Orakel von Krandhor, ehemaliger Ritter der Tiefe und was weiß ich noch alles. Mit einer lässigen Kopfbewegung wirft er das schulterlange weißblonde Haar zurück, reckt den durchtrainierten Körper und marschiert in den Schleusenraum des Shagin, wo Aidon und ich auf ihn gewartet haben.

Foff! Da sollen einer Frau nicht die Knie weich werden? Wieder reiße ich mich zusammen und mache den Mund auf, um meinen Begrüßungsspruch aufzusagen. Doch ich komme gar nicht dazu, weil ich erst mal völlig abgemeldet bin.

Offenbar habe ich meine Bedeutung total überschätzt. Wer interessiert sich schon für kleine Mädchen, wenn es um Ereignisse von kosmischer Bedeutung geht?

Jetztzeit

Atlan trat in den Schleusenraum und legte die Hände um das Ende des Tentakels, den ihm der Seecharan zur Begrüßung entgegengestreckt hatte.

»Aidon! Schön, dich wiederzusehen! Wie geht es dir?«, erkundigte sich der Arkonide freundlich.

»Alles fließt«, antwortete der Kopffüßler zufrieden. »Wie war dein Flug, Atlan?«

»Die Charonii-Piloten haben mich sicher durch das Strukturgestöber geleitet. Trotzdem habe ich mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass man für die elf Lichtjahre von Jonathon bis zum Goldenen System gut anderthalb Wochen veranschlagen muss.«

»Die Charon-Wolke ist eben ein ganz besonderer Ort.« Ingal Fathen Aidon vollführte eine kreisende Bewegung mit dem Tentakel, als wollte er ein Bild des Sternhaufens in die Luft zeichnen. »Dass im Rest des Universums andere Verhältnisse herrschen, ist für uns Seecharan nur Erinnerung der fernen Vorfahren.«

»Ich habe deinen Bericht über eure Geschichte in guter Erinnerung.« Atlans Blick schien sich in unendliche Ferne zu richten. »Wie Trosh Nofham Aidon im Auftrag der Schutzherren nach versteinerten Inyodur-Skeletten suchte, um das kostbare Salkrit zu gewinnen ...«

»Das ist ein gutes Stichwort, um sich wieder der Gegenwart zuzuwenden«, unterbrach ihn der Seecharan.

»Danke für die freundliche Zurechtweisung.« Atlan drehte sich zum zweiten Mitglied des Begrüßungskomitees um. »Und dich bitte ich vielmals um Entschuldigung, dass ich einem guten alten Freund den Vorzug gegenüber einer charmanten jungen Dame gegeben habe.«

Die Terranerin musste zweimal schlucken, bevor sie ein Wort herausbrachte. »Kein Problem«, stieß sie hervor. »Freut mich, dich kennen zu lernen, Atlan.«

»Du bist Dr. Arnie Siska, wenn ich mich nicht täusche. Seit einem halben Jahr Leiterin der Ausgrabungen im Goldenen System. Geboren am 13. Mai 1319 auf Terra, Studium der Xenopaläontologie mit Schwerpunkt ornithoide Lebensformen an der Universität von Terrania, in Rekordzeit von nur dreieinhalb Jahren Abschluss mit der Promotion summa cum laude. In deiner Doktorarbeit vertrittst du die These, dass die vogelähnlichen Intelligenzwesen vor etwa einhundert Millionen Jahren ihre große Zeit hatten, bevor sie unter anderem durch die Humanoiden von der kosmischen Bühne verdrängt wurden.«

»Foff!«, entfuhr es der Angesprochenen. »Gibt es etwas, das du nicht über mich weißt?«

»Alles, was nicht im offiziellen Dossier steht. Ich verfüge über ein fotografisches Gedächtnis, aber nicht über hellseherische Fähigkeiten.«

»Ich schlage vor«, mischte sich Aidon ein, »dass ihr euch während des weiteren Fluges mit euren Lebensgeschichten vertraut macht.«

»Entschuldige«, sagte Atlan. »Ich werde nicht mehr von deiner kostbaren Zeit stehlen als unbedingt nötig.« Er drehte sich um und wandte sich dem Charonii zu, der schweigend im Schleusendurchgang zwischen den zwei Raumschiffen gewartet hatte. »Danke, dass ihr mich abgesetzt habt. Ich wünsche euch einen reibungslosen Rückflug.«

Der Bewohner der Charon-Wolke nickte knapp und drückte auf eine Schaltfläche in der Wand. Die Schleusentür glitt zu, und die Strukturdolbe koppelte ab.

»Auf zur nächsten Etappe.« Atlan sah Arnie Siska lächelnd an. »Während des Fluges kannst du mir genauer erklären, was ihr gefunden habt.«

*

»Erklärungen kriegen wir später«, sagte Arnie. »Du musst es unbedingt mit eigenen Augen sehen. Du kannst mir glauben, dass ich mir gut überlegt habe, ob ich jemanden wie dich hier antanzen lasse.«

In der kleinen Zentrale des nur 38 Meter langen Shagin-Raumschiffs hatten sie auf den Sitzen Platz genommen, die nachträglich eingebaut worden waren, um humanoiden Passagieren ein Mindestmaß an Komfort zu bieten. Der drei Meter hohe Seecharan mit den vier Tentakeln, die er wahlweise als Arme oder Beine benutzen konnte, saß wieder hinter den Kontrollen. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, Atlan persönlich abzuholen.

»Du kannst mir glauben, dass auch ein alter Mann wie ich gerne mal einen kleinen Ausflug unternimmt.«

»Das wollte ich damit nicht sagen ...« Dann fasste sich Arnie wieder, als sie sah, wie Atlan grinste. »Wie läuft's denn so in Photon-City? Hab lange nichts mehr von euch gehört.«

»Es ist auch wenig Aufregendes passiert. Seit die Charonii uns Jonathon als Stützpunktplaneten überlassen haben, sind wir mit dem Aufbau von Photon-City beschäftigt. Schließlich ist die Charon-Wolke nach dem Solsystem das zweitwichtigste Widerstandszentrum gegen die Terminale Kolonne TRAITOR. Unsere Wissenschaftler experimentieren mit dem Salkrit, aber den großen Durchbruch haben sie noch nicht erzielt. Dabei können wir gut etwas brauchen, was uns hilft, die Invasionstruppen der Chaosmächte aus der Milchstraße zu vertreiben.«

»Immerhin sind wir hier in der Wolke einigermaßen sicher – soweit ich als kleine Leuchte das beurteilen kann.«

»Es war ein Glücksfall, dass wir die Charonii als Verbündete gewinnen konnten.« Atlan warf einen Blick auf Aidon, der sich ganz auf seine Aufgabe als Pilot konzentrierte. »Nicht zu vergessen die Seecharan ... Aber das Strukturgestöber, das die Charon-Wolke erfüllt, hält nicht nur die Einheiten der Terminalen Kolonne ab, sondern macht leider auch uns zu schaffen. Zum Glück finden sich die Charonii mit ihrer Pilotenkraft ganz gut in den hyperdimensionalen Störungen zurecht.«

»Auch wenn das Goldene System frei von diesem Gestöber ist, herrschen hier nicht gerade Normalbedingungen«, sagte Arnie.

»In der Umgebung des Asteroiden GoSy-2½ ist es besonders schlimm«, mischte sich Aidon ein. »Die hyperenergetisch aufgeladenen Staubmassen sind in diesem Bereich ungewöhnlich dicht. Das dürfte der Grund dafür sein, warum die Salkrit-Schürfer bisher einen großen Bogen um diese Zone gemacht haben.«

Atlan sah die junge Frau aus leicht zusammengekniffenen Augen an. »Was genau habt ihr auf GoSy-2½ gefunden? Und was hat dieser merkwürdige Name zu bedeuten?«

»Du kannst es wohl gar nicht abwarten, was?«, sagte Arnie amüsiert. »Keine Angst, ich werde dir die Überraschung nicht verderben!«

»Wir haben jetzt Sichtkontakt zu unserem Ziel«, meldete Aidon.

*

Das kleine Raumschiff wurde durchgeschüttelt wie ein Flugzeug, das in eine Gewitterfront einflog. Der Raum um den Asteroiden GoSy-2½ war von dichten Staubmassen erfüllt, in denen hyperenergetische Entladungen zuckten. Ähnliche Bedingungen herrschten im gesamten Bereich des Goldenen Systems, das genau im Zentrum der Charon-Wolke stand. Doch hier war das Chaos aus höherdimensionalen Streuemissionen besonders stark.

»Ich werde jetzt die Hyperaggregate des Shagin herunterfahren«, kündigte Aidon an. »Nach meinen Daten sind wir auf dem richtigen Kurs, sodass wir uns einfach bis zum Asteroiden treiben lassen können. Wenn die empfindlicheren Systeme desaktiviert sind, ist die Gefahr von Wechselwirkungen geringer, die uns vom Kurs abbringen könnten.«

»Ich vertraue deiner Erfahrung als Pilot.« Atlan nickte dem Seecharan aufmunternd zu.

»Meine Erfahrung besteht eher darin, dass ich bislang einen weiten Bogen um Zonen mit solch intensiver Aktivität gemacht habe«, sagte Aidon. »Aber nachdem ich bereits ein paar Transportflüge von und nach Zweieinhalb übernommen habe, bin ich zuversichtlich, dass ...«

Ein schwerer Stoß ging durch das Raumschiff. Im Normalbetrieb hätten die Andruckabsorber solche Erschütterungen abgefangen.

Plötzlich schien die Kontrollzentrale, in der sich der Seecharan, der Arkonide und die Terranerin aufhielten, von einem seltsamen Leuchten erfüllt zu werden. Es war, als würden ihre Körper und die Einrichtung des Raumschiffs von einem bläulichen Feuer verzehrt werden. Das Leuchten verstärkte sich, dann wurde die Materie transparent. Die Wände des Shagin waren wie dicke Glasscheiben. Dahinter waren die brodelnden Formen der Staubwolken zu erkennen.

»Das ist die UHF-Strahlung«, erklärte Arnie Siska. »Psionisch aktive Hyperfrequenzen, die zu sehr merkwürdigen Erscheinungen ...«

»Ich kenne den Effekt«, sagte Atlan mit einem kurzen Seitenblick auf die Xenopaläontologin. »Ich war schon ein paarmal in der Charon-Wolke und auch im Goldenen System unterwegs.«

»Ich dachte nur ...« Arnie verstummte.

Der ultrahochfrequente Strahlungsschauer ließ nach, und die Materie an Bord des Shagin nahm wieder ihren gewohnten Zustand an. Gleichzeitig war im Navigationsholo zu erkennen, wie sich etwas aus dem wirbelnden Staubwolken schälte. Ein Klumpen, der die Form einer verwachsenen Kartoffel hatte. Es sah aus, als würde er langsam auf sie zurollen und sie zermalmen wollen.

Doch bevor es zu einem gefährlichen Zusammenstoß kommen konnte, aktivierte Aidon die Manövrierdüsen und passte ihren Kurs der Bewegung des Asteroiden an. Die Rotation der gewellten Landschaft unter ihnen hörte scheinbar auf, dann ging der Shagin im Schwebeflug nieder.

In der Oberfläche wurde eine dunkle Öffnung sichtbar, neben der ein schlichtes Wohn- und Arbeitsmodul für das Forscherteam stand. Geschickt ließ Aidon ihren Shagin nicht weit entfernt aufsetzen.

2.

Nebenzeit

Ist schon ein netter Kerl, dieser Atlan. Auch wenn es mir nicht ganz geheuer ist, was er alles über mich weiß. Einerseits würde ich mich von einem solchen Mann gerne aus der Reserve locken lassen, aber andererseits ...

Es wird ja gemunkelt, dass er während seines jahrtausendelangen Exils auf Terra uns »Barbarenmädels« reihenweise flachgelegt haben soll. Aber wie komme ich dazu, mich in eine ewig lange Liste einzureihen? Hab ich doch gar nicht nötig! Man muss nur mal nachrechnen. Die meiste Zeit soll er ja in seiner Tiefseekuppel verschlafen haben.

Kann er sich wirklich an die Namen aller Bettgenossinnen erinnern – oder hat er ihnen nur Nummern gegeben? Andererseits ... bei seinem fotografischen Gedächtnis würde ich es ihm sogar zutrauen, dass er sich nicht bloß an jeden Namen, sondern auch an jedes Aussehen und die Lebensdaten erinnern kann ...

Jetztzeit

»Toll, was?« Arnie reckte den Hals. »Ich bin immer wieder hin und weg, wenn ich das sehe.«

Die beiden Humanoiden hatten das Raumschiff in leichten Raumanzügen verlassen und standen auf der Oberfläche des Asteroiden. Der Seecharan war im Shagin zurückgeblieben.

Atlan und Arnie hatten ihre Mikrogravitatoren eingeschaltet, da sonst bei jedem unvorsichtigen Schritt die Gefahr bestanden hätte, in den freien Weltraum abzudriften. Die Schwerkraft des nur knapp einen Kilometer langen Brockens war zu gering, um den Bodenkontakt zu halten.

»Ich finde es eher unheimlich.« Atlan blickte zu den in Zeitlupe wirbelnden Staubmassen empor, die wie eine endlose Gewitterfront über den Himmel des Asteroiden zogen. Die Szene schimmerte in rötlichem Licht, und immer wieder wurden die Wolken von Blitzen und ungewöhnlichen Lichterscheinungen erhellt.

»Der Staub ist nicht uninteressant, da sich daraus die zigtausend asteroidenförmigen Körper gebildet haben, die im Goldenen System herumschwirren«, sagte Arnie. »Aber wir sollten uns langsam unserem eigentlichen Ziel zuwenden.«

»Den Vögeln.«

»Den versteinerten Überresten der Inyodur, die den Kristallisationskern der Asteroiden bildeten«, fasste Arnie es genauer.

»Beziehungsweise ihre Salkrit-Herzen.«

»Die genauen Zusammenhänge sind immer noch nicht bekannt. Nach den Erkenntnissen von Dr. Gregorian scheint es hier vor Jahrmillionen zu einem Massensterben der Inyodur gekommen zu sein. Das Besondere an diesen Ornithoiden war ein Organ in der Brusthöhle, das wir aufgrund seiner Lage vorläufig als ›Herz‹ bezeichnen. Welche Funktion es zu Lebzeiten hatte, wissen wir nicht. Sicher ist nur, dass nach ihrem Tod nur ein geheimnisvoller Stoff davon übrig blieb, der gemeinhin als ›Salkrit‹ bezeichnet wird. Er besteht aus einer geringen Masse von Goldatomen, die in einer Art Hypermatrix angeordnet sind, was seine ungewöhnlichen Eigenschaften erklärt. Jedenfalls soll das Salkrit irgendwie für das Strukturgestöber verantwortlich sein, das die Charon-Wolke wie ein hyperenergetischer Schneesturm umhüllt. Wobei irgendwas dafür sorgt, dass die 28 Sonnensysteme von Charon bis zu einem Abstand von ein paar Milliarden Kilometern frei vom Gestöber bleiben.«

»Ungefähr so hat es mir auch der allseits geschätzte Dr. Gregorian erklärt«, sagte Atlan.

»Ich hätte ihn gerne mal kennen gelernt. Aber leider hat er die Charon-Wolke schon vor meiner Ankunft verlassen.«

»Ich bin mir nicht sicher, ob eine Begegnung mit ihm für dich allzu erquickend verlaufen wäre«, gab Atlan zu bedenken. »Dr. Gregorian ist nicht gerade einer der ... umgänglichsten Zeitgenossen.«

»Ich weiß. Genau deswegen hätte ich gerne mal mit ihm geplaudert. Und ihm auf den Zahn gefühlt. In seinen hochwissenschaftlichen Erkenntnissen tauchen mir zu viele Irgendwies auf.«

»Wohingegen du mir harte Fakten präsentieren wirst«, sagte Atlan mit dem Anflug eines spöttischen Lächelns.

»Ich hoffe, dass du uns dabei helfen kannst, ein paar Fragen zu klären. Schließlich hattest du schon mit den Kosmokraten zu tun.«

Atlan drehte sich erstaunt zu ihr um. »Welche Rolle spielen die denn bei dieser Geschichte?«

*

»Tut mir Leid, dir solche Umstände zu machen«, sagte Arnie, als sie durch die primitive Druckschleuse in den inneren Bereich des Tunnels traten. »Wir haben uns nicht getraut, die künstliche Atmosphäre in der Höhle mit Strukturschirmen zu sichern. Komplexere Technik fällt hier unten wegen der ständigen hyperenergetischen Störungen immer wieder aus.«

»Ich habe schon Schlimmeres erlebt.« Atlan winkte ab. »Wenigstens müssen wir hier nicht im geschlossenen Raumanzug herumstapfen.«

»Trotzdem solltest du deinen Anzug ständig einsatzbereit halten«, warnte Arnie. »Es kann jederzeit passieren, dass der Luftdruck abfällt. Wir haben die Höhle nicht rundum abgedichtet. Das Gestein, aus dem der Asteroid besteht, ist ziemlich porös.«

»Keine Sorge. Ich werde alle Sicherheitshinweise ernst nehmen.«

Sie kamen durch einen Abschnitt des Tunnels, der erweitert worden war, um Platz für ein provisorisches Labor zu bieten. Ohne erkennbares System waren verschiedene Instrumente aufgebaut worden. An einem Arbeitstisch saßen zwei Wissenschaftler vor einem Terminal. Sie erstellten gerade eine holografische Simulation des Asteroiden.

»Darf ich vorstellen?« Arnie deutete auf den Mann mit den blonden Haaren. »Das ist Jelde Jelden, unser Xenologe. Natürlich hat er einen ordentlichen Studienabschluss, aber in seinem Kulturkreis ist es unüblich, akademische Titel zu führen.«

»Das alles klingt ziemlich exotisch für einen Terra-Abkömmling«, bemerkte Atlan.

»Ganz und gar nicht«, sagte Jelde. »Meine Vorfahren stammen aus einer terranischen Küstenregion, in der solche Namen und Sitten nichts Ungewöhnliches waren. Ich bin allerdings auf Rudyn aufgewachsen. Im dritten Jahrtausend sind viele Angehörige meines Volkes dorthin ausgewandert sind.«

»Dann bist du also ein Abkömmling der Rebellen, die damals die Zentralgalaktische Union gegründet haben.«

»Ja, wir Friesen hatten schon immer einen starken Sinn für Unabhängigkeit.«

»Und seit die Terra-Nostalgik wieder so groß im Kommen ist, dass man sich ethnologisch genauer spezifizieren zu müssen glaubt, auch für einen seltsamen Kräutertrunk, den sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit servieren«, warf Arnie ein.

»Ich könnte schon mal den Teekessel anwerfen, wenn wir anschließend ...«

»Jetzt nicht, Jelde«, wies Arnie ihn zurecht. »Ich möchte Atlan auch mit meinem zweiten Mitarbeiter bekannt machen. – Atlan, das ist Lerroshos.«

»Du stammst von Ferrol, wenn mich nicht alles täuscht«, sagte der Arkonide zu dem untersetzten Mann mit der blauen Haut und den tiefliegenden Augen.

»Gut erkannt.«

Arnie führte ihren Gast durch das restliche Tunnelstück in eine größere Höhle.

Atlan sah sich schweigend in der etwa vierzig Meter langen, unregelmäßig geformten Kammer um, die genau im Zentrum von GoSy-2½ lag. Es fiel ihm schwer, das Bild mit einem Blick zu erfassen. Rund um den vollständig freigelegten Fund hatten die Wissenschaftler das Gestein des Asteroiden nur auf wenige Meter Breite abgetragen.

3.

Jetztzeit

Es war ein typisches Inyodur-Skelett, wie Atlan es bereits einige Male zu Gesicht bekommen hatte. Imposante dreißig Meter lang, vom leicht gekrümmten Schnabel bis zum spitz auslaufenden Schwanz. Es war leicht aus der Waagerechten geneigt, sodass sie es in der Rückenansicht sahen. Hinter dem langen Hals, der nahtlos in den schmalen Brustkorb überging, setzten die dreieckigen Schwingen an. Der gesamte Körperbau des Wesens, von den Deltaflügeln bis zum leicht abgeknickten, kegelförmigen Schnabel, erinnerte frappierend an Überschallflugzeuge, wie sie im 20. Jahrhundert auf Terra gebaut worden waren.