Perry Rhodan Neo 307: Tanz der Magnetare - Ruben Wickenhäuser - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan Neo 307: Tanz der Magnetare E-Book und Hörbuch

Ruben Wickenhäuser

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Beschreibung

Seit mehr als einem Dreivierteljahrhundert reist die Menschheit zu den Sternen. In dieser Zeit hat sie zahlreiche Konflikte sowie kosmische Katastrophen bewältigt. Im Jahr 2112 mehren sich Hinweise auf eine neue Bedrohung für das kleine Sternenreich der Terraner. Die Gefahr scheint ihren Ursprung in zwei Nachbargalaxien der Milchstraße zu haben – den Magellanschen Wolken. Mit dem mächtigen Expeditionsschiff SOL bricht Perry Rhodan dorthin auf. Nachdem die SOL verloren gegangen ist, setzt er die Mission mit dem Beiboot PERLENTAUCHER fort. Als der mysteriöse Fremde namens Peregrin einen von Rhodans ältesten Freunden entführt, beginnt eine dramatische Verfolgungsjagd. Die Menschen stoßen auf eine gigantische, offenbar künstlich erschaffene Konstellation aus Neutronensternen – dorthin flieht Peregrin. Die Raumfahrer werden umfangen vom mörderischen TANZ DER MAGNETARE ...

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Band 307

Tanz der Magnetare

Ruben Wickenhäuser

Cover

Vorspann

1. Das Magnetar-Antiprisma

2. Der Tod aus dem Nichts

3. Die Stettaks

4. Das Aroma der Möhren

5. Doppelgänger

6. Der Liktor erwacht

7. Schutz oder Falle

8. Zwiegespräche

9. Im Eis

10. Schwere Verluste

11. Der Grimmouron

12. Flucht

13. Kriechende Kälte

14. Die Intima

15. Atempause

16. Eingesponnen

17. Der Tanz der Magnetare

18. Das Schwarze Loch

Impressum

Seit mehr als einem Dreivierteljahrhundert reist die Menschheit zu den Sternen. In dieser Zeit hat sie zahlreiche Konflikte sowie kosmische Katastrophen bewältigt. Im Jahr 2112 mehren sich Hinweise auf eine neue Bedrohung für das kleine Sternenreich der Terraner.

Die Gefahr scheint ihren Ursprung in zwei Nachbargalaxien der Milchstraße zu haben – den Magellanschen Wolken. Mit dem mächtigen Expeditionsschiff SOL bricht Perry Rhodan dorthin auf. Nachdem die SOL verloren gegangen ist, setzt er die Mission mit dem Beiboot PERLENTAUCHER fort.

Als der mysteriöse Fremde namens Peregrin einen von Rhodans ältesten Freunden entführt, beginnt eine dramatische Verfolgungsjagd. Die Menschen stoßen auf eine gigantische, offenbar künstlich erschaffene Konstellation aus Neutronensternen – dorthin flieht Peregrin. Die Raumfahrer werden umfangen vom mörderischen TANZ DER MAGNETARE ...

1.

Das Magnetar-Antiprisma

Geht es Ras Tschubai gut?

Diese Frage war leider müßig, und das versetzte Perry Rhodan einen Stich ins Herz. Denn das letzte Mal, als er mit Tschubai Kontakt gehabt hatte, hatte der von Peregrin entführte Teleporter einen erschreckend geschwächten Eindruck gemacht.

Die Stimmung in der Zentrale der PERLENTAUCHER war gedrückt. Sogar Gucky hatte seit Stunden keine seiner Bemerkungen mehr fallen lassen und nagte gedankenverloren an einer Möhre. John Marshall faltete in einem Hologramm fortwährend die gleiche Origamifigur.

Thora drückte beruhigend Rhodans Hand. »Peregrin wird schon aufpassen, dass Ras nichts zustößt. Er braucht ihn, Perry.«

»Noch«, fügte Rhodan düster hinzu.

»Und deswegen müssen wir ihn einholen«, sagte Thora Rhodan da Zoltral.

Als wäre das sein Stichwort gewesen, verkündete Kommandant Nilofar Abbasi: »Die Prüfung der Hyperkristallmatrizen ist abgeschlossen. Wir sind bereit für die nächste Transition!«

Wenige Momente später sprang der Leichte Kreuzer.

»Was ist das?«, entfuhr es Rhodan. Die PERLENTAUCHER war am Rand eines Sternensystems rematerialisiert, und zwar weiter von dessen Zentrum entfernt als üblich. Der Grund war offensichtlich – und sehr beeindruckend. Kurz vergaß Rhodan sogar die Sorge um seinen Freund Tschubai.

Mehrere übergrelle Lichtpunkte, die im Außenbeobachtungsholo winzig wirkten, gleißten vor den wolkigen Farbtönen der interstellaren Gas- und Staubwolken im fernen Hintergrund und waren um einen Mittelpunkt herum gruppiert. Von den Lichtpunkten ausgehend, pendelten zahlreiche Partikel- und Strahlungsströme wie betrunken umher und schleuderten Radiowellen sowie Röntgenemissionen ins All. Eine dichte Scheibe aus Asteroiden umgab das Gebilde.

Die eingeblendeten Daten zeigten aberwitzig hohe Energiewerte an.

»Das sind Magnetare.« Die Ortungschefin Tzinna Bearing vergrößerte die Darstellung. »Zwölf Magnetare mit Quellfeldstärken von jeweils rund zehn hoch zwölf Tesla. Mehr können wir erst sagen, wenn wir näher rangekommen sind.«

Magnetare waren Extremformen der Neutronensterne, gehörten zu den massereichsten Objekten im Universum und verfehlten nur knapp die Voraussetzungen für eine Verwandlung in Schwarze Löcher. Ebenso extrem war der Dynamoeffekt dieser seltenen Sternenruinen, der überstarke Magnetfelder erzeugte, begleitet von massiven höherdimensionalen Effekten.

»Sind es die einzigen lokalen Objekte?«, wollte Abbasi wissen.

»Nun, ich kann noch nicht feststellen, was sich im Innern der Ballung verbirgt, aber was den übrigen Raum betrifft ... ja. Ich bekomme eine Schätzung des Durchmessers herein: etwa 0,4 Astronomische Einheiten.«

»Also sechzig Millionen Kilometer.« Rhodan strich sich mit dem Finger über die Nase. »Auf so kleinem Raum müssen sich die dort aktiven Kräfte bis ins Unvorstellbare potenzieren.«

»Präzisierung ... Es handelt sich um kein unregelmäßig sphärisches Gebilde, sondern um zwei geometrisch exakte, versetzt übereinanderliegende Sechsecke. Ein Antiprisma! Ganz sicher kein Naturphänomen.« Bearing schien es schwerzufallen, den Angaben der Schiffssensoren zu trauen.

»Wie die Sechsecktransmitter der Liduuri«, sinnierte Thora. »Nur um einiges spektakulärer.«

»Allerdings!« Bearing blendete eine positronisch aufbereitete, stark künstlich kolorierte Darstellung ein. Die Lichtpunkte verschwanden hinter einem Sturm aus Farben, die ein grob schlauchförmiges Gebilde entlang des Äquators des Antiprismas bildeten. »Die Magnetfeldstärke im Innern dieses Torus ist enorm. Da hat sich sozusagen eine Art stellarer Teilchenbeschleuniger gebildet. – Augenblick!«

Die Falschfarbendarstellung verschwand. Stattdessen war das Antiprisma aus Magnetaren nun nur noch als schematische Gitterstruktur zu sehen, auf die ein kleiner, sichelförmiger Ortungsreflex zusteuerte.

»Ist das ...«, begann Thora fassungslos.

»Das ist Peregrins Raumschiff!«, stellte Rhodan fest. »Dieser Wahnsinnige fliegt genau auf diese magnetische Hölle zu!«

»Weitere Tasterechos!«, rief Bearing. »Gerade sind mehrere Schiffe der Powker aus dem Hyperraum gestürzt, von den Magnetaren aus gesehen hinter uns!« Sie legte ein neues Ortungsholo in die Zentralemitte, in dem sie fünf Raumfahrzeuge präsentierte.

»Das sind Aufklärer«, vermutete Rhodan. »Entweder Peregrins oder unsere Anwesenheit ist bemerkt worden, und die Generäle kommen, um nachzusehen, was los ist.«

»Dann ist Peregrin vielleicht mitten in ein militärisches Sperrgebiet transitiert.« Thora deutete auf die Konstellation aus ultraverdichteten Sternenruinen. »Haben sie uns bereits geortet?«

Bearing hob die Schultern. »Schwer zu sagen. Vor diesem energetischen Feuerwerk als Hintergrund ...«

»Unbekanntes Schiff, identifizieren Sie sich«, dröhnte es in diesem Augenblick aus den Akustikfeldern der Hyperfunkanlage.

Die Funkchefin Neglin Rastura nickte. Die Powker meinten eindeutig die PERLENTAUCHER, nicht Peregrin.

»Da haben wir die Antwort«, sagte Thora.

Die Arkonidin vergrößerte des frontale Taktikholo. »Peregrin steuert durch den umgebenden Asteroidengürtel weiterhin auf das Antiprismagebilde zu. Es fehlt nicht mehr viel, und er ist so nah herangekommen, dass die Magnetfelder ihn zerreißen werden.«

»Er führt etwas im Schilde«, war Rhodan überzeugt.

»Wie dem auch sei! Mister Rhodan, wie sollen wir handeln? Die Verfolger schließen auf«, warnte Abbasi.

»Achtung!«, rief Bearing. »Der Verband hat sich um zehn weitere Schiffe vergrößert! Sie haben Verstärkung bekommen.«

Rastura hob die Hand. »Sie melden sich mit einer neuen Botschaft.«

Die Stimme eines anderen Generals drang aus den Akustikfeldern. »Unbekanntes Schiff, identifizieren Sie sich. Wir nehmen an, dass es sich bei Ihnen um das Sternenschiff von Perry Rhodan handelt. Geben Sie sich zu erkennen, oder wir greifen an!«

»Gehen Sie in den Tarnmodus«, empfahl Rhodan dem Kommandanten. »Wir müssen herausfinden, was Peregrin vorhat. Ich kann nicht glauben, dass er sich einfach so in einem Magnetar opfert.«

Abbasi gab mit einem Nicken seine Zustimmung.

»Flüstertriebwerke und Tarnfelder aktiv«, bestätigte der Erste Offizier Pegal Heischatt gleich darauf. »Ausweichmanöver eingeleitet.«

»Peregrin durchdringt den Asteroidengürtel.« Bearing blendete die diffuse Darstellung eines Gesteinfelds in das Haupthologramm, das wie eine dicke Scheibe das Antiprisma umgab. »Übrigens rotiert die gesamte Neutronensternkonstellation synchron um die zentrale Vertikalachse der zwei Hexagonalebenen.«

»Ras ist dort mit an Bord«, ließ sich Gucky vernehmen. »Und nein, ich kann nicht teleportieren. Selbst wenn unser Schutzschirm abgeschaltet wäre – die hyperenergetischen Störeinflüsse der gigantischen Magnetfelder da drüben sind unglaublich hoch, das spüre ich bis hier. Tut mir leid.«

»Schon gut, Kleiner. In so eine Hölle würde ich dich ohnehin nicht schicken«, beruhigte Rhodan ihn.

»Mich allein vielleicht nicht, aber uns alle schon, oder?« Der Mausbiber kaute auf einem Karottenbissen herum. Es klang weniger nach einer spitzen Bemerkung als einfach niedergeschlagen.

»Das wird sich gleich zeigen, wenn Peregrin den Asteroidengürtel durchstoßen hat«, antwortete Rhodan

»Unsere Verfolger fächern aus und kommen näher.« Heischatt drehte seinen irritierend flachen Kopf, der auf einem viel zu lang wirkenden Hals saß. »Miss Bearing, konzentrieren Sie sich auf Peregrin und das Antiprisma. Ich übernehme die Perlians und Generäle.«

Eigentlich lauteten die Eigenbezeichnungen dieser zwei in der Großen Magellanschen Wolke heimischen Völker »Ce'drell« und »Powker«. Von den Menschen wurden sie aber ihrer äußeren Erscheinung wegen vielfach »Perlians« und »Generäle« genannt.

»In Ordnung, Sir.« Die Ortungsspezialistin klang erleichtert.

Waffenchef Helmir Kriechstein meldete sich zu Wort. »Unsere Thermogeschütze sind einsatzbereit.«

»Geben Sie fürs Erste den Schirmen Priorität, was die Energiezuteilung betrifft«, beschied Abbasi. »Wir müssen unsere Emissions- und Tasterechodämpfungsfelder so lange wie möglich aufrechterhalten. Selbst wenn die Generäle uns grob orten sollten, werden hoffentlich wenigstens ihre Waffensysteme Schwierigkeiten haben, uns korrekt zu erfassen.«

Die Antiortungssysteme der PERLENTAUCHER konnten fremde Tasterimpulse verschlucken oder ihr Echo zumindest verfremden, wusste Rhodan. Gegner hatten deshalb Probleme, den Leichten Kreuzer bei aktivierten Tarnsystemen zu entdecken, geschweige denn, ihn gezielt zu treffen. Allerdings machte er sich keine Illusionen – auch die Ce'drell verfügten über hochwertige Technologien. Das bewies schon der Umstand, dass die PERLENTAUCHER sofort geortet worden war und die Menschen ihre Verfolger auch im Tarnmodus nicht abschütteln konnten.

Dann geschahen drei Dinge gleichzeitig. Die Powker eröffneten das Feuer. Peregrins Schiff tauchte in den Torus ein. Und Gucky machte ein langes Gesicht, in hohem Bogen spuckte er ein Stück Möhre aus.

»Unser Schutzschirm ... flattert!« Kriechstein justierte nach. »Der Treffer hat minimale Formveränderungen in der Schirmstruktur bewirkt. Zu viele davon können wir uns gerade im Tarnmodus nicht leisten.«

»Der Schirm wird andernfalls zusammenbrechen, nehme ich an?«, fragte Abbasi.

»Es wird ihn wahrscheinlich eher zerfetzen! Und was dann passiert ...«

Bearing unterbrach den Gedankengang des Waffenoffiziers: »Das war kein gezielter Beschuss. Sie können uns nicht exakt erfassen und bestreichen nur auf Verdacht die Umgebung.«

»Wenn genug Schiffe das tun, können sie sich rasch einschießen«, gab Heischatt zu bedenken. »Wir müssen einen Ausweg finden.«

»Was ist der Status von Peregrins Raumschiff?«, erkundigte sich Rhodan.

Bearing arbeitete fieberhaft an ihrem Positronikpult. »Das Sichelschiff ist in die Zone der stärksten und dichtesten Magnetfeldlinien des Antiprismas eingedrungen. Es befindet sich nun am inneren Rand des Torus.«

Ein rot blinkendes Symbol leuchtete in der orange glühenden Feldliniendarstellung des frontalen Taktikhologramms. Es bewegte sich zielstrebig auf das Zentrum zu.

»Die dort herrschenden Kräfte müssten ihn eigentlich zerreißen!«, sagte Thora.

Bearing nickte. »Unsere Sensoren können ihn kaum noch anmessen, aber was ich an Daten bekomme, ist eindeutig: Peregrin bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit und schnurgeradem Vektor weiter in Richtung Zentrum. Dabei müsste das Schiff mindestens entlang des Torus normalerweise massiv beschleunigt werden.«

Mit hektischen Bewegungen wischte sich Gucky die Schnauze sauber. »Bäh, das war ja scheußlich! – Wir müssen Peregrin aufhalten. Er hat Ras wie ein Werkzeug benutzt, und ich will mir gar nicht vorstellen, was diese Energiehölle mit unserem Freund anstellt. Das wird diesen Mistkerl von Peregrin aber bestimmt nicht kümmern.«

»Wir hätten nun vielleicht die Gelegenheit, ihn einzuholen«, sagte Rhodan. »Er wird so dicht bei dem energetischen Chaos der Magnetare kaum transitieren können. Allerdings wissen wir nicht, welche Auswirkungen die Magnetfelder auf euch haben, Gucky, John.«

Marshall hob die Schultern. »Dann sollten wir es ausprobieren!«

Von dem Mausbiber kam ein bekräftigendes Nicken. »Wir sind uns der Gefahr bewusst. Aber hey, hat das den Retter des Universums je von einer Heldentat abgehalten? Hat es? Bin ich nicht mal wieder der Ritter in weißer Rüstung, der die feindliche Burg stürmt und dabei jeden Wall und jeden Graben überwindet? Na?« Er blinzelte irritiert und zupfte sich ein Möhrenstück aus dem Fell. Dann bedachte er Rhodan mit einem vorwurfsvollen Blick: Dass da was klebt, hättest du mir aber sagen können!

»Mister Abbasi?«, fragte Rhodan. »Was ist Ihre Meinung als Kommandant dazu?«

Abbasi hob schicksalsergeben die Hände. »Hier werden wir früher oder später von dem Powkerverband vernichtet werden. Eine Fluchttransition steht außer Frage, schon weil die Energiespeicher der Strukturfeldgeneratoren erst wieder gefüllt werden müssen. Es ist mir zwar ein Rätsel, wie dieser Peregrin da durchfliegen kann, aber wir können es ebenfalls versuchen. Die Möglichkeit, erforderlichenfalls wieder abzudrehen, bleibt uns ja weiterhin.«

Rhodan nickte. »Dann fliegen wir also in den ... Burggraben!«, entschied er in Anspielung auf Guckys Prahlerei.

»Erst durchqueren wir das Vorfeld.« Bearing machte eine entschuldigende Geste. »Wenn ich so sagen darf. Das Asteroidenfeld bietet uns eine gewisse Deckung vor den Waffen unserer Verfolger.«

Gucky warf die ungewöhnlich große Möhre weg. »BURG, GRABEN, WALL ... Da habe ich ja was angerichtet!« Er legte den Kopf schief und sah Rhodan an. »Ja ich weiß, die Assoziation liegt auf der Pfote, wie ihr so schön sagt! Aber ich hab's als Erster gesagt.«

Zwei weitere Intervallgeschütztreffer schlugen in den Schutzschirm des Leichten Kreuzers ein. Zu spüren war davon nichts, aber in den technischen Überwachungsholos war gut zu erkennen, wie das Abwehrfeld mehrfach ruckartig kontrahierte und sich wieder ausdehnte.

Kriechstein machte ein besorgtes Gesicht. »Wir sollten uns besser beeilen! Das Flattern ist stärker geworden. Noch nicht bedrohlich, aber wenn wir noch mehr einstecken müssen ...«

»Ich hätte gern mehr Zeit, damit wir die Magnetfelder genauer analysieren können«, sagte Heischatt.

Bedauernd hob Rhodan die Schultern. »Den Luxus haben wir leider nicht.«

Die PERLENTAUCHER steuerte in einem mal dahin, mal dorthin zuckenden Kurs auf den GRABEN zu, den Magnetfeldtorus. Währenddessen wurden in den Außenbeobachtungsholos zunehmend Einzelheiten erkennbar. Die Magnetare standen so dicht beieinander, dass zwischen ihnen immer wieder blitzartige Entladungen aufleuchteten. Rhodan glaubte bei diesem Anblick beinahe das Tosen eines irrwitzigen Sturms zu hören.

»Wir müssen auf die Partikel- und Strahlungsströme achtgeben«, sagte Heischatt überflüssigerweise. »Sie verlaufen zwar anscheinend relativ geradlinig vornehmlich direkt zwischen den Magnetaren. Aber da das ganze Antiprisma rotiert, tun das die Jets ebenfalls. Falls uns einer davon auch nur nahe kommt, bleibt von uns nichts mehr übrig!«

»Sie erinnern mich an diese Lasergitter aus alten terranischen Filmstreifen.« Marshall schnippte mit den Fingern. »Solche Thriller, wo sie als Sicherung für Tresorräume dienten.«

»Dann muss die PERLENTAUCHER also beweisen, wie gut sie als Einbrecher ist«, scherzte Rhodan.

Der lockere Tonfall heiterte die Stimmung in der Zentrale kaum auf. Immerhin herrschten sogar im verhältnismäßig weit entfernten Asteroidengürtel bereits Bedingungen, wie sie anderswo nur in seltenen Extremfällen anzutreffen waren.

»Wir tauchen in den Außenbereich des Magnetfelds ein«, verkündete Heischatt.

»Achten Sie darauf, dass wir exakt dem Kurs von Peregrin folgen! – Gucky, John? Fühlt ihr euch gut?« Rhodan musterte seine beiden Freunde.

»Alles in Ordnung«, versicherte Gucky. »Noch merke ich nur so etwas wie eine Vorahnung, dass wir in eine Sturmzone vordringen, die übles Unheil bergen könnte.«

Marshall nickte zustimmend. »Es ist, wie wenn du so nah an einem heißen Ofen stehst, dass du die Hitzestrahlung schon ganz leicht spüren kannst.«

»Sagt mir Bescheid, falls es stärker wird«, bat Rhodan.

»Ich registriere extern induzierte laterale Beschleunigungskräfte«, informierte Heischatt die Schiffsführung. »Bislang kompensieren unsere Triebwerke den Sog aber ohne Probleme.«

»Behalten Sie das im Auge, und geben Sie Bescheid, falls die Abdrift zu groß wird.« Abbasi wandte sich an Rhodan. »Ich hoffe, wir erleben keine böse Überraschung. Normalerweise hätten mich keine zehn Pferde dazu gebracht, mein Schiff in eine solche Hölle zu lenken.«

»Wenn es zu gefährlich wird, drehen wir ab«, beruhigte ihn Rhodan. »Dann wissen wir, dass es an Peregrins Schiff liegt, nicht an der Route, die er eingeschlagen hat.«

»Der Sog wird rasant stärker«, meldete Heischatt. »Wenn das so weitergeht, werden die Triebwerke bald doch an ihre Leistungsgrenze geraten!«

»Kontakt!«, rief Bearing plötzlich. Im Ortungsholo tauchte ein verschwommener Schemen auf, der neben der PERLENTAUCHER herflog.

»Sind uns Powkerschiffe gefolgt?«, fragte Thora.

»Das kann ich noch nicht beantworten. Unsere Sensoren werden von Interferenzen überlagert, da ergibt sich kein klares Bild«, erwiderte Bearing. »Aber ... das Objekt wird schärfer.«

»Es nähert sich.« Kriechstein straffte sich. »Soll ich die Waffen einsatzbereit machen?«

Thora Rhodan da Zoltral schüttelte den Kopf. »Wir können uns in dieser Umgebung unmöglich auf einen Kampf einlassen. Wenn unser Abwehrfeld zusätzlich belastet wird, bricht es endgültig zusammen. Und ohne diesen Schutz zerreißt es die PERLENTAUCHER.«

»Sie haben recht«, sagte Helmir Kriechstein. »Zumal ein Waffeneinsatz in dieser exotischen Umgebung unvorhersehbare Wirkungen entfalten könnte.«

»Es ist auf jeden Fall ein Kugelraumer.« Bearing stutzte. »Ein Powkerschiff ist es also nicht.«

Sie versuchte, die Darstellung im Hologramm zu optimieren. Aber die Ortungssysteme lieferten immer noch keine aufschlussreicheren Daten über das fremde Raumfahrzeug.

»Also vielleicht ein Perlianschiff«, sagte John Marshall. »Aber egal ob Powker oder Ce'drell – die müssen selbstmörderisch veranlagt sein, dass sie uns hierhin folgen.«

»Womöglich haben die Generäle ihre wasseratmenden Kumpels vorgeschickt. Sie scheinen jedenfalls mächtig sauer auf uns zu sein, weil wir ihre Funkrufe ignoriert haben.« Gucky schmatzte und verzog dabei angewidert das Gesicht. »Bäh. Diese Möhre war wirklich keine schöne Überraschung.«

»Oder sie verfügen über eine Technologie, die mit den Magnetfeldern da draußen besser zurechtkommt als unsere Bordaggregate«, sinnierte Rhodan.

»Merkwürdig ist allerdings, dass unser neuer Begleiter einen genauen Parallelkurs hält.« Heischatt musterte das rätselhafte Schiff. »Seine Flugmanöver sind stets exakt so vektorisiert wie unsere.«

»Vielleicht will man dort an Bord einen Logenplatz haben, um Zeugen davon zu werden, wie wir auseinanderbrechen«, unkte Gucky.

»Mister Abbasi«, meldete sich Linus von Streiff, der Leitende Ingenieur der PERLENTAUCHER. »Die externen Beschleunigungseinflüsse klettern weiter. Wir bekommen Probleme mit den Andruckneutralisatoren.«

»Drehen Sie die PERLENTAUCHER so, dass die Haupttriebwerke in optimalem Winkel gegen den Störkraftvektor zeigen«, wies Abbasi den als Pilot fungierenden Pegal Heischatt an. »Wir dürfen kein bisschen Leistung verschenken.«

Rhodan schüttelte den Kopf. »Unser Plan funktioniert nicht. Peregrin ist gerade unbehelligt durch den Torus geflogen, wir aber werden mitgerissen. Mister Abbasi, wir sollten in das Asteroidenvorfeld zurückkehren. Vielleicht gibt sich dann auch unser neuer Verfolger zu erkennen. Wir können zwischen den Planetoiden Deckung suchen, die Strahlung der Magnetare wird unsere Tarnung zusätzlich verstärken. Dann sehen wir weiter.«

»In Ordnung.« Abbasis Stimme klang erleichtert. »Mister Heischatt, bringen Sie uns raus hier!«

Der Erste Offizier bestätigte. Aber schon einen Moment später bildete sich eine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen. »Sir ... es geht nicht.«

»Sie meinen, die Triebwerke laufen fehlerhaft?«

»Nein, sie arbeiten weiterhin mit Maximalschub. Trotzdem werden wir immer weiter in den Torus gezerrt! Wir beschleunigen – entlang der Ringinnenachse!«

»Sir«, meldete sich eine Technikerin. Perry Rhodan erkannte die Stimme der Arkonidin Mailaca. »Die Andruckabsorber geraten an ihre Belastungsgrenze! Bald können sie die Beharrungskräfte nicht mehr vollständig kompensieren.«

»Mister Heischatt, bringen Sie uns hier heraus!«, drängte Abbasi.

»Achtung!« Tzinna Bearing hatte geschrien. »Fastkontakt direkt über unserer oberen Polkalotte!«

Das fremde Schiff war buchstäblich mit einem Satz extrem näher gekommen.

2.

Der Tod aus dem Nichts

Vergangenheit

»Sonden bereit zum Einschleusen«, meldete Taut-Schwarmkoordinator Sik. Von seinem Gelsessel blickte er entspannt auf das wie Quecksilber glänzende Objekt in der Mitte der Zentrale und wartete geduldig. Der Ce'drell machte sich einen Spaß daraus, den Kopf leicht zu neigen und zu beobachten, wie sich sein Gesicht in dem Zerrspiegel aus metallischem Glas skurril verformte.

Es gab nichts, was Sik aus der Ruhe brachte, weder zu diesem Zeitpunkt noch während der vergangenen Monate. Nicht weil er ein unerschütterliches Gemüt gehabt hätte. Sondern vielmehr weil nichts Anlass bot, sich aus der Ruhe bringen zu lassen.

Sie waren mit ihrem Ernteschiff bereits viele Ce-Jahre lang im intergalaktischen Weltraum rings um die zwei Sterneninseln Mon-Lainiga und Tai-Lainiga unterwegs und hatten in dieser Zeit nichts anderes zu tun gehabt, als Ansammlungen von ein paar Wasserstoffatomen oder seltener Materie pro Kubikstandardlänge anzupeilen und Letztere einzufangen.

Siliziumkarbidbrocken waren noch seltener und stellten die kostbarsten Fundstücke dar. Damit waren sie zugleich das Aufregendste, was es auf den Fahrten der Ernteschiffe zu erleben gab. Da Siliziumkarbid nicht gerade durch unerwartetes Verhalten auffiel, oder genau genommen durch überhaupt irgendein Verhalten jenseits seiner physikalischen Eigenschaften, hielt sich selbst diese Aufregung in Grenzen. Wenn es bei diesen also Unternehmungen etwas im Überfluss gab, war es Zeit.

Der Kopf von Kommandant Nar tauchte aus dem Wasser des Bassins auf, in dessen chromglänzender Oberfläche sich Sik gespiegelt hatte. Das Aufstellen so eines wuchtigen Beckens mitten in der Schiffszentrale widersprach natürlich allen Vorschriften, aber das war Nar vollkommen egal.

Sogar Dutzende Dienstjahre hatten die durchsichtige Haut des Kautra, des Kommandanten, nur an wenigen Stellen eintrüben können. Selbst sein Zeitauge wirkte noch so jugendlich wie zur Zeit seiner Implantation. Taut-Schwarmkoordinator Sik erinnerte sich nicht, dass Nar jemals erwähnt hätte, das Zeitauge irgendwann mal verwendet zu haben. Es ergab auch wenig Sinn: Was nützte es, eine Zukunft zu sehen, die sich in nichts von der Gegenwart unterschied? Die Folge davon war, dass der Kommandant sich erstaunlich jung gehalten hatte.

Das liegt allerdings vermutlich auch an seinem Phlegma, dachte Sik. Sogar die Fischer in seinen Barteln bewegen sich träge.

Der Kommandant träufelte einen winzigen Spritzer saphirgrüne Flüssigkeit aus einem auf Hochglanz polierten Fläschchen ins Wasser und ließ den Badezusatz genüsslich durch seine Haut diffundieren.

»Sehr gut. Was sagt denn unsere hübsche Ortung, Ken?«

Ken, ein Ce'drell, der fast gänzlich von Holos aus bunten, mal wolkigen, mal scharf gezeichneten psychedelischen Mustern verdeckt wurde, drehte behäbig den Kopf. »Oh, unsere hübsche Ortung, ja ... Na ja, Kautra, ich sagte schon ... Da ist so ein Nest aus Siliziumkarbid und Wasserstoff drumrum, ganz ordentliche Dichte eigentlich. So ein paar Ka pro Kubik. Könnte sich lohnen.«

»Ein paar Ka pro Kubik, das klingt doch gut«, meinte Nar. »Worauf warten wir dann noch? Auf geht's!«

Das Ernteschiff, das einem mit der Spitze vorausfliegenden Regentropfen ähnelte, rematerialisierte im Leerraum. Der war allerdings nicht halb so leer, wie es auf den ersten Blick den Anschein haben mochte. Zwar gab es keine Planeten und Sonnen in der Umgebung, aber die Ortungsholos waren gesprenkelt mit einem feinen Lichtstaub, der die Dichteverteilung von neutralem Wasserstoff anzeigte. Dazwischen zeigten grellweiße Hexagone an, was für die Ernter von wesentlich größerem Interesse war: eine kleine Wolke Siliziumkarbidschotter.

Ken lehnte sich zurück und klappte die Prismenoptiken herunter, die er an einem Stirnband trug. »Bitte schön. Gern geschehen.«

»Sie sind noch nicht fertig«, murmelte der Kommandant. »Sik, scheuchen Sie die Sonden raus.«

»Wenn's sein muss ...« Der Taut-Schwarmkoordinator betätigte einen Schalter, und ein Dutzend gelb blinkender Reflexe erschien im Ortungsholo, die wie Samen einer Nortraschote in alle Richtungen vom Ernteschiff fortstoben.

»Na dann seid mal fleißig, meine Süßen«, kommentierte Ken, der durch seine Prismengläser an die Decke schaute und den Vibrationsmodus aktiviert hatte. Winzige Schwingungen des Gels, das seinen Körper im Sessel zur Hälfte umschloss, gaben nun Informationen an ihn weiter. So erfühlte er Messwerte und Positionen und musste das Holo nur noch dann auf das Datenholo blicken, wenn es um komplexere Fragen ging. Den Rest der Zeit genoss er das hypnotische Farbenspiel der Prismen.

»Das sind keine Süßen!« Siks Deltoidale, die fächerartigen Flossen auf seinen Schultern, zitterten vor Entrüstung. Es gab Momente, wo die Eintönigkeit an den Nerven zehrte und jede falsche Bemerkung zum Konflikt führte.

Kens Barteln wogten gleichgültig. Das Licht brach sich in seinem Prismenglas und umgab sein Gesicht mit einem regenbogenfarbenen Schimmer. »Ach, koch doch dein Wasser nicht so hoch!«

Ehe Sik etwas erwidern konnte, ging der Pilot Nik dazwischen, der bislang geschwiegen hatte. »Leute ... Das Schiff ist in Position. Packt euren Kram bitte dahin, wo er hingehört, ich fahre dann mal die Kollektorfelder aus.«

»Süße Kollektoren«, stichelte Ken.

Sik schnarrte wütend. »Ruhe! Ich muss mich konzentrieren.« Er griff in die Steuerhologramme der Erntesonden und dirigierte sie vorsichtig auf ihre Plätze.

Aus dem tropfenförmigen Ernteschiff wuchs ein Fächer aus rot leuchtenden, rhombischen Energiefeldern, die sich immer weiter in die Länge zogen und an ihren Spitzen abrundeten, sodass sie zunehmend zu Ovalen wurden. Es erinnerte an eine Blüte, deren Kronblätter sich entfalteten und einen weit gespreizten Kelch bildeten.

Die Sonden flogen den Spitzen der Kronblätter voraus, sodass es aussah, als zögen sie die Kollektorenergienetze wie Fahnen hinter sich her. Dann entfalteten sie ebenfalls rötliche, wenngleich erheblich kleinere Kraftfelder. Mitten im Laikar-Ren, dem mächtigen Wasserstoffgasband, das sich von Mon-Lainiga bis zur Riesengalaxis Zarzuul erstreckte, war ein Blumenmeer entstanden.

»Sammelvorgang läuft an.« Sik ließ die Augen nicht von den Statusanzeigen der Sonden.

Die Darstellung im Überwachungsholo wechselte zu einer hochauflösenden, rein grafischen Struktur aus weißen Linien und Kreisen, die von den Sammlerkraftfeldern in Richtung Ernteschiff krochen. Größe, Form und Dichte der Symbole ermöglichte präzise Aussagen über Art und Menge des Sammelguts.

Sik bemerkte etwas und spürte, wie das Wasser in ihm hochkochte. »Ken, was haben Sie da für einen Blödsinn geredet? Ich messe im Erntegut fast vier Zwölftel Wasserstoff bei nur acht Zwölfteln Siliziumkarbidanteil pro Volumeneinheit. An den Sammlern liegt es nicht, deren Leistung liegt innerhalb der Toleranzen ... für unsere Verhältnisse, meine ich.«

»Das ist wahrhaftig wenig Siliziumkarbid«, bemängelte der Kommandant. »Können wir die Sammlerleistung nicht verbessern?«

Als nichts geschah, sträubten sich die Barteln des Taut-Schwarmkoordinators. »Ken! Träumen Sie nicht rum, geben Sie Nik einen Kurs! Da liegt ein Haufen Karbid vor unseren Barteln, und Sie führen uns nicht hinein!«

»Ja, ja. Kein Grund, gleich so wütend zu sein.« Die Deltoidale des Ortungschefs flatterten entrüstet. Missmutig klappte er die Prismen von den Augen hoch und betätigte die Bedienflächen seiner Konsole.

»Und bitte so, dass wir direkt an den Masseschwerpunkt der Siliziumkarbidansammlung gelangen«, fügte Sik scharf hinzu.

»Ist ja gut. Sie sind aber verspannt heute! Nehmen Sie mal wieder ein Bad im Relaxatkubus.«

Sik hatte plötzlich das Bedürfnis, den Ortungschef aus seinem Sessel zu reißen und durchzuschütteln. Der macht mich noch wahnsinnig!, dachte er. Ich muss weg von diesem Kerl! Es ist alles zu eng hier!

Nur mühsam hielt er seine Selbstbeherrschung aufrecht und zwang sich zur Ruhe. Ich habe einen kleinen Anfall von Raumkoller, mehr nicht. Alles ist gut, alles ist gut!, redete er sich ein.