Perry Rhodan Neo 302: Labyrinth des Wassers - Ruben Wickenhäuser - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan Neo 302: Labyrinth des Wassers E-Book und Hörbuch

Ruben Wickenhäuser

0,0

Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

Anfang des 22. Jahrhunderts scheint für die Menschheit endlich eine Ruhepause anzubrechen. Die Erde und der Mond sind zurück im Solsystem, es gibt keine Konflikte mit feindlichen Mächten, und die Menschen arbeiten engagiert an der Zukunft ihres kleinen Sternenreichs. Aber dann wächst Mitte 2112 in der Hauptstadt der Erde eine gigantische Stele aus dem Boden. Sie spuckt einen geheimnisvollen Mann aus. Rätselhafte Hypersignale deuten auf eine mögliche neue interstellare Bedrohung hin. Mit dem mächtigen Expeditionsschiff SOL bricht Perry Rhodan zu den Magellanschen Wolken auf. Dort stellt sich den Terranern eine große Flotte fremder Raumschiffe in den Weg. Die Menschen treffen auf seltsame Außerirdische, die ein Geheimnis verbergen. Was steckt hinter all diesen Aktivitäten? Antworten sucht Perry Rhodan im LABYRINTH DES WASSERS ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 225

Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS

Zeit:6 Std. 3 min

Sprecher:Axel Gottschick

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Band 302

Labyrinth des Wassers

Ruben Wickenhäuser

Cover

Vorspann

1. Ein Würfel Rache

2. Sternenstaub

3. Okals Biervulkan

4. Versteckspiele

5. Zisternenzimmerbrunnen

6. Gut durchgegart

7. Besucher

8. Fremdartige Fremde

9. Freiheit!

10. Kundschafter

11. Der Lockvogel

12. Helden in Mülltonnen

13. Im Wasserlabyrinth

14. Geistererscheinungen

15. Erschöpfung

16. PERLENTAUCHER auf Schleichfahrt

17. Die Schneeball-Expedition

18. Flucht und Verderben

Impressum

Anfang des 22. Jahrhunderts scheint für die Menschheit endlich eine Ruhepause anzubrechen. Die Erde und der Mond sind zurück im Solsystem, es gibt keine Konflikte mit feindlichen Mächten, und die Menschen arbeiten engagiert an der Zukunft ihres kleinen Sternenreichs.

Aber dann wächst Mitte 2112 in der Hauptstadt der Erde eine gigantische Stele aus dem Boden. Sie spuckt einen geheimnisvollen Mann aus. Rätselhafte Hypersignale deuten auf eine mögliche neue interstellare Bedrohung hin. Mit dem mächtigen Expeditionsschiff SOL bricht Perry Rhodan zu den Magellanschen Wolken auf.

Dort stellt sich den Terranern eine große Flotte fremder Raumschiffe in den Weg. Die Menschen treffen auf seltsame Außerirdische, die ein Geheimnis verbergen. Was steckt hinter all diesen Aktivitäten? Antworten sucht Perry Rhodan im LABYRINTH DES WASSERS ...

1.

Ein Würfel Rache

»Hier spricht Kalok-Drei. Liefern Sie uns den Entflohenen aus!«

Chart Deccon, der Kommandant des vier Kilometer langen, hantelförmigen Raumschiffs SOL, erstarrte. »Miss Tanaka. Bitte sagen Sie mir, dass das eine alte Aufnahme ist, die Sie da abspielen.«

»Leider nicht, Sir!« Die Funk- und Ortungschefin schloss einige der Hologramme, die vor ihr schwebten, aktivierte stattdessen eine neue dreidimensionale Darstellung.

Wieder erklang die blecherne Stimme in den Akustikfeldern des Hyperfunkempfängers. »Hier spricht Kalok-Drei. Liefern Sie uns den Entflohenen aus! Desaktivieren Sie Ihren Antrieb. Dies ist die letzte Warnung.«

Perry Rhodan bekam eine Gänsehaut. Im primären Außenbeobachtungsholo in der Mitte der amphitheaterähnlichen Zentrale wurde ein würfelförmiges Gebilde eingeblendet.

Mai Tai Tanaka war ebenfalls sichtlich erschüttert. »Authentizität bestätigt. Die Posbis sind uns gefolgt!«

Die SOL war im Orbit eines von Cenoten durchzogenen Planeten der positronisch-biologischen Roboter festgehalten worden und hatte nur mit größter Mühe entkommen können. Deccon hielt sich nicht damit auf, nachzufragen, wie die Posbis den neuen Standort des Expeditionsraumschiffs nach der Fluchttransition hatten ermitteln können. »Mister Hayes, wann können wir wieder springen?«

»Leider dauert es noch einen Moment«, erklang die Stimme des Technokommandanten über Bordkom. »Die gute alte SOL ist noch immer in einem schlechteren Zustand, als uns lieb sein kann. Die Techniker und Posbis in der Südkugel arbeiten mit Hochdruck an der Wiederherstellung der vollen Einsatzbereitschaft unserer Systeme.«

»Gut! Wir bekommen nämlich Besuch – und der hat ganz schlechte Laune.«

»Wir beeilen uns!« Hayes schaltete ab.

»Na dann, alles klar für ein Feuerwerk«, murmelte Rebecca Montgomery.

Laut sagte die Erste Offizierin: »Dragonflys bereit zum Ausschleusen! Miss Rocha, aktivieren Sie die Fusionsreaktoren der Waffenmodule.«

»Sie wollen kämpfen?«, fragte die Waffenchefin.

»Wir wollen auf keinen Fall kämpfen.« Deccons Stimme klang ruhig wie immer. »Aber ich fürchte, unsere Verfolger lassen uns keine Wahl.«

»Der Posbiwürfel koppelt einige Module ab ... Jetzt werden sie wieder angedockt ... Stattdessen lösen sich andere! Und die bleiben hinter dem Trägerschiff zurück ...« Tanaka war anzusehen, dass sie das Verhalten der Maschinenwesen nicht nachvollziehen konnte.

Vidonia Rocha hielt eine Hand über einen orange leuchtenden Holoschalter. »Sollen wir unsere Waffenmodule vom Schiffsrumpf abkoppeln und für eine synchronisierte Feuersalve bereithalten?«

Auf diese Weise konnte die Schiffsführung der SOL die Macht sämtlicher schweren Geschütze der zweiundsiebzig Kampfplattformen per Fernsteuerung auf ein einziges Ziel bündeln. Das vermochte eine Feuerkraft zu entfesseln, der fast kein bekannter Schutzschirm widerstehen konnte. Das Posbischiff würde in Stücke gerissen werden.

Für einen Augenblick hegte Rhodan die Befürchtung, dass der Kommandant dem Vorschlag seiner Waffenchefin zustimmen würde. Er wollte schon den Mund aufmachen, um auf die fatalen Folgen einer solchen Handlung hinzuweisen – immerhin waren die Posbis eigentlich Verbündete der Menschheit, es arbeiteten sogar etliche Bakmaátu auf der SOL selbst.

Deccon kam ihm jedoch zuvor. »Nein. Wir müssen so schnell wie möglich transitieren. Abgekoppelte Waffenmodule verzögern das nur.«

»Dragonflys bereithalten! Aber noch nicht ausschleusen«, reagierte Montgomery geistesgegenwärtig auf Deccons Anweisung.

Die Raumjäger verfügten zwar über eigene Hypersprungtriebwerke, konnten mit der SOL in Sachen Reichweite allerdings nicht mithalten. Sie wieder zurückzuholen, hätte sogar weitaus länger gedauert, als Waffenmodule wieder anzudocken.

»Hier spricht Kalok-Drei«, hallte erneut die unpersönliche Roboterstimme des Posbikommandanten durch die Zentrale. »Sie haben uns den Entflohenen nicht ausgeliefert, fahren die Triebwerke nicht herunter und haben durch Ihre Aktivitäten im Karzer unsere Souveränität verletzt. Wir werden Sie nun vernichten.«

»Er richtet seine Transformkanone auf uns aus und wird in Kürze in Schussreichweite sein!«, verkündete Tanaka.

Kalok-Drei schwebte in dem Raum, der ihm derzeit als Zentrale diente. Einen festen Ort hatte der Befehlsleitstand nicht, sondern befand sich stets dort, wo sich der Posbikommandant gerade aufhielt. Deshalb war der Raum völlig kahl, mit Ausnahme eines Kabelbaums und einiger Versorgungsröhren.

Das alles war ein Ärgernis. Kalok-Drei verstand nicht, weshalb das Raumschiff der Menschen geflohen war. Nicht, dass er die Gründe für ihre Flucht nicht nachvollziehen konnte, davon hatten sie sogar mehr als genug: Sie waren in den Karzer eingedrungen, hatten das Grabmal gesehen, wobei der letzte Wächter für immer abgeschaltet worden war, und dann hatten sie den Entflohenen wieder zu sich an Bord genommen. Logische Gründe gab es also reichlich.

Was er jedoch nicht verstand, war, warum sie sich die Mühe machten, zu fliehen. Nur weil es gute Gründe für eine Handlung gab, bedeutete das nicht, dass sie auch in die Tat umgesetzt werden musste. Insbesondere dann nicht, wenn ein Vorhaben ohnehin keine Aussicht auf Erfolg hatte.

Und die Flucht dieser Terraner hatte nachgerade keine. Die SOL war mit Posbitechnik durchzogen, speziell ihr Black-Hole-Protonenreaktor hinterließ untrügliche, nachverfolgbare Spuren.

Seine Gedanken wurden unterbrochen. Ein Posbi mit einer aus zwei an der Basis verbundenen Tetraedern und vier langen Insektenbeinen meldete sich. Anstelle eines Kopfs ragte ein Dutzend antennenartiger Fortsätze aus der oberen Rumpfspitze. »Fünf Seitensegmente sind fragmentiert.«

»Das ist ein Fehler«, schnarrte Kalok-Drei. »Die Entfernung zum Ziel ist zu groß.«

»Die Fragmente haben sich von selbst abgetrennt.«

Ein Mensch hätte an Kalok-Dreis Stelle wohl geseufzt. »Das ist ein Feh... Defragmentierung einleiten. Das Ziel muss eingeholt werden, ehe es erneut transitieren kann.«

Für den Posbiwürfel unter Kalok-Dreis Kommando war »alt« eine eher schmeichelhafte Bezeichnung. Um das Raumschiff war es nicht besser bestellt als um seine Besatzung. Funktionsstörungen waren die Regel, ganze Bereiche an Bord waren inaktiv oder verhielten sich unvorhersehbar. Wie die fünf Segmente, die sich gerade selbstständig abgelöst hatten.

»Die Defragmentierung macht Probleme«, berichtete der Doppeltetraederposbi nach einem Moment. »Nur ein Segment reagiert auf unsere Anweisungen.«

»Das ist ein Feh... Löschen ... Wir sammeln sie später wieder ein«, beschloss Kalok-Drei. »Vollschub in Richtung SOL.« Noch immer hatte er keine Antwort auf seine Forderungen nach Auslieferung des Entflohenen und zur Abschaltung der Triebwerke des Hantelraumers erhalten. »Transformkanone aktivieren und ausrichten. Das Schiff der Terraner wird vernichtet.«

Im selben Augenblick knallte es dicht neben ihm, offenbar war ein Energieleiter durchgebrannt. Kalok-Drei blieb davon vollkommen unbeeindruckt. »Und den Kabelbrand löschen.«

»Wir sind bald in Reichweite der Transformkanone«, warnte Tanaka. »Sie ist feuerbereit.«

Im Außenbeobachtungshologramm brachen weitere Teile des Posbischiffs ab, das Rhodan dadurch an einen verdrehten Zauberwürfel erinnerte, aus dem ein übermütiges Kind wahllos Stücke entfernt hatte. Die separierten Segmente schwebten wie eine Rauchfahne hinter dem Hauptschiff her.

Gucky rückte sich in seinem Sessel zurecht. »Haltet sie einfach noch ein bisschen hin. Dann ist sowieso nichts mehr von ihnen übrig!«

»So viel Zeit haben wir leider nicht.« Rhodan deutete auf den Kubus, mit dem SENECA das Posbiraumschiff im Taktikholo darstellte. Eine Zwiebelschalengrafik umgab den Würfel. Die Schalen waren von grün über gelb bis rot gestaffelt. Die SOL, eine winzige Hantel, lag noch im grünen Bereich, aber der gelbe näherte sich bereits mit erschreckender Geschwindigkeit. »Im roten Bereich können sie uns beschießen.«

Montgomery wandte sich an Deccon. »Noch können wir die Dragonflys ausschleusen. Zusammen mit unseren Impulsgeschützen können wir das Posbischiff rechtzeitig lahmlegen! Wir müssen es ja nicht zerstören.«

»Das ist nicht ganz richtig«, mischte sich die Stimme der Schiffsintelligenz SENECA ein. »Falls wir die Posbis nicht sofort mit der ersten Salve außer Gefecht setzen, werden sie Gelegenheit haben, mindestens einen Schuss aus der Transformkanone abzugeben. Der äußere Zustand des Fragmentraumers legt zudem den Schluss nahe, dass eine schwere Beschädigung sogar ungewollt zu seiner Vernichtung führen kann.«

»Außerdem sind es Posbis«, stellte Rhodan klar. »Funktionsgestörte, gewissermaßen kranke Posbis vielleicht, aber dennoch Angehörige unserer Verbündeten. Durch den Vorfall beim Karzer ist das Verhältnis ohnehin schon angespannt. Die Vernichtung eines ihrer Raumschiffe kann unabsehbare Folgen nach sich ziehen.«

Deccon saß buddhagleich in seinem Kommandosessel und verzog die Lippen. »Wenn wir uns wehren, haben wir keine Zeit für Präzisionsangriffe. Da heißt es alles oder nichts. Dann werden entweder wir oder die Posbis übrig bleiben. – Mister Hayes!«

Das verschwitzte Gesicht des Technokommandanten erschien in einem Kommunikationshologramm. Er hielt ein kompliziert aussehendes Messinstrument in der einen Hand und hatte neben sich vier Holos mit einem Wust aus technischen Angaben schweben. »Kommandant?«

»Wann ist die SOL wieder für eine Transition bereit?«

»Wir können zwar schon kurze Hüpfer machen, aber noch keine großen Sprünge.« Während Hayes sprach, fuhr er mit einer Hand durch seine Holos und ordnete die Anzeigen neu. »Und es wird ein ordentlicher Husarenritt.«

»Sir ...« Rocha kam nicht weiter zu Wort.

Tanaka unterbrach sie. »Das nützt nicht viel. Die Posbis werden uns wieder folgen. Bei einer Kurzstreckentransition schaffen sie es wahrscheinlich sogar, unsere Position noch besser zu erfassen und dichter bei uns zu rematerialisieren – und dann haben wir keine Zeit mehr, bevor sie angreifen.«

»Wie viele Lichtjahre schaffen wir, Mister Hayes?«, fragte Deccon.

»Wir müssen handeln«, drängte Montgomery. »Die Transformkanone kommt bald in Schussweite!«

»Sir!« Rocha sprach lauter.

»Aktivieren Sie eine Verbindung zum Posbischiff«, schlug Rhodan vor. »Wir sollten aufgeben.«

»Aufgeben?« Montgomery klang, als habe Rhodan ihr ein unzüchtiges Angebot gemacht.

»Sir, Kommandant, bitte hören Sie!« Rocha hatte den Satz geschrien. Für einen Augenblick verstummten alle und sahen die Waffenchefin an.

»Ja?« Deccon klang ungeduldig.

»Das Posbischiff ist in einer Minute in Schussdistanz«, ließ sich Tanaka aus dem Hintergrund vernehmen.

Diesmal ließ sich Rocha nicht unterkriegen. »Vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit, wie wir mit einer Kurztransition entkommen können.«

»Dann raus mit der Sprache!«

»Fünfzig Sekunden«, zählte Tanaka unbeirrt weiter.

»Wir haben Schwarzschildminen an Bord. Der Posbiraumer ist in so schlechtem Zustand, dass die Wirkladungen dieser Raumtorpedos problemlos zu ihm durchschlagen müssten ... SENECA kann das bestimmt konkreter beurteilen. Und wir können springen, ohne Energie für unsere Bordwaffen aufwenden zu müssen.«

»Vierzig Sekunden.«

»Aber dadurch kann das Schiff ebenfalls zerstört werden.« Rhodan gefiel die Idee der Waffenchefin nicht.

SENECA meldete sich. »Die Schwarzschild-Schrapnelle müssen so programmiert werden, dass sie nur scharf geschaltet bleiben, solange der Posbiraumer noch handlungsfähig ist. In Anbetracht der robusten Posbitechnik erachte ich dann die Wahrscheinlichkeit, dass Kalok-Dreis Schiff durch einen Lenkgeschosstreffer vernichtet wird, als vernachlässigbar. Nur falls eine Mine nicht genügt, zündet die nächste. Aber schon die Detonationsenergie eines einzigen Schwarzschild-Schrapnells sollte ausreichen, um die Navigationssysteme unseres Verfolgers nachhaltig zu stören. Das hindert die Posbis wahrscheinlich nicht daran, zu transitieren, aber sie verlieren Zeit. Ich halte den Vorschlag von Miss Rocha für sehr erfolgversprechend.«

»Dreißig!«

»Dann machen wir das so!«, entschied Deccon. »Miss Rocha, laden Sie ein Gravokatapult. Ein Dutzend Minen. Einstellung wie von SENECA angegeben. Transition, sobald die Schwarzschild-Schrapnelle ausgestoßen wurden.«

»Zwanzig Sekunden.« Tanakas Stimme übertönte die eiligen Vorbereitungen.

»Das Ziel ist in fünf Zeiteinheiten in Schussreichweite.«

Kalok-Drei empfing die Meldung und fuhr ungeduldig seine einzelne, runde Optik hin und her. »Wie steht es um die Zuverlässigkeit der Transformkanone?«

»Ist gegeben«, antwortete ein Posbi, der wie ein ineinander verschlungenes Bündel aus Schläuchen aussah, aus dem ein halbes Dutzend Greifarme ragte.

Vibrationen liefen durch Bodenplatten und Wände. Ein Stampfen verkündete das fehlerhafte Arbeiten eines Aggregats. Ein hohes Sirren gesellte sich hinzu, das ebenfalls nicht Bestandteil der normalen Funktionen war.

»Zuverlässigkeit der Transform... Sie schießen nicht auf uns.« Kalok-Drei war das eigentlich nicht neu, aber es erstaunte ihn immer wieder. »Ihre Waffensysteme sind desaktiviert. Diese Terraner handeln unlogisch.«

»Das ist ihr Wesenszug«, bestätigte ein anderer Posbi.

»Die Transitionstriebwerke des Ziels fahren hoch«, verkündete das Schlauchbündel.

»Zuverlässigkeit der Transform... Diese Terraner ... Löschen. Sie haben zu lange gezögert. Sie entkommen uns nicht.« Kalok-Drei lauschte auf eine Systemmeldung. »Anschließend müssen wir die Einzelteile unseres Schiffs wieder einsammeln. Sie haben zu lange gezögert. Sie entkommen uns nicht.«

Der Schlauchposbi meldete sich. »Das Ziel ist in einer Zeiteinheit in Reichweite.«

»Vernichten, Fragmente einsammeln und zurück zum Karzer!«, entschied Kalok-Drei.

Der Decksboden vibrierte mittlerweile so stark, dass der Schlauchroboter unfreiwillig durch den Raum zu wandern begann. Empört griff er mit seinen langen Armen nach einem Halt.

»Feuer!«, befahl Kalok-Drei. Nicht, dass er diese Anweisung akustisch hätte äußern müssen, aber er verspürte den irrationalen Drang dazu.

Es krachte. Es krachte nicht nur, das gesamte Raumschiff erbebte. Irgendwo in den Tiefen der Technokavernen heulte etwas auf.

Eine Kakofonie aus Alarmsignalen überwältigte Kalok-Drei beinahe. »Ist die Transformkanone explodiert?«

»Nein.« Der Schlauchposbi erzitterte. »Wir wurden getroffen!«

»Aber die Terraner hatten keinerlei Waffensysteme aktiviert!«, wunderte sich Kalok-Drei

»Die SOL transitiert jeden Moment. Es war eine Mine. Konfiguration unbekannt. Schadensanalyse läuft. Wir haben weitere Minen entdeckt. Unsere Waffensysteme sind ausgefallen. Die SOL ist entmaterialisiert. Die Anmessung der Spuren des Ziels erfolgt.«

Der Gestank nach verschmorten Komponenten kroch in Kalok-Dreis Sensoren. »Transition!«

»Keine Tasterechos.« Mai Tai Tanaka war die Erleichterung deutlich anzuhören.

»Abwarten!«, erwiderte Chart Deccon brummig. »Alle Ortungssensoren auf maximale Reichweite hochregeln. Wir wollen keine Überraschungen erleben. – Mister Hayes, Mister Kosum, wie sieht es mit dem nächsten Sprung aus?«

Der Technokommandant antwortete als Erster. »Die Systeme haben die Belastung erstaunlich gut verkraftet. Unsere Bakmaátu sind ebenfalls zufrieden damit, wie die Triebwerke die Transition überstanden haben. Davon sollten wir uns allerdings nicht in falscher Sicherheit wiegen lassen.«

Mentro Kosum hing schlaff in seinem Sessel und hob einen Zeigefinger von der Lehne, auf die er seinen Arm gestützt hatte. »Die SOL ächzt, aber sie ist bereit. Verlangen Sie nur nicht zu viel von ihr.«

»Gut. Leiten Sie die nächste Transitionsetappe ein. Miss Tanaka?«

»Nichts, Sir. Bisher sind die Posbis nicht in der Nähe materialisiert. Vielleicht haben wir sie tatsächlich abgehängt.«

Rebecca Montgomery runzelte die Stirn. »Es steht außer Frage, dass die Posbis irgendwie imstande sind, den Zielort unserer Transitionen anzumessen, sonst hätten sie uns nicht nach unserer ersten Etappe abfangen können.«

Deccon hob die massigen Schultern, ganz als beeindrucke ihn all das nicht sonderlich. »Was schlagen Sie also vor?«

»Dass Kalok-Drei nicht längst auch hier aufgetaucht ist, könnte darauf hindeuten, dass die Schwarzschild-Schrapnelle Erfolg gehabt haben – oder die Ortungsinstrumente des Posbischiffs arbeiten fehlerhaft. In dem Fall ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie uns aufspüren. Wenn es uns aber gelingt, vor ihrem Auftauchen die nächste Transition zu absolvieren, und dann schnell genug mehrere weitere, können wir sie abhängen.«

»Sie meinen, dass wir gewissermaßen vor ihnen herlaufen.«

»Und zwar durch ein Labyrinth.« Montgomery machte eine Geste mit beiden Händen. »Sie haben uns sozusagen hinter der ersten Biegung verschwinden sehen. Die zweite Abzweigung können sie auch noch erraten. Aber danach wird es unmöglich – unsere Spur sollte ab dem zweiten unbeobachteten Sprung verwischt sein.«

»Mister Hayes, verkraftet die SOL ein solches Rennen?«

»Schwer zu sagen. Ich denke aber: Ja. Die Belastung ist an sich nicht außergewöhnlich. Machen Sie die Pausen zwischen den Etappen nur nicht zu kurz, dann sollte es schon gehen.«

»Das kann ich Ihnen nicht versprechen. – Mister Kosum?«

Mentro Kosum schrak hoch, als habe er ein Nickerchen gemacht. Perry Rhodan wusste, dass dieser Eindruck täuschte. Der Pilot war lediglich mental tief in das technische Innenleben der SOL abgetaucht.

»Ja ... Ich stimme Hayes zu. Es wird nicht angenehm, aber es wird schon klappen.«

Während Kosum dies sagte, musste Rhodan daran denken, wie eng die SERT-Vernetzung zwischen einem Emotionauten und seinem Raumschiff war: Wenn das von ihm gelenkte Schiff unter hoher Belastung stand, wirkte sich das unmittelbar auch auf das Wohlbefinden des Piloten aus. Bei hoher Intensität waren körperliche Reaktionen die Folge, die sogar zu einer gesundheitlichen Gefahr für den Emotionauten werden konnten.

»Sollten wir die Gegend hier auch verminen?«, fragte Montgomery. »Ich hätte nichts dagegen, diesen Blechkollegen einen warmen Empfang zu bereiten.«

»Bringt wohl nichts«, ließ sich Vidonia Rocha vernehmen. »Der Einsatzradius der Schwarzschildminen in passivem Wartemodus beträgt nur hunderttausend Kilometer. Selbst wenn wir sie sehr weit streuen, ist die Wahrscheinlichkeit also gering, dass sie dem Posbischiff nah genug kommen, wenn es hier materialisiert. Vor allem ist dessen Besatzung mittlerweile gewarnt, und Kalok-Drei wird mit lauernden Minen rechnen. Abgesehen davon: Wir haben gerade eine komplette Werfersalve abgefeuert, ein volles Dutzend der Geschosse. Wenn wir so weitermachen, wird uns bald die Munition ausgehen.«

Montgomery zuckte mit den Schultern. »Unsere Posbis an Bord sind doch fleißig. Sie können neue Schwarzschild-Schrapnelle nachbauen.«

»Sicher«, bejahte Breckcrown Hayes. »Aber das dauert erstens recht lange, zweitens werden sie noch immer für die vollständige Instandsetzung der SOL gebraucht, und drittens benötigen wir dafür Hyperkristalle – und die lassen sich nicht ohne Weiteres ersetzen.«

Deccon räusperte sich. »Um es kurz zu machen: keine Minen.«

»Schade«, murmelte Montgomery. Laut fügte sie hinzu: »Bereit zur Transition.«

Kosum zog die Stirn kraus, als leide er unter einem Anflug von Migräne.

»Transition abgebrochen. Fehlfunktion der Navigation. Fehlfunktion der Hypersprungtriebwerke. Wir nähern uns den restlichen Minen.«

»Abdrehen! Maximaler Gegenschub! Reparaturroutinen einleiten!«, forderte Kalok-Drei.

»Wir verlieren sie«, stellte der Schlauchposbi fest.

Kalok-Drei betrachtete die leuchtende Spur, die sich im Ortungsholo durch den Weltraum zog und plötzlich im Nichts abbrach – an der Stelle, wo die SOL transitiert war. Es war nur eine abstrakte Darstellung der zahlreichen energetischen Spuren, die das Hantelraumschiff hinter sich herzog.

Ihre Situation war ein jetzt oder nie.

Widerwillig entschied sich Kalok-Drei für »nie«.

2.

Sternenstaub

Sternenstaub. Perry Rhodan hob die Augenbrauen. Es schien ihm eine Ewigkeit her zu sein, dass er Sternenstaub gesehen hatte. Tatsächlich waren es inzwischen mehr als fünfundsiebzig Jahre, die allein schon zwischen seiner Landung in der Wüste Gobi im Jahr 2036 und dem aktuellen Jahr 2112 lagen. In dieser Zeit war mehr geschehen, als eigentlich selbst in ein Jahrhundert gepasst hätte. Dass Rhodan währenddessen obendrein Opfer von Zeitreisen und Zeitschleifen geworden war, machte es nicht besser.

Dennoch hatte er gerade ausgerechnet dieses Bild vor Augen, das sogar weitere Jahrzehnte zurücklag: das Bild von Sternenstaub auf Milchschaum. Die Erinnerung an ein Weihnachtsfest, bei dem er ... wie alt gewesen war? Neun Jahre? Zehn? Damals hatte sich über das Glitzern in einem riesigen Glas Eiskakao gefreut.

Nun, mehr als hundert Jahre später, betrachtete er echten Sternenstaub: Das Abbild der Großen Magellanschen Wolke drehte sich über seinem Multifunktionsarmband. In der Falschfarbendarstellung glitzerte die Sternenfülle genau wie ehemals die Zuckerstreu auf dem Kakao. Vor der Darstellung schwebte ein Netz aus feinen, roten Linien.

Der Chronopuls-Wall ... Rhodan grübelte. Wir wissen noch immer nicht, wovor die Posbis die Milchstraße damit eigentlich schützen möchten.

Mit einem Fingerzeig vergrößerte Rhodan einen Ausschnitt. Sie waren auf der Flucht vor Kalok-Drei in die Magellansche Korona transitiert. Wenn sie mehr über die Hintergründe des Walls herausfinden wollten, mussten sie noch tiefer in die Magellansche Wolke vordringen. Wenn hinter dieser Barriere wahrhaftig eine Bedrohung lauerte, die einen derartigen Aufwand erforderte, wie ihn die Posbis mit dem Chronopuls-Wall betrieben, wollte er wissen, um was es sich handelte.

Rhodan sah auf. Vor ihm erstreckten sich die bewaldeten Hügel des wie eine mitteleuropäische Landschaft anmutenden Habitatdecks drei der SOL. Sogar die Luft duftete nach Nadelholz und Wiesenblumen, und was am beachtlichsten war: Es handelte sich nicht um künstliche Duftstoffe, sondern tatsächlich um die Gerüche, die die Pflanzen ringsum selbst von sich gaben. Und das, obwohl überall noch Spuren jener Schäden zu sehen waren, die die Raum-Zeit-Verzerrungen auf dem Weg vor und durch den Chronopuls-Wall verursacht hatten. Rhodan war aber entschlossen, die nahebei eifrig herumwuselnden Reparaturroboter zu ignorieren, um die kostbare Pause in vollen Zügen genießen zu können.

Schnelle Schritte erklangen auf erdigem Boden. Aus einem Hohlweg kam John Marshall mit leicht federnden Schritten auf ihn zugelaufen.

»Hallo, Perry«, grüßte er und blieb vor Rhodans Bank stehen, wobei er auf der Stelle weiterjoggte.

»Du bist durchgeschwitzt.« Rhodan deutete auf Marshalls T-Shirt, das dunkle Ränder zeigte.

Der Mutant lächelte glücklich. »Ja, allerdings! Du glaubst gar nicht, wie gut es tut, einfach zu laufen. Ich finde hier immer wieder neue Schleichwege – dabei sollte man meinen, dass es in einem gerade mal tausend Meter durchmessenden Habitatareal gar nicht so viele Möglichkeiten gäbe.«

»Du hast dich also gut erholt.«

Marshall quittierte die Feststellung mit einem Schulterzucken. »Nun ja, auf meinem früheren Niveau bin ich zwar noch nicht. Aber immerhin halte ich inzwischen länger als nur drei Schritte durch, ehe ich außer Atem bin!«

Die Passage der SOL durch den Chronopuls-Wall hatte beinahe in einer Katastrophe geendet und vor allem die relativ Unsterblichen an den Rand des physischen Zusammenbruchs gebracht. Seitdem hatte sich John Marshall intensiv seinem täglichen Training gewidmet.

»Sehr gut.« Mit einer Geste holte Rhodan einen anderen Ausschnitt der Großen Magellanschen Wolke bildfüllend ins Holo. Ein besonders beeindruckender Nebel wurde erkennbar, dessen wolkige Masse wie aufgerissen aussah. Der Anblick ähnelte dem Auge eines Sturms. Darin lag eine gleißend helle Ansammlung von Sternen. »Das ist NGC 2070, der berühmte Tarantelnebel.« Er verkleinerte die Darstellung wieder etwas. Am Rand der Abbildung tauchte ein winziges, hantelförmiges Objekt auf. »Wir befinden uns im Augenblick in der Magellanschen Korona, nahe der Nahtstelle zum Magellanschen Strom. Vielleicht finden wir hier Antworten ... oder zumindest einen Hinweis auf den Ursprung des Hyperimpulses, der die Stele in Terrania hat entstehen lassen.«

»Wenn NATHAN nicht ein derartiger Geheimniskrämer wäre, wäre vieles einfacher.« Marshall seufzte.

»Die Posbis haben den Chronopuls-Wall vielleicht zu unserem Schutz errichtet. Aber sie haben uns mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass unsere Neugier nicht willkommen ist.«

»Ja, es gibt gewiss einfachere Verbündete.«

Thoras Stimme drang aus Rhodans Komarmband und unterbrach seinen Gedankengang. »Perry, komm in die Zentrale!«

Gleichzeitig hallte ein Alarm durch das Habitat.

Rhodan eilte in die nahe gelegene Zentrale. In der Mitte des Raums, dessen Grundstruktur an ein antikes Amphitheater erinnerte, zeigten zahlreiche Hologramme rasch wechselnde Bilder: Statusmeldungen, Falschfarbenaufnahmen der kosmischen Umgebung, Karten. Auf einer leicht erhöhten Bühne in der Nabe des Rundareals war Chart Deccon zu sehen. Der Kommandant thronte wie gewohnt auf seinem überdimensionierten Kommandosessel.

Sobald Rhodan sich neben ihn gesetzt hatte, grüßte Thora Rhodan da Zoltral ihn mit einer knappen Geste und kam gleich zur Sache. »Schiffe nähern sich«, sagte sie.

»Posbis?«

Anstelle einer Antwort aktivierte Thora ein neues Holo. Die positronisch aufbereiteten Ortungsdaten zeigten, dass sich zwei Dutzend Tasterechos in einer Kugelschale um die SOL gruppiert hatten. Sie waren noch weit weg, kamen aber rasend schnell näher. Aus den Ortungsreflexen wurde eine Gitternetzdarstellung und schließlich ein naturgetreues Abbild.

»Das sind Kugelraumer«, stellte Rhodan fest.

»Sie entsprechen keinem uns bekannten Schiffstyp«, meldete sich SENECA, »abgesehen von ihrer Form. Ich analysiere.«

»Ist die Farbdarstellung korrekt?«, fragte Rhodan.

»Ja. Die Farbe ihrer Schutzschirme ist tatsächlich rot.«

»Wie sagt ihr Menschen? Weihnachtskugeln!«, piepste Guckys Stimme aus einem nahen Akustikfeld.

»Allerdings ziemlich große Weihnachtskugeln.« Rhodan las die Zahlenwerte, die SENECA nach und nach neben den Einzeldarstellungen der Raumfahrzeuge einblendete. »Sie haben Durchmesser von teils rund zweihundertfünfzig, teils fünfhundert Metern.«

Er wandte sich an die Funk- und Ortungsoffizierin. »Miss Tanaka? Die Fremden rufen uns nicht?«

»Leider nein.« Mai Tai Tanaka strich mit den Fingern durch ihre Holokontrollen. »Ich versuche ständig, sie in allen uns bekannten Sprachen auf sämtlichen gängigen Frequenzen anzufunken, aber sie stellen sich taub. Keine Empfangsbestätigung, nichts. Ein freundschaftliches Willkommen wird das nicht! Und gerade registriere ich Energiesignaturen von aktiven Waffensystemen!«

Im Hintergrund vernahm Rhodan die Stimme des Kommandanten. »Alle Beiboote und Raumjäger in Alarmbereitschaft versetzen! Miss Rocha, unsere Waffen bleiben desaktiviert! Wir sind schließlich die Besucher.«

»Verstanden, Sir«, bestätigte die Waffenchefin.

»Wenigstens keine Posbis.« Rhodan verspürte einen Anflug von Erleichterung. Nach ihrer jüngsten Begegnung empfand er deutlichen Widerwillen bei dem Gedanken, sich erneut mit den eigenwilligen Maschinenwesen auseinandersetzen zu müssen.

»Die kommen mit offenen Stückpforten, wenn ich so sagen darf«, warnte Vidonia Rocha. »Und die Kanonenrohre ragen heraus.«

Deccon hob seine rechte Hand ein Stück. »Messen Sie dem nicht zu viel Bedeutung bei. Immerhin ist die SOL in jeder Hinsicht ein ungewöhnliches Schiff. Bereiten Sie aber intern alles darauf vor, erforderlichenfalls so schnell wie möglich gefechtsbereit zu sein. Auch wenn es das Letzte ist, was ich möchte.«

Tanaka projizierte eine aktualisierte taktische Darstellung vor den Führungsstab. »Die Schiffe beginnen, den Sack zuzumachen!«

»Ausweichen!«, entschied Deccon. »Wir versuchen, aus der Umklammerung rauszuschlüpfen. Sich nicht zu wehren, bedeutet schließlich nicht, auf dem Präsentierteller hocken zu bleiben.«

Die Unterlichttriebwerke der SOL traten in Aktion. Gewaltige Kräfte waren vonnöten, um eine vier Kilometer große Stahlhantel in eine neue Richtung zu lenken.

Je näher die Fremden kamen, desto rascher änderte sich die Darstellung im Holo.

»Das Katz-und-Maus-Spiel hat begonnen«, kommentierte Marshall, der inzwischen ebenfalls in der Zentrale eingetroffen war und sich auf einem der Gästesitze niedergelassen hatte.

»Sie sind geschickt.« Rhodan verfolgte die Manöver der fremden Kugelraumer aufmerksam. »Sie zwingen uns immer wieder zu Kurskorrekturen. Die wissen, was sie tun.«

Deccons massiges Kinn zitterte, während er leicht den Kopf vorneigte. »Die Schiffe erinnern zwar an unsere Raumer oder an die der Arkoniden. Allerdings haben alle in der oberen Kugelhälfte auffällig große Schleusentore. Auch die erkennbaren Aufbauten sind ungewöhnlich. Mister Hayes, versuchen Sie sich an einer Funktionsanalyse!«

Rocha modifizierte das Taktikholo mit zusätzlichen Informationen. Die SOL lag nun genau im Kreuzungspunkt von zwei Dutzend feinen Linien, an deren äußeren Enden je eine rote Sphäre für einen der fremden Kugelraumer prangte. »Die Schiffe nähern sich auf unsere Kernschussweite. Ihre Waffensysteme sind nach wie vor aktiviert«, erläuterte sie. Die Endmarkierungen rückten entlang der Linien immer näher an das Hantelraumschiff heran.

»Miss Rocha, bereiten Sie die Waffenmodule zum Abkoppeln vor«, ordnete Deccon an.

Rhodan setzte sich kerzengerade auf. »Moment! Das sollten wir nicht tun!«

»Wir hätten dann aber für den Fall der Fälle ein optimales Schussfeld«, sagte Rocha. »Wir können die Reaktoren ja noch auf Minimalleistung belassen. Solange die Geschützplattformen energetisch unauffällig bleiben, dürften sie nicht als Bedrohung wahrgenommen werden.«

»Das ist es nicht.« Rhodan fuhr sich mit einem Finger über den Nasenrücken. »Wir befinden uns nah am Chronopuls-Wall. Vielleicht haben die Besatzungen dieser Fremdschiffe daher bereits Kontakt mit den Posbis gehabt. Dann ist es gut möglich, dass sie den Maschinenwesen freundlich gesinnt sind.«

»Und wenn? Die SOL sieht einem Posbiwürfel nicht mal entfernt ähnlich.«

»Aber wahrscheinlich entspricht sie auch keinem Raumfahrzeug der Fremden. Was passiert also wohl, wenn sich aus unserem Schiff unvermittelt Bestandteile herauslösen – eindeutig modulare Bestandteile?«

»Sie meinen, modular, wie es typisch für die Fragmentraumer der Posbis ist?« Auf Rochas Gesicht zeigte sich Verstehen. »Ein unbekanntes, extrem großes Raumschiff, das Eigenschaften zeigt, wie sie für die Roboterzivilisation typisch sind? Guter Punkt.«

Deccon nickte. »Allerdings. Das ist tatsächlich schlüssig. Miss Rocha, halten Sie die Impulsgeschütze für den Einsatz bereit, aber koppeln Sie die Kampfmodule nicht ab. Wir möchten Missverständnisse so weit wie möglich vermeiden.«

»Verstanden.«