Perry Rhodan Neo 321: Duell der Druisanten - Ruben Wickenhäuser - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan Neo 321: Duell der Druisanten E-Book und Hörbuch

Ruben Wickenhäuser

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Beschreibung

Das Jahr 2113: Auf der Erde und den verschiedenen Welten, die besiedelt worden sind, leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Gemeinsam arbeitet man am Aufbau einer positiven Zukunft. Doch alle wissen: In den Tiefen des Alls lauert eine feindliche Macht, die jederzeit angreifen kann. Dagegen müssen Perry Rhodan und seine Gefährten etwas tun. Immerhin weiß man, dass der Gegner den Namen Catron trägt und in der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis M 87 residiert. Will man die Menschen und alle anderen Völker der Milchstraße schützen, muss man also nach M 87 reisen. Die BASIS wird ausgerüstet, ein neues Fernraumschiff mit einem phantastischen Antrieb. Mit einer wagemutigen Besatzung beginnt Rhodan seine Expedition. Die Menschen schaffen den Sprung über den gigantischen Abgrund zwischen den Galaxien und treffen in M 87 auf unterschiedliche Kulturen. Schnell geraten sie in einen Konflikt und werden zu einer Welt eskortiert. Dort müssen sie auf ihr Urteil warten – und werden Zeugen im DUELL DER DRUISANTEN ...

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Seitenzahl: 214

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Zeit:6 Std. 1 min

Sprecher:Axel Gottschick
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Band 321

Duell der Druisanten

Ruben Wickenhäuser

Cover

Vorspann

1. Das Monster

2. Ankunft im Dewellsystem

3. Erinnerungen I: Auf der Flucht

4. Verräter

5. Erinnerungen II: Unter Freunden

6. Fragen über Fragen

7. Erinnerungen III: Atemlos

8. Die Audienz

9. Die Einladung

10. Warten auf das Bankett

11. Der übergangene Stellvertreter

12. Der Schmied eines Komplotts

13. Entdeckt!

14. Durch den Irrgarten

15. Das Duell der Druisanten

16. Verrat und Verwirrung

17. Der Dekonstruktor

18. Im Nirgendwo

Impressum

Das Jahr 2113: Auf der Erde und den verschiedenen Welten, die besiedelt worden sind, leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Gemeinsam arbeitet man am Aufbau einer positiven Zukunft. Doch alle wissen: In den Tiefen des Alls lauert eine feindliche Macht, die jederzeit angreifen kann.

Dagegen müssen Perry Rhodan und seine Gefährten etwas tun. Immerhin weiß man, dass der Gegner den Namen Catron trägt und in der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis M 87 residiert. Will man die Menschen und alle anderen Völker der Milchstraße schützen, muss man also nach M 87 reisen.

Die BASIS wird ausgerüstet, ein neues Fernraumschiff mit einem phantastischen Antrieb. Mit einer wagemutigen Besatzung beginnt Rhodan seine Expedition. Die Menschen schaffen den Sprung über den gigantischen Abgrund zwischen den Galaxien und treffen in M 87 auf unterschiedliche Kulturen.

Schnell geraten sie in einen Konflikt und werden zu einer Welt eskortiert. Dort müssen sie auf ihr Urteil warten – und werden Zeugen im DUELL DER DRUISANTEN ...

1.

Das Monster

Der Asteroidengürtel im Dewellsystem war nur ein dünnes Band. Zwischen den Brocken aus Stein und Eis lagen zumeist riesige Distanzen leerer Raum. Durch Zufall, Sonnenwinde und Gravitationswellen, die vor allem vom Zentralgestirn und von den Planeten stammten, hatten sich an einer Stelle jedoch einige Dutzend Meteoroiden zu einer Gruppe zusammengefunden.

Für ihre Versammlung hatten sie Millionen Jahre gebraucht. Die kleinsten schwebten Hunderte Meter voneinander entfernt. Die Lücken zwischen ein paar der größeren Brocken waren allerdings so gering, dass die Felsen sich fast berührten. Vielleicht würden sie sich irgendwann vereinen und die Geburtsstunde eines Asteroiden einläuten, der weitere Meteoroiden anzog, immer mehr Objekte in seinem stetig wachsenden Schwerefeld einfing und in ferner Zukunft den Kern eines Planetoiden bilden mochte.

Noch indes flog die kleine Gruppe in respektvollem Abstand zueinander auf der Umlaufbahn um ihren Stern. Sogar der rege Schiffsverkehr im Dewellsystem hatte daran nichts geändert. Zu weit weg verliefen die Flugrouten der Raumfahrzeuge, zu schwach und von zu kurzer Dauer waren die Gravitationskräfte, die sie aussandten. Während Zivilisationen kamen und gingen, zelebrierten die Meteoroiden ihren Äonen währenden Tanz.

Doch dann verzerrte sich der Raum in ihrer Nähe. Hätten sie Augen gehabt, hätten sie beobachten können, wie der Sternenhimmel mit einem Mal Wellen schlug. Lichtpunkte, die unerschütterlich an ihrem Platz gestanden hatten, rückten plötzlich zusammen, andere zogen sich zu feinen Linien auseinander, ferne Nebel pulsierten, selbst die Schwärze des Leerraums wurde fleckig dunkelgrau.

Dunkles Karminrot gloste auf, verdichtete sich, schien einen Trichter zu bilden, in den der umgebende Sternenhimmel eingesaugt wurde. Im nächsten Augenblick schlug er in die Gegenrichtung aus wie das Fell einer Trommel, das eingedrückt und anschließend ruckartig losgelassen wurde.

Etwas Riesiges, Schwarzes trat aus dem Rot hervor. Ein Schutzschirm hüllte es ein. Die Meteoroidengruppe verging in Feuerblitzen. Der Schirm flackerte nicht mal an den Stellen, an denen das Material vergangen war.

Das grob diskusförmige Objekt schälte sich weiter aus dem Nichts. Es erinnerte an eine Muschel mit den Dimensionen eines berggroßen Asteroiden, die von zahlreichen Insektenbeinen umklammert wurde. An den gelenkartigen Verdickungen dieser langen, schlanken Gliedmaßen leuchteten fahle, blaue Bänder.

Drei Sekunden später bildeten sich mehrere viel kleinere Faltungen im dunklen Raum, die an konzentrische Wellen gemahnten, wie Regentropfen sie auf einem See verursachten. Raketenförmige Sternenschiffe traten aus den Verwirbelungen und positionierten sich in einer bedrohlichen Halbkugelformation um die Muschel. Die waffenstarrenden Kampfschiffe griffen die Insektenbeine aber nicht an, sondern beließen die Muschel in ihrer tödlich wirkenden Umklammerung.

Stattdessen schickten sie unsichtbare Orterimpulse aus und suchten die Umgebung nach geringsten Anzeichen für unerwünschte Zeugen ab, fanden aber nur die weit verstreuten Klümpchen aus Eis und Stein des Asteroidengürtels. Ihre Geschütze blieben dennoch in lauernder Bereitschaft, als hungerten sie nach Opfern, die sie mit ihren Energiefluten vernichten konnten.

Die Muschel und ihre Eskorte bewegten sich auf den Zentralstern zu, wobei sie stetig langsamer wurden. Kaum merklich korrigierten sie ihren Kurs. Er führte nun auf den einzigen der drei Planeten zu, der in der habitablen Zone des Systems lag – oder nein, nicht auf den Planeten: Vielmehr war es der vierte Mond, den die Muschel als Ziel auserkoren hatte.

Der Pulk näherte sich weiteren, ebenfalls raketenförmigen Raumschiffen, die um den Mond gruppiert waren. Sie gliederten sich in die Umschließungsformation der Muschel ein.

Dann wurde das eigentliche Ziel des ungewöhnlichen Raumfahrzeugs sichtbar. Im Orbit des Monds hing ein Asteroid. Es war kein kleiner Felsbrocken wie jene, die bei der Ankunft der Muschel zermalmt worden waren, sondern ein sechzehn Kilometer langer und halb so dicker, grob keilförmiger Gigant.

Äußerlich war der Asteroid unauffällig. Seine Oberfläche trug Miniaturgebirge sowie Geröll- und Staubwüsten, wirkte stellenweise aber auch wie glatt poliert von den Sonnenwinden unzähliger Sterne, wie abgeschliffen von Nebeln längst vergangener Supernovae. Seine Form mochte etwas ungewöhnlich sein, jedoch nicht so sehr, dass sie aus der Vielzahl der anderen Asteroiden in dieser Raumregion herausgestochen hätte. Konzentrierte Tasterimpulse hämmerten von der Muschel aus auf das Objekt ein, ohne es jedoch durchleuchten zu können – es war, als verschwänden die Impulse in Watte.

Die Muschel verlangsamte ihre Fahrt weiter, bis sie ihre Geschwindigkeit an die des Asteroiden angeglichen hatte. Ein Zittern lief über ihre Oberfläche und pflanzte sich in die Insektenbeine fort. Weitere Lichtstreifen flammten auf. Über die gesamte Hülle der Muschel – oder waren es mehrere Objekte? – schienen erneut Wellen zu laufen, ähnlich jenen, die vor seinem Erscheinen entstanden waren.

Dann lösten sich die Beine, eins nach dem anderen, gaben die Muschel aus ihrer Umklammerung frei. Zugleich entstand eine blau gleißende Linie entlang der Außenkante des gewölbten Scheibenobjekts. Die beiden Hälften der Muschel entfernten sich voneinander. Dabei wurde erkennbar, dass die Insektenbeine aus jeweils der gegenüberliegenden Hälfte entsprangen. Das veränderte Konstrukt erinnerte an zwei Spinnen, die sich bislang eng umarmt hatten und nun bedächtig voneinander abließen.

Die Eskorte formierte sich um. Wie ein Insektenschwarm schwirrten die im Vergleich zur Doppelspinne täuschend klein aussehenden Schiffe in scheinbar ziellosem Chaos umher. In Wahrheit bezogen sie planvoll festgelegte Positionen vor der Doppelspinne. Ihre Geschütze deuteten nun alle auf ein Ziel: den Asteroiden.

Die Vorhut steuerte am Asteroiden vorbei und umzingelte ihn, wobei sich die lang gestreckten Kegelfahrzeuge stets so drehten, dass er zu keinem Zeitpunkt aus dem Feuerbereich ihrer Strahlenkanonen geriet.

Die beiden spinnenartigen Raumschiffe hatten sich inzwischen so weit voneinander entfernt, dass sich nur noch die Spitzen ihrer Beine berührten. Sie bildeten einen geräumigen, am Bug und Heck offenen Röhrenkorridor von etwa achteinhalb Kilometern Durchmesser. Wie eine gigantische Manschette schob er sich über den Asteroiden. Die Beine hoben und senkten sich, spreizten sich weiter Zwischen ihnen entstand ein feines Gespinst aus schwarzen Kabeln und Tauen, in das der Asteroid zunehmend eingehüllt wurde. Gigantische Desintegratoren, Stachelsonden und weitere Gerätschaften schoben sich aus den Seiten der Spinnenbeine. Tasterstrahlen bewirkten, dass die Oberfläche des Asteroiden im gesamten sichtbaren Spektrum schillerte. Das Schauspiel machte den Eindruck, als hätten die beiden Spinnen einen Kokon aus Licht zwischen sich gesponnen. Mit jedem Kabel, das sich über den Rumpf des Asteroiden schlang, wurde das Farbenspiel schwächer. Die Spinnen begannen, den Lichtkokon aufzufressen.

Perry Rhodan stand in der Zentrale des Asteroiden und beobachtete die Hologramme, die das Schicksal des ungewöhnlichen Sternenschiffs prophezeiten.

2.

Ankunft im Dewellsystem

BASIS, einige Zeit zuvor

Es war dunkel.

Warum fällt mir das auf? Sarah Maas, Chefin der Ortung und Kommunikation der BASIS, wunderte sich. Es ist Nacht, natürlich ist es dunkel.

Nur dass es nicht ganz dunkel war. Unzählige Lichtpunkte sprenkelten die Schwärze. Es war ein Sternenhimmel – viel dichter, als sie es von der heimischen Milchstraße kannte.

Wir sind in M Siebenundachtzig. Diese Galaxis hat eine um ein Vielfaches höhere Masse, dachte sie. Sie wunderte sich erneut. Das weiß ich doch ... Wir sind mit der BASIS vor drei Tagen beim Schwarzen Loch Powehi angekommen. Fünfundfünfzig Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt.

Vielleicht war es die schiere Dimension dieser ganzen Werte, Fünfundfünfzig Millionen Lichtjahre, eine Billion Sterne, weshalb sie fast an ihrem Verstand zweifelte.

Der Sternenhimmel verschwand für einen Moment hinter einer grellen Explosion. Sie ereignete sich völlig lautlos.

Logisch, das Vakuum leitet keinen Schall.

Weitere Explosionen folgten, in größerer Entfernung diesmal, aber jede einzelne war blendend hell und ließ das Firmament kurz aufflackern.

Da erst verspürte sie Angst. Maas lief los. Schlanke, kegelförmige Raumschiffe schossen über sie hinweg, spien Thermostrahlen und feuerten Wolken aus Raumtorpedos ab. Neue Feuerbälle wölbten sich vor dem Hintergrund der Sterne auf, schwollen zu unförmigen Sphären an, zerplatzten und waren sofort wieder vergangen.

Sie sah, dass zwischen den Tod und Vernichtung speienden Angreifern Raumschiffe in allen nur erdenklichen anderen Formen umherschwirrten: terranische Kugelraumer mit verbeulter und schartiger Außenhaut, walzenförmige Mehandorfrachter, die viel zu träge waren, um den Angreifern zu entkommen, aber dennoch ihre Triebwerke über Volllast hinaus forderten. Dazu kamen undefinierbare Objekte, die sich in Panik zwischen den Flüchtenden hin- und herbewegten ...

Die Raumschiffe stehen viel zu dicht, erkannte sie. Sie werden zusammenstoßen!

Gleich darauf schalt sie sich einen Narren. Das ist nur ein positronisch aufbereitetes Taktikholo. Die wirklichen Abstände sind ganz anders. Sie versuchte, die dreidimensionale Darstellung zu vergrößern – aber ihre Handbewegungen veränderten nichts. Ihre Finger tauchten auch nicht in das Hologramm ein, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre.

Das ist kein Holo!, begriff sie. Und erwachte.

Sie stand in einem lang gezogenen Gang, und es leuchtete tatsächlich ein Hologramm neben ihr, über das sie die Katastrophe beobachten konnte, die sich gerade draußen im All ereignete.

Wir müssen eingreifen! Das Massaker muss aufhören! Sie rannte los, um zur Zentrale der BASIS zu kommen. Aber wie? Wir haben keine Offensivbewaffnung.

Vor einem Schott hielt sie inne. Es brauchte viel zu lange, um sich zu öffnen. Sobald der Spalt groß genug war, zwängte sie sich hindurch und eilte weiter.

Aber wir haben eine riesige Beibootflotte an Bord, die können wir einsetzen.

Plötzlich wusste sie, dass sie nicht zur Zentrale musste, sondern in die Hangarsektion. Sie musste einen der Fünfhundert-Meter-Schlachtkreuzer nehmen und eingreifen. Wenn die BASIS dazu nicht in der Lage war ...

Ich bin Ortungschefin, keine Schiffskommandantin – und schon gar kein Waffenoffizier!, rief ihr Verstand ihr zu.

Wieder stand sie vor einem Schott. Wieder öffnete es sich nur träge. An der Pforte flammte ein Außenbeobachtungshologramm auf, zeigte Trümmerstücke, die durch den Weltraum trieben. Gase, die unter hohem Druck aus beschädigten Tanks schossen und im Vakuum sofort gefroren. Und wieder: Explosionen. Der ganze Korridor leuchtete in ihrem Widerschein.

Maas rannte weiter. Abermals ein Gang, leicht nach rechts gekrümmt, in ein milchiges Licht getaucht. Sie passierte ein breites Panoramafenster. Stecknadelkopfgroß waren dort aufflackernde Feuerbälle zu sehen. Außerdem die haardünnen Streifen schwerer Geschützstrahlen, die kreuz und quer vor dem Sternenmeer zuckten.

Da vorn muss der Zugang zur Hangarsektion sein, dachte sie. Schneller! In jeder Sekunde sterben rings um uns Lebewesen, wir können dem doch nicht tatenlos zusehen!

Wieder eine Tür, in eine Schleusenkammer. Aber statt des Hangars folgte dahinter bloß noch eine Schleuse. Jedes nächste Schott öffnete sich etwas langsamer als das vorangegangene, fiel Maas auf. Verzweifelt versuchte sie, mit der manuellen Notöffnung nachzuhelfen. Es war ein schwarz-gelb gestreiftes Handrad.

Und dann trat sie in den leeren Weltraum hinaus.

Sarah Maas erwachte mit einem Schrei.

Ein Traum! Es war nur ein Traum im Traum. Ich bin wach!

Rasch vergewisserte sie sich, dass sie sich diesmal nicht irrte. Was hatte ihr ferronischer Freund ihr damals geraten, wie sie feststellen konnte, ob sie wach war?

»Du musst dir nur die Nase zuhalten«, hatte er gesagt. »Wenn du weiteratmen kannst, träumst du. Ganz einfach.«

Damals hatte sie gelacht und erwidert: »Wenn ich träume, träume ich. Warum sollte ich das nachprüfen wollen?«

Tatsächlich hatte sie den Trick niemals gebraucht. Nun aber, beschloss sie, war es an der Zeit dafür.

Sie packte ihre Nase mit Daumen und Zeigefinger und schloss den Mund. Erst als sie ernsthaft in Atemnot zu geraten drohte, ließ sie wieder los.

Ich träume definitiv nicht mehr!

Während sie die Beine vom Bett schwang, protestierte ihr Körper: Jede einzelne Muskelfaser verlangte nach mehr Erholung.

Später!, dachte sie. Es war Zeit für ihre Schicht. Vielleicht ist das auch gut so. Es wird mich ablenken. Außerdem könnte ich sowieso nicht wieder einschlafen, selbst falls ich mich noch mal hinlegen würde.

Nachdem sie vergebens versucht hatte, sich in der Hygienezelle ein wenig zu erfrischen, trottete sie in Richtung Zentrale los. Ihr fröstelte, als sie aus ihrem Quartier auf den Gang hinaustrat. Er war in milchiges Licht getaucht. Ganz ähnlich wie in ihrem Traum.

Das vielleicht Schlimmste war, dass die Geschehnisse, von denen sie geträumt hatte, sich gerade erst wahrhaftig recht ähnlich ereignet hatten – mit dem Unterschied freilich, dass die Menschen eingegriffen hatten, erst mit einem Fünfhundert-Meter-Raumer, dann mit Guckys und Tschubais Hilfe. Sie hatten es geschafft, unbemerkt mehrere Schiffe der Skoars zu sabotieren. Die außerirdischen Soldaten hatten mit ihren spitzzylindrischen Kampfschiffen einen Flüchtlingsraumer angegriffen. Erst die terranischen Sabotageakte hatten die Attacke beendet.

Zumindest an diesem Ort und in diesem einen Fall, schränkte Maas bedrückt ein. Wie viele andere Flüchtlinge mochten allein an diesem Tag irgendwo in M 87 ihr Leben verlieren?

Sie beeilte sich, die Zentrale zu erreichen, und diesmal gab es keine langsam aufgleitenden Türen und keinen Sturz in die Leere des Alls.

Sie betrat den weiten Leitstand, an dessen kreisförmiger Wand sich die Arbeitsstationen wie Perlen an einer Schnur reihten. Im Zentrum ragte eine schmucklose Säule von zwanzig Metern Höhe bis zur Decke empor. Über ihre Oberfläche wanderten dreidimensionale Bilder und die visualisierten Interpretationen von Datenströmen. Dem Eingang gegenüber schwebte gut einen Meter über dem Boden ein großes Taktikhologramm. Es präsentierte die Flotte der Skoars, die in sicherem Abstand ein Einschließungsellipsoid um die BASIS bildete. Zahlreiche positronisch eingeblendete Markierungen im Holo zeigten inaktive Waffenschlünde an. Offiziell folgte die BASIS freiwillig einer Einladung der Skoars ins Dewellsystem. Der Anblick ihrer Eskorte erweckte in Maas dennoch ein mulmiges Gefühl.

Perry Rhodan sah kurz von seinem Gespräch mit Kommandant Melbar Kasom auf und nickte Maas zu.

»Hallo, Perry, Mister Kasom. Hallo, HAMILLER!«, begrüßte sie auch die Künstliche Intelligenz des Fernraumschiffs.

»Einen wunderschönen Tag, Miss Maas«, sagte HAMILLER.

Der Rest der Unsicherheit, die der Traum in ihr zurückgelassen hatte, schwand vollends.

Sie nahm ihren Platz ein, erledigte die Übernahme der laufenden Aktivitäten von ihrem Dienstvorgänger und konzentrierte sich auf die aktuelle Lage. Es hatte sich selten so gut angefühlt, zu arbeiten. Ihre volle Aufmerksamkeit wurde gefordert und ließ keinen Platz für Zweifel, Erinnerungen oder Albträume. So war es gut.

»Noch eine halbe Stunde bis zur Ankunft«, stellte sie fest.

Es war ein Sprung ins Ungewisse, denn von M 87 wussten sie so gut wie nichts.

»HAMILLER, was haben wir über das Zielsystem?«, erkundigte sie sich bei der KI.

HAMILLER projizierte ein gewölbtes Holo mit den gewünschten Bildern und Daten vor ihr in der Luft. Dewell und die Planeten, die das Zentralgestirn umkreisten, wirkten durch und durch gewöhnlich. Maas machte eine entsprechende Bemerkung.

»Ja«, bestätigte HAMILLER. »Meiner Kenntnis nach gibt es dort nichts Ungewöhnliches. Eine Sonne zwischen den Spektralklassen G und K. Drei große Trabanten, davon ein Zwergplanet am Systemrand und ein weiterer in unmittelbarer Sonnennähe. Der zweite, ungefähr terragroße Planet liegt gerade noch in der habitablen Zone. Er hat einige Monde, ihre Gesamtzahl und Anordnung ist uns bislang unbekannt. Die von unserem Fernortungssystem gelieferten Daten zur Energieverteilung lassen auf Schiffsverkehr schließen, jedoch nicht in ungewöhnlich hohem Ausmaß. Tut mir leid, Miss Maas, für weitere Erkenntnisse müssen wir uns näher am System befinden. Kommandant Kasom hat sich gegen eine intensivere Aktivabtastung ausgesprochen, damit es uns nicht als feindliches Zeichen ausgelegt wird.«

»Üben wir uns also in Geduld.« Sie machte sich daran, die verfügbaren Ortungsergebnisse durchzugehen.

Viel mehr gab es für sie vorerst nicht zu tun. Maas betrachtete die großen, schlanken Raketen ähnelnden Raumschiffe der Skoars mit Unbehagen. Ihr Traum kam ihr wieder ins Bewusstsein, so deutlich, als habe sie das Geträumte vorhin tatsächlich erlebt. Unbewusst strich sie mit den Fingerkuppen über eine Narbe an ihrem linken Handgelenk.

Ein Gedanke nahm in ihrem Kopf Gestalt an, ohne dass sie ihn benennen konnte. Dunkel war er, bedrohlich. Es schien, dass ihr Verstand davor zurückschreckte, darauf einzugehen. Sie hatte Angst, wusste jedoch nicht, wovor und weshalb.

»Sarah, ist alles in Ordnung?«, hörte sie Rhodan wie aus weiter Ferne fragen. Das Gesicht des Expeditionsleiters und Freunds drückte Sorge aus.

Maas schüttelte ihren braunen Pferdeschwanz und rang sich ein Lächeln ab. »Es geht schon. Alte Erinnerungen, nichts weiter.«

Rhodan zögerte, dann nickte er erneut. »Gut. Du hast einiges durchgemacht. Aber wie ich dich kenne, lässt du dich davon nicht kleinkriegen. Außerdem brauchen wir dich vermutlich gleich.«

»Ich bin aus zähem Holz geschnitzt«, stimmte sie ihm zu. »Und was gibt es Besseres als Ablenkung durch die liebe Pflicht?«

Rhodan lachte. »Auf jeden Fall lässt sie uns nicht viel Raum für etwas anderes.« Er wurde ernst. »Wir brauchen so früh wie möglich Informationen über die Verhältnisse im Dewellsystem. Die BASIS hat die Manövrierfähigkeit eines Wandschranks ...«

»Das ist nicht korrekt«, erhob HAMILLERS Stimme aus dem Hintergrund Protest.

»... und daher ist es wichtig, die Verteilung von Asteroidenfeldern und eventuellen Raumfestungen zu kennen. Vielleicht können wir uns in eine halbwegs günstige Position manövrieren, um im Fall der Fälle die risikoärmste Route für einen Ausbruch zu kennen. Ansonsten das Übliche. Vielleicht können wir aus dem lokalen Hyperfunkverkehr mehr darüber herausfinden, mit wem wir es zu tun haben.«

Maas machte sich an die Arbeit. Wenig später musste sie Rhodan enttäuschen.

»Die gesamte Kommunikation, die wir empfangen konnten, erfolgt verschlüsselt«, berichtete sie. »Also nützt sie uns nichts. Außerdem stören unsere Begleitschiffe die Sensoren der BASIS recht massiv, sodass wir noch kein klareres Bild des Zielsystems erhalten.«

»Eins steht fest: Die Skoars sind uns zahlenmäßig überlegen und mit ihnen ist nicht zu spaßen«, sagte der Erste Offizier Harl Dephin. Der nur etwas über einen Meter große Siganese schwebte auf einem Prallfeld im Schneidersitz vor seinem Positronikpult.

»Miss Kayitesi«, wandte sich Kommandant Kasom an die Beibootflottenkoordinatorin der BASIS. »Wie lange würde es dauern, die gesamte Flotte in unserer Hangarsektion wieder in Einsatzbereitschaft zu versetzen?«

»Zehn bis zwanzig Minuten«, kam die Antwort.

»Damit müssen wir leben. Ich will so lange wie möglich verhindern, dass die Skoars von ihrer Existenz erfahren. Dadurch haben wir noch ein Ass im Ärmel.«

»Wir müssen es sogar unbedingt verhindern«, bekräftigte Rhodan. »Unsere Gastgeber wären sicher wenig erfreut, wenn sie wüssten, dass wir anstelle eines einzelnen Kugelraumers eine komplette Kampfflotte mit uns führen. Sie geleiten uns direkt zu einer ihrer Stützpunktwelten – ich nehme zumindest an, dass wir zu einer Militärbasis unterwegs sind. Also könnten ihre Befehlshaber schnell den Verdacht hegen, dass es sich um eine verkappte Invasionsflotte handelt, falls sie den Inhalt unserer Hangars entdecken.«

Maas räusperte sich. »Wir können die Fähigkeiten der Skoars im Bereich Ortung noch nicht abschätzen, richtig?«

Kasom drehte ihr den Kopf zu. »Wir haben einige Daten zu ihrer Offensivbewaffnung und dank Guckys und Tschubais Sabotageeinsatz noch einiges mehr an Informationen gewinnen können. Aber im Großen und Ganzen haben Sie recht, ja.«

»Dann sollten die Energieemissionen unserer Beiboote so nah bei null liegen wie möglich«, schlussfolgerte Maas.

Sie stockte. Wieder zog etwas in ihrer Erinnerung vorbei, das an einen garstigen Schatten erinnerte. Ein Geschehnis, an das sich ihr Bewusstsein einfach nicht erinnern wollte. Etwas, das mit Verstecken und Entdecken zu tun hatte. Und mit Finsternis und Kälte. Hastig verdrängte sie die Gedanken aus der Vergangenheit. Wichtig war nur die Gegenwart.

»Nun ja, sie haben uns bislang nicht durchleuchten können, obwohl sie das mit allen Mitteln versucht haben«, äußerte Dephin eher gelassen.

»Aber bei unserer Eskorte handelt es sich lediglich um Kampfschiffe, die im Grunde einfache Jäger-Zerstörer-Einheiten sind«, gab Maas zu bedenken. »Es ist gut möglich, dass die Skoars an unserem Ziel über wesentlich bessere technische Möglichkeiten verfügen.«

»Malen Sie nicht den Teufel an die Wand«, sagte Dephin. Er ließ seinen Prallfeldsessel etwas höher schweben – ein sicheres Zeichen dafür, dass er verunsichert war.

»In Ordnung«, beschied Marie Kayitesi. »Die Schiffe werden sämtliche nicht essenziellen Systeme desaktiviert halten.« Sie fuhr sich mit der Rechten durch ihren dicken Rastazopf. Das Licht der Hologramme spiegelte sich auf ihrer ebenholzfarbenen Haut. Ihre Miene bezeugte unverkennbar, dass ihr die erzwungene Passivität gar nicht gefiel.

»Ich bekomme Details rein!« Maas setzte sich kerzengerade auf. Ihre Holos füllten sich mit Informationen. »Unsere Messungen waren jedenfalls korrekt. Der Planet in der habitablen Zone hat vier Monde, die anderen haben keine. Asteroidenfelder ...« Mehrere Gebiete im Fernortungsholo schraffierten sich rot. »Die systemumschließende Wolke ist von geringer Dichte und nicht relevant. Raumfestungen ...« Einige rote Dreiecke gesellten sich zu den Schraffuren. Sie waren annähernd kugelförmig um die Systemperipherie angeordnet.

»Sie behalten nicht nur ihre Zentralwelt, sondern das ganze System unter strenger Beobachtung.« Rhodan tippte mit dem rechten Zeigefinger auf eine Konsole. »Nirgends ein toter Winkel.«

»Kein Versteckspiel im Sonnenschatten. Schade!« Gucky war wie aus dem Nichts neben Rhodan aufgetaucht. Der Mausbiber watschelte seelenruhig zu einem freien Arbeitsplatz und setzte sich in den dortigen Sessel. Irgendwoher zauberte er etwas, das wie eine vertrocknete Möhre aussah, und knabberte darauf herum.

Er warf Maas einen amüsierten Blick zu. »Das ist eine Trockenmöhre.« Er verzog das Gesicht. »Und ja, sie schmeckt nicht so gut wie eine frische.«

»Aber bestimmt besser als die Spezialzüchtungen von Santo Okal«, ließ sich der Telepath John Marshall aus dem Hintergrund vernehmen.

Der Techniker hatte seinerzeit auf der PERLENTAUCHER mit seinem berüchtigten Händchen für Katastrophen versucht, Möhren mithilfe von Hyperstrahlung zum Riesenwuchs anzuregen. Das war ihm gelungen – allerdings auf eine recht eigensinnige Art und Weise. Essbar waren die Möhren jedenfalls nicht gewesen, und die betreffende Schiffssektion hatte noch Wochen nach dem Ende des Versuchs nach Gülle gestunken .

Gucky sah Marshall leidend an. »Vorsicht, der Kerl ist mit an Bord. Ich wette mit dir, dass er wieder etwas in der Art ausheckt. Ich kann ihm nicht mal böse sein. Er hatte es ja gut gemeint.«

»Oh, der hat vom Leitenden Ingenieur so viel aufgehalst bekommen, dass ihm hoffentlich keine Zeit dafür bleibt ...«, entgegnete Marshall.

»Hat der Leitende Selbstmordgedanken?«, piepste Gucky.

»Bitte mehr Fokus!«, mahnte der Kommandant trocken.

Gucky und Marshall verstummten.

Maas schob ein Holo auf HAMILLERS Finger. »Unsere Eskorte bekommt Verstärkung.«

Von dem Planeten in der habitablen Zone starteten zahlreiche Skoarschiffe und hielten auf die BASIS und ihre Eskorte zu. Außerdem bewegten sich größere Verbände auch aus verschiedenen Systemregionen auf sie zu.

»Denen sind wir jedenfalls nicht geheuer.« Harl Dephin starrte nervös auf die Anzeigen. »Und allmählich sollten wir erfahren, wohin die Reise gehen soll. Der Vergleich mit dem Wandschrank war gar nicht so verkehrt, Mister Rhodan. Wir müssten einen passenden Kurs anlegen und weiter abbremsen.«

»Die Tasteraktivität der Skoars steigt massiv an«, stellte Maas fest. »Ich habe den Eindruck, dass jeder verfügbare Sensor im System auf uns gerichtet wird.«

Rhodan fuhr sich mit dem Finger über die Nase, ein Zeichen für seine steigende Nervosität. »Dringen die Orterimpulse durch?«

Die Antwort übernahm HAMILLER. »Nicht, dass ich wüsste. Unser Wandschrank«, sagte die KI mit einer deutlichen Betonung, »lässt niemanden hereingucken. Zumindest, soweit ich das sagen kann.«

Maas spürte, wie ihre Handflächen feucht wurden. Selbst unsere Hauptpositronik ist sich nicht ganz sicher.

In diesem Augenblick empfing sie ein Signal. »Wir werden vom zweiten Planeten aus kontaktiert! Angeblich die Systemkommandantur von Dewell.«

»Na, dann wollen wir mal.« Rhodan zog seine Uniform zurecht. »Wenn Sie erlauben, Mister Kasom, werde ich mich nun der Diplomatie widmen.«

Melbar Kasom schnaubte und hob die Hand »Aber mit dem größten Vergnügen. Das überlasse ich gern Ihnen.«

Ein Kommunikationshologramm leuchtete an HAMILLERS Finger auf und präsentierte den Kopf eines Skoars. Oder war es der eines Haluters? Wohl eher keins von beidem, entschied Sarah Maas.

Ihr Gesprächspartner sagte kein Wort. Stattdessen erfüllte eine fremdartige, sphärische Musik die Zentrale der BASIS. Am meisten zog jedoch eine andere Sache die Aufmerksamkeit auf sich: Die Wand hinter der Gestalt war in schreiend bunten Farben gemustert.

»Hilfe, meine Augen!«, flüsterte Gucky gequält.

Perry Rhodan räusperte sich.

3.

Erinnerungen I: Auf der Flucht

Jahr 82 der reinen Vernunft

Wo bin ich?

Sarah Maas schrak aus dem Schlaf. Ihr Herz raste. Um sie herum gab es nichts als undurchdringliche Finsternis.

»Licht«, sagte sie.

Nichts geschah.

»Licht!« Ihre Stimme wurde schrill. »Licht an, verdammt noch mal!«

Nichts geschah.

Sie wollte schon erneut schreien, da fiel ihr endlich wieder ein, wo sie sich befand. Und damit auch, weshalb das Licht nicht funktionierte.

Sie war auf einer Personenfähre unterwegs von der Erde zum Mars. Damit erklärte sich auch, weshalb die Positronik ebenso wenig auf ihr Kommando reagierte wie die Bewegungssensoren. Die entsprechende Technik war entweder defekt oder abgeschaltet worden. Ihre Kosten-Nutzen-Rechnung fiel nach der Logik der Aphiliker schlicht nicht positiv genug aus.

Ein zweiter Schreck durchzuckte sie. Bei allen Sternengöttern!

Es war nicht die Dunkelheit, die sie entsetzte. Ihr Finger tastete bereits nach dem Schalter, mit dem sie die Beleuchtung manuell einschalten konnte. Im Gegensatz zu ihrer anfänglichen Desorientierung handelte es sich diesmal um eine begründete Angst. Es ging um nicht weniger als um ihr Leben.

Schrecken Aphiliker aus dem Schlaf? Können sie das überhaupt? Sie spüren ja keine Furcht!

Die Aphilie hatte die Erde seit gut fünfzig Jahren fest im Griff. Das Phänomen hatte schleichend begonnen und schließlich die gesamte Menschheit ergriffen, mit wenigen Ausnahmen, die von den Aphilikern als »Gefühlskranke« bezeichnet wurden. Menschen wie Maas, die von dem Phänomen nicht betroffen waren, werteten das als Verkehrung der Tatsachen. Sie bezeichneten sich selbst als »Immune«.