PERRY RHODAN NEO 326: Expedition Monol - Ruben Wickenhäuser - E-Book + Hörbuch

PERRY RHODAN NEO 326: Expedition Monol Hörbuch

Ruben Wickenhäuser

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Beschreibung

Im Jahr 2114: Auf der Erde und den Welten der Terranischen Union leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Gemeinsam arbeitet man am Aufbau einer positiven Zukunft. Doch alle wissen: In der fernen Galaxis M 87 lauert eine feindliche Macht, die jederzeit angreifen kann. Ihr Name ist Catron. Mit dem riesigen Raumschiff BASIS brechen Perry Rhodan und eine wagemutige Besatzung dorthin auf. Nach ersten Erkundungsflügen erleben sie eine Überraschung: Sie stoßen auf die verschollene SOL und können sie aus einer Dimensionsfalle retten. Danach setzt Rhodan seine Mission fort. Er will einen Weg finden, die Menschheit vor Catron zu schützen. Zugleich möchte er eine sichere Heimkehr der BASIS und der SOL in die Milchstraße vorbereiten. Sein nächstes Ziel ist die geheimnisumwitterte Hauptwelt der Konstrukteure des Zentrums. Rhodan plant die EXPEDITION MONOL ...

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Zeit:6 Std. 5 min

Sprecher:Axel Gottschick
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Band 326

Expedition Monol

Ruben Wickenhäuser

Cover

Vorspann

1. Lias Weg

2. Alle raus!

3. Die Ansprache

4. Zurück in die Sporen

5. Expedition Monol

6. Der Rückzug

7. Die Weihnachtskugel

8. Ein Okrill außer Rand und Band

9. Durch den Kreellschnee

10. Der Kaiser in der Kugel

11. Nathalies Reise

12. Lias einsamer Kampf

Impressum

Im Jahr 2114: Auf der Erde und den Welten der Terranischen Union leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Gemeinsam arbeitet man am Aufbau einer positiven Zukunft. Doch alle wissen: In der fernen Galaxis M 87 lauert eine feindliche Macht, die jederzeit angreifen kann. Ihr Name ist Catron.

Mit dem riesigen Raumschiff BASIS brechen Perry Rhodan und eine wagemutige Besatzung dorthin auf. Nach ersten Erkundungsflügen erleben sie eine Überraschung: Sie stoßen auf die verschollene SOL und können sie aus einer Dimensionsfalle retten.

Danach setzt Rhodan seine Mission fort. Er will einen Weg finden, die Menschheit vor Catron zu schützen. Zugleich möchte er eine sichere Heimkehr der BASIS und der SOL in die Milchstraße vorbereiten. Sein nächstes Ziel ist die geheimnisumwitterte Hauptwelt der Konstrukteure des Zentrums. Rhodan plant die EXPEDITION MONOL ...

1.

Lias Weg

Die beiden Mädchen bleckten vor Angst die Zähne. Ihre blaue Haut verriet, dass sie Ferronen waren.

»Lasst unsere Eltern in Ruhe!«, kreischte das größere Kind.

Die Körper eines Manns und einer Frau lagen vor ihnen in der knöchelhoch bewachsenen Pilzwiese. Sie bewegten sich nicht. Es war unmöglich zu sagen, ob sie tot oder nur bewusstlos waren.

»Ihr wollt uns entführen!«, rief das kleinere Mädchen. Die beiden wandten sich zum Dickicht des nahen Pilzwalds um.

»Nicht wegrennen!«, befahl eine Stimme.

Die Kinder ignorierten sie, hasteten auf den Waldsaum zu. Unter ihren Füßen zerplatzten schwach glimmende Fruchtkörper des Pilzteppichs.

Ein Roboter schwebte mit ausgestrecktem Waffenarm herbei und drehte sich in Position. Ein blasses Schimmern zuckte durch die Luft. Beide Mädchen stürzten wie von einem Axthieb gefällt zu Boden und regten sich nicht mehr.

Das Gesicht einer Menschenfrau kam ins Bild. Sie zwinkerte hektisch. »Diese Maschine hat das einzig Richtige getan. Wir haben keine Zeit für Haschmich-Spiele! Wir müssen so schnell wie möglich zum Wohnturm eins!«

Ein holografischer Schriftzug flammte auf: »Sie wollen uns Solaner deportieren. WEHRT EUCH! JETZT!«

Die Kamera zeigte eine Großaufnahme der Frau. Es war Lia Tifflor, die Chefärztin der BASIS.

Tifflor schüttelte unwirsch den Kopf, wollte die Erinnerung an diese unangenehme Szene verdrängen. Ihre Finger verkrampften sich um das Vitostat in ihrer Hand.

Es ist eine Ausnahmesituation. Ich habe meinen Konsum unter Kontrolle. Es ist alles in Ordnung.

Hatte sie das nicht schon einmal gedacht? Die Medikerin starrte die kleine Ampulle mit dem Ara-Amphetamin Vitoxin statim an. Nein, nicht schon einmal. Eher schon hundertmal. Irgendwann ist alles eine Ausnahmesituation.

Aber es war ihr egal.

Nichts ist in Ordnung! Ich habe zwei Kinder und ihre Eltern paralysieren lassen. Verdammt, zwei kleine Mädchen! Aber für ein schlechtes Gewissen habe ich keine Zeit. Ich muss funktionieren! Im Moment brauche ich dieses Zeug! Sobald dieser Wahnsinn vorbei ist, kann ich es wieder sein lassen. Aber vorerst muss ich durchhalten – sonst kostet das Leben.

Der Gedanke schlich sich in ihr Bewusstsein, dass sie seit geraumer Zeit eigentlich ständig nur durchhalten musste. Da waren die verletzten Flüchtlinge gewesen, deren Schiffe von den Skoars angegriffen worden waren. Dann die Besatzung der SOL, des terranischen Hantelraumers, den sie gerade aus einer Dimensionsfalle gerettet hatten. Die komplexe medizinische Behandlung von Thomas Rhodan da Zoltral und Oogh at Tarkan. Und natürlich der Dimetranssprung der BASIS aus der Milchstraße über 55 Millionen Lichtjahre in die Galaxis M 87. Die Hektik direkt nach dem Erwachen aus dem Kälteschlaf, der den Organismus jedes Besatzungsmitglieds bis an seine Grenzen belastet hatte.

Tifflor als verantwortliche Medizinerin hatte ihre Teams aus Ärzten, Therapeuten und Pflegern koordinieren müssen. Egal wie sehr auch sie unter den Nachwirkungen der Kryostase und des Hyperraumtransfers litten. Und all das war kaum zwei Wochen her.

Ha! Das nannte sie mal Dauerbelastung!

Aber nun hatte sie zwei Mädchen niederschießen lassen. Zwei Kinder, die einfach nur Angst gehabt hatten!

Hastig schluckte sie den Inhalt der Ampulle. Es war ein wunderbares Gefühl: Wie flüssige Energie schoss Wärme durch ihre Adern, fegte die Erschöpfung beiseite, vertrieb Schwermut und Sorge.

Ach was! Nichts wird da vertrieben. Ich belüge mich selbst.

Hastig verstaute sie die leere Phiole. Gleich würden sie zum Wohnturm eins weiterfliegen. Niemand durfte von ihrem zweifelhaften Lebenselixier wissen, nicht mal ihre Medoassistentin Saskia Naik. Lia Tifflor musste sich voll und ganz auf ihre Arbeit konzentrieren.

Denn auf der SOL war das Chaos ausgebrochen.

*

Begonnen hatte es ganz harmlos, mit einem Bericht des Haluters Icho Tolot, der vor wenigen Tagen mit seinem Raumschiff DOLAN auf der BASIS eingetroffen war.

Nun stand er in der Zentrale des Fernraumschiffs, umringt von Expeditionsleiter Perry Rhodan, Gucky, Thora Rhodan da Zoltral, Melbar Kasom, Harl Dephin und Sarah Maas. Dazu kam Breckcrown Hayes, der zwar auf der SOL weilte, aber mit einem holografischen Avatar ebenfalls an dieser besonderen Besprechung teilnahm.

Alle blickten gebannt auf drei große Hologramme, die vor der Gruppe schwebten. In einem war das Schwarze Loch Powehi zu sehen, aus dem ein blauer Jetstrahl Tausende Lichtjahre weit ins All schoss. Ein weiteres Holo zeigte die schematische Darstellung der zwei Sterneninseln M 87 und Milchstraße sowie der gigantischen Distanz zwischen ihnen.

»Hier ...« Tolot tippte im dritten Holo auf mehrere Sensorbereiche eines Konvoluts langer Textdateien und komplexer Diagramme. »... habe ich eine detaillierte Analyse der Daten zusammengestellt, die ich seit meinem Aufbruch von Amber habe sammeln können. Sehen Sie.«

Eine rote Linie wuchs im zweiten Holo aus der Milchstraße und verlängerte sich bis ins Zentrum von M 87.

»Meine DOLAN verfügt über keinen Dimetransantrieb wie die BASIS. Trotzdem habe ich die Distanz zurücklegen können und tauchte bei Powehi wieder auf.«

»Genau wie wir«, sagte Rhodan. »Das Schwarze Loch ist die auffälligste Energie- und Schwerkraftquelle in M Siebenundachtzig und am besten anzusteuern. Wobei ich von steuern angesichts der unglaublichen Entfernung eigentlich gar nicht sprechen möchte.«

Gucky grinste Tolot an. »Dein kleiner Hüpfer hat ja ein ganz schönes Tempo vorgelegt. Pass auf, dass unser Felsbrocken nicht neidisch wird!«

»Gucky hat recht«, sagte Kommandant Kasom. »Mister Tolot, haben Sie in Ihren Daten mittlerweile eindeutigere Hinweise darauf gefunden, wie die DOLAN diese enorme Distanz überbrücken konnte?«

»Genau darauf will ich hinaus«, antwortete der Haluter. »Denn die Verbindung zwischen den Galaxien ist nicht einfach eine Linie.« Mit einer Handgeste vergrößerte er einen Abschnitt des roten Strichs im Holo, der sich daraufhin zu einem röhrenförmigen Gebilde ausformte. »Das ist zwar eine völlig unzutreffende Darstellung. Es handelt sich nicht um eine räumliche Röhre im eigentlichen Sinn. Aber dieses Bild macht die Sache einigermaßen verständlich.«

»Für einfache Gemüter wie uns«, ergänzte Gucky.

Tatsächlich war Tolot schon wegen seines Planhirns sämtlichen Anwesenden intellektuell weit überlegen, sprach diesen Umstand aber nur höchst ungern an.

Der Mausbiber zeigte seinen Nagezahn. »Also erleuchte uns, großer Meister. Wir möchten verstehen.«

Aus Tolots Brust erklang ein Rumpeln, das wie ein fernes Gewitter anmutete. Der Haluter lachte. »Immerhin entspricht das Bild so dem Namen, den wir einem Phänomen verliehen haben, das die beiden Galaxien nachweislich verbindet.«

»Du meinst, du bist durch eine Catron-Ader hierhergelangt?« Rhodan tippte sich an die Seite seiner Nase. »Wir wissen inzwischen, dass mein Gehirntransfer nach Naupaum und zurück damals über Catron-Adern und -Kapillaren vonstattenging. Nachweislich existiert also eine Art Transportkanal zwischen M Siebenundachtzig und der Milchstraße. Aber wir gingen bisher davon aus, dass diese Adern und Kapillaren nur einzelne Gehirne transferieren können und Catron deshalb die BASIS im Solsystem bauen ließ. Er brauchte für die zwanzig Milliarden Zerebra der Menschheit, die er entführen wollte, eine weitaus höhere Transportkapazität. Du meinst aber, dass sogar die DOLAN durch dieses Netzwerk reisen konnte?«

»Ganz genau«, bestätigte Tolot. »Zum Glück, aber in diesem Fall zugleich leider, ist die DOLAN kein gewöhnliches Raumschiff. Vermutlich hat das eine entscheidende Rolle dabei gespielt, wieso es sie ebenfalls auf diese Route verschlagen hat.«

»Allerdings wissen wir nicht, ob ein Transfer in die Gegenrichtung, also von M Siebenundachtzig zur Milchstraße, ebenfalls möglich wäre«, warf Thora ein. »Ich nehme an, Perry, du fragst dich, ob wir die Catron-Ader für unsere Rückkehr nutzen könnten.«

»Die Reise der DOLAN macht zwar Hoffnung«, gab Rhodan sinnierend Antwort. »Aber die Unwägbarkeiten erscheinen mir noch zu groß, um sich daran festklammern zu können.«

»Setzen wir doch unsere klugen Köpfe darauf an«, schlug die Arkonidin vor.

Wenig später huschte ein gelb-braun getigerter Kater zwischen den schalenförmigen Arbeitsbereichen der BASIS-Zentrale umher wie ein Panther, der in einem Labyrinth aus Schluchten hinter einer fliehenden Beute herjagte. Sein Blick zuckte von einer Holowolke zur nächsten. Er fixierte eine der bunten, dreidimensionalen Sphären spannte sich und schnellte mit ausgestreckten Vorderbeinen empor.

Der Offizier, der gerade konzentriert hinter dem Holo arbeitete, sah plötzlich eine Pfote mit fünf blitzenden Krallen durch eine Datentabelle auf sein Gesicht zuschießen. Der Mann schrie erschrocken auf. Zu seinem Glück handelte es sich bei der Katze nur um einen nichtstofflichen Projektionskörper. Die Pfoten fuhren durch den Kopf des erschrockenen Offiziers, ohne Schaden anzurichten.

»Mister Leyden«, mahnte Rhodan mit einem Seufzer, »würden Sie bitte Ihren Kater zur Ordnung rufen?«

»Wissen Sie, was Sie da von mir verlangen?« In der Zentrale hatte sich gerade die holografische Gestalt von Eric Leyden manifestiert. »Eine Katze ist kein Hund!«

Der reale Körper des genialen Hyperphysikers war noch immer in einem Kreellblock auf der SOL eingeschlossen, ebenso wie der seines Katers Hermes und seiner zwei Teamkollegen Luan Perparim und Abha Prajapati. Leyden fuhr sich durch die wirren Haare, die nach allen Seiten abstanden. »Hermes ist bei mir im Kreellblock, wie Sie wissen. Er tollt doch nur als Hologramm herum, ganz ungefährlich!«

Gucky hatte sichtlich Mühe, sich das Lachen zu verkneifen. »Stimmt nicht. Der liebe Hermes hat gerade jemanden beinahe zu Tode erschreckt. Der Aufschrei klang jedenfalls ganz danach!«

»Wenn die Leute auch ...«, setzte Leyden an.

Rhodan unterbrach ihn. »Mister Leyden, sorgen Sie dafür, dass Hermes die Zentralebesatzung nicht in den Wahnsinn treibt. Und zwar sofort, wenn ich bitten darf!«

»Die Leute haben einfach keinen Humor mehr«, witzelte Gucky, während der Wissenschaftler mit demonstrativem Widerwillen seinen Kater zu sich rief.

Tatsächlich folgte Hermes dem Locken und kletterte an dem Wissenschaftler hoch, als wäre dieser ein Kratzbaum. Anschließend legte sich der Kater wie ein Fellschal um Leydens Nacken und musterte die Anwesenden auf eine Art, wie nur Katzen sie zustande bringen.

»Also, haben Sie mich bloß hergerufen, damit mein Haustier doch keinen richtigen Auslauf bekommt, oder worum geht es?«, fragte Leyden.

»Leydenos, so kenne ich Sie.« Ein amüsiertes Rumpeln mischte sich in die Stimme des Haluters.

Rhodan seufzte erneut. »Mister Leyden, wir brauchen Ihre Expertise und die Ihrer Kollegen. Ich nehme an, dass Sie die Daten von Icho Tolot bereits erhalten haben?«

»Aber selbstverständlich. Wir haben sie mit sämtlichen Informationen, Ortungs- und Sensormessungen abgeglichen, die wir auf der SOL während unserer Reise durch M Siebenundachtzig gesammelt haben.«

Der Wissenschaftler war von einem Augenblick zum anderen ganz sachlich geworden, konnte aber eine Art fachlicher Begeisterung nicht verhehlen. Hermes schnurrte auf seinem Nacken, fuhr rhythmisch die hellen Krallen seiner Samtpfoten aus und wieder ein.

»Die Daten der DOLAN belegen, dass ein Transfer von größeren Objekten durch eine Catron-Kapillare grundsätzlich möglich ist. So weit, so bekannt. Leider haben wir noch keine Hypothese entwickeln können, die aussagekräftig genug wäre, um zweifelsfrei zu klären, ob wir mit einem Transfer in beide Richtungen rechnen dürfen. Immerhin halten wir es aber für wahrscheinlich, dass die Masse des Transportguts nur eine untergeordnete Rolle spielt. Rein mathematisch sehen wir also keinen Grund, weshalb nicht auch ein Objekt von der Größe der SOL oder der BASIS transportiert werden könnte.«

»Das gibt doch Hoffnung«, sagte Rhodan.

»Wie ich schon sagte«, erwiderte Leyden missmutig, »Leider reicht das nicht. Wir bewegen uns bei dieser Sache im Bereich der theoretischen Hyperphysik und arbeiten zudem fast ausschließlich mit Annahmen. Für einfache Gemüter gesprochen: Dass ich etwas mathematisch addieren kann, heißt noch lange nicht, dass man es in der Realität ebenfalls aufsummieren darf.« Seine Miene hellte sich auf. »Stattdessen sind wir auf einen anderen Umstand gestoßen, der Sie interessieren dürfte. Sowohl die BASIS als auch die DOLAN sind dicht am Schwarzen Loch Powehi rematerialisiert. Tatsächlich ist Powehi aber nur der auffälligste Himmelskörper des galaktischen Zentrums. Die Raumschiffe aus der Milchstraße sind nämlich nicht nur beim Schwarzen Loch wieder in den Einsteinraum zurückgekehrt, sondern auch unweit eines ganz bestimmten Planeten.«

»Sie meinen Monol«, schlussfolgerte Rhodan.

»Ganz genau, Mister Rhodan. Ein Himmelskörper, der derart gut gesichert ist, dass es uns bisher nicht gelang, auch nur in seine Nähe vorzudringen. Seine übermächtigen Verteidigungssysteme sind umso erstaunlicher, da er nicht über eine Sonne verfügt und somit eigentlich extrem lebensfeindlich ist, folglich uninteressant für die Völker von M Siebenundachtzig sein müsste. Allerdings ist das nicht alles.«

Mit einer betont dramatischen Geste deutete Leyden auf ein neues Holo, das vor ihm aufflammte. Der roten Kapillare, die den Weg der DOLAN nachgezeichnet hatte, gesellten sich weitere hinzu. Sie vereinten sich in einem Punkt.

»Das ist Monol. Wir nehmen an, dass es sich nicht einfach nur um eine Welt der Konstrukteure des Zentrums handelt, möglicherweise um ihren Hauptplaneten. Vielmehr deuten die Daten darauf hin, dass die Catron-Kapillaren und -Adern bei Monol zusammenlaufen, und zwar alle.«

»Sie vermuten eine Art Nexus?«, fragte Rhodan.

»Mehr als nur einen Nexus. Es könnte sich um Catron selbst handeln.«

»Wie dürfen wir das verstehen?«

Leyden zog ein Gesicht, als habe er einen Frosch verschluckt. »Das ist nicht so einfach zu beschreiben. Catron ist nicht mit einem uns bekannten organischen Gebilde vergleichbar, auch wenn seine Struktur vielleicht entfernt an ein Soma mit Dendriten erinnert, den Kopf einer Nervenzelle mit ihren zahlreichen abgehenden Ästen. Vielleicht ... ja, nennen Sie es sein Zentrum. Vielleicht wurde Catron sogar auf Monol erschaffen, die Lage nahe bei Powehi und die daraus resultierenden astro- und hyperphysikalischen Eigenschaften der Umgebung würden ein solches Mammutprojekt durchaus begünstigen. Aber selbst für den Fall, dass unsere Vermutungen nicht zutreffen sollten: Monol ist mit Sicherheit ein außerordentlich wichtiger Ort für Catron. Schon die Schutzvorrichtungen sind exorbitant.«

Ehe Leyden weiterreden konnte, leuchtete ein Kommunikationshologramm neben seinem Projektionskörper auf. Darin wurde Geoffry Abel Waringer sichtbar, der Chefwissenschaftler der SOL und somit gleichzeitig so etwas wie Leydens liebster Gesprächspartner und größter Gegner in Personalunion.

»Was mein Kollege damit sagen möchte, nachdem er freundlicherweise vor mir zu dieser Besprechung gekommen ist ...« Waringer nahm die Pfeife aus dem Mund und deutete wie mit einem Dolch auf Leyden. »Unser erster Versuch, mit der SOL nach Monol zu fliegen, ist dramatisch gescheitert. Als die SOL dorthin unterwegs war, haben wir sogar unseren Emotionauten Mentro Kosum an Catron verloren.«

»Besser gesagt, sein Gehirn«, verbesserte Leyden.

Hermes sprang von seiner Schulter und huschte neuerlich in der Zentrale umher.

Waringer gab vor, Leydens Einwurf nicht gehört zu haben. »Die Strahlung, die wir Catrons Blut nennen und die ein zunehmend aggressives Verhalten der davon betroffenen Intelligenzwesen auslöst, hat sich in jüngerer Vergangenheit drastisch verstärkt. Mit unseren bisherigen Schutzschirmen können wir also vergessen, uns Monol zu nähern.«

»Das klingt nicht gerade ermunternd«, sagte Thora.

Leyden räusperte sich. »Was mein Kollege mit seiner lockeren Wortwahl in aller Bescheidenheit angedeutet hat ...«

»Bescheidenheit gehört wirklich nicht zu deinen Schwächen«, murmelte Waringer.

»... wir arbeiten bereits an einer angepassten Abschirmung.«

»Ich nehme an, da gibt es ein Aber«, vermutete Rhodan.

Leyden wiegte den Kopf. »Nur ein kleines. Wir brauchen dafür den Libraschirm der SOL. Der Schutzschirm der BASIS wäre natürlich weitaus besser geeignet. Aber da der Tesserakt als hierfür unabdingbare Energiequelle auf absehbare Zeit nicht funktioniert, fällt diese Möglichkeit weg. Denn wir rechnen mit einem Energiebedarf, der nur durch die BASIS oder die SOL gedeckt werden kann.«

»Also keine Spritztour im handlichen Hundertmeterkreuzer«, ließ sich Gucky vernehmen.

»Dass ein Kreuzer nicht infrage kommt, ist im Prinzip korrekt«, bestätigte Leyden. »Eventuell wäre es aber anders möglich.«

»Ach ja? Und wie soll das gehen, Herr Kollege?« Waringer hob überrascht die Augenbrauen.

»Perry Rhodan und Thora Rhodan da Zoltral könnte ein Vorstoß wahrscheinlich auch ohne Abschirmung gegen die Catron-Strahlung gelingen. Als relativ Unsterbliche sind sie mit ihrer besonderen Physiologie gegen solche und ähnliche Einflüsse bekanntlich recht widerstandsfähig.«

»Theoretisch vielleicht ...« Waringer wirkte etwas verdrossen, womöglich weil die Idee nicht von ihm stammte. »Aber das ist eine unbewiesene Spekulation – das Risiko ist viel zu groß. Und wenn wir uns nicht auf eine reine Robotsteuerung verlassen wollen, können zwei Personen allein ohnehin kein Raumfahrzeug steuern, das für diese Mission ausreichend groß und leistungsfähig wäre.«

»Gut, dann bleibt es bei der SOL!« Leyden sah Kasom an. »Räumen Sie sämtliche Zivilisten von dem Hantelraumschiff runter, Sie haben ja genug Platz in der BASIS. Wir kümmern uns inzwischen um die Optimierung der SOL-Abschirmung. Sie bekommen von uns Bescheid, wenn es losgehen kann.«

»Eric!« Waringer fuchtelte mit der Pfeife in der Luft. »Wir wissen doch noch überhaupt nicht, wie wir eine ausreichende Abschirmung hinbekommen! Die Catron-Strahlung ist nicht einfach ein bisschen hochenergetische Gammastrahlung von einem Magnetar. Finden wir erst mal eine Lösung, danach können wir über die Verlegung der Solaner auf die BASIS sprechen.«

»Wieso?« Leydens Stimme klang so aufmüpfig wie die eines trotzigen Kinds. »Wir werden eine Lösung finden. Auch wenn du das vielleicht bezweifeln möchtest.«

»Lieber Herr Kollege, wann wir verlegen, ist letztlich die Entscheidung des Expeditionsleiters«, erwiderte Geoffry Waringer scharf.

»Meine Herren!« Rhodan gebot dem Streit mit erhobener Hand Einhalt, ehe er weiter eskalieren konnte. »Bitte prüfen Sie, ob wir einen Schutz gegen Catrons Blut errichten können. Anschließend sehen wir weiter.«

»Falls ich auch etwas dazu sagen darf«, ließ sich Breckcrown Hayes vernehmen, der Kommandant der SOL, dessen Holo in der Versammlung bislang stumm geblieben war. »Die Umquartierung der Solaner in die BASIS wäre eine Mammutaufgabe. Wir reden immerhin von fünfzehntausend Personen.«

»Dessen bin ich mir bewusst«, sagte Rhodan. »Aber Mister Leyden hat recht. Die BASIS können wir nicht nehmen, und kleinere Raumfahrzeuge sind nicht leistungsfähig genug. Vorausgesetzt, wir schaffen es, eine Abschirmung gegen die Catron-Strahlung zu entwickeln, muss die SOL los. Vor der Abreise räumen wir sie bis auf die Minimalbesatzung. Ich möchte nicht unnötig Leben in Gefahr bringen.«

»Leute!«, mischte sich Gucky in die angespannte Stimmung ein. »Ich will euer spannendes Gespräch ja nicht unterbrechen, aber braucht diese Katze vielleicht ein Katzenklo?«

Alle Blicke richteten sich auf Hermes. Der Kater kratzte hektisch auf dem Boden neben einer Positronikkonsole. Die allgemeine Aufmerksamkeit ließ ihn demonstrativ kalt.

»Hier gibt es bestimmt jede Menge dicke Notfallhandbücher«, sagte Eric Leyden. »Reißt sie in Fetzen, und Hermes ist glücklich. Hat damals auch funktioniert, als ich in einem Sixpack auf dem Jupitermond Io abgestürzt bin. Ich muss mich jetzt leider wichtigeren Dingen zuwenden. Catrons Blut wartet.« Damit erlosch sein Projektionskörper.

»Vermutlich reicht wohl ein holografisches Katzenklo«, sagte Thora Rhodan da Zoltral.

»Oder auch nicht.« Gucky deutete auf die Stelle, wo Hermes gerade noch gescharrt hatte. Der Kater war mit Leyden verschwunden – nicht aber die Hinterlassenschaft, die als teilmaterialisierte Projektion unter der Konsole glänzte.

*

»Die SOL räumen?« Molia Danger, die siganesische Erste Offizierin der SOL, sah Breckcrown Hayes an, als habe der High Sideryt den Verstand verloren. »Wir reden da von fünfzehntausend Lebewesen!«

»Das weiß ich. Aber besser eine Evakuierung in diesem Ausmaß, als die Solaner durch die gleiche Mangel zu drehen wie damals, als die SOL zum ersten Mal auf Monol zugesteuert ist. Seinerzeit sind wir nur mit sehr viel Glück und dank unerwarteter Hilfe entkommen.«

Danger widersprach. »Die Leute nennen sich nicht umsonst Solaner. Die SOL ist ihre Heimat. Sie haben noch kaum das Trauma der Diktatur von Tanwalzen und der SOLAG sowie nicht zuletzt das Ausschalten von SENECA durch den Judgment-Day-Befehl verwunden. Es ist quasi in ihr kulturelles Gedächtnis eingebrannt.«

Hayes zuckte bei der Nennung dieses Geheimbefehls. Damit hatte er die Meuterei der Künstlichen Intelligenz SENECA auf einen Schlag beendet und unbeabsichtigt eine Epoche der Schreckensherrschaft eingeleitet.

Unerbittlich fuhr sie fort: »Die meisten Solaner haben die Habitate seit Jahren nicht mehr verlassen. Sie haben verdrängt, dass sie auf einem Raumschiff leben. Diese Menschen und Außerirdischen sollen wir aus ihrer Heimat herausreißen und in die BASIS verfrachten? Von heute auf morgen aus den Wohntürmen mit Blick auf eine mitteleuropäische Hügellandschaft oder auf ein Meer in die engen Kabinen eines militärisch geprägten Flottenträgers?«

»Mir ist vollkommen bewusst, was du meinst«, sagte Hayes. »Immerhin habe ich schon auf der SOL gedient, bevor es überhaupt Solaner gegeben hat. Das wird eine schwere Prüfung für alle. Weniger eine Evakuierung als vielmehr eine ausgewachsene Umsiedlung. So etwas hat in der Menschheitsgeschichte meist tiefe Narben hinterlassen.« Er seufzte. »Glaub mir, wenn Perry Rhodan einen solchen Entschluss fasst, hat er Gründe, die ihn dazu zwingen.«

»Aber ist sich unser Expeditionsleiter denn schon sicher, dass die SOL überhaupt aufbrechen kann?«

»Noch arbeiten die Wissenschaftler an einer Methode, um die SOL vor Catrons Blut abzuschirmen. Insofern: nein. Aber wenn ich mir Leyden und Waringer als Gespann vorstelle, nicht zu vergessen die anderen Forscher, bin ich zuversichtlich, dass sie eher früher als später zu einem Ergebnis kommen. Behandle unser Gespräch aber in jedem Fall bitte mit absoluter Diskretion. SENECA?«

»Ich höre«, meldete sich die Schiffsintelligenz. Die Hauptpositronik klang zurückhaltend.

Seit SENECA eigenmächtig das Kommando über die SOL an sich gerissen und Hayes ihn daraufhin de facto zerstört – und später wiederbelebt – hatte, hatten die Schiffsführung und die KI das wechselseitige Vertrauen erst Schritt für Schritt wieder neu aufbauen müssen.

»Du hast zweifellos mitgehört«, sagte Hayes. »Ich möchte, dass du die Posbis bei uns an Bord und in Abstimmung mit HAMILLER auch auf der BASIS ab sofort auf die mögliche Expedition vorbereitest. Auch darauf, dass es zu Schwierigkeiten bei der Evakuierung kommen könnte – auf keinen Fall dürfen sich Solaner und Posbis begegnen. Das würde alte Wunden aufreißen, im Nu hätten wir einen gewalttätigen Aufstand im Schiff.«

»Das sehe ich genauso«, pflichtete SENECA ihm bei. »Die Posbis haben die Solaner schon einmal von den Kommandostellen vertrieben. Da Menschen zur Dramatisierung und zum Glauben an Gerüchte neigen, würden sie rasch die Posbis als Schuldige ausmachen. Das meinen Sie vermutlich?«

»Genau. Also: Sobald ich den Befehl zur Evakuierung gebe, ziehen sich alle Posbis bei uns in die Südhalbkugel und auf der BASIS in die Hecksektion zurück. Die sind für organisches Leben unzugänglich. Die Bordsysteme in den begehbaren Bereichen müssen entsprechend darauf vorbereitet sein, dass die Posbis für mehrere Tage abwesend sind. Halte Wege abseits der öffentlichen Routen frei, auf denen die Posbis unauffällig verschwinden können – es ist möglich, dass es sehr schnell gehen muss.«

»Sie können sich auf mich verlassen.«

Eine solche Beteuerung gehörte zu den Dingen, die SENECA vor seiner Meuterei kaum geäußert hätte. Hayes registrierte es mit gemischten Gefühlen. Ein Teil von ihm warnte ihn immer noch, dass SENECA ihm die Ergebenheit vielleicht nur vorgaukelte. Ja, sie hatten SENECA von Grund auf neu aufbauen müssen. Aber was in der Künstlichen Intelligenz seither vorging, welche Schlüsse SENECA aus den vergangenen Ereignissen zog – zumal, wenn es ihr eigenes Schicksal betraf –, das konnten noch nicht mal Expertinnen wie Donna Stetson sagen.

»Eins noch. Kein Wort über die Operation zu irgendjemandem! Und bloß nicht zu Technikern – das sind die reinsten Klatschtanten.«

»Ich werde einen Plan ausarbeiten und den Posbis nur ihre jeweilige Aufgabe mitteilen, die sie in die Hecksektionen führt«, versicherte SENECA. »Sie werden kein Wort darüber verlieren.«

»Danke, SENECA.«

Breckcrown Hayes sah Danger an. »Dann hoffen wir mal, dass Leyden und Co. uns noch eine Galgenfrist gewähren.«

»Und dass nichts durchsickert«, ergänzte die Siganesin.

»Ich brauche dringend frische Luft.« Hayes verließ die Ausweichzentrale des Habitatdecks fünf und trat hinaus in die Sand- und Felswüste. Trockene Hitze schlug ihm entgegen.

Wenn man hier zwischen den Dünen wandert, kann man beinahe vergessen, was sich auf der SOL alles verändert hat, dachte er. Es sieht noch fast genauso aus wie damals, als ich diese als marsähnliche Landschaft gestaltete Wohnebene zum ersten Mal betreten habe.

Er erinnerte sich gut daran. Der Anblick war überwältigend gewesen, Hayes hatte sich wie in einem Traumland gefühlt. Auch diesmal beeindruckte ihn die tiefe Ruhe und Einsamkeit dieses Ortes.

Mit der Ruhe würde es allerdings bald vorbei sein.

2.

Alle raus!

»Lia, wir werden demnächst zur SOL übersetzen«, meldete sich Saskia Naik.

»Ich bin gleich so weit, danke.« Lia Tifflor aktivierte ein halbes Dutzend Hologramme und prüfte die aktuellsten Krankenberichte.

Eigentlich hatte sie die Führung der BASIS-Medosektion schon an ihren Stellvertreter übergeben. Aber es wäre verantwortungslos, vor dem Aufbruch keinen letzten Blick in die Berichte zu werfen. Vielleicht braucht ja jemand noch schnell einen dringenden Rat.

Sie nannte es ihr Chefärztin-Syndrom. John Marshall hatte ihr geraten, »einfach loszulassen«.

Da hat er leicht reden! Er ist nicht für die Leitung der Medizinischen Abteilung eines riesigen Fernraumschiffs mit einer fünfzigtausend Personen großen Besatzung verantwortlich!

Sie packte ihre Sachen zusammen und verließ ihr Quartier.

Naik erwartete sie bereits. »Das wird interessant«, sagte die Medoassistentin.

Interessant! Tifflor hätte beinahe aufgelacht. »So kann man das auch nennen. Wir müssen mit Ertrinkenden rechnen, mit Leuten, die es schaffen, trotz Sicherungsprallfeldern aus großer Höhe zu stürzen, mit Erstickungen, weil jemand es bestimmt für eine gute Idee halten wird, sich im Wüstensand einzugraben ...«

»... und mit Sporeninfektionen, weil Pilze ja harmlos sind und gebraten so prächtig schmecken«, ergänzte Naik.

»Die SOL hält wirklich für jedes medizinische Spezialgebiet etwas bereit.« Tifflor seufzte. »Nur leider muss gerade jeder von uns auf allen Gebieten Spezialist sein.«

Das Generationenraumschiff verfügte über fünf große Habitatdecks, die jedes ganz eigene klimatische Bedingungen boten – von der Wüste bis zum Meer. Das war normalerweise zweifellos eine ganz erstaunliche Sache. Im Augenblick aber wünschte sich Tifflor nichts sehnlicher als ein kleines, übersichtliches Raumfahrzeug mit den übersichtlichen Zipperlein einer kleinen Besatzung.