Pics Welt - Sabrina Georgia - E-Book

Pics Welt E-Book

Sabrina Georgia

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Beschreibung

Für seinen besten Freund würde Taemin, alias Pic, alles tun, vor allem jetzt, da er endlich seine Auserwählte gefunden hat. Als der Rat Seo Min Guk unter Druck setzt, jemanden für sie aufzuspüren, meldet sich Taemin freiwillig. Dafür verlässt er seine Freunde und zieht mit einem nervigen Vampirermittler durch die Welt. Der Hacker, den alle suchen, hat es wohl nur durch Zufall auf den Rat abgesehen, trotzdem ist er eine Gefahr. Die Neugier dieses Kerls scheint groß zu sein und wer weiß schon, was er schlussendlich sonst noch findet? Wird es Taemin schaffen, das Ziel unschädlich zu machen? Wird es der Vampirermittler Jang Sehun überleben? Schließlich kann einiges passieren, sollte sich der ehemalige Auftragskiller Pic dazu entschließen, ihn durch die Gabe in seine kleine Welt zu schicken. Teil 12 der Reihe "Manchmal muss es eben Blut sein"

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Seitenzahl: 344

Veröffentlichungsjahr: 2025

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An einem anderen Ort

Pics Welt

Korean Lovemit Biss
Ein Roman von Sabrina Georgia
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Pics Welt – Korean Love mit Biss
Sabrina Georgia
1. Auflage
Juli 2025
© 2025 DerFuchs-Verlag D-74889 [email protected] DerFuchs-Verlag.de
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk, einschließlich aller Teile, ist urheberrechtlich geschützt.
Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, Verbreitung, Übersetzung und Verfilmung liegen beim Verlag. Eine Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ohne Genehmigung des Verlags ist strafbar.
ISBN 978-3-96713-049-2 (Taschenbuch)
ISBN 978-3-96713-050-8 (ePub)

Korean Love trifft aufManchmal muss es eben Blut sein.

Ein weiteres Abenteuer mit Spannung und Biss. ;)

Prolog

Für einen Einzelgänger steckte ich mit meinen neuen Freunden ziemlich tief in der Scheiße. Wer hätte gedacht, dass mir ausgerechnet der stets regeltreue Seo Min Guk diese Misere einhandeln würde.

»Du erdreistest dich, den Rat zu erpressen?«, fuhr mich einer der vier Räte an und ich zuckte mit den Achseln.

»Betitel es, wie du willst. Ich würde es einen Handel nennen.« Meine Worte schienen zwei der Männer uns gegenüber zu erreichen. Sie runzelten weiterhin die Stirn, aber das Gezeter hörte endlich auf. »Dieser Hacker stellt für die Vampirwelt eine Bedrohung dar, das steht außer Frage. Ihr habt mich schon oft beauftragt, wenn Fälle aussichtslos aussahen. Das Leben meines Freundes ist meine Bezahlung. Ich werde dafür die Gefahr aus der Welt schaffen. Ihr wisst, was ich meine.«

Die Kerle waren sich vollkommen bewusst, was ich aussagen wollte. Ich hatte in den letzten Jahrhunderten so einige Leute verschwinden lassen – sogar für den Rat.

»Pic, solltest du diese Sache nicht aus der Welt schaffen, ist nicht nur dein Freund dran, verstanden? Der Rat lässt sich nicht einfach erpressen. Wir sind in solchen Dingen sehr nachtragend. Ich hoffe, das hast du begriffen.« Damit waren wir auf einem Nenner gelandet und ich nickte leicht grinsend. Auf keinen Fall durfte ich zeigen, dass mich dieser Kommentar doch nervös machte. »Gut. Und jetzt raus! Wir müssen uns um weitere Straftaten kümmern. Ermittler Jang bringt dich morgen auf den letzten Stand und ist deine Kontaktperson. Viel Erfolg.«

Eilig wandte ich mich um, schnappte mir den CEO und wir verließen den Raum. Keine Sekunde zu spät, denn draußen gaben Seo Min Guks Beine nach und er sank gegen die Wand.

»Danke, mein Freund«, ächzte er und ich wusste, dass er etwas brauchen würde, um sich wieder zu fangen. Im Angesicht des Todes stellte man fest, wer die Nerven hatte und wer nicht. Seo Min Guk war ein Narr gewesen, doch er hatte es geschafft, Tae und Mira das Leben zu retten. Ohne sein Blut wären sie vermutlich an den Verletzungen gestorben.

»Komm, Miga wird sich Sorgen machen. Wir sollten es den Frauen außerdem schonend beibringen, sonst bekommen die Räte weitere Fälle auf den Tisch. Einer davon dürfte dann ein aufgeknüpfter Profikiller sein.« Ich grinste breit und der CEO atmete tief durch, um sich zu wappnen. Hatte er etwa Angst vor seiner Auserwählten? Sie war schließlich nur eine Frau und dazu eine Normalsterbliche. Der Kerl war echt ein Weichei geworden.

***

Allein in meinem Zimmer packte ich ein paar Sachen zusammen. Ich besaß stets nur so viel, dass es problemlos in eine Tasche passte. Das war vorteilhaft, sollte ich schnell einmal das Land verlassen müssen und einem neuen Auftrag nachgehen.

›Ist das nicht einsam?‹ Ich hatte mich schon an die Stimme in meinem Kopf gewöhnt. Kim Son Ya nutzte ständig ihre Gabe, um Kontakt zu mir aufzunehmen, und ich hatte mittlerweile nichts mehr dagegen. Auf gewisse Weise beruhigte es mich sogar, denn dadurch wurden die restlichen Stimmen in meinem Inneren leiser. Ganz verstummen ließ sie sie leider nicht.

›Ich denke, ich bin der Typ einsamer Wolf, wie du es genannt hast. Ihr anderen seid hingegen eine Familie. Ich kann das nicht.‹

Gut, dass sie nicht mitbekam, wie ich das Bild der Gruppe in meiner Tasche verschwinden ließ. Sicherlich hätte sich Son Ya darüber lustig gemacht und mich als scheinheiligen Idioten betitelt. Das war derzeit Yejins Lieblingsbezeichnung für jeden, von dem sie sprach, und ihre Schwester hatte es übernommen.

Es war gut, dass ich ging. Ohne mich würden die anderen weniger in Gefahr sein. Im Grunde hätte ich längst gehen sollen. Seo Min Guk, Kim Son Ya und Chaebol Miga waren wegen mir in einem Comic gelandet, hatten sich mit so vielen Gefahren herumschlagen müssen und selbst jetzt hörte es nicht auf. Das Beste, was ich tun konnte, war es, meinen Ärger mit mir zu nehmen und den CEO zurück in sein langweiliges Leben zu schicken. Das dürfte auch der frischen Beziehung zwischen ihm und seiner Zukünftigen helfen.

›Manchmal frage ich mich, was du alles vor uns verschweigst. Eines weiß ich: Du solltest dich nicht immer so verurteilen. Das ist es doch, was du machst, wenn du deinen Geist vor mir verschließt, oder?‹ Kim Son Ya legte wie üblich den Finger direkt in die Wunde. Sie war recht treffsicher, wenn es darum ging. Ein weiterer Grund, wieso ich besser allein klarkam. Mit dieser Auserwählten in der Nähe musste ich stets auf der Hut sein.

›Seid ihr im Trainingsraum?‹, wechselte ich das Thema und sie schnaubte.

›Wo denn sonst ... Yejin will unbedingt trainieren, um irgendwann mal so gut wie du zu werden. Eigentlich müsste ich vor Neid platzen, weil sie jetzt dich als Idol sieht.‹ Son Yas Murren löste ein Lächeln bei mir aus.

Das würde ich vermissen.

›Ich komme vorbei, um mich zu verabschieden. Es wird besser sein, wenn ich mich mit Ermittler Jang treffe und gleich loslege. Je eher ich starte, desto schneller haben Seo Min Guk und Miga Gewissheit.‹ Ich verkniff mir, die beiden Mädels und mich mit einzubeziehen. Wir waren keine Familienmenschen, sondern ausgebildete Killer, obwohl es nett war, zwischendurch einmal ein Gefühl von Familie zu haben.

Zum Glück stimmte mir Kim Son Ya zu. Jetzt musste ich nur noch unserem Heißsporn Lebewohl sagen. Seo Min Guk und Miga hatte ich bereits Bescheid gegeben. Sie waren nicht sonderlich begeistert gewesen, hatten es jedoch akzeptiert, dass ich es auf meine Art erledigen wollte.

Im Trainingsraum im Keller schlug Yejin auf einen Sandsack ein, als ich hereinkam. Sie wirkte fokussiert und fest entschlossen. Die Kleine war eine gute Schülerin, obwohl ihr oftmals die Emotionen durchgingen. Son Ya hatte mir verraten, dass Yejin ebenfalls eine Auserwählte war. Ich hatte aber nie etwas von einer Gabe bei ihr entdeckt. Vielleicht war es ja auch nur Wunschdenken, das ihre Schwester dazu verleitete, dies anzunehmen. Wobei es in Migas Fall so gewesen war, dass sie es nicht gewusst hatte. Wer rechnete denn schon damit, dass man plötzlich Vampirgaben und -eigenschaften beeinflussen konnte. Als Normalsterbliche hatte sie zuvor nie von Vampiren gehört, außer in Büchern oder im Kino.

»Musst du echt schon weg? Wieso können Son Ya und ich dich nicht begleiten?«, protestierte Yejin und warf sich in meine Arme.

Durch die Wucht des Aufpralls keuchte ich leise, tätschelte ihr dennoch sanft den Rücken. Natürlich begriff sie nicht, wieso ich das alles allein machen musste. Sie war fast noch ein Kind.

»Pass auf die Chaoten in diesem Haushalt auf, verstanden?«, knurrte ich und die Kleine nickte.

»Versprochen.« Yejin schniefte, wischte sich rasch über die Nase und schlug auf den Sandsack neben sich ein. Das tat sie immer, wenn sie nicht wusste, was sie mit ihren Gefühlen anstellen sollte.

Kim Son Ya umarmte mich ebenfalls kurz und in Gedanken hielt sie mir eine Predigt, was ich alles zu bedenken und abzuklären hatte. Es war nichts Neues darunter, trotzdem fand ich ihre Anmerkungen hilfreich. Hoffentlich schaffte ich es schnell, den Hacker zu finden, auszuschalten und diese Bedrohung zu entfernen.

›Komm gesund zurück‹, sandte mir Son Ya den Gedanken und lächelte traurig, woraufhin ich nickte.

»Macht es gut.«

1

Die Zusammenarbeit mit Ermittler Jang stellte sich als Überraschung für mich heraus. Der junge Kerl – er hatte erwähnt, dass er gerade mal fünfundachtzig war – schien wild dazu entschlossen zu sein, mir zu helfen. Er hatte eine Akte für den Hacker mit dem Namen Silversurfer angelegt und alle Taten aufgelistet, sowie der Orte, die betroffen gewesen waren. Der Typ war echt herumgekommen.

»Die letzte Sichtung war in Russland, aber eine meiner Quellen nimmt an, der nächste Halt ist Amsterdam«, meinte Ermittler Jang und starrte auf die Karte.

Wenn ich nur wüsste, worauf zu achten war. Dieser Hacker schien kein Muster zu verfolgen und deshalb wirkte es unorganisiert und chaotisch. Vielleicht sahen wir bislang einfach noch kein System. Mein Blick heftete sich ebenfalls auf die Karte. Was hatte der Kerl vor?

Ermittler Jang schnaubte kurz und lenkte die Aufmerksamkeit auf ihn.

»Was?«, wollte ich wissen und der junge Kerl zuckte mit den Schultern.

»Es wirkt wie ein Shopping-Marathon meiner Freundin. Sie springt in einer Einkaufsmeile auch oft wahllos herum, je nachdem, wie die Angebote in den Schaufenstern sie ansprechen. Da komme ich manchmal fast nicht hinterher.«

Ich hielt inne. Angebote in den Schaufenstern? Konnte es so simpel sein?

»Es gibt etwas, was all die gestohlenen Dinge gemeinsam haben, natürlich bis auf die Erpressung des Vampirrats: Es sind Gegenstände der High Society oder schadet ihr. Na ja. Auch hier passt der Rat der Vampire dazu, denn darin sind meist die reichen Familien. Nicht allzu verwunderlich, dass wir ähnlich ticken, als die Normalsterblichen. Alles dreht sich ums liebe Geld.« Meine Worte schienen den Ermittler auf eine Idee zu bringen und er tippte auf dem Handy herum. Anscheinend hatte er eine Internetsuche gestartet.

»Ha!«, brachte er triumphierend heraus und fuchtelte mit dem Handy in der Luft herum. Manche Verhaltensweisen zeigten mir deutlich, wie jung der Ermittler war, und hätte mich fast zum Schmunzeln gebracht. Ich verkniff es mir jedoch. Er war weiterhin ein Handlanger des Rats und ich musste die Distanz wahren. »Es gibt tatsächlich eine Gemeinsamkeit. Drei große Zeitschriften haben über die Besitzer berichtet. Vielleicht sind sie so in den Fokus des Hackers geraten.«

Bei genauer Betrachtung stellten wir beide fest, dass sogar die Reihenfolge zu den Verbrechen passte. Somit passte auch Amsterdam, denn es gab einen Artikel über einen Kunstsammler, der in der Stadt lebte. Als Nächstes könnte ein Kunstraub folgen, bei dem ein Bild verschwand. Hoffentlich war es nicht schon zu spät und die Spuren verliefen sich.

»Also Amsterdam?«, erkundigte sich Jang Sehun und ich nickte.

Der Ermittler wählte sogleich und organisierte den Flug. Ein guter Sekretär war er – eventuell sollte ich ihn nach dieser Sache anwerben.

»Ich fürchte, das wird nicht so leicht. Ermittler bleibt man in diesem Land auf Lebenszeit oder bis zur unehrenhaften Entlassung, die mit dem Tod endet«, brummte der Jungspund und zwinkerte mir zu.

Ach ja, da war ja etwas gewesen: Der Bengel konnte Gedanken lesen. Durch meine Müdigkeit musste ich sie übermittelt haben. Es war in seinem Beisein wesentlich mehr Vorsicht geboten, als ich derzeit walten ließ. Das musste sich ändern.

»Das Flugzeug kann in einer Stunde starten. Bis dahin sollte auch Unterkunft und Verpflegung organisiert sein. Ich hänge mich dran. In der Zwischenzeit können Sie sich ausruhen. Ich werde auch nicht lauschen, versprochen.« Jang Sehun grinste und verschwand rasch, ehe ich etwas sagen konnte.

Ein frecher Bengel! Er konnte von Glück reden, dass ich ihn sympathisch fand. Müde sank ich in den Sessel am Schreibtisch und schloss für einen Augenblick die Augen. Seit ich Seo Min Guks Haus verlassen hatte, fühlte ich mich irgendwie ausgelaugt und frustrierenderweise einsam. Man konnte sich doch nicht so schnell an Personen in seinem Umfeld gewöhnen, dass man nicht mehr allein leben wollte, oder?

Spontan fiel mir der Abschied von Yejin ein. Sie hatte sich an mich geklammert. Das Verhalten war mir merkwürdig vorgekommen. Son Ya hingegen hatte gefasst gewirkt. Sie verfügte über emotionale Kontrolle, die mich ab und an echt störte. Man wusste nie, woran man bei ihr war.

»Sieh es als Herausforderung, um etwas mehr den Umgang mit Normalsterblichen zu üben«, hatte sie dazu gesagt und die nächste Runde Kampftraining mit Yejin begonnen.

Bei den Erinnerungen an diese Frau musste ich lächeln. Manchmal war sie kämpferisch, oft zuvorkommend und immer mit ganzem Herzen bei der Sache. Als Auserwählte würde sie sicherlich irgendwann eine treue Partnerin für einen Vampir abgeben.

Das war der letzte Gedanke, ehe ich einschlief.

***

»Taemin, hast du kurz Zeit? Ich kämpfe mal wieder gegen meine Einrichtung.« Holly hatte geklopft und strahlte mich breit an.

Dieses Mal waren ihre Haare blond und sie trug keine Kilos an Schminke, die die Sommersprossen übertünchten. Sie hatte also frei und räumte zum gefühlt tausendsten Mal ihre Wohnung um. Wie konnte man seine Einrichtung so schnell satthaben?

»Was ist es diesmal?«, wollte ich wissen und schnappte mir den Wohnungsschlüssel vom Brett neben der Tür.

Ich wusste, es würde länger dauern. Erst schoben wir ein paar Möbel durch die Wohnung, dann lud mich Holly dafür zum Essen ein und wir würden bei Pizza und Bier den Abend verquatschen. Etwas anderes hatte ich eh nicht vor und ich mochte diese junge Frau, die meinte, sich jede Woche eine neue Haarfarbe zulegen zu müssen. Ob es bei ihr irgendeine Konstante im Leben gab? Wenn ich raten musste, würde ich glatt auf mich selbst tippen, obwohl wir nur Freunde waren. Die Kleine besaß ein niedliches Wesen, war mir aber zu jung und zudem eine Normalsterbliche. Und obwohl es durchaus Vampire gab, die sich darauf einließen, war ich keiner von ihnen.

»Was hast du heute den ganzen Tag gemacht? Oder gibt es bei euch Schriftstellern nur noch das Schreiben?«, fragte sie und ich zuckte mit den Schultern.

»Es gestaltet sich etwas holprig. Der Protagonist sucht nach dem Gangster, um ihn verschwinden zu lassen, ehe er erneut töten kann.« Als Schriftsteller konnte ich meinen Alltag so verpacken, dass ich es jemandem erzählen durfte, ohne Verdacht zu erregen. Da die Opfer nie in der Zeitung auftauchten – höchstens als Vermisste – gab es keine Ähnlichkeiten von Fällen, die einen misstrauisch machten.

Holly nickte lächelnd.

»Ich könnte ja keinen Roman schreiben. Dazu fehlt mir definitiv die Geduld. Aber ich finde es toll, wenn sich Leute für so etwas begeistern können«, meinte sie und ich lächelte ebenso.

Holly würde mich nie danach fragen, ob sie einmal in den Roman hineinlesen dürfte. Lesen war keins ihrer Hobbys, denn das setzte ein gewisses Maß an Geduld voraus, die sie nicht besaß.

»Ich kann mir nicht vorstellen, jeden Tag mit Menschen zu verbringen, von denen man hauptsächlich den Hinterkopf sieht. Und dann all diese Gerüche in einem Salon ...« Ich rümpfte die Nase und Holly kicherte.

»Ja, das ist schon anstrengend. Aber ich würde gern deine Haare in die Finger bekommen. Sie sind toll«, gab meine Nachbarin unverblümt zu und dieses Mal war ich es, der lachte.

Eine eigenwillige Bewegung ließ mich hochfahren. Jang Sehun räusperte sich ein weiteres Mal und ich blinzelte ihn an. Der Traum war vorbei und ich zurück in der Realität. Es war Zeit für die Abreise.

2

Der Flug dauerte eine halbe Ewigkeit. Hoffentlich brachte dieser ganze Aufwand wenigstens etwas. Wobei ich vermutete, dass wir zu spät kommen würden.

»Wir müssen diesen Kerl stoppen, sonst sind wir erledigt, von Ihrem Kumpel ganz zu schweigen«, murrte Jang Sehun und ich hätte am liebsten geknurrt.

Der Rat fand diese Angelegenheit schlichtweg ärgerlich und sah keine Probleme bei einem Blutbad. Verständlich, denn niemand wurde gern erpresst. Die Summe war zudem ein Argument, da dieser Kerl fünf Millionen Dollar für sein Schweigen wollte. Natürlich hätte der Rat es problemlos zahlen können. Es gab einige reiche Vampire im Land. Danach wäre es aber nicht vorbei. Ließ man sich einmal erpressen, kamen bald darauf die nächsten Ratten aus den Löchern und versuchten es ebenfalls. Das sollte ich verhindern.

Ermittler Jangs Handy klingelte und er runzelte die Stirn, während er das Gespräch annahm. Es war sein Kontakt in Amsterdam, denn er fragte direkt:

»Sind wir zu spät?«

Die Stimme am anderen Ende klang aufgeregt, aber ich konnte die Worte nicht verstehen, obwohl mein Gehör normalerweise ausgezeichnet war. Jang Sehun hörte geduldig zu, wartete ab, bis die Person am Ende der Leitung ausgesprochen hatte und seufzte.

»In Ordnung. Wir kommen direkt zum Tatort. Danke Anna.« Er legte auf und ich wusste, dass wir keinen Schritt näher an den Hacker herangekommen waren. Der Diebstahl hatte schon stattgefunden und wir waren zu spät. Wir mussten diesen Erpresser unbedingt finden! Aber wo, verdammt nochmal, sollten wir beginnen?

»Wir untersuchen erst einmal den Tatort. Vielleicht gibt es Hinweise, die andere übersehen haben.« Jang schien weiterhin positiv gestimmt zu sein, doch mir gefiel diese Situation ganz und gar nicht. Uns lief die Zeit davon!

›Es sind noch 28 Tage, also immer mit der Ruhe‹, sandte Ermittler Jang mir den Gedanken und ich gab ein Knurren von mir.

›Raus aus meinem Kopf oder ich breche Ihnen alle Knochen.‹

Diese Drohung wirkte, denn ich spürte, wie er sich aus meinem Geist zurückzog. Das war sein Glück.

***

Der Tatort war mir ein absolutes Rätsel. Ich hatte ja schon so einige Einbrüche gesehen, aber nie war man dabei so sauber gewesen wie hier.

»Was ist das für ein Typ?«, knurrte Ermittler Jang neben mir und hätte am liebsten laut vor sich hin geflucht.

Wir waren davon ausgegangen, noch irgendwelche Hinweise finden zu können, aber nun schwand die Hoffnung mit jeder Sekunde, die verstrich. Es gab keine, bis auf ein kleines Stück Papier, das von einem Bonbon stammte. Sonst war es zum Verzweifeln. Dieser Kerl schien uns stets zwei Schritte voraus zu sein.

»Entschuldigen Sie. Würden Sie mir bitte verraten, was Sie hier zu suchen haben?« Eine junge Frau kam auf uns zu. Sie war die Kuratorin des reichen Knackers und schien irritiert zu sein, was wir an diesem Ort zu suchen hatten.

Ermittler Jang nahm sich ihrer an und las die Gedanken der Dunkelhaarigen.

»Wir sind von der Versicherung«, gab er knapp von sich und die Kuratorin stutzte. »Ja, wir sind von Valentins.«

Anscheinend hatte sie spontan an den Namen der Versicherungsgesellschaft gedacht und der Ermittler war nicht auf den Kopf gefallen. Nach und nach gefiel mir dieses Bürschchen.

In der Hoffnung, dass wir etwas mehr aus dieser Frau herauskriegen konnten, folgten wir ihr ins Büro. Sie plapperte, wie überrascht sie doch wäre, da man ihr gesagt hätte, jemand könnte erst am nächsten Tag vorbeikommen. Jang Sehun reagierte auch in diesem Falle sehr kompetent und versicherte, es würden andere Kollegen erscheinen, um die Bürokratie aufzugreifen, jedoch wären wir für die Ermittlungen zuständig.

»Es ist eine neue Methode. Wir hoffen, der Polizei unter die Arme greifen und ihre Untersuchungen unterstützen zu können. Falls Ihnen also noch etwas einfällt, was uns helfen könnte ...?« Er lächelte sie an und die Dunkelhaarige schien auf seinen Charme zu stehen, denn sie grinste leicht dümmlich zurück.

»Würde Ihnen das Überwachungsvideo, das die Polizei mitgenommen hat, eventuell helfen?«

Verdutzt starrten wir die Kuratorin beide an.

»Sie haben ein Überwachungsvideo?«, meinte ich und die junge Frau nickte.

»Ja, wir haben der Polizei eine Kopie übergeben. Falls Sie ebenfalls eine haben wollen, kann ich Ihnen eine anfertigen lassen. Ich hoffe, das hilft der Versicherung dabei, den Fall zu einem guten Ende zu bringen.«

In ihrer Stimme schwang mit, dass ihr der Verbleib des Gemäldes im Grunde egal war, was mich gleichfalls unberührt ließ. Sie freute sich allein, dem netten Ermittler weiterhelfen zu können, und hoffte darauf, dass er ihr seine Nummer zustecken würde.

›Woher wissen Sie das?‹, erkundigte sich Jang Sehun überrascht in meinem Kopf und ich schnaubte.

›Es gibt Dinge, da muss man keine Gedanken lesen können. Diese Tatsache springt einem ja beinahe ins Gesicht. Die Kuratorin schaut Ihnen ständig auf den Hintern.‹

Es war witzig, zu sehen, dass er verlegen wurde und sich räusperte. Hastig ließ er sich einen USB-Stick mit den Überwachungsvideos geben und trieb mich danach vor sich her, um die Villa verlassen zu können.

Was hatte ich denn gesagt? So negativ konnte es doch nicht gewesen sein, dass er plötzlich die Beine in die Hand nahm.

›Es war nicht nur der Hintern, den sie in Gedanken bestaunt hat‹, brummte Jang Sehun in meinem Kopf und beschleunigte weiter den Schritt. ›Sie hat sich auf einmal genau ausgemalt, was sie alles mit mir anstellen würde, sollten Sie uns allein lassen. Da waren Sachen dabei, die ich auf keinen Fall mitgemacht hätte.‹

Ich lachte leise, hakte jedoch nicht weiter nach. Frauengedanken waren manchmal eine Sache für sich, das wusste ich aus Erfahrung und erinnerte mich an eine Trainingsstunde mit Kim Son Ya, die aus ihrer Sicht schief gegangen war. Die Fantasie dieser sexy Killerin hatte sich, nachdem sie vergeblich mit den Beinen an meinem Hals gehangen hatte und ich nicht umgefallen war, verselbstständigt. Bilder, die ich mir gar nicht hätte ausmalen können, waren daraufhin der Grund gewesen, dass mir die Beine weich geworden waren. Manche der Praktiken hatten mich überaus angesprochen.

Der Ermittler hustete und holte meine Gedanken zurück in die Hitze des Wagens, in den wir gestiegen waren. Er trat das Gaspedal durch und wir brausten in Richtung Hotel, um dort einen ungestörten Blick auf die Videos werfen zu können. Ich war gespannt, was uns erwarten würde.

3

Ich konnte kaum glauben, was ich da auf dem kleinen Display des Laptops sah: Eine Gestalt in Kapuzenshirt und Jogginghose lief auf den Eingang der Villa zu, lehnte sich gegen die Tür, die ohne Zutun aufsprang. Die Alarmanlage und sämtliche andere Hindernisse schienen sich für diesen Kerl einfach geschlagen zu geben. Er hatte problemlos Zugang.

»Ist das eine Gabe?«, keuchte der Ermittler neben mir. »Das muss eine sein! So gut ist keiner.«

Ich befürchtete, dass er Recht hatte. Das bedeutete, wir suchten eine Person, die in der Lage war, Schlösser mit Hilfe einer Auserwähltengabe zu knacken. Wir würden einer Vampirin die Chance nehmen, ihren Partner zu finden, denn sollten wir den Hacker schnappen, würde nicht viel von ihm übrig bleiben, das man lieben konnte.

»Aber wie kann jemand, der ähnliche Gene wie wir besitzt, auf die Idee kommen, uns Vampire erpressen zu wollen? Das ist doch im Grunde Verrat an der eigenen Spezies!«, protestierte Jang Sehun und ich schnaubte. Dieses Verhalten wurde langsam aber sicher zu einer miesen Angewohnheit, der Ermittler provozierte es mit seiner Naivität jedoch jedes Mal von Neuem.

»Hat das einen Normalsterblichen jemals davon abgehalten, einen anderen zu erpressen? Oder gar zu ermorden? Und auch der eine oder andere Vampir hat keine Probleme damit, über Leichen zu gehen, wenn der Preis stimmt. Wir sind leider mittlerweile zu viele, um ein Maß an Ehre erwarten zu können. Die breite Masse ist nun einmal dumm, egoistisch und hat so gut wie kein Ehrgefühl mehr«, knurrte ich und meinte es auch so. In den letzten Jahrzehnten als Killer war mir eines bewusst geworden: Bei Geld oder Macht hörte das Gewissen bei den meisten auf.

»Und was ist mit Ihnen?« Auf einmal spürte ich eine frostige Atmosphäre im Raum und schaute zum Ermittler hinüber, der mich argwöhnisch beäugte. »Als Killer haben Sie schließlich auch für Geld getötet.«

»Ich habe mich um den Unrat gekümmert – irgendjemand muss das schließlich tun.« Damit ließ ich den Jungspund stehen und marschierte ins Badezimmer. Ich wollte mir eine Hand voll Wasser ins Gesicht spritzen, denn langsam wurde ich müde, was auch auf meine Stimmung schlug. Je erschöpfter ich wurde, desto leichter konnte man mich reizen. Da dieser kleine Ermittler meine Trigger fleißig drückte, wollte ich verhindern, noch mehr die Fassung zu verlieren.

***

Als ich zurück ins Zimmer kam, war Ermittler Jang verschwunden. Ein Zettel auf dem Tisch teilte mir mit, dass er etwas zu essen auftreiben und sich mit einem Kontakt treffen wollte. Sollte er! Ich war fürs Händchenhalten bei einem Informanten derzeit eh zu müde und ungeduldig. Am Ende würde ich diese Bekanntschaft noch verschrecken und dem Rat eine Quelle vernichten.

Ich tat also das, was für die Situation am besten war und legte mich auf eines der Einzelbetten. Anscheinend war der Rat in der Zwischenzeit geizig geworden, denn wir mussten uns ein Zimmer teilen. Oder dieser Bengel wollte mich nicht aus den Augen lassen, was ich ihm ebenfalls zutraute. Seiner Ansicht nach dürfte ich als Killer widerlicher sein als jede Kakerlake. Wenn er wüsste ...

Ich schloss die Augen und dachte an meine Jugend. Damals war das Leben einfacher gewesen und unbeschwert. Ein Feuer hatte dem ein Ende bereitet und ich hatte von einem Tag auf den anderen erwachsen werden müssen. Meine ganze Familie war bei diesem Feuer gestorben, allein ich hatte Glück gehabt, da ich aufgewacht und aus dem Haus getaumelt war. Die Welt um mich herum hatte sich wie verrückt gedreht und ich war in eine Ohnmacht geglitten, aus der ich erst Stunden später erwacht war. Mittlerweile wusste ich, dass meine Lunge durch den Rauch so geschädigt worden war, dass ich das Bewusstsein verloren hatte, doch damals hatte ich mir sehr lange die Schuld am Tod meiner Familie gegeben. Ein Freund war es gewesen, der mich aus dem Selbsthass geholt und meinem Leben neue Hoffnung gegeben hatte: Seo Min Guk. Seine aufgeschlossene Art und diese Lebenslust waren ansteckend gewesen. Und seit der CEO seine Lebensgefährtin gefunden hatte, war es vollkommen.

›Noch ein Grund, den Hacker zu finden. Ich muss dafür sorgen, dass ich mich revanchieren kann‹, kam es mir in den Sinn und ich fühlte, wie ich langsam in den Schlaf glitt. Ein letzter Gedanke mischte sich noch in mein Bewusstsein, ehe ich einschlief: ›Und ich möchte auch irgendwann meine Auserwählte finden.‹

Der Traum war etwas konfus und schien meine aktuelle Stimmung widerzuspiegeln. Ich wurde von Toten verfolgt, die keine Gesichter hatten, aber so blutüberströmt waren, dass sie es nicht hatten überleben können. Außerdem spielten Kim Son Ya und Yejin darin eine große Rolle: Sie kämpften an meiner Seite gegen diese komischen Zombies, gaben den einen oder anderen Kommentar von sich und stellten sich erstaunlich mühelos an. Mit ihnen fühlte ich mich, als könnten wir fast alles schaffen.

›Taemin?‹ Kim Son Yas Stimme klang sanft und ich genoss diese in meinem Kopf. Die letzten Stunden hatte ich sie vermisst. ›Du bist ab jetzt nie wieder allein.‹

Wenn es nur stimmen würde. Dieser Traum hatte etwas Gefährliches an sich, da es mich in Sicherheit wog. Was, wenn ich es nicht schaffte, den Hacker aufzuspüren? Augenblicklich veränderte sich der Traum. Ermittler stürzten sich auf Kim Son Ya und mich. Rücken an Rücken kämpften wir gegen sie, teilten aus, mussten auch einiges einstecken. Ein Keuchen während des nächsten Angriffs machte mir klar, dass etwas schieflief, und ich wandte mich der Kämpferin zu. Sie lehnte erst schwer an meinem Rücken und fiel mir plötzlich in die Arme, als ich mich umdrehte. Ich roch Blut. Viel Blut.

›Taemin‹, brachte sie heraus, dann wurde Son Ya blass.

›Nein!‹ Mit zitternden Fingern strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Die Wunde in ihrem Bauch war durch die Klinge eines Breitschwerts entstanden. Sie verlor stetig Blut und nichts konnte es stoppen.

›Du wirst mich nicht verlieren‹, flüsterte sie dennoch und reckte ein wenig das Kinn nach oben, um mir einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen. ›Es ist nur ein Traum.‹

Eine Tür, die auf einmal aufgerissen wurde, weckte mich. Ermittler Jang entschuldigte sich für sein stürmisches Verhalten, aber irgendetwas sagte mir, dass er es absichtlich getan hatte.

4

Die nächsten Tage befanden wir uns weiter auf der Jagd nach diesem nervigen Kerl. In Amsterdam gab es keinerlei Spuren, doch ein Kontakt führte uns durch die Länder Europas. Gestohlene Juwelen und eine exklusive Spieluhr folgten, bis uns die Nachricht erreichte, der Hacker Silversurfer wäre auf dem Weg nach New York.

»Was soll es denn dort geben, was den ganzen Ärger lohnt?«, murrte Jang Sehun und mir fiel dazu nur eines ganz spontan ein: die New Yorker Börse. Alles andere versprach weniger Geld und das schien es zu sein, was den Hacker hauptsächlich interessierte. »Die New Yorker Börse? Das ist natürlich eine Möglichkeit. Allerdings bezweifle ich, dass es ihm nur um Geld geht. Die Fälle sind recht eigenwillig.«

Natürlich hatte der Bengel wieder meine Gedanken gelesen. Mich nervte es, aber anscheinend konnte er es nicht einfach abstellen. Ich hatte bereits einige Vampire und Auserwählte getroffen, die ihre Gabe nicht vollkommen unter Kontrolle gehabt hatten, sodass ich es nicht als Ausrede wertete. Hoffentlich schaffte ich es, meine privaten Gedanken für mich zu behalten. Ich hatte keine Lust, mich hier auch noch angreifen zu lassen.

Ermittler Jang räusperte sich und senkte kurz den Kopf.

»Ich muss mich wohl entschuldigen. Die letzten Tage habe ich Sie kennenlernen dürfen und weiß jetzt, dass sich Zeiten geändert und auch die Personen andere Rollen angenommen haben. Leider triggert es mich ein wenig, mit einem weltberühmten Killer zu tun zu haben, da mein Bruder durch einen ums Leben kam.« Jang Sehun hatte die Stirn gerunzelt und überraschte mich mit seiner Offenheit.

»Wie war sein Name?«, erkundigte ich mich und hoffte inständig, dass er nicht zu meinen Opfern zählte, wobei mir mehrere Jangs untergekommen waren.

»Yong. Jang Yong.« Der Ermittler schien auch hier meine Gedanken aufgeschnappt zu haben, weshalb er den Namen des Mörders ergänzte: »Er wurde Opfer des Killers Jug-Eum.«

Jug-Eum, auch der Tod genannt, war für mich kein Unbekannter. Der Kerl hatte sich dermaßen rücksichtslos einen blutigen Weg durch die Jahrhunderte geschlagen, dass er am Ende selbst zu einem Problem geworden war. Schlussendlich hatte er verloren – gegen mich. Das war eine der unerfreulichen Aufgaben des Rats gewesen, mit der sie mich betraut hatten. Sollte ich dem Ermittler davon erzählen? Soweit ich mich erinnern konnte, war Jug-Eum offiziell nur verschwunden, also untergetaucht. Niemand wusste, dass ich meine Finger im Spiel gehabt hatte, bis auf den Rat.

Der Blick des jungen Ermittlers heftete sich auf mich und er kniff ein wenig die Augen zusammen, da ich meinen Geist vor ihm verschlossen hatte. Ich war mir noch unschlüssig, ob ich ihm von der Tat erzählen sollte oder nicht, als er meinte:

»Diese Geheimnisse verhelfen nicht zu einer guten Partnerschaft.«

Am liebsten hätte ich geschnaubt. Eine Partnerschaft bedeutete für mich wohl etwas anderes, als es der Rat definierte. Ermittler Jang Sehun war mit mir geschickt worden, um mich zu töten, sollte ich versagen – das hatte mir der Rat deutlich gemacht. Und der Bengel redete hier von guter Partnerschaft?

Diesen Gedanken schien ich ihm gesandt zu haben, denn jetzt schaute der Junge betreten zu Boden.

»Ich kann nichts für meine Aufträge. Sollte ich den Befehl nicht ausführen, kommen andere an meiner Stelle und ich bin selbst dran. Was würden Sie also an meiner Stelle tun?«, wollte er wissen und ich musste müde lächeln.

Ich war genau an seiner Stelle gewesen, allerdings hatte ich damals das Ratsmitglied umgebracht, das mich auf die Abschussliste hatte setzen wollen. Es hieß er oder ich – und in diesem Falle war ich durchaus egoistisch veranlagt gewesen. Danach folgte meine Zeit in England und das Kennenlernen mit Holly.

»Wer ist Holly?«

Erschrocken starrte ich Jang Sehun an, der ganz offensichtlich wieder einen Spaziergang durch meine Gedanken unternommen hatte.

»Der Grund, wieso man ins Gras beißen könnte. Ich hatte schon einmal gesagt, dass ich es nicht schätze, wenn meine Gedanken gelesen werden«, knurrte ich zurück und ich hörte ein leises Seufzen.

»Mann, ich versuche es doch, aber es ist so verdammt laut«, ächzte der Ermittler und rieb sich die Stirn. »Ist Holly Ihre Auserwählte? Ich schwöre, ich gebe danach Ruhe.«

Ich schüttelte den Kopf. Nein, Holly war es nicht gewesen, sondern nur eine gewöhnliche Normalsterbliche. Allerdings war sie der Grund für meine bunten Haare.

Die Lippen des Ermittlers pressten sich aufeinander, doch in meinem Kopf hörte ich seine Stimme, die mehr von Holly erfahren wollte. Wenigstens bemühte er sich.

»Okay, eine Sache noch. Sie war meine Nachbarin und zur falschen Zeit am falschen Ort. Das hat sie das Leben gekostet. Und jetzt buchen Sie die Flüge. Uns rennt die Zeit davon und der Flug nach New York dauert«, brummte ich und Jang Sehun beeilte sich, aus dem Zimmer zu kommen, ehe ich nicht mehr ganz so freundlich sein würde.

***

Ein Privatjet war zwar eine nette Sache, aber hier fühlte ich mich wie in einer Konservendose. Die Maschine von Seo Min Guk war ein Traum dagegen. Vielleicht sollte ich den CEO für die nächsten Flüge bitten, seinen Fuhrpark zur Verfügung zu stellen. Ich bildete mir sogar ein, dass die Reisen damit schneller gingen.

»Darf ich eine Frage stellen?« Jang Sehun hatte sich ungewöhnlich lange am Riemen gerissen, doch jetzt schien er seine nächsten fünf Minuten Neugierde zu haben.

»Betrifft es den Fall?«, konterte ich und er überlegte kurz.

»Auf gewisse Weise.« Ein freches Grinsen erschien in seinem Gesicht und ich runzelte die Stirn. Was würde das wieder werden?

Mein Schweigen schien der Ermittler als Einladung zu verstehen. Er straffte die Schultern und fragte:

»Wie wurden Sie zum Killer?«

»Eine längere Geschichte. Sagen wir es so: Auch ich hatte einmal die Wahl, meine Aufgabe zu erledigen, oder selbst dran zu sein«, meinte ich und die Miene des Bengels wurde nachdenklich. Damit ließ ich ihn allein mit seinen Überlegungen.

5

New York hatte eine Atmosphäre, die ich so nicht erwartet hätte. Auf der einen Seite kam sie mir ungewöhnlich hektisch vor, dann voller Abenteuer. So viele Menschen lebten hier an diesem Ort. Mein Heimatdorf hätte sicherlich tausendfach hineingepasst von der Fläche her und die Einwohner auf jeden Fall noch mehr.

»Hey Kleine! Lust auf einen harten Kerl?«, quatschte mich in der U-Bahn ein Typ an und ich beäugte ihn verdutzt. Er war Afroamerikaner, trug die Haare kurz, darüber eine Baseballkappe, die schief auf seinem Kopf saß. Der Rest seiner Kleidung schien ebenfalls nicht am rechten Platz zu sein, denn auch die Hose hing fast in seinen Kniekehlen und außerdem trug er unterschiedliche Schuhe. Der Schuh rechts war rot, der links blau. Was war das denn für ein Clown?

»Mein Freund ist ein harter Kerl.« Wie immer, wenn ich Männer loswerden wollte, betonte ich den russischen Akzent, mit dem ich Englisch sprach und der Typ überlegte, ob er weiter nachhaken sollte oder sich besser verzog.

Zu meinem Glück entschied er sich für Letzteres. Bislang war es recht wirkungsvoll gewesen, das russische Mäuschen mit Beschützer zu spielen. Ich fragte mich, ob irgendwann einmal der Zeitpunkt kommen würde, wenn ein Kerl es darauf anlegte. Was ich dann tun wollte, wusste ich noch nicht.

An der nächsten Haltestelle stieg ich aus und schlenderte durch die Straße zum Hotel. Ich hatte mir neue Klamotten gekauft und freute mich schon darauf, im Zimmer eine kleine Modenschau für mich selbst zu veranstalten. Die Bilder kamen im Netz immer gut an und ich hatte mittlerweile eine Menge Follower. Das machte Spaß, obwohl es ab und an auch recht oberflächlich war. Aber so hatte sich die Welt in den letzten Jahren entwickelt: Man interessierte sich nur noch, wie jemand aussah, statt sich zu fragen, ob dieser Mensch auch interessant war. Klar konnte man durchaus gut aussehend und trotzdem intelligent sein, aber im Netz gab es auch genug Beispiele für das Gegenteil.

Ich hatte Glück und besaß beides: Köpfchen und Körper. Und ich scheute mich zudem nicht davor, beides einzusetzen, weshalb meine neuen Klamotten hauptsächlich aus Flittchen-Fummeln bestanden. Wie hatte man mir beigebracht: Liebe Mädchen kamen in den Himmel, böse Mädchen überall hin. Nach diesem Motto war ich erzogen worden. Meine Mutter hatte in der Liebe wenig Glück gehabt, weshalb sie meinen Bruder und mich mit der Logik groß werden ließ, dass stets jedes Mittel erlaubt war, um zu überleben. Mein Bruder war dadurch zum Hacker geworden. Und ich? Nun ja, ich wurde ein nützliches Werkzeug.

Im Hotel beäugte man mich, während ich mit der Zimmerkarte in der Hand, Hüften schwingend und Po wackelnd in Richtung Aufzug stolzierte. Da ich eine der teuersten Suiten bewohnte, wagte es niemand, mich anzusprechen. Früher hatte man mich durchaus für eine Hure gehalten, die in einem so teuren Etablissement nichts zu suchen hatte, doch heutzutage war ich schlichtweg ein Promi aus dem Netz. Eine andere Art der Prostitution.

Bei dem Gedanken musste ich schmunzeln. Würde mich Mutter jetzt so sehen, wäre sie vermutlich auch nicht einverstanden mit meinem Vorgehen gewesen.

»In welchen Stock?«, wollte der Page mit belegter Stimme wissen und ich nannte ihm das Vierte. »Ich hoffe, Sie hatten einen schönen Tag.«

Typisch Mann glitt auch sein Blick rasch über meine Kurven und ich schaffte es, nur leicht zu nicken. Ich lehnte mich an die Wand des Lifts und kreuzte die Beine. Dadurch kamen die hohen Absätze gut zur Geltung und zogen seine Aufmerksamkeit auf meine Füße. Ich hatte es doch gewusst: Der Junge hatte einen kleinen Fetisch. Ob das Hotelmanagement das wusste? In seiner Miene war zumindest zu erkennen, dass er mir gern die teuren Stilettos abgestreift hätte.

Die Sekunden vergingen, während der Lift nach oben fuhr.

»Kleiner Tipp: Ein bisschen mehr Pokerface«, hauchte ich und stieg aus dem Aufzug, als sich die Türen zum vierten Stockwerk öffneten.

Das Gesicht des Pagen färbte sich rot. Hastig drückte er auf den Knopf zum Schließen des Lifts und ich lachte leise.

Meine Absätze waren auch im Gang gut zu hören, aber ich erreichte meine Suite mit schnellen Schritten, hielt die Karte an das Lesegerät und hörte schon kurz darauf das übliche Summen.

»Ich bin zuhause«, meinte ich leise und grinste, als sich mein Laptop automatisch hochfuhr.

»Willkommen zurück«, folgte die Begrüßung.

Zahlen und Daten spielten sich ebenfalls automatisch ein und ich las mit Interesse, wie die Entwicklung in den letzten Stunden gewesen war. Das dürfte interessant werden.

6

Irgendwann sollte ich mir ein richtiges Zimmer mieten und einmal richtig durchschlafen. Die Nähe des Ermittlers machte mir zu schaffen und ständig auf der Hut sein zu müssen ebenfalls. Wenigstens hatten wir dieses Mal ein gutes Hotel erwischt und die Blutlieferung war reibungslos abgelaufen. Es wurde auch langsam Zeit, denn hätte ich in den nächsten Minuten nichts zwischen die Zähne bekommen, wäre ich dem Bengel an die Ader gegangen. Rasch biss ich in den Beutel und stöhnte wohlig. Es war eine Wohltat, wie das kühle Nass meine Kehle hinunterlief und sich die Krämpfe langsam auflösten. Ich musste mehr darauf achten, mich rechtzeitig zu nähren. In Seo Min Guks Haus hatten Kim Son Ya und Yejin ein Auge darauf gehabt, dass der CEO und ich regelmäßig tranken. Unser Teenager schien sogar eine diebische Freude daran zu haben, sich immer neue Drinks auszudenken, um das Blut aufzupeppen, wie sie es nannte. Ich ging davon aus, dass es ihr sonst zu gruselig wurde, mit gleich zwei Vampiren zusammenzuleben. Kim Son Ya schien das weniger zu stören. Sie hatte mir regelmäßig einen Blutbeutel gereicht, ohne mit der Wimper zu zucken.

»Jang«, nahm der Ermittler nun im Nebenraum ein Telefonat entgegen und ich lauschte. Normalerweise bekam ich wenigstens mit, wenn es klingelte, aber in diesem Falle musste das Handy noch auf lautlos gewesen sein oder vielleicht auf Vibration. »Ja, wir sind im Hotel.«

Erstattete er gerade dem Rat Bericht? Falls ja, gab es noch nicht viel zu erzählen, da wir zwar davon ausgingen, dass der Hacker die New Yorker Börse angreifen wollte, aber sicher konnten wir uns erst sein, wenn es geschah. Und die Fragen blieben, wann er angreifen würde, außerdem wie? Mit seiner Gabe musste er wahrscheinlich vor Ort sein, um etwas ausrichten zu können, trotzdem gab es zu viele Adressen und zu viele Möglichkeiten. Wir brauchten einen Hinweis.

»Okay, ich verstehe«, brummte Jang Sehun und ich spitzte noch mehr die Ohren. Mit wem redete der Kerl, verfluchte Scheiße! »Ja, danke für den Hinweis, Rage, wir prüfen das.«

Rage? Wer war denn das? Einer von Jang Sehuns Kontakten? Oder ein anderer Ermittler?

Als hätte mein neuer Schatten keine Lust mehr auf meine Ratespielchen, öffnete er seinen Geist und ich hatte das Gefühl, plötzlich mitten im Gespräch zu sein. Ich konnte nicht nur die Worte des Ermittlers hören, sondern auch die tiefe und raue Stimme des Mannes am anderen Ende der Leitung. Rage schien davon nichts mitzubekommen, denn er fragte:

»Und? Wie ist es, mit diesem legendären Killer unterwegs zu sein? Ich würde ja nicht mehr ruhig schlafen. Wer weiß, wann ihn plötzlich die Mordlust überkommt.« Er lachte bellend und Jang Sehun räusperte sich.

»Ich habe weniger Probleme mit dem Schlaf«, gab er knapp zurück und ich war mir sicher, er bereute bereits, dass er mich mithören ließ.

Rage schien sich weiterhin für mich zu interessieren, aber der Ermittler blockte ab und meinte, wir müssten demnächst los. Anscheinend wusste er, was gut für ihn war. Relativ zügig, zumindest so schnell es sein Gegenüber zuließ, würgte er ihn ab und legte auf.

»Entschuldigung. Rage ist nicht gerade dafür bekannt, neutral zu kommunizieren. Im Grunde ist er immer und überall auf Streit aus.« Jang Sehun zeigte eine schuldbewusste Miene und ich wusste, dass es ihm tatsächlich leidtat. Hier bewies der Ermittler wahres Taktgefühl.

»Und?«, beschloss ich, ihn noch ein wenig vorzuführen. »Ist es nicht doch gruselig in der Nähe eines Killers zu schlafen?«

Zu meiner Überraschung lachte der Bengel. Er gab sich durch und durch gut gelaunt.