Vampirischer Auftrag - Blutiges Erbe - Sabrina Georgia - E-Book

Vampirischer Auftrag - Blutiges Erbe E-Book

Sabrina Georgia

4,9

Beschreibung

Seit Andreas Ludwig dem Tod nur knapp von der Klinge gesprungen ist, quälen ihn Albträume vom Leben seines Vaters. Karl war ein wirklich grausamer Mann und hatte das Töten Unschuldiger genossen. Kein Wunder, dass Andreas, dessen Gabe darin besteht, das Leben anderer mitzuerleben, als wären es die seinen, irgendwann auf die Frage kommt, wie viel dieses Monsters auch in ihm steckt. Sein neuer Chef und Freund Robert Allerton hingegen hat eine ganz eigene Vorstellung davon, Andy zu helfen. Er beauftragt ihn, ein Auge auf eine junge Polizistin zu werfen. Diese ist wohl ins Fadenkreuz eines Vampirsöldners geraten und benötigt besonderen Schutz. Als Andreas Ludwig der hübschen Jessica begegnet, kann er es kaum glauben, denn sie sieht der Frau aus seinen Träumen mehr als nur ähnlich. Ob irgendeine Verbindung zwischen ihr und seinem blutrünstigen Vater bestand? »Manchmals muss es eben Blut sein!« 01 – Ein Vampir fürs Leben 02 – Erinnerungunen eines Vampirs 03 – Eine Vampirdame im Sprechzimmer 04 – Vampirische Eifersucht 05 – Vampirdamen bedeuten nichts als Ärger 06 – Vampirischer Auftrag 07 – ... 08 – ... »Yvor und Yvi« 1 – Eine Vampir-Liebesgeschichte mit Knacks 2 – Eine Vampir-Liebesgeschichte und noch ein Knacks 3 – Kein Knacks ist auch keine Lösung

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Epilog
An einem anderen Ort

Vampirischer Auftrag - Blutiges Erbe

Ein Roman von
Sabrina Georgia

Ein Buch aus der Reihe: Manchmal muss es eben Blut sein! »Ein Vampir fürs Leben« »Erinnerungen eines Vampirs« »Eine Vampirdame im Sprechzimmer« »Vampirische Eifersucht« »Vampirdamen bedeuten nichts als Ärger« »Vampirischer Auftrag – Blutiges Erbe«

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Vampirischer Auftrag – Blutiges Erbe
Sabrina Georgia
1. Auflage
Oktober 2017
© 2017 DerFuchs-Verlag
D-69231 Rauenberg (Kraichgau)
DerFuchs-Verlag.de
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk, einschließlich aller Teile, ist urheberrechtlich geschützt.
Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, Verbreitung, Übersetzung und Verfilmung liegen beim Verlag. Eine Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ohne Genehmigung des Verlags ist strafbar.
ISBN 978-3-945858-51-6 (Taschenbuch)
ISBN 978-3-945858-52-3 (ePub)

Danke an alle Leserinnen und Leser, die es geschafft haben, meine Reihe bis hierhin zu verfolgen! Ihr seid einer der Gründe, wieso ich weiterschreibe!

Danke auch an ›meine Mädels‹ ... :) Ihr seid klasse, dass ihr mir immer mit Rat und Tat zur Seite steht! <3

Für meinen Schatz, der ebenfalls stets auf meiner Seite steht, auch wenn ich manchmal ziemlich hohldrehen kann. ;o)

Prolog

Sie hatten Vollmond in einer lauen Sommernacht, einfach perfekt für seine Zwecke. Christine sah in ihrem rückenfreien Kleid bezaubernd aus und das Lächeln war es ebenfalls, als er ihr dies sagte.

»Danke für das Kompliment. Was hast du denn mit mir vor?« Sie klang nicht ängstlich, sondern voller Vorfreude auf die Überraschung, die er ihr versprochen hatte. Sie war das perfekte Opferlamm für die Schlachtbank, unwissend und treudoof.

»Das wirst du schon sehen. Sei nicht so ungeduldig.« Er legte den Kopf schief und grinste, was seinen sonst so ernsten Gesichtszügen etwas Spitzbübisches gab. Die meisten Frauen reagierten darauf, wie auch auf seinen Charme. Christine ließ sich natürlich genauso einwickeln. Sie wusste ja nicht, welche Gefahr ihr drohte.

Seit zwei Monaten hatte er auf diesen Moment hingearbeitet. Es musste einfach heute Nacht geschehen. All seine Sinne schrien förmlich danach.

Er führte Christine durch zwei schmale Gassen zu einem Gebäude in der Nachbarschaft. Auf dem dortigen Flachdach hatte er alles vorbereiten lassen: Die Kerzen brannten seit wenigen Augenblicken, Decken lagen auf dem Boden und ein Picknickkorb befand sich genau neben der eisgekühlten Flasche Champagner. Alles war perfekt und verfehlte seine Wirkung nicht um einen deut.

»Du bist ja unglaublich! Ein Picknick im Mondschein?« Christine strahlte und er führte sie zu ihrem Platz, von dem aus sie alles betrachten konnte.

Er liebte es, wenn er sie erst in Sicherheit wog, bis sie sich komplett in seiner Umarmung fallen ließen. Vielleicht würde er nach dem Essen auch noch mit ihr schlafen und diese Zufriedenheit vollkommen machen, ehe er seine Pläne weiterverfolgte.

»Was geht dir gerade durch den Kopf?«, riss sie ihn aus den Gedanken und er musste sich selbst ermahnen, ruhig zu bleiben.

»Nichts. Ich freue mich einfach nur darauf, hier mit dir zu sitzen und die Romantik zu genießen«, wiederholte er diese Floskel wohl nun zum tausendsten Mal.

Sie bemerkte seine Langeweile nicht. Keine von ihnen hatte es bemerkt, doch der Ablauf war immer der gleiche. Nun kam die Phase des Verwöhnens. Er zog ein Schälchen mit Früchten aus dem Picknickkorb und begann, sie zu füttern. Er mochte das Ritual, weil die Frauen diese Gabe so naiv annahmen. Sie ließen sich jedes Mal die Früchte in die süßen Münder stecken, ohne zu überlegen, ob er sie damit vielleicht schachmatt setzte. Er aß nichts. Sein Vergnügen würde das Trinken sein. Er füllte den Champagner in zwei dafür vorgekühlte Gläser. Es war immer eine sehr teure Sorte und jede der Frauen hatte diese Tatsache bisher auch wahrgenommen.

»Du hast dich schon wieder in Unkosten gestürzt. Das musst du doch nicht«, flüsterte Christine, aber ernst meinte sie es nicht. Sie nahm das Glas ohne weiteren Kommentar an. Dieses scheinheilige Getue war für ihn jedes Mal ein weiterer Grund, die Frauen zu bestrafen.

»Auf dich!«, prostete er ihr bei diesen Worten zu, nippte allerdings nur, während sie begeistert trank. Er wollte mit allen Sinnen da sein, wenn es geschah. Lange würde er nicht mehr abwarten müssen.

Musik erklang und Christine sah sich verwundert um. Die kleine Anlage stand etwas entfernt und war durch ihn zum Leben erweckt worden.

»Möchtest du tanzen?«, raunte er und streckte ihr die linke Hand entgegen.

Sie kicherte und ergriff diese. Sein Herzschlag beschleunigte sich und die Nervosität und Vorfreude stiegen an. Nur noch diesen Tanz, länger konnte er nicht warten. Danach würde er sie genau da haben, wo er sie am schwersten treffen konnte. Er liebte es, seine Opfer auf diese Weise zu quälen.

Christine schmiegte sich während des Tanzes an ihn und er genoss den Duft des Parfums, welches er ihr geschenkt hatte. Es war der Duft seiner Frau, den sie meist aufgelegt hatte, wenn sie offizielle Anlässe hatte durchstehen müssen. Mit der Zeit war er ihr verhasst, doch er mochte das Parfum noch immer. Er war sein größter Triumph über dieses Miststück gewesen.

Er beugte sich nach unten und schnupperte an Christines Hals. Es roch einfach köstlich! Seine Instinkte waren geweckt und er musste aufpassen, sich nicht zu verraten.

»Mir ist leicht schwindelig«, klang ihre Stimme schwach und er lächelte.

Die Drogen in den Früchten begannen mit dem Champagner zu wirken. Es war das perfekte Zusammenspiel. Nicht mehr lange und sie wurde zu seiner Marionette. Ein paar Augenblicke später verlor sein Opfer das Bewusstsein.

›Na endlich‹, ging ihm durch den Kopf und er ließ sie unsanft auf die Decken fallen.

Sie gab keinen Laut von sich, während er die Sachen zusammenräumte und für die nächste Gelegenheit in der Box verstaute. Diese Ruhe genoss er, lauschte dem leisen Atmen. Nachdem er all die Spuren beseitigt hatte, warf er sich Christine über die Schulter. Der Weg lag noch vor ihm, aber die Vorfreude machte ihn bereits ganz zappelig.

›Ruhig ... Bald wirst du deine Erlösung haben‹, versuchte er sich selbst zu beruhigen.

Als er endlich seine kleine persönlichen Folterkammer erreichte, kam Christine langsam wieder zu sich. Es war ihr Pech, dass es so war. Nun würde sie alles erdulden müssen, bis es endlich vorbei und sie tot wäre. Sie würde wie all die anderen schreien, weinen und ihn darum anflehen aufzuhören oder am Ende sogar darum betteln, dass er sie sterben ließ. Jetzt konnte sie noch nicht schreien, da er ihr den Mund zugeklebt hatte, als sie bewusstlos da lag. Es hätte ihm gerade noch gefehlt, wenn sie während der Fahrt zum Versteck in der Lage gewesen wäre loszuschreien.

Er betrachtete Christine, die nun auf dem breiten Bett lag und ihn mit ängstlichem Gesichtsausdruck anstarrte. Jetzt kam ihr endlich der Gedanke, dass sie ihm nicht so schnell hätte vertrauen sollen. Nun war es allerdings zu spät. Er beugte sich zu ihr herunter, atmete tief ein und schnappte erneut den Duft des Parfums und Christines Angst auf. Es war berauschend! Er konnte spüren, wie seine Fänge ausfuhren. Der Drang sie zu beißen war beinahe überwältigend und er gab das erste Mal dem Wunsch nach.

Ein greller Laut drang durch den Knebel und es spornte ihn noch mehr an. Sie sollte leiden, diese Schlampe!

1

Schweißgebadet wachte Andreas auf und keuchte. Diese Erinnerungen seines Vaters waren in Träumen so intensiv, dass er Christines Blut förmlich noch schmecken konnte. Andy würgte. Ihm war speiübel. Am liebsten hätte er sich übergeben, aber in seinem Magen befand sich zur Zeit nichts, was man hätte erbrechen können.

Todmüde rappelte er sich auf und betrachtete den Lichtstrahl, der durch die Vorhänge ins Zimmer fiel. Es musste bereits Mittag sein. Andreas hatte wohl tief und fest geschlafen, was seltsam war. So war es früher nie gewesen. Fast kam es ihm so vor, als würden ihn die Erinnerungen und Erlebnisse seines Vaters fesseln und Andy wachte wohl erst dann auf, wenn es sein Gewissen überhaupt nicht mehr aushielt. All das Blut ... Erneut würgte Andreas.

Es klopfte leise und er brachte ein gequältes »Herein.« Zustande. Susana kam mit zaghaften Bewegungen zur Tür herein und warf ihm einen besorgten Blick zu. Ihre Gestalt machte Andy nur noch mehr klar, wie kaputt er war. Ihr Mitleid machte ihn krank!

»Du siehst grässlich aus«, flüsterte sie und Andreas nickte daraufhin. Er fühlte sich auch schrecklich und ausgelaugt. Seine Gliedmaßen brannten wie Feuer.

Susana schlug vor, ihm einen Blutbeutel zu bringen, doch Andreas winkte ab. Allein der Gedanke an das kalte Blut ließ seinen Magen rebellieren. Auch Susi schien das zu spüren und wurde blass. Ihre Empathie war in manchen Situationen schrecklich nervtötend! Susana sah jedes Mal durch die Fassade, direkt in sein Herz.

»Ich muss übrigens in den nächsten Tagen wieder zur Arbeit. Es gibt einiges zu tun, weil die Kollegen bei manchen Dingen einfach nicht weiterkommen.« Susana wirkte noch immer besorgt und Andreas wusste, dass sie ihn nicht alleine lassen wollte. Er war mittlerweile zu sehr mit ihr verbunden, seit dieser einen Nacht.

Andy seufzte. Das war einer der Fehler, die man machte und sogleich bereute. Er hatte mit ihr geschlafen, war förmlich über sie hergefallen und Susana ließ es geschehen. Andreas fühlte sich bei ihrem Anblick jedes Mal wie ein Schwein. Ein Scheusal, das ausgenutzt hatte, dass diese Frau ihn mochte. Wie sollte er das nur in Ordnung bringen?

»Mach dir keine Sorgen um mich. Ich komme schon klar.« Er sah bei diesen Worten wohl wenig überzeugend aus, denn Susana runzelte die Stirn und berührte ganz sachte seinen Arm. Instinktiv zog er ihn weg. Eine Berührung war in der jetzigen Lage zu gefährlich. Er wollte nichts über ihr Leben wissen, schon gar nichts von ihrer Vergangenheit. Seine Gabe war in letzter Zeit komplett außer Kontrolle.

»Ich habe Robert versprechen müssen auf dich aufzupassen. Du kennst ihn doch. Er kann so fürchterlich penetrant sein.«

Andreas stutzte. Hatte sie etwa Angst vor Robert? Andy kannte seinen Kollegen noch nicht so lang, doch er hatte dessen Leben gesehen. Robert Allerton war zwar ein typischer Alphamann, doch niemand, vor dem man Angst haben musste. Außer vielleicht, man war so dumm, ihn oder jemanden, der ihm wichtig war, anzugreifen.

»Mach dich nicht lächerlich! Ich habe keine Angst vor ihm!«, deutete Susana Andys Blick mal wieder richtig, schüttelte frustriert den Kopf und schlug Andreas gegen den Arm. »Es ist nur so, dass du ihm aus irgendeinem Grund sehr wichtig bist und ich ihm einen weiteren Verlust nicht zumuten möchte. Damit kann er nicht umgehen. Robert Allerton ist nicht so stark, wie du ihn einschätzt. Der Mann ist der pure Selbstzweifel!«

Andreas rieb sich den Arm. Das war es also. Sie wollte ihn beschützen. Andy wusste, dass Robert und Susana ein Paar gewesen waren, bis sie mit ihm Schluss gemacht hatte. Es war wohl eine Trotzreaktion gewesen, da sie sonst nur in den zärtlichsten Tönen von dem Vampir redete. Susana musste ihn sehr geliebt haben. Die Frage war nur, wieso sie nicht um ihn gekämpft hatte.

»Ich hole dir einen Blutbeutel!«, beschloss sie nach kurzem Schweigen und rauschte aus dem Zimmer, ehe er etwas entgegnen konnte.

Andreas rappelte sich mühsam auf und zog sich an. Seit zwei Monaten waren Susana und er nun unterwegs und suchten nach den Familien der Opfer seines Vaters. Viele fanden sie nicht, da Karl wohl darauf geachtet hatte, dass die Opfer keine Familien hatten, zumindest die meisten. Sie waren Weisen gewesen, Ausreißerinnen oder Frauen mit wenig sozialen Kontakten. Sie hatten es Karl Ludwig leicht gemacht, wenn er sie umgarnte. Viel zu leicht ...

Andreas war lange Zeit sehr wütend gewesen, doch nun fühlte er sich einfach nur noch müde und leer. Er wollte die Erinnerungen seines Vaters loswerden, erneut so naiv sein wie damals, als er noch dachte, sein Vater wäre nur ein strenger Chefermittler.

Susana kam zurück und hielt ihm einen Blutbeutel unter die Nase. Andreas verzog das Gesicht. Weder die Farbe, noch der Geruch war ansprechend. Er wollte etwas anderes, aber das gönnte er sich nicht. Es durfte nicht soweit kommen, dass er auf Menschenjagd ging. Er war nicht, wie sein Vater! Keins dieser Monster, die irgendwelchen Fremden den Hals aufrissen.

»Schon wieder dieser Ekel vor Blut?«, flüsterte sie und Andy nickte.

Anfangs hatte er es auf das Gift geschoben, dass er gerade so überlebte, doch mittlerweile war das nicht mehr wahrscheinlich. Es musste also an etwas anderem liegen. Aber was konnte es nur sein? Ob es an den Erinnerungen seines Vaters lag?

»Das scheint psychosomatisch zu sein. Irgendetwas bringt dich dazu, Blut abzulehnen. Aber du musst trinken, um bei Kräften zu bleiben. Es geht nicht anders.«

Andreas griff nach dem Beutel und versuchte hinein zu beißen, doch sofort begann er zu würgen. Die Übelkeit schüttelte seinen Körper. Susana beobachtete ihn dabei und kam anscheinend zu dem Entschluss, dass die Aktion nichts bringen würde. Sie ging und kam mit einem Koffer zurück. Andreas hatte keine Ahnung, was sich darin befand, aber er war beruhigt, dass sie nicht versuchte, ihn mit ihrem Blut zu nähren. Es wäre zu verführerisch für ihn gewesen, noch einmal über Susi herzufallen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.

»Leg dich hin«, befahl sie Andy, der ihr artig gehorchte. »Wenn du kein Blut trinken kannst, muss es anders in deinen Kreislauf.«

Susana öffnete den Koffer und holte Spritzen und Schläuche daraus hervor. Andy runzelte die Stirn, als sie mit der Hand nach seinem Arm griff. Er bekam eine Gänsehaut bei dieser Berührung.

»Ich verpasse dir nur eine Infusion. Das hätten wir schon viel früher machen können, aber es ist eine viel langsamere Methode und nicht so effektiv wie das Bluttrinken«, erklärte Susi und er versuchte, sich zu entspannen.

Seit des Angriffs seines Vaters auf ihn, reagierte Andreas panisch auf Spritzen. Susana wusste das, weshalb sie diesen Vorschlag erst jetzt machte. Vermutlich war es die letzte Lösung, die sie hatte und nun war es wohl soweit. Andreas lehnte sich zurück und schloss die Augen. Es würde ihm hoffentlich leichter fallen, wenn er ihr nicht dabei zusah. Susana tastete vorsichtig seinen Arm ab und stach zaghaft hinein. Sie schien die Vene verfehlt zu haben, denn es brannte höllisch!

»Entschuldige«, hauchte sie, als er das Gesicht verzog. »Ich habe nun einmal nicht oft mit lebenden Patienten zu tun. Ich mag mein kleines und steriles Labor.«

»Es bringt ja nichts. Mach weiter«, knurrte er und versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, während Susi den nächsten Stich wagte.

›Ganz ruhig, gleich wird es besser‹, ging es ihm durch den Kopf und er schluckte. Das waren ähnliche Worte, die auch sein Vater verwendet hatte. Sein Körper erzitterte und er drehte sich von Susi weg. Er würgte.

»Oh Gott! Warte!«, hörte er Susana und sie bewegte sich hektisch, um den Eimer zu holen, in den er sich auch kurz darauf erbrach. Er fühlte sich so elend.

2

Verdammt nochmal, Jessica! Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du nicht einfach so losziehen kannst? Du gerätst irgendwann in große Schwierigkeiten!«, keifte ihr Boss mal wieder und Jessica starrte abwesend ins Leere.

Sie konnte überhaupt nicht verstehen, warum Frank sich so aufregte. Sie hatte drei Drogendealer hochgenommen, verdammt nochmal! Er sollte ihr eigentlich dankbar sein und ihr väterlich auf die Schulter klopfen, statt zu zetern wie ein altes Waschweib. Um in diesem Moment kein falsches Wort zu sagen dachte sie über Namen nach.

›A wie Anton, B wie Bernhard, C wie Christian‹, ging sie gedanklich die Liste durch. Es war ein Spiel, das sie bereits als Kind gespielt hatte. Jess machte das abwechselnd mal mit Namen, mal mit Städten oder irgendwelchen Themen, ganz nach Lust und Laune.

»Ich glaube, es ist wohl das Beste, du gehst nach Hause und bleibst da erst einmal für mindestens eine Woche!«, rissen Franks geknurrte Worte Jessica aus den Gedanken und sie starrte ihren Chef geschockt an.

»Nach Hause fahren? Das ist nicht dein Ernst, oder? Ich habe drei Dealer geschnappt! Sie werden hinter Gittern landen und keinen Schaden mehr anrichten.«

Die Ader an Franks Schläfe war bedrohlich angeschwollen, im Grunde ein eindeutiges Zeichen, ihn besser nicht mehr weiter zu reizen, doch Jess überging es wütend. Sie hatte keine Lust mehr, ständig wie ein kleines Mädchen behandelt zu werden, egal, wer dieser Typ da vor ihr auch war! Allerdings kam sie nicht zu Wort, denn Frank hatte sich nun in Rage geredet und es sah nicht so aus, als wäre in den nächsten Minuten Schluss damit.

»Du hast echt keine Ahnung, oder? Das hätte dich mehr als nur den Job kosten können! Bist du denn so lebensmüde, dass du es nicht einmal mehr merkst, wenn du es aufs Spiel setzt?«, knurrte ihr Boss und Jessica zuckte nur mit den Schultern. Sie war ihrer Meinung nach nie wirklich in Gefahr gewesen. »Es reicht! Fahr nach Hause! Ich will dich die restliche Woche nicht mehr auf dem Revier sehen, sonst schmeiß ich dich raus!«

Jess hätte ihm nur allzu gern die Meinung gesagt, allerdings war Frank der Einzige, der seit Jahren zu ihr hielt, auch wenn es mal brenzlig wurde. Vielleicht war sie ja doch ein wenig über das Ziel hinaus geschossen, so wie er jetzt ausflippte.

»Raus jetzt!«, platzte es abermals aus ihm heraus und Jessica stand auf. Sie bewegte sich hastig in Richtung Tür. »Und Jessica?«

Sie drehte sich noch einmal zu Frank um, der nun einen besorgten Gesichtsausdruck zeigte und ein Seufzen hören ließ.

»Ja?«

»Dein Vater wäre gar nicht glücklich, wenn er wüsste, dass du so leichtsinnig bist«, ermahnte ihr Boss sie. Das war jedoch definitiv der falsche Ansatz!

»Tja, das werde ich wohl nie rausfinden, oder? Er ist schließlich abgehauen und hat mich nach dem Tod meiner Mutter allein gelassen«, fauchte Jessica und schritt eilig durch die Tür nach draußen, nur um diese danach hinter sich zuzuknallen.

Einige Köpfe wandten sich zu ihr um, aber Jess ignorierte sie. Das Revier war immer voller Menschen und es herrschte stets eine unruhige Stimmung.

Jessica mochte den normalen Revieralltag nicht. Sie war viel lieber in der Nacht unterwegs. Allein. Seit dem Tod ihrer besten Freundin vor Jahren waren ihr andere Menschen zuwider. Christine hatte das Getümmel der Großstadt geliebt und immer gesagt, dass man in dieser Stadt nicht alt werden konnte. Leider hatte sie Recht behalten: Sie war nicht alt geworden.

Jess dachte an Christine und spürte dieses beklemmende Gefühl in der Brust. Sie hatte ihre Freundin damals gefunden, weggeworfen wie Müll. Es war eine der schrecklichsten Nächte ihres Lebens gewesen.

›Denk nicht mehr daran!‹, ermahnte sie sich selbst und schüttelte gedankenverloren den Kopf. ›Du wirst dadurch nur wieder todessüchtig. Das ist einfach nicht der richtige Weg.‹

Sie stieg in die nächste Straßenbahn und machte sich auf den Weg nach Hause. In dieser Stadt war Autofahren unnötig. Man kam besser mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Ziel. Während Jess so dasaß, dachte sie an Frank und dessen Reaktion. Vielleicht hatte er ja Recht und sie brauchte wirklich eine Woche Auszeit. Schaden konnte es zumindest nicht.

»Hallo Jessica! Schon Feierabend?«, begrüßte ihre Nachbarin, Frau Kamps, sie und Jess erwiderte den Gruß lächelnd.

»Ja, heute war es eine lange Nacht. Habe mir jetzt ein paar freie Tage verdient.« Sie blieb stets freundlich und sah nur, wie Frau Kamps nickte, ehe sie die Tür aufschloss und im Hausflur verschwand.

Die ältere Dame war anfangs recht begeistert gewesen, dass eine Polizistin in die Wohnung neben ihre gezogen war, obwohl sie es schade fand, dass Jessica keine schicke Uniform trug. Als Zivilfahnderin war es nun einmal nötig, den Schein zu wahren und nicht aufzufallen. Das mochte sie an ihrem Leben, denn so konnte sie wenigstens so tun, als wäre sie glücklich und zufrieden.

In der Wohnung zog Jess erst einmal alle Vorhänge zu und genoss die einhüllende Dunkelheit. Tageslicht war zu grell und tat ihr in den Augen weh. Ihre Stimmung schrie förmlich nach Kerzenlicht und sie griff nach den Streichhölzern auf dem Wohnzimmertisch. Neben der Kerze lag die Fernbedienung zur Musikanlage und sie drückte auf den Play-Knopf. Eine sanfte Melodie drang aus den Lautsprechern und Jessica ließ sich seufzend auf dem Sofa nieder.

Ihr Handy vibrierte und brummte eigenartig auf dem Laminatboden. Es war eine Nachricht. Einer der Jungs aus dem Jugendzentrum fragte, ob sie heute nicht vorbeischauen wollte. Sie schrieb zurück, dass sie andere Verpflichtungen hätte, allerdings am nächsten Tag wieder da wäre.

Die Jugendlichen aus dem Zentrum hielten sie für eine Streetworkerin, die zwar ständig nervige Fragen stellte, mit der man jedoch auch sehr viel Spaß haben konnte. Sie mochten Jess und sie hing ebenfalls mit dem Herzen an diesen meist unverstandenen Kids. Vielleicht lag es daran, dass Jessica genau wusste, was in diesen Jugendlichen vorging. Ihre Kindheit war mit einem Vorzeigepolizisten als Vater, der nur in den Himmel gelobt worden war, auch kein Zuckerschlecken gewesen. Nichts konnte sie richtig machen und niemand verstand, wie schlecht es ihr ging. Im Schatten dieses Mannes konnte man nur verlieren.

Klemens Menger war genau die Art von Person, die Jessica verachtete. Klar, er war ein guter Polizist gewesen, doch all die pingelig genau befolgten Regeln waren für seine Familie wie die Hölle gewesen. Der Tod von Jess´ Mutter war die Folge daraus, denn sie war nicht damit zurechtgekommen, dass er nicht einmal den kleinsten Fehler hatte zulassen können. Die Erinnerungen holten Jessica erneut ein. Die heiße Schokolade, die Jessica eines Tages von ihrer Mutter bekommen hatte. Jess war fünf Jahre alt gewesen, als dies geschehen war.

»Wir werden an einen besseren Ort gehen, ohne deinen Vater.« Ja, das waren ihre Worte gewesen.

Jessica war plötzlich sehr schläfrig geworden und erst Stunden später wachte sie im Krankenhaus wieder auf. Jahre später hatte Jessica herausgefunden, was an diesem Abend wirklich passiert war: Ihre Mutter und das Schlafmittel im Kakao. Sie hatte sich mit ihr zusammen in die Küche vor den Gasherd gelegt und darauf gewartet zu sterben. Ihre Mutter hatte es tatsächlich geschafft, Jessica jedoch war von ihrem Vater gerettet worden. Insgeheim war das Bedauern jahrelang noch groß gewesen. Ihre Mutter war entkommen.

›Du bist heute ja richtig gut drauf‹, dachte sich Jess und schenkte Rotwein in ein Glas. »Auf das Leben!«

Sie prostete dem Bild ihrer Mutter und dem Christines zu, die sie wie eine Art Altar im Wohnzimmer aufgereiht hatte, und beschloss dann, sich einfach mal volllaufen zu lassen. Schlimmer konnte es schließlich nicht werden.

3

Geht es dir jetzt besser?«, fragte Susana Andy und er öffnete die Augen. Er nickte. Die drei verabreichten Blutbeutel hatten ihm wirklich gutgetan. Susana lächelte beruhigt. Sie hatten endlich eine effektive Möglichkeit gefunden, ihm das nötige Blut einzuflößen, auch wenn es länger dauerte.

»Ich muss in die Stadt, noch ein paar Sachen besorgen. Brauchst du irgendetwas?«

»Nein, ist okay. Ich brauche nichts«, raunte er und setzte sich auf. Er fühlte sich noch immer unwohl in seiner Haut und Susana hätte nur allzu gern erfahren, was er in der Nacht geträumt hatte. Sie konnte leider nur seinen körperlichen Zustand erspüren.

Susana strahlte ihn an und versprach, bald zurück zu sein. Ehe sie ihn jedoch verließ, musste sie unbedingt noch die neuesten Neuigkeiten loswerden.

»Ich habe übrigens bei Robert angerufen. Er war nicht zu Hause, aber Evelyn hat mit mir eine Weile telefoniert. Stell dir vor: Robert ist seit zwei Monaten Chefermittler. Er hat die Stelle und das dazugehörende Chaos übernommen und scheint es sehr gut zu meistern«, erzählte Susana, während sie in die Jacke schlüpfte. Es war zwar nicht allzu kalt draußen, aber sie fühlte sich mit Jacke wesentlich sicherer. »Also bis gleich. Grüble nicht zu viel. Du wirst die Welt nicht heilen können, egal wie sehr du dich bemühst.«

Susana wartete nicht ab, bis Andreas eine Reaktion zeigte, sondern marschierte schnurstracks auf die Tür zu und hindurch. Sie hatte keine Lust auf Diskussionen oder Ausreden. Natürlich fühlte er sich schlecht wegen den Taten seines Vaters, doch schließlich war nicht er derjenige, der diesen Frauen das angetan hatte. Das musste er begreifen. Hoffentlich geschah das in den nächsten Tagen, denn sonst würde er es allein mit sich ausmachen müssen und davor hatte sie jetzt schon Angst.

Susana musste unbedingt ein Paket von der Post abholen und sich danach an die Arbeit machen. Eine neue Grippe schien im Umlauf zu sein, fast so ansteckend wie die Krankheit damals. Sie verlor sich kurz in Erinnerungen an die früheren Zeiten, riss sich allerdings davon los. Die Menschheit wusste mittlerweile viel über Viren und Bakterien, dass keine Seuche mehr so wüten konnte, wie in den vergangen Jahrhunderten. Sie dachte an die Seuche, die die ursprüngliche Vampirrasse geschaffen hatte. Susana beschloss, die wenigen Straßen zur Post zu laufen und danach im Wagen zum Labor zu fahren, das sie nutzen konnte, wenn sie nicht zu Hause arbeitete. Hoffentlich waren die nervigen Kollegen nicht anwesend. Susana mochte deren Gefühle nicht, denn der Neid und die Missgunst konnte sie ständig spüren. Wieso waren die Normalsterblichen nicht in der Lage hinzunehmen, dass mal jemand besser war als sie? So schwer konnte das doch nicht sein!

»Guten Tag! Was kann ich für Sie tun?« Der Mann am Schalter lächelte sie an und Susana konnte spüren, dass er auf einen Flirt aus war. Gegen dieses Gefühl hatte sie nichts einzuwenden. Es war angenehm.

»Hallo. Ich soll hier ein Päckchen abholen.« Sie reichte ihm den Abholschein und erwiderte das Lächeln.

Der Typ war süß und wieso sollte sie nicht etwas Spaß haben? Während er Susanas Paket suchte, beobachtete sie den Mann genau. Es machte ihn offensichtlich nervös, ihren Blick auf sich zu spüren. Als er schlussendlich mit einem kleinen Paket zurückkam, war er recht verlegen. Der Junge hätte eine Portion Selbstbewusstsein gut vertragen können, aber dafür hatte Susana leider keine Zeit. Sie musste zurück und sich erst um den Job und danach um Andreas kümmern. Vielleicht ja ein anderes Mal.

»Dankeschön«, verabschiedete sie sich. »Auf bald.«

Die Augen des Mannes blickten hoffnungsvoll, obwohl Susana nicht den geringsten Zweifel daran hatte, dass er sofort die nächste Kundin anbaggern würde.

Auf dem Weg zum Wagen betrachtete sie das kleine Paket und stellte fest, dass ihr der Absender unbekannt war. Die Proben waren wohl nicht von dem Labor aus Oxford geschickt worden, sondern irgendwo aus Frankreich gekommen. Das war bis jetzt noch nie geschehen. Der Professor am Telefon hatte ihr allerdings gesagt, es wäre dringend und wollte wissen, ob sie sofort anfangen konnte, also hatte sie zugesagt.

Susana spielte in der Jackentasche mit den Schlüsseln des Labors. Natürlich hätte sie auch das städtische Labor nutzen können, das war jedoch nicht so modern eingerichtet, wie sie es gern hatte. Sie nahm die Fahrt von 25 Kilometern gern in Kauf, um mit anständigem Equipment zu arbeiten. Manche Sachen waren es einfach wert, dass man ihnen eine hohe Priorität einräumte.

Der Volvo stand dort, wo Andreas ihn am Tag zuvor abgestellt hatte. Solange sie gemeinsam unterwegs waren, hatten sie entschieden, dass ein Auto reichen würde. Dieses Abenteuer wäre in den nächsten Tagen vorbei. Susana musste in den Alltag zurückkehren, auch wenn sie zugeben musste, dass sie Andys Gesellschaft genossen hatte, zumindest die meiste Zeit.

Sie dachte an ihr sexuelles Erlebnis mit ihm. Es hätte schöner sein können, aber es war leidenschaftlich gewesen. Sein Durst und die Blutgier waren auf sie übergegangen und hatten sie beide in den Bann gezogen. Susana dachte an Andreas. Er und Robert waren oft komplett unterschiedlich im Wesen, aber hier waren sich die beiden einig. Diese Dominanz hatte ihr gefallen.

Vielleicht sollte sie Andy am Abend überraschen und ihn mit etwas Selbstgekochtem verwöhnen. Seinen Kräften würde es nicht schaden und eventuell konnten sie danach einen zweiten Versuch starten. Mit etwas Glück gab es noch Hoffnung für sie beide.

Sie startete den Motor des Volvos und dachte noch, wie albern es doch wäre, sollten sie es nicht schaffen, eine vernünftige Beziehung zu haben, als sie das verräterische Klicken vernahm. Susana legte die Hand auf den Türgriff, doch es war bereits zu spät: Der Wagen flog in die Luft und die Explosion hinterließ nur verbranntes Fleisch, Trümmer und Asche.

4

Das laute Donnergrollen nahm Andreas im Zimmer wahr und stürzte sogleich auf die Straße. Das Geräusch versprach nichts Gutes und Andys größte Angst schien bestätigt zu werden. Überall flogen Trümmerteile von Susanas Volvo herum und ein Geruch von Sprengstoff und verbranntem Fleisch lag in der Luft. An der Fassade klebte Blut und Stücke des Wagens hatten sich tief in den Stein gegraben. Ihm wurde schlecht und seine Beine quittierten ihm den Dienst. Er ließ sich auf der Erde nieder. Seine Finger gruben sich in den Stein des Sockels. Schmerz zog sein Herz zusammen.

Die Explosion hatte den Fahrersitz und die Person darauf komplett zerfetzt. Es gab nicht die geringsten Überlebenschancen. Susana musste sofort tot gewesen sein. Andreas sprang auf, lief zu einer Mülltonne und übergab sich dort. Er wollte den Tatort nicht verunreinigen, auch, wenn er sich sicher war, dass die Spurensicherung nichts finden würde und auch die Vampirermittler nicht.

Andreas starrte auf die Erde, die ebenfalls rot gesprenkelt zu sein schien. Susanas Blut.

Der Flashback kam so schnell, dass er nach Luft schnappte. Er sah eine junge Frau, die sich vor ihm im Takt der Musik wiegte. Sie gefiel ihm, aber leider gab es daran einen Haken: Sie war zu neugierig und musste daher sterben.

»Du bist so groß und stark. Mir war gleich klar, dass du etwas Besonderes bist«, hauchte sie und rieb sich an seinem Körper.

Sein Schwanz wurde hart und drängte gegen die Anzughose. Er würde sich vorher etwas Spaß gönnen, ehe er ihr die Kehle aufriss.

»Ich muss mich nähren«, knurrte er und sie lächelte. Sie machte ein paar Schritte nach hinten und lehnte sich gegen die Hauswand. Sein Mädchen nestelte an ihrem Kleid und ließ dieses auf einmal zur Erde fallen. Splitternackt stand sie da in den Highheels und sah zum Anbeißen aus.

»Ich gehöre ganz dir«, säuselte sie und er griff zu.

Kraftvoll hielte er sie am Hals fest, während er sich zwischen ihre Schenkel drängte. Er würde ihr zeigen, wie viel Energie er hatte, wie sehr sie ihm gehörte. Er war der Herr über ihren Körper, ihrer Seele und ihrem Leben. Seine Fänge schossen aus dem Fleisch und dieser Schmerz törnte ihn noch mehr an. Grob drang er in sie ein und pumpte, bis er zum erlösenden Orgasmus kam.

»Oh Gott! Ja!«, stöhnte seine Marionette und legte den Kopf zur Seite, um ihm einen besseren Zugang zu ermöglichen.

Ihr Blut schmeckte süß. Sie hatte sich an seinen Ernährungsplan gehalten. Dafür müsste er sie eigentlich am Leben lassen. Ein so braves Mädchen hatte er noch nie besessen. Ihr Körper erzitterte, als sie zum Höhepunkt kam. Danach wurde sie matt und die Beine gaben nach.

›Dafür, dass du so brav warst, wirst du nicht leiden müssen‹, ging es ihm durch den Kopf und er verschloss die Wunden an ihrem Hals.

Zärtlich strich er über die nun verheilende Stelle. Seine süße Marionette.

»Es fühlt sich nach einem Abschied an«, flüsterte sie plötzlich und er nickte, ehe er ihr das Genick brach.

Ihre Miene zeigte noch immer die Traurigkeit, die er in der Stimme seines Mädchens gehört hatte, aber jetzt war sie nicht mehr da. Sie war tot, hatte diese Hülle verlassen und stellte nur noch Futter für die Geier dar.

Jemand legte ihm eine Hand auf die Schulter und Andreas drehte sich um, bereit, den Störenfried anzugreifen. Evelyns grüne Augen starrten ihn entsetzt an und eine kleine Druckwelle wehrte seine Faustattacke ab.

»Oh Gott! Evelyn? Was machst du hier?« Er wusste, dass die Frage unfreundlich rüberkam, doch seine Stimmung war gerade nicht die beste und der Flashback vibrierte noch immer durch seine Sinne.

»Ich sollte vorbei kommen. Susana wollte es, da du sonst zu lang allein gewesen wärst«, flüsterte Evelyn und blickte dann auf das, was von Susanas Wagen übriggeblieben war. »Oh Gott! War sie da drin?«

Andreas nickte und spürte, wie ihm erneut die Beine nachgaben. Er hatte Susana in den letzten Tagen so gut kennengelernt, wie schon lange eine Frau nicht mehr. Sie war zur Freundin geworden und es hatte sogar Chancen auf mehr gegeben. Jetzt war von dieser Freundin nichts mehr übrig. Ihr Körper zerstört, ihre wundervolle Seele dahin. Er spürte, wie ihm Tränen die Wangen hinab liefen. Sie war tot und es war seine Schuld!

Evelyn zückte ihr Handy, überlegte kurz und rief in der Ermittlerzentrale an. Robert schien sie nichts sagen zu wollen, denn sie klärte alles im Hintergrund, während sich Polizei und Schaulustige allmählich näherten. Evelyn legte erneut die Hand auf seine Schulter und er blickte zu ihr auf. Ihre grünen Augen betrachteten Andy nicht, wie sie es sollten. Er hatte Wut oder Schmerz erwartet, doch sie zeigten Sorge. Sorge um ihn.

»Robert reagiert genau wie du. Er würde ebenfalls die Schuld bei sich suchen, aber das bringt nichts. Los, du gehst jetzt und holst deine Sachen. Du bleibst auf keinen Fall hier«, klang Evelyn so sehr nach einer Mutter, dass er nichts dagegen sagte, sondern sich nur zum Kofferpacken aufmachte.

Evelyn wollte unten bleiben und auf den angeforderten Ermittler warten, doch Andreas bat sie in die Wohnung. Der Gedanke, Evelyn an einem unbewachten Tatort zu lassen, an dem eventuell noch der Täter lauern konnte, ließ ihn unruhig werden. Sie war eine Frau wie seine Mutter, viel zu kostbar, um ohne Schutz zu bleiben.

Schutz. Diesen hätte er Susana zuteilwerden lassen müssen. Sie war nicht mehr am Leben, weil er nicht auf sie aufgepasst hatte. Wut und Verzweiflung stiegen erneut in Andreas auf und er überlegte, wie er diese möglichst schnell loswerden konnte. Sein Körper zitterte.

»Alles okay?«, hörte er Evelyns Stimme und schlug einen Moment später mit großer Wucht gegen die Zimmerwand, die nachgab und sich verformte.

Der Schmerz half dabei, seine Gefühle in den Griff zu bekommen, und er sah Evelyn an, die ins Zimmer gestürmt kam und ihn erneut besorgt anstarrte. Der Schock über diesen schrecklichen Laut schien tief zu sitzen.

»Ich brauche einen Moment allein«, keuchte er und Evelyn erwiderte zaghaft, sie würde im Flur auf ihn warten.

Andreas atmete tief durch, musste seine Nerven sammeln. Es war so schwer mit all diesen quälenden Emotionen in sich.

Um Evelyn nicht allzu lang allein zu lassen, warf er seine Kleidung in den Rucksack, den er nun zwei Monate lang mit sich herum geschleppt hatte, und betrachtete noch einen Moment lang das Zimmer. Es war erst eine Stunde her, als Susana noch gesund und munter bei ihm gesessen war. Andreas´ Gefühle spielten erneut verrückt und er beschloss, diese zu verdrängen. Er würde denjenigen finden, der Susana auf dem Gewissen hatte! Er würde ihn umbringen! Qualvoll ... Der Söldner würde sich wünschen, niemals auch nur den Gedanken an diese Autobombe gehabt zu haben. Andreas war sich sicher, dass es der Söldner getan hatte. Der Anschlag trug dessen Handschrift. Allein das Opfer hätte Andy sein sollen, nicht Susana. Sie hatte nur das Pech gehabt, in die Schusslinie zu geraten.

Geräusche drangen aus dem Flur. Jemand war gekommen und sprach mit Evelyn. Der Ton schien geschäftsmäßig zu sein und kam Andreas unbekannt vor. Egal wer da war, Andy hatte noch nie mit ihm zu tun gehabt.

»Danke, Marco! Das wäre dann alles. Ich kümmere mich um Andreas Ludwig.« Evelyn schickte den Ermittler gerade weg, als Andreas aus dem Zimmer trat. Sie lächelte Andy an. »Da bist du ja! Können wir?«

»Wohin?«

»Ich lasse mir etwas einfallen.« Evelyn bedeutete ihm, ihr zu folgen, und schritt zielgerichtet auf einen kleinen Sportwagen zu. »Dein Rucksack kommt in den Kofferraum.«

Andreas wusste noch nicht, ob es klug war, die Familie Terrin in diese Sache hinein zu ziehen, aber Evelyn war eine Frau, die niemals aufgab und keinen Widerspruch duldete. Außerdem waren die Terrins eine der mächtigsten Familien des Vampirrats und jeder kannte sie. Wenn ihm also jemand helfen konnte, dann waren sie es.

5

Jessica öffnete die Augen und seufzte gequält. Sie hatte einen Mords Schädel! Der Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es halb elf Uhr in der Nacht war. Sie hatte tatsächlich den ganzen Tag verschlafen.

Das Vibrieren des Handys hatte sie geweckt. Einer der Jungs war mal wieder in Schwierigkeiten. Simon der kleine Ausreißer, der sich den Lebensunterhalt mit Diebstählen und kleinen Botengängen für andere Kriminelle verdiente, war Jess mittlerweile wichtig geworden. Leider geriet er seit Monaten ständig in Schwierigkeiten und Jessica machte sich erneut auf, um ihm zu Hilfe zu kommen.

In der Nachricht stand, Simon wäre im Jugendzentrum und Jessica war bereits eine viertel Stunde später dort, da es nicht sehr weit von ihrer Wohnung entfernt lag. Im Gebäude brannte kein Licht und keine Menschenseele war weit und breit zu sehen. Sie schritt auf die Türen zu und rüttelte daran. Sie waren verschlossen. Es gab noch einen Hintereingang zum Zentrum und Jessica hoffte, dass Simon dort zu finden sein würde. Was hatte er nur wieder ausgefressen? So, wie sich die Nachricht gelesen hatte, musste es etwas Schwerwiegendes gewesen sein und Jess wurde schon unruhig, was es sein konnte. Wenn der Junge sich weiterhin in solche Gefahren begab, würde es irgendwann schlecht mit ihm enden. Stirnrunzelnd erkannte Jessica die Ironie an der Geschichte, denn schließlich ging es ihrem Chef Frank ebenso mit ihr.

»Simon?«, flüsterte sie und sah sich um. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Ihre Sinne blieben angespannt und die Haut im Nacken kribbelte, wie sie es immer tat, wenn etwas in der Luft lag. »Simon, bist du hier?«

Der Hinterhof war normalerweise ein freundlicher Ort mit zwei Bänken zum Hinsetzen und Bäumen, die im Sommer Schatten spendeten. Doch in dieser Nacht kam er Jessica unheimlich vor, jeder Schatten wirkte bedrohlich. Hektisch lief sie umher und suchte den Jungen. Ein Rascheln kam aus den Büschen rund um den Hof und ein Gefühl von Panik stieg in Jess auf. Wo war Simon, verdammt nochmal?

»Jess? Wo bist du?«, ächzte jemand und Jessica eilte auf eine der Parkbänke zu, von der aus die Stimme gekommen war.

Simon sah fürchterlich mitgenommen aus. Egal, wen er verärgert hatte, er hätte es besser lassen sollen. Seine Augen waren dick zugeschwollen, sein Körper grün und blau geschlagen. Er röchelte und hielt sich den Bauch, als wäre er getreten worden. Hatte man dabei die Rippen erwischt?

»Scheiße! Was ist passiert? Bist du okay? Wer war das?«, brachte Jessica aufgebracht heraus, aber Simon schwieg. Er würde niemanden verraten, egal wie schlimm es für ihn auch aussah. »Komm, ich bring dich erstmal ins Krankenhaus. Wir müssen sichergehen, dass du keine inneren Verletzungen hast.«

Er ächzte schmerzerfüllt, als sie ihn vorsichtig auf die Beine zog und Jess schob sich unter einen seiner Arme, um ihn zu stützen. Simon atmete erneut rasselnd ein und Jessica schaffte es gerade so, ihn bis zum Wagen des Jugendzentrums zu tragen, ehe er das Bewusstsein verlor.

»Junge, bist du schwer, wenn du nicht mithilfst«, keuchte Jessica, als ihr plötzlich die Last von Simons Körper abgenommen wurde. Sie erstarrte.

Ein Mann hatte sich lautlos neben sie begeben und sich ebenfalls unter Simons andere Schulter geschoben.

»Ich dachte mir, dass Sie etwas Hilfe gebrauchen könnten«, sagte er in freundlichem Brummton und Jessica entspannte sich. Er war kein böser Typ, erinnerte mehr an einen ehemaligen Polizisten oder Soldaten. Sie erkannte solche Kerle sofort.

»Danke«, brachte sie keuchend heraus und spürte die Anspannung weichen. Leider kamen sogleich die Kopfschmerzen zurück.

Um sich abzulenken, betrachtete sie den Neuankömmling eingehend. Er war groß und stattlich gebaut mit breiten Schultern und wirkte wie ein Mann, der stets alles unter Kontrolle hatte. Seine Bewegungen kamen ihr sehr selbstsicher vor. Er half Simon erst in den Wagen und danach in die Notaufnahme. Selbst, als Simon schon in der Obhut der Ärzte war, wartete er mit Jessica im Flur, während der Junge untersucht wurde. Seine grün-grauen Augen studierten Jess, die davon eine Gänsehaut bekam. Was hatte der Typ nur an sich?

»Danke nochmal für die Hilfe, Herr ...« Sie wartete darauf, dass er sich vorstellte, was er auch mit einem Lächeln tat.

»Allerton. Robert Allerton. Freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen, Jessica Menger.« Er deutete eine Verbeugung an und Jess klappte die Kinnlade herunter.

»Woher wissen Sie, wer ich bin?«

»Ich wollte Ihnen eigentlich persönlich mitteilen, dass Sie in einer Woche einen neuen Partner zugeteilt bekommen. Frank und ich würden es beide begrüßen. Sie waren nicht zu Hause und da war Ihre Nachbarin so freundlich und sagte mir, Sie wären mehr im Jugendzentrum, als in der Wohnung. Und als ich Sie eben sah, mühten Sie sich bereits mit diesem Jungen ab«, erklärte er und Jessica wurde ruhiger.

Sie hatte den Namen Robert Allerton schon oft gehört in der letzten Zeit. Er war einer dieser Spezialkommandotypen, die immer dann auftauchten, wenn es merkwürdig wurde. Meist ging es um verschwundene Frauen, seltsame Todesfälle und unerklärliche Phänomene. Jetzt, da sie diesen Typen neben sich sitzen sah, wirkte er nicht eigenartig.

Robert Allerton schien im Grunde ganz normal zu sein, auch wenn Jessica es schon seltsam fand, dass er extra in die Stadt gekommen war, um ihr einen neuen Partner zuzuteilen. Er beobachtete sie weiter lächelnd und als sie fragte, wieso er dies tat, antwortete er:

»Frank sagte mir, Sie würden ausflippen. Das wollte ich unbedingt live erleben. Ich habe schon sehr viel von Ihnen gelesen.«

»Ich glaube, das hole ich später nach, wenn ich sicher bin, dass Simon nichts Ernstes fehlt. Und ich hoffe auch, dass es nichts allzu Schlimmes ist, das Sie gelesen haben.«

Der Mann zwinkerte ihr zu und verabschiedete sich kurz darauf von ihr, jedoch nicht ohne ihr vorher seine Visitenkarte in die Hand zu drücken.