Pimp My Friend II - Kai-Uwe Wedel - E-Book

Pimp My Friend II E-Book

Kai-Uwe Wedel

0,0

Beschreibung

Kai-Uwe Wedel setzt mit einem weiteren raffinierten Kriminaldrama die Geschichte von der jungen Kosovarin Jana fort. Er hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht und ist zudem auch als Schauspieler aus vielen Web-Serien und TV-Filmen in Schleswig-Holstein bekannt. Darüber hinaus konnte er als Filmemacher seine Fans mit der spannenden Krimifarce "Die Tote im Unterholz" begeistern. Das Drehbuch zum Film schrieb er selbst und die Hauptrolle übernahm er ebenfalls. Der Krimi lief 2015 erfolgreich in einigen ausgewählten Programmkinos. Schreiben ist dennoch eine Passion und ein besonderes Talent, dem er sich gerne widmet, wenn er nicht gerade für ein Filmprojekt vor der Kamera steht.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 167

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Das Buch

Shaddow sitzt seit mehr als einem Jahr in Fuhlsbüttel im Knast und sinnt nach Rache. Er schmiedet einen ausgeklügelten Plan, um aus Santa-Fu herauszukommen. Marco und Jana haben die Geschichte mit dem berüchtigten Luden vom Kiez erfolgreich verdrängt, als Jana im Schanzenpark von einem Polizist beim Kiffen erwischt wird. Der nimmt sie mit aufs Revier und steckt Jana in eine Arrestzelle. Marco ist verzweifelt und versucht sie mit einem Anwalt herauszuholen. Das ist für beide der Auftakt zu einer schicksalhaften Begegnung mit Shaddow und seinen Bodyguards Lutscher und Beule, die sie gezwungenermaßen immer tiefer mit in den Sumpf des Verbrechens hinabziehen.

Der Autor

Kai-Uwe Wedel setzt mit einem weiteren raffinierten Krimi die Geschichte von der Kosovarin Jana fort. Er hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht und ist zudem auch als Schauspieler aus diversen Web-Serien und TV-Filmen in Schleswig-Holstein bekannt. Gleichzeitig hat er auch schon als Filmemacher seine Fans mit der Krimi-Farce „Die Tote im Unterholz“ begeistert. Das Drehbuch zum Film schrieb er selbst und die Hauptrolle spielte er ebenfalls. Der Krimi lief 2015 erfolgreich in einigen ausgewählten Programm-Kinos. Schreiben ist dennoch eine Passion und ein besonderes Talent, dem er sich gerne widmet, wenn er nicht gerade für ein Filmprojekt vor der Kamera steht.

Das Leben treibt wie eine Nussschale auf dem Meer des Schicksals. Ohne einen Kompass wie die Liebe, verirrt sich der Mensch in den Wogen der Gezeiten.

Anmerkung des Autors

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

PROLOG

Santa Fu war kein Ort der Kontemplation, obwohl die Zellen um die Jahrhundertwende durchaus mit Bußkammern in manch einem Kloster vergleichbar gewesen wären. Als in Hamburg Fuhlsbüttel 1906 das Zentralgefängnis eröffnet wurde, herrschten dort allerdings härtere Sitten. Die Häftlinge durften nur in Ketten alle vier Wochen in der Alster baden. Zum Essen gab es Suppe aus dem Blechnapf und bestenfalls eine Scheibe Trockenbrot.

Shaddow kannte sich zwar nicht in Geschichte aus, aber er wusste zumindest, dass sich die Insassen in dem Knast Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts noch im tiefsten Mittelalter befanden.

Seitdem waren mehr als hundert Jahre vergangen. Man hatte die Justizvollzugsanstalt, worin er seine Strafe absaß, mit drei weiteren Blöcken vergrößert und kreuzförmig an das Zentralgefängnis angebaut.

Er lag in seiner Zelle auf der Pritsche und dachte an die Kosovarin Jana, deren Aussage vor Gericht ihn hierher gebracht hatte.

Sie verriet in seinem Prozess dem Staatsanwalt in allen Einzelheiten, wie man sie unter Vorspiegelung alternativer Tatsachen über einen Mittelsmann nach Hamburg gelockt hatte. Der konnte ihr glaubhaft versprechen, als Modell sündhaft teure Klamotten für ein renommiertes Modelabel auf dem Laufsteg präsentieren zu dürfen. Das ganze war natürlich ein abgekartetes Spiel, womit naive Mädels vom Balkan verführt wurden, um sie danach auf dem Kiez auf den Strich zu schicken. Shaddow stritt vergeblich sämtliche Anschuldigungen ab, ganz besonders die Vergewaltigung während Janas allerersten Nacht in einem Stundenhotel.

Danach zwangen er und seine brutalen Bodyguards Jana, anschaffen zu gehen. Zunächst fügte sich Jana ihrem Schicksal, wie sie vor Gericht aussagte.

Irgendwann bemerkte Shaddow, dass sie Geld von ihren Freiern unterschlug und eines Tages heimlich vom Straßenstrich verschwand.

Als Jana in die Wohnung kam, die sie sich mit der Prostituierten Babsi teilen musste, um ihren Koffer zu packen, stand Shaddow plötzlich im Türrahmen und stampfte durch den Flur auf Jana zu. Er hatte Wind davon bekommen, dass sie aussteigen wollte. Er packte Jana am Hals und schleuderte sie brutal gegen die Wand.

Jana verlor den Bodenkontakt und schnappte nach Luft, während er fest zudrückte und drohte, sie zu töten. Als er schließlich mit ihr fertig war, sank Jana bewusstlos zu Boden. Nachdem er sich vom Acker gemacht hatte, fand ihre Mitbewohnerin Babsi sie später in der Nacht, wie ein Häufchen Elend im Bett liegend.

Babsi versuchte Jana zu trösten und überredete sie, an dem Wochenende auf eine Geburtstagsparty von einem Freier mitzukommen. Dort lernte Jana Marco kennen. Er verliebte sich sofort in sie. Als Shaddow von seinen Bodyguards Lutscher und Beule hörte, dass Jana mit einem Typ von der Party abgehauen war, beauftragte er die beiden, sie zu suchen.

Die griffen sich am folgenden Tag Babsi auf dem Straßenstrich und quetschen sie brutal aus. Zögernd verriet sie, dass Jana bei Marco übernachtet hatte.

Seine Bodyguards tauchten vor dem Haus auf und zerstachen die Autoreifen von seinem BMW. Marco wollte am Morgen etwas aus dem Wagen holen und wurde von Beule überwältigt. Marco wehrte sich verzweifelt. Während sie kämpften, löste sich im Handgemenge ein Schuss. Lutscher kam mit Jana im Schlepptau aus dem Haus gelaufen. Er sah seinen Partner verletzt vor dem Auto liegen.

Marco bedrohte Lutscher mit Beule´s Waffe, weil er Jana ein Messer an den Hals hielt. Jana rammte ihm überraschend den Ellenbogen unters Kinn und floh mit Marco. Lutscher zog seine Pistole und nahm sie beide auf´s Korn. In dieser Wohnsiedlung herum zu ballern, war ihm dann doch zu gefährlich. Er senkte die Waffe und kümmerte sich um seinen Partner, der immer noch verletzt auf dem Boden lag.

Marco floh mit Jana ohne irgendwas bei sich. Auf dem Weg zum Raddisson Blu Hotel wurden sie fast beim Schwarzfahren erwischt. Marco klaute dort auf unorthodoxe Weise ein Auto. Damit fuhren sie nach Kalifornien an die Ostsee. Er besaß ein Wohnmobil, das in Holm auf einem Campingplatz stand. Bei der langen Fahrt ging ihnen Unterwegs das Benzin aus. Sie fanden einen Unterschlupf in einer Kleingarten-Siedlung. Am nächsten Tag machten sie sich zu Fuß auf den Weg. Jana wollte schon aufgeben, als ein Bauer mit einem Traktor vorbeikam. Der nahm die beiden mit auf seinen Hof, wo sie sich von dem turbulenten Wochenende eine Weile ausruhten.

Marco und Jana suchten bei einem Unwetter Schutz in der Scheune. Sie entdeckten auf dem Heuboden tiefe Zuneigung füreinander und machten dort ein Schäferstündchen.

Shaddow stauchte seine Bodyguards gehörig für ihr Versagen zusammen. Jetzt nahm er die Sache selbst in die Hand und suchte mit Lutscher und Beule nochmal Babsi auf. Das dämliche Flittchen wollte auch abhauen und er brachte sie bei einem seiner Wutanfälle um. Daraufhin nahmen sie sich Marcos Freund Richie vor, und entlockten ihm mit roher Gewalt die Adresse vom Campingplatz.

Der Mord rief anscheinend auch die Polizei auf den Plan. Shaddow und seine Bodyguards wurden in der Wohnung von einer betagten Mieterin gegenüber durchs Fenster beobachtet.

Kommissar Straubing führte in diesem Mordfall die Ermittlungen. Der fand schnell heraus, dass Richie mit Babsi zuletzt auf seiner Geburtstagsfete gesehen wurde. Er vernahm Richie mit einer Kollegin in der Notaufnahme vom Krankenhaus und hielt ihm ein Fahndungsfoto unter die Nase. Richie identifizierte

Shaddow, der ihn morgens mit seinen Bodyguards überrumpelt und ein paar Rippen gebrochen hatte, bevor er ihm schließlich vom Wohnmobil auf dem Campingplatz in Holm erzählte.

Kommissar Straubing verlor keine Zeit und machte sich alleine sofort auf den Weg an die Ostsee. Seine Kollegin alarmierte die dortige Polizei.

Marco entdeckte in der Scheune auf dem Bauernhof einen alten Ford Mustang und brachte den Motor wieder zum Laufen. Der Bauer war auch mal jung und überließ dem jungen Liebespaar den Wagen für eine Spritztour ans Meer nach Kalifornien.

Mit dem letzten Tropfen Benzin erreichten sie den Strand in Schöneberg. Marco genoss mit Jana den romantischen Sonnenuntergang auf dem Heck des Ford Mustang sitzend. Sie schmusten miteinander und versprachen sich ewige Treue.

Währenddessen suchte Shaddow bereits erfolglos mit seinen Bodyguards auf dem Campingplatz von Holm nach ihnen. Als sie schon aufgeben wollten und durch Schöneberg fuhren, entdeckten sie die beiden Turteltauben am Strand.

Lutscher parkte den schwarzen Lincoln Continental in unmittelbarer Nähe von einer Sanddüne. Danach befahl Shaddow seinen Bodyguards, sich von zwei Seiten hinterrücks an die beiden heranzupirschen.

Marco und Jana küssten sich leidenschaftlich, als sie geblendet von der untergehenden Sonne einen Typ mit Zigarre vom Ufer auf das Auto zukommen sah.

„Das ist Shaddow!“, sagte Jana panisch und kletterte mit Marco über die Rückbank. Er wollte den Motor starten, der stotternd ansprang und wieder ausging. Shaddow trug zwar eine dunkle Sonnenbrille, aber die Havanna im Mundwinkel hatte ihn verraten. In dem Moment tauchten plötzlich Beule und Lutscher auf. „Flossen hoch!“, schrien beide zugleich.

Jana und Marco drehten sich erschrocken um und nahmen zögernd die Hände hoch.

Shaddow kam mit schnellen Schritten auf das Auto zu und sah die beiden wütend an. „Aussteigen!“

Jana und Marco stiegen zögernd aus. Shaddow riss Jana sofort energisch an sich und hielt sie mit einer Hand im Nacken fest. „Ich nehme das Miststück und ihr kümmert euch um den Wichser!“

Shaddow zerrte Jana zu dem Lincoln Continental. Beule durchsuchte den Mustang nach seiner Waffe, während Lutscher Marco bereits ans Ufer schleppte. „Auf die Knie mit dir!“

Als Jana das hörte riss sie sich los. Sie wollte Marco helfen. Shaddow schlug sie brutal nieder. Lutscher sah irritiert zu Shaddow hinüber und war für einen Moment abgelenkt. Marco sprang auf und rammte ihm seinen Kopf in die Magengrube.

Lutscher ging zu Boden und dabei flog seine Waffe ins Meer. Marco rannte am Mustang vorbei auf Jana zu. Beule fand seinen Revolver im Handschuhfach und legte an. „Bleib gefälligst stehen, du Arschloch!“

Marco rannte weiter und war schon fast bei ihr, als

Jana ihn plötzlich herumriss. Beule zielte eigentlich auf Marco, als sich der Schuss löste. Mit schmerzverzerrtem Gesichtszug und einem glasigen Blick in den Augen sackte Jana getroffen in Marcos Arme. Er hielt Jana verzweifelt fest, während ihr Blut über seine Hände lief.

Von allen vollkommen unbemerkt ging hinter einer Düne Kommissar Straubing in Schussposition. Er konnte das Drama zwar nicht verhindern, denn in dem Augenblick sauste die Verstärkung der Polizei aus Schöneberg mit zwei Einsatzfahrzeugen an den Strand. Polizisten sprangen mit gezogenen Pistolen heraus und es gab einen Schusswechsel, bei dem Lutscher getroffen zu Boden ging. Danach liefen sie auf Beule zu, der sich widerstandslos festnehmen ließ.

Straubing stürmte die Düne runter auf den Lincoln zu, mit dem Shaddow zu flüchten versuchte. Der Kommissar feuerte mehrere Schüsse auf die Reifen ab, bis Shaddow mit dem Auto in einer Sanddüne stecken blieb. Er gab schließlich auf und wurde in Handschellen abgeführt.

KAPITEL 1

Es war ganz normal, dass in Norddeutschland das Wetter nicht gerade als beständig galt. Das fiel ganz besonders in den Sommermonaten auf. Während überall woanders in der Republik die Sonne mit ihrem brennend heißen Antlitz die Menschen in die Badeanstalten oder an einen See trieb, mussten sich die Schleswig-Holsteiner normalerweise mit dem üblichem Aprilwetter begnügen.

Die Hamburger hofften entweder auf den Juli, oder waren bereits in Urlaub gefahren. Überraschender Weise hatte das Klima aber diesmal schon im Mai mediterrane Temperaturen angenommen. Man sah trotzdem selbstgefällige Yuppies mit Anzug und Krawatte durch die City schlendern. Sie ignorierten geflissentlich den einen oder anderen Obdachlosen vor diversen Geschäften mit Geldschale auf einer Decke sitzend.

Am Hafen herrschte das übliche lebhafte Treiben. Man begegnete Scharen von Touristen in lockerer Sommerkleidung, welche an den Landungsbrücken in die Ausflugsdampfer stiegen, oder auf dem Kiez von Sankt-Pauli manch fragwürdiges Etablissement besuchten.

Im Schanzen-Park beobachteten Eltern ihre Kinder auf dem Spielplatz, während sie sich auf einer Bank sitzend unterhielten. Auf der großen Wiese unterhalb des Wasserturms, tummelten sich einige Punks und hatten sich wie vor einem Schrein um mehrere Kästen Bier versammelt. Die Mädels hatten bunte gefärbte Haare und jede Menge Metall im Gesicht. Ihre Typen waren tätowiert und trugen schwarze Klamotten. Aus einem Gettoblaster tönte wuchtiger Punkrock.

Marco und Jana saßen in einer Gruppe von jungen Freaks, die mit Batik buntbedruckte T-Shirts trugen. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung, während Marco ein paar Takte auf einer Gitarre zupfte. Jana saß mit einer Bongo im Schoß neben ihm, während nebenbei gerade ein Joint die Runde machte. Einer der Freaks jonglierte stehend mit Stoffbällen.

Niemand beachtete den älteren Nordik-Walker, der auf dem Fußweg mit seltsam schiefer Kopfhaltung entrückt an einem uniformierten Typ vorbeikam. Der Polizist stand scheinbar gelangweilt an einem Baum gelehnt und beobachtete unauffällig, was auf der Wiese vor sich ging.

Jemand reichte Jana den Joint. Sie machte ein paar Züge und trommelte verträumt auf der Bongo, als sich plötzlich die Freaks von ihren Plätzen erhoben. Der Polizist kam zielstrebig über die Wiese auf den Platz zu. Die Jungs zerstreuten sich mit den Mädels im Park. Der Polizist baute sich vor Marco und Jana auf, die beide von alldem nichts bemerkt hatten.

»Wen haben wir denn hier beim Kiffen erwischt?!« Jana hörte auf zu trommeln und blickte hoch. Beim Anblick des Polizisten entglitt ihr der Joint aus dem Mundwinkel. Sie versteckte ihn schnell ungeschickt hinter dem Rücken.

»Ähm – das war´n selbstgedrehte Fluppe.«

Jana wackelte mit dem Joint hinter ihrem Rücken. Marco nahm ihn ihr unauffällig aus der Hand und drückte ihn schnell im Gras aus, worauf der Polizist ihn sofort äußerst kritisch musterte.

»Können Sie sich ausweisen?«

Marco holte seinen Ausweis aus der Hosentasche und gab ihn an Polizeiobermeister Wenzel weiter. Der überprüfte das Bild und die Adresse. Dabei sah er Jana auffordernd an.

»Ich schleppe den blöden Ausweis nicht ständig mit mir herum!«

Polizeiobermeister Wenzel gab Marco wieder den Personalausweis zurück. Dann wendete er sich mit scharfen Blick an Jana.

»Auch wenn Sie das blöd finden, ist es Vorschrift!« Jana warf dem Polizist einen trotzigen Blick zu und zuckte mit der Schulter.

»Ich mag keine Vorschriften!«

»Und ich mag keine Kiffer!«, entgegnete Wenzel hämisch grinsend.

Jana hielt dem Blick des Polizisten stand und setzte ein ebenso hämisches Grinsen auf.

»Ihr Problem!«

Polizeiobermeister Wenzel legte seine rechte Hand auf den Schaft der Pistole an seinem Waffengürtel.

»Dann packen Sie jetzt ihre Sachen zusammen und kommen mit!«

Marco konnte es nicht fassen und schaute Wenzel ungläubig an.

»Wollen Sie uns etwa wegen´m Joint verhaften?«

»Sie nicht, Herr Zilinski!«

Jana legte die Bongo weg. Es war sowieso nicht ihr Instrument, genauso wenig wie die Gitarre auf der Marco herum-geklimpert hatte. Sie nahm ihre Gucci Handtasche an sich und stand auf.

Marco erhob sich ebenfalls von der Wolldecke und legte die Gitarre beiseite. Er war überzeugt, dass sich der Polizist nur ein bisschen wichtig machen wollte und folgte ihm mit Jana über die Wiese in Richtung U- Bahn Sternschanze.

Auf dem Wendeplatz vor dem Eingang saß Polizist Langeber in einem Streifenwagen. Er trank gerade Kaffee aus einem Pappbecher, als Wenzel mit Jana und Marco im Schlepptau auf das Einsatzfahrzeug zukam.

Verwundert stellte er seinen Kaffeebecher auf dem Armaturenbrett ab. Dann öffnete er die Fahrertür, sprang aus dem Auto und ging breitbeinig vor dem Streifenwagen in Position.

»Gibt’s ein Problem?«

Polizeiobermeister Wenzel blickte seinen Kollegen amüsiert an.

»Die kleine Kifferin hat´n Problem mit Vorschriften und kann sich nicht Ausweisen!«

Marco baute sich schützend vor Jana auf.

»Hey – meine Freundin ist keine … «, wollte Marco einwenden, doch Langeber ließ ihn nicht ausreden.

»Also´n Routine-Check?«, unterbrach Langeber und blickte seinen Kollegen fragend an.

Wenzel nickte und öffnete die hintere Wagentür. Jana sträubte sich, während Langeber sie auf die Rückbank des Polizeiautos zu bugsieren versuchte.

»Lassen Sie mich los, ich hab nichts getan!«

Marco wusste, dass er in dieser Situation nicht viel tun konnte und wollte deshalb mitfahren. Als er versuchte einzusteigen, drängte ihn Wenzel zurück.

»Sie bleiben hier!«, sagte Wenzel barsch und schlug Marco vor der Nase die Hintertür zu.

Daraufhin stiegen die beiden Polizisten schnell in den Streifenwagen und fuhren einfach los.

Marco sprintete mitten auf der Straße hinter dem Polizeiauto her. Nach etwa fünfzig Metern wurde er immer langsamer und blieb schließlich stehen. Er beugte sich völlig außer Atem keuchend nach vorne und stützte die Hände auf seine Oberschenkel.

Er reckte sein Kopf hoch und blickte erschöpft auf den sich schnell entfernenden Streifenwagen.

KAPITEL 2

Jana saß frustriert im Streifenwagen und drehte sich auf der Rückbank kurz um. Sie schaute durch das Heckfenster und sah Marco total erschöpft mitten auf der Straße stehend, bevor sie mit dem Auto auf die Schanzenstraße abbogen.

Langeber wendete sich auf dem Beifahrersitz Jana zu und blickte sie auffordernd an.

»Ich brauche Ihren vollen Namen und die aktuelle Meldeadresse?«

Jana beachtete den Polizist nicht und sah trotzig aus dem Seitenfenster. Sie kannte die ganze Prozedur nur zu gut. Nachdem sie einige Zeit als Prostituierte auf dem Kiez gearbeitet hatte, gehörte es damals fast zur Routine, mindestens einmal in der Woche auf der Davidwache abzuhängen.

Der ständige Stress mit Freiern und Luden forderte regelmäßig seinen Tribut. Entweder musste sie als Zeuge von einer Auseinandersetzung eine Aussage machen, oder sie war selbst das Opfer von einem gewalttätigen Typ, der versucht hatte, die Zeche zu prellen.

»Jana Wukowa – ein festen Wohnsitz hab ich noch nicht!«, sagte Jana zögernd.

Langeber drehte sich wieder nach vorne und warf Wenzel einen bedeutungsvollen Blick zu. Er konnte der Miene seines Kollegen ansehen, dass ihn diese Antwort nicht sonderlich überraschte.

»Irgendwo müssen Sie doch wohnen«, entgegnete Langeber verwundert.

»Wohne zur Zeit bei meinem Freund!«, erwiderte Jana trotzig.

Polizeiobermeister Wenzel beobachtete Jana durch den Rückspiegel, die wiederholt desinteressiert aus dem Seitenfenster schaute.

»Und dort sind Sie nicht gemeldet?«, fragte Wenzel misstrauisch.

»Nein!«, erwiderte Jana genervt von der Fragerei. Der Streifenwagen kam an einer roten Ampel zum stehen. Wenzel grinste amüsiert seinen Kollege auf dem Beifahrersitz an.

»Ach ja – sie mag keine Vorschriften.«

Jana empfand die ganze Sache als Tortur. In ihrer Heimat im Kosovo gab es nur wenig Gesetzeshüter, die nicht korrupt waren und sie fragte sich, was die Bullen wirklich von ihr wollten. Vielleicht hatten sie was ganz anderes mit ihr im Sinn.

»Ist das etwa ein Verbrechen?«

»Nein, aber eine Ordnungswidrigkeit!«, entgegnete Wenzel mürrisch.

Hauptwachtmeister Langeber verlor die Geduld. Er hatte genug von Janas Ausflüchten und nahm das Funkgerät zur Hand.

»Peterwagen 3 an Zentrale. Ich brauch mal schnell eine Namensüberprüfung.«

Im Lautsprecher kratzte und piepte es laut hörbar.

»Zentrale an Peterwagen 3 – wie lautet der Name?«, fragte daraufhin eine Polizistin mit sonorer Stimme.

»Jana Wukowa!«, gab Langeber durch.

Danach dauerte es eine Weile, bis sich die Zentrale wieder meldete. Jana rutschte ungeduldig auf dem Rücksitz herum. Sie blickte draußen Passanten auf dem Bürgersteig hinterher, die ahnungslos von den Widrigkeiten und Schikanen, die einer Migrantin in den Fängen der Staatsgewalt zustoßen konnte, einkaufen gingen. Schließlich meldete sich die Zentrale mit einem Piepser im Lautsprecher zurück.

»CODE 532!«, sagte die Polizistin am anderen Ende der Leitung mit ernstem Unterton in der Stimme.

Die beiden Kollegen sahen sich ziemlich verblüfft an. Langeber nahm das Funkgerät in die Hand und drückte hastig die Sprechtaste. Es piepte erneut!

»Wiederholen Sie das bitte nochmal!«

»CODE 532 – bestätigen!«, erwiderte die Polizistin.

Wenzel bremste abrupt vor einer roten Ampel und riss seinem Kollege die Funke aus der Hand.

»Peterwagen 3 an Zentrale. Code 532! Verstanden – Ende!«

Jana wendete sich vom Seitenfenster ab und blickte irritiert nach vorne.

»Was bedeutet Code 532?«

Langeber drehte sich auf dem Beifahrersitz um und sah Jana ganz ernst in die Augen.

»Das wir Sie jetzt auf´s Revier mitnehmen müssen!«

KAPITEL 3

Isolationshaft war naturgemäß eine der effektivsten Methoden, um einen Menschen mürbe zu machen. Jana zuckte schreckhaft zusammen, als die Stahltür hinter ihr zufiel. Die Verriegelung der Scharniere in den Eisenschienen klackten deutlich hörbar, bevor der Schlüssel zweimal in dem Schloss umgedreht wurde.

Jana lief ein kalter Schauder über den Rücken. Die Arrestzelle war höchsten sechs Quadratmeter groß. An der rechten Wand stand ein Bettgestell mit einer Matratze darauf. Am Fußende lag eine ordentlich zusammengelegte Wolldecke. Ein Kopfkissen gab es nicht, aber dafür fand sie am Kopfende einen kleinen Aluminiumaschenbecher. Sie ließ sich auf die Pritsche fallen und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.