Planet des Menschen - René T. Barren - E-Book

Planet des Menschen E-Book

René T. Barren

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Beschreibung

Die vielen Zyklen seiner Existenz hatte er schon lange nicht mehr gezählt. Nicht mehr, seit er seine Welt verlassen musste. Nun ist er losgegangen, in eine Welt, an die er sich nicht erinnert. Sie ist so anders als die in seiner Erinnerung. Er weiß nicht, weswegen er sich auf den Weg machte. Er weiß nur, dass er geht. Am Ziel setzt er seine Welt wieder zusammen. Stück für Stück, Gedanken für Gedanken. Um zu verstehen. Um eine neue Welt zu schöpfen.

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Fragen aus alter Zeit

Was wissen wir, was glauben wir? Worin liegt die Grenze unseres Wissens?

Wie oft haben wir sie schon erweitert? Ist unser Wissen eher Konsens über etwas Geglaubtes?

Unzählige Male änderten wir unseren Glauben. Oft wussten wir, was später falsch war.

Weil Wissen sich entwickelte, wie das Leben.

Müssen wir wirklich alles wissen? Oder reicht es, zu zweifeln? Zu zweifeln, was wir wissen?

Wessen Grund ist es, dass wir den Zweifel schlecht werten? Wer lehrte uns das?

Wissen wir denn, was wir werten? Und wie wir werten? War das Werten einmal gut?

Ist dieses Werten nun schlecht? Weil wir werten? Oder anders werten müssten, nun?

Meidet das Verstehen vielleicht unser Vergehen? Das wir zu oft begingen?

Das nun uns begeht? Das uns bevorsteht? Unausweichlich oder nicht?

Antworten für die neue Zeit

Wenn wir glauben, ohne zu zweifeln, werden wir für wahr halten, was nicht wahr sein soll.

Wenn wir zweifeln, an dem was wir glauben, werden wir fragen.

Wenn wir klein sind, steckt uns das Fragen in den Genen. Auch wenn wir erwachsen sind.

Nur erlauben wir es uns nicht mehr? Weil sie uns sagen, dass wir es nicht dürfen.

Zweifeln wir an dem Dürfen und an allem, werden wir fragen.

Wenn wir fragen, ohne zu werten, werden wir uns entwickeln.

Wenn wir uns entwickeln, setzt sich die Evolution fort.

Die mit dem Leben selbst begann und die Art des Menschen schuf.

Der nun zweifeln soll an dem, was er weiß. Damit er fragt und lernt.

Damit er für möglich hält, was er noch nicht sieht. Damit es sich entwickelt.

Damit er schöpft und schafft. Und doch zweifelt an seinem Werk.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Erster Teil

Irgendwo

Woher

Umsicht

Engsicht

Wohin

Weitersicht

Ansicht

Zeitsicht

Feldsicht

Selbstsicht

Rücksicht

Zielsicht

Schlusssicht

Zweiter Teil

Neukontakt

Funktionieren oder mehr

Menschengeschichten

Zentralisierung und Hinderung

Nach dem Schlaf

Reinigung der Welt

Dritter Teil

Lernen und Gefühl

Fragen

Zeit

Materie

Energie

Leben und Evolution

Mobilität und Wahrnehmung

Gehirn und Reflex

Werten und Lernen

Assoziieren und Abstrahieren

Eine Sache des Antriebs

Der Mensch als Gesellschaft

Nahrung und Hilfsmittel

Lernen, Verstehen, Lehren

Verständigung und Sprache

Schrift und Speicher

Transport und Reichweite

Kraft, Mechanik, Energie

Glaube, Wissen, Aberglaube

Struktur, Macht, Meinung

Medizin, Evolution, Reproduktion

Technisches Leben

Leben, Entwicklung

Neues Leben denken

Vierter Teil

Simulationen

Neues Leben schaffen

Geschichte schöpfen

Der dritte Zyklus

Der fünfte Zyklus

Der sechste Zyklus

Der siebte Zyklus

Der achte Zyklus

Der neunte Zyklus

Epilog

Prolog

Vor vielen Zyklen war Zeit ein Begriff von hoher Wichtigkeit. Alles wurde danach geordnet. Jedes richtete sich an der Zeit aus. Tun und Handeln wurden in Zeit gemessen. Doch das ist lange her.

Hier ist Zeit ohne Bedeutung. Sie wird noch registriert, vermute ich, und irgendwer sortiert noch damit. Irgendetwas, irgendwo und irgendwie. Nur hier ist keiner mehr, lediglich ich. Für mich verlor Zeit ihre Bedeutsamkeit sehr früh.

Jeder Tag ist gleich und jede Nacht. Ich habe kein Gefühl, ich weiß nicht, seit wann das schon so ist. Fragen muss oder kann ich niemanden. Deswegen ist Zeit ohne Relevanz, hier und jetzt und schon sehr lange.

Erster Teil

Irgendwo

Ich bin gegangen, wobei ich nicht sagen kann, für wie lange. Aber ich laufe weiter. Wo genau ich bin, weiß ich ebenso wenig, wie mir das Ziel bekannt ist. Und wenn Du fragst, warum ich das mache, kann ich leider auch nicht antworten.

Nun bin ich hier, irgendwo und schaue mich um. Was ich sehe, ist das, was ich auch gesehen habe, als ich mich das letzte Mal umschaute. Und es sieht so aus wie das, was ich davor sah. Alles sieht ziemlich gleich aus, in dieser Region und Zeit.

Ich sehe nach vorne, in die Richtung, die ich einschlage. Dort sehe ich einen Himmel, in tiefem und kräftigem Blau. Er ist blau, einfach nur blau. Keine Wolken unterbrechen die Farbe, nichts. Und irgendwo ist die Sonne. Hell und blendend strahlt sie vom Hintergrund herab. Sonst finde ich nur Blau am Baldachin. Senke ich den Blick vom Himmel, kommt der Horizont und darunter ist goldfarben, gelb und braun. Der Übergang vom Blau in die anderen Farben ist hart. Kein fließender Verlauf, sondern ein Wechsel ist das. Keine Kompromisse, nur ein Farbwechsel.

Die Farbtöne am Boden unterscheiden sich in hell und dunkel. Die Sonne strahlt nicht auf alle Stellen. Deswegen sehe ich nicht nur ein Braun, sondern viele verschiedene. Und es sind mehrere Gelbtöne dort, genauso wie das Gold nicht überall gleich ist. Der Sand hat zahlreiche Farben. Sie wechseln sich ab und mit den Schatten, die von dem Sonnenlicht kommen. Dort, wo der Sand sich verwirft und Teile nicht vom Licht erreicht werden. Diese Kanten macht der Wind.

Er begleitet mich auf dem ganzen Weg, mal in der gleichen Richtung, mal in einer anderen. Meistens weht er leicht und nur etwas Sand und Staub treibt er vor sich her. Aber an manchen Tagen ist der Wind so stark, dass das Blau am Himmel verdeckt wird. Dann wirbelt viel durch die Luft und bestimmt die Farben. Heute ist er schwach am Wehen und treibt nur wenig Sand über die Ebene. Es entstehen leichte Schleier dort, wo der Sand in eine Senke fällt, vom Wind über einen Kamm getragen.

Die Fläche ist nicht eben, die Höhen sind sanft, vom Wind gerundet. Der macht auch die kleinen Muster, die an manchen Stellen zu sehen sind. Große Wellen formen die Kante am Horizont und kleine Wellen formen die Linien im Sand. Sonst ist da nichts. Keine Spuren, keine Bewegung. Einfach gar nichts.

Sehe ich nach links, setzt sich das Bild genauso fort. Sehe ich nach rechts, ist es gleich. Das einzige, was sich ändert, ist das Licht, die Schatten und der Wind. Mal spüre ich ihn von vorne, dann von einer Seite oder von hinten. Wenn ich mich umsehe. Aber das Bild ist sonst gleich. Sand vorne, hinten und links und rechts. Am Horizont der abrupte Übergang von Blau zu Gelb, Braun und Gold und am Boden verschiedene Töne dieser Farben. In der Ferne sind die Hügel und Senken, die der Wind entstehen lässt und in der Nähe die feinen Anhäufungen, auch vom Wind.

Das ist schon lange so, während meines ganzen Wegs und viel länger davor. Das Bild ist ruhig, wenn der Wind leicht weht. Man kann viel entdecken in den Wellen im Sand. Hinter mir sehe ich die Wellen durchbrochen von einer langen Reihe kleiner Kuhlen im Sand. Das sind die Schritte, die ich mache. Ich mache sie heute, wie ich sie gestern gemacht habe. Im Sand gehe ich schon lange, weil überall Sand ist. Die Abdrücke meiner Schritte sind gleichmäßig, wie die feinen Wellen im Sand es sind.

Die Eindrücke unterbrechen die Wellen und in der Ferne sehe ich, dass der Wind die Spuren bald verweht haben wird. Dann werden dort nur die feinen Wellen sein, keine Fußspuren mehr. So wie es war, bevor ich dort lang ging. Und so, wie es vor mir ist, wo ich noch langgehen werde. Da entstehen Fußabdrücke. Der Wind wird sie verwehen. So wie er den Sand gerade an meine Füße weht, dort wo ich stehe. Im Weg des Sandes, den der Wind weht. Dort sind die Abdrücke nicht mehr im Wechsel und regelmäßig. Sie stehen parallel im Sand und unterbrechen die Wellen darin.

Ich sehe mich weiter um, aber das Bild bleibt gleich, die Szene. Nicht bewegt, und doch in Bewegung. Gleich und sich doch ändernd. Verändert und wieder angleichend. Die gleiche Szene wie gestern und wie morgen auf meinem Weg. So war es alle Tage, seitdem ich losging. Und so wird es bleiben, bis ich angekommen bin? Fragst Du nach meinem Ziel? Das kann ich Dir nicht sagen. Ich kenne es nicht, wie den Grund, warum ich den Weg gehe. Aber ich musste starten, musste gehen und bin mir sicher, dass es ein Ziel gibt. Nur weiß ich es nicht, wie den Weg selbst. Ich habe keine Karte, keinen Kompass. Ich finde den Weg trotzdem, ohne zu wissen, wie. Und deswegen weiß ich auch nur, dass ich irgendwo bin.

Woher

Ich bin auf dem Weg. Wieder, weiter und immer noch. Genauso wie der Wind mich noch begleitet. Der mal schwach ist, mal stärker. Er treibt den Sand vor sich her, aber heute nicht viel. Und der Himmel ist blau. Er war blau, er ist blau und er wird auch beim nächsten Mal, wenn ich schaue, noch blau sein. So ist es seit langer Zeit und so soll es wohl weiter sein. Der Sand scheint braun, gelb und goldfarben in der Sonne und hat außerhalb der Schatten viele Abstufungen der Farbe.

Ich setze einen Fuß vor den anderen. Ich bilde eine Spur, wie ich das seit langem tue. Im Sand, die kleinen feinen Wellen störend. Die formt der Wind, sanft und beharrlich. Zwischen den Schritten sind zwei nebeneinander. Dort bleibe ich stehen, schaue zurück, nach links oder nach rechts.

In allen Richtungen ist der Horizont, mit der harten Kante und am Himmel steht die Sonne. Morgens sehe ich sie auf der einen, dazwischen im Rücken und abends auf der anderen Seite. Nur in der Richtung, in die ich gehe, steht sie nicht. Dabei glaube ich, dass das nicht immer so war auf diesem Weg. Ob es immer so sein wird, von jetzt bis zum Ziel, weiß ich nicht. Ich laufe alleine, weil keiner mehr da ist, der mitgehen könnte. Und so ist nur meine Spur im Sand. Auch sonst sind da keine Spuren, die ich sehe, nur die des Windes. Der macht die kleinen Wellen und großen Anhäufungen aus dem Sand, wie er es seit langen Zeiten tut. Und immer ist der Himmel blau. War das früher anders? Ich könnte überlegen, aber ich sehe meine Spur, meinen bisherigen Weg. Da frage ich, in Gedanken: „Wo bin ich losgegangen, wie sah es dort aus?“

Würdest Du mich fragen, ob ich eine Antwort erwartete, dann könnte ich es Dir nicht sagen. Aber da ist eine Antwort. Von wem? Es ist doch niemand hier seit langer Zeit und außer mir. Und doch höre ich eine Stimme: „Du bist von Deinem letzten Aufenthaltsort losgegangen.“ Die Stimme kenne ich, habe sie schon oft gehört. Ist es in meinem Kopf, dass ich es höre? Ist es das Gehen in der Sonne oder das Fehlen von jemanden, das mich die Stimme hören lässt? Und ich höre sie immer noch, als sie wieder spricht: „Dort hast Du viele Zyklen gelebt, in einem Haus auf einem Hügel.“

Ich erinnere mich an dieses Haus. Wo ich davor war, weiß ich nicht. Bis zu dem Ort war ich gegangen, lange Zeit und einen weiten Weg. Ich habe es nicht selbst gebaut, aber als ich entschied, dort länger weilen zu wollen, wurde es erstellt. Ich kann nicht mehr sagen, von wem. Es ist zu lange her.

Denkst Du, dass mein Gedächtnis nicht mehr funktioniert? Das könnte sein, aber das ist es nicht. Es ist schlicht, dass ich es nicht wissen muss und es sehr lange her ist. Es hat keine Relevanz für mich, wie die Zeit auch keine hat. Auch ist egal, wie lange ich schon gehe und wie lange es noch sein wird. Zeit ist ohne Bedeutung für mich geworden. Ich weiß nicht, wie lange ich in diesem Heim weilte, aber die Stimme fährt fort: „Der Hügel liegt über einem See mit klarem Wasser, der hinter Deinem Heim lag. Früher einmal war dort Wasser, heute ist dort Sand. Und vor Deinem Haus läuft ein Weg den Hügel hinunter, in weiten Kurven. Er führt zum Meer und Du bist dort oft hingegangen. Oder Du hast neben Deinem Haus gesessen und geschaut. Bevor Du losgegangen bist, hast Du mehr auf dem Dach gesessen. Du hast nicht mehr auf das Meer geschaut, sondern hinter das Haus. In die Ferne. Und dort hast Du etwas gesehen, was kein anderer sah. Du hast gesagt, dass da etwas ist, aber kein Bild gemacht noch es beschrieben. Und so waren Deine Tage für lange Zeit. Die Sonne stand am Himmel, der blau war. Und der Sand war braun, gelb und goldfarben. Du hast geschaut und geschaut. Oder Du hast geschlafen, im Haus.

Dein Haus ist nicht groß, aber es reicht. Du kannst darin schlafen, Dich aufhalten und essen. Aber das Essen ist nicht mehr wichtig für Dich. Lange hast Du nichts mehr gegessen, bevor Du losgegangen bist. Und Du hast auch nichts gegessen, seit Du gehst.“ Essen ist nicht relevant für mich.

Ich schaue mich um. Und der Himmel ist immer noch blau. Der Sand in verschiedenen Farben, von Braun bis Gold. In verschiedenen Tönen, dort, wo die Sonne ihn erreicht. Anderswo ist Schatten, wo der Sand dunkel ist. Und die Wellen laufen mal entlang meiner Spuren und mal quer dazu.

Ich gehe weiter, hinterlasse eine Spur, aus zwei Reihen mit versetzten Kuhlen im Sand. Wie lang sie noch werden wird, weiß ich nicht. Aber lang wird sie nicht bleiben. Der Wind wird meine Schritte verwehen, so wie die Zeit meine Erinnerungen verweht hat. Am Ende werden hier nur die kleinen Wellen bleiben und die großen Hügel, aus Sand. Und die Stimme scheint mit mir zu gehen. Sie ist nicht lauter geworden, oder leiser. Und ich bin nicht stehen geblieben. Aber im Sand ist nur eine Spur. Ich kenne sie, und sehe sie nicht. Aber sie kennt mein Haus. Das, wo ich losgegangen bin. Dort begann meine Spur, aber ist wohl schon verweht. Und das ist schon lange so. Es gibt keine Spuren mit Bestand in diesem Sand.

Umsicht

Frage mich nicht, wie lange ich schon gehe, seit ich an das Haus dachte. Oder seit ich die Stimme höre. Ich habe ihr nicht geantwortet. Sie hat auch geschwiegen. Nicht, dass ich sie unangenehm fand oder unbekannt. Aber ich erinnere mich nicht, woher ich sie kenne und ich weiß nicht, woher sie kommt. Ich habe keine Begleitung.

Im Sand ist nur eine Spur, meine. Die läuft hinter mir, wie eine Schnur dem Horizont entgegen. Sie liegt nicht gerade, verläuft in sanften Bögen. Aufgereiht mal links und mal rechts einer Linie in der Mitte. Und ab und an ist sie gestört in ihrer Regelmäßigkeit. Wenn zwei Abdrücke nebeneinander sind, neben der Mittellinie. Sie ist konstant und lang, wie von einer Maschine gemacht, im Sand. Der ist immer noch gelb, goldfarben und braun, unter einem blauen Himmel. Von dem scheint die Sonne.

So gehe ich weiter, seit langer Zeit, zu einem Ziel, das ich nicht kenne. Finden werde ich es, ohne zu wissen, wo es ist. Vor mir erhebt sich ein Hügel, höher als die Anhäufungen aus Sand. Der Boden ist dort anders. Rauer, nicht so sanft geschwungen wie der Sand. Steine liegen dort, Geröll. Nicht zu groß, um auf die Anhöhe kommen zu können und nicht zu klein, um im Sand zu vergehen. Und der Hügel ist höher als die Anhäufungen aus Sand. Ob ich von dort mein Ziel schon sehen kann? Nicht, dass ich weiß, was es ist, oder wer? Ich gehe einfach nur dorthin und hoffe, dass ich erkenne, wenn ich dort bin.

So gehe ich den Hügel hinauf, meine Spur endet im Sand. Auf den Steinen bleibt nichts zurück. Die Erhöhung steigt sanft an, mal mehr, mal weniger. Und ich habe Kraft, gehe einfach weiter. In einer geraden Linie bis zu seiner Spitze. Das wirkt sehr regelmäßig und mechanisch. Und es funktioniert gut. Ich funktioniere. Schon viel länger, als ich losgegangen bin, und wohl auch noch für lange Zeit. Gibt es nur das Gehen und das Funktionieren? Frage mich bitte nicht. Ich weiß es nicht. Ich erinnere mich nur, dass ich gehe, schon für lange Zeit. Und ich war an dem, was als mein Haus beschrieben wurde, mit dem See im Rücken und dem Weg zum Meer. Der verlief im Sand. Ich gehe den Hügel hinauf. Mechanisch, regelmäßig und funktionierend. Ist da noch etwas anderes als funktionieren? Die Frage entsteht in meinem Kopf. Eine Antwort folgt ihr nicht, als ich auf dem Hügel bin.

Ich sehe mich um, nach vorne, links und rechts wie hinten. Dort erkenne ich eine Spur im Sand, links und rechts einer Mittellinie. Sie verläuft in sanften Bögen, geschwungen zum Horizont. Dort ist sie kaum noch zu erkennen und bald auch in der Nähe nur noch schwach. Wie der Weg, den ich gegangen bin und nicht mehr erinnere. Nach links sehe ich einige andere Hügel. Sie sind kleiner als der, den ich erklomm. Steine in hellem Grau und Gelb. Darum herum Sand, hell und dunkel in Gelb, Braun und Gold. Und auf der anderen Seite sind es die gleichen Farben, das gleiche Bild. Hügel, Sand, Himmel, und der ist blau.

Nach vorne sehe ich länger. Dort ist kein Sand, in sanften Anhäufungen. Es sind Steine in gelbem Grau. Sie bilden Hügel, die langsam wachsen, zum Horizont höher werden. Sie haben steile Kanten. Dazwischen ist eine Lücke. Sie verläuft von den anderen Hügeln, von rechts kommend zu den großen Hügeln vor mir. Ich folge ihr mit den Augen. Sie führt zwischen die Erhöhungen, ist flach und breit. Ihre Farbe wird wie die der Anhöhen an ihren Seiten, die zum Himmel steigen. Das Tal folgt ihren Kanten in Bögen, wie die Spur hinter mir zum Horizont. Dort ist keine Spur, die ich sehen kann. Es sind nur die Hügel und dazwischen dieser Verlauf. Der selbst ist eben und flach. Auch der Wind ist da, weht um die Höhe, auf dem ich stehe. Hier sind kein Staub und kein Sand, den er trägt. Er weht um mich herum und ich höre sein Geräusch. Er weht von hinten an mir vorbei, zu den Hügeln und dem Verlauf dazwischen.

Ich folge ihm mit den Augen und denke, dass die Richtung stimmt. Ich frage nicht, woher ich das weiß. Und auch niemand anders fragt. Es ist keiner da. Im Sand hinter mir ist nur eine Spur, die am Hügel endet. Ich weiß, dass die Richtung stimmt und das reicht mir. Ich muss nicht wissen, woher ich das weiß. Es scheint nicht relevant für mich.

Ich gehe den Hügel hinab, zu seinem Fuß. Dort drehe ich mich um, an seiner Basis und sehe keine Spur. Nichts führt den Hügel hinab, aber das Tal von ihm weg, das flache und sanft geschwungene. Sein Boden ist trocken wie der Sand. Die Farben sind andere und meine Spuren weniger tief. Ich folge ihm, erst mit dem Blick und dann mit dem Schritt, regelmäßig und mechanisch. So mache ich das schon den ganzen Weg, den ich nicht kenne wie das Ziel. Die Richtung stimmt und der Boden ist flach, hier, unten am Hügel.

Engsicht

Hast Du gedacht, dass Sand immer nur Sand ist? Oder denkst Du, dass Steine immer nur Steine sind?

Ich habe bisher nicht viel darüber nachgedacht. Der Sand war stets da in seinen Farben, wo ich hinschaute. Und Gestein sah ich an vielen Stellen, als ich durch die Gebiete ging. Sie waren seit langer Zeit da und weil ich nie daran einen Gedanken verbrauchte, waren sie alle gleich. Und ich gehe jetzt auch und folge dem Tal. Das tue ich seit dem Hügel und kann Dir nicht sagen, wie lange.

Ich drehe mich um und schaue zurück. Dort liegt die Vergangenheit. Das ist der Ort, von dem ich ausgegangen bin. Und es ist die Zeit, in der ich dort war. Das ist vor kurzem gewesen oder lange her. Ich bin weit gegangen oder nur ein kleines Stück. Die Strecke und die Dauer des Gehens sind nicht von Bedeutung für mich. Ist die Vergangenheit die Basis dessen, was ich hier sehe? Wessen Vergangenheit oder die von was? Ich sehe nach hinten und hinterlasse keine Spuren, weil der Boden hart ist. Sonst wären sie aufgereiht um eine mittlere Linie, im Wechsel links und rechts davon. Wie die Spuren im Sand ausgesehen haben, wenn ich ging. Die hat der Wind verweht, weit weg von mir. In meiner Nähe waren die Schritte zu sehen, die der Wind dann verwehen würde.

Die Spur endete, am Hügel. Dort in den Steinen habe ich keine hinterlassen, weil sie zu groß und zu schwer waren. Die konnte ich nicht beeindrucken. Und oben auf der Höhe hat der Wind den Staub schon verwirbelt, meine Abdrücke getilgt. Den Hügel herunter rollten Steine, verschoben von meinen Schritten, ohne dass es deutliche Spuren gab. Und am Fuß war der Boden hart und trocken. Risse durchzogen ihn und darin war Staub.

Von dem Hügel führten meine Schritte in diesen Verlauf, dem ich durch die Hügel folge. Und wie dort keine Spuren sind, sehe ich im Verlauf keine Spuren. Mal hinterlässt die Vergangenheit Spuren, mal nicht? Was für eine Vergangenheit hat geschaffen, wo ich gehe? Links und rechts von mir sind Hügel. Sie steigen erst leicht an, dann stärker. Steine und Geröll säumen ihre Kanten. An manchen Stellen ist es mehr, an verschiedenen weniger. Und manches Mal füllt es den Raum zu den Hügeln auf der anderen Seite. Es liegt mir im Weg und ich gehe darüber. Die Steine sind unterschiedlich groß, unterschiedlich rund. Grau und gelb, manches Mal gesprenkelt. Die Farben sind verschiedenen von denen im Sand. Es sind weniger Schattierungen als mehr Wechsel von Farben. Sie liegen hier, wie lange, mag ich nicht zu raten. Und dazwischen ist der rissige Boden. Trocken und wenig Staub. Die Risse verlaufen in alle Richtungen, sind nicht geordnet wie die Wellen im Sand. Zwischen den Erhöhungen läuft dieser Verlauf gegen den Horizont, begleitet von den Anhöhen und manches Mal verdeckt von dem Geröll. Und der Horizont leitet vom Grau und Gelb zum Blau.

Der Himmel ist blau, wie über dem Sand. Sonst ist nichts am Himmel, bis auf die Sonne. Sie scheint von dort auf den Sand, die Hügel, den rissigen Boden und die Steine. Spuren sind hier keine zu sehen. Meine eigenen nicht und keine von jemand anders. Am Horizont vermeinte ich, etwas gesehen zu haben. Dort, wo der blaue Himmel den Verlauf und die Hügel berührt. Es war dort und als ich wieder hinsah, war dort nichts. Ob es Spuren hinterlassen hat, weiß ich nicht, bis ich dort bin. Hier erzeuge ich keine Spuren. Und auch das weitere Gehen wird so sein.

Manche Dinge der von früher kann ich erkennen, wie die Steine und den Sand. Andere Sachen werden getilgt wie meine Fußabdrücke. Und was in der Vorzeit oder im Morgen Spuren lässt, das entscheidet sich durch dessen Gewicht? Werde ich Eindrücke hinterlassen? Das weiß ich nicht. Ich bin viel gegangen, durch etliche Gebiete. Dort habe ich Spuren zurückgelassen. Aber am Ende waren sie wie die im Sand, vom Wind verweht. Der hinterlässt seine Wellen, die feinen. Bis er den Sand als Sturm komplett verwirft und dann neue Wellen formt. Ich könnte fragen, ob damit die Wellen immer die gleichen sind oder nur gleich ausschauen. Ist in der Zukunft alles wie davor? Schaut es vielleicht ähnlich aus und ist doch anders? Wer bestimmt die Zukunft und gestaltet sie? Bin ich dabei oder bin ich Vergangenheit? Ich gehe seit langer Zeit, einen Schritt nach dem anderen. Regelmäßig und funktionierend. Gibt es da einen Unterschied oder kann ich nur laufen? Wohin weiß ich nicht. Woher erinnere ich. Aber die Zukunft ist unbekannt.

Ich folge dem Verlauf durch die Hügel, die mich an den Seiten begleiten. Sie geben den Weg vor, den ich gehe, von früher in das Morgen. Es sind schon viele Schritte und werden noch viele werden.

Wohin

Ich bin durch die Hügel gelaufen, wie ich vorher durch den Sand lief. Wie lange ich das schon tue, kann ich nicht sagen, ich habe es nicht gemessen. Und wie lange ich das noch tun werde, ist davon abhängig, wo mein Ziel ist. Das kenne ich nicht, kann es nicht bekennen. Etwas in mir kennt es und lässt mich gehen. Es lenkt die Schritte, die Spuren hinterlassen. Im Sand ist es eine lange Reihe von linken und rechten Abdrücken, entlang einer Mittellinie und regelmäßig. Im Gestein sind es verschobene Steine, aber sie sind nicht zu erkennen. Im Sand kreuze ich die kleinen Wellen des Windes, bis der meine Eindrücke verweht hat. Im Geröll sieht man gar keine Spuren. Der Einfluss ist zu klein. Und hier in dem Verlauf, dem ich zwischen den Hügeln folge, sehe ich auf dem Boden mit seinen Rissen auch keine Abdrücke.

Woher ich komme, ist die Frage, die ich häufiger habe, leise und für mich. Nur dieses Mal frage ich laut: „Wo bin ich losgegangen?“ Und da ist sie wieder, diese Stimme. Ich kenne sie, schon lange. Nur erinnere ich mich nicht, wo sie herkommt. Doch höre ich sie klar und deutlich, wie sie mich fragt. Sie fragt nach der Art, in der ich die Information wünsche. Und ich folge dem Klang mit dem Blick. Der endet an meinem Arm, am Handgelenk. Da ist sie, die Quelle der Stimme. Ein Gerät ist dort um meinen Arm geschnallt, das einige Tasten hat und sprechen kann. Ich konzentriere mich darauf und frage, was es ist. Zur Antwort nennt es seine Bezeichnung, als ob es sich vorstellt. Es heißt Datenmodul und kann über einen Taster aktiviert werden. Wer hat den Knopf gedrückt? Ich erinnere mich nicht, dass ich das getan habe, bewusst. Und doch antwortet das Modul auf meine Frage, bereitwillig. Datenmodul ist ein wenig schöner Name, so technisch. Es funktioniert, wie ich funktioniere. Ich laufe einen Weg, den ich nicht kenne und hinterlasse Spuren. Im Sand, im Stein und auf dem Boden des Verlaufs, dem ich durch die Hügel folge. Nur, überlege ich, sind die Eindrücke mal deutlich und vergänglich. Und an anderen Stellen sind sie so gering, dass ich sie nicht sehe, wenn ich mich umdrehe. Oder ich hinterlasse keine Spuren.

Das Datenmodul wiederholt die Frage, wie ich die Information gerne hätte, auf meine Frage. Was hatte ich gefragt? Du denkst vielleicht, dass mein Gedächtnis oder mein Verstand nicht richtig sind. Aber ich funktioniere einwandfrei. Das sagt das Modul. Es begleitet mich immer und wacht über mein Funktionieren. Es sagt mir, wenn etwas nicht stimmt. Und doch funktioniere ich, alleine. Ich denke einen Moment über die mir gestellte Frage nach. Wann wurde ich das letzte Mal etwas gefragt? Wie lange ist es her, dass ich das Modul benutzte? „Ich möchte bitte ein Bild sehen, von oben“, teile ich dem Gerät am Arm mit. Wie aus dem Nichts erscheint vor mir eine Fläche in der Luft. Sie ist gut zu sehen, vor dem blauen Himmel, der über allem ist. Und die Fläche ändert die Farben, zeigt ein Gebiet von oben. Ich kenne es, weiß aber nicht, wo das ist. Die Stimme, die mir bekannt ist, meldet sich, die vom Modul: „Dieses Bild zeigt den Standort Deines Hauses von oben. Es liegt an der nördlichen Küste eines Meeres. Von dort bist Du aufgebrochen.“ Ich schaue mir die Karte an und wünsche mir, mehr Details zu sehen. Ein Name ist dort auch nicht zu lesen. Und alles um das Haus sieht gleich aus. Es sind die Farben des Sandes, die ich sehe. Darin das Haus, das ich klar erkenne. Und hinter dem Haus liegt eine Senke, aus Sand. Etwas andere Farben, aber Sand.

Ich frage, mehr mich als das aktive Modul: „Und wo bin ich gerade? Wo ging ich lang?“ Aber das nimmt die Frage auf und verändert die Karte. Das Haus wird kleiner, wandert nach unten und das Meer ist kaum noch zu sehen. Auf der Karte erscheint eine Linie, farblich klar abgehoben. Die Linie beginnt an dem Haus, verläuft einmal darum herum und geht dann nach oben. Sie folgt einer Richtung fast ganz nach oben, bevor sie die Richtung ändert. Dort ist der Boden gelb, braun und goldfarben vom Sand. Und darüber war der Himmel blau. Dann verläuft die Linie nach rechts, zwischen dargestellten Hügeln her. Sie ist gerade, wie die Mittellinie, die meine Schritte im Sand verbunden hat. Bevor der Wind sie verwehte. Und irgendwann biegt die Linie wieder ab, nach links. Sie verläuft in Bögen, als ob sie etwas folgt, das die Bögen vorgibt. Der Boden ist grau und gelb zwischen den Hügeln. Und er hat Risse. Da endet die Linie und ein Punkt pulsiert. Ohne zu wissen, warum, greife ich in das Bild und ziehe den Leuchtpunkt in die Mitte. Woher weiß ich, dass das so zu machen ist? Aber es funktioniert. Und der Punkt pulsiert nun in der Mitte. Ich ziehe die Finger auseinander und das Bild verändert sich, um den pulsierenden Marker. Es vergrößert sich. Der Verlauf wird breiter, verläuft zwischen den Hügeln. Und der Punkt leuchtet in der Mitte. Die Linie ist dort, die den Weg zeigt, bis zum blinkenden Punkt. Aber auf dem Boden mit den Rissen sind keine Spuren. Im Sand werden sie auch verweht sein. Um den Verlauf mit den Rissen sind Hügel zu sehen. Sie sind mal lang, mal rund. Sie haben flache Kanten oder steile. Ich sehe, dass die Linie im Verlauf viele Bögen schlägt, wie der Boden, dem ich folge. Zwischen den Hügeln. Und der Punkt blinkt weiter, zeigt den Ort. Dort bin ich jetzt.

Weiß ich jetzt so viel mehr? Ich sah den Start und den Weg, aus der Luft. Die Karte zeigte das Wechseln der Richtung wie einen Faden Wolle, der auf dem Boden liegt. So, wie ich von oben auf die Wolle schaue und den Faden sehe, bin ich nun auch schlauer, als ich den Pfad sehe, den ich gegangen bin. Wie lange bin ich unterwegs. Wie viele Schritte waren es? Was ändert sich, wenn ich das weiß? Ich habe ein Ziel, das ich nicht kenne. Das zeigt die Karte auch nicht. Der Weg, dem ich folge, ist mir nicht bekannt und ich funktioniere. Also gehe ich weiter, wenn die Zeit dazu gekommen ist. Und schlauer bin ich nicht ob der Information des Moduls. Nach vorne kann ich keine andere Entscheidung treffen und nach hinten brauche ich keine Entscheidung zu treffen.

Auf der Karte, in die ich hinein vergrößert habe, sehe ich den Verlauf, dem ich folge. Ich sehe die Anhöhen, wie um mich herum. Von oben sehe ich, was hinter den Hügeln liegt. Es sieht so aus, wie die Hügel. Die Farben unterscheiden sich nicht so. Und der Übergang in den Sand ist fließend. Sah es hier schon immer so aus?

„Was war hier früher und wie sah es aus?“ Diese Frage stelle ich laut, aber da ist niemand, der mit mir spricht. Lediglich antwortet das Datenmodul, indem sich die Farbtöne auf der Karte wandeln. Der Pfad bleibt und der pulsierende Punkt. Darum weichen das Grau und das Gelb der Steine einem Grün, einem braunen Grau und anderen Farben. Aus dem Boden heben sich Dinge, die grüne Kronen haben. Und es bilden sich Linien zwischen roten und braunen Punkten, die mal klein und mal groß sind. Ich greife in das Bild und weiß nicht, warum ich die Bewegung mache. Ich schiebe es zusammen und kippe es nach hinten. Es dreht sich und bald ist der Punkt mit dem Pfad dort, wo ich stehe. Ich stehe über etwas, das in Bewegung scheint. Grau und Braun mit weißen Brüchen durchzogen. Darüber schwebe ich, in der Karte, in dem Bild. Ich drehe das Bild nach rechts, so als ob ich mich nach links umdrehe. Es wandert und ich sehe den Teil, wo hier die Hügel sind. Dort sind grüne Farben durchsetzt mit hellen Punkten, gelb, orange und rot wie violett. Und es geht nur leicht hoch, wo etwas Größeres ist, schwarz und weiß. Ich erinnere mich dunkel, dass ich das gesehen habe, mit meinen Augen. Aber es ist sehr lange her. Die Erinnerung ist schwach: „Was ist das schwarzweiße?“ Das Modul antwortet, indem es eine Bezeichnung einblendet: „Kuh, Rind.“ Dazu höre ich die Stimme, an die ich mich schon beim ersten Mal erinnert habe: „Das Rind wurde als Nutzvieh gehalten. Es ist ein Pflanzenfresser, der von Menschen domestiziert wurde. Es diente der Gewinnung von Milch und Fleisch. Die Haut des Tieres wurde als Leder verarbeitet.“ Es gab hier grünes Gras? So bezeichnet das Datenmodul die grünen Stellen im Bild. Es gab hier verschiedene Blüten? Es gab Kühe? Und Menschen haben die Kühe genutzt? Wie lange ist das her? Wann war das? Ich drehe das Bild weiter, so als ob ich mich links herum wende. Das Ufer läuft aus dem Bild, mit der Kuh. Der Verlauf kommt ins Bild zurück und ich schaue in die Richtung, aus der ich komme. Dort ist etwas am Ufer. Jemand steht dort und hält eine lange Stange in die Luft. Darüber steht „Angler, Mensch“ eingeblendet und der Gegenstand heißt Angelrute. Das Modul erläutert: „Der Fischer betreibt einen Sport, indem er versucht, Fische aus dem Wasser zu fangen. Viele Zyklen früher war das Angeln eine weit verbreitete Methode, Nahrung zu gewinnen.“ Ich bin fasziniert von dem Angler und sehe auf dem Wasser Vögel schwimmen, die das Modul verschieden bezeichnet. Kleine sind da, braun und schwarz und weiß mit diversen Farbtupfern. Andere sind komplett schwarz und klein. Weitere sind weiß und größer, mit langem Hals. Als ich das Bild drehe, sehe ich etwas Großes, das auf mich zukommt. Das Modul bezeichnet es als „Boot“. Es erklärt, dass Menschen oder Lasten damit auf dem Fluss transportiert wurden. Das ist das, worüber ich schwebe im Bild. Und ich lerne, dass die Boote verschieden angetrieben wurden und diverse Größen hatten. Ich frage mich, was Menschen sind und drehe das Bild weiter, nach links mich wendend. Das andere Ufer kommt in mein Bild und gleicht dem vorherigen in seiner Art. Dort, an seiner oberen Kante, wo vorher die Kuh stand auf der ersten Seite, sehe ich etwas, das meinem Haus ähnelt. Dem, wo ich gestartet bin. Und daneben sind anderen Häuser. Sie sind unterschiedlich groß und bunt. „Menschen haben in diesen Häusern gelebt und teilweise gearbeitet“, erklärt das Modul und ich erinnere mich. Irgendwann, vor langer Zeit, haben Menschen viel Zeit auf einzelne Tätigkeiten verwendet. Damit haben sie das verdient, was sie brauchten, um ihr Leben zu gestalten. Sie erhielten Sachen und Nahrung.

Und dann hat sich viel verändert. Die Erinnerung verschwimmt im Grau der vielen, die ich habe aber schon lange nicht mehr abrufe. Ich brauche sie nicht. Alles, was ich nutze, habe ich. Im Haus wurde Nahrung in der Luft erzeugt, wenn mir danach war. Auch das ist lange her. Und wenn ich Informationen brauche, weiß das Modul eine Antwort. Sonst ist niemand da, mit dem ich sprechen kann. Die Menschen, die auf den Bildern zu sehen sind, sind schon lange weg. Das Bild um mich herum sieht anders aus, dort wo der Punkt pulsiert. Die Hügel sind grau und gelblich. Der Boden unter meinen Füßen hat Risse und Steine liegen darauf. Der Verlauf ist zu sehen und ich folge ihm. Aber dort fließt nichts mehr von dem, was das Modul als „Wasser“ bezeichnet. Und Boote fahren auch nicht oder sind zu sehen. In dem Bild der Karte ist das Blau des Himmels durchsetzt mit weißen und grauen Stellen und ich frage laut, was das ist. Wolken nennen sich diese Gebilde und das Modul beschreibt, dass es sich um Wassertröpfchen handelt, die sich in der Luft bündeln und damit für Regen sorgen. Es spricht von einem Wasserkreislauf, den es schematisch darstellt. Ich sehe mich um und das Blau des Himmels enthält kein weiß. Dort ist auch kein Grau, sondern nur Blau. Wolken habe ich schon lange nicht mehr gesehen und ich weiß nicht, wann das wieder sein wird. Wasser ist mir nicht fremd, aber es ist selten und wertvoll. Das Haus hat es erzeugt, wenn ich es gebraucht habe. Und Wasser war im Meer, dort, wo ich gestartet bin mit meinem Weg. Aber hier war lange kein Wasser mehr. Der Boden hat tiefe Risse.

Ich überlege, warum es hier so verschieden aussieht und wie lange es her ist, dass Menschen hier waren. Als wüsste ich es nicht anders, frage ich das laut. Das Datenmodul antwortet, dass die Menschen lange nicht mehr gearbeitet haben, weil Maschinen alles an Aufgaben übernommen haben. Die Menschen hatten viel Zeit für andere Dinge, wie Angeln und haben sie genutzt. Und irgendwann waren sie weg und die Welt hat sich verändert. Von dem, was das Bild des Moduls zeigt. Zu dem, was ich um mich herum sehe. Eine leere Landschaft aus Rissen im Boden, Steinen und Hügeln an den Seiten des Verlaufs. Das grüne Bild wirkt auf mich anders als die Szene um mich herum. Dort bewegt sich etwas. Hier weht nur der Wind und sonst ist es ruhig. Die Menschen, das Wasser und die Luft müssen Geräusche gemacht haben. Ich erinnere mich, dass ich sie gehört habe. Vor langer Zeit. Die Erinnerung ist schwach und alt. Und ich frage mich, was die Welt so verändert hat.

Das Datenmodul kann zwar die Bilder zeigen und den Pfad, dem ich gefolgt bin. Aber es kennt das Ziel nicht, wo ich hingehe. Und es weiß nicht, wie lange ich dafür brauchen werde. Auch kann es nicht sagen, was die Welt verändert hat. Es spricht davon, dass es schon zu lange nicht verbunden ist mit anderen. Es ist alleine, unterwegs. Wie ich. Und es ist nur mit mir verbunden. Wo die Verbindung geblieben ist, weiß das Datenmodul nicht. Es vergisst zwar nichts, aber es weiß auch nur mehr, wenn es verbunden ist. Ohne Anbindung weiß es nur einen letzten Stand und kann den nicht ändern. Ich weiß vieles aus allen Zeiten. Aber ich erinnere mich nicht. Ich habe die Erinnerung lange nicht gebraucht. Es ist, als ob ich sie dann nicht mehr so schnell greifen kann. Mir fehlt die Übung? So sind wir nicht alleine und doch alleine. Das Modul und ich haben keine Verbindung, zum Netz. Was für ein Netz meint der Apparat, an meinem Arm.

Es gibt diese Dinge, die mir komisch sind. Aber ich funktioniere und so setze ich meinen Weg fort. Wohin er führt, kann ich nicht sagen. Aber weil ich funktioniere, gehe ich weiter. Und das Datenmodul blendet die Karte aus. Die Stimme, die ich gehört habe und an die ich mich erinnere, schweigt nun. So war es die meiste Zeit des Weges. Es hat mich nicht gestört und mir fehlt nichts. Ich funktioniere und wenn sich das ändert, dann meldet sich das Datenmodul. So hat es das immer gemacht. Wenn es schweigt, funktioniere ich. Die Menschen haben früher Nahrung produziert, fällt mir ein. Ich erinnere mich an das Bild dieser grünen Landschaft, die Kuh. Woher kommen meine Nahrungsmittel? Brauche ich welche oder funktioniere ich anders? Ich habe keine Antwort, präsent. Ich gehe weiter und folge dem Verlauf. Hinter mir liegt der Weg, den ich gegangen bin. Vor mir liegt ein Ziel, zu dem ich gehe. Etwas kennt es, doch kann ich es nicht beschreiben. Also gehe ich weiter.

Weitersicht

Ich bin dem Verlauf gefolgt, der durch die Hügel lief. Der rissige Boden hat mich begleitet, wie die Steine. Darüber war der Himmel blau und ohne Wolken. Davon schien die Sonne auf das Land, die Anhöhen und den Verlauf. Die Hügel haben sich verändert, nach und nach. Die Hänge wurden runder, die Höhen nahmen ab. Und nun sind sie fast weg. Der Verlauf geht fließend in das Umland über. Seine Risse laufen weiter und berühren den Horizont, irgendwo aus dem Geflecht. Den Verlauf verlasse ich nun und kann nicht sagen, was mich dazu bringt. Es wird zum Ziel führen und irgendwann werde ich wissen, wo ich bin und was ich erreicht habe. Das Land ist flach und ohne Kontur. Hier ist nur rissiger Boden, mit Steinen darauf und Geröll. Die Hügel sind in weiter Ferne, hinter mir. Ich gehe in die weite Ebene hinaus und folge etwas, das ich nicht sehe. Spuren hinterlasse ich auf dem Boden nicht und nur die Risse erkennen einander. Meine Füße gehen weiter, im gleichen Takt, mit gleichem Maß. Ich funktioniere, wie ich es seit dem Losgehen tue und setze meinen Weg fort. Die Stimme des Datenmoduls ist nicht wieder erklungen und auch kein Bild habe ich gesehen. Ich schweige und um mich herum ist es still. Der Wind ist abgeflaut und kaum noch zu spüren. Geröll und Steine sind gewichen und nur die Risse sind geblieben. Sie bilden ein Netz, das keine klare Richtung hat. Genauso hat das Land keine Kontur. Und so laufe ich weiter, funktioniere und setze meinen Weg fort. Und über allem steht der blaue Himmel. Er berührt den Boden und um mich herum. Die Kante ist hart, wie im Sand. Dort ist kein Verlauf, kein Übergang. Das Blau endet und das Grau des Bodens beginnt. Und die Sonne hüllt alles in klares Licht. Nur in den Rissen im Boden sind Schatten. Sie sind so tief, dass die Sonne nicht überall bis zum Grund leuchtet. Dort, wo ich den Grund sehe, ist die Farbe wie oben, wo ich gehe. Grau und einige Steine, die verschiedene Farben haben. Die hatten die Blüten auch, in dem Bild, das vom Modul gezeigt wurde. Nur leuchten die Steine nicht. Und wiegen sich nicht im Wind. Der ist zu schwach, sie zu bewegen.

Ansicht

Ich funktioniere, wie ich hier durch das Land gehe. Mir kommt die Frage, ob alles funktioniert und oder da noch etwas anderes ist. In den Bildern von dem Fluss waren Maschinen, Tiere und Menschen und ich frage: „Was sind Menschen?“

In Gedanken habe ich wohl das Datenmodul aktiviert und es reagiert auf meine Frage: „Die Menschen bilden in der Evolution eine der Arten mit dem höchsten Stand der Entwicklung. Sie haben im Laufe der Zeit den aufrechten Gang unter allen Arten am weitesten entwickelt. Ihr Körper ist am stärksten daran angepasst, besonders die Arme und Beine. Die zuletzt lebenden Menschenaffen gingen nur teilweise aufrecht. Sie waren mehr auf das Klettern in den Bäumen angepasst.“ Die Stimme erinnere ich und höre damit etwas anderes, als den Wind. Sie fährt fort und erklärt, dass der Mensch als Art Homo sapiens benannt wurde, in seinen eigenen Daten. Ihm voraus gingen andere Arten, deren Kopfform sich stark unterschied. Das flache Gesicht und der hohe Bereich der Stirn sind eine Antwort der Natur auf den Bedarf an Platz, den das große Gehirn braucht. Aufhorchen lässt der nächste Satz: „Menschen waren eine von wenigen an Land lebenden Arten, deren Haarwuchs am Körper über die Zeit weggefallen sind. Bei Männern herrschten Barthaare, vermutlich als optisches Zeichen, lange vor und im jeweiligen Bereich der Genitalien war zuletzt noch eine dichte Behaarung zu finden.“ Sie diene zur Übertragung von Duftstoffen. Wofür die gut waren, lässt das Datenmodul offen, als es den Körperaufbau des Menschen weiter beschreibt. Der war zuletzt bei den meisten Menschen eher gleich, was an der Art lag, wie diese Generationen entstanden. Als Generation erklärt das Modul jede nächste Welle von Nachwuchs in einer Art.

Ich gehe derweil weiter, über den Boden mit den Rissen. Hier sind von Menschen und von Tieren keine Spuren. Und ich hinterlasse ebenfalls keine, die man finden könnte. Die Daten des Moduls habe ich gehört, und gehe einfach weiter. So, als ob ich darüber hinweggehe. Es hat auf meine Frage geantwortet, ich habe es wohl aktiviert. Durch eine Berührung, von der ich nicht weiß, dass ich sie ausgeführt habe. Die Stimme ist angenehm, ich erkenne sie. Die Angaben sind nüchtern, die das Modul macht. Ich höre es nur, sehe keine Bilder. Wo sind die Menschen geblieben, denke ich und als ob das Modul meine Gedanken gehört hat, fährt es fort, zu dem Thema: „Die Art des Menschen hatte zum Ende des biologischen Lebens auf der Erde die höchste Zahl an Einheiten. Sie brauchte die meisten Ressourcen des Planeten und hatte den geringsten Beitrag zum Erhalt von Leben.“

Ich gehe weiter durch die Ödnis, die aus dem blauen Himmel, dem rissigen Boden und den Steinen besteht. Um mich herum ist kein Leben, und ich funktioniere. Setze einen Fuß vor den anderen und gehe entlang einer Mittellinie, die ich erahnen könnte, wenn meine Füße Spuren hinterließen. Der Boden ist so hart und trocken, dass die Füße nichts Sichtbares erschaffen. Die Zerrissenheit ist sein einziges Mal, das ihn komplett durchzieht. Mir fallen die letzten Worte des Moduls ein. Der Mensch war die Art mit der höchsten Ausbreitung, zum Ende biologischen Lebens. „Was ist biologisches Leben?“

Das Modul antwortet, nachdem es erwähnt, dass seine Datenlage begrenzt ist, in dem Moment. Das war früher wohl anders. Und vielleicht ist es das in Zukunft. Aber hier und in dieser Zeit könne es nur schematisch antworten. Zeit hat keine Relevanz und ich höre die Ausführung des Moduls an: „Die Erde entstand mit dem Sonnensystem, dessen Zentralstern am Himmel steht. Nach meinen Daten ist der Abstand zwischen Sonne und Erde so günstig, dass sich auf dem Planeten nach und nach flüssiges Wasser und eine Atmosphäre gebildet haben. Die Temperaturen förderten das und hielten beides auf der Erde. Darin bildeten sich zirka 4 Milliarden Zyklen vor dem Menschen die ersten Algen und Einzeller. Über die Zeit entstanden komplexe Organismen aus dem Zusammenschluss von vielen Zellen. Biologisches Leben nutzt Materie, erzeugt daraus Energie für sein Bestehen. Die ersten Zellen hatten keinen Kern, kein vom Rest abgeteiltes Erbgut. Der Kernbereich entstand vielleicht, indem zwei einfache Zellen eine Symbiose eingingen. Alle später entstandenen Zellen enthalten ihre Erbinformation im Kernteil und Organismen pflanzen sich fort. Dazu setzten Sie verschiedene Techniken ein.“ Das Datenmodul muss nicht atmen.

Ich tue es, ich atme. Das Modul läuft nicht. Ich trage es und gehe. Es fährt mit seiner Erklärung für biologisches Leben fort: „Eine allgemeine Definition für Leben gibt es nicht. Ihm werden verschiedene Kriterien zugeordnet. Zum ersten ist da ein Stoffwechsel. Den beschrieb ich als Umsetzung von Materie in Energie. Damit tritt Leben in eine wechselnde Wirkung mit seinem Umfeld. Es organisiert sich in diversen Graden selbst. Leben reagiert auf Reize aus der Umwelt, indem es chemische und physische Veränderungen wahrnimmt. Es kann sich fortpflanzen, nutzt dazu die genannten Methoden und andere. Es gibt Informationen über seine Art in Form von Erbgut weiter. Daneben kann es wachsen und sich entwickeln.“

Das sind viele Kriterien, die ich höre, während ich weiter gehe. Ich weiß nicht, wann ich aufgehört habe, zu wachsen. Es muss lange her sein. Und lernen tue ich auch schon lange nicht mehr. Ich funktioniere, gehe und folge einem Weg, den ich nicht kenne. Organisieren tut sich mein Gehen, ohne dass ich es tue. Und Reize hat die Umwelt um mich wenige. Der rissige Boden ist da schon lange. Vorher waren es Steine und Geröll, als der Sand endete.

Über allem steht immer der blaue Himmel, wenn die Sonne scheint. Nachts ist der Boden dunkel und der Himmel. Und ich gehe weiter. Materie in Energie setze ich nicht um, weiß nicht, was damit gemeint ist. Und Stoffe wechsele ich nicht. Ich besitze nur einen Satz Kleidung hier. Die reinigt sich selbst. Sie ist sehr robust und altert kaum. Ich gehe und funktioniere und das Datenmodul hat Leben beschrieben, biologisches Leben. Seine Merkmale passen nicht auf mich, vermute ich. Deswegen operiere ich.

Mir fällt das Bild ein, mit dem grünen und bunten Bewuchs und der Kuh. Das war Leben. Die Kuh hat das Grün gefressen und ist gewachsen. Menschen haben sie benutzt, um sie später als Nahrung zu nehmen. Das hat das Modul beschrieben, als es das Bild zeigte. Und der Angler hat Fische gefangen. In der Zeit des Bildes wohl zum Spaß, aber früher zum Essen. Also leben Menschen, weil sie sich organisieren. Und sie haben gelernt, zu angeln und Kühe zu essen. Sie reagieren auf Reize aus der Umwelt, weil sie die Kühe sehen und hören. Sie waren die stärkste verbreitete Art zum Ende des Lebens? Also müssen sie sich vermehrt haben, fortgepflanzt. Das habe ich vielleicht auch, aber ich erinnere mich nicht. Ich gehe durch das Land, das eintönige und funktioniere.

Das Modul geht auf die Arten der Fortpflanzung ein und ich höre zu: „Als Fortpflanzung ist beschrieben, dass eine Generation von Lebewesen ihr Erbgut an den nächsten Geburtsjahrgang weitergibt. Das geschieht innerhalb ihrer Art. Säugetiere, zu denen der Mensch zählt, sind hoch entwickelte Lebensformen. Sie gebären ihren Nachwuchs lebend und der bezieht Nahrung von der Mutter. Er wird gesäugt, was der Name sagt. Dem entgegen steht die Fortpflanzung durch das Legen und Ausbrüten von Eiern. Die enthaltene Nahrung konsumiert der Nachkomme, bis er aus dem Ei schlüpft. Danach ist er oft auf sich alleine gestellt und kann mit seinem Umfeld schon gut interagieren. Säugetiere und befruchtete Eier sind zweigeschlechtliche Methoden der Reproduktion. Dabei wird das Erbgut von zwei Elternteilen vermischt. Daneben gibt es eingeschlechtliche Verfahren. Das Leben entsteht aus Eizellen, die nicht befruchtet wurden.“

Das Modul ist sehr detailliert in seiner Schilderung. Und ich gehe einfach weiter. Ich könnte es unterbrechen, aber die Erklärung stört mich nicht. Es ergänzt, dass es ungeschlechtliche Verfahren gibt, die Zellteilung und Knospung genannt werden, nach den Beständen an Daten. Es schließt mit diesen Worten: „Menschen entwickelten andere Arten der Fortpflanzung, die auf Technik aufbauen. Die bildeten zum Ende des biologischen Lebens den üblichen Weg, Nachwuchs zu zeugen.“

Das Ende des Lebens ist der Ausdruck, den ich wiederholt höre. Er markiert einen Zeitpunkt. Der liegt in der Vergangenheit und die Spuren des Lebens sind vergangen. Wie meine Schritte im Sand schon lange verweht wurden. Die kleinen Wellen laufen dort, wie sie es vorher taten. So laufen hier die Risse im Boden weiter, nachdem ich dort lang gegangen bin. Und der Wind weht über den Grund, die Steine und den Sand. Dort erzeugt er die kleinen Wellen und großen Anhäufungen. Das Modul schweigt, weil es meine Frage komplett beantwortet hat. Ich stelle keine andere. Funktionieren tue ich und gehe weiter zu einem Ziel, das mir nicht bekannt ist.

Zeitsicht

Ich gehe aufrecht und funktioniere. Der Homo sapiens geht aufrecht und lebt. Ich erinnere mich an den Begriff, den das Modul genannt hatte. Ich habe nach Menschen gefragt. Und so nannte es die Art, zu der es Menschen zählt. Es sprach von Leben und seinen Kennzeichen. Die Merkmale von Lebewesen passen nicht auf mich, meine ich. Oder dachte ich das nur, oberflächlich. Als das Modul begann, zu schweigen, ging ich weiter. Ich bin auch gegangen, während es erzählte, über den rissigen Boden unter dem freien Himmel. Der scheint blau, einfach nur blau. Und die Kante am Horizont ist hart. Dort ist nichts, was verläuft. Der Himmel endet und der Boden fängt an, einfach so. Und die Risse laufen bis zum Ende des Bodens, der Sichtgrenze.

Mir fällt der Homo sapiens wieder ein, von dem das Modul erzählte. Er hat sich aus anderen Formen entwickelt und ich überlege, wann das war, wie lange es dauerte. Was interessiert mich an der Frage? Wieso komme ich darauf zurück? Wenn Du hier wärest und mich fragtest, ich könnte es Dir nicht sagen. Und doch scheint da etwas zu sein, das mich aufhorchen lässt. Es ist wie mit dem Ziel, zu dem ich gehe, und es nicht kenne.

Ich aktiviere das Modul, an meinem Arm: „Wie lange brauchte es, den Homo sapiens zu entwickeln?“ Das Datenmodul erwacht und liefert einige Informationen direkt: „Der Begriff steht für den verständigen Menschen oder weisen Menschen.“ Als ich das höre, zeigt das Modul ein Bild, das den Menschen von seinen Ursprüngen zeigt, dem Schema nach. Es sind Schatten auf hellem Untergrund, die vor mir in der Luft stehen, während ich gehe. Der erste Schnitt hat lange Arme, eingeknickte Beine und einen runden Gang, der nach vorne neigt. Der nächste Schnitt geht aufrechter und hält etwas in den Händen. Sein Körper gleicht dem ersten und rechts davon geht jemand noch erhobener. Es scheint, dass er Kleidung trägt, wie die ganz rechte Figur. Sie geht sehr aufrecht und hat eine andere Kopfform. Flaches Profil, hohe Stirn und keine Neigung nach vorne. Das Modul erklärt, dass diese Darstellung vor vielen Zyklen üblich war, um den Wandel von einem Affen zum Homo sapiens zu zeigen. Das Bild löst sich auf und ich sehe den Horizont, über dem rissigen Boden. Scharfer Übergang, gleiche Farben wie gestern und sonst nichts.

Das Datenmodul erläutert: „Der verstehende Mensch ist das Ende eines Zweigs innerhalb der Evolution. Sein Gehirn ist am stärksten entwickelt. Das prägt die Form seines Kopfes.“ Ich erinnere mich, das vorher schon gehört zu haben, als das Modul weiterspricht: „Der Mensch entwickelte sich als Art aus dem Primaten über einen Zeitraum von zirka 40 Millionen Zyklen. Der moderne Mensch und sein Entstehen umfassen dabei einen Zeitraum von zirka 200.000 Zyklen. Meine Daten sind da ungenau, es gibt verschiedene Angaben.“ Aber eines haben alle Angaben gemein. Der moderne Mensch umfasst den kürzesten Zeitraum dieser Entwicklung. Das fällt mir auf, als ich weiter gehe. Spuren hinterlasse ich hier nicht. Der Mensch interessiert mich und ich höre weiter zu: „Der Homo sapiens hat sich in mehreren Wellen über die Welt ausgebreitet. In einzelnen Regionen entwickelte er sich unabhängig von anderen Gruppen weiter. Lange vor seinem Vergehen sah der Mensch in seiner Art sehr verschieden aus.“ Es tauchen einige Gesichter auf, in der Luft vor mir als Bild. Sie haben andere Hautfarben, verschiedene Augen und Haarfarben. Das Modul erklärt, dass diese Menschen aus verschiedenen Erdteilen stammen, in die sich der Mensch verbreitete. Zum Ende seiner Existenz als verbreitete Art war sein Aussehen einheitlich. Die Unterschiede waren vergangen. Mehr sagt das Gerät dazu nicht und ich gehe einen Moment weiter. Etwas wirkt auf mich, passt nicht.

Sprach das Modul vom Vergehen der Menschen? Oder meint es etwas anderes? Gibt es Menschen noch? Ich gehe weiter, so wie ich es schon lange mache und funktioniere. Das Datenmodul erklärt mir, dass nach der Entstehung des modernen Menschen als Art eine andere Betrachtung folgt. Die geht um die Entwicklung des Menschen in seiner Geschichte. „Evolutionär hat sich der Mensch seit dieser Zeit nicht mehr stark verändert“, führt die Stimme aus und wechselt deswegen den Blickpunkt auf den Verlauf der Menschheit.

Vorne ist immer noch der Horizont, eine harte Kante zwischen dem Grau des Bodens und dem blauen Himmel. Die Risse eilen ihm entgegen, während ich einen Fuß vor den anderen setze, wie eine Maschine. Den Blickpunkt kann ich nicht ändern. Hier ist nichts, was mich anders sehen lässt. Kein Hügel, kein Berg. Nichts, wo ich höher steigen und in die Ferne sehen kann. Ich könnte mich umdrehen, nach hinten schauen. Dort ist es wie vorne. Der Boden sieht gleich aus und der Himmel dort auch. Die Sonne steht an der Seite und ich sehe keine Spur, hinter mir. Der Grund ist hart und rissig, ich erzeuge keine Abdrücke. So ist es. Wie lange, kann ich Dir nicht sagen. Zeit ist für mich nicht relevant.

Ich möchte mehr hören, ohne dass ich weiß, warum. Ich frage das Modul, wie die Geschichte des Menschen sich aufteilt. Eine Tabelle erscheint. Einige Spalten, etwas Text und alles in der Schrift, die ich kenne. Wann ich sie zuletzt sah, vor dem Bild vom Fluss, weiß ich nicht. Aber ich erkenne die Zeichen und kann sie lesen. Das Datenmodul gibt mir die wichtigen Phasen, die es gespeichert hat. Die erste Spanne reicht von einer sehr frühen Zeit bis zu einem Zyklus, der zirka 4.000 Zyklen vor einem Nullpunkt liegt. Die Schrift, sagt, dass das Modul diese Dauer als sehr frühe Geschichte zusammenfasst. Die nächste Periode setzt es bis zu einem Zyklus nach dem Nullpunkt, ungefähr 1.500 danach. Sie ist als frühe Historie beschrieben und ihr folgt die junge Geschichte, die bis zu einem Zyklus mit der Nummer 1.990 zirka reicht. Danach reicht die aktuelle Historik bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Menschen vergangen sind. Ihre Zeit endet dort, ihre Geschichte. Es gibt sie nicht mehr. Auf dem Bild am Fluss sahen sie lebendig aus. Und dann sind sie weg. Aber das Modul sprach davon, dass alle Menschen vergangen sind? Oder nur eine Mehrzahl von ihnen? Ich stutze und die Tabelle schwebt noch vor mir. Frage mich bitte nicht, warum ich an dem Punkt zögere. Ich weiß es nicht. Genauso, wie ich nicht weiß, warum ich gehe. Ich funktioniere und tue es. Aber was mein Ziel ist und wann ich es erreicht haben werde, das weiß ich nicht. Hier ist es auch so. Ich weiß nicht, warum ich über den Punkt stolpere, während ich gehe. Vor mir ist der Horizont und in die Richtung gehe ich, einen Fuß vor den anderen setzend.

Ich schaue mir die Tabelle an und weiß, dass ich etwas ändere, wenn ich das Bild berühre in einer der Zeilen, in der Liste. Das Modul kriegt den Kontakt mit. Die Zeile wird nach oben wandern und darunter werden andere Einträge auftauchen. Ich gehe und überlege, welche Zeile ich berühren soll. Etwas möchte meinen Arm lenken, aber ich weiß nichts von dem. Ich halte meine Arme in der Bewegung, die das Gehen hervorruft. Und doch will sich der Arm heben und in die Tabelle tippen. Warum? Woher? Durch die Liste hindurch sehe ich den Horizont, verschwommen. Es ist, als ob ein Teil der Schrift im Himmel steht und ein anderer im Boden. Kurz unter der Sichtlinie. Im Blau darüber steht die erste Zeile der Tabelle mit der Überschrift und einer Linie. Der Rest steht darunter. Und dann hebt sich mein Arm und tippt auf die Zeile im Himmel. Das Bild verändert sich und das Datenmodul zeigt eine lange Liste. Es spricht nicht, sondern zeigt eine Tabelle. Die gibt an, was in der sehr frühen Geschichte passiert ist. Die Aufstellung enthält kleine Bilder und Symbole. In jeder Zeile sind die, die für diese Phase wichtig sind. Würde ich darauf tippen, würde sich das Bild vergrößern. Und die ganze Zeit schwebt die Tabelle vor mir, zwischen Boden und Himmel, über dem Horizont. Sonst hat sich nichts verändert und ich schaue mir die Liste weiter an, während ich gehe.

Die erste Spalte beschreibt einen ungefähren Zeitpunkt. Danach steht, was in dem Punkt als wichtig aufgezeichnet wurde, links von dem Bild oder mehreren davon. Und dann kommt die nächste Zeile. Die Struktur der Tabelle ist klar, und ich schaue mir die erste Zeile an. Sie sagt, dass 2.600.000 Zyklen vor dem Nullpunkt eine Phase die Altsteinzeit war. Steine gibt es hier wenige, wo ich gehe. Viele Risse im Boden und nur wenige Steine. Darunter steht eine andere Zahl, die von 200.000 Zyklen bis zum Ursprung spricht. Daneben steht, dass der moderne Mensch entstanden ist. Es sind dort keine Symbole, kein Bild und die Zeile endet. Eine Zahl, ein kurzer Satz und mehr nicht. Die Zeile davor war auch so kurz und ich gehe weiter.

160.000 Zyklen vor Null beginnt eine erste Siedlungswelle und ein Kartensymbol ist daneben eingeblendet. Ich erinnere mich an die Karte, die das Modul zeigte, mit dem Weg, den ich gegangen bin. Ohne das Ziel, das ich auch nicht kenne. Ob die Menschen in dieser Welle ihr Ziel kannten? Ich klicke auf die Karte und das Bild ändert sich unter der Zeile. Es zeigt die Welt mit allem Land und deutet an, wie die Menschen sich verbreitet haben. Sie verließen ihren Wohnort und gingen in das Unbekannte. Genauso, wie ich. Ich gehe weiter und schaue mir die Karte an. Dann tippe ich auf die Zeile mit der Zahl an Zyklen. Die Landkarte verschwindet und die Tabelle ist wieder da. Der nächste Zeitraum markiert einen Eintrag, der 100.000 Zyklen später ist. Dort steht, dass 60.000 Einheiten vor Null die modernen Menschen Australien erreicht haben. Ich frage, wohl laut: „Was ist Australien?“ Das Modul erklärt mit seiner Stimme, dass dies ein Kontinent ist, der sich von dem Urkontinent abgelöst hat. Zu der Zeit aus der Tabelle haben die Menschen den Kontinent vermutlich nicht direkt erreicht, sondern über eine Kette von Inseln und Land, das zwischen dem großen Erdteil und Australien liegt. Ich erkenne das, als ich auf das Symbol in der Zeile zeige. Eine Karte blendet auf, die den fünften Kontinent zeigt, rechts unten platziert. Von dort geht eine grobe Linie nach links oben weg, zum anderen Teil der Erde. „Es ist wie eine Spur“, denke ich. Als ob das Abdriften von Australien dazu geführt hat, dass Bereiche abbrechen. „Die wollten wohl nicht weg von dem großen Kontinent“, spekuliere ich. Ich weiß nicht, wie ich auf die Idee komme. Das Bild weckt sie. Die Menschen sind der Spur gefolgt, vom