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Beschreibung

Der elfte Band der ZMS-Schriftenreihe widmet sich - wie bereits die Bände 1, 3, 6 und 9 - dem Deutschen Planspielpreis. Ziel dieses Wissenschaftspreises ist es, innovative Ideen und Ansätze zur Planspielmethode interdisziplinär zu vernetzen und damit über die Grenzen der eigenen Disziplin hinaus bekannt zu machen. Dabei steht die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Mittelpunkt. Mit dem Preis soll die Planspielmethode öffentliche Aufmerksamkeit erfahren und bekannter gemacht werden. Traditionell blickt der Band auf die Ausschreibung dieses Wissenschaftspreises und die ausgezeichneten Arbeiten zurück. Unter dem Titel "Planspiele - Innovative Impulse" werden in diesem Band zehn Beiträge von Preisträger*innen und ausgesuchten Bewerber*innen des Deutschen Planspielpreises 2019 vorgestellt. Die wissenschaftlichen Arbeiten beleuchten Themen aus den Bereichen der Wirtschaftswissenschaften, Politikwissenschaft und -didaktik, (Wirtschafts-)Pädagogik und der Soziologie. Die Verleihung des Deutschen Planspielpreises fand 2019 bereits zum sechsten Mal statt. Der Wettbewerb hat sich als feste Größe im wissenschaftlichen Diskurs zum Themenfeld Planspiel etabliert. Der Wettbewerb wird alle zwei Jahre ausgeschrieben, die Preisverleihung ist der Höhepunkt des Festabends bei der größten deutschsprachigen Planspieltagung, dem Europäischen Planspielforum. Auf der Tagung werden die preisgekrönten Arbeiten von den Preisträger*innen vorgestellt. Dieser Programmpunkt ist bei den Tagungsgästen sehr beliebt und zeigt das große Interesse an einer wissenschaftlichen Diskussion der Lehr- und Lern-Methode Planspiel.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 259

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Ähnliche


ZMS-Schriftenreihe

Band 11

Die Schriftenreihe des Zentrums für Managementsimulation (ZMS) der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart fördert Innovationen rund um die Planspielmethode.

Die Veröffentlichung dieses Bandes erfolgte in Kooperation mit der SAGSAGA, der Gesellschaft für Planspiele in Deutschland, Österreich und Schweiz e. V..

ISSN: 2192-7502

Unser Dank gilt dem „Verein der Freunde und Förderer der DHBW Stuttgart e.V.“ für die finanzielle Unterstützung des Drucks.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Herausgebenden

Stadt hat Spiel

Friederike Welter

Pitch your green Idea!

Antonia Bartning

Role-playing on palm oil production

Manuel Stamm, Anne Dray, Anett Hofmann

Politiksimulationen – ein vernachlässigter Forschungsgegenstand

Jan R. Lohmann

Potenziale einer Entscheidungsdatenanalyse in Planspielen

Janne Kleinhans

Planspielbasierter Ansatz zur systematischen Unterstützung von CM-Prozessen

David Schierholz, Stefan Böhme

Fertigung im Takt

Anja Ruck

Innovationsprojekte bewerten

Sven Krügener, Sebastian Schwägele

Mini-Planspiele

Birgit Aflenzer, Verena Wurzer, Ilse Pachlinger

Einmal Populist sein?

Lukas P. Meya

Autor*innen

Vorwort der Herausgebenden

Der Deutsche Planspielpreis ging im Jahr 2019 in seine sechste Runde. Ziel dieses Preises ist es, innovative Ideen und Ansätze zur Planspielmethode interdisziplinär zu vernetzen und damit über die Grenzen der eigenen Disziplin hinaus bekannt zu machen. Der Preis wird vom Zentrum für Managementsimulation (ZMS) der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Stuttgart in Kooperation mit dem deutschsprachigen Fachverband SAGSAGA (Swiss Austrian German Simulation And Gaming Association) verliehen. Dabei steht die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Mittelpunkt. Mit dem Preis soll die Planspielmethode öffentliche Aufmerksamkeit erfahren und bekannter gemacht werden.

Die Sammelbände, die speziell zum Wettbewerb herausgegeben werden, veröffentlichen Forschungsergebnisse der Preisträger*innen sowie ausgesuchten Bewerber*innen des Deutschen Planspielpreises. Hierin finden diese einen idealen Rahmen, ihre Ideen der Wissenschaftswelt und der interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren. Der nun vorliegende elfte Band der ZMS-Schriftenreihe enthält ausgewählte Beiträge der im Wettbewerbsjahr 2019 eingereichten Arbeiten.

Die Zahl der Bewerbungen liegt seit dem ersten Wettbewerbsjahr recht konstant um die zwanzig. Dies ist für ein solches Nischenthema sehr erfreulich und stimmt uns positiv für die nächsten Jahre. Der Preis hat sich in der Hochschullandschaft fest etabliert und mittlerweile eine große Bekanntheit erreicht.

Eine Übersicht über unsere bisherigen Einreichungen finden Sie hier:

Wettbewerbsjahr

Zahl der Abschlussarbeiten

Zahl der Dissertationen

2010

19

2

2011

12

3

2013

15

1

2015

13

10

2017

20

1

2019

15

5

Tab. 1: Übersicht über die Anzahl der eingereichten Arbeiten (Quelle: eigene Darstellung)

Eine interdisziplinär besetzte Jury aus Hochschule und freien Berufen bewertet die eingereichten Arbeiten und identifiziert würdige Preisträger*innen. Die Anzahl der Bewerbungen des Jahres 2019 lag bei 20 Arbeiten. Diese zu lesen, zu beurteilen und sich über die eigenen Einschätzungen innerhalb der Jury auszutauschen, ist mit einem großen Arbeitspensum und viel Zeitinvest verbunden. Unser großer Dank gilt daher unseren Jurymitgliedern Prof. Dr. Friedrich Trautwein (Vorsitz), Dr. Andrea Frank, Prof. Dr. Willy Kriz, Dr. Heide Lukosch, Prof. Dr. Stefan Rappenglück, Dr. Sebastian Schwägele und Dipl. Soz. Eric Treske (Vorstandsvorsitzender der SAGSA-GA) für ihre geleistete Arbeit.

Welche Disziplinen in den sechs Wettbewerben beteiligt waren, zeigt folgende Übersicht:

Tab. 2: Übersicht der Fachdisziplinen (Quelle: eigene Darstellung)

Wir möchten uns zudem bei allen Personengruppen herzlich bedanken, die hinter dem Preis und seiner Idee stehen. Hierzu gehören zuallererst die Bewerber*innen, aber auch deren Betreuer*innen für die Begleitung bei der Erstellung der Abschlussarbeiten.

Der Fachverband SAGSAGA e. V. ist langjähriger Kooperationspartner und Unterstützer des Deutschen Planspielpreises. Internationale Partner sind zudem die ISA-GA und die SAGANET, der Fachverband der Niederlande.

Unsere Partnerunternehmen aus der Planspielszene unterstützen den Preis finanziell und ideell und sind uns zum Großteil bereits seit der ersten Wettbewerbsrunde verbunden. Auch ihnen gebührt unser herzlicher Dank und wir freuen uns auf eine Fortsetzung der Partnerschaft im nächsten Wettbewerbsjahr 2021.

Hinter dem Deutschen Planspielpreis steht organisatorisch das ZMS, aber natürlich auch die gesamte DHBW Stuttgart. Insbesondere zu erwähnen sind an dieser Stelle die Hochschulleitung, Herr Rektor Professor Dr. Joachim Weber und unser Prorektor und Dekan Professor Dr. Bernd Müllerschön. Für die langjährige Förderung des Preises sind wir sehr dankbar.

Der Titel des Bandes „Planspiele – Innovative Impulse“ bringt zum Ausdruck, dass mehr als die Hälfte der Beiträge neu entwickelte Planspiele, Tools oder Anpassungen beschreiben und präsentieren. Folgende Beiträge sind enthalten:

Zunächst sind unsere drei Preisträger*innen aus der Kategorie „Abschlussarbeiten“ mit ihren Beiträgen vertreten: Frau Friederike Welter (Platz 1) hat Architektur in Wien studiert und schreibt über „Stadt hat Spiel“, welchen Beitrag leistet das urbane Spiel bei der Entwicklung von öffentlichem Raum? Frau Antonia Bartning (Platz 2) entwickelte in ihrer Masterarbeit ein Spiel zur unterhaltsamen Vermittlung von Wissen über die Gründung eines nachhaltigen Unternehmens und Herr Manuel Stamm (Platz 3) von der ETH Zürich widmet seinen Beitrag einem von ihm konzipierten Rollenspiel zur Palmöl-Verarbeitung, das in Schulen eingesetzt werden soll.

Der Sonderpreis ging an Dr. Robert Lohmann, dessen Dissertation an der Universität Passau entstand. In der Dissertation wurden der Mehrwert sowie die Wirkungsweisen von Politiksimulationen in unterschiedlichen Facetten untersucht. Sein Beitrag im Sammelband lautet „Politiksimulationen – ein vernachlässigter Forschungsgegenstand“.

Dr. Janne Kleinhans eruiert in seinem Beitrag Potenziale einer Entscheidungsdatenanalyse in Planspielen für die Verbesserung von Lehrveranstaltungen und für die Leistungsmessung. David Schierholz beschreibt gemeinsam mit Dr. Stefan Böhme einen planspielbasierten Ansatz zur systematischen Unterstützung von Change-Management-Prozessen. Anja Ruck hat „Fertigung im Takt“ zum Thema: Wie können Lean Management, Team Building und rhythmische Klänge die Kommunikation und Effizienz in der Fertigung steigern? Sven Krügener und Jurymitglied Dr. Sebastian Schwägele beschreiben in ihrem Beitrag ein Planspiel als Event-Weiterbildungsmaßnahme in Hochtechnologieunternehmen zur Bewertung von Innovationsprojekten. Mini-Planspiele als ressourcenschonende Bereicherung des BWL-Unterrichts sind Thema bei Birgit Aflenzer, Verena Wurzer und Ilse Pachlinger. Bei Lukas Meya schließlich geht es um Probleme der Rollenübernahme bei politischen Simulationen in der Schule.

Nun wünschen wir Ihnen beim Lesen viel Vergnügen und gute Inspiration beim Entdecken, Weiterdenken und natürlich beim Spielen!

Stuttgart, im November 2020

Simon Hahn, Birgit Zürn, Christian Hühn und Friedrich Trautwein

Stadt hat Spiel

Das urbane Spiel als Beitrag zur Entwicklung von öffentlichem Raum

Friederike Welter

Der folgende Artikel zeigt welchen Beitrag das urbane Spiel bei der Entwicklung von öffentlichem Raum leistet. Er basiert auf der Diplomarbeit ‚Stadt hat Spiel‘, die 2018 an der TU Wien im Studiengang Architektur eingereicht wurde. Die Arbeit erforscht das urbane Spiel als Methode und Instrument bei der Bürger*innenbeteiligung und stellt die Frage nach dem Mehrwert für Planer*innen und Architekt*innen. Dabei erläutert die Einleitung, warum sich die Stadt und das Spiel begegnen. Während der theoriebezogene Hauptteil der Frage nachgeht, inwiefern die Stadt ein Spiel ist, thematisiert der praxisbezogene Hauptteil durch Beispiele und Expert*inneninterviews, was das Spiel bei der Stadt bewirkt. Das Resümee fasst die Ergebnisse aus der Theorie und der Praxis zusammen und erläutert, wie das Spiel zur Stadt beiträgt.

The following article shows the contribution of the urban game to the development of public space. It is based on the thesis ‚Stadt hat Spiel‘, which was submitted in 2018 at the Vienna University of Technology. The thesis deals with the urban game as a method and an instrument in citizen participation and raises the question of added value for planners and architects. The introduction discusses the city and the game. While the theory-based main part explains why the city is a game, the practiceoriented main part analyzes three case studies and gets practical content by three interviews with experts to the urban game acting in the development of public space. The conclusion summarizes the results of the theory and the practice part and explains how the urban game contributes to the city.

1. Einleitung – Stadt und Spiel

Das Bewusstsein über die Doppelrolle als Planerin und Nutzerin von baulichen Strukturen führt mich zum Thema der Partizipation, das auch in der Architektur an Beliebtheit gewinnt. So sind die Thesen, dass das mangelnde Bewusstsein über die eigene Position der beteiligten Akteur*innen zu einem mangelnden Verständnis für die kooperative Stadt führt und dass Unwissenheit über das urbane Spiel als Methode und Instrument bei Beteiligungsverfahren und in Planungsprozessen herrscht.

Doch welchen Beitrag leistet das Spiel zur Bewusstseinsbildung bei den Akteur*innen zum Verständnis für die kooperative Stadt? Welchen Mehrwert haben urbane Spiele für Planer*innen und Architekt*innen? Und welchen Beitrag leistet das urbane Spiel zur Entwicklung von öffentlichem Raum?

Die theorie- und praxisbezogenen Herangehensweise geht diesen Fragen nach, um das urbane Spiel als Planungsinstrument und Entwurfsmethode zu erörtern.

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ (Friedrich Schiller)

2. Theoriebezogener Hauptteil – Stadt ist Spiel

Die Stadt, die Entwicklung von baulichen Strukturen und öffentlichen Räumen, unterliegt Gesetzen, Normen und Regeln, so wie sie auch in jedem Spiel als Spielregeln zu finden sind. Zudem beteiligen sich verschiedene Mitspieler*innen, die den Verlauf beeinflussen und prägen. Hier finden sich Parallelen im Spiel- und Planungsprozess, bei dem die Stadt selbst zum Spielfeld wird. Das Kapitel zeigt auf, inwiefern die Stadt ein Spiel ist.

Die Stadt wird durch Mitbestimmung und mit den in Abhängigkeit stehenden Akteur*innen (Mitspielenden) zu einem Spiel, das sich in der kooperativen Stadt in Beteiligungsformaten und Planungsprozessen wiederfindet, um Stadtstrukturen und Spielräume zu generieren. Dabei erweitert die Partizipation den Kreis der Akteur*innen. Die Umverteilung von Zuständigkeiten und Verantwortung führt zu einer Rollenvielfalt, aus der Akzeptanz für das Miteinander und Füreinander resultiert (vgl. Steger 2005). In diesem Zusammenhang ist Governance zu thematisieren, das das Regieren aus den politischen Reihen löst und in die gesellschaftlichen Strukturen verlagert (vgl. Demirović, Walk 2011, S. 9). Governance erweitert zusätzlich den Akteurskreis, sodass sich neue Möglichkeiten der Gemeinschaft ergeben. Klaus Selle beantwortet die Frage, wer die Stadt entwickelt sogar mit „Alle“ (vgl. Selle 2012, S. 29). Dabei sind sich die Autor*innen der einschlägigen Fachliteratur einig, dass sich die Beteiligten in die Stadt, den Markt und die Zivilgesellschaft gliedern lassen (vgl. Selle 2012, S. 29; Beck, Schnur 2016, S. 34 u. a.). Dabei ist die Stadt als System und Interessensvertreterin der Bürger*innen zu verstehen. Die Stadt handelt politisch motiviert und übt die ihr zugetragenen Macht aus, während sich parallel die hoheitliche Regierung löst und sich das regierende Handeln in die Gesellschaft ausweitet (vgl. Graf Strachwitz 2010, S. 287). Der Markt ist als Dienstleister mit Strukturen, Flächen und Räumen als Ware und Produkt zu betrachten (vgl. Graf Strachwitz 2010, S. 287). Auch wenn die kapitalistische Funktion des Markts dem Prinzip von Angebot und Nachfrage unterliegt, braucht eine zufriedenstellende Stadtentwicklung mehr als Dinge, die die Stadt verordnen und der Markt verorten kann. Die Zivilgesellschaft trägt das soziale Kapital als „öffentliches Gut“ (vgl. Evers 2002, S. 59). Sie handelt freiwillig, selbstermächtigt, selbstorganisiert und unabhängig (vgl. Staemmler 2014, S. 186). „[…] Zivilgesellschaft meint den Raum, wo sich Bürger und Bürgerinnen in ihrer Rolle als Bürger treffen […] – sie können sich horizontal vernetzen, solidarisch handeln und sich bürgerschaftlich selbst organisieren […]“ (Adloff 2005, S. 155).

Abb. 1: Das Abhängigkeitsdreieck der Akteure (eigene Darstellung)

Die kooperative Stadt benötigt das Eingeständnis der gegenseitigen Abhängigkeit, so wird „power to“ statt „power over“ gefördert (vgl. Beck, Schnur 2016, S. 39). Denn die Bürger*innenbeteiligung passiert aufgrund von aktivierendem statt aktivem Staat. Sie benötigt das Bewusstsein der Akteur*innen, aus dem die Bereitschaft zur Beteiligung und das freiwillige Einbringen bei partizipativen Prozessen zur Stadtgestaltung, Stadtentwicklung und Entwicklung von öffentlichem Raum resultieren (vgl. Haus 2002, S. 18 und 20).

Abb. 2: Vom Bewusstsein zur Beteiligung (eigene Darstellung)

Die Stadtstrukturen sind dabei von Gesetzen und Verordnung geprägt, sodass sich der spielerische Umgang in der Stadt reduziert, obwohl sich die Stadt und das Spiel im Wesentlichen ähnlich sind: „Die Matrix eines Spiels bietet wie der Raum der Stadt sowohl Geregeltes als auch Zufälliges, Spontanes und Ephemeres, wie jedes Spiel will die Stadt ein Raum des Unbestimmten sein, des Möglichen, der Begegnung und – nicht zuletzt – des zweckfreien Genusses“ (Strouhal et al. 2012, S. 16). Johan Huizinga, ein niederländischer Historiker und Kulturphilosoph, definiert das Spiel als eine Beschäftigung, bei der sich die Spielenden aus dem alltäglichen Leben lösen und in eine fiktive Situation fliehen, die freiwillig gewählt sowie räumlich und zeitlich begrenzt ist, immateriellen Wert hat und eigene Regeln befolgt (vgl. Huizinga 2006, S. 22). Damit ergänzt er den denkenden und den tätigen Menschen um den spielenden Menschen und benennt das Spiel als „soziale Art“ (vgl. Huizinga 2006, S. 7 und 15). Roger Caillois bestätigt die Definition, ergänzt diese allerdings um den wirtschaftlichen Aspekt, den Spiele durch Gewinn oder Verlust durchaus in sich tragen können (vgl. Caillois 1960, S. 11). Die Definition des urbanen Spiels basiert auf diesen Charakteristika und setzt diese in den Kontext der baulichen Strukturen. Es definiert sich als ein Spiel, bei dem sich die reale Sphäre der Stadt mit der fiktiven Sphäre des Spiels verbinden und sich der Spielraum und der Stadtraum vereinen (vgl. Tóth 2017, S. 14).

Abb. 3: Die Verortung des urbanen Spiels (eigene Darstellung)

„Beim Spiel kann man einen Menschen in einer Stunde besser kennenlernen als im Gespräch in einem Jahr.“ (Plato)

3. Praxisbezogener Hauptteil – Stadt durch Spiel

Die drei gewählten Projekte sind Beispiele aus Wien, die selbst entwickelt, begleitet oder besucht wurden. Das erste Projekt „Deine Stadt + Du“ ist eine eigene Studienarbeit. Sie verwendet das spielerische Element der Straßenmalkreide, um das Bewusstsein der Bürger*innen für sich selbst und die Identifikation mit dem Stadtraum zu schärfen (Link zum Projekt urbancocreation.tumblr.com). Es bearbeitet die Frage über das Selbstbewusstsein, im Sinne des sich seiner selbst bewusst zu sein, und schickt die These voraus, dass Bürger*innenbeteiligungen effizienter und effektiver werden, wenn sich Bürger*innen der gestaltenden Rolle durch sich selbst und ihrem temporären Besitz von Stadt durch sich selbst bewusst werden. Zur Durchführung des Experimentes dient ein informierender Flyer und ein Stück Straßenmalkreide in Kombination mit einem Gesprächsleitfaden, mit folgendem Inhalt:

„Bist Du Dir bewusst, dass Du jetzt gerade dieses Stück Stadt temporär besitzt? Da wo Du stehst, dort kann gerade kein anderer sein. Und bist Du Dir bewusst, dass Du durch Dich dieses Stück Stadt gerade gestaltest? – Und wenn Du Dir dessen nun bewusst wirst, dann kannst Du dieses Stück Stadt, dass Du gerade besitzt und durch Dich gestaltest mit der Kreide markieren, indem Du einen Kreis um Dich rum ziehst, mit einem Kreuz markierst oder Deinen Namen schreibst. – Und wenn Du Deinen Weg durch die Stadt heute fortsetzt und heute Abend nach Hause kommst, dann erinnerst Du Dich durch diese kleine Tat daran, dass Du heute hier dieses Stück Stadt besessen und durch Dich gestaltet hast.“

Zu der Entwicklung von öffentlichem Raum trägt dieses Projektbeispiel durch die Bewusstseinsbildung bei den Bürger*innen und ihrer persönlichen Identifikation mit einem Stück Stadt bei, sodass die Grundlage für eine gesteigerte Bereitschaft zur Beteiligung geschaffen ist.

Das zweite, begleitete Projekt „Was ist los im Drumherum“ sensibilisiert die Bürger*innen für den 9. Wiener Gemeindebezirk und sammelt mithilfe eines Planausschnitts und Aufklebern lokale Potentiale und räumliche Defizite (vgl. Gebietsbetreuung Stadterneuerung, 2017, S. 3). Die Passant*innen konnten drei symbolische Aufkleber („Dieser Ort gefällt mir“, „Dieser Ort hat Potential“ und „Meine Anregung“) unmittelbar auf einem Planausschnitt platzieren (vgl. Gebietsbetreuung Stadterneuerung im 9., 17. und 18. Bezirk, 2017, S. 3). Das parallele Gespräch und die Aussagen der Teilnehmer*innen wurden von den anwesenden Mitarbeiter*innen der Gebietsbetreuung notiert (vgl. Gebietsbetreuung Stadterneuerung im 9.,17. und 18. Bezirk, 2017, S. 7). Die Inhalte wurden in einem „Stimmungsbarometer“ ausgewertet. Durch diese Form der Ergebnissicherung sollte die grundlegende Meinung im Quartier erfasst und eine Gestaltungsempfehlung entwickelt werden (vgl. Gebietsbetreuung Stadterneuerung im 9.,17. und 18. Bezirk, 2017, S. 3). Zu der Entwicklung von öffentlichem Raum trägt dieses Projektbeispiel durch das Erstellen eines Stimmungsbildes mithilfe der individuellen Meinungsabfrage in Form von einer Kreativmethode bei, sodass eine planerische Handlungsempfehlung für das Analysegebiet erstellt werden kann.

Das dritte Projekt „Wien wird WOW“ ist eine besuchte, teils interaktive Wanderausstellung über die Stadtentwicklungsprojekte in Wien. Sie informiert die Bürger*innen nachhaltig über die Geschehnisse in Wien und aktiviert spielerisch zur Beteiligung (vgl. Stadt Wien). Der wesentliche Charakter der spielerischen Instrumente innerhalb der Ausstellung ist die Verknüpfung von realem Bezug mit fiktivem Ausprobieren. Um die reale Stadtentwicklung begreifen zu können, werden die Bürger*innen eingeladen durch spielerische Zugänge, in diesem Fall weitestgehend digital, sich selbst in der Stadtentwicklung auszuprobieren und in die Rolle der Planer*innen zu schlüpfen. Auf Bildschirmen lassen sich mit spielerischen Zugängen zum Beispiel Straßenquerschnitte mit Verkehrsflächen, Gehsteigen, Gleisen, Grünzonen, Bäumen, Sitzelementen und Parkplätzen planen und Baufelder mit unterschiedlichen Bautypologien wie Hochhäusern oder Blöcken bebauen. Die Konsequenzen des eigenen Planungsvorschlages, wie zum Beispiel die Kosten, die Errichtungsdauer und die Qualität bezüglich der Luft und der Belichtung, werden direkt angezeigt. Die Ausstellung startet den Versuch, den abstrakt wirkenden Begriff der Stadtplanung aufzulösen und für die Zivilgesellschaft begreifbar zu machen. Es basiert auf dem Wechselspiel aus informieren und aktivieren. Die spielerischen Instrumente helfen dabei, die Besucher*innen interaktiv einzubeziehen und Teil der Stadtplanung werden zu lassen. Zu der Entwicklung von öffentlichem Raum trägt dieses Projektbeispiel durch die niederschwellige Einladung der Zivilgesellschaft zum Informieren, Konsultieren und Kooperieren bei, sodass ein nachhaltiges Verständnis für die Stadtplanung und die Stadtentwicklung wachsen kann.

Ergänzt wird der praxisbezogene Hauptteil durch drei Interviews mit Expert*innen. Diese betrachten die Partizipation und das urbane Spiel aus dem pädagogischen, dem konzeptionellen und dem partizipativen Ansatz. Dabei kommen die Interviewpartner*innen aus dem Bereich der Spielentwicklung, dem Projektmanagement und der Stadtverwaltung. Ein Interviewleitfaden erfragt zum Beispiel die Einsatzbereiche, die Methodik, den Mehrwert und die eigene Erfahrung mit urbanen Spielen aus den unterschiedlichen Ansätzen und Tätigkeiten der Interviewpartner*innen. Aus den Transkripten werden die Inhalte zu den Bereichen Position und Stellenwert, Beitrag und Wirksamkeit, Verständnis und Bewusstsein, Maßstab und Skalierbarkeit, Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken sowie Planung und Prozess zugeordnet und gegenübergestellt.

Eine vermehrt getroffene Aussage ist die Niederschwelligkeit des Spiels, die die Beteiligung von schwer erreichbaren Bürger*innen erleichtert und das soziale Gefüge temporär auflöst. Dabei führt das Regelwerk des Spiels zu einer Gleichstellung und zu einem befreienden Verhalten im öffentlichen Raum. Der Stadtraum kann so einmal anders und neu wahrgenommen werden und „blinde Flecken“ entdeckt werden.

Abb. 4: Das Spiel als beeinflussendes Element zwischen einer Frage und der Antwort (eigene Darstellung)

Beim urbanen Spiel geht es daher um die spielerische Aneignung von Raum und das Sichtbarmachen von gleichberechtigtem Anspruch auf öffentlichen Raum. Durch die fiktive Sphäre des Spiels wird Neues gedacht, das sich dann in den Kontext der realen Sphäre der Stadt stellt.

„Das Spiel ist die höchste Form der Forschung.“ (Albert Einstein)

4. Resümee – Stadt hat Spiel

Das urbane Spiel ist sowohl in Beteiligungsverfahren als auch in Planungsprozessen anwendbar. Wesentlich ist, dem Spiel die kindliche Zuordnung zu nehmen und ihm eine Ernsthaftigkeit zuzusprechen. Gerade für Erwachsene, deren Verhalten durch Gesetze, aber auch durch den gesellschaftlichen Druck beeinflusst wird, ist das Regelwerk des Spiels eine Ermöglichung, sich aus eben diesem angepassten Verhalten zu lösen. Es fördert die Gleichberechtigung innerhalb der Verfahren und bringt eine auflockernde Leichtigkeit in verfestigte Strukturen. Die fiktive Sphäre lädt dabei zum Perspektivwechsel ein, fördert die Gemeinschaft und erleichtert das Verständnis füreinander. Als Kreativmethode erzeugt das urbane Spiel gegenseitige Inspiration und Ergänzung, sodass sowohl in Beteiligungs- als auch Planungsprozessen bereicherndes Material generiert werden kann. Allerdings trägt die Übersetzung aus der fiktiven in die reale Sphäre das Risiko der Interpretation, wenn das Spiel gewünschte Ergebnisse liefern soll.

Für das urbane Spiel beginnt die Schwierigkeit also bei der abgrenzenden Definition vom Spiel und den spielerischen Methoden, geht über die fehlende Ernsthaftigkeit, die Spielen allgemein zugeschrieben wird, wird durch den naheliegenden Gedanken an den Kinderspielplatz ergänzt, wenn das Spielen in der Stadt thematisiert wird, und mündet in den vorgeschriebenen und hoheitlich anmutenden Planungsprozess. Dabei werden die Stadtentwicklung, die Stadtgestaltung und die Entwicklung von öffentlichem Raum zusehends zu einer gemeinschaftlichen Aufgabe. Die Loslösung von klassischen Planungsprozessen bedeutet auch die Loslösung von klassischen Verfahren und Vorgehensweisen und das urbane Spiel liefert da einen interessanten Ansatz, den es zu verfolgen gilt.

Literaturverzeichnis

Adloff, F. (2005). Zivilgesellschaft. Frankfurt: Campus Verlag.

Beck, S., & Schnur, O. (2016). Mittler, Macher, Protestierer. Berlin: Jovis Verlag.

Caillois, R. (1960). Die Spiele und die Menschen. Stuttgart: Curt E. Schwab.

Demirović, A., & Walk, H. (2011). Demokratie und Governance. Münster: Westfälisches Dampfboot.

Evers, A. (2002). Bürgergesellschaft und soziales Kapital. Die politische Leerstelle im Konzept Robert Putnams. In M. Haus, Bürgergesellschaft, soziales Kapital und lokale Politik (S. 59-75). Opladen: Leske + Budrich.

Gebietsbetreuung Stadterneuerung im 9.,17. und 18. Bezirk. (2017). Was ist los im Drumherum? Ein Beteiligungsprojekt zum Stadtviertel rund um den Franz-Josefs-Bahnhof. Wien: MA 25.

Graf Strachwitz, R. (2010). Zivilgesellschaft und Stadtentwicklung. In E. Becker, E. Gualini, C. Runkel, & R. Graf Strachwitz, Stadtentwicklung, Zivilgesellschaft und bürgerschaftliches Engagement (S. 279-302). Stuttgart: Lucius & Lucius.

Haus, M. (2002). Bürgergesellschaft, soziales Kapital und lokale Politik. Opladen: Leske + Budrich.

Huizinga, J. (2006). Vom Ursprung der Kulturen im Spiel. Hamburg: Rohwolt Verlag.

Selle, K. (2012). Stadtentwicklung aus der „Governance-Perspektive“. In U. Altrock, & G. Bertram, Wer entwickelt die Stadt? (S. 27-48). Bielefeld: Transcript Verlag.

Stadt Wien (o. J.). wien.at - Ausstellungen. Abgerufen am 25. 10 2018 von Ausstellung „Wien wird WOW“: https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/veranstaltun-gen/ausstellungen/wien-wird-wow.html

Staemmler, J. (2014). Wie Städte sich neu finden. Baden-Baden: Nomos Verlangsgesellschaft.

Steger, B. (2005). über Partizipation. Mitbestimmung bei Ottokar Uhl. Abgerufen am 29. Januar 2018 von http://www.parq.at/sections/research/stories/297/

Strouhal, E., Zollinger, M., & Felderer, B. (2012). Spiele der Stadt - Glück, Gewinn und Zeitvertreib. Wien: Springer Verlag.

Tóth, E. (Juni 2017). Urbane Spiele in der baukulturellen Bildung. PLANERIN, S. 14-17. urbancocreation.tumblr.com, Link zum Projekt

Pitch your green Idea!

Entwicklung eines Spiels zur unterhaltsamen Vermittlung von Wissen über die Gründung eines nachhaltigen Unternehmens

Antonia Bartning

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung eines unterhaltsamen Spiels zum Thema nachhaltige Unternehmensgründung. Die Spielkonzeption basiert auf einer umfangreichen Literaturrecherche zur Spielwissenschaft sowie Spieldidaktik mit Schwerpunkt auf die Hochschullehre. Die Recherche ergibt ein deutliches Lehrpotential von Spielen. Außerdem werden Spielelemente identifiziert, die für Lernspiele hilfreich sind. Als ergänzende Vorarbeit dient ein Überblick über bereits existierende, deutschsprachige Spiele im Kontext nachhaltiges Wirtschaften. Das Ergebnis des anschließenden Konzeptionsprozesses ist ein Brettspiel mit zahlreichen Spielkarten. Es gibt auf unterhaltsame Weise einen Einblick in die nachhaltige Unternehmensführung und -gründung und kann sowohl im Lehrkontext als auch von interessierten Privatpersonen gespielt werden.

The aim of this thesis is the development of an entertaining serious game on the topic sustainable entrepreneurship. The game development is based on an extensive literature research concerning game science and didactics. The research on game didactics is focused on higher education. It shows the teaching potential of games. Also, useful game mechanism for serious games can be identified. Additionally, an overview on existing german games on sustainable business management is given. As a result of the designing process, a boardgame with numerous cards is presented. It gives an overview about sustainable management and entrepreneurship and can be used in higher education as well as by any interested people.

1. Einleitung

Nachhaltigkeit1 wird als Lösung für zahlreiche globale Herausforderungen, wie Klimawandel, Umweltverschmutzung und negative Seiten der Globalisierung, angesehen. Insbesondere Regierungen und Unternehmen müssen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Doch die freie Marktwirtschaft lässt den Unternehmen bisher weiterhin fast freie Hand, inwiefern sie Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Geschäftstätigkeit integrieren (vgl. Pufé 2017, S. 25; Krüger 2010, S. 11). Ein gesellschaftlicher Wandel hin zu einer nachhaltigen Entwicklung benötigt Menschen, die auf diesem Gebiet gebildet sind. Insofern ist es erforderlich das Leitbild Nachhaltigkeit in alle Bildungsbereiche zu integrieren. Es reicht hierbei nicht, das Konzept auf theoretischer Ebene zu vermitteln. Handlungsorientierte didaktische Methoden sollten eingesetzt werden, um zu verdeutlichen, wie nachhaltiges Verhalten – auch in Bezug auf Geschäftsmodelle und die Führung von Unternehmen – konkret umgesetzt werden kann (vgl. Pufé 2017, S. 25). Hier können (Plan)spiele ansetzen, indem (beispielsweise) Gründungsprozesse durchgespielt werden. Konsequenzen aus Entscheidungen im Rahmen der Gründung würden im Spiel erlebt, ebenso wie die Konsequenzen aus nicht getroffenen Entscheidungen. Ein Gesellschafts- oder Planspiel, welches die Themen Nachhaltigkeit und Unternehmensgründung miteinander verknüpft, kann eine geeignete Lehrmethode zur Vermittlung von Grundlagen nachhaltiger Unternehmensgründung sein.

Das Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Spiels, welches den Teilnehmenden Grundlagen der nachhaltigen Unternehmensgründung und -führung vermittelt. Das Spiel soll Faktenwissen und Kompetenzen vermitteln sowie unterhaltsam sein.

Methodik

Als Vorbereitung für die Entwicklung eines geeigneten Spiels zu Bildungszwecken wird eine ausführliche Literaturrecherche zu Spieldidaktik und Spielmethodik vorgenommen (Kap. 2 und 3). Der Fokus der theoretischen Vorarbeit liegt auf analogen2 Spielen für die Erwachsenenbildung. Das Wissen aus dieser theoretischen Vorarbeit soll in die Entwicklung des konkreten Spiels einfließen.

Bevor das Spiel detailliert entwickelt wird, ist außerdem zu prüfen, ob es ein ähnliches Spiel bereits auf dem Markt3 gibt. Die Recherche basiert auf einer Online- und Literaturrecherche und auf einer Recherche im Deutschen Spielearchiv Nürnberg4. Ergänzend wird die Spieleautorenzunft (SAZ), Vereinigung SAGSAGA (Planspielvereinigung), die Europäische Spielesammlergilde (ESG) sowie das Bayerische Spiele-Archiv Haar e.V. angefragt. Es muss davon ausgegangen werden, dass weitere Spiele in kleinen Eigenverlagen erschienen sind und nur in Bildungseinrichtungen oder gar nicht eingesetzt werden.

Im Rahmen der Spielkonzeption (Kap. 5) dienen verschiedene Quellen als Inspiration zur inhaltlichen Ausgestaltung. Es wird auf zurückliegende Erfahrungen aus dem Besuch (nachhaltiger) Unternehmen sowie Gespräche mit Gründer*innen zurückgegriffen. Es wird ein Interview mit einem Fachmann geführt, der bereits mehrfach verschiedene Spieltypen in der Lehre eingesetzt hat. Außerdem fließen eigene berufliche Erfahrungen in verschiedenen Organisationen und Startups sowie Erkenntnisse aus Workshops5, Seminaren6 und Konferenzen/Messen7 zu Unternehmensgründung und Social/Sustainable Entrepreneurship in die Spielentwicklung ein.

1 Nachhaltigkeit wird hier als die gleichwertige Berücksichtigung der drei Bereiche Wirtschaft, Umwelt, Soziales und deren Integration in eine ganzheitliche Betrachtungsweise verstanden.

2 nicht-digitale Spiele

3 Es wird hier vorwiegend der deutschsprachige Markt betrachtet, da das Spiel zunächst auf Deutsch vorgesehen ist.

4 Das Deutsche Spielearchiv Nürnberg ist das größte Spielearchiv Deutschlands, mit einem Fundus von über 30.000 Gesellschaftsspielen (Museen der Stadt Nürnberg o. J.).

5 „Wie gründe ich ein Sozialunternehmen?“, Thorsten Jahnke, Social Impact Lab, Berlin, 2018; „Stakeholder Engagement für Sozialunternehmen“, Verena Riedmiller, Social Impact Lab, Berlin, 2018.

6 „Social Entrepreneurship“, Prof. Dr. Claudia Brözel, HNE Eberswalde, 2017; „Sustainable Entrepreneurship“, Prof. Dr. phil. Hans-Peter Benedikt, HNE Eberswalde, 2016; „Spezialisierung 1 - Innovative Produktentwicklung im Kontext Nachhaltigkeit am Praxisprojekt Reblock“, Johannes Frühmann, HNE Eberswalde, 2016 und weitere Seminare im Masterstudium Nachhaltige Unternehmensführung, HNE Eberswalde, WS2015 bis SS2018.

7 „Entrepreneurship Summit“, Freie Universität Berlin, 2018; „DeGut“, Berlin, 2018; „Zukunft Transatlantica – Entrepreneurs für Grüne Innovationen“, Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, 2018; „Innovation X Kreativität“, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin, 2018.

2. Didaktische Grundlagen für Spiele in der Erwachsenenbildung

Menschen, die viel spielen, wurden in einer Untersuchung aus dem Jahr 1996 als selbstbewusst, aufgeschlossen, risikofreudig und optimistisch identifiziert. Das häufige Spielen spiegelt sich in der Bereitschaft wider, Situationen gedanklich durchzuspielen. Dies fördert die Fähigkeit verschiedene Entscheidungsoptionen zu überblicken und Konsequenzen abzuschätzen (vgl. Knecht 2007, S. 39). Das sind Kompetenzen, die für Gründerpersonen förderlich sind.

Spielerischen Lernmethoden wird Potential zur Wissens- und Kompetenzvermittlung nachgesagt – auch im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung (vgl. Carabias-Hütter, Ulrich 2008). Als offene handlungsorientierte didaktische Methoden können sie an den steigenden Bedarf an problemorientiertem Lernen sowie Training von Sozial-, Selbst- und Kommunikationskompetenz anknüpfen. Auf gruppendynamischer Ebene wirken sie integrativ und interpersonelle Kompetenzen werden geschult (vgl. Knecht 2009, S. 29). Die Scheinrealität der Spielumgebung ermöglicht es Entscheidungen zu testen und deren Folgen im Spiel zu erleben, ohne reale Konsequenzen in der Wirklichkeit befürchten zu müssen (vgl. Achtenhagen et al. 1992). Durch Spielspaß und emotionale Erlebnisse festigen sich Lerninhalte besser im Gedächtnis der Teilnehmenden (vgl. Albach, Mertens 2000, S. 175).

Demnach kann ein Spiel zur praxisorientierten Vermittlung von nachhaltgier Unternehmensführung beitragen. Komplexe Sachverhalte wie die Gründung eines nachhaltigen Unternehmens könnten durch die Reduktion auf ein Spielfeld, Spielkarten o. Ä. leichter verständlich gemacht werden.

Zur Motivation der Teilnehmenden ist es wichtig, dass das Spiel Spaß macht. Um die Spannung aufrecht zu erhalten, sollte bis zum Ende des Spiels offen sein, wer gewinnt. Denn bei motivierten Teilnehmenden kann von einem höheren Lerneffekt ausgegangen werden. Auch ein gut verständliches, möglichst einfaches Regelwerk tragen zur aktiven Spielteilnahme bei.

Lehrpersonal fordert vielfach, dass ein Spiel neben Sozialkompetenzen auch Faktenwissen vermittelt (vgl. Lehner 2009, S. 144). Um den Erwerb von Sozialkompetenzen zu unterstützen, ist es förderlich, wenn sich das Spiel in Teams spielen lässt (vgl. Hense, Mandl 2009, S. 33).

Es gibt zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für Spiele in der Lehre. Dennoch werden sie an Schulen und Hochschulen/Universitäten erst wenig eingesetzt. Als eine wesentliche Ursache können straffe Zeit- und Lehrpläne seitens der Bildungseinrichtung sowie mangelnde Anpassungsmöglichkeiten der Spiele identifiziert werden. Bei der technischen Umsetzung ist daher zu beachten, dass das geplante Spiel möglichst in einem Zeitrahmen von maximal 90 Minuten (Dauer einer Doppelstunde im Hochschulkontext) spielbar sein sollte. Außerdem lässt sich aus den Hindernissen für den Einsatz von Spielen in der Lehre ableiten, dass es sinnvoll ist, wenn das Spiel vom Lehrpersonal inhaltlich angepasst werden kann.

Abb. 1: Spielphasen und Aufgaben der Spielleitung (eigene Darstellung auf Basis von Hitzler et. al. 2011, S. 17; Ulrich 2006, S. 2 und Wittern 1975, S. 218).

Um den gewünschten Lernzielen des Seminars näher zu kommen, sollten Spiele mit allen Teilnehmenden unter Anleitung der Seminarleitung ausreichend vor- sowie nachbereitet werden (vgl. Wittern 1975, S. 206). Je nach Spiel muss die Diskrepanz zwischen Spiel und Realität verdeutlicht werden und es ist in den Kontext des Seminars einzubetten (vgl. Trautwein 2011, S. 230). Der Einsatz eines Spiels im Unterricht sollte dabei, ähnlich wie Übungen und andere Unterrichtsmethoden, nach folgendem Basisschema aufgebaut sein:

Briefing (Vorbereitung/Einführung/Induktionsphase)

Durchführung (Spielphase)

Debriefing (Nachbereitung/Auswertung/Reflexion) (vgl. Heimlich 2015, S. 182; Hitzler et al. 2011, S. 43; Ulrich 2006, S. 2).

Die Abb. 1 fasst die Aufgaben der Spielleitung in den jeweiligen Phasen eines Spiels zusammen.

3. Spielwissenschaft, Spielprinzipien und -elemente

Neben der Spieldidaktik ist die Auseinandersetzung mit lernzielfördernden Spielelementen zur Entwicklung eines (Plan)spiels förderlich.

Die Begrifflichkeiten Spielelemente, Spielmechaniken, Spielprinzipen und Spieltheorie werden in der Literatur z. T. irreführend für ähnliche Sachverhalte eingesetzt. Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, geht es in der Spieltheorie nicht um die theoretischen Hintergründe von Spielen und deren Entwicklung, sondern um mathematische Konstrukte, z. B. wie Entscheidungen zustande kommen.

Spielprinzipen können als Grundlagen, Gesetzmäßigkeiten oder allgemeingültige Regeln für Spiele im Allgemeinen oder im Speziellen verstanden werden.

Huizinga beschreibt drei Grundprinzipien von Spielen (Spannung, räumliche Begrenztheit, Ordnung), welche besonders wichtig sind. Die weiteren Grundprinzipien von Spielen, wie die Freiheit des Handelns und der Unterschied zum ‚eigentlichen Leben‘, ergeben sich meist von selbst durch das Spielen an sich (vgl. Huizinga 2013, S. 16ff.).

Durch Spannungserlebnisse werden die „Fähigkeiten des Spielers auf die Probe gestellt: seine Körperkraft, seine Ausdauer, seine Findigkeit, sein Mut, sein Durchhaltevermögen und zugleich auch seine geistigen Kräfte“ (ebd., S. 19f.). Spannung im Spiel wird durch die Kombination mehrerer Motive begünstigt, z. B. durch den Konflikt von Koordinationsinteresse und nicht-konforme individuelle Interessen (vgl. Behnke 2013, S. 91). Viele Spiele gewinnen Spannung durch imperfekte (unvollständige) Information. Das bedeutet, dass die Spielenden nicht alle zurückliegenden Spielzüge/Entscheidungen der anderen Spielenden kennen (vgl. ebd., S. 123). Förderlich für Spannung sind zudem Geheimnisse oder Wissenslücken. Sie bestehen immer da, wo Informationen ausstehen und können dazu motivieren die Wissenslücken zu füllen (vgl. Wilson et al. 2009, S. 233).