Plazenta Power - Dr. med. Sophia Johnson - E-Book

Plazenta Power E-Book

Dr. med. Sophia Johnson

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Beschreibung

Alles über das Wunderorgan: Funktion in der Schwangerschaft, Bedeutung für die Mutter und integrative Verwendung als Heilmittel Die Plazenta ist eine wahre »Alleskönnerin«: In der Schwangerschaft leistet sie Erstaunliches für Kind und Mutter. Nach der Geburt findet sie auf viele Arten Verwendung, unter anderem als Heilmittel im Wochenbett. Doch wie genau funktioniert die Plazenta? Wie versorgt und schützt sie das Kind im Mutterleib? Und kann sie nach der Geburt bei mütterlichen Gemütsschwankungen oder Milchbildungsstörungen helfen? Die Ärztin Sophia Johnson und die Biologin Jana Pastuschek beschäftigen sich wissenschaftlich mit diesem komplexen Wunderorgan. Sie haben Hormone, Spurenelemente und Mikroorganismen in der menschlichen Plazenta untersucht, um der Frage auf den Grund zu gehen: Ist das die Wunderpille fürs Wochenbett? In diesem Buch stellen die Autorinnen neueste Ergebnisse aus der Forschung vor. Unterhaltsam und verständlich führen sie in das Plazenta-Universum ein und benennen medizinische, historische und kuriose Fakten. Sie widmen sich ausführlich dem Thema Plazentophagie (Plazentaverzehr) und geben praktische Tipps und Rezeptvorschläge von der Plazenta-Kapsel bis zum Smoothie. Ergänzt wird diese Darstellung aus medizinwissenschaftlicher Sicht durch Erfahrungsberichte von Frauen, die ihre Plazenta als Heilmittel genutzt haben.

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WICHTIGER HINWEIS

Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. die Erfahrungen der Verfasserinnen dar. Sie wurden von den Autorinnen nach bestem Wissen zusammengestellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen und medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Die hier bereitgestellten Informationen sollten niemals als alleinige Quelle für gesundheitsbezogene Entscheidungen verwendet werden. Sie dienen auch nicht als Grundlage für eigenständige Diagnosen und den Beginn, die Änderung oder Beendigung der Behandlung von Krankheiten.

Die Autorinnen können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, keine Haftung übernehmen.

Dieses Buch enthält Hinweise auf Webseiten und Bücher, auf deren Inhalt die Autorinnen keinen Einfluss haben. Deshalb können sie für fremde Inhalte auch keinerlei Haftung übernehmen.

1. Auflage 2023

978-3-96914-012-3

© Stadelmann Verlag

Nesso 8, 87487 Wiggensbach

www.stadelmann-verlag.de

[email protected]

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Alle Rechte vorbehalten.

Lektorat: Mariette Franz (www.mariette-franz.de)

Herstellung: Eberl & Koesel Studio, Kempten

Druck: Mediaprint, Paderborn

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Einführung in unser Plazenta-Universum

Die Plazenta: Wunderorgan und Alleskönnerin

Die stammesgeschichtliche Entstehung der Plazenta

Plazenta-Basics

Von der Kugel zur Scheibe

Der Plazentastoffwechsel

Schutz und Abwehr – Plazenta-Immunologie

Heiß diskutiert: Plazenta und Mikrobiom

Die Plazenta als Hormon-Fabrik

Wichtige von der Plazenta gebildete Hormone

Die Geburt der Plazenta

Schwangerschaft geschafft

Die rituelle Verwendung der Plazenta

Historisches und Kurioses

Die Pharmakopöe von Württemberg und andere alte Medizinbücher

Die Promotion des Dr. Möslein

»Viele Weltstars schwören auf: Hormocenta!«

Plazenta als Heilmittel

Die ärztliche Sicht: Dimensionen der Heilung

Die integrative Anwendung der Plazenta

Plazentophagie

Eine Begriffsklärung

Plazentafressen im Tierreich

Die mütterliche Plazentaeinnahme

Medikament oder Lebensmittel?

… natürlich darf die Mutter entscheiden!

Die Plazenta als Forschungsobjekt

Grundlagenforschung zu Plazentophagie im Placenta-Labor

Hormon-Entzug im Wochenbett

Die Experimente beginnen …

Gekocht, getrocknet oder roh?

Was ist denn nun drin?

Konzentrationen von Hormonen im Plazentagewebe

Progesteron und Allopregnanolon – die weiblichen Gemütshormone?

Spurenelemente im Plazentagewebe

Plazenta als Energiequelle?

Lebt das etwa? Mikroorganismen im Plazentagewebe

Die toxische Plazenta

Der Stand der Forschung zu Plazentophagie

Die wackeligen Säulen der evidenzbasierten Medizin

We love questioning science!

Wo sind die weiblichen Fragen in der Wissenschaft?

Und nun noch einmal Klartext – das Ganze soll etwas bringen?

Für frischgebackene Väter: die Rezepte-Ecke

Vorbereitung

Nun muss sich die Mutter entscheiden … 

Anhang

Literaturverzeichnis

VORWORT

Ein ganzes Buch nur zum Thema Plazenta? Wo doch diese einfach mal so nach der Geburt halt auch noch »erscheint«? Nein, nicht einfach mal so und die Nachgeburt ist nicht nur die »Geburt nach der Geburt«. Sie ermöglicht nämlich der Frau nach der doch einschneidenden Dehnung der Vagina durch das Kind eine weitere, nun weitaus sanftere Dehnung und weiche Geburt – sozusagen als Versöhnung nach der Geburt des Kindes noch ein weicher, warmer Abschluss dieses so prägenden Geburtstages ihres Kindes.

Der moderne Fachbegriff »Plazenta« (lateinisch: Kuchen) hat das langjährig verwendete Wort »Nachgeburt« ersetzt. Und das ist gut so. Volkstümlich wurde diese schon lange Mutterkuchen und manchmal auch Kindestorte genannt. Diese Bezeichnungen werden dem Organ weitaus besser gerecht. Hat es doch das Kind seit seiner Entstehung ernährt, es wachsen und gedeihen lassen. Ohne Mutterkuchen kein Kind! Denn ohne all diese lebenswichtigen Stoffe, die die Plazenta produziert und über die Nabelschnur zum Kind transportiert, wäre das Heranwachsen eines Kindes im Mutterleib nicht möglich. Der Mutterkuchen ist gleichzeitig auch für den Abtransport von kindlichen Stoffwechselprodukten zuständig – also ein Allroundtalent, das dem Ungeborenen einen 24-Stunden-Service bietet. Daher ist der mexikanische Begriff »Gefährte« oder die in Lettland gebräuchliche Bezeichnung »andere Hälfte« noch weitaus treffender.

Die Plazenta sorgt mit Zuverlässigkeit für das Kind, darauf können Eltern in großem Maße vertrauen und so sollten sie diese nach deren Geburt auch betrachten und sich bedanken für die perfekte Versorgung. Das war die Wiege des Kindes in der Schwangerschaft: weich, rot-blau-purpurfarben und mit einem zarten Seidenhimmel (den Eihäuten) überzogen. Ich habe immer gesagt: Schaut, in Samt und Seide war euer Kind gehüllt, weich und warm, nehmt dies als Vorbild. So kann euer Kind auch »draußen« gut weiterwachsen.

Wie in diesem Buch zu lesen ist, hat die Plazenta das Kind nicht nur im Mutterleib genährt, sondern stellt auch nach der Geburt ein kraftvolles Heilmittel für Mutter und Kind dar. Es ist beruhigend, dass es schon immer Eltern gab, die sich – vermutlich durch Gespräche mit Hebammen oder mit Gleichgesinnten – viele Gedanken machen, was mit dem Organ nach der Geburt geschehen soll. Die einen vergraben es mehr oder weniger heimlich sehr tief im eigenen Garten – die anderen laden zu einem Ritual bei der Taufe ein und pflanzen gemeinsam mit der Familie und dem Freundeskreis einen Baum, passend zur Form der Plazenta oder dem Namen des Kindes, wie zum Beispiel für den Buben Jonathan einen Apfelbaum gleichen Namens. Andere potenzieren selbst eine homöopathische Sarkode, manche lassen diese professionell herstellen, wiederum andere essen ein Stückchen roh – lesen Sie in diesem Buch über Varianten der Heilkraft des Mutterkuchens und verstehen dann, dass da wirklich Power drinsteckt!

Dieses Stück »Menschenfleisch« ist also nach der Geburt des Kindes tatsächlich wichtiger als zu erahnen ist. Den beiden Fachfrauen Sophia Johnson und Jana Pastuschek ist es gelungen, mit erfrischendem und doch sachlichem Vokabular ein Buch zu verfassen, das wissenschaftlich bestätigte neue Horizonte für die Plazenta eröffnet – das Stück blutige Power nach der Geburt eines Kindes.

Ich wünsche dem Buch, dass es zur Fachliteratur für Hebammen und die Geburtshilfe wird, für werdende Eltern eine spannende Lektüre, um gut informiert zu entscheiden, was sie für sich als richtig erachten in Hinblick auf die Plazenta nach deren Geburt.

Ingeborg Stadelmann, Juni 2023

EINFÜHRUNG IN UNSER PLAZENTA-UNIVERSUM

»Hallo Sophia, wer passt denn heute Abend auf deine Kinder auf? Ich habe eben einen Anruf aus dem Kreißsaal bekommen: Die Hebammen betreuen gerade eine Zweitgebärende, der Muttermund ist vollständig eröffnet. Es kann gut sein, dass die Plazenta in ein, zwei Stunden geboren ist. Könntest du ins Labor kommen?«

So ungefähr klingt ein typischer Anruf meiner Kollegin und mittlerweile Freundin Jana Pastuschek. Gemeinsam haben wir am Placenta-Labor des Universitätsklinikums Jena schon die ein oder andere Nacht verbracht, um Proben von frischgeborenen Plazenten zu nehmen. Während natürlicherweise die ganze Aufmerksamkeit der Mutter nach der Geburt dem Neugeborenen gilt, finden Jana und ich es unglaublich spannend, uns dem »Wunderorgan der Schwangerschaft«, der Plazenta, zu widmen.

Aber das war noch nicht immer so …

Während meines Medizinstudiums wurde die Plazenta nur als Nebensache in den Vorlesungen zur Frauenheilkunde erwähnt. Erst nach der Geburt meiner Tochter überraschte mich mein Mann mit der Frage, ob er mir meine Plazenta nicht zu Kapseln verarbeiten solle, das unterstütze angeblich die Heilung im Wochenbett. Er ist Halbamerikaner und hatte schon von diesem Trend aus den USA gehört. Ich wusste bis dahin jedoch noch nichts davon und lehnte seinen Vorschlag ab. Aber mein Interesse war geweckt, und so klopfte ich einige Monate später an die Tür des Placenta-Labors in Jena: »Habt ihr schon einmal etwas von Plazenta als Heilmittel gehört?« So begann meine wissenschaftliche Arbeit an diesem Thema.

Aller Anfang ist staubig, denn vor spannenden Experimenten steht bekannterweise die Literaturrecherche. Somit verbrachte ich viel Zeit in Bibliotheken und hatte zum Teil mehr als siebzig Jahre alte, poröse und mit Schreibmaschine getippte Seiten von Promotionen über Plazenta als Heilmittel in der Hand. Je weiter mich meine Recherche trug, umso klarer wurde mir: In den verschiedenen integrativen Medizinsystemen wie der Homöopathie, der anthroposophischen Medizin oder der Traditionellen Chinesischen Medizin ist Plazenta als wirkungsvolles Heilmittel bekannt.

Danach stand ich vor der Herausforderung, das Wissen über die traditionelle Verwendung der Plazenta mit moderner Grundlagenforschung in der Geburtsmedizin zu verbinden. Denn in der heutigen Wissenschaftswelt ist die Plazenta als Heilmittel noch nicht angekommen. Es gibt nur wenige Forscherinnen weltweit, die sich intensiv mit dieser Thematik beschäftigen, und eine von ihnen wohnt nicht in Las Vegas oder Buffalo, sondern gleich um die Ecke: Jana Pastuschek.

… bestimmt habe ich ziemlich komisch geguckt, als Sophia an die Tür vom Labor klopfte und frei heraus fragte, ob wir etwas über die Plazenta als Heilmittel wüssten. Fünf Jahre war ich zu diesem Zeitpunkt schon wissenschaftliche Mitarbeiterin am Placenta-Labor. Das Labor besteht sogar schon seit Jahrzehnten. Und doch hatten weder ich noch eine meiner Kolleginnen je etwas davon gehört. Spannend, dachte ich, formidables Thema, charismatische Frau, Kaffeetasse gerade voll – also her mit allem, was da so an Ideen in Luft und Raum schwebt.

Für eine theoretische Doktorarbeit zum Thema gab es zum damaligen Zeitpunkt zu wenig (aktuelle) Literatur und Studien. Und meiner Ansicht nach kann man eine Plazenta nur erforschen, wenn man sie selbst in der Hand gehalten und ihre Kraft, ihre Power gespürt hat. Als Biologin weiß ich, dass Forschung oft mühsam und langwierig ist und Gelder dafür quasi nicht vorhanden sind beziehungsweise sehr aufwändig mit Expertise auf dem jeweiligen Fachgebiet eingeworben werden müssen. Experimente und Studien müssen im realisierbaren Rahmen geplant werden. Bis zu ausreichend validen Ergebnissen ist es oft ein frustrierender Weg, der mit einigen Rückschlägen verbunden sein kann.

Nichts davon konnte Sophia abschrecken. Wir fragten uns gegenseitig Löcher in den Bauch, planten Experimente, suchten wissenschaftliche Unterstützerinnen und Kooperationspartnerinnen, schrieben einen Ethikantrag, starteten ein Crowdfunding, bekamen dadurch mehr Geld gespendet, als wir erhofft hatten, klärten Hebammen auf, baten werdende Mütter um ihre Plazenta als Spende und legten los: egal zu welcher Tageszeit, ob am Wochenende oder am Feiertag. Wir freuten uns über jeden Anruf und nahmen dankbar die uns gespendeten Plazenten entgegen. Diese werden, genauso wie die dazugehörigen Kinder, nicht nur zwischen 8 und 16 Uhr geboren, sondern natürlich rund um die Uhr. Und so sind aus diesem einen Nachmittag des Kennenlernens viele Stunden, Tage und Nächte, Wochen und Monate und inzwischen sogar mehr als acht Jahre gemeinsamer Forschung und Freundschaft geworden. Was uns bis heute Kraft gibt und oft euphorisch munter hält, ist die Faszination für das Wunder der Plazenta: den Ursprung des menschlichen Lebens quasi warm und frisch in den Händen zu halten und ab und an auch noch die ersten lebensbejahenden Schreie des Kindes parallel mithören zu dürfen.

Jede Plazenta ist einzigartig. Die Entstehung dieses Organs begann vor circa 140 Millionen Jahren, weil sie den Neugeborenen höhere Überlebenschancen bot. Eine verhältnismäßig große Plazenta mit Verbindung zur Gebärmutter, die Nahrung und Sauerstoff zuführt und Stoffwechselprodukte abtransportiert, ermöglichte Säugetieren eine längere Reifung des Ungeborenen im geschützten Mutterleib. Seit der Entstehung der »Ur-Plazenta« ist viel passiert, sie gehört nun zu den Organen mit der größten evolutionären Vielfalt unter den Tierarten. So haben Mäuse natürlich Mäuseplazenten, Elefanten selbstverständlich Elefantenplazenten und der Mensch: eine menschliche Plazenta.

Nicht immer sind in der Forschung Tierversuche zu vermeiden. Wollen wir jedoch etwas über die menschliche Schwangerschaft wissen, so geht das fast ausschließlich mit menschlichen Plazenten. Bei einer theoretischen Verfügbarkeit von fast 400 Tonnen Plazentagewebe pro Jahr allein in Deutschland sollte das auch kein Problem sein. (Für die an Zahlen Interessierten: Im Jahr 2022 gab es 739 000 Neugeborene, multipliziert mit 500 Gramm durchschnittlichem Plazentagewicht ergibt das 369 500 Kilogramm Plazentagewebe.) So können wir, ohne Tiere für unsere Forschung zu benutzen oder zu töten, viel über Schwangerschaft und Geburt erfahren. Als netter karmischer Nebeneffekt reduzieren sich Tierversuche von selbst.

Doch das geht nur dank der Spenden durch die Mütter. Daher möchten wir Autorinnen uns an dieser Stelle herzlich bedanken: Danke an die Kinder und Danke an die Mütter für eure Gaben! Danke auch für die wertvolle Kooperation zwischen Forschung und Geburtsmedizin und Danke an die Hebammen, die ihren Beruf lieben, auch wenn dies durch die äußeren Bedingungen zunehmend schwerer gemacht wird.

Für viele Geburtsbegleiterinnen ist die Verwendung der Plazenta nichts Neues: Cornelia Enning hat schon 2003 ein Buch über Heilmittel aus Plazenta geschrieben – anhand ihrer langjährigen Erfahrungen als Hebamme. Die Sichtweisen ändern sich natürlich je nach fachlichem Hintergrund. Und so werfen wir aus ärztlicher und wissenschaftlicher Sicht den Blick auf dieses Thema. Dabei muss man bedenken, dass sich Forschung manchmal in rasantem Tempo entwickelt. Wenn wir in fünfzig Jahren um viele Erkenntnisse reicher sein werden und dies hier erst der Anfang einer modernen Betrachtung der Plazenta als Heilmittel gewesen sein wird, liegt es an den heute noch fehlenden wissenschaftlichen Methoden, wenn wir die Wirkung der Plazenta noch nicht verstehen. Aber dass sie wirkt, schrieb schon der chinesische Arzt Li Shizhen im 16. Jahrhundert: »Plazenta hat eine außerordentliche Wirkung … Selbst der Dümmste wird diese bemerken.« Die über Jahre und Jahrhunderte gesammelten Erfahrungen sind nicht eingebildet, sondern empirisch. Aber es gibt auch sehr laute, kritische Stimmen in der Wissenschaftsdiskussion um die Plazenta als Heilmittel, und diesen möchten wir mit unseren klar aufbereiteten Ergebnissen gegenübertreten. In unserer Gesellschaft möchte man gern möglichst viele Risiken ausgeschlossen haben, und so steht die potenzielle Gefahr von Plazenta als Heilmittel im Raum. Aber könnte man umgekehrt auch fragen, welche Risiken für Mutter und Kind durch die Nicht-Einnahme entstehen? Die Erfahrungen von Hebammen zeigen: Frauen verwenden ihre eigene Plazenta im Wochenbett – zum Beispiel ein kleines Stückchen roh in einen Smoothie püriert oder getrocknet zu Kapseln oder Globuli verarbeitet – und profitieren davon, unabhängig, wie aussagekräftig die Datenlage ist.

Jede Frau kann und darf mit ihrer eigenen Plazenta machen, was sie will: sie in der Klinik lassen, als Bolognese verspeisen, sie für die Plazentaforschung spenden, zu Globuli verarbeiten oder sie würdig bestatten. Abgesehen von ein paar eigentlich offensichtlichen gesellschaftlichen Spielregeln (zum Beispiel, dass man die Plazenta nicht im öffentlichen Park vergraben und die Nabelschnur rausschauen lassen sollte) darf die Mutter entscheiden, was mit der Plazenta passiert. Und in diesem Moment geht es nicht nur um Nutzen oder Risiken, sondern auch um das Recht der Frau, selbstbestimmt Entscheidungen zu fällen, die nur sie ganz persönlich betreffen, ihren eigenen Körper und das Organ, das mit dem Kind zusammen in ihrem Leib gewachsen ist. Jede Frau erlebt Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett ganz individuell – und manchmal gibt es auch eine Geschichte zum Mutterkuchen. Daher haben wir in diesem Buch ebenfalls Mütter zu Wort kommen lassen, die dankbarerweise ihre Erfahrungen rund um die Plazenta mit uns teilen.

Leider landet die Blase der Wissenschaft selten auf gesellschaftlichem Boden. Das, was in englischsprachigen Wissenschaftspublikationen diskutiert wird, kommt oft nicht bei den Frauen an, die es wirklich interessiert. Manchmal dauert es auch Jahrzehnte, bis Ergebnisse der Forschung in die klinische beziehungsweise ärztliche Tätigkeit übernommen werden. Das, was wir während unserer gemeinsamen Forschungsarbeit herausgefunden, diskutiert und durchdacht haben, möchten wir hier gekürzt und verständlich darstellen, damit interessierte Frauen dieses Wissen nutzen und zu einer informierten Entscheidung für sich selbst finden können. Aber auch für Geburtsbegleiterinnen wie Hebammen, Doulas oder Geburtsmedizinerinnen haben wir viele Informationen im Detail erläutert – wem es im Einzelfall zu speziell wird, darf gern weiterblättern. Jedoch sollte unser Buch nicht mit einem Ratgeber zu Plazentaverzehr oder -therapie verwechselt werden, dafür fehlt uns die klinische Erfahrung.

Aber: Für den ein oder anderen interessierten Vater, der seine Frau im Wochenbett so richtig verwöhnen möchte, gibt es natürlich eine Step-by-Step-Anleitung für einen frischen Früchte-Smoothie mit einem kleinen Stück Plazenta und weitere Rezept-Ideen im Anhang. Prost!

Erfahrungsbericht von Andrea

Das Ergebnis vorweg: Ich würde es wieder tun. Man weiß ja nie, woran es wirklich gelegen hat. Aber nach der Geburt meines ersten Sohnes hatte ich wohl so etwas wie eine »leicht depressive Phase«. Zumindest versuchten mich Freunde hin und wieder mit dieser Möglichkeit vertraut zu machen, wobei ich der Meinung war, leichte Stimmungstiefs und etwas häufiger auftretende Motivationslosigkeit seien doch noch lange nichts, was man als »depressiv« bezeichnen könnte. Man neigt auch dazu, im Nachhinein alles schönzureden oder zu verklären. Wenn da nicht die zweite Geburt gewesen wäre, die mir vor Augen geführt hat, dass alles auch ganz anders aussehen kann. Dank einer Freundin, die einen Kurs über die Verarbeitung zur Einnahme von Plazenta belegt hatte und mich von ihrem Wissen profitieren lassen wollte, konnte ich dieses Mal Erfahrungen mit der Einnahme meiner Plazenta machen. Wenige Stunden nach der Geburt stand meine Freundin bei uns zu Hause und instruierte meinen Mann in der Plazentaverarbeitung. In schmale Streifen geschnitten trocknete der Mutterkuchen viele Stunden im Backofen bei geringer Temperatur vor sich hin, während mein Mann in der Apotheke auf die Suche nach hundertvierzig Gelatine-Kapseln ging und ich in den Genuss eines frischen Plazentastückes in Form eines Früchte-Smoothies zum Abendbrot kam. Zum Geschmack der Plazenta kann ich daher gar nichts sagen. Der ging in den pürierten Waldbeeren unter. Fakt ist: Meine Rückbildung ging so zügig voran, dass die Ärzte immer verblüfft auf der Suche nach der »Uterus-Oberkante« tasteten und ich mit der Milchbildung überhaupt keine Probleme hatte.

Mein Mann war, was die Gelatine-Kapseln anging, inzwischen fündig geworden und verarbeitete die getrockneten Plazentastreifen nun zu feinem Pulver, welches anschließend in mühevoller Arbeit in die Kapseln gefüllt wurde. Meine Freundin erklärte mir, dass ich diese Kapseln nun während des Wochenbettes und darüber hinaus ruhig jeden Tag einnehmen sollte. Ich war allem gegenüber aufgeschlossen und wollte mich einfach überraschen lassen. Ob es nun an der deutlich einfacheren zweiten Geburt und meiner Freude darüber lag oder die Plazenta ihre Wirkung zeigte, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Erwähnenswert finde ich auf jeden Fall, dass ich trotz chronischen Schlafmangels (lange Zeit nur vier Stunden nachts und tagsüber dreißig Minuten) unglaublich gut drauf war, fast schon euphorisch, auch weil es mir entgegen meiner Erwartung, die auf den Erfahrungen der ersten Geburt beruhte, wirklich gut ging und ich mit meinem Tag etwas anfangen konnte. Was die Milchbildung anging, konnte ich tatsächlich einen Zusammenhang mit der Plazentaeinnahme beobachten. Zwischendurch nahm ich zwei Kapseln pro Tag, was ich aber schnell wieder auf eine reduzieren musste, da die Milchproduktion rasant zugenommen hatte. Im Nachhinein kann ich gar nicht sagen, wie lange ich die Kapseln tatsächlich eingenommen habe. Auf jeden Fall waren sie irgendwann alle und ich finde es schade, dass ich nicht noch welche in Reserve habe beziehungsweise dass die Plazenta doch nur so »klein« ist, dass ich nicht noch mehr Produkte daraus zaubern konnte, denn wie ich schon an vielen Stellen lesen konnte, sind diese sehr vielfältig einsetzbar – nicht nur bei der Mutter, sondern auch beim Kind.

DIE PLAZENTA: WUNDERORGAN UND ALLESKÖNNERIN

Wir leben in einer Welt, in der alles in Bewegung und im Fluss ist, ein ständiger Wandel zwischen Polaritäten: Sonne – Mond, Tag – Nacht, Berg – Tal, Freud – Leid … und natürlich in der Gegensätzlichkeit der ganz wesentlichen Momente im Leben: Geburt und Tod. Mit dem Beginn neuen Lebens, mit der Geburt eines Kindes, beginnt gleichzeitig der Abschied von dem Organ, welches Schwangerschaft und Geburt überhaupt erst ermöglicht hat.

Bevor wir zu der Frage kommen, ob die Plazenta auch nach der Geburt noch eine Bedeutung für die Mutter hat, möchten wir zunächst auf ihre stammesgeschichtliche Entwicklung, Entstehung und ihre Aufgaben während der Schwangerschaft eingehen: die Plazenta als immunologisches Wunderorgan, mikrobiologische Besonderheit, Hormon-Fabrik, Sprachrohr von Umwelteinflüssen und weibliche »Alleskönnerin«.

Die stammesgeschichtliche Entstehung der Plazenta

Aus der Perspektive der Evolution ist die Plazenta faszinierend. Entstanden sind erste Formen der Plazenta mit den Säugetieren (Mammalia) in der Kreidezeit vor circa 140 Millionen Jahren. Zu dieser Zeit bevölkerten die Dinosaurier noch die Erde, bevor sie dann vor etwa 65 Millionen Jahren ausstarben. Stammesgeschichtlich verzweigte sich die Klasse der Säugetiere in die »Prototheria«, die Kloakentiere, zu denen das noch heute lebende Schnabeltier und auch die Ameisenigel gehören, sowie in die »Theria«. Die Theria entwickelten sich weiter in einerseits Beuteltiere wie Wombat, Känguru oder Koala und andererseits in die höheren Säugetiere.

Kloakentiere legen Eier, Beutelsäuger gebären lebende Nachkommen. Beide besitzen bereits eine kleine, einfache Dottersackplazenta, welche bei den Beuteltieren bereits der Verbindung des Embryos mit der Mutter und der Nährstoffversorgung dient. Die Tragezeiten sind noch relativ kurz und die Nachkommen bei der Geburt sehr klein, was monatelange weitere Reifung und Wachstum im Beutel notwendig macht.

Eomaia (»Mutter der Dämmerung«) ist mit 125 Millionen Jahren das älteste bekannte Fossil der höheren Säugetiere mit einer Plazenta. Höhere Säugetiere machen 94 % aller heute lebenden Säugetierspezies aus und eine davon sind wir Menschen. Allen gemeinsam ist eine vergleichsweise große und komplexe Plazenta mit Verbindung zur Gebärmutter, die dem Embryo beziehungsweise Fetus Nahrung und Sauerstoff zuführt und Abfallstoffe abtransportiert. Diese Plazenta ermöglicht eine längere Reifungs- und Wachstumszeit der Nachkommen im geschützten Mutterleib.

Früher nahm man an, dass es eine hierarchische Höherentwicklung der Spezies und auch der Plazenta gäbe. An der Spitze stand nach dieser Vorstellung der Mensch mit seiner menschlichen Plazenta. Heute weiß man, dass das nicht der Fall ist. Der Typus menschliche Plazenta ist evolutionär nicht höher entwickelt als der von Pferden, Kühen oder Hunden. Entscheidend ist eher, dass jeder Plazenta-Typus alle funktionellen Anforderungen erfüllt, um ein Neugeborenes hervorzubringen, das für das nachfolgende eigenständige Leben der jeweiligen Spezies bestmöglich entwickelt ist.

Plazenta-Basics

Die reife menschliche Plazenta ist tiefrot bis violett, scheibenförmig, wiegt durchschnittlich 500 Gramm, ist meist 2 bis 3 Zentimeter dick und hat einen Durchmesser von 15 bis 20 Zentimeter. Zur Plazenta gehört auch die Fruchtblase, medizinisch als Embryonalhaut bezeichnet. Diese besteht aus zwei Anteilen, dem Chorion und dem Amnion, welche das Ungeborene im Mutterleib umgeben. Das Wort »Amnion« ist abgeleitet von griechisch »amnos«, das Lamm. Denn wenn im Frühjahr die Lämmer geboren werden, kommt das ein oder andere noch mit einer geschlossenen Fruchtblase zur Welt, der sogenannten Schafshaut. »Chorion« (griechisch Haut) wird aufgrund der vielen Ausstülpungen auch als »das Raumschaffende« interpretiert. Denn aus dem Chorion bilden sich am Anfang der Schwangerschaft die sogenannten Zotten, die mit ihrer großen Oberfläche einen intensiven Austausch von Nährstoffen ermöglichen. Gegen Ende des dritten Monats zieht sich die allseitige Zottenbedeckung zurück und nur im scheibenförmigen Bereich der Plazenta bleiben die Zotten bestehen.

Die der Mutter zugewandte Plazentaoberfläche ist durch einzelne Zottenbäumchen in viele Lappen aufgeteilt, auch Kotyledonen genannt. Diese Kotyledonen sind eine funktionelle Untereinheit der Plazenta. Wenn man eine frischgeborene Plazenta in der Hand hält, erkennt man diese ganz deutlich: Die mütterliche Seite hat eine zerklüftete Oberfläche. Dort war sie bis zur Geburt in die Gebärmutterinnenseite hineingewachsen. Die dem Ungeborenen zugewandte Seite dagegen ist glatt und zart, fast wie Seide. Sie ist mit einer starken Gefäßzeichnung durchzogen, die oft an einen Lebensbaum erinnert. Nabelschnur, Plazenta und Embryonalhäute werden zusammen als Nachgeburt bezeichnet.

Von der Kugel zur Scheibe

Bevor eine Plazenta entsteht, muss natürlich erst einmal die Befruchtung stattfinden. Zwei vollkommen gegensätzliche Keimzellen – die runde, weibliche Eizelle und die winzige, agile Samenzelle – treffen aufeinander, verschmelzen und strukturieren ein völlig neues, individuelles Leben. Magic!