Polyamorie im Kopf - Annissa Runa - E-Book

Polyamorie im Kopf E-Book

Annissa Runa

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Beschreibung

Polyamorie im Kopf vereint sieben tiefgründige Kurzgeschichten über die Sehnsucht nach Liebe jenseits der Konvention, über Nähe, Eifersucht und den Mut, eigene Wege zu gehen. Die Protagonistinnen sind Frauen, die es wagen, sich nicht länger zwischen Sicherheit und Begehren entscheiden zu müssen. Sie leben Polyamorie – nicht als Modeerscheinung, sondern als ehrliche Suche nach einer Beziehungsform, die Platz lässt für Freiheit, Wahrhaftigkeit und lustvolle Selbstbestimmung. Ob die junge Studentin, die nach einer enttäuschenden Affäre über alternative Beziehungskonzepte stolpert und zum ersten Mal spürt, wie befreiend Ehrlichkeit sein kann – oder Mira, die erkennt, dass Trennung kein Scheitern, sondern ein Akt der Selbstachtung ist: Jede Geschichte öffnet ein Fenster in eine Welt, die oft verborgen bleibt. Mit feinem Gespür erzählt die Autorin von Partnerschaften, die mehr sind als bloße Abweichungen vom "Normalen" – sie sind ein Spiegel für das, was vielen Frauen fehlt: Zärtlichkeit ohne Besitzanspruch, Treue ohne Exklusivität, Erotik ohne Scham. Neben alltäglichen Szenen – einer Geburtstagsfeier, die zwischen Heimlichkeit und Aufbruch schwankt, einem Gespräch unter Freundinnen über Mut und Angst – finden sich auch große Momente: das Bekenntnis zu einer Liebe, die mehrere Herzen berührt, die stille Klarheit, wenn man loslässt, was nicht mehr nährt, und der Trotz, wenn man sich von Vorurteilen nicht mehr kleinhalten lässt. Polyamorie im Kopf will keine Patentrezepte liefern. Es will spürbar machen, wie viel Kraft darin liegt, sich Fragen zu stellen: – Wem gehört mein Begehren? – Wie viel Freiheit darf meine Liebe kosten? – Bin ich bereit, andere und mich selbst wirklich zu sehen? Ein Buch, das einlädt, Gewohntes zu hinterfragen, Vielfalt zu entdecken – und neue Möglichkeiten zu erträumen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Polyamorie im Kopf

Geschichten aus dem Alltag der Viel-Liebe

Annissa Runa

Liebe ist kein Nullsummenspiel.

Sie vermehrt sich, wenn wir sie teilen.

Autor unbekannt

Kann Liebe mehr als nur eine Person umfassen? In „Polyamorie im Kopf“ erkunden fesselnde Kurzgeschichten die tiefen Gefühle und Herausforderungen, die mit nicht-monogamen Beziehungen einhergehen. Jede Geschichte öffnet ein Fenster zu einer Welt, in der Liebe, Ehrlichkeit und Akzeptanz neu definiert werden.

Dieses Buch lädt Sie ein, über die Grenzen traditioneller Beziehungen hinauszudenken und zu entdecken, wie Liebe in all ihren Formen gelebt werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einmal Liebe, bitte?!

Dreiecksgewitter

Liebe, Lügen und Lachsröllchen

Was bleibt, wenn man loslässt

Ein Urlaub, zwei Türen, drei Erwartungen

Die Kunst sich einzulassen - Teil 1 –

Die Kunst sich einzulassen - Teil 2 –

Der Mut in deinen Augen

Über die Autorin

Vorwort

Als ich 2009 beschlossen habe, mein Leben polyamor zu gestalten, bin ich in eine Welt voller neuer Möglichkeiten und Herausforderungen eingetreten. Die Freiheit, mich selbst und meine Sexualität zu erforschen, hat mir gezeigt, dass es möglich ist, in liebevollen und stabilen Beziehungen zu leben – auch jenseits der Grenzen traditioneller Monogamie.

Mit der Zeit habe ich gelernt, dass die feinen Unterschiede zwischen polyamoren und monogamen Beziehungen oft schwer nachvollziehbar sind, besonders für Menschen, die in einer Gesellschaft leben, in der Monogamie als selbstverständlich gilt. Genau diese Chancen und Hürden möchte ich in meinen Kurzgeschichten beleuchten.

Ich bin überzeugt: Ehrlichkeit und Nähe können in polyamoren Beziehungen eine ganz besondere Tiefe erreichen. Gleichzeitig bringt diese Beziehungsform eigene Herausforderungen und Missverständnisse mit sich, die nicht immer leicht zu bewältigen sind.

Mit diesen Geschichten lade ich ein, einen Blick in die Welt der Polyamorie zu werfen – und die vielen Facetten dieser Lebensweise zu entdecken. Mein Wunsch ist es, dass diese Erzählungen ein besseres Verständnis – und vielleicht sogar eine neue Wertschätzung – für die Vielfalt der Liebe wecken.

Zum Titelbild „Polyamorie im Kopf“

Encaustic Painting ist eines meiner Hobbys. Dabei wird geschmolzenes Wachs mit Lötkolben, Bügeleisen oder Heißluftföhn bearbeitet. Der schwarze Hintergrund meines Bildes lässt den Frauenkopf leuchtend hervortreten. Ihre Haare wirbeln so wild durcheinander wie Gedanken, wenn man eine Beziehungsform erforscht, für die es bisher kaum Vorbilder gibt.

Im Bild findest Du viele Symbole, die rund um das Thema Polyamorie entstanden sind – zum Beispiel das Herz mit dem Unendlichkeitszeichen. Auch in der Sprache haben sich neue Begriffe entwickelt, um neue Beziehungsformen und Dynamiken klarer ausdrücken zu können. So hat sich in der polyamoren Szene das Wort „Metamour“ durchgesetzt – für die Partner*innen des eigenen Partners oder der Partnerin.

Das Wort wurde begeistert aufgenommen, weil es vorher keinen Ausdruck gab, der eine warmherzige Verbindung zu einer weiteren geliebten Person meines*r Geliebten beschreibt. „Metamour“ bedeutet: Liebe auf der Metaebene.

Oder das neue Wort „Partny“ – ein geschlechtsneutraler Begriff, der sowohl zur Genderthematik als auch zur neuen Freiheit passt, Partner unabhängig vom Geschlecht zu wählen.

Einmal Liebe, bitte?!

Ich saß allein in meinem kleinen Studentenwohnheimzimmer und starrte aus dem Fenster. Mein Herz schmerzte noch immer wegen Jonas. Ich hatte mich Hals über Kopf in ihn verliebt und von der großen Liebe geträumt. Er war klug und sah verdammt gut aus. Seine Komplimente waren so süß, dass ich wirklich glaubte: Er sieht mich! Er meint mich! Er will mich!

Doch innerhalb weniger Wochen hatte sich gezeigt, dass ich für ihn nur eine flüchtige Ablenkung gewesen war. Er schien nur nach Momenten des Vergnügens zu suchen. Treffen wollte er nur, wenn er Lust auf Sex hatte. Meine Bedürfnisse? „Gerade keine Zeit dafür!“ Meinungsverschiedenheiten ausdiskutieren? „Du machst aus allem ein Problem, Lea!“

Verzweifelt suchte ich Rat bei meiner Tante Emma, deren Ehe immer ein Vorbild für mich war. Vielleicht wähle ich einfach die falschen Männer?

„Ach Lea, da fragst du die Falsche!“, meinte meine Tante niedergeschlagen. „Ich werde mich scheiden lassen.“

Ich war schockiert, als Emma mir gestand, dass ihre Beziehung schon lange kriselte. „Warum habe ich davon überhaupt nichts mitbekommen?“, fragte ich überrascht.

„Wenn eine Ehe scheitert, dann hat man das Gefühl, zu versagen. Und wer gibt das schon gerne zu?“, antwortete Emma. „Dabei scheitert fast die Hälfte aller Ehen heutzutage. Seit Frauen wirtschaftlich unabhängig genug sind, um unglückliche Ehen beenden zu können, zeigt sich die Wahrheit!“, fügte sie hinzu, mit traurigen Augen. „Menschen sind nicht für lebenslange Liebe gebaut!“

 

Lange schlaflose Nächte hindurch grübelte ich, wie meine Ehe eines Tages sein sollte. Verliebt und glücklich bis ans Lebensende! Das war doch klar! Aber leider schien das niemandem um mich herum wirklich zu gelingen. Hoffnungslos!

Nachts drehten sich meine Gedanken im Kreis und tagsüber fühlte ich mich schlapp und niedergeschlagen. Beim Lernen für die Vorlesungen konnte ich mich kaum konzentrieren. Entsetzt bemerkte ich, dass ich in einer Depression versank. So konnte es nicht weitergehen!

Ich entschied mich dazu, mich selbst besser kennenzulernen, um herauszufinden, was mir wirklich guttut, und vorerst den Gedanken an eine Beziehung beiseitezuschieben. Daher machte ich ausgedehnte Spaziergänge und nahm mir regelmäßig Zeit zum Meditieren.

Als ich auf dem Weg zu einer Vorlesung war, fiel mein Blick auf ein Plakat: Ist das traditionelle Beziehungsmodell veraltet? Liebe im Wandel der Zeit – Impulsvortrag mit Podiumsdiskussion. Vielleicht konnte ich dort Antwort auf meine Fragen finden.

Kurzentschlossen ließ ich einen anderen Kurs sausen. Neugierig schaute ich mich im Hörsaal um. Fast alle Plätze waren besetzt. Anscheinend stellten sich viele junge Leute dieselbe Frage.

Frustriert lauschte ich den Ausführungen der Dozentin. Kurz, pauschal und böse gesagt: Die Frauen seien nicht mehr existenziell vom Ehemann abhängig, deshalb könnten sie heute frei entscheiden und ihre Meinung vertreten. Viele Männer andererseits hätten sich noch nicht daran gewöhnt, dass sie nun begründen, überzeugen und Empathie zeigen müssen, anstatt einfach entscheiden zu können. Ach ja, und die Hälfte der Care-Arbeit übernähmen sie auch noch nicht. Trotzdem seien die meisten Männer felsenfest überzeugt, dass sie ihre Frau gleichberechtigt behandeln.

 

Ich dachte an meine Freundin Jasmin mit ihren beiden Kindern. „Warum muss ich eigentlich immer an die Geburtstage in der ganzen Familie denken? Und natürlich die Geschenke besorgen. Wer fährt die Kinder zu ihren Freunden und zum Musikunterricht? Wer organisiert alle Termine?“, hatte sie sich beklagt. „Und dann die Streitereien! Räum das auf! Mach deine Hausaufgaben! Ich bin abends so erschöpft, aber mein Mann denkt, dass sein Job anstrengender war.“

Mir fielen die dunklen Ringe auf, die sie unter den Augen hatte. „Ich würde so gerne halbtags arbeiten gehen und den Haushalt an meinen Mann abgeben oder die Betreuung der Kinder. Das habe ich vorgeschlagen, aber er kann nicht reduzieren, sagt er. Dann verliert er seinen Job oder zumindest hätten wir weniger Geld. Wenn er am Wochenende auf die Kinder aufpasst, dann fühlt sich das an, als würde er mir einen Gefallen tun. Er versteht nicht, dass er wie eine Urlaubsvertretung nur notdürftig das Tagesgeschäft erfüllt. Alles, was man verschieben kann, bleibt liegen, und die komplizierten Dinge kann die Vertretung sowieso nicht erledigen!“

Ich merkte, dass meine Gedanken abgeschweift waren, und konzentrierte mich wieder auf den Vortrag.

 

Gerade trug die Dozentin vor, dass uns die Hormone dazu drängten, nach spätestens sieben Jahren einen neuen Partner zu suchen. Die logische Konsequenz sei eine Scheidungsrate von fast 50 %.

Viele Paare würden allerdings gar nicht erst heiraten. Sie seien in dieser Statistik nicht erfasst, weshalb die reale Trennungsquote noch weitaus höher läge. Einige Jahre Glück, dann Trennung – das sei die wahre Normalität, und der zweithäufigste Weg sei eine lange Partnerschaft, die den Alltag angenehm mache, aber häufig ohne große Gefühle und allzu oft ohne Sex. Alles hinterlegte die Dozentin mit verifizierten Studien.

Das konnte ich einfach nicht glauben! Es fühlte sich an, als hätte mich jemand vor den Kopf geschlagen. Ich war doch hier, um Antworten zu finden, aber keines der vorgeschlagenen Szenarien war auch nur annähernd befriedigend. „Da könnte ich genauso gut mit einer Freundin eine WG gründen!“, dachte ich frustriert und schüttelte den Kopf.

 

Aber tief in meinem Inneren wusste ich, dass diese Ausführungen meiner eigenen Erfahrung entsprachen. Auf meinen langen Spaziergängen im Park hatte ich Paare beobachtet. Verstohlen und so unauffällig wie möglich hatte ich mich in ihre Nähe gesetzt, stets auf der Suche nach dem glücklichen Paar. Da waren die frisch Verliebten, deren Augen vor Glück strahlten. Ich betrachtete sie sehnsüchtig und fragte mich, wie lange ihre Beziehung wohl schon so innig war. Und vor allem, wie lange sie noch dauern würde, die innige Liebe. Manchmal sah ich sie Wochen später wieder, streitend mit ärgerlichen Blicken, oder sie spazierten getrennt durch den Park.

Besonders gerne beobachtete ich ältere Menschen. Oft saßen sie schweigend nebeneinander auf der Bank oder, noch schlimmer, sie keiften und beschimpften sich wegen belangloser Kleinigkeiten. Genau wie ein altes Ehepaar eben.

Ich hatte immer gehofft, dass es an meiner düsteren Einstellung lag, die mich immer nur die unerfreulichen Szenen sehen ließ, und nun erklärte mir die Dozentin logisch und aufgrund zahlreicher Studien, dass die Realität einfach unerfreulich und düster war?

 

„Wo gibt es denn einen Ausweg? Welche Beziehungsmodelle funktionieren denn?“, fragte ich mich verzweifelt. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und aus dem Hörsaal gestürmt.

„Serielle Monogamie“, führte die Dozentin weiter aus, „ist das Modell, das in Europa mittlerweile häufiger als die lebenslang andauernde Ehe gewählt wird.“ Ich zog ungläubig die Augenbrauen hoch. Was? Davon hatte ich noch nie gehört!

Gespannt setzte ich mich aufrecht. Vielleicht war das die Lösung?

Doch dann sank ich wieder in mich zusammen. Ach so! Ein neuer Begriff für Altbekanntes! Eine Beziehung nach der anderen war damit gemeint. Das half mir nicht weiter!

„Vielleicht glaube ich schon mein ganzes Leben lang an ein Märchen? Habe ich einfach zu viele romantische Filme gesehen? Kein Wunder, dass sie immer da aufhören, wo sich die Liebenden gerade gefunden haben“, sinnierte ich.

„Ist serielle Monogamie das Beziehungsmodell der Zukunft? Ich bitte um Ihre Redebeiträge.“ Damit eröffnete die Dozentin die Diskussion.

 

„Kann man nach mehreren Trennungen überhaupt noch Vertrauen in Partner haben? Wagt man es noch zu lieben, wenn man dann jedes Mal schmerzlich enttäuscht wird? Gibt man da nicht einfach auf und lebt stattdessen als Single?“, platzte ich ganz spontan in die entstandene Stille.

„Damit haben Sie vollkommen recht!“, antwortete die Dozentin und sah mich durch ihre Brille anerkennend an. „Tatsächlich ist Single zu sein ein Lebensmodell, das stark zunimmt. Einer der Gründe dafür ist, dass viele Menschen enttäuscht sind und nicht mehr daran glauben, einen kompatiblen Partner zu finden.“

„Zu viele Menschen sind einfach nicht beziehungsfähig, deshalb versagen sie in der Beziehung, und es kommt zur Trennung!“, warf eine rothaarige Studentin überzeugt ein.

„Dann betrachten Sie das Ende einer Beziehung als Scheitern?“, fragte die Dozentin. „Denken Sie nicht, dass die gemeinsame, glückliche Zeit kostbar ist und dass man aus jeder engen zwischenmenschlichen Verbindung etwas lernen kann?“ Die Rothaarige schwieg nachdenklich.

 

„Könnte man dann aus zwei parallelen Beziehungen nicht viel mehr lernen? Wenn mehrere Partner sich am gleichen Punkt stören, ist es nicht mehr so einfach, sich vorzumachen, dass die andere Person intolerant, gereizt oder verständnislos ist und man selbst keine Fehler hat. Logischerweise ist der Anreiz zur Selbstreflexion und innerem Wachstum höher, wenn man mehr als ein Partny hat.“

Erstaunt wandte ich mich um und suchte nach der Kommilitonin, die diese ungewöhnliche Meinung geäußert hatte. Anna! Mit ihren langen, lockigen braunen Haaren und ihren leuchtend blauen Augen, die immer vor Neugier und Klugheit zu sprühen schienen, war sie mir schon früher aufgefallen. Wollte sie sagen, dass fremdgehen okay ist, weil es besondere Entwicklungschancen bietet? Das hätte mich sehr von ihr enttäuscht.

Ein dunkelhaariger, schlaksiger Mann regte sich auf: „Was soll denn das für ein unsinniger Ansatz sein, bei dem man einen Menschen betrügt, um herauszufinden, ob ein anderer Mensch das Verhalten auch mies findet?“

Plötzlich regnete ein Shitstorm auf die hübsche, junge Frau herab. „Es ist doch keine ernsthafte Beziehung, wenn man mit mehreren rummacht!“, rief eine Blonde mit Dreadlocks. „Macht es dir Spaß, wahllos mit irgendwelchen Männern rumzuvögeln und sie zu verarschen?“, pöbelte ein untersetzter Typ aus der letzten Reihe.

An dieser Stelle rief die Dozentin zu einem respektvollen Umgangston auf und rügte den Sprecher.

 

Wütend war Anna aufgesprungen und vertrat ihre Meinung. Ich bewunderte sie dafür.

„Liebe muss nicht in vorgefertigte Schablonen passen. Es ist okay, anders zu fühlen und zu denken! Polyamorie ist ein Beziehungsmodell, das immer öfter gelebt wird. Es hat nichts mit Herumvögeln zu tun und auch nichts mit Fremdgehen. Jedes Partny weiß Bescheid, dass es weitere Liebste gibt. Es werden Grenzen abgesprochen und eingehalten. Deshalb unterscheidet sich Polyamorie grundlegend vom Fremdgehen!“, sagte die junge Frau heftig.

„Im Grundgesetz ist verankert, dass jedmensch über die eigene Sexualität selbst bestimmen kann. Warum gibt es immer noch so viele Menschen, die sich erlauben, andere wegen ihrer Sexualität abzuwerten? Kaum weicht man vom Mainstream ab, wird man von völlig unbeteiligten Leuten heftig angegriffen. Ihr habt es nicht einmal nötig, euch vorher korrekt zu informieren!“

Man spürte den Ärger und die Betroffenheit in ihrer Stimme. Normalerweise strahlte sie eine unbeschwerte Fröhlichkeit aus, doch im Moment war sie sichtlich aufgebracht. Ihre Augen blitzten, und die Hände hatte sie zu Fäusten geballt.

Ich wollte diese Feindseligkeit und Abwertung gegenüber Anna nicht unkommentiert stehen lassen. Deshalb beteiligte ich mich an der Diskussion. Obwohl ich anfangs nicht sicher war, was ich glauben sollte, fand ich mich nun auf der Seite derer wieder, die argumentierten, dass es viele Wege gibt, zu lieben. Anna hatte ganz recht: Jeder darf völlig frei entscheiden, wie und wen er oder sie liebt!

 

Als ich den Hörsaal verlassen wollte, lehnte Anna im Türrahmen und lächelte mich an. „Mich würde interessieren, was du von meinen Kommentaren hältst.“ Ich spürte, wie ich im Gesicht heiß wurde und errötete. Verlegen antwortete ich: „Ich finde dich faszinierend!“ Oje, das war mir so herausgerutscht. Peinlich! Ich meinte ihre Beiträge.