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Den Ausgangspunkt jeglicher Marktaktivitäten und Beginn des Kaufentscheidungsprozesses bilden die Bedürfnisse potenzieller Kunden und die damit verbundene Präferenzbildung. Trotz ihrer essentiellen Bedeutung für das Produkt- und Dienstleistungsmarketing behandeln Lehrbücher zur Marktforschung zumeist nur operative Techniken, Messungs- und Auswertungsverfahren, während die Messung von Präferenzen bei neuen Produkten und Dienstleistungen unbeachtet bleibt. Vor diesem Hintergrund geht es den Autoren darum, eine durchgängige, systematische und methodengestützte Darstellung dieser Thematik vorzulegen und damit einen wichtigen Beitrag zur Theorie und Praxis der Marktforschung, Produktpolitik und des Innovationsmanagement zu liefern.
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Seitenzahl: 559
Veröffentlichungsjahr: 2008
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Den Ausgangspunkt jeglicher Marktaktivitäten und Beginn des Kaufentscheidungsprozesses bilden die Bedürfnisse potenzieller Kunden und die damit verbundene Präferenzbildung. Trotz ihrer essentiellen Bedeutung für das Produkt- und Dienstleistungsmarketing behandeln Lehrbücher zur Marktforschung zumeist nur operative Techniken, Messungs- und Auswertungsverfahren, während die Messung von Präferenzen bei neuen Produkten und Dienstleistungen unbeachtet bleibt. Vor diesem Hintergrund geht es den Autoren darum, eine durchgängige, systematische und methodengestützte Darstellung dieser Thematik vorzulegen und damit einen wichtigen Beitrag zur Theorie und Praxis der Marktforschung, Produktpolitik und des Innovationsmanagement zu liefern.
Prof. Dr. Roland Helm ist Inhaber des Lehrstuhls für Absatzwirtschaft an der Universität Jena. Dr. Michael Steiner war dort wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Roland Helm Michael Steiner
Präferenzmessung
Methodengestützte Entwicklung zielgruppenspezifischer Produktinnovationen
Alle Rechte vorbehalten © 2008 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany
Print: 978-3-17-019883-8
E-Book-Formate
pdf:
epub:
978-3-17-027024-4
mobi:
978-3-17-027025-1
Vorwort
Teil I: Bedürfnisse potenzieller Kunden neuer Produkte und Messung ihrer Präferenzen
1. Wettbewerbsfähigkeit, Innovationen und Erfassung von Präferenzen
1.1 Wettbewerbsfähigkeit und Innovationen
1.2 Bedürfnisorientierung und Innovationen
1.3 Bedürfnisorientierung, Innovationsprozess und Messung von Präferenzen
2. Grundlegende Vorüberlegungen zur Messung von Präferenzen
2.1 Präferenzbildung
2.2 Präferenz und Kaufentscheidungsprozess
3. Produkte in der Präferenzmessung
3.1 Produktdefinition
3.1.1 Produktkategorien
3.1.2 Sonstige Voraussetzungen für die Präferenzmessung
3.2 Stichprobe
3.3 Annahmen des Marktforschers bei der Bewertung von Merkmalsausprägungen und Produktalternativen
Teil II: Eigenschaftsarten und Methoden zur Ermittlung eines Eigenschaftssets
4. Produkteigenschaften und deren Ausprägungen
4.1 Überblick
4.2 Informationsökonomische Eigenschaftstypologie
4.3 Extrinsische und intrinsische Merkmale
4.3.1 Der Preis als Eigenschaft
4.3.2 Testurteile als Untersuchungsmerkmale
4.3.3 Vereinfachung der Kaufentscheidung durch extrinsische Merkmale
4.3.4 Zwischenfazit zu den Besonderheiten ausgewählter Eigenschaften
4.4 Qualitative und quantitative Eigenschaften
4.5 Schwelleneigenschaften, Trade-off Eigenschaften und Addedvalue Eigenschaften
4.6 Natürliche, künstliche und Proxy-Merkmale
4.7 Einzelne und gebündelte Eigenschaften
4.8 Objektive und subjektive Eigenschaften
4.9 Zwischenfazit
5. Anforderungen an Eigenschaften und Ausprägungen bei der Erfassung von Präferenzen
5.1 Vollständigkeit der Beschreibung
5.2 Realisierbarkeit und Beeinflussbarkeit
5.3 Präferenzunabhängigkeit der Ausprägungen
5.3.1 Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Interaktionseffekten
5.3.2 Einflussfaktoren auf die Auswirkungen von Interaktionen
5.3.3 Auswirkungen von Interaktionseffekten innerhalb der Präferenzmessung
5.4 Empirische Unabhängigkeit der Ausprägungen
5.5 Kompensatorische Beziehungen zwischen den Merkmalen
5.6 Eindeutigkeit
5.7 Relevanz
5.7.1 Bekanntheit und Wahrnehmbarkeit
5.7.2 Salienz
5.7.3 Wichtigkeit
5.7.4 Determinanz
5.7.5 Zwischenfazit zur Bestimmung der Relevanz von Eigenschaften
6. Methoden zur Bestimmung von Eigenschaftssets
6.1 Bestimmung der Eigenschaften ohne Einbezug der Nachfrager
6.2 Direkte Methoden zur Bestimmung der Eigenschaften
6.2.1 Direkte, offene Erhebung von potenziell relevanten Eigenschaften
6.2.1.1 Elicitation Technik
6.2.1.2 Repertory-Grid Methode
6.2.1.3 Erhebung „idealer“ Ausprägungen von Produkten
6.2.1.4 Auswertung der Erhebungsdaten offener, direkter Verfahren
6.2.2 Direkte Einschätzung von vorgegebenen Eigenschaften
6.2.2.1 Direkte Einschätzung der Wichtigkeit von Eigenschaften
6.2.2.2 Duale Befragung
6.2.2.3 Jaccard Subjective Probability Measure
6.2.2.4 Interpretation von direkten Einschätzungen vorgegebener Eigenschaften
6.3 Indirekte Methoden
6.3.1 Prozessverfolgungsmethoden
6.3.1.1 Protokolle Lauten Denkens
6.3.1.2 Information-Display-Boards
6.3.1.3 Blickregistrierung
6.3.1.4 Neuroökonomische Verfahren
6.3.1.5 Grenzen und Weiterentwicklungen der Methoden zur Prozessverfolgung
6.3.2 Psychologische Verfahren
6.3.2.1 Projektive Verfahren
6.3.2.2 Assoziative Verfahren
6.3.2.3 Zuordnungsverfahren
6.3.2.4 Auswertung der Befragungsergebnisse bei psychologischen Methoden
6.3.3 Tiefenpsychologische Interviews
6.3.4 Multidimensionale Skalierung
6.4 Gruppendiskussion zur Ermittlung von entscheidungsrelevanten Attributen
6.5 Stufenverfahren
6.6 Bewertung der Identifizierungsmethoden
6.6.1 Praktische Relevanz
6.6.2 Bewertung der Methoden zur Bestimmung des Eigenschaftssets
6.7 Bestimmung der relevanten Eigenschaftsausprägungen
6.7.1 Bestimmung der Bandbreite bei Eigenschaften mit metrischen Ausprägungen
6.7.2 Festlegung der Attributstufenzahl
6.7.3 Benennung der Attributstufen bei Eigenschaften mit metrischen Ausprägungen
6.7.4 Bestimmung der Abstände zwischen den Attributstufen bei Eigenschaften mit metrischen Ausprägungen
6.7.5 Benennung der Attributstufen bei Eigenschaften mit nichtmetrischen Ausprägungen
6.8 Determinanten und übliche Vorgehensweisen bei der Festlegung der Anzahl von Eigenschaften und Ausprägungen
6.9 EVAS – Eine kombinierte Methode zur zielgruppenspezifischen Ermittlung von Eigenschaften und Ausprägungen
6.9.1 Vorankündigung und Informationssammlung der Befragungsteilnehmer
6.9.2 Angepasste Elicitation Technik
6.9.3 Gruppenbildung von Befragungsteilnehmern mit ähnlichen Bedürfnissen
6.9.4 Selbstselektion der Befragungsteilnehmer entsprechend des Evoked-sets bzw. der Nutzungssituation
6.9.5 Bestimmung der Relevanz der verbliebenen Eigenschaften
6.9.6 Bestimmung der Anzahl der zu untersuchenden Eigenschaften
6.9.7 Prüfung der Eigenschaftsausprägungen auf Präferenzunabhängigkeit
6.9.8 Festlegung der Messmethode und unmittelbare Schritte vor der Präferenzmessung
Teil III: Aufbau, Ablauf und Optionen bei der Erfassung von Präferenzen
7. Präferenzmessverfahren
7.1 Zur Vorgehensweise bei Präferenzmessungen
7.2 Überblick und Unterscheidungsmöglichkeiten
7.2.1 Kompositionelle Verfahren
7.2.2 Dekompositionelle Verfahren
7.2.3 Hybride Verfahren
7.2.4 Dekompositionelle und Hybride Verfahren: Bewertung einer Teilmenge von Attributen
7.2.5 Gliederung des Untersuchungsproblems in einer Hierarchie
7.2.6 Berücksichtigung von Interaktionseffekten
7.2.7 Bestimmung von Nutzenfunktionen auf Gruppenebene
7.2.8 Wahlbasierte Methoden zur Präferenzmessung
7.2.9 Verfahren zur Berücksichtigung nicht-kompensatorischer Entscheidungsprozesse
7.2.10 Zwischenfazit
7.3 Praktische Bedeutung der Verfahren zur Präferenzmessung
7.4 Herausforderungen bei der Selektion einer Methode zur Erfassung von Präferenzen
8. Erhebung der Präferenzen
8.1 Skalen zur Messung der Präferenzen
8.2 Erstellung von Versuchsplänen
8.3 Präsentationsform
8.3.1 Verbale Präsentation der Informationen
8.3.2 Visuelle, multimediale und reale Darstellungsformen
8.3.3 Auswahl einer Präsentationsform
9. Auswertung der Bewertungen durch die Probanden innerhalb der Präferenzmessung
9.1 Schätzverfahren zur Bestimmung der Teilnutzen der untersuchten Ausprägungen
9.2 Standardisierung der Schätzergebnisse
9.3 Berechnung der Bedeutung von Eigenschaften
9.3.1 Interpretation und Berechnung des Bedeutungsgewichts eines Merkmals
9.3.2 Aggregation der Bedeutungsgewichte
9.3.3 Berechnung eines entscheidungsorientierten Bedeutungsgewichts
9.4 Aggregation der Ergebnisse der Präferenzmessung und Berechnung von Marktanteilen
9.4.1 A priori Segmentierung der Befragungsteilnehmer
9.4.2 Post hoc Segmentierung der Befragungsteilnehmer
9.4.3 Prognose von Marktanteilen
10. Güte der Ergebnisse der Präferenzmessung
10.1 Augenscheinvalidität
10.2 Interne Validität
10.3 Prognosevalidität
10.3.1 Nutzung von Hold-out Sets bzw. der Referenzmethode
10.3.2 Maßzahlen zur Bestimmung der Prognosevalidität auf individueller und aggregierter Ebene
10.3.3 Bestimmung der Alternativen des Hold-out Sets bzw. der Referenzmethode
10.4 Externe Validität
10.5 Konvergierende Validität
10.6 Reliabilität
10.7 Einschätzung der wahrgenommenen Befragungssituation
10.8 Maße zur Analyse des Entscheidungsverhaltens der Befragungsteilnehmer
10.8.1 Analyse der Bewertungen im Rahmen der Referenzmethode
10.8.2 Analyse der Antworten während der Präferenzmessung
10.9 Zwischenfazit zur Güte der Präferenzmessung
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Die Messung von Präferenzen der Nachfrager für geplante Innovationen oder Verbesserungen von Produkten und Dienstleistungen ist ein Thema, das in den Unternehmen und in der Forschung aufgrund der mit dem Innovationsprozess verbundenen Aufwendungen sowie den möglichen Imageeffekten am Markt von größtem Interesse ist. Betrachtet man dagegen die Kosten von prozessbegleitenden Präferenzmessungen dürfte die Aufwand-Risikoreduktions-Relation als sehr gut zu bewerten sein.
Neue bzw. modifizierte Produkte und Dienstleistungen sind die Grundlage des mittel- und langfristigen Unternehmensbestands und der Motor der Unternehmensentwicklung. Jedoch zeigen die Misserfolgsraten, dass nicht jede gute Idee und nicht jede Verbesserung tatsächlich auf entsprechende Akzeptanz im Markt stößt, mithin diese anscheinend zu einem Teil an den Bedürfnissen der potenziellen Nachfrager vorbei entwickelt wurden.
An dieser Problemstellung setzt die vorliegende Monographie an, indem systematisch über die Bedürfnisstrukturen potenzieller Kunden neuer Produkte als Ausgangspunkt der Überlegungen über die verschiedenen möglichen Arten von Produkteigenschaften und -ausprägungen sowie deren Ermittlung für die eigentliche Präferenzmessung aufgezeigt wird, welche Möglichkeiten derzeit bestehen, Präferenzanalysen durchzuführen. Im Mittelpunkt stehen somit die einzelnen Ablaufschritte bei der Erfassung von kaufentscheidenden Nachfragerbedürfnissen. Dabei wird ein umfassender Überblick über mögliche Gestaltungsoptionen gegeben sowie deren Vor- und Nachteile diskutiert.
Diese Gestaltungsoptionen haben einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse – allerdings gibt es keine “allgemein gültigen” bzw. dominanten Optionen, so dass der Marktforscher jeweils selbst entscheiden muss, wie die konkrete Ausgestaltung vorgenommen werden sollte. Es zeigt sich weiterhin, dass sich weder alle unternehmerischen Leistungen noch alle möglichen Produkteigenschaften für eine derartige Analyse eignen. Des Weiteren ist für den Nutzer der Befunde auch von Interesse, wie die Qualität der durchgeführten Präferenzmessung zu bewerten ist. Das Buch bietet dafür konkrete Empfehlungen und unterstützt so Entscheider in einem Unternehmen bei der Interpretation der Marktforschungsergebnisse sowie bei der folgenden Strategieentwicklung.
Ziel ist es, den Leser des Buches mit der Thematik der Präferenzmessung vertraut zu machen und ihn zu befähigen, selbst entsprechende Studien zu planen und durchzuführen. Aufgrund einer umfangreichen Zahl an Verweisen könnte dieses Buch auch als Nachschlagewerk für Marktforscher dienen. Es deckt nicht nur die Kernelemente der Präferenzmessung, sondern auch vor- und nachgelagerte Schritte ausführlich ab. Es unterstützt somit den Anwender sowohl bei den ersten Phasen der Ideengenerierung – es hilft ihm jedoch auch bei nachgelagerten Schritten wie der Prognose von Marktanteilen und der Abschätzung der Auswirkung von Konkurrenzaktivitäten.
Bisher gibt es kein Buch in diesem Bereich, das sämtliche Schritte von der Konzeption und der Durchführung einer Studie zur Präferenzmessung abdecken kann – die vorliegende Monographie sollte diese Lücke schließen.
An dieser Stelle bietet sich auch die Gelegenheit, allen Mitarbeitern des Lehrstuhls für die vielfältigen Hilfestellungen, Frau Elisabeth Jahn für die mehrfache Überarbeitung der Abbildungen sowie insbesondere unserem Kollegen, Herrn Univ.-Prof. Dr. Armin Scholl, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftliche Entscheidungsanalyse an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät unserer Universität, für die zahlreichen fachlichen Diskussionen über die gemeinsamen Projekte hinaus zu danken. Weiterhin ist auch Herrn Dr. Uwe Fliegauf für die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Verlag zu danken. Last but not least gebührt auch der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG besonderer Dank, die diesen Forschungsbereich am Lehrstuhl mit entsprechenden Mitteln unterstützt und so unter anderem diese Monographie erst ermöglichte.
Jena, im Oktober 2007
Roland Helm
Michael Steiner
Die Fähigkeit eines Unternehmens sich im Wettbewerb mittel- und langfristig zu behaupten hängt in hohem Maße davon ab, kundenorientierte Innovationen zu generieren und bereits existierende Produkte an sich ändernde Bedürfnisse der Nachfrager anzupassen. Betrachtet man die betriebswirtschaftliche Seite der Innovationstätigkeit, so ist einsichtig, dass das Marketing mit seiner expliziten Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse – diese stellen letztendlich für das Unternehmen den bedeutendsten Faktor zur Generierung von Umsatz dar – und der Ableitung adäquater Strategien eine der wichtigsten Funktionen im Innovationsmanagement innehaben sollte. Peter Drucker postulierte schon 1954, dass die Innovationstätigkeit und das Marketing „basic functions of a business enterpris”, also die wichtigsten zu verfolgenden Unternehmensfunktionen seien. Beide Funktionsbereiche hängen also eng zusammen.
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Aus Sicht der Kunden werden Innovationen dabei als neuartig empfundene Produkte oder Dienstleistungen definiert, d.h. nicht die tatsächliche Neuartigkeit im Sinne einer vollständigen Neuproduktentwicklung ist entscheidend, sondern die Perzeption der Marktteilnehmer1. Insofern können auch Produktanpassungen von den Kunden als Innovationen wahrgenommen werden.
Da in vielen Bereichen der Konsum- und Gebrauchsgüterindustrie der Wettbewerbsdruck hoch und zudem die Produktlebenszyklen in vielen Bereichen teilweise sehr kurz sind,2 spielt die Innovationstätigkeit für die Unternehmen eine entscheidende Rolle. Durch die Globalisierung der Märkte drängen zudem immer neue Wettbewerber in angestammte Märkte vor. Neuproduktentwicklungen sind in diesen Marktsituationen ein Instrument, um den Unternehmensbestand und das Unternehmenswachstum langfristig zu sichern und eine angemessene Rendite zu erzielen. Entscheidend ist dabei eine permanente Innovationstätigkeit von Unternehmen, da einerseits viele Wettbewerbsvorteile auf Dauer imitierbar sind, sich andererseits die Kundenanforderungen ständig ändern und somit die aktuellen Produkte mit der Zeit obsolet werden.3 Die Innovationstätigkeit ist insofern eine der Schlüsselfunktionen im Unternehmen.
Zwischen der Innovationstätigkeit von Unternehmen und dem langfristigen Unternehmenserfolg besteht somit eine enge Beziehung, die in empirischen Untersuchungen wie der PIMS-Studie nachgewiesen werden konnte. Dabei wurde festgestellt, dass gerade Innovationen einen hohen Anteil an Umsatz- und Marktanteilssteigerungen bei Unternehmen verschiedener Branchen begründen.4
Für Unternehmen sind mit Innovationsaktivitäten jedoch nicht nur Chancen, sondern meist auch erhebliche Investitionsaufwendungen und damit Risiken verbunden. Die Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte bindet typischerweise erhebliche finanzielle Ressourcen.5 Der Misserfolg verschiedener Innovationen kann ein Unternehmen deshalb in erhebliche Bedrängnis bringen und dessen Überleben aufgrund der finanziellen und imagebezogenen Folgen am Markt sowie der dadurch entstehenden „Innovationslücke“ im Absatzprogramm in Frage stellen.
Produktinnovationen können technologie- bzw. nachfrageinduziert von den Herstellern entwickelt werden. Bei technologieinduzierten Produktinnovationen erfolgt die Entwicklung des neuen Produkts weitgehend durch die Forschungs- und Entwicklungsabteilung im jeweiligen Unternehmen. Bei nachfrageinduzierten Innovationen bilden demgegenüber die Bedürfnisse der Nachfrager die Grundlage für die Produktentwicklung.6
Aus Unternehmenssicht stellt sich die Frage, welche von beiden Innovationsstrategien verfolgt werden sollte. Oftmals wird dabei eine „geeignete Mischung“7 nachfrage- und technologieinduzierter Innovationstätigkeiten als am erfolgreichsten bezeichnet. Letztendlich kann diese Frage allerdings nicht allgemeingültig beantwortet werden. Vielmehr kommt es darauf an, ob ein Unternehmen radikale bzw. inkrementale Innovationen anstrebt.
Bei radikalen Innovationen ist davon auszugehen, dass technologieinduzierte Innovationsstrategien geeignet sind. Demgegenüber erscheinen bei eher inkrementalen Verbesserungen nachfrageinduzierte Innovationsstrategien erfolgversprechender.8 Da es sich bei den meisten Neuprodukten eher um inkrementale Innovationen handelt,9 sollen die nachfrageinduzierten Innovationen im Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen stehen. Gleichwohl ist es ebenfalls bei technologieinduzierten Innovationen wichtig, potenzielle Kunden möglichst frühzeitig in den Innovationsprozess einzubeziehen, da auch hier sichergestellt werden muss, dass diese den angestrebten Produktvorteil überhaupt wahrnehmen können, die spezielle Leistung wünschen bzw. akzeptieren und bereit sind, diese entsprechend zu bezahlen.10 Die Analyse von Kundenanforderungen bzw. „echte“ Kundennähe ist deshalb ein zentraler Erfolgsfaktor bei der Entwicklung neuer Produkte.
In Meta-Studien zu Neuproduktentwicklungen liegen die Misserfolgsquoten derzeit bei 20 % bis 96 %.11 Viele dieser Flops könnten vermieden werden, wenn mehr Wert auf die frühen Phasen der Produktentwicklung gelegt werden würde.12 Es ist deshalb besonders wichtig, die Kundenanforderungen möglichst frühzeitig zu antizipieren und die Produkte an die spezifischen Anforderungen einer oder mehrerer Zielgruppen anzupassen. Dabei ist es keinesfalls zielführend, einfach, d.h. ohne Feedback vom Markt, wettbewerbsrelevante Produkteigenschaften weiter zu entwickeln. Damit dürfte das Unternehmen mittelfristig auf eine Qualitätsfalle13 oder genauer Innovationsfalle zusteuern, indem zwar „bessere“ Produkte angeboten werden, jedoch die Nachfrage die Entwicklungsaufwendungen nicht rechtfertigt („Over-Engineering“).
Der Erfolg eines Unternehmens hängt somit insbesondere davon ab, inwieweit es im Vergleich zu den relevanten Wettbewerbern einen höheren Kundennutzen stiften und auf sich ändernde Kundenwünsche reagieren kann. Gelingt es einem Hersteller dauerhaft, sich kontinuierlich auf die Anforderungen der Kunden einzustellen, so stellt dies einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz dar.
Den Ausgangspunkt jeglicher marktorientierter Aktivitäten bilden die Bedürfnisse der potenziellen Kunden.14 Um sich von der Konkurrenz erfolgreich differenzieren und kundengerechte Produktleistungen anbieten zu können, ist die „Zusammenstellung“ der Produkte anhand bestimmter Eigenschaften und Eigenschaftsausprägungen, denen demnach die Nachfrager besondere Bedeutung bei der Kaufentscheidung beimessen, ausschlaggebend. Es besteht somit eine enge Beziehung zwischen den relevanten Merkmalsausprägungen eines Produkts und dem Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens auf diesen Produktmärkten. Die Kenntnis der Faktoren, die die Kaufentscheidung erheblich beeinflussen, ist aber auch deshalb grundlegend, weil viele Produkte von den Kunden als sehr ähnlich wahrgenommen werden15 und es für die Hersteller immer schwieriger wird, sich hinsichtlich der aus Kundensicht relevanten Beurteilungsdimensionen vom Wettbewerber zu differenzieren.
Gerade die Einbeziehung potenzieller Nachfrager in frühe Phasen der Produktentwicklung, wie der Konzeptentwicklung, hat einen besonders großen Einfluss auf die Erfolgschancen der später am Markt eingeführten Innovationen, da zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeiten zur Anpassung der Produkte an die Nachfragerbedürfnisse noch groß sind.16 Speziell bei inkrementalen Innovationen erscheint eine möglichst frühe Einbindung der potenziellen Kunden in die Produktentwicklung erfolgversprechend und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Produkt später von den Kunden akzeptiert wird.17 Durch eine möglichst frühe Einbeziehung der Kunden in die Produktentwicklung können Zeit, Kosten und weitere Unternehmensressourcen effektiver eingesetzt bzw. gespart werden.
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Kundenbedürfnisse sollten in allen Phasen des Innovationsprozesses18 im Mittelpunkt der Planungen stehen, wobei insbesondere in den Phasen der Konzeptentwicklung, des Produkttests und der Markteinführung Nachfrager im Innovationsprozess berücksichtigt werden sollten.
Der Gestaltung von Neuproduktentwicklungsprozessen kommt deshalb in Forschung und Praxis eine erhebliche Bedeutung zu, was nicht zuletzt an der Vielzahl an Studien zu diesem Themenbereich ersichtlich ist.19 Neuproduktentwicklungsprozesse beinhalten dabei Gestaltungs-, Bewertungs- und Auswahlaufgaben, die auf Basis der Kundenbedürfnisse gelöst werden müssen. Diese laufen, aufgrund der Vielfalt möglicher Güter und Dienstleistungen, auf unterschiedliche Weise ab und werden typischerweise durch Phasenmodelle, die einen idealtypischen Verlauf kennzeichnen, dargestellt. Man unterscheidet dabei zwischen „klassischen“ und „modernen“ Phasenmodellen der Neuproduktentwicklung.
Der Unterschied zwischen den klassischen und modernen Phasenmodellen zur Produktentwicklung besteht darin, dass bei den klassischen Verfahren die Nachfrager nicht in den Entwicklungsprozess einbezogen werden. Das Erfolgspotenzial der Produktkonzepte wird allein von Produktverantwortlichen des Unternehmens bzw. sonstigen Experten bewertet. Inzwischen wird in der Marketing-Literatur jedoch allgemein davon ausgegangen, dass nicht die Einschätzungen der Experten, sondern die der Nachfrager der jeweiligen Zielgruppe relevant sind. Deshalb erscheint eine solche klassische Vorgehensweise nicht mehr zeitgemäß. Das frühzeitige Erkennen von Bedürfnissen, d.h. eine auf das Schaffen von Nachfragervorteilen ausgerichtete Innovationspolitik, wird infolgedessen immer wichtiger.
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Neuere Phasenmodelle berücksichtigen explizit die Bedürfnisse der potenziellen Kunden in allen Schritten der Neuproduktentwicklung. Die Phase der Konzeptentwicklung nimmt dabei die zentrale Rolle ein – potenzielle Nachfrager werden so möglichst früh in den Neuproduktentwicklungsprozess einbezogen.20
Neuere Produktentwicklungsprozesse lassen sich in eine Vielzahl von Teilschritten einteilen.21 Eine mögliche idealtypische Phaseneinteilung22 des Neuproduktentwicklungsprozesses wird in Abbildung 1 präsentiert. In der ersten Phase wird dabei nach generellen Ideen für Neuprodukte gesucht und bereits eine erste Vorauswahl vorgenommen. Ideen für Produktinnovationen könnten beispielsweise anhand der für die zu untersuchende Zielgruppe relevanten Eigenschaften und Ausprägungen abgeleitet werden. Anschließend können erste Konzepte für Neuprodukte entwickelt und deren Erfolgsträchtigkeit zum Beispiel mit Hilfe von Methoden zur Präferenzmessung prognostiziert werden. Die Ergebnisse der Präferenzmessung ermöglichen bereits eine erste Absatzprognose und sind Teil einer Wirtschaftlichkeitsanalyse. Neben diesen quantitativen Verfahren (Methoden der Präferenzmessung) können auch qualitative Ansätze zur Bewertung der Produktkonzepte eingesetzt werden.23
Abbildung 1: Phasen eines idealtypischen Produktentwicklungsprozesses
Die Verfahren zur Präferenzmessung sind jedoch eher auf inkrementale Innovationen beschränkt, da die Einschätzungen der Befragungsteilnehmer auf den bisherigen Erfahrungen bzw. gelerntem Wissen in der jeweiligen Produktkategorie beruhen, d.h. der Zusammenhang zwischen den präsentierten Eigenschaften und Ausprägungen sowie dem daraus resultierenden Nutzen muss dem Entscheidungsträger bekannt sein. Radikale Innovationen setzen demgegenüber zunächst einen „Lernprozess“ der Nachfrager voraus, erst danach können die Produkte überhaupt eingeschätzt werden. Für einen Methodenüberblick zur Abschätzung der Erfolgspotenziale entsprechender Innovationen siehe Urban, Weinberg & Hauser (1996, 47ff.).
Derartige Produktinnovationen haben zudem oft einen erheblichen Einfluss auf bisherige Kauf- und Konsumgewohnheiten, weshalb die in solchen Situationen gemessenen Präferenzen oft instabil sind. Es ergeben sich schon bei sehr kleinen Veränderungen des Messvorgangs Ergebnisveränderungen. Um diese Probleme oder allzu konservative Konzeptbewertungen zu vermeiden, wird versucht, anstelle einer repräsentativen Stichprobe potenzieller Kunden Nachfrager mit spezifischen Eigenschaften, so genannte Pilotkunden (insbesondere Lead User, Referenzkunden), zu befragen. Trotz dieser und anderer Bemühungen zur Messung von Kundenpräferenzen für hochinnovative Produkte können die so erhobenen Ergebnisse nur eingeschränkt zur Produktentwicklung genutzt werden.24
Ausgehend von den Ergebnissen der Präferenzmessung können besonders erfolgversprechende Konzepte selektiert und diese in konkrete Prototypen umgesetzt werden. In dieser Phase der Neuproduktentwicklung kann auch die Kapazitäts- und Produktionsvorplanung für die jeweiligen Alternativen erfolgen. In der Phase der Produktentwicklung wird die Konstruktion abgeschlossen, werden Vor- und Nullserien produziert und Testläufe der Produktionsanlagen genutzt, um produktionsbedingte Schwachstellen zu finden. Zudem können nun die Erfolgsträchtigkeit der Produkte und der Vermarktungskonzepte in Testmärkten überprüft werden. Nach der finalen Selektion einer zu produzierenden Produktalternative bzw. der Feinabstimmung der Elemente des Marketing-Mix kann die Produktionsplanung und schließlich die Produkteinführung erfolgen.
Da die Konzeptentwicklung den wohl wichtigsten Schritt innerhalb der Neuproduktentwicklung darstellt,25 kommt der Präferenzmessung als einer Möglichkeit zur quantitativen kundenorientierten Bewertung möglicher Produktalternativen eine hohe Bedeutung zu.
In den ersten Phasen eines Produktinnovationsprozesses, d.h. „Ideengenerierung“ und „Konzeptentwicklung“, sind den Unternehmen jedoch häufig die Wirkung verschiedener Eigenschaften und deren Ausprägungen auf die Kaufentscheidung der Kunden unbekannt. Bereits die Ideen für Neuproduktentwicklungen sollten auf Basis der für eine Zielgruppe relevanten Eigenschaften und Ausprägungen konkretisiert werden. In einem ersten Schritt müssen deshalb die aus Kundensicht relevanten Merkmale und Ausprägungen bestimmt werden. Erst auf der Grundlage dieser Informationen ist es möglich, im Rahmen eines folgenden Konzepttests kundenorientierte Produkte zu entwickeln und später zu vermarkten. Präferenzmessverfahren ermöglichen eine genauere Analyse des Einflusses der Merkmale und deren Ausprägungen auf eine Kaufentscheidung sowie eine Abschätzung der Erfolgsträchtigkeit verschiedener Produktalternativen. Die Präferenzen von möglichen Kunden stellen dabei einen eindimensionalen Indikator zur Erklärung von Kaufentscheidungen dar, die das Ausmaß der Vorziehenswürdigkeit einer Alternative für eine bestimmte Person während eines bestimmten Zeitraumes zum Ausdruck bringt.26
Zur Präferenzmessung können verschiedene Verfahren eingesetzt werden. Die Varianten der Conjoint Analyse sind dabei die am häufigsten eingesetzte Methode zur Präferenzmessung im Rahmen der Konzeptentwicklung.27 Obwohl sich diese Verfahren auch bei kommerziellen Studien durch Marktforschungsinstitute weiter wachsender Beliebtheit erfreuen, weisen die Ergebnisse teilweise eine unbefriedigende Güte auf, wovon sowohl traditionelle als auch neuere Methoden betroffen sind.28 Sie können deshalb bisher nur eingeschränkt zur Prognose des realen Marktverhaltens von Kunden genutzt werden. Aufgrund der Kritik an den Ergebnissen der Präferenzmessung wurden in den letzten Jahren eine Vielzahl von Conjoint-Varianten entwickelt oder Methoden aus anderen Forschungsbereichen wie der Entscheidungsanalyse übernommen.29 Vergleicht man die Schätzwerte der verschiedenen Verfahren zur Präferenzmessung miteinander, so ergibt sich allerdings ein äußerst heterogenes Bild. Keine Methode scheint dominant; es gibt also kein Verfahren, dass im Vergleich zu anderen eindeutig „bessere“ Ergebnisse liefert. Traditionelle Ansätze und neuere Methoden weisen beispielsweise oft eine vergleichbare Prognosevalidität auf.30
Vor diesem Hintergrund plädieren Wittink, Vriens & Burhenne (1994, 30) dafür, statt weitere Varianten an Conjoint Analysen zu entwickeln, sich stärker wieder auf die fundamentalen Fragen bei der Messung von Präferenzen wie der Bestimmung der relevanten Eigenschaften und deren Ausprägungen zu konzentrieren.31
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Die Definition der zu untersuchenden Eigenschaften und Ausprägungen entspricht der Phase der „Ideengenerierung“ des Produktinnovationsprozesses, d.h. der Frage, welche produktpolitischen Alternativen zur Verfügung stehen, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren.
Die Bestimmung der zu untersuchenden Eigenschaften und Ausprägungen wird derzeit teilweise als „more art than science“32 beschrieben. Generell wird diesem Aspekt der Präferenzmessung – sozusagen der Stufe 0 – bei der praktischen Durchführung von Präferenzmessungen bisher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben. So stellte Schubert (1991, 306ff.) fest, dass lediglich in 35 % der untersuchten Studien Nachfrager in die Bestimmung der Eigenschaften einbezogen wurden; nur in 44,5 % der Studien wurden überhaupt Angaben zur Bestimmung der Eigenschaften gemacht.33 In den übrigen Fällen ist davon auszugehen, dass die Eigenschaften sowie deren Ausprägungen subjektiv vom Forscher festgelegt wurden. Doch selbst in Fällen, in denen eine systematische Bestimmung der zu untersuchenden Eigenschaften und Ausprägungen erfolgte, wurde die Vorgehensweise innerhalb der Studien häufig nicht ausreichend und nachvollziehbar beschrieben. Auch in den bekannten Artikeln zum Stand der Forschung in der Präferenzmessung von Green & Srinivasan (1990)34, Cattin & Wittink (1982) und Wittink & Cattin (1989) wurde auf die Ermittlung der relevanten Eigenschaften nicht oder nur kurz eingegangen.
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Entscheidend ist bei der Problemdefinition im Unternehmen, dass das „Problem“ aus der Sicht der Nachfrager definiert werden muss, da ansonsten zwar möglicherweise eine valide Marktforschungsstudie, diese jedoch auf Basis falscher Annahmen durchgeführt wird. Die praktische Umsetzung der Marktforschungsergebnisse kann in diesen Fällen nicht das eigentliche Problem lösen.
Es ist deshalb unmittelbar einsichtig, dass die Bestimmung der Eigenschaften sowie deren Ausprägungen für die Ergebnisse der Präferenzmessung einen äußerst kritischen Schritt darstellt, da er sämtliche späteren Ergebnisse und Gütemaße erheblich beeinflusst. Dieser Schritt wird deshalb zu den wichtigsten, in der Zukunft zu lösenden Problembereichen gezählt35 und ist auch in praktischen Anwendungen sorgfältig durchzuführen. Werden nicht die tatsächlich entscheidungsrelevanten Eigenschaften in der Präferenzmessung verwendet, so führt dies zu einer falschen Gewichtung der Ergebnisse und damit zu verzerrten Prognosen.
Die Ergebnisse der Präferenzmessung variieren, wie oben bereits beschrieben, unabhängig von der verwendeten Methode je nachdem, welche Eigenschaften sowie Ausprägungen untersucht werden,36 da die Entscheidungen und Entscheidungsprozesse der potenziellen Kunden immer kontextabhängig sind.37 Daraus ergeben sich verschiedene Anforderungen, die eine Methode zur Bestimmung eines Eigenschaftssets erfüllen muss: so sollte sie unter anderem gewährleisten, dass in der späteren Präferenzmessung alle relevanten Bewertungsdimensionen berücksichtigt werden.38 Fehlen bestimmte, für die Entscheider wichtige Eigenschaften, ist mit verzerrten Schätzergebnissen zu rechnen, die nicht auf reale Wahlentscheidungen von Nachfragern übertragbar sind.
Neben der Auswahl der zu untersuchenden Merkmale wird oft auch die Ermittlung der relevanten Eigenschaftsausprägungen fast völlig vernachlässigt. Dabei müssen zunächst die aus Nachfragersicht relevante Bandbreite und danach die einzelnen Ausprägungen festgelegt werden. Die Bestimmung der zu untersuchenden Ausprägungen ist der entscheidende Schritt bei der Festlegung eines zu untersuchenden Eigenschaftssets, da die Bedeutung der Attribute durch die untersuchten Bandbreiten, d.h. durch den Präferenzunterschied zwischen der am wenigsten und der am meisten bevorzugten Eigenschaftsausprägung eines Merkmals, determiniert wird. Variiert man beispielsweise die Bandbreite einer Eigenschaft, so muss sich auch die Bedeutung dieses Attributs ändern.39
Werden die zu untersuchenden Eigenschaftsausprägungen, wie derzeit üblich, vom Marktforscher bestimmt, legt er damit den Einfluss der Eigenschaften auf die Präferenz selbst fest.40 Die Ermittlung der zu untersuchenden Ausprägungen sollte deshalb aus Kundensicht erfolgen, da der Marktforscher und die potenziellen Nachfrager unter Umständen unterschiedliche Anforderungen an ein Untersuchungsobjekt stellen. Wird dies nicht beachtet, können die Schätzergebnisse nicht zur Prognose von realen Wahlentscheidungen genutzt werden.
Die in den Studien zur Präferenzmessung vorgegebenen Eigenschaften sowie deren Ausprägungen haben auch einen erheblichen Einfluss auf die Art der vom Entscheidungsträger genutzten Bewertungsstrategien. Ein Beurteilungskontext, in dem die für die Befragungsteilnehmer relevanten Eigenschaften und deren Ausprägungen fehlen, kann dazu führen, dass statt Trade-offs zwischen den Ausprägungen der Eigenschaften einfache Entscheidungsheuristiken angewendet werden,41 was die Ergebnisse der Präferenzmessung ebenfalls verzerren kann.42 Trotz der genannten Vorbehalte entscheidet in der Praxis oft der jeweilige Auftraggeber einer Studie über die zu untersuchenden Eigenschaften und deren Ausprägungen.
Bei der Bestimmung von relevanten Eigenschaften und Ausprägungen muss ferner berücksichtigt werden, dass bei der Untersuchung unterschiedlicher Kundengruppen jeweils zielgruppenspezifische Eigenschaftssets genutzt werden müssen, da diese andere Eigenschaften und Ausprägungen zur Bewertung von Produkten heranziehen. Um dieses Problem zu mildern, erlauben einige Methoden zur Präferenzmessung, dass zumindest völlig inakzeptable Eigenschaftsausprägungen auf individueller Ebene aus einer Untersuchung ausgeschlossen werden können.43 Andere, individualisierte Verfahren zur Präferenzmessung sollen sicherstellen, dass die Befragungsteilnehmer lediglich für sie relevante Informationen einschätzen. Ein Schwachpunkt aller Verfahren, die eine Individualisierung des Eigenschaftssets anstreben, ist jedoch, dass die Selektion der Bewertungsdimensionen auf individueller Ebene nicht stabil ist.44 Weiterhin können bei individualisierten Präferenzmessungen aufgrund der unterschiedlichen Bewertungsbasis der Teilnehmer die Ergebnisse der Präferenzmessung nur sehr eingeschränkt aggregiert werden.45 Diesem Problem kann begegnet werden, indem schon vorher Gruppen mit identischer merkmalsbezogener Basis gebildet werden, in diesem Sinne eine a priori Segmentierung vorgenommen wird. Eine zielgruppenspezifische Erhebung macht durchaus Sinn, da in der Realität ebenfalls nicht völlig individualisierte, sondern zielgruppenspezifische Produkte angeboten werden. Die notwendige Gruppenbildung könnte aber bereits im ersten Schritt, also in der Phase der Bestimmung der Eigenschaften und deren Ausprägungen erfolgen, so dass die Entscheider im Anschluss zielgruppenspezifische Eigenschaftssets bewerten.46
Es ist weiterhin bekannt, dass Entscheidungsträger ausschließlich zu den Alternativen des individuellen Relevant-sets ausgeprägte Präferenzen aufweisen. Stabile Einschätzungen sind demnach lediglich bezüglich jener Eigenschaften und Ausprägungen bereits vorhanden und damit messbar, die von den Befragungsteilnehmern in der Phase der Wahlentscheidung vor dem Kaufakt zur Bewertung der Alternativen herangezogen werden. Soll ein Entscheider dagegen Alternativen bewerten, die sich nicht in seinem Relevant-set befinden, so muss er zunächst Präferenzen „konstruieren“. Dies bedeutet, dass die Nutzen erst während der Präferenzbildung auf Basis der im Untersuchungskontext vorgegebenen Informationen bestimmt werden.47 Die Konstruktion von Beurteilungen ist dabei mit einem Lernprozess vergleichbar, d.h. „konstruierte“ Präferenzen entwickeln sich erst im Verlauf einer Befragung. Dies hat jedoch zur Folge, dass nur die letzten Bewertungen der Probanden zur Schätzung von Teilnutzen verwendet werden könnten. Zur Nutzenschätzung werden von den Verfahren zur Präferenzmessung aber alle Bewertungen herangezogen, was in diesen Fällen zu verzerrten Ergebnissen führt. Dies gilt insbesondere für wahlbasierte Verfahren der Präferenzmessung, da dabei typischerweise relativ wenig Einschätzungen erhoben werden. Ein Eigenschaftsset sollte folglich sicherstellen, dass Präferenzen gemessen werden können und nicht erst vom Entscheider „konstruiert“ werden müssen. Eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass unterschiedliche Kundengruppen explizit berücksichtigt werden und Entscheider ausschließlich die für sie relevanten Informationen einschätzen.
Das Ziel dieses Buches besteht darin, sämtliche Schritte bei der Durchführung einer Studie zur Präferenzmessung und die dabei möglichen Gestaltungoptionen zu erläutern, so dass „Einsteiger“ eine entsprechende Studie durchführen können und Experten schnell einen umfassenden Überblick und Literaturhinweise über die verschiedenen Einzelschritte erlangen können.
Im Zentrum dieses Buches stehen deshalb die in Abbildung 2 dargestellten Schritte, die bei der Durchführung einer Studie zur Präferenzmessung vom Marktforscher beachtet und aktiv gestaltet werden müssen.
Abbildung 2: Schritte bei der Durchführung einer Studie zur Präferenzmessung
1 Vgl. Helm 2001, 49f.
2 Vgl. Helm 2001, 34; Gruner & Homburg 1999, 120.
3 Vgl. Porter 1998, 163ff.; Helm 2001, 40.
4 Vgl. Hauser & Urban 1977, 579f.; Ali 1994, 46; Sawalsky 1995, 8; Urban, Weinberg & Hauser 1996, 47; Tomkovick & Miller 2000, 416f.; Helm 2001, 39.
5 Vgl. Helm 2001, 36; Brockhoff 1999, 2; Soni, Lilien & Wilson 1993, 365.
6 Vgl. Helm 2001, 63.
7 Helm 2001, 64. Siehe ebenso Parry & Song (1994, 27f.) und Buchholz (1996, 131f.), die die Bedeutung nachfrageinduzierter Innovationen unterstreichen.
8 Vgl. Helm 2001, 65; Buchholz 1996, 131.
9 Vgl. Helm 2001, 65; Brockhoff 1999, 2; Ali 1994, 46.
10 Vgl. Simon 1996, 110f.
11 Eine umfangreiche Darstellung von Studien findet man bei Helm (2001, 39).
12 Vgl. Brockhoff 1999, 10; Porter 1998, 163.
13 Vgl. Helm & Pasch 2000, 18.
14 Vgl. Böcker & Helm 2003, 14ff.
15 Vgl. Steffenhagen 2000, 35.
16 Vgl. Kristensson, Gustafsson & Archer 2004, 4.
17 Vgl. Helm 2001, 80; Gruner & Homburg 1999, 137.
18 Zu verschiedenen Ausgestaltungsvarianten vgl. Kleinschmidt, Geschka & Cooper (1996, 52) oder Böcker & Helm (2003, 270ff.).
19 Für einen Überblick siehe beispielsweise Cooper & Kleinschmidt (1995, 377).
20 Vgl. Lees & Wright 2004, 389.
21 Vgl. Brockhoff 1999, 106; Schubert 1991, 74f.
22 Je nach Gestaltung und Benennung der Phasen der Neuproduktentwicklungsprozesse wird die Präferenzmessung in der Literatur teilweise zu den Verfahren zur Selektion von Neuproduktideen gerechnet. Für ein Beispiel siehe Meffert (1998, 387ff.) oder Tumbusch (1991, 1). Für erste praktische Anwendungen der Präferenzmessung im Rahmen der Konzeptentwicklung siehe Westwood, Lunn & Beazley (1974, 328ff.) oder Hauser & Urban (1977, 581ff.).
23 Für einen Überblick über weitere Methoden zum Konzepttest siehe Green, Krieger & Vavra (1997, 12ff.) oder Hauser & Urban (1977, 584ff.).
24 Vgl. Brockhoff 1999, 15ff.
25 Vgl. Schubert 1991, 80; Lees & Wright 2004, 389.
26 Vgl. Böcker 1986, 556. Für eine ausführliche Definition siehe Kapitel 2.1.
27 Vgl. Helm, Steiner, Scholl & Manthey 2004; Wittink, Vriens & Burhenne 1994, 41.
28 Vgl. Backhaus & Brzoska 2004, 48ff.
29 Siehe beispielsweise Krapp & Sattler 2001; Srinivasan 1988; Helm, Manthey, Scholl & Steiner 2003 oder Helm, Steiner, Scholl & Manthey 2004.
30 Siehe dazu Green & Helsen 1989, 346, 349; Agarwal 1988, 54; Orme, Alpert & Christensen 1997a, 220; Sawtooth Software 1999, 5; Elrod, Louviere & Davey 1992, 375.
31 Ebenso Jaccard, Brinberg & Ackerman 1986, 467.
32 Gibson 1998, 5.
33 Siehe auch Reiners 1996, 30, 37; Helm & Steiner 2007.
34 Im ersten Artikel von Green & Srinivasan (1978, 104f.) zum Stand der Forschung bei der Conjoint Analyse wird kurz auf diese Problematik eingegangen, in Folgeartikeln (z.B. Green & Srinivasan 1990) wird dieser Aspekt nicht mehr berücksichtigt.
35 Vgl. unter anderem Bradlow 2005, 322.
36 Vgl. Johnson & Levin 1985, 169; Yamagishi & Hill 1981, 13f.; Trommsdorff 1975, 57.
37 Siehe dazu ausführlich Kapitel 2.1. Vgl. Payne, Bettman & Schkade 1999, 246; Creyer & Ross 1988, 508; Verlegh, Schifferstein & Wittink 2002, 41.
38 Vgl. Wittink & Cattin 1989, 94.
39 Vgl. Payne, Bettman & Schkade 1999, 246; Ratneshwar, Shocker & Stewart 1987, 520.
40 Siehe dazu ausführlich Kapitel 2.1.
41 Vgl. Ratneshwar, Shocker & Stewart 1987, 523.
42 Vgl. Acito 1977, 84. Siehe dazu ausführlich Kapitel 2.1.
43 Vgl. dazu Helm, Sattler, Steiner & Szelig 2007.
44 Vgl. Huber 1987, 6.
45 Vgl. Voeth 2000, 177.
46 Vgl. Steiner 2007, 6.
47 Vgl. Bettmann, Luce & Payne 1998, 188.
Ausgangspunkt jeglicher unternehmerischer Marktaktivitäten und damit der Präferenzmessung bilden, wie bereits beschrieben, die Bedürfnisse der potenziellen Kunden. Sie sind der Startpunkt des Kaufentscheidungsprozesses und stellen ein Mangelgefühl oder Problem, verbunden mit dem Bestreben dieses zu beseitigen, dar.48 Dazu werden verschiedene Alternativen zur Bedürfnisbefriedigung vom Nachfrager selektiert und bewertet. Der sich daraus ableitende Bedarf ist objektorientiert und somit auf eine Reihe von konkreten Produktalternativen bezogen, die generell zur Bedürfnisbefriedigung und Problembeseitigung geeignet erscheinen. Die letztendliche Entscheidung für eine konkrete Produktalternative wird stark von den Präferenzen des Entscheidungsträgers beeinflusst.
Trotz ihrer deshalb herausragenden Bedeutung für das Produktmarketing gibt es derzeit noch keine einheitliche Definition für den Begriff „Präferenz“.
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