Praktische Theologie - Kristian Fechtner - E-Book

Praktische Theologie E-Book

Kristian Fechtner

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Beschreibung

This textbook presents in compact form what one needs to know today in the field of practical theology. It can accompany university courses and can be used to prepare for examinations. It is also useful for further education for ministers and priests. The book starts with four brief survey articles on the prerequisites for contemporary practical theological thinking. The central fields of Christian practice are then developed in a problem-oriented fashion, in each case based on the following structure: marking out current challenges, orientation in the field of action, empirical findings, historical and systematic reference points, basic practical and theological provisions, current debates and issues for the future.

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Theologische WissenschaftSammelwerk für Studium und Beruf

Herausgegeben von

Traugott JähnichenAdolf Martin RitterUdo RüterswördenUlrich SchwabLoren T. Stuckenbruck

Band 15

Kristian FechtnerJan HermelinkMartina KumlehnUlrike Wagner-Rau

Praktische Theologie

Ein Lehrbuch

Verlag W. Kohlhammer

1. Auflage 2017

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-028337-4

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-028338-1

epub: ISBN 978-3-17-028339-8

mobi: ISBN 978-3-17-028340-4

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Was man in der Praktischen Theologie heute wissen sollte, stellt dieses Lehrbuch kompakt dar. Es begleitet das Studium und dient der Prüfungsvorbereitung zum Ersten und Zweiten Examen. Zugleich ist es geeignet für die Fortbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern. Das Buch beginnt mit vier knappen Querschnittsartikeln zu den Voraussetzungen gegenwärtigen praktisch-theologischen Denkens. Im Anschluss werden die zentralen Felder christlicher Praxis problemorientiert entfaltet. Dabei liegt jeweils folgende Struktur zugrunde: Markierung aktueller Herausforderungen, Orientierung im Handlungsfeld, empirische Befunde, historisch-systematische Anschlussstellen, praktisch-theologische Grundbestimmungen, aktuelle Diskurse und Zukunftsfragen.

 

Prof. Dr. Kristian Fechtner, Universität Mainz; Prof. Dr. Jan Hermelink, Universität Göttingen; Prof. Dr. Martina Kumlehn, Universität Rostock; Prof. Dr. Ulrike Wagner-Rau, Universität Marburg.

Inhalt

Zur Einführung

I.  Querschnittsthemen

I.1  Praktische Theologie als Theorie der christlichen Religionspraxis

Ulrike Wagner-Rau

1  Wandel des theologischen Selbstverständnisses zu Beginn des 19. Jahrhunderts

2  Praktische Theologie: Kunstlehre und Praxistheorie

3  Die Aufgabe: Reflexion einer komplexen Religionspraxis

4  Religionsverständnis: Was heißt »religiöse« Praxis?

5  Die kommunikative Verfasstheit der Religionspraxis

6  Plurale Religionspraxis

I.2  Christentum und moderne Gesellschaft

Kristian Fechtner

1  Zur Wahrnehmung der gesellschaftlichen Entwicklung von christlicher Religion in der Moderne

1.1  Gesellschaftliche Differenzierung

1.2  Säkularisierung, Individualisierung und Pluralisierung

2  Die gesellschaftliche Stellung und Bedeutung des Christentums

2.1  Christentum als öffentliche Religion

2.2  Religion und Säkularität – Signaturen der Gegenwartsgesellschaft

I.3  Religion und Gegenwartskultur

Kristian Fechtner

1  Kulturwissenschaftliche Perspektiven der jüngeren Praktischen Theologie

1.1  Anschlussstellen im kulturwissenschaftlichen Diskurs

1.2  Praktisch-theologische Neuorientierungen

2  Thematische Schwerpunkte der praktisch-theologischen Kulturhermeneutik

2.1  Kunst

2.2  Alltagsleben

2.3  Populäre Kultur

3  Zur praktisch-theologischen Rezeption kultursoziologischer Einsichten

3.1  Milieutheorien

3.2  Eventkultur

I.4  Religion und Individuum

Martina Kumlehn

1  Individualität als Deutungsmuster in christlich-religiöser Perspektive

1.1  Individualisierungsschübe im Protestantismus

1.2  Spätmoderne Individualitätskultur und ihre Konsequenzen für die Religionspraxis

2  Identitätsarbeit und Religion als individuelle Ressource

3  Lebensgeschichte und praktisch-theologischer Biographiebezug

4  Religiöse Erfahrung und Entwicklung

II.  Handlungsfelder

II.1  Kasualien

Kristian Fechtner

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Die »klassischen« Kasualien im Lebenszyklus

2.1.1  Die kirchliche Bestattung

2.1.2  Die Taufe

2.1.3  Die Konfirmation

2.1.4  Die kirchliche Trauung

2.2  Weitere Anlässe der Kasualpraxis

2.2.1  Biographischer Kontext

2.2.2  Im Kontext gesellschaftlicher Öffentlichkeit

2.2.3  Im gemeindlichen Kontext

3  Empirische Befunde

3.1  Zur Kasualpraxis insgesamt

3.2  Bestattungen

3.3  Taufen

3.4  Konfirmationen

3.5  Trauungen

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

4.1  Zur Geschichte der vier klassischen Kasualien

4.2  Konzeptionelle Wegmarken der Kasualtheorie

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Der Gegenstandsbereich

5.2  Rekonstruktion von Lebensgeschichte

5.3  Integrale Kasualpraxis

5.4  Theologische Deutungsperspektiven

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Ritualtheoretische Perspektive

6.2  Die Erweiterung des Kasualienzyklus

6.3  Kasualpraxis und Medienkultur

7  Zukunftsfragen

7.1  Kasualkirchlichkeit als eigene Sozialform?

7.2  Interreligiöse Kasualpraxis?

8  Lehrbücher

II.2  Kirchentheorie

Jan Hermelink

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Kirchliche Sozial- und Organisationsformen

2.2  Mitgliedschaft und Mitarbeit

2.3  Kirche in der Öffentlichkeit

2.4  Instanzen der kirchlichen Leitung

3  Empirische Befunde

3.1  Statistik zu Mitgliedschaft und Mitarbeit

3.2  Das Bild der Kirche

3.3  Konturen der kirchlichen Mitgliedschaft

3.4  Die Finanzen der Kirche

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

4.1  Reformation: Kirche als »creatura verbi«, als »Gemeinde« und als staatliches Regiment

4.2  17.–19. Jahrhundert: Staatskirche und Bewegungskirche

4.3  1918–1945: »Volkskirche« zwischen Staat und Gesellschaft

4.4  1960–1990: Kirchenreform zwischen Strukturkritik und Experiment

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Kirche in der Gesellschaft

5.2  Kirche als Gemeinde

5.3  Leitung in der Kirche: Formen und Prinzipien

5.4  Kirche und gelebte Religion

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Kirchenreform zwischen Ökonomisierung und Regionalisierung

6.2  Vom missionarischen Gemeindeaufbau zu »Fresh expressions of Church«

6.3  Öffentliche Kirche als vernetzte Kirche

7  Zukunftsfragen: Kirchliche Inszenierung von Pluralität und Profil

8  Lehrbücher

II.3  Pastoraltheologie

Ulrike Wagner-Rau

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Strukturbedingungen des Pfarrberufs

2.2  Unterschiedliche Formen des Pfarrdienstes

3  Empirische Befunde

3.1  Die Sicht der Kirchenmitglieder auf Pfarrer und Pfarrerinnen

3.2  Selbstverständnis und Berufszufriedenheit

3.3  Kulturelle Konstruktionen des Pfarrberufs

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

4.1  Das Priestertum aller Gläubigen und das öffentliche Amt

4.2  Charisma und Bildung

4.3  Professionalisierung und Deprofessionalisierung

4.4  Gestaltwandel und Diffusion der Funktion

4.5  Geschlechterfragen

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Die Grundfunktion: öffentliche Kommunikation des Evangeliums

5.2  Theologische bzw. geistliche Qualität des Pfarrberufs

5.3  Person und Beruf

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Die Erosion einer integralen Lebensform

6.2  Aufgabenbeschreibung und -begrenzung

6.3  Kirchliche Berufe und Ehrenamt

7  Zukunftsfragen

7.1  Nachwuchs

7.2  Öffentliche Präsenz und Sozialraumorientierung

8  Lehrbücher

II.4  Liturgik

Kristian Fechtner

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Gottesdienstliche Gattungen

2.1.1  Sonntägliche Gemeindegottesdienste

2.1.2  Festtagsgottesdienste im Jahreskreis

2.1.3  Kasualgottesdienste ()

2.1.4  Zielgruppengottesdienste

2.1.5  Fernseh- und Radiogottesdienst ()

2.1.6  Andachten ()

2.2  Liturgische Elemente und Gesten

2.2.1  Gebet

2.2.2  Predigt ()

2.2.3  Abendmahl

2.2.4  Musik/Gesang

2.2.5  Segen

2.3  Gottesdienst in der Zeit

2.4  Der Raum des Gottesdienstes

3  Empirische Befunde

3.1  Statistische Wahrnehmung und Differenzierung des Gottesdienstbesuches

3.2  Selbstwahrnehmung der Kirchenmitglieder

3.3  Gottesdienstliches Erleben und Erwartungen der Beteiligten

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

4.1  Reformatorische Orientierungen

4.2  Herausbildung einer neuzeitlichen Gottesdienstkultur und eines modernen Gottesdienstverständnisses

4.3  Die Orientierung kirchlicher Gottesdienstpraxis durch Agenden nach dem II. Weltkrieg

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Dimensionen und Funktionen des evangelischen Gottesdienstes

5.2  Wechselbeziehungen und Spannungsfelder des gottesdienstlichen Geschehens

5.3  Der rituelle Charakter des Gottesdienstes

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Gottesdienst als Zeichenprozess (Semiotische Liturgik)

6.2  Gottesdienst als Inszenierung (Theatrale Liturgik)

7  Zukunftsfragen

7.1  Partizipation und Stellvertretung

7.2  Diversifiziertes Angebot?

8  Lehrbücher

II.5  Homiletik

Jan Hermelink

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Die Sonntagspredigt – das Homiletische Viereck

2.2  Andere Formen der Predigt

3  Empirische Befunde

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Die Predigt als Begründung des Glaubens

5.2  Die Bedeutung des biblischen Textes für die Predigt

5.3  Die Auslegung der gegenwärtigen Wirklichkeit in der Predigt

5.4  Das Verhältnis der Predigt zur gottesdienstlichen Feier

5.5  Die Produktion der Predigt

5.6  Die Predigerin als organisierendes Zentrum des Predigtgeschehens

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Rezeptionsästhetische Reformulierungen der Homiletik

6.2  Die dramaturgische Homiletik – Erträge und Einwände

6.3  Missionarische Predigt?

7  Zukunftsfragen

7.1  Predigt als Rede im Namen Gottes oder als Rede vom Glauben?

7.2  Paradigma Sonntagspredigt oder Kasual- (und Fest-) Predigt?

8  Lehrbücher

II.6  Seelsorge

Ulrike Wagner-Rau

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Vielfalt des Handlungsfeldes und der Akteure

2.2  Gestalten und Medien

3  Empirische Befunde

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

4.1  Theologische Grundmotive

4.2  Alte Kirche und Mittelalter

4.3  Reformation

4.4  Pietismus und Aufklärung – Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher

4.5  Wegbereiter und Antipoden einer psychologisch aufgeklärten Seelsorgetheorie

4.6  Pastoralpsychologische Seelsorge

4.7  Weiterführende Impulse

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Eine implizit und explizit religiöse Praxis

5.2  Anthropologische Voraussetzungen mit praktischen Folgen

5.3  Begleitung, Begegnung und Lebensdeutung

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Seelsorge und Ethik

6.2  Seelsorge und Spiritual Care

6.3  Religiöse Pluralisierung

7  Zukunftsfragen

8  Lehrbücher

II.7  Religionspädagogik

Martina Kumlehn

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Familie

2.2  Kindertagesstätten

2.3  Schule

2.4  Kirchliche Bildungsräume

2.5  Evangelische Schulen

2.6  Evangelische Akademien

2.7  Medien

3  Empirische Befunde

3.1  Religions- und kirchensoziologische Erkenntnisse zum Jugendalter

3.2  Entwicklungspsychologie

3.3  Unterrichts- und Professionsforschung

3.4  Studien zur Konfirmandenarbeit

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

4.1  Aneignung des Glaubens und religiöse Bildung bei Martin Luther

4.2  Religiöse Entwicklung und Emanzipation religiöser Bildung (Aufklärung)

4.3  Darstellung und Mitteilung von Religion (Schleiermacher)

4.4  Die Entwicklung der modernen schulischen Religionspädagogik

4.5  Die Entwicklung der Gemeindepädagogik

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Religionspädagogik als Theorie religiöser Bildung

5.2  Theologische Deutungsmuster christlicher Bildung

5.3  Religiöse Bildung und die Unverfügbarkeit des Glaubens

5.4  Kompetenzbereiche und Intentionen christlich-religiöser Bildung

5.5  Religionsdidaktik

a)  Der Zugang der Lehrenden zum Thema des Unterrichts (wer?)

b)  Analyse des Bedingungsfeldes (für wen?)

c)  Sachanalyse (was?)

d)  Didaktische Analyse (warum?)

e)  Lernziele/Kompetenzen (wozu? woraufhin?)

f)  Methodische Analyse (wie?)

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Ästhetische und semiotisch-performative Religionsdidaktik

6.2  Kinder- und Jugendtheologie

6.3  Interreligiöse Bildung

6.4  Inklusion

6.5  Vom Lernort zum Bildungsraum: Vernetzung gemeindepädagogischer Aktivitäten

7  Zukunftsfragen

7.1  Schulisch-institutionelle Perspektiven

7.2  Konzeptionelle Perspektiven

7.3  Gemeindliche Perspektiven

8  Lehrbücher

II.8  Diakonik

Tobias Braune-Krickau

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Grundzüge des deutschen Wohlfahrtsmodells

2.2  Neun Organisationstypen von Diakonie

3  Empirische Befunde

3.1  Diakonie im Spiegel der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen

3.2  Religiosität und diakonisches Handeln

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

4.1  Der neuzeitliche Formwandel des Helfens als Referenzrahmen der Diakoniegeschichte

4.2  Reformatorische Weichenstellungen

4.3  Die klassische Phase protestantischer Diakonie in Pietismus und Erweckungsbewegung

4.4  Diakonie im Wandel politischer Kontexte des 20. Jahrhunderts

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Vier praktisch-theologische Perspektiven auf Diakonie

5.2  Zur christlichen Identität der Diakonie: Begründung, Proprium und Profil

5.3  Diakonische Grundbegriffe zwischen Ökonomie, Politik, Zivilgesellschaft und Kirche

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Pluralitätsfähigkeit und Religionskompetenz in der Diakonie

6.2  Diakonische Bildungsprozesse

6.3  Pathologien des Helfens

7  Zukunftsfragen

8  Lehrbücher

II.9  Publizistik

Jan Hermelink

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Evangelisch-publizistische Aktivitäten in den Printmedien

2.2  Kirchlich-publizistische Aktivitäten in den audiovisuellen Medien

2.3  Kirchliche Aktivitäten im Internet

2.4  Kirchliche Praxis in den Massenmedien zwischen »Publizistik«, »Öffentlichkeitsarbeit« und Kampagnen

3  Empirische Befunde

3.1  Nutzung verschiedener Massenmedien

3.2  Präsenz von Kirche in ausgewählten Tageszeitungen

3.3  Religion im Fernsehkrimi

3.4  Religiöse Kommunikation im Internet

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

4.1  Religionsgeschichte als Mediengeschichte

4.2  Massenmedien und moderne Gesellschaft

4.3  Religion und Kirche als Thema der Massenmedien

4.4  Zur Religionsproduktivität der Massenmedien

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Moderne Öffentlichkeit(en) als Bedingung christlicher Publizistik

5.2  Motive kirchlich-theologischer Medienkritik

5.3  Die konstitutive Bedeutung der Publizistik für die protestantische Religionspraxis

5.4  Christliche Publizistik als Werbung, Information und Unterhaltung

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Theologische Anthropologie der Massenmedien

6.2  Organisationsprobleme kirchlicher Publizistik

7  Zukunftsfrage: Christliche Religionspraxis zwischen öffentlicher Vernetzung und spiritueller Leere

8  Weiterführende Texte

II.10  Frömmigkeit/Spiritualität

Martina Kumlehn

1  Herausforderungen

2  Orientierung im Handlungsfeld

2.1  Beten

2.2  Bibelgebrauch

2.3  Singen, Musizieren, Musikhören

2.4  Meditieren

2.5  Körpererfahrungen: Heil und Heilung, Fasten, Pilgern und Laufen

2.6  Naturerleben

2.7  Engagierte Spiritualität im ökologischen, politischen und sozialen Kontext

2.8  Zeitliche Rhythmen und Frömmigkeitskultur

2.9  Orte: Kirchen, Einkehrhäuser, Spirituelle Zentren, evangelische Kommunitäten

3  Empirische Befunde

3.1  Frömmigkeits- und Spiritualitätspraxis

3.2  Agnostische Spiritualität

3.3  Entwicklung der Spiritualität

3.4  Frömmigkeit und Spiritualität als Ressource

4  Historisch-systematische Anschlussstellen

4.1  Das reformatorische Frömmigkeitsverständnis zwischen Subjektivierung und Kritik

4.2  Pietistische Erbauung und Theorie des frommen Bewusstseins

4.3  Religiöse Volkskunde, Gemeinschaft, Spiritualität und Rationalität: Entwicklungen im 20. Jahrhundert

5  Praktisch-theologische Grundbestimmungen

5.1  Frömmigkeit/Spiritualität als Reflexionsgegenstand Praktischer Theologie

5.2  Frömmigkeits-/Spiritualitätshermeneutik und Frömmigkeitslehre (Aszetik)

5.3  Grenzbewusstsein: Die Frage nach handlungsorientierenden Kriterien im Umgang mit Frömmigkeit/Spiritualität

6  Aktuelle Diskurse

6.1  Spirituelle Kompetenz und spirituelle Begleitung in der theologischen Ausbildung

6.2  Christliche Lebenskunst und Alltagsspiritualität

7  Zukunftsfragen

8  Einführende Literatur

Die Autorinnen und Autoren

Zur Einführung

Praktische Theologie ist auf Zeitgenossenschaft aus. Als Theorie pluraler christlich-religiöser Praxis in der Gegenwart ist sie vielstimmig, nicht selten erscheint sie unübersichtlich. Das Lehrbuch bemüht sich kompakt darzustellen, was heute praktisch-theologisch zu bedenken und zu lernen ist. Konzentriert werden Grundlinien der aktuellen Diskussion im Fach nachgezeichnet. Was vorgestellt wird, ist notwendigerweise eine Auswahl, die mit Bedacht getroffen wurde. Entsprechend sparsam sind in den Fußnoten Literaturhinweise aufgeführt, die den Gedankengang weniger fachwissenschaftlich ausweisen, als vielmehr exemplarisch Titel nennen, in denen das jeweilige Thema weiter entfaltet wird. Auch ein Lehrbuch ist perspektivisch geprägt, es verrät etwas von der Denkweise der Autorinnen und Autoren, die selbst Anteil haben an den Diskursen, die sie referieren, ordnen und reflektieren.

Den umfangreichsten Teil des Buches (II.) bilden selbständige Artikel, in denen die verschiedenen Handlungs- und Praxisfelder des zeitgenössischen Christentums erschlossen und die damit verbundenen praktisch-theologischen Debatten problemorientiert erläutert werden. Ihr Zusammenhang wird nicht nur dadurch deutlich, dass Querverweise notiert werden und Theoriereferenzen konvergieren, sondern kommt vor allem durch den Zuschnitt der Beiträge zur Geltung, die jeweils dem gleichen Aufbau folgen:

•  Sie beginnen mit exemplarischen Herausforderungen, die sich aus den Konflikten und Veränderungen gegenwärtiger Praxis ergeben.

•  In einem zweiten Schritt erfolgen Orientierungen im Handlungsfeld, das entlang unterschiedlicher Handlungsgestalten und Praxisaspekte kartographiert wird.

•  Drittens wird die Wahrnehmung anhand empirischer Befunde exemplarisch vertieft und insbesondere um die Perspektive der Beteiligten erweitert.

•  In einem vierten Schritt werden historisch-systematische Anschlussstellen markiert und wichtige Stationen und Konstellationen innerhalb der Disziplinengeschichte erläutert. Hier werden insbesondere reformatorische Grundzüge, die theologische Neuausrichtung auf die Moderne im 19. Jahrhundert sowie signifikante Positionen des 20. Jahrhunderts nachgezeichnet.

•  Dies mündet fünftens in praktisch-theologischen Grundbestimmungen, die zeigen, wie der Gegenstand resp. das Handlungsfeld gegenwärtig in praktisch-theologischer Perspektive erschlossen und reflektiert wird.

•  Ein sechster Schritt skizziert aktuelle Diskurse, welche die fachwissenschaftliche Debatte bestimmen und in ihren Theoriezusammenhängen prägen.

•  Am Ende jedes Beitrages stehen Zukunftsfragen, die nach Ansicht der Autorinnen und Autoren künftig noch stärker an Gewicht gewinnen werden.

•  Schließlich wird auf in der Regel jeweils zwei Lehrbücher verwiesen, die zur vertiefenden Weiterarbeit ermuntern.

Den Beiträgen zu den einzelnen Handlungsfeldern sind vier kürzere Artikel (I.) vorangestellt, die Querschnittsthemen der Praktischen Theologie behandeln und grundlegende Perspektiven erarbeiten: In konzeptioneller Weise erörtert der erste Beitrag Praktische Theologie als Theorie der christlichen Religionspraxis und umreißt den Gegenstand, die Zugangsweise und die Aufgabenstellung des Faches. Drei weitere Artikel thematisieren unterschiedliche Kontexte und Bezüge des zeitgenössischen Christentums: zunächst das Christentum in der modernen bzw. spätmodernen Gesellschaft, sodann Religion in der Gegenwartskultur, schließlich Religion im Blick auf das Individuum.

Ein praktisch-theologisches Lehrbuch ersetzt kein Studium, aber es will das Erarbeitete auf akademische Prüfungen hin bündeln. Das Buch ist auch als Begleitung und zur Orientierung der zweiten Ausbildungsphase gedacht und ebenso für Pfarrerinnen und Pfarrer, die sich über den Stand des Faches informieren möchten. Als Lehrbuch kann es gut in gemeinsamer Arbeit in Gebrauch genommen werden; praktisch-theologisches Lernen geschieht am besten dialogisch und im Austausch. Dies jedenfalls ist die Erfahrung, die wir als Autorinnen und Autoren miteinander teilen: Die Artikel stehen in je eigener, individueller Verantwortung, sind aber allesamt mehrfach gemeinsam diskutiert und redigiert worden. Die Zusammenarbeit hat uns nicht nur fachlich bereichert, sie war und ist auch im persönlich-kollegialen Miteinander ein Highlight unserer beruflichen Tätigkeit.

Zum Lehrbuch haben auch andere Menschen in vielfältiger Weise beigetragen. Wir danken in besonderer Weise Tobias Braune-Krickau, der als Fachkollege den Artikel »Diakonik« verfasst hat. Unser Dank gilt Mitarbeitenden unserer Lehrstühle, die uns unterstützt, Textentwürfe mit uns diskutiert und das Manuskript Korrektur gelesen haben. Wir danken Herrn Florian Specker vom Kohlhammer Verlag, der das Lehrbuch initiiert und begleitet hat, sowie den Herausgebenden der Reihe »Theologische Wissenschaft« für die Aufnahme des Bandes in die Reihe.

April 2017

Kristian Fechtner/Jan Hermelink/Martina Kumlehn/Ulrike Wagner-Rau

I.  Querschnittsthemen

I.1  Praktische Theologie als Theorie der christlichen Religionspraxis

Ulrike Wagner-Rau

Die Praktische Theologie ist die jüngste der klassischen theologischen Disziplinen. Sie ist Theorie der christlichen Religionspraxis. Weil diese Praxis sich mit dem Wandel der jeweiligen Zeitumstände verändert, hat die Praktische Theologie ihren Gegenstand, ihre Zugangsweise und ihre Aufgabenstellung je neu zu reflektieren und zu bestimmen.

1  Wandel des theologischen Selbstverständnisses zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Die Frage nach dem Verständnis der christlichen Religionspraxis und ihrer Gestaltung gewann in den Jahrzehnten des Übergangs vom 18. zum 19. Jahrhundert, der sogenannten Sattelzeit der Transformationen zwischen früher Neuzeit und beginnender Moderne, eine neue Komplexität. Diese Entwicklungen haben bis heute grundlegende Auswirkungen auf das wissenschaftliche Selbstverständnis der Theologie insgesamt und der Praktischen Theologie im Besonderen.1

•  Im Zusammenhang der gesellschaftlichen Ausdifferenzierungsprozesse haben Kirche und Christentum ihre vormals zentrale Stellung in der Gesellschaft verloren. Unterschiedliche religiöse und religionskritische Sichtweisen auf die Wirklichkeit konkurrieren miteinander. Neben das kirchliche Verständnis des Christentums und die institutionelle Religionspraxis treten zunehmend private Formen christlichen Lebens.

•  Die religiöse Praxis, so zeigt sich immer deutlicher, ist nicht identisch mit der kirchlichen und dogmatischen Lehrbildung. Im Gefolge Johann Salomo Semlers (1725–1791) wird dieser Tatsache Rechnung getragen, indem Theologie und Religionunterschieden werden. Im Bewusstsein dieser Differenz bildet sich das Selbstverständnis der Theologie um. Sie bezieht sich nun nicht mehr allein auf die kirchliche Praxis im Sinne einer Handlungsanweisung, sondern weitet sich zu einer Theorie der religiösen Praxis.

•  Das historische Bewusstsein, das sich in der Aufklärung ausbildet, relativiert den autoritativen Bezug auf die christliche Tradition. Seither bewegt sich die Theologie im Spannungsfeld des Wissens um die historische Veränderbarkeit ihrer Grundlagen auf der einen und der Behauptung ihrer Geltung für die Gegenwart auf der anderen Seite.

Die Veränderungen, die aus diesem Wandel resultieren, bilden sich auch in den einzelnen Kapiteln dieses Buches ab; denn das beginnende 19. Jahrhundert bedeutet in vielen Einzelfragen der Praktischen Theologie und der Orientierung religiöser Praxis einen markanten Einschnitt.

2  Praktische Theologie: Kunstlehre und Praxistheorie

Entscheidende Bedeutung für die Neuorientierung der Theologie als Wissenschaft hat der Entwurf einer theologischen Enzyklopädie2 von Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher. Dieser gilt auch als Begründer einer wissenschaftlichen Praktischen Theologie.3 Grundlegend für seinen Entwurf ist das Verständnis der Theologie als einer positiven Wissenschaft. Damit ist gemeint, dass die Theologie bezogen ist auf eine Praxis, die ihr vorausliegt. Diese Praxis zu rekonstruieren, sie zu verstehen und schließlich auch zu ihrer Orientierung beizutragen, stellt den Zweck der Theologie insgesamt dar.4 So wie die Medizin sich auf die Heilungspraxis bzw. die Jurisprudenz sich auf die Praxis der Rechtsprechung bezieht, ist die Theologie auf die Religionspraxis bezogen. Sie dient der »Kirchenleitung«, das heißt im Sinne Schleiermachers der Förderung der christlich-religiösen Kommunikation im umfassenden Sinn. Dieser Zweck erfordert nach Schleiermacher zum einen eine Wesensbestimmung des christlichen Glaubens (Philosophische Theologie, d. h. Fundamentaltheologie in der Form der Apologetik und Polemik), zum anderen die Kenntnis der historischen Genese des Christentums (Historische Theologie, d. h. Exegetische Theologie, Kirchengeschichte, Dogmatik und kirchliche Statistik). Schließlich entwickelt die Praktische Theologie Kunstregeln, um die religiöse Praxis der Gegenwart möglichst förderlich zu gestalten.

Schon bei Schleiermacher selbst findet sich eine gewisse Unschärfe in der Bestimmung der Praktischen Theologie: Zum einen versteht er sie als eine Kunstlehre, die für die kirchliche Praxis umzusetzen lehrt, was in den anderen theologischen Disziplinen erarbeitet wird. Zum anderen aber versteht er die Praktische Theologie als eigenständige Praxistheorie, als eine Theorie also, die das Spannungsverhältnis zwischen empirischer Religionspraxis und theologischer Lehre grundsätzlich reflektiert, um eine theoretische Basis für das kirchliche Handeln in seinem gesellschaftlichen Kontext zu schaffen.5

Bis in die Gegenwart hinein zieht sich diese doppelte Bestimmung im Verständnis der Praktischen Theologie, die – je nach theologischer Positionierung – unterschiedlich akzentuiert wird. Sie wird als eine Praxistheorie begriffen, die gleichberechtigt neben den anderen theologischen Disziplinen steht. Zugleich gehört zu ihr als wesentlicher Reflexions- und Aufgabenbereich die Befähigung der kirchlichen Funktionsträger und -trägerinnen sowie der Religionslehrkräfte zu einem wissenschaftlich reflektierten beruflichen Handeln auf der Basis breiter theologischer Bildung.

3  Die Aufgabe: Reflexion einer komplexen Religionspraxis

Es ist also nicht angemessen, die Praktische Theologie auf Fragen der Handlungsanweisung für die kirchliche Praxis zu reduzieren. Zwar stellen sich ihre Vorläufer im 18. Jahrhundert als Formen einer auf die pastoralen Aufgaben bezogenen Pastoraltheologie bzw. Pastoralweisheit dar, die wesentlich konkrete Anleitungen für die berufliche Praxis anbot. Solche Anleitungen haben den Zweck, bewährte Handlungsweisen erfahrener Praktiker für die jüngere Generation nachvollziehbar zu machen. Ihre Anwendung setzt jedoch voraus, dass sich die Bedingungen des Handelns über die Generationen hinweg wenig ändern. Mit wachsender Komplexität und Dynamik der Gesellschaft, der religiösen Lage und der kirchlichen Situation können solche Handlungsanweisungen den Erfordernissen nicht genügen. Denn nunmehr braucht das kirchliche Handeln theoretisch gebildete Subjekte, die unterschiedliche Situationen und Anforderungen der Praxis eigenständig wahrnehmen, reflektieren und gestalten können. Weil es nicht eindeutig ist, wie die richtige Art des Handelns aussieht, entsteht der Bedarf nach Theorie. D. h. man braucht Reflexionsformen, die dazu befähigen, über die religiöse Praxis in kritischer Distanz und methodisch geordnet nachzudenken, um sie mit guten Gründen je neu zu gestalten.

So ist zum Beispiel die Anleitung, wie man einen Gottesdienst hält, als Ausbildung für diese Tätigkeit ausreichend, solange nicht strittig ist, warum und auf welche Weise der Gottesdienst zu begehen sei. Mit wachsender Komplexität der Gottesdienstkultur in einer sich ausdifferenzierenden Gesellschaft aber werden Reflexionsperspektiven erforderlich, die eine grundsätzliche Orientierung der Verantwortlichen ermöglichen. Die Praxis muss in ihren gegenwärtigen Bedingungen empirisch wahrgenommen, aus ihrer historischen Genese heraus verstanden und im systematischen Kontext bedacht werden, um eine Theorie des Gottesdienstes zu entwickeln, die ein Bedenken gottesdienstlicher Praxis ermöglicht.

Dabei bleibt die Praktische Theologie immer bezogen auf die zeitgenössische religiöse Praxis, ist auf sie hin orientiert und durch sie bestimmt. Aber sie folgt einer wissenschaftlichen Methodik, die ihr einen Abstand vom praktischen Handeln und damit einen reflexiven Freiraum erlaubt. In Forschung und Bildung befähigt sie dazu, Bedingungen und Erscheinungsformen christlich-religiöser Praxis im Kontext der Gegenwart zu rekonstruieren und sie zu den Lehrbeständen der christlichen Tradition in Beziehung zu setzen. Für ihr wissenschaftliches Nachdenken ist die Praktische Theologie auf soziologische, psychologische, pädagogische und andere sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektiven angewiesen. Sie ist darauf ausgerichtet, das Handeln zu unterbrechen, zu reflektieren und damit die Chance zu eröffnen, dass es im besten Fall sachgerechter werden kann. D. h. sie ist intentional, aber nicht unmittelbar auf das praktische Handeln bezogen, also – aus gutem Grund – theoretisch.

Die Religionspraxis gestaltet sich in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten auf verschiedene Weise. Sie stellt sich als ein komplexer, vielfältig beeinflusster Prozess dar. Die praktisch-theologische Wahrnehmung und Rekonstruktion dieses Prozesses oder einzelner seiner Aspekte können darum nicht die Wirklichkeit abbilden, wie sie ist, sondern betrachten sie jeweils in einer spezifischen Perspektive. Auf der Basis theoretischer Vorannahmen und methodologischer Überlegungen werden diverse Methoden eingesetzt, um Teile der religiösen Praxis möglichst kontrolliert wahrzunehmen und sie praktisch-theologisch zu reflektieren. Quantitative oder qualitative empirische Erhebungen bzw. ethnographische Methodik haben in diesem Zusammenhang eine wichtige Bedeutung gewonnen.

4  Religionsverständnis: Was heißt »religiöse« Praxis?

Aber welche Art der Praxis ist als eine religiöse zu qualifizieren und wird deshalb praktisch-theologisch reflektiert? Wo muss man hinschauen, um religiöse Praxisvollzüge zu entdecken? Für diese Frage spielt das jeweilige Religionsverständnis eine entscheidende Rolle. Was unter Religion zu verstehen ist, ist wissenschaftlich umstritten und nicht abschließend zu klären. Praktisch-theologisch spitzt sich dieser Streit zu in der Frage nach der Enge bzw. der Weite in der Bestimmung des wissenschaftlichen Gegenstandes. Beschäftigt sich die Praktische Theologie mit christlich-religiöser Kommunikation im kirchlichen Kontext – so eine enge Bestimmung des Gegenstandes – oder ruht ihr Augenmerk auf der Religionspraxis der Gesellschaft insgesamt – so eine weite Perspektive?

Grundsätzlich werden zwei Arten des Religionsverständnisses unterschieden, die für die Praktische Theologie beide relevant sind: das funktionale Religionsverständnis auf der einen Seite, das substanzielle Religionsverständnis auf der anderen.6

Das funktionale Religionsverständnis fragt formal – d. h. unter Absehung von den inhaltlichen Bestimmungen einer spezifischen Religionspraxis – nach der Bedeutung von Religion, indem es den Zweck und die Leistung in den Blick nimmt, die die Religion und ihre Vollzüge in Kultur und Gesellschaft bzw. im Leben der Einzelnen erfüllen. Dabei sind unterschiedliche Aspekte im Blick:

•  Eine Funktion der Religion wird darin gesehen, den sozialen Zusammenhang der Gesellschaft zu stabilisieren. Auch wenn Riten und religiöse Überzeugungen nicht mehr von allen geteilt werden, kann man zum Beispiel bei Ereignissen, die die Gesellschaft insgesamt erschüttern, die integrative Kraft beobachten, die ein Gottesdienst hat, der massenmedial kommuniziert wird. Insofern ist die Sicht auf die Funktion der Religion als ein emotional verankerter Integrationsfaktor auch in einer spätmodernen Gesellschaft wichtig. Zugleich aber wird in einer globalen und pluralen Religionskultur ebenso das Konfliktpotenzial religiöser Differenzen sichtbar.

•  Der Religion wird heute vor allem die Funktion der Kontingenzbewältigung zugeschrieben (Hermann Lübbe,Thomas Luckmann). Kontingenz meint die prinzipielle Offenheit und das Zufällige des menschlichen Daseins. In systemtheoretischer Perspektive (Niklas Luhmann) erbringt das Religionssystem einen wesentlichen Beitrag zum Sinnvertrauen in das gesellschaftliche System insgesamt und ermöglicht es, mit unvermeidbarer Unsicherheit zu leben. Denn die religiöse Kommunikation thematisiert in ihrer transzendenten Dimension, was den immanenten Kommunikationsvollzügen der Gesellschaft unzugänglich bleibt bzw. jenseits von diesen liegt. Das Religionssystem bietet demnach die Möglichkeit einer spezifischen Auseinandersetzung mit Fragen, die in allen gesellschaftlichen Systemen entstehen, innerhalb deren Logik aber nicht bearbeitbar sind, sondern – tendenziell beunruhigend – offen bleiben.

•  Aber auch vom Subjekt her gedacht wird Religion in der Funktion der Kontingenzbewältigung betrachtet. Warum ist das Leben so und nicht anders angesichts unendlicher Möglichkeiten? Erfahrungen von Ungerechtigkeit, Leid und Sterben erzeugen die Frage nach dem Warum. Die Erkenntnis der Unverfügbarkeit des eigenen Lebens lässt Dankbarkeit entstehen für die Gabe des Lebens, aber auch Einsicht in die prinzipielle Begrenztheit eigener Möglichkeiten. Religionen bieten Ausdrucksmöglichkeiten für diese Erfahrungen durch symbolische Formen und Vollzüge, die den nicht zusammenstimmenden Aspekten des Lebens in einem umfassenden Sinnhorizont einen Ort geben.

•  In wissenschaftlicher Hinsicht birgt das funktionale Religionsverständnis in seiner Formalität und Weite das Problem, dass die Grenzen des Gegenstands verschwimmen.

Das substanzielle Religionsverständnis bezieht sich jeweils auf eine bestimmte Religionsform mit ihren spezifischen Inhalten und Gestalten. Religiöse Praxis wird identifiziert im Kult und in bestimmten Traditionen und Lehren, die sich auf etwas Transzendentes richten. Sie wird sichtbar in den ihr eigentümlichen Formen der Vergemeinschaftung und in der Bindung an eine aus dem Transzendenzbezug begründete Ethik.

•  Die Perspektive des substanziellen Religionsverständnisses ermöglicht es, die Phänomene einer spezifischen Religionspraxis wahrzunehmen und zu analysieren, ohne dass die Religion für die Einzelnen wie für die Gesellschaft abstrakt bliebe. Denn Religion manifestiert sich in bestimmten Praktiken und Überzeugungen und gewinnt so für Einzelne oder Gemeinschaften Bedeutung.

•  Im Rahmen eines substanziellen Religionsverständnisses kann auch eine normative Perspektive zur Geltung gebracht werden, die eine theologische Differenzierung und Kritik religiöser Praxis ermöglicht.

•  Zudem hat ein Religionsverständnis, das die substanziellen Phänomene einzelner Religionen fokussiert, den Vorteil einer schärferen Abgrenzbarkeit seines Gegenstandes. Religion kann nicht potenziell überall identifiziert werden, sondern nur dort, wo sie sich substanziell erkennbar zeigt und von den Akteuren auch selbst so verstanden wird.

•  Freilich ist dieser Vorteil verbunden mit einer möglichen Einengung der Wahrnehmung. Viele Erscheinungen des religiös gestimmten Alltags kann ein substanzielles Religionsverständnis schwer erfassen, weil sie sich eher implizit artikulieren und oft nicht mehr einer einzelnen Religionstradition klar zugeordnet werden können.

Da also sowohl das funktionale als auch das substanzielle Religionsverständnis unverzichtbare Aspekte beinhalten, werden in der Wissenschaft meist Elemente beider Perspektiven verknüpft.

In der Praktischen (teils auch in der Systematischen) Theologie hat sich der Begriff der gelebten Religion durchgesetzt:7 Mit diesem Begriff kann die konkrete Religionspraxis im Alltag des Individuums, aber auch in sozialen Zusammenhängen sozial- und kulturtheoretisch anschlussfähig wahrgenommen werden, ohne sie vorschnell nach normativen theologischen Kriterien zu differenzieren. Die Aufmerksamkeit der Theologie für diese Dimension religiöser Praxis ist mit dem wissenschaftlichen Interesse an der Religiosität der Menschen entstanden, die sich von ihrem Selbstverständnis her eher distanziert zu den regelmäßigen kirchlichen Aktivitäten wie z. B. dem Sonntagsgottesdienst verhalten, die aber dennoch eine eigene Religiosität leben. Diese ist für die Praktische Theologie insbesondere im Zusammenhang mit den lebensbegleitenden Gottesdiensten (► II.1) thematisch geworden. Aber auch hier besteht die Aufgabe, gelebte Religion in den Horizont theologischer Deutung zu stellen.

Dies lässt sich exemplarisch an den praktisch-theologischen Konzepten von Wilhelm Gräb und Henning Luther erkennen, die in der gegenwärtigen Praktischen Theologie eine starke Wirkung entfaltet haben. Beide rekurrieren jeweils auf den Begriff der gelebten Religion, akzentuieren dabei jedoch signifikant verschieden.

Wilhelm Gräb betont in seinem Konzept die Bedeutung von Religion als lebensgeschichtliche Sinndeutung, die zwar auf die institutionelle Bewahrung der traditionellen Deutungsangebote angewiesen ist, sich in ihrer Artikulation aber weitgehend eigenständig und unabhängig gegenüber der Institution verhält: »Die gelebte Religion, auch die christlich gelebte Religion, findet sich nicht einfach in der Kirche vor […] Gelebte Religion entsteht in Kommunikation […] Sie ist gelebte Religion dort […], wo sozio-kulturell vermittelte Weisen von Lebensdeutung in die eigene Lebensführungspraxis, diese mitbestimmend und orientierend, übergehen.«8 Religiöse Praxis findet sich also vor allem dort, wo Menschen mit Sinnfragen umgehen und in den substanziellen Gehalten der Religionen dafür Deutungsangebote finden. Im Kontext reformatorischer Theologie ist hier für Gräb das Versprechen der Rechtfertigung auch des misslungenen, gebrochenen Lebens zentral; denn jenes vermag Sinn auch im Sinnlosen zu stiften.

Ähnlich angelegt, aber inhaltlich deutlich anders akzentuiert, ist das Religionsverständnis Henning Luthers. Nicht Kontingenzbewältigung und Sinnstiftung sind in seiner Theorie die primäre Funktion der Religion, sondern vielmehr das Aushalten von Sinnlosigkeit und das Umgehen mit der unvermeidlichen Fragmentarität des menschlichen Lebens. So schreibt er: »In der Religion ist also die Erfahrung von Widersprüchlichkeit, Brüchigkeit der Welt, wie sie ist, und das Ernstnehmen eines Versprechens zugleich. Religion transportiert immer auch den Einspruch zur Welt, der aus dem Widerspruch von ›Deutung‹ und ›Erfahrung‹ lebt […] Religion ist darum im Kern gerade nicht Sinnstiftung oder Bewältigung von Kontingenz. Religion bewahrt vielmehr die Zerrissenheit, aus der sie lebt.«9 Auch dieser Theologe denkt rechtfertigungstheologisch, betont aber weniger die Sinnstiftung als wesentliches Moment der religiösen Praxis als – kreuzestheologisch – die Bedeutung der Religionspraxis für ein spezifisches Umgehen mit der Gebrochenheit der Wirklichkeit.

Sowohl Gräb als auch Luther integrieren in ihrem Religionsverständnis funktionale wie substantielle Aspekte. Sie operieren mit einem formalen Religionsbegriff (Kontingenzbewältigung bzw. Ertragen von Kontingenzerfahrungen), der im Sinne reformatorischer Theologie rechtfertigungstheologisch substanziell ausgefüllt wird. Der Bezug auf die unterschiedlichen Ausdrucksgestalten der christlichen Tradition, grundlegend die Bibel, ist also auch bei einem weiten Religionsverständnis für die Praktische Theologie unverzichtbar. Dabei geht es nicht primär um eine normative Handlungsorientierung, sondern um eine Erkundung religiöser Spuren und theologischer Anschlussstellen in den Phänomenen gelebter Religion.10 Denn die christlich-religiöse Kommunikationspraxis stellt sich in der Religiosität der Einzelnen wie in der kirchlichen Praxis als ein beweglicher hermeneutischer Prozess dar. Was christlich ist, versteht sich im Dialog mit der Tradition, nicht aber immer auf dieselbe Weise. Darum braucht das kirchliche Handeln immer neu die theoretische Reflexion und Orientierung.

5  Die kommunikative Verfasstheit der Religionspraxis

Insgesamt gilt: Die Religionspraxis ist zwar individuell verankert, sie ist aber für ihre Artikulation auf den sozialen Austausch angewiesen. Für die wissenschaftliche Wahrnehmung wird sie nur insoweit greifbar, als sie sich für andere zeigt, sie also in den Prozess der Kommunikation eingeht. Das stille Gebet eines einzelnen Menschen kann zum Gegenstand praktisch-theologischer Reflexion werden, wenn dieser Mensch über seine Gebetspraxis Auskunft gibt, er beim Beten beobachtet oder gefilmt wird oder Ähnliches.

Darum wird die Religionspraxis heute vor allem unter dem Begriff der religiösen Kommunikation zum Gegenstand der Praktischen Theologie. Damit sind verschiedene Vorteile verbunden:

•  Der Begriff der religiösen Kommunikation integriert ein breites Spektrum der religiösen Praxis. Es umfasst das gottesdienstliche und im weiteren Sinn rituelle Handeln, religiöse Gespräche und Bildungsprozesse, Phänomene der Gemeinschaftsbildung und ethisch orientierte Handlungsweisen. Gegenwärtig spielen für das Verständnis religiöser Praktiken praxistheoretische Ansätze eine wichtige Rolle, die die Materialität dieser Praktiken akzentuieren, d. h. ihren Charakter als körperbezogene Routinen sowie die Bedeutung von Artefakten in ihrem Zusammenhang. Dadurch kommt – neben dem Charakter religiöser Kommunikation als eines expliziten Ausdrucks von Überzeugungen – ihr Charakter als eines impliziten praktischen Wissens und Verstehens in den Blick.11

•  Zugleich ist durch den Begriff der Kommunikation das komplexe Wechselspiel des religiösen Zeichenprozesses angemessen repräsentiert: Wie in jeder Kommunikation greifen im Kontext religiöser Kommunikation die Produktion von Zeichen und ihre Rezeption auf vielfältige Weise ineinander. Keine Kommunikation ist eindeutig. Vielmehr verbinden sich Sachgehalt, emotionale Dimension, Intention und Beziehung verbal und nonverbal zu komplexen Botschaften, die auf je eigene Weise entschlüsselt werden.12 Die Botschaft einer Predigt zum Beispiel wird nicht von einem Sender unverändert an einen Empfänger übermittelt. Vielmehr verändert sich die Botschaft auf dem Weg von der Niederschrift in den Vortrag der predigenden Person, vom Hören des Vortrages in die jeweilige Plausibilitätsstruktur der Hörenden.13 Dieser Komplexität religiöser Kommunikation als interaktivem Prozess hat bereits Ernst Lange in seiner Predigttheorie Rechnung getragen, insofern er vom Paradigma der Verkündigung auf das der Kommunikation umgestellt hat (► II.5).14

•  Vieldeutigkeit ist im Zusammenhang religiöser Kommunikation nicht nur als Problem zu verstehen, das Missverständnisse erzeugen kann, sondern zugleich als potenzieller Reichtum. Weil z. B. der Spielraum der Interpretation religiöser Texte sehr weit ist, können jeweils neu situativ und subjektiv angemessene und bedeutsame Lesarten entstehen. Die Rede von Gott kann nie eindeutig sein, sondern entfaltet sich im Zwischenraum vielfältiger Darstellungs- und Rezeptionsweisen.

Praktisch-theologische Forschung richtet sich also auf die vielfältigen Weisen religiöser Kommunikation.

6  Plurale Religionspraxis

Die Pluralität der religiösen Kommunikationspraxis, die heute wahrzunehmen ist, hat unterschiedliche Wurzeln. Bereits in den wesentlichen theologischen Linien der Reformation ist die Individualisierung evangelischer Religiosität angelegt (► I.4). Aber es dauert dann noch Jahrhunderte, ehe sich eine individualisierte und plurale Religionspraxis im modernen Sinn etabliert. Die vormals bestehende weitgehende Einheit von gesellschaftlicher und religiöser Lebenswelt löst sich im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts immer mehr auf. Heute gibt es – neben den Kirchenmitgliedern, die sich als Christinnen und Christen verstehen – Menschen, die ihrem Selbstverständnis nach christlich, aber keine Kirchenmitglieder sind, und ebenso Kirchenmitglieder, denen der christliche Glaube ausdrücklich fernliegt.15

In der deutschen Praktischen Theologie hat Dietrich Rössler die Ausdifferenzierung der Religionspraxis mit seiner These der dreifachen Gestalt des neuzeitlichen Christentums prägnant erfasst.16 In der Neuzeit, so seine historisch begründete Rekonstruktion der Religionspraxis, bringt sich das Christentum selbst in einer spezifisch neuzeitlichen Gestalt zum Ausdruck, insofern es den spannungsvollen gesellschaftlichen Ausdifferenzierungsprozessen und der damit einhergehenden Individualisierung folgt. Das Christentum lässt sich seit dem frühen 18. Jahrhundert nicht mehr allein in seiner institutionalisierten kirchlichen Gestalt erfassen. Vielmehr tritt daneben das implizite Christentum der Gesellschaft, das sich in kulturellen und politischen Phänomenen manifestiert, ohne an die expliziten Religionspraktiken der kirchlichen Gemeinschaft gebunden zu sein. Im Kontext der politischen Kultur einer demokratischen Gesellschaft, in der Staat und Kirche getrennt sind, wird diese Gestalt der Religionspraxis oft mit dem Begriff der sogenannten civil religion bezeichnet. Als grundlegendes Moment der neuzeitlichen Religionspraxis aber bildet sich nach Rössler schließlich die Religion des Individuums aus, auf dessen »Seligkeit« letztlich alle religiöse Praxis zielt und der das kirchliche Handeln insgesamt dienen muss.17

Mit dieser These Rösslers, die in der Praktischen Theologie der letzten Jahrzehnte ausgesprochen einflussreich ist, wird das kirchliche Handeln ebenso wie das praktisch-theologische Denken in einen weiten Horizont gestellt. Man kann sich nicht auf binnenkirchliche Perspektiven beschränken, sondern muss den gesellschaftlichen Kontext wie auch die individuelle Vielfalt religiöser Praxis in den Blick nehmen, um die Religionskultur der Gegenwart hermeneutisch differenziert wahrzunehmen und die Kontur und Funktion kirchlichen Handelns darin zu bestimmen.

Freilich hat sich seit Rösslers Arbeit die Situation wiederum verändert, und Aspekte sind deutlich geworden, die seine These nicht abdeckt:

•  Vor allem die Annahme, dass die Gesellschaft insgesamt christlich grundiert sei, lässt sich nicht aufrechterhalten. Man muss zunehmend mit der öffentlichen und individuellen Präsenz unterschiedlicher Religionstraditionen und einem wachsenden Anteil konfessionsloser Menschen rechnen. Entsprechend weitet sich die praktisch-theologische Perspektive und betrachtet die christliche Religionspraxis im Kontext anderer religiöser und weltanschaulicher Orientierungen.

•  Ebenso richtet sich ein neues Augenmerk auf die Bedeutung der sozialen Praktiken für das religiöse Leben. Denn diese stellen neben institutionalisierter Religion (Kirche), individueller Religiosität und religiöser Grundierung der Gesellschaft eine Dimension christlicher Religionspraxis dar, die der aufmerksamen Wahrnehmung bedarf. Das Christentum manifestiert sich als eine Lebensform, die in Familien, Freundschaften, Gruppen und Initiativen aller Art als ein spezifisches Ensemble von rituellen und sozialen Praktiken und normativen Orientierungen praktiziert und weiter entwickelt wird. Die sozial verankerten christlichen Lebensformen stellen einerseits die Voraussetzung individueller Religiosität dar. Andererseits werden sie durch die Aktivität der Einzelnen hervorgebracht und geformt. Sie haben sich in der Kirche institutionalisiert, gehen aber nicht in ihr auf.18

Insgesamt also ist es für die Praktische Theologie wesentlich, dass ihr Gegenstand, die christliche Religionspraxis, kommunikativ und sozial verfasst ist. Insofern werden in den folgenden Kapiteln zunächst die kulturellen (► I.2) und gesellschaftlichen (► I.3) Kontexte behandelt, in die die Religionspraxis des Individuums (► I.4) eingebettet ist. Diese Kapitel bieten mit ihren Querschnittsthemen die inhaltliche Voraussetzung für die Entfaltung der verschiedenen Felder der Praxisreflexion (► Teil II).

I.2  Christentum und moderne Gesellschaft

Kristian Fechtner

Praktische Theologie, die gegenwärtige christliche Praxis verstehen will und heutiges kirchliches Handeln zu orientieren sucht, hat sich gesellschaftstheoretisch kundig zu machen. Denn das Christentum und die Art und Weise, wie es institutionell verfasst und individuell gelebt wird, ist immer auch Teil der sozialen Wirklichkeit; Religion und Gesellschaft stehen in einem wechselseitigen Zusammenhang. Deshalb beziehen praktisch-theologische Überlegungen auch sozialwissenschaftliche Gegenwartsanalysen mit ein und greifen soziologische Theorien auf, in denen die Signaturen einer modernen Gesellschaft und deren Entwicklungslinien erkennbar werden. Die folgenden Überlegungen konzentrieren sich auf die spezifisch deutsche Situation.

Die Bedeutung des Christentums, das über viele Jahrhunderte das gesellschaftliche Leben hierzulande bestimmte, hat sich in der Moderne verändert. Es bildet längst nicht mehr den selbstverständlichen Horizont, innerhalb dessen sich die Gesellschaft bewegt, die sich seit dem 19. Jahrhundert mehr und mehr industrialisiert und verstädtert hat. In einem langen geschichtlichen Prozess, forciert noch einmal nach dem II. Weltkrieg, hat sich »das Beziehungsgefüge von Religion, Kirche und Gesellschaft […] stark gewandelt«1. Die Ordnungen, Handlungsmuster und Bewusstseinsformen, die sich mit der modernen Gesellschaft herausgebildet haben und in ihr weiterentwickeln, schreiben sich auch in die Praxis christlicher Religion ein – sie prägen beispielsweise den Charakter von Kirchenmitgliedschaft, die man in unterschiedlicher Weise praktizieren oder ablegen kann; sie ermöglichen und begrenzen die öffentliche Wahrnehmung des Christentums und geben gesellschaftliche Handlungsräume vor, in denen es agiert; sie bilden auch den Plausibilitätsrahmen, innerhalb dessen christliche Religion für die einzelnen relevant wird oder nicht. Zugleich ist umgekehrt Religion aber auch eine Prägekraft des gesellschaftlichen Lebens, das Christentum gestaltet und verändert dessen Strukturen und Wertorientierungen. So ist das Christentum nicht nur Prozessen gesellschaftlicher Modernisierung ausgesetzt, sondern hat bestimmte Grundzüge der Moderne selbst mit hervorgebracht. Die Impulse etwa, die von der Reformation ausgegangen sind, haben mit dazu beigetragen, dass sich Religion, insbesondere seit der Zeit der Aufklärung, subjektiviert hat und die konfessionellen Auseinandersetzungen in der frühen Neuzeit haben mit bewirkt, dass sich die christliche Religionskultur pluralisiert hat.

Wie lässt sich der heutige gesellschaftliche Ort christlicher Religion soziologisch genauer bestimmen? Welche religionssoziologischen Einsichten und Kontroversen sind für das praktisch-theologische Verständnis des Christentums in der modernen Gesellschaft wichtig?2

1  Zur Wahrnehmung der gesellschaftlichen Entwicklung von christlicher Religion in der Moderne

1.1  Gesellschaftliche Differenzierung

Anders als es eine umgangssprachliche Redeweise nahelegt, ist es gar nicht ausgemacht, was gemeint ist, wenn von »der Gesellschaft« gesprochen wird. Denn soziologisch bezeichnet der Begriff nicht einfach einen empirischen Sachverhalt, sondern stellt eine Interpretation dar. So macht es beispielsweise einen Unterschied, ob das soziale Gefüge der Gegenwart von den einen als kapitalistische oder von anderen als postmoderne Gesellschaft begriffen wird. Als ein möglicher Ansatzpunkt kann gelten: Die Lebensverhältnisse der Moderne, in denen sich Menschen hierzulande vorfinden, sind in sich nicht einheitlich und geschlossen; wir bewegen uns bereits im Alltag immer schon in verschiedenen Lebenssphären und wechseln zwischen ihnen. »Moderne Gesellschaftlichkeit«, so der Soziologe Armin Nassehi, zeichnet sich dadurch aus, dass in ihr »unterschiedliche Logiken nebeneinander existieren, die zugleich unterschiedliche Kontexte […] erzeugen«3. In der nachbarschaftlichen Wohnwelt gelten andere Regeln als in der Berufswelt, im politischen Leben andere als in der Familie. Auf dieser Spur kann die Moderne gesellschaftstheoretisch als ein Prozess der Differenzierung verstanden werden, der auf drei Ebenen stattfindet und in den auch das Christentum in der Gegenwart einbegriffen ist:

Erstens differenzieren sich in der Moderne unterschiedliche Handlungsbereiche innerhalb der arbeitsteiligen Gesellschaft aus. In Gestalt von Wirtschaft, Politik, Recht, Wissenschaft, Religion etc. bilden sich eigenständige Wertsphären (Max Weber) bzw. funktionale Teilsysteme (Niklas Luhmann) aus, die jeweils ihr besonderes Leitmedium haben (Geld, Macht, Wissen, Glauben etc.). Die Logiken der unterschiedlichen Sphären lassen sich nicht aufeinander übertragen, wirken aber aufeinander ein. Der Differenzierungsprozess in dieser Hinsicht hat Konsequenzen, die auch die Stellung des Christentums betreffen: Die Integration der Gesellschaft, mithin ihr Zusammenhalt, wird nicht mehr durch ein Teilsystem geleistet, auch nicht durch Religion. Diese übernimmt vielmehr spezifische Funktionen im gesellschaftlichen Leben und im Blick auf die Einzelnen, sie hat Bedeutung etwa für soziale Handlungsmotive, für die Identitätsbildung des Einzelnen und von Gruppen oder für die Möglichkeiten, existentiellen Widerfahrnissen des individuellen oder kollektiven Lebens zu begegnen, mithin Kontingenzen zu bewältigen.

In modernen Gesellschaften treten zweitens seit dem 18. Jahrhundert in der politischen Sphäre Staat und Zivilgesellschaft auseinander. Neben den staatlichen Ordnungen und Institutionen hat sich eine Sphäre des Gesellschaftlichen herausgebildet, in welcher Verbände, Vereine und Individuen sozial agieren und in der auch die politische Willensbildung und kulturelle Selbstverständigung des Gemeinwesens stattfindet. Die Zivilgesellschaft ist in der Moderne der Artikulationsraum bürgerlicher Freiheit; sie ist der Ort, an dem Menschen prinzipiell freiwillig soziale Verantwortung übernehmen und ist zugleich auch ein Forum kritischer Auseinandersetzung.4 Jenseits staatskirchlicher Bindungen und im Rahmen des Rechts auf freie Religionsausübung wirken die Kirchen und christliche Einrichtungen als Akteure in den verschiedenen Bereichen der gesellschaftlichen Öffentlichkeit; dies reicht von diakonischen Aktivitäten bis zur Mitarbeit in den öffentlichen Medien. Das ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Engagement, das sich aus dem kirchlich und individuell gelebten Christentum speist, trägt wesentlich zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei; so jüngst wieder erkennbar als sich Gemeinden und Einzelne vielerorts für Flüchtlinge engagiert haben. Solche Aktivitäten können als Beitrag zum »Sozialkapital« verstanden werden.5 Dieses besteht zum einen in den Beziehungsnetzwerken, die geknüpft werden und die Menschen miteinander verbinden; zum anderen basiert gesellschaftliches Leben nicht nur auf formalen Regeln des Miteinanders, sondern auch auf dem Vertrauen, das sich Menschen gegenseitig entgegenbringen und das aus den Begegnungen im Kontext des zivilgesellschaftlichen Engagements erwächst.

Drittens schließlich entsteht komplementär zur gesellschaftlichen Öffentlichkeit eine Sphäre des privaten Lebens. Diese umfasst einen Raum persönlicher Lebensbeziehungen innerhalb der Familie, im sozialen Nahbereich oder in der Freizeit, in dem die Individuen als Privatpersonen gelten. Idealtypisch erscheint die Privatsphäre in der Moderne als Ort persönlicher Selbstgestaltung und damit als derjenige soziale Raum, innerhalb dessen sich die Einzelnen subjektiv entfalten (können). Damit kann allerdings das, was privat gelebt wird, keine öffentliche Geltung beanspruchen, die andere Gesellschaftsglieder verpflichtet. Dies gilt auch für religiöse Einstellungen und Praktiken. Es gehört zum Differenzierungsprozess der Moderne, dass Religion vor dem Hintergrund konfessionsgeschichtlicher Kämpfe in der frühen Neuzeit tendenziell »privatisiert« worden ist. Das Christentum ist ein Moment persönlicher Überzeugung geworden, welches primär der Privatperson zugerechnet wird; nicht zufällig ist es heute vor allem im familiären Kontext – man denke an die Kasualien oder das Weihnachtschristentum – verankert und bedeutsam. Dabei kann die Frage, wie die Privatisierung des Religiösen zu interpretieren ist, religionssoziologisch sehr unterschiedlich beantwortet werden.

1.2  Säkularisierung, Individualisierung und Pluralisierung

Eine der wirkmächtigsten Interpretationen im Blick auf die Entwicklung des Christentums in der Moderne ist die Säkularisierungsthese. Sie stellte über lange Zeit das »dominante Deutungsmuster«6 dar und hat die gesellschaftliche, aber auch die kirchliche Wahrnehmung weithin bestimmt. Sie konstatiert nicht nur empirisch einen »Verlust der sozialen Bedeutung von Religion in sich modernisierenden Gesellschaften«7, sondern führt diesen Bedeutungsrückgang darauf zurück, dass die Prozesse gesellschaftlicher Modernisierung mit einer Art inneren Notwendigkeit die Relevanz von Religion fortlaufend verringern. Allerdings ist Säkularisierung ein »äußerst vieldeutiger und daher schillernder Begriff«8. Seiner Herkunft nach ist er rechtlicher Natur; als »Säkularisation« bezeichnete man, wenn Kirchenbesitz in staatlichen, mithin weltlichen Besitz übereignet wurde. Kulturgeschichtlich steht er für die strittige Frage, inwiefern moderne Vorstellungen – etwa von Würde und Gleichheit der Person – Bedeutungsgehalte »säkularisieren«, die ursprünglich religiös bestimmt und theologisch begründet waren. In soziologischer Perspektive schließlich hebt die Säkularisierungsthese darauf ab, dass der Einfluss des Christentums auf das gesellschaftliche Leben geringer geworden ist und der Sinn für Religion immer schwächer wird.

Mittlerweile mehren sich aber die religionssoziologischen Stimmen, welche die Geltungs- und Erklärungskraft zumindest der klassischen Säkularisierungsthese bestreiten. In globaler Sicht lässt sich erkennen, dass außerhalb von Mitteleuropa weder Religion insgesamt noch das Christentum in sich modernisierenden Gesellschaften zwangsläufig schwinden, sondern im Gegenteil wachsen können und eine vitale gesellschaftliche Kraft darstellen. Es erscheint keineswegs mehr evident, einer religiös bestimmten traditionalen Gesellschaft eine säkulare Moderne gegenüberzustellen. Auch innerhalb der praktisch-theologischen Diskussion sind säkularisierungstheoretische Muster deutlich relativiert worden. Ihre Plausibilität liegt dort, wo in einem engeren Sinn Prozesse der Entkirchlichung beschrieben werden: den quantitativen Rückgang von Kirchenmitgliedschaft in den vergangenen fünfzig Jahren; den insgesamt geringer werdenden Besuch des Sonntagsgottesdienstes, der bereits schon sehr viel länger zu konstatieren ist; die Tatsache, dass die Zustimmung zu den kirchlichen Lehraussagen des christlichen Glaubens auch unter Evangelischen weniger wird. Hinzu kommt, dass zunehmend Menschen ohne christlich-religiöse Erziehung in ihren Familien aufwachsen und kirchliche Bindungen individuell wie im sozialen Leben eine geringere Rolle spielen.

Kritisch kann allerdings gefragt werden, ob die gegenwärtige Entwicklung religionssoziologisch einlinig als Verlustgeschichte zu interpretieren ist. Im Gegenzug zur Säkularisierungstheorie finden sich seit den 1960er Jahre verstärkt Ansätze, die stattdessen einen grundlegenden Wandel von Religion in der Moderne diagnostizieren. Zeitgenossinnen und Zeitgenossen lösen sich – so schon Thomas Luckmann in seiner einschlägigen Studie »Invisible Religion« – von den kirchlichen Vorgaben und gestalten Religion in subjektiver Weise (► I.4). Diese verschwindet damit nicht, sondern bekommt gleichsam einen anderen sozialen »Aggregatzustand«; sie etabliert sich neu in Formen »individueller Religiosität«9. In und neben traditional gelebter Kirchlichkeit werden subjektive Erfahrungen, biographische Bezüge und individuelle Vorstellungen zum Bedeutungsraum des Religiösen.10 Eine solche Individualisierung von Religion ist selbst ein gesellschaftlicher Vorgang, der die Spätmoderne prägt.

Der Begriff der »Spätmoderne«, der häufiger zur Selbstbeschreibung der Gegenwart verwendet wird, markiert keine abgrenzbare historische Epoche. Er interpretiert vielmehr die heutigen soziokulturellen Veränderungen, in denen das, was die Moderne ausmacht, noch einmal forciert und in seiner inneren Widersprüchlichkeit hervortritt. Zum einen wird deutlich, dass in den unterschiedlichen Logiken der verschiedenen gesellschaftlichen Teilbereiche durchaus konkurrierende Kräfte wirksam sind. Insbesondere die Ökonomie und ihr Nutzen-Kalkül tendiert dazu, auch die anderen Lebenssphären zu dominieren und zu durchformen. Zum anderen verändert sich – auch dies ist ein ambivalenter Prozess – die Stellung des Individuums, das neue Freiheiten gewinnt und sich zugleich als ungesichert erfährt; Identität auszubilden wird für die einzelnen zu einer risikoreichen Aufgabe.11

In der Spätmoderne werden die Einzelnen aus ihren sozialen, kulturellen und religiösen Bindungen herausgelöst und im Blick auf die Entscheidungen, die ihr Leben gestalten, auf sich selbst gestellt – im Blick auf Lebensformen und Wertorientierungen ebenso wie im Blick auf ihre persönlichen religiösen Einstellungen und die Art und Weise, wie sie diese praktizieren. Während die Säkularisierungsthese das Christentum vornehmlich institutionell wahrnimmt, thematisiert die Individualisierungsthese Religion am Ort des Subjektes.12 Sie weitet zugleich das Verständnis für Religion und fragt (auch) nach religiösen Transzendenzerfahrungen und Lebenssinndeutungen, die sich nicht mehr in traditionellen kirchlichen Begriffen und Symbolen formulieren müssen: So können auch Lebensgefühle unbedingter Geborgenheit oder unverhofften Trostes als Ausdruck subjektivierter Religion wahrgenommen werden, ebenso beispielsweise die Praxis, dann und wann eine Kerze in einer Kirche oder an einem persönlich bedeutsamen Ort zu entzünden, oder die Vorstellung, bestimmte Ereignisse im eigenen Leben seien in unbegreiflicher Weise Fügung oder Lebensgeschick.

Mit der These, dass sich Religion unter den Bedingungen der Moderne individualisiert, ist die Beobachtung eng verknüpft, dass sich die religiösen Optionen vervielfältigen. Mit der Pluralisierung der Religion wird sie zu einer Sache der Entscheidung. Nun lassen sich unter dem Stichwort »Pluralisierung« unterschiedliche Sachverhalte subsumieren: a) Das Christentum bewegt sich in der Moderne in einer pluralistischen Gesellschaft. Zum einen ist die Kirche im gesellschaftlichen Leben zu einer partikularen Größe geworden und hat ihr religiöses Deutungsmonopol verloren. Zum anderen hat sich auch die Religionskultur des neuzeitlichen Christentums selbst pluralisiert, Kirchlichkeit kann heute in unterschiedlichen Formen praktiziert werden; hochverbunden oder distanziert, punktuell oder in festen Kreisen. b) Für die Einzelnen ist Glaube zur je eigenen Option geworden im Bewusstsein, dass andere religiöse Orientierungen möglich sind und persönliche Gewissheiten nicht zwingend, sondern kontingent sind und damit reflexiv werden.13 c) Dabei reicht die Pluralität der entwickelten Moderne über ein religiöses Selbst- und Weltverständnis hinaus, auch säkulare Optionen haben sich gesellschaftlich eingelebt. Menschen können sich kirchlich oder »weltlich« bestatten lassen, ohne dass die Entscheidung sozial sanktioniert wird. d) Die Pluralisierung bildet sich – so jüngst Peter L. Berger – auch in den Personen selbst ab, die in ihren verschiedenen Erfahrungswelten durchaus mit unterschiedlichen Relevanzen leben können:14 Im Museum kann das gleiche Bildmotiv anders wahrgenommen werden als in der Kirche, dort als Kunstgegenstand, hier als Andachtsbild; oder im Trauerfall mag für mich eine religiöse Sprache für mein Leben bedeutsam sein, die mir im säkularen Alltag aber ganz unangemessen erscheint.

Von Pluralisierung ist e) schließlich auch im Blick auf die religiösen Sozialformen zu sprechen, in denen das Christentum heute Gestalt gewinnt.15 Sie bilden das soziale Widerlager individuell gelebter Religion und gewährleisten religiöse Kommunikation. Traditionell unterscheidet man einen gemeinschaftsförmigen Typus der religiösen Gruppe, in der die Beteiligten persönlich miteinander verbunden sind und interagieren, vom Typus religiöser Organisationen, die auf formaler Mitgliedschaft beruhen und in denen religiöse Zwecke in unterschiedlichen Rollen verfolgt werden. Das kirchliche Christentum der Moderne verbindet beide Formen, zugleich finden sich in ihm und über es hinaus weitere Formen, die das soziale Feld religiöser Sozialität vervielfältigen: es bilden sich immer wieder Bewegungen, etwa in Gestalt von Initiativgruppen zu besonderen Themen oder mit spezifischen Frömmigkeitsprofilen; die kulturellen oder spirituellen Angebote einer Veranstaltungskirche werden situativ und punktuell wahrgenommen und genutzt (man denke an Citykirchen oder den Kirchentag), können aber auch zu Kristallisationspunkten für religiöse Szenen werden.

2  Die gesellschaftliche Stellung und Bedeutung des Christentums

2.1  Christentum als öffentliche Religion

Anders als manche säkularisierungs-, aber auch diverse individualisierungstheoretische Ansätze nahelegen könnten, verschwindet mit der Privatisierung des Religiösen das Christentum hierzulande nicht aus dem öffentlichen Raum, es bleibt auch unter veränderten Bedingungen »öffentliche Religion« und ist mehr als lediglich eine Privatsache. Dies wird nicht zuletzt ersichtlich und bewusst, wenn dessen Geltung im öffentlichen Leben immer wieder zum Streitfall wird: Wie steht es um religiöse Symboliken wie das Kreuzzeichen in öffentlichen Einrichtungen, etwa Gerichtssälen; welchen Status und gesellschaftlichen Wert haben die grundgesetzlich verbürgte Sonntagsruhe oder die christliche Feiertagskultur; welchen Ort und welche Gestalt hat religiöse Bildung in staatlichen Einrichtungen wie Schulen oder Universitäten etc.? Die christlichen Signaturen des öffentlichen Lebens, die rechtlich verankert sind, werden begründungspflichtig und nicht selten auch juristisch strittig. Denn die Auseinandersetzungen beinhalten nicht nur die Frage nach der Stellung der Kirchen, sondern sind aufs Ganze gesehen Selbstverständigungsdiskurse einer modernen Gesellschaft, die – anders als in laizistisch geprägten Ländern wie Frankreich – Religionsfreiheit (Art. 4 GG) auch positiv bestimmt, mithin als Recht, Religion öffentlich auszuüben.16

Seit geraumer Zeit hat Religion in ihrer öffentlichen Dimension wieder verstärkt Aufmerksamkeit gewonnen, dies gilt auch in gesellschaftstheoretischer Hinsicht. Angesichts dessen, dass in vielen Ländern Religionen in den vergangenen drei Jahrzehnten eine hervorgehobene politische Rolle gespielt haben – man denke an die Umbrüche in Osteuropa, die Konflikte im Nahen Osten oder die Wahlkämpfe in den USA –, sprechen einzelne amerikanische Soziologen sogar von einer neuerlichen »Entprivatisierung« der Religion.17 Dies trifft auf Deutschland in dieser Weise nicht zu. Allerdings hat der Sozialphilosoph Jürgen Habermas im Blick auf die deutschen Ver­hältnisse den Begriff einer »postsäkularen Gesellschaft« geprägt, in der religiöse Gemeinschaften in einer »sich fortwährend säkularisierenden Umgebung« fortbestehen und eine öffentliche Aufgabe wahrnehmen.18 Postsäkular bezeichnet den Umstand, dass die moderne pluralistische Gesellschaft einerseits durch einen prinzipiell säkularen Verfassungsstaat gewährleistet wird und andererseits im Blick auf ihre Wertorientierungen auf die Begründungspotentiale von Religionsgemeinschaften angewiesen ist, insbesondere im Blick auf »verwundbare Bereiche des sozialen Zusammenlebens«.19 Dabei kann die Kirche ihren Öffentlichkeitsauftrag heute zivilgesellschaftlich nicht autoritativ geltend machen,20 sondern wird im öffentlichen Leben durch ethisch-diskursive Beiträge relevant, etwa in den Debatten um Pränatalmedizin, Sterbehilfe oder Asylrecht. Für das Gemeinwesen öffentlich bedeutsam ist die Kirche auch dort, wo sie in ihrer rituellen Praxis gesellschaftsdiakonische und erinnerungskulturelle Aufgaben übernimmt, in Gedenkfeiern ebenso wie in öffentlichen Trauergottesdiensten.21

2.2  Religion und Säkularität – Signaturen der Gegenwartsgesellschaft

Auch in früheren Zeiten ist das religiöse Feld in Deutschland keineswegs christlich einheitlich und kirchlich geschlossen gewesen. Gleichwohl ist mit dem gewachsenen Anteil von Menschen, die keiner oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehören, gesellschaftlich eine neue Situation entstanden. Etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung gilt mittlerweile als konfessionslos, 2,5 bis 4 Mio. Musliminnen und Muslime leben in Deutschland. Allerdings wird man vor dem Hintergrund, dass mehr als 60% der Menschen hierzulande zu einer christlichen Kirche gehören, derzeit nicht von einer multireligiösen Gesellschaft im strengen Sinne sprechen können. Genauer kann hinsichtlich der westdeutschen Situation von einem »asymmetrischen religiösen Pluralismus«22 gesprochen werden, mithin von einer mehrheitschristlichen Gesellschaft mit stärker werdenden andersreligiösen und säkularen Anteilen. Die institutionalisierten und kommunikativen Formen, in denen Religion in öffentlichen Bereichen ausgeübt wird – im schulischen Unterricht wie in der Krankenhausseelsorge, in den öffentlichen Medien wie im Leben des örtlichen Gemeinwesens –, sind wesentlich durch das Christentum geprägt. In diesem Kontext jedoch wird religiöse Kommunikation an vielen Stellen auch zur interreligiösen Kommunikation. In den verschiedenen Handlungsfeldern, die praktisch-theologisch bedacht werden, wird Interreligiosität zu einer Reflexionsperspektive und zu einer Gestaltungsaufgabe kirchlicher Praxis, zumal die Religionspraxis auch mit unterschiedlichen kulturellen Prägungen einhergehen kann. Eine religionssoziologisch informierte Praktische Theologie beschäftigt sich mit interreligiösem Lernen ebenso wie mit Herausforderungen interkultureller Seelsorge, mit Aspekten liturgischer Gastfreundschaft oder der Trauung religionsverschiedener Paare.

Angesichts der fortschreitenden Entkirchlichung insbesondere in Ostdeutschland, aber auch in manchen urbanen Zentren in Westdeutschland, ist hier eine lebensweltliche Situation entstanden, in der Säkularität mehr und mehr zum gesellschaftlichen Normalfall geworden ist. In den neuen Bundesländern gehören drei Viertel der Menschen keiner religiösen Konfession an. Auch hier wird man nicht von einer religionslosen (oder gar atheistischen), sondern präziser von einer forciert säkularisierten Gesellschaft mit gesellschaftlich institutionalisierten Formen des Christentums und einer Kirche in der Minderheit reden. Auch jenseits dessen, ob und wie sich die Einzelnen zu Religion ins Verhältnis setzen, ist auch hier von einer öffentlichen Präsenz des Christentums auszugehen; so werden beispielsweise die Kirchengebäude in Städten und Dörfern weithin als symbolische Orte des Religiösen wahrgenommen. Dabei ist weiter zu bedenken, dass die Kategorie »säkular« bislang als »nicht-religiös« bestimmt worden ist, mithin als bloßer Gegenbegriff. Praktisch-theologisch herausfordernd wird es, wenn säkulare Lebenseinstellungen genauer differenziert werden.23 So lassen sich etwa dezidiert antireligiöse Haltungen, die sich bewusst von Religion abgrenzen, von areligiösen Selbstbeschreibungen unterscheiden, die – unbeschadet persönlicher Distanz – das Christentum für das soziale Leben als relevant erachten können.

Die soziale Wirklichkeit des Christentums in Deutschland ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts differenziert wahrzunehmen, sie lässt sich religionssoziologisch und gesellschaftstheoretisch kaum auf einen Nenner bringen. Zum Verständnis individueller Religiosität und zur Orientierung kirchlichen Handelns ist die Praktische Theologie auf die kritische Rezeption von unterschiedlichen Ansätzen soziologischer Theorien angewiesen, die als Sehhilfen den Blick für die gesellschaftlichen Konturen des Christentums in der Moderne schärfen.

I.3  Religion und Gegenwartskultur

Kristian Fechtner

Praktische Theologie erkundet die Praxis christlicher Religion in ihren gegenwärtigen kulturellen Bezügen. Seit seinen Anfängen tritt das Christentum kulturell in Erscheinung, der christliche Glaube gewinnt in kulturell bestimmten Formen seine konkrete Gestalt. Zugleich überschreitet Religion in ihren Erfahrungen und Deutungen den Horizont der menschlich erzeugten Kulturwelt.

Über viele Jahrhunderte hinweg hat das Christentum unsere kulturelle Welt geprägt. Es hat eine eigene christliche Religionskultur hervorgebracht, die das individuelle und gemeinschaftliche Leben wesentlich bestimmt hat: so etwa durch die Kirchen als Symbolbauten inmitten des Gemeinwesens; durch die Festzyklen und Feiertage, die den Jahreskreis und die Lebensgeschichte verbindlich strukturiert haben; durch Bibel und Gesangbuch als Grundbestand der Lesekultur. In der Moderne jedoch hat sich das kulturelle Leben in weiten Teilen von Kirche und Christentum gelöst, es haben sich kulturelle Orte und Ausdrucksformen etabliert, die in eigenständiger Weise »Sinn machen«: Das Museum zeigt andere Bildwelten als die ehemals kirchliche Kunst; der Unterhaltungsfilm erzählt im Kino eine andere Geschichte als das biblische Gleichnis im Konfirmationsunterricht; die kirchlichen Feiertage koexistieren und konkurrieren mit staatlichen Gedenktagen oder kommerziellen Festen. Einerseits ist Kirche in der Moderne ein kultureller Raum neben anderen, andererseits hat christliche Religion auch in der Gegenwartsgesellschaft eine kulturelle Bedeutung, die über das kirchliche Christentum hinausreicht.

Welche Zugänge findet die Praktische Theologie zu kulturellen Phänomenen unserer Zeit, welche Einsichten eröffnet sie? Und umgekehrt: Wie thematisiert sie kulturwissenschaftlich angeleitet die zeitgenössische Praxis des Christentums?

1  Kulturwissenschaftliche Perspektiven der jüngeren Praktischen Theologie

1.1  Anschlussstellen im kulturwissenschaftlichen Diskurs

Kultur ist in jüngerer Zeit (wieder) zu einem Leitbegriff verschiedener Wissenschaften geworden, dies gilt für sozial- wie geisteswissenschaftliche Debatten gleichermaßen.1 Traditionell ist von Kultur im Gegensatz zur Natur die Rede, klassisch umfasst sie all das, was durch den menschlichen Geist hervorgebracht worden ist. Vor diesem Hintergrund hat man mit dem Begriff vornehmlich sog. hochkulturelle Bereiche menschlichen Schaffens assoziiert: Musik, Literatur, bildende Kunst. In diesem Feld hat auch Religion ihren Ort, wenn man sie als eine Produktivkraft des geistigen Lebens ansieht, die eigene kulturelle Formen hervorbringt – man denke an Bach-Kantaten, religiöse Dichtung oder christliche Kunst. Zur Kultur einer Gesellschaft kann man darüber hinaus auch die grundlegenden Werte und ideellen Vorstellungen rechnen, die Menschen in einem Gemeinwesen miteinander teilen und die ihre Lebensweise bestimmen. In diesem Sinne können beispielsweise die zentrale Stellung des Individuums oder der Menschenrechte als Ausdruck einer spezifischen, neuzeitlichen Kultur verstanden werden. Auch in dieser Hinsicht ist Religion kulturell relevant, sie erscheint dann als ein Entwicklungsmoment (gegebenenfalls aber auch als hemmender Faktor) oder Begründungszusammenhang für das, was in einer Kultur gelten soll.

Die neueren kulturwissenschaftlichen Theorien und Forschungen haben allerdings den ererbten Kulturbegriff geweitet, differenziert und konzentriert. Seit den späten 1960er Jahren haben sich zunächst im englischsprachigen Raum cultural studies ausgebildet. Sie haben erstens jenseits der etablierten nun auch andere Kulturformen untersucht und in ihr Recht gesetzt. Es gibt, so der Ansatz, auch eine Arbeiter- und eine Migrantinnenkultur, Jugendkulturen und eine Kultur des Alltagslebens. Auch religiöse Gemeinschaften oder kirchliche Gemeinden lassen sich daraufhin anschauen, welche Kultur sich in ihnen ausbildet. Mit diesem Zugang wird zweitens deutlich, dass Kultur heute immer schon im Plural existiert, als Ensemble verschiedener Formen, die mit-, neben- und auch gegeneinander bestehen können. Unterschiedliche Kulturen haben je eigene Logiken, Leitbilder und Beziehungsmuster – die Unternehmenskultur eines Betriebes andere als das Netzwerk einer kirchlichen Frauengruppe. Dies gilt es, differenziert wahrzunehmen. Kulturtheoretisch konzentriert sich drittens die Betrachtung auf die sinnhafte und sinngebende Dimension sozialer Praxis. Kulturtheoretisch wird menschliches Handeln als symbolisches Handeln begriffen und d. h. als eine Praxis, in der Menschen sich selbst und ihre Welt deuten.

Damit wird Kultur als Sinnhorizont verstanden, in dem sich Menschen vorfinden und den sie zugleich immer wieder neu hervorbringen. In einer prominenten Metapher spricht der US-amerikanische Ethnologe Clifford Geertz von einem »selbstgesponnenen Bedeutungsgewebe«, in das der Mensch »verstrickt« ist.2 Gefragt wird also nach der Bedeutung, die in der sozialen Praxis durch deren »symbolische Formen« (Ernst Cassirer)3 – so etwa in Bildern, rituellen Praktiken oder Erzählungen – zum Ausdruck kommt. In ihnen ordnet sich Wirklichkeit und mit ihnen orientieren sich Individuen und Gemeinschaften. Kulturelle Bedeutungen drücken sich nicht nur ideell aus, sie sind institutionell eingebettet und manifestieren sich in Lebensweisen. Es macht demnach einen Unterschied, ob eine Nationalhymne im Sportstadion oder am Volkstrauertag gespielt wird; ein Gottesdienstbesuch kann in einem Fall für eine Familientradition stehen, mithin familiäre Verbundenheit ausdrücken; im anderen Fall mag er, wenn er bewusst individuell praktiziert wird, gerade Distanz zum obligatorischen Familienwochenende markieren.

1.2  Praktisch-theologische Neuorientierungen

Kulturwissenschaftliche Perspektiven sind der evangelischen Theologie in der Moderne keineswegs fremd, wohl aber sind sie theologiegeschichtlich strittig. Bereits Friedrich Schleiermacher hat seine Ethik als eine Kulturtheorie angelegt und Religion als einen Modus symbolisierenden Handelns kulturell verortet.4 Paul Tillich hat Kultur und Religion miteinander verschränkt, wenn er in einer häufig zitierten Wendung davon spricht, dass Kultur die »Form der Religion« und Religion die »Substanz der Kultur« sei.5 Demgegenüber hat die Dialektische Theologie Barthscher Prägung den kulturkritischen Impuls der Theologie forciert; unter dem Leitmotiv einer auch historisch erfahrenen Krise der neuzeitlichen Kultur erscheint diese vornehmlich als Selbstermächtigung des Menschen. Im langen Schatten ihrer Wirkungsgeschichte haben sich Theologie und Kirche wenig um das Verständnis kultureller Phänomene bemüht und sich eher als Widerpart zu den kulturellen Entwicklungen positioniert.

Dies hat sich in der jüngeren Praktischen Theologie deutlich verändert. Im Gefolge der sog. empirischen Wende seit Ende der 1960er Jahre reflektiert sie Religion als kulturelle Praxis und nimmt Anregungen auf, die bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts formuliert worden sind. In ihrer liberalen, durch den Kulturprotestantismus6 geprägten Ära hatte etwa Paul Drews vorgeschlagen, mithilfe der »religiösen Volkskunde« gelebte Religion als Element des kulturellen Lebens wahrzunehmen. In den vergangenen Jahrzehnten hat die gegenwärtige Praktische Theologie analog zu anderen Disziplinen einen cultural turn vollzogen und nimmt verstärkt kulturwissenschaftliche Konzepte auf. Diese Wendung zeigt sich in zwei Richtungen: Zum einen reflektiert sie kirchliches Handeln mithilfe von Leitbegriffen, die aus den Kulturwissenschaften entlehnt sind. So kann sie beispielsweise einen Gottesdienst als »Ritual« begreifen, Gemeinde als »sozialen Raum« beschreiben, Seelsorgegespräche als »symbolische Interaktion« verstehen oder die »Dramaturgien« des Religionsunterrichtes analysieren. Zum anderen geht es einer kulturwissenschaftlich orientierten Praktischen Theologie darum, religiöse Sinngehalte kultureller Formen auch außerhalb des kirchlichen Christentums zu erkunden. Wo lässt sich Religion – in einem expliziten oder impliziten Sinne – im gegenwärtigen kulturellen Leben identifizieren, und wie lassen sich unterschiedliche Phänomene der zeitgenössischen Kultur in theologischer Perspektive interpretieren?

2  Thematische Schwerpunkte der praktisch-theologischen Kulturhermeneutik

Für eine kulturinteressierte Praktische Theologie sind gegenwärtig drei Themenfelder von besonderer Bedeutung:

2.1  Kunst

Nachdem Kunst in der westlichen Welt über viele Jahrhunderte hinweg christliche Kunst gewesen ist, emanzipiert sie sich in der Neuzeit immer stärker von ihren kirchlichen Vorgaben; die christliche Ikonographie verliert in der bildenden Kunst ihre Verbindlichkeit und tritt als Motivik in den Hintergrund. In der Moderne versteht sich Kunst weithin als »autonome Kunst«, die keine – ihr fremde – didaktische, soziale oder kirchliche Funktionen hat, sondern als Kunstwerk für eine eigene Wirklichkeit steht. In diesem Prozess wird allerdings moderne Kunst nicht notwendig »profan«, so wenig sie sich – von Ausnahmen abgesehen – selbst religiös versteht. Sofern in ihr existentielle Sinndimensionen menschlicher Wirklichkeit zum Ausdruck gebracht werden, kann Kunst durchaus religiös wahrgenommen und theologisch gedeutet werden.7 Innerhalb der jüngeren Theologie etabliert sich ein eigener Diskurs, in dem es um das (Spannungs-)Verhältnis von Kunst und Religion und ebenso um die Analogie von religiöser und ästhetischer Erfahrung geht.8 Seit den 1980er Jahren kann geradezu von einer »ästhetischen Wende« innerhalb der Praktischen Theologie gesprochen werden: Der Gottesdienst erscheint als ein »offenes Kunstwerk« und die neuere Homiletik reflektiert Predigt rezeptionsästhetisch, es kann von der »Kunst der Seelsorge« gesprochen werden und in der Religionspädagogik wird die Bedeutung ästhetischen Lernens herausgestellt. Das ästhetische Paradigma versteht Religion als eine spezifische Wahrnehmungsweise von Wirklichkeit und fragt nach deren Ausdrucksformen.9 Wenn dabei religiöse Praxis im Licht eines klassisch hochkulturellen Verständnisses von Kunst (als Kunstwerk, Poesie etc.) gedeutet wird, erscheint Religion tendenziell als außergewöhnliche Erfahrung.