Pretty Happy - Nena Schink - E-Book

Pretty Happy E-Book

Nena Schink

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Beschreibung

Die wenigsten Frauen sind mit ihrem Äußeren zufrieden. Der Grund: Von klein auf wird ihnen suggeriert, dass Schönheit glücklich macht. Dabei fühlen sie sich in der Regel immer unglücklicher. Denn die Annahme Schönheit = Glück geht nicht auf und lähmt nicht nur in privater, sondern auch in beruflicher Hinsicht die eigene Entwicklung. Spiegel-Bestsellerautorin Nena Schink und Schauspielerin Vivien Wulf ist dieses Gefühl wohlbekannt. Sie haben den Glaubenssatz lange gelebt, ohne ihn zu hinterfragen. In ihrem Buch ermutigen sie Frauen, aus dieser Denkfalle auszubrechen und zeigen durch die Offenbarung ihrer eigenen Unsicherheiten, wie der Drang nach Schönheit mit dem Sein verknüpft ist und warum die Zeit reif ist, etwas dagegen zu unternehmen. Denn eines ist sicher: Wir schulden niemandem Schönheit! Fünf Kilo weniger machen nicht glücklicher und mehr Make-up führt nicht zu größerer Happiness. In ihrem Buch erforschen die beiden Autorinnen gemeinsam mit ihrer Leserin, was wirklich glücklich macht. Pretty Happy ist eine großartige Liebeserklärung – an die Freiheit, Freundschaft und Selbstliebe.

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Edel Books

Ein Verlag der Edel Verlagsgruppe

Copyright © 2021 Edel Germany GmbH

Neumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edelbooks.com

Projektkoordination: Svetlana Romantschuk

Lektorat: Dr. Gregor Ohlerich

Layout und Satz: Datagrafix GSP GmbH, Berlin | www.datagrafix.com

Covergestaltung: Nicole Pfeiffer, Hamburg

ePub-Konvertierung: Datagrafix GSP GmbH, Berlin | www.datagrafix.com

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

eISBN 978-3-8419-0768-4

Für Axel und Thomas. Unsere Väter. Helden. Vorbilder. Beste Freunde. Wenn wir später einmal unsere Prinzen heiraten, werdet ihr für immer unsere Könige bleiben.

Für Ira und Yvonne. Unsere Mütter. Danke, dass ihr uns eine unbeschwerte Kindheit geschenkt habt. Und uns stets lehrtet, dass die eigene persönliche Freiheit nur durch Mut entsteht.

Für Alina, Clara, Jil, Kati, Marie und Roxy. Die Mädchen unseres Herzens. Dank euch kennen wir den Wert der Freundschaft. Ihr seid die Lieben unseres Lebens und werdet es für immer bleiben.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Was ist Schönheit?

Wie entstand der Mythos Schönheit?

Die Schönheitslotterie

Audrey Hepburn: Schönheitsidol oder Menschenretterin?

Jackie Kennedy: schön unglücklich

Inhalt vor Schönheit

Du schuldest niemandem Schönheit

Das Casting meines Lebens

Warum Barbie eine Feministin ist

Kindsmütter im Einsatz

Mode ist Selbstbestimmung

Sexismus im Job

Instagram zerstört die Vielfalt der Schönheit

Hanna Schlönvoigt und ihr Umgang mit der perfekten Illusion

Wie Anja Zeidler die Sucht nach Schönheit und Perfektion besiegte

Sarah Victoria Schalow – eine Liebeserklärung an sich selbst

Männer wollen Ivankas großziehen und Melanias heiraten

Feminismus als Label?

Was ist Glück?

Die Formel des Glücks

Das Beste, was es gibt auf der Welt

Meine Uroma Martha

Sollte man für einen Mann sein eigenes Leben opfern?

Say YES!

Sunday Blues: ohne Regen kein Regenbogen

War es überhaupt Liebe?

Der Mann, der mein Leben veränderte

Warum YOLO als Lebensmotto nicht glücklich macht

Glück entsteht durch Anstrengung

Doppel-D: Demut und Dankbarkeit

Neid ist der direkte Weg ins Unglück

Warum der Optimierungswahn ein wahrer Glücksbremser ist

Führt uns eine Bucket List ins Glück?

Die Reise, die mein Leben veränderte

Der Mönch von Myanmar

Das Geheimrezept Pretty Happy

So gelingt Pretty Happy

Schritt 1: die Sache mit der Selbstliebe

Schritt 2: Werde deine eigene Cheerleaderin

Schritt 3: Pretty Happy trifft auf Hygge

Schritt 4: Lass das Schubladendenken der anderen an dir abprallen

Schritt 5: Nimm Abstand von unrealistischen Erwartungen

The End: alles und nichts

Danksagung

Quellen

Einleitung

Für ein Herzensprojekt gibt es immer einen Auslöser. Diesen einen Moment, in dem man spürt, dass man es machen muss. Bei Pretty Happy war er verbunden mit viel Blaubeerkuchen und einer regen Diskussion über den Schönheitswahn. Den Drang nach Makellosigkeit um jeden Preis. Und die fehlende Gleichberechtigung in der Gesellschaft.

Wir fragten uns, warum wir anfällig dafür sind zu glauben, dass äußere Attraktivität unsere Hauptquelle für Bewunderung und Zuneigung ist.

Wieso vergleichen wir ständig unser Aussehen mit anderen? Warum verknüpfen wir so oft Schönheit mit Glück? Was macht das mit uns? Nicht nur in privater, sondern auch in beruflicher Hinsicht? Wie kann es sein, dass sich manch ein junges Mädchen zum 18. Geburtstag von ihren Eltern lieber eine Nasenkorrektur als die Teilfinanzierung ihres Studiums wünscht?

Liegt es ausschließlich an den sozialen Medien, in denen Frauen täglich ihr perfekt gefiltertes Erscheinungsbild präsentieren, Schminktipps geben und die perfekte Haarlocke als den Weg ins Glück präsentieren? Ja und Nein. Instagram ist ein großes Problem, das den Konflikt befeuert und gegen das es anzukämpfen gilt. Doch es beginnt schon wesentlich früher. Vom Kindergarten an werden Frauen darauf getrimmt, schön sein zu müssen.

Die allgemeine Wahrnehmung: Wenn ich schön bin, kommt das Glück von allein. Aber schön, das muss ich sein. Mädchen glauben zu oft, dass sie vieles nicht können. Deshalb ist ihnen ihr Aussehen so wichtig. Man kann es auch als Dream Gap1 bezeichnen.

Damit ist die Kluft gemeint, die zwischen Mädchen und der Entfaltung ihres vollen Potenzials steht. Bereits mit fünf Jahren glauben sie nicht mehr daran, Präsidentinnen, Wissenschaftlerinnen, Ingenieurinnen, Astronautinnen oder Unternehmerinnen werden zu können. Die Liste ist lang. Kein Wunder. Während die Jungs etwa dreimal mehr Wissenschaftsspielzeug bekommen, müssen sich Mädchen zu oft mit dem rosa Puppenschloss oder einer Puppe namens Baby Born begnügen.

Für uns Autorinnen besonders erschreckend: Eltern googeln doppelt so oft „Ist mein Sohn begabt“ wie „Ist meine Tochter begabt“.2

In der Schule und in der Universität geht es weiter. Nehmen wir als Beispiel eine junge Frau, 22 Jahre alt. Nennen wir sie Lisa. Lisa lernte bereits in der Schule, dass ihr äußeres Erscheinungsbild extrem wichtig ist. Wenn sie an der Tafel stand, lobte ihr Lehrer vor der Klasse ihr Aussehen: „Na, sieht Lisa heute nicht wieder bezaubernd aus?“ Auch jetzt, im Mathevorkurs der Universität, kommentieren männliche Kommilitonen: „Lisa, du siehst echt gut aus, aber sei mal ehrlich, deinen Bachelor in Bauingenieurwesen ziehst du doch sowieso nicht durch, oder?“

Uns beide macht der Schönheitswahn nur noch eines: rasend wütend! Und unser Nachmittag mit Blaubeerkuchen und Selbstzweifeln machte uns zu mehr als Freundinnen. Wir wurden zu Komplizinnen, mit einer Mission, die nun in Pretty Happy mündet.

Das fängt schon bei Walt Disney an. Wir brauchen mehr Figuren mit Vorbildcharakter. Nehmen wir den Film Frozen. Warum nur wollen so viele junge Mädchen die Eiskönigin Elsa sein? Ihre Schwester Anna ist doch die viel Coolere. Liegt es an Elsas gertenschlanker Figur, dem hellblonden Haar und großen Augenaufschlag?

Pretty Happy ist der Appell, Glück endlich von Schönheit zu entkoppeln und das Problem an der Wurzel zu packen. Weg vom Schönheitswahn, hin zu mehr Selbstbewusstsein! Lasst uns Role Models, Freundinnen und Komplizinnen füreinander sein!

Unser Buch ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil analysieren wir den gesellschaftlichen Wahn der vermeintlichen Makellosigkeit, offenbaren schonungslos unsere eigenen Unsicherheiten und analysieren, inwiefern uns Dinge wie Puppen, Walt Disney und unsere Familie prägten.

Im zweiten Teil begeben wir uns gemeinsam mit dir auf die Suche nach dem Glück. Macht uns eine Reise nach New York glücklicher als ein Weinabend in unserer Heimatstadt mit Freunden? Wann sind wir so richtig zufrieden? Manch eine Erkenntnis hat uns selbst überrascht.

Im dritten Teil gelangen wir schließlich zu der Frage: Was macht uns eigentlich Pretty Happy? Das Wort „pretty“ hat im Englischen nämlich zwei Bedeutungen, „ziemlich“ und „schön“. Wir zwei mögen das Wort „ziemlich“ mittlerweile viel lieber als das Wort „schön“. Denn eines ist sicher: Fünf Kilo machen dich nicht unbedingt glücklicher und eine dicke Schicht Make-up nicht selbstbewusster.

In den nachfolgenden Kapiteln haben wir versucht, möglichst unkenntlich zu machen, um wen von uns beiden es geht. Es war uns wichtig, dass das Thema im Vordergrund steht. Nicht unsere eigene Geschichte. Denn wir sind du. Und du bist wir. Wir alle kämpfen dann und wann mit Selbstzweifeln und haben das Gefühl, nicht genug zu sein.

Dieses Buch ist keine akademische Abhandlung. Stattdessen sind unsere Schilderungen durch unsere persönliche Wahrnehmung geprägt. Wir sind auch keine Psychologinnen oder Soziologinnen, sondern Beobachterinnen und Erzählerinnen. Mit Pretty Happy versuchen wir, das echte Leben abzubilden und Schlüsse daraus zu ziehen. Wer einen Ratgeber sucht, wird hier nicht fündig. Aber alle, die lernen wollen, weniger auf ihr Äußeres zu geben und mehr zu sich selbst zu stehen, sind hier genau richtig. Wir beide haben aus Biografien starker Frauen übrigens mehr gelernt als aus jedem Ratgeber, weswegen dieses Buch gespickt mit jenen Learnings ist.

Anstelle von zu vielen Artikeln über Themen wie Schönheit, Altern und Diättipps brauchen wir mehr Sichtbarkeit von tollen Frauen, die Großartiges leisten und junge Mädchen lehren, wie sie das geschafft haben.

Wir müssen es schaffen, dass Mädchen mehr wollen, als nur schön zu sein.

Solltest du nur eine Botschaft aus diesem Buch mitnehmen, dann hoffentlich diese: Du bist nicht alleine. Wir alle sind unsicher, zweifeln und sind uns dann und wann nicht genug.

Auch Prominenten wie Weltstar Taylor Swift geht das so, wie sie in einem Essay für die ELLE schreibt: „Ich habe hart gearbeitet, um mein Gehirn neu zu trainieren. Ihm beizubringen, dass zusätzliches Gewicht Kurven, glänzenderes Haar und mehr Energie bedeutet. Ich denke, dass viele von uns bei einer Diät die Grenze überschreiten. Aber das Zuweitgehen kann wirklich gefährlich sein. Es gibt keine schnelle Lösung. Ich arbeite jeden Tag daran, meinen Körper zu akzeptieren.“ 3

Auch die deutsche TV-Moderatorin Sarah Kuttner weiß um den Wert der Selbstliebe: „Im Grunde geht es darum, uns selbst zu akzeptieren. Zu akzeptieren, wie wir sind, was wir können, was wir nicht können. Zu sagen: Ich bin okay so. Und wenn wir Mitgefühl für uns selbst entwickeln, auch für unseren Feuerball, dann können wir es an andere so weitergeben.“ 4

Nicht nur Swift und Kuttner. Der amerikanische Autor und Business-Coach Jerry Colonna wurde mal gefragt, was er durch die Arbeit mit den vielen Führungskräften gelernt habe. Seine Antwort: „The struggle is universal“ 5 – jeder von uns hat zu kämpfen.

Wir müssen lernen, dass wir nicht makellos sein müssen, um geliebt zu werden. Das Wichtigste im Leben ist, dass wir uns selbst lieben. Vor allem sind wir es verdammt nochmal niemandem schuldig, schön zu sein.

Der Schriftsteller Neale Donald Walsch schreibt: „Solange du dir darüber Sorgen machst, was andere von dir denken, gehörst du ihnen. Nur wenn du keine Zustimmung von außen brauchst, kannst du dir selbst gehören.“ 6

Wir wünschen dir viel Spaß bei der Lektüre von Pretty Happy und hoffen, dass du etwas daraus für dich mitnimmst. Vor allem aber wünschen wir uns, dass du groß träumst! Jeden einzelnen Tag deines Lebens.

Sollte dich die Größe deiner Träume zurückschrecken lassen, bist du auf dem richtigen Weg! Glück entsteht oft durch Tun. Durch Bildung. Und den Glauben an dich selbst. Die Chancen dafür musst du dir selbst erkämpfen.

Im Privaten und Beruflichen gilt stets: Glück wird aus Mut gemacht. Lege den Fokus weniger auf dein Äußeres, lasse dich nicht von den anderen auf deine Optik reduzieren, stehe mehr zu dir selbst und denke immer daran: Deine Individualität ist deine Perfektion.

Feiere deine Einzigartigkeit! Begebe dich auf die Suche nach Dingen, die dich wirklich glücklich machen. Umgebe dich mit Menschen, die, anstatt dich äußerlich zu bewerten, dich fördern und vor allem deiner Seele guttun.

Deine Nena & Vivien

Teil 1

Was ist Schönheit?

Wie entstand der Mythos Schönheit?

„Für eine Frau ist Schönheit unbedingt wichtiger als Intelligenz, denn für Männer ist Sehen leichter als das Denken.“

Lil Dagover, Schauspielerin

9. August 1992

Das Cover des prestigeträchtigen Magazins Spiegel ziert eine barbusige Brünette mit wallenden Haaren, dem gängigen Schönheitsmaß 90-60-90 und perfekt geschminkten Augenbrauen. Die Überschrift: Der Schönheitswahn – makellos um jeden Preis.7 Als ich geboren wurde, diskutiert Deutschland also über die steigende Zahl von operativen Eingriffen. Im Namen der Schönheit.

Der Grund: Mehr als 100 000 Männer und Frauen legen sich pro Jahr auf die OP-Tische von plastischen Chirurgen. Für die Redaktion des Spiegels ein alarmierendes Signal, dass sich der Mythos Schönheit zum käuflichen Symbol für Erfolg und Lebensart gewandelt hat.

Seitdem hat sich der Wahn der Makellosigkeit stetig gesteigert. Die Anzahl der Schönheitsoperationen hat sich gar verdreifacht. Im Jahr 2019 wurden 386 000 Operationen im Namen der Schönheit erfasst. 86,8 Prozent davon wurden an Frauen durchgeführt, 12,3 Prozent an Männern, 0,1 Prozent sind nicht erfasst.8 Die beliebteste Schönheitsoperation war mit 8,3 Prozent die Brustvergrößerung.9

Für uns Autorinnen besonders erschreckend: Jede zweite deutsche Frau ist einer Schönheitsoperation gegenüber nicht abgeneigt.10

Übrigens wurde auch die erste Schönheitsoperation in der Geschichte an einer Frau durchgeführt:

„Erst die Prinzeß mit einem Trunk aus fiel heissem Branntewein und Stinwacholder zum Schlaffen gebracht; als dann ein Stück vom Nasbein herausgesäget, in der Mitten, wo es zufiel gewesen; als dann die zween Hälften zusammengefüget, alsdann ein Flecken Haut vom Schenkel drübergepflanzelt; alsdann das gantze feste verbunden.“ 11

Das war im Jahr 1759, als ein hessischer Landgraf nach dem Chirurgen Johann Balthasar schicken ließ, weil eine nette junge Frau in dem Adelshaus zur Vermählung anstand. Doch war sie im Gesicht mit einem Gewächs geschlagen, das eher einer Knollenfrucht glich. Als der Medikus Nadel und Faden aus der Hand legte, zierte eine feine Prinzessinnennase das blaublütige Gesicht. Die Chance auf eine Heirat war gerettet.

Bei der ersten Schönheitsoperation in der Geschichte stand also nicht das eigene Wohlbefinden im Vordergrund, sondern die Hoffnung auf eine baldige Vermählung. Die Prinzessin sollte durch eine Hochzeit finanziell abgesichert werden. Dafür musste ihr Antlitz den Männern gefallen.

Der Wunsch, dem männlichen Geschlecht zu gefallen, war schon im Mittelalter stark ausgeprägt, wo sich die wahrhaft vornehmen Damen eine Paste aus Essig, Eiweiß und Bleiweiß auf die Wangen strichen. Der bleiche Teint sollte sie von den sonnengebräunten Bäuerinnen und von Prostituierten unterscheiden, die frivoles Rouge auf blasse Grundierung platzierten.

Die englische Königin Elisabeth I. musste im Alter übrigens zentimeterdick spachteln – das Blei hatte ihre Haut zerfressen. Doch auch die Männer stäubten im 18. Jahrhundert kräftig Puder auf.

Der Wunsch nach Schönheit und Perfektion vereint also seit Jahrhunderten beide Geschlechter. Aber wieso gehen wir Frauen in puncto Aussehen stets weiter als die Männer, notfalls bis auf die Knochen? Die Psychologin Bärbel Wardetzki erklärt es im Spiegel wie folgt: „Aufgrund von Ermangelung anderer Aufgaben kümmerten sich die Damen über Generationen aufopferungsvoll dem rechten Verhältnis von Busen, Taille und Po.“ Frauen seien dafür besonders anfällig, weil ihre „Maske aus Schminke, Kleidung und äußerer Attraktivität“ nicht selten „Hauptquelle von Bewunderung und Zuneigung sei“.12

Diese Aussage ist auf den Tag so alt wie ich. Sie stammt aus dem Jahr 1992. Das Schlimme daran ist, viel hat sich seitdem nicht verändert. Im Gegenteil, der Schönheitswahn ist schlimmer geworden. Die Frauenmagazine präsentieren auch noch im Jahr 2020 fröhlich Diät- und Schminktipps. In einer gewissen Dosierung ist dagegen nichts einzuwenden. Doch zu viele Cover wirken gar den 1950er-Jahren entsprungen.

Warum uns manch ein Medienunternehmen nicht mehr zutraut, als den richtigen Lidstrich zu setzen, werde ich niemals verstehen. Ich bin mir sicher, die stetig sinkenden Auflagen eines Großteils der Frauenmagazine sind den nicht zeitgemäßen Artikeln, gepaart mit fehlendem Innovationsgeist, geschuldet.

Nicht nur die Verlage, auch die Werbung spielt eine entscheidende Rolle beim Entstehen des gesellschaftlichen Schönheitswahns. Vor einigen Monaten hing am Züricher Hauptbahnhof ein gigantisches Werbeplakat. Es zeigte eine junge, hübsche Frau, die sich entschieden hat, ihre Brüste operieren zu lassen. „Meine Dinger, mein Ding“, prangte als Botschaft auf dem Plakat. Die Wortwahl spricht Bände. Für Dagmar Pauli, Chefärztin im Bereich Kinder- und Jugendpsychologie, ist diese Verdinglichung „erschreckend und alarmierend“ 13 zugleich. Ich gebe ihr voll und ganz recht.

Wir sind von dem Fehlglauben geleitet, Glück und Liebe entstünden durch perfektes Aussehen. Auch empfinden wir den intrinsischen Wunsch, den Männern zu gefallen, ihre Aufmerksamkeit zu erhaschen, anstatt den Fokus auf unsere eigene persönliche Entwicklung zu legen.

Die Gründe dafür sind vielseitig. Ebenso wie im Mittelalter beginnen Frauen und Mädchen früh, Schönheit als Hauptquelle für Glück und Anerkennung zu identifizieren. Der Wunsch nach dem perfekten Erscheinungsbild prägt das Denken. Das aber macht angreifbar, verletzlich. Es schwächt die eigene Entwicklung.

Im Laufe der Geschichte haben viele großartige Frauen über das Konzept Schönheit geschrieben, sei es Naomi Wolf mit ihrem Buch The Beauty Myth oder die großartige Chidera Eggerue mit ihrem Werk What a Time to Be Alone. Pretty Happy ist unsere eigene Interpretation, und anstatt kategorisch zu urteilen, möchten wir dich mit unserem Buch zum Nachdenken anregen.

Bevor wir dich nun auf eine Reise durch die vergangenen Jahrzehnte mitnehmen und das ein oder andere Schönheitsideal hinterfragen, bitten wir dich, die folgenden Fragen einmal ganz für dich allein zu beantworten. Du musst deine Antworten mit niemandem teilen.

◊Zweifelst du an deinem äußerlichen Erscheinungsbild? Falls ja: warum?

◊Vergleichst du dich mit anderen?

◊Hast du manchmal das Gefühl, nicht der gesellschaftlichen Norm zu entsprechen?

◊Fühlst du dich von dem Schönheitswahn unter Druck gesetzt?

◊Wünschst du dir eine Schönheitsoperation?

◊Möchtest du mit deinem Aussehen anderen gefallen, vielleicht gar Likes in den sozialen Medien erzielen, um anerkannt zu sein?

◊Bearbeitest du deine Fotos? Falls ja: aus welchem Grund?

Die Schönheitslotterie

„Warum quält mich das so? Warum fühle ich mich als Mensch weniger wert als andere?“

Marilyn Monroe

Entsprichst du dem Schönheitsideal deiner Zeit? Nein? Nicht schlimm! Vermutlich entsprichst du optisch einfach dem Ideal eines anderen Jahrzehnts. Denn was früher als schön galt, ist heute nicht mehr unbedingt angesagt. Und was heute in ist, wird in ein paar Jahren nicht mehr unbedingt den Zeitgeist treffen.

Das jeweilige Schönheitsideal wird von den Medien erschaffen und befeuert. Einst war es die Venus von Milo, heute sind es die Kardashians. Das Spannende daran ist: Bilder können anhand der betonten Schönheitsmerkmale immer einer bestimmten Zeit zugeordnet werden.

Stets gleich geblieben ist die Schönheit als Maß für den gesellschaftlichen Wert der Frau. Leider. Eine Sache, die es zu hinterfragen und vor allem zu verändern gilt! Denn wir müssen von unserem Leben mehr erwarten dürfen, als schön zu sein.

Die 1950er-Jahre: die Ikone der Kurven

Blonde Haare, verführerischer Augenaufschlag, volle rote Lippen. Die Rede ist natürlich von Norma Jean Baker, bekannt als Marilyn Monroe, das unübertroffene Sexsymbol Amerikas. Wir befinden uns in einer Zeit, in der vor allem mondäne Schauspielerinnen die Idealvorstellung der Frau prägen.

Als besonders attraktiv gelten kurvige Frauen mit üppigem Dekolleté, prallem Hintern und schmaler Taille.14

Frauen wie Marilyn Monroe eben, weshalb die Zeitungen von einem Marilyn-Effekt sprechen. Sie wird von den Medien zum Sexsymbol schlechthin stilisiert, zur Königin der Kurven. Mit ihrer Kleidergröße sorgt die Blondine weltweit für einen neuen Trend. Frauen wollen aussehen wie sie, sein wie sie, während Männer mit ihr schlafen wollen.

Denn abgemagerte Frauen wirken hungrig, kränklich und ärmlich. Vor allem aber erinnern sie an die entbehrungsreichen Jahre des Zweiten Weltkrieges, die für immer der Vergangenheit angehören sollen.

Erfolg, Schönheit, Ruhm: alles verheißungsvolle Attribute, die man dieser Traumfrau zuschreibt. Aber war sie das wandelnde Glück? In manchen Augenblicken vielleicht. In den großen, raren Momenten, die das Leben für jede von uns bereithält, die uns den Atem rauben und die es in vollen Zügen auszukosten gilt.

Doch vor allem litt Monroe darunter, nicht als Charakterdarstellerin wahrgenommen zu werden. Sie wollte mehr sein als nur ein Sexsymbol. Ihre Tagebucheinträge und Briefe offenbaren das tragische Ausmaß ihres Unglücks. Die Selbstzweifel bis zum Tod.

Das Gefühl, sich trotz des Beifalls von außen nie schön zu fühlen. Sich selbst nie genug zu sein.15 In einem Tagebucheintrag schreibt sie: „Warum quält mich das so? Warum fühle ich mich als Mensch weniger wert als andere?“ 16

Ein Indiz, dass wir Schönheit nicht mit Glück verknüpfen sollten.

Die 1960er-Jahre: Let’s swing

Es sind Jahre des Aufbruchs. Eine Zeit zwischen Bürgerrechtsunruhen und Studentenbewegung. Zwischen politischem Umdenken und der Verabschiedung vom üppigen Idealbild der 1950er-Jahre. Weg von Weiblichkeit und prallen Kurven, hin zu einer schlanken Linie. Traumfrauen wie Marilyn Monroe haben ausgedient. Auch das Ideal der braven, kurvigen Hausfrau zerfällt.

Eine Gegenbewegung im Frauenbild startet. Plötzlich ist spindeldürr und flachbrüstig angesagt.

Stilbildend für das neue Frauenbild wird das britische kurzhaarige Model Twiggy, auch wenn das einem Teil der Medien nicht zu gefallen scheint: „Als Gott ‚Twiggy‘ schuf, muss er nur noch eine sehr abgenagte Rippe zur Hand gehabt haben. ... Wie anders soll man sich sonst diesen dürren Zweig (‚twig‘) am üppigen Baum des modernen Lebens erklären“ 17, schreibt die Stuttgarter Zeitung im Jahr 1967 über sie.

Aber ihrem kometenhaften Aufstieg können ihre Kritiker nichts anhaben. Innerhalb kürzester Zeit ist Twiggy eines der gefragtesten Models ihrer Zeit. Ihre Ära leitet den Schlankheitswahn ein.18

Während die Mehrheit sie frenetisch feiert, fühlt sich die umjubelte Twiggy unsicher. Auch sie kann ihren Ruhm nicht in vollen Zügen genießen, zu groß ist das Verlangen, ein üppiger Ast zu werden. Besonders als junge Frau habe sie sich eine gute Fee gewünscht, „die mir das Aussehen von Marilyn Monroe verleihen sollte“, so die 70-Jährige heute. „Ich hatte keinen Busen, keine Hüften, und ich wünschte sie mir doch so verzweifelt.“ 19

Ich kann Twiggy verstehen. Während sie die „abgenagte Rippe“ war, taufte mein Onkel mich mit 14 Jahren auf den Spitznamen „Luftpumpe“. Er fand es passend, schließlich sei ich ja nur ein Stiel mit Kopf. Lange Zeit empfand ich meine fehlenden Kurven als schlimm und furchtbar ungerecht. Ich hätte so gerne volle, große Brüste gehabt. Auch heute noch zeige ich mich ungern im BH oder Bikini.

Besonders schlimm war es in der achten Klasse, als die Jungs mich mit der Bezeichnung „Flachland“ hänselten. Monatelang wurden sie nicht müde, mich auf meine fehlende Oberweite hinzuweisen. Und ich? Investierte all mein Taschengeld in diverse Push-up-BHs.

Einmal stopfte ich mir gar Toilettenpapier in den Ausschnitt. Für eine Party. Um den Jungs zu gefallen. Mein innigster Wunsch war es, dazuzugehören, in dem Club der fraulichen Mädchen aufgenommen zu werden.

Ich wollte nicht länger die Ungeküsste, die ungewollte, ungelenke Giraffe sein. Das Flachland. Die, die beim Flaschendrehen als Einzige leer ausgeht. Das ist ebenso erniedrigend, wie beim Völkerball als Letzte ins Team gewählt zu werden. Vielleicht sogar noch schlimmer.

Doch aus meinem Traum wurde nichts. Meine Figur blieb knabenhaft. Eine üppige Oberweite? Ein definierter Po? Fehlanzeige! Eine Laune der Natur, die ich für zutiefst ungerecht hielt. Doch während ich mir mit 18 Jahren noch unbedingt die Brüste vergrößern lassen wollte, ist es heute okay für mich. Vielmehr bin ich froh, nie eine Schönheitsoperation an mir durchführen gelassen zu haben.

Eines ist sicher: Meine Jugend wäre wesentlich leichter gewesen, wenn Twiggy anstelle der Victoria’s-Secret-Engel das gesellschaftliche Schönheitsideal gewesen wäre.

Die 1960er-Jahre wären vermutlich mein Jahrzehnt gewesen. Da hätte ich reingepasst. Mich wohlgefühlt. Vor allem hätte ich meine fehlende Weiblichkeit nicht jahrelang verabscheut. Mich selbst verabscheut. Vielleicht hätte ich schon früher gelernt, mir selbst genug zu sein.

Was wir daraus lernen: Vielleicht hätte ich mich in den 1960ern wohlgefühlt. Vielleicht hättest du, unsere Leserin, dich in den 1950er-Jahren mit einem medial geprägten Vorbild wie Marilyn Monroe besser gefühlt. Beides ist irrelevant. Für das gegenwärtige Schönheitsideal können wir nichts.

Was uns bleibt, ist, uns von den Idealbildern unserer Zeit zu befreien und unsere Einzigartigkeit zu zelebrieren. Wie der Autor Michael Nast auf seinem Instagram-Profil schreibt: „Wir wurden geboren, um einzigartig zu sein. Und nicht perfekt.“

Die 1970er-Jahre: wild, wilder, am wildesten

Die Dekade der Emanzipation beginnt. Was in den 1960er-Jahren begann, zieht sich durch die 1970er-Jahre fort. Alles wird hinterfragt, insbesondere die Rolle der Frau. Das Credo dieser Jahre: Die Welt muss sich verändern. Die dominierenden medialen Themen: Ölkrise, Umweltprobleme, die Watergate-Affäre, das Attentat bei den Olympischen Spielen in München, die Rechte der Frau und ihre fehlende Gleichberechtigung in der Gesellschaft.

Während die Frauen der 1950er-Jahre noch dazu angehalten waren, ihrem Mann bedingungslos zu gehorchen, braucht Frau jetzt nicht mehr unbedingt einen Mann an ihrer Seite. Der Grundstein für unsere heutige Gesellschaft wird gelegt.

Der Schönheitstrend wandelt sich erneut. Jetzt sind sportliche, lebensfrohe Frauen begehrt und gefragt. Weiblicher als die knabenhafte Twiggy, aber doch bitte nicht ganz so kurvig wie Marilyn Monroe.

Eine der Traumfrauen ihrer Dekade ist Farrah Fawcett. In den Zeitungen wird sie als sportlich, weiblich, perfekt beschrieben. Mit wallender Mähne, der gebräunten Haut, einem dezenten Make-up und ihrem Big American Smile gilt die US-Schauspielerin als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit.

Die 1980er-Jahre: Aerobic, Aerobic, Aerobic

Der Sportwahn, verbunden mit dem Drang nach dem perfekten Körper, geht weiter – und nimmt ein völlig neues Ausmaß an. Durch die Schauspielerin Jane Fonda verspüren plötzlich alle Frauen Lust auf die Sportart Aerobic. Die Schauspielerin wird durch ihre Fitnessvideos zur Ikone, zum Vorbild und Schönheitsideal von Millionen Frauen weltweit.

Die Devise dieser Tage lautet: Dünn zu sein, ist gut. Dünn und trainiert zu sein, ist noch viel besser.

Die 1990er-Jahre: Ära der Supermodels

Von Linda Evangelistas dramatischem Auftritt auf dem Catwalk von Chanel bis zu Kate Moss im funkelnden Versace-Kleid, diese Ära schreibt Modegeschichte. Während die Topmodels Naomi Campbell, Cindy Crawford oder auch Claudia Schiffer 90-60-90 als Traummaße befeuern, beschreiben die VOGUE-Redakteurinnen Kate Moss als Straßenjungen. Sie bescheinigen ihr, sie habe nicht die Ästhetik, die es brauche, um ein Topmodel zu werden.

Sie liegen falsch. Kate Moss, dünn, blond, abgemagert, wird zur Ikone. Gleichzeitig erntet sie zu Recht viel Kritik für die Vermittlung falscher Werte. Ihr bekanntester Spruch lautet: „Nichts schmeckt so gut, wie sich dünn sein anfühlt.“ 20 Auch wenn sie mit ihrem Look eine ganz neue Sicht auf das Schönheitsideal prägt, ist dieser Spruch doch unverzeihlich. Später entschuldigt sie sich für diese Aussage.

Doch die Frau, die alles überstrahlt und zur Ikone ihrer Zeit wird, ist Prinzessin Diana. Lady Di. Aber wenn wir heute eines über sie wissen, dann, dass sie die meiste Zeit ihres Lebens sehr unglücklich und traurig gewesen ist.

Die 2000er-Jahre bis heute: Es lebe die Vielfalt, aber bitte nur bis zu einem gewissen Grad!

Nach der Zeit der Supermodels wird der eine Schönheitstypus Traumfrau nach und nach aufgeweicht. Das Internet gibt hierfür den Startschuss. Alles kann und nichts muss. Das Schönheitsideal ist breit gefächert wie noch nie. Vieles kommt zurück und fast alles ist erlaubt – aber eben nur fast. Es lebe die Vielfalt, doch bitte nur bis zu einem gewissen Grad!

2010 beginnt eine ganz neue Ära durch die Erfindung der Social-Media-Plattform Instagram. Hat man bis dato Schönheitsideale nur ab und zu in Magazinen gesehen, können sie nun ständig und on demand abgerufen werden. Man ist seinen Vorbildern und den damit verknüpften vermeintlichen Idealen so nah wie nie, sieht sie morgens beim Zähneputzen und abends beim Zubettgehen.

Kontinuierlich perfekte Körper und bis ins kleinste Detail retuschierte Gesichter zu sehen, fördert die eigenen Selbstzweifel. Auch wenn die Bilder von der Realität weit entfernt sind, wird es für uns durch die permanente Zurschaustellung zu einer gängigen Norm.

Wir befinden uns aber auch in einer Zeit, in der sich Size-Zero- und Plus-Size-Models den Laufsteg teilen. Neben Kendall Jenner läuft Miss Curvy Ashley Graham. Jene schafft es 2016 als erstes Übergrößen-Model auf das Cover der Bikini-Ausgabe von Sports Illustrated.21