Prinzessin mit Stock - Frank Pape - E-Book

Prinzessin mit Stock E-Book

Frank Pape

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Beschreibung

Prinzessin mit Stock Als sie mit siebenundsiebzig Jahren stürzt, beschließt ihre Familie, dass ein Wohnstift ein neues, sicheres Zuhause sein sollte. Es beginnt eine Reise in eine neue, unbekannte Welt; in ein Zusammenleben mit Menschen, die ihr Leben gelebt haben und warten. Warten aufs Essen, warten aufs Schlafen, warten auf den Sonnenaufgang und den Sonnenuntergang. Als Prinzessin ihres verstorbenen Mannes hat sie gelebt, lebt mit ihren Erinnerungen weiter und ist nicht bereit, zu warten. Ein bewegendes Buch über das, was auf uns wartet.

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Prinzessin

mit Stock

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2017 Tour des Lebens GmbH

Niederfeldweg 4

32361 Preußisch Oldendorf

Rufnummer: +49 (0) 5742 7039343

E-Mail: [email protected]

ISBN: 978-3-981-69985-2

Cover: Loredana Bursch

Korrektorat: Jasmin Krieger

Buchsatz: Jasmin Krieger

„Ich will, dass ihr lacht, dass es wehtut,

dass ihr das Leben spürt.“

Der Autor

Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte bitte ich Sie, liebe Leser, dieses Buch als frei erfundenes Werk zu betrachten. Alle Namensähnlichkeiten, Personenmerkmale und Handlungen sollen in diesem Sinne keinen realen Personen zuzuordnen sein und sind freie Hirngespinste meines Schreibergeistes. Sollten dennoch Ähnlichkeiten auftauchen, sind diese dem Zufall geschuldet.

Wenn ich zurückdenke, kommt es mir vor, als hätte ich vor Jahrhunderten gelebt.

Aus dem Schwarz-Weiß-Fernsehen wurde das Farbfernsehen. Und im Laufe der Jahre hatte sogar jeder Haushalt ein eigenes Telefon.

Ich war ein junges hübsches Mädchen mit langen, blonden Haaren. Die Jungs drehten sich damals noch nach mir um. Es war eine andere Zeit. Mein Vater arbeitete als Ingenieur und war oft früh aus dem Haus. Meine Mutter, sie war wohl die beste Mutter der Welt ‒ Gott hab sie selig –, kümmerte sich um den Haushalt, das Essen, die Wäsche und drei Kinder.

Jeden Abend um 18 Uhr wurde gemeinsam zu Abend gegessen. Wir Kinder erzählten alle wild durcheinander, was wir in der Schule erlebt hatten. Es war ganz wunderbar heimisch.

Wie wohl alle Mädchen hatte ich damals eine allerbeste Freundin, Kirsten. Wir gingen in die gleiche Klasse. Nach der Schule schnappten wir zumeist unsere Fahrräder und radelten zum Kanal. Wenn keine Jungs da waren, zogen wir uns manchmal aus und sprangen wie uns die Natur geschaffen hat hinein und liebten das Abenteuer.

Es sind diese besonderen Tage, auf die ich gern zurückblicke. Wir lagen oft Stunden lang einfach auf einer Decke, drehten uns auf den Rücken, sahen in die Wolken und versuchten, Tiere in ihnen zu erkennen. Wir redeten über Jungs. Und wenn wir mal wieder unsterblich verliebt waren, versuchten wir, mit dem Abpflücken der kleinen weißen Blätter eines Gänseblümchens, herauszufinden, ob er uns liebt oder nicht. Nichts konnte uns davon abhalten, die Welt zu erobern.

In den Wintertagen gab es damals noch richtig Schnee. Der Schulweg war oft mühsam und bitterkalt. Dennoch denke ich gern an diese Zeit zurück. Die kuscheligen Abende in eine Decke gehüllt vor dem Kamin. Mutter nähte, Vater las. Manchmal, wenn er einen guten Tag hatte, nahm er sich am Abend das Akkordeon, spielte und sang leise Lieder aus seiner Kindheit oder nahm mich früh morgens mit auf die Pirsch. Ich war noch keine zehn Jahre alt, als ich das erste Mal die unbeschreiblich unschuldigen Augen eines Rehes sehen durfte. Mein Vater war nicht hier, um zu jagen, er war hier, um mir zu zeigen, was vielen Menschen verborgen blieb: Er zeigte mir, dass die Tiere in uns DAS sehen, was wir sind. Vor einem Jäger wären sie um ihr Leben gerannt. Uns gegenüber zeigten sie jedoch Vertrauen und ließen Nähe zu. Sie hatten keinen Fluchtinstinkt. Sie konnten tatsächlich sehen, dass wir es gut mit ihnen meinten. Ich habe ihn einmal gefragt, was sie tun würden, wenn wir sie denn doch töten wollten. Und er antwortete: „Wer sie so nah an sich ran lässt, kann sie nicht mehr töten.“

Heute, fast siebzig Jahre später, sitze ich nach einem gelebten Leben in einem Zwanzig-Quadratmeter-Zimmer eines Wohnstifts und warte darauf, dass meine Zeit abläuft.

Auch wenn sich Wohnstift sicher besser anhört, ist es nicht anderes als ein Altersheim. Je nachdem, wie unsere monatliche Sterbequote aussieht, sind wir hier zwischen siebzig und achtundsiebzig Greise unterschiedlichster Couleur. Mit meinen fast neunundsiebzig Jahren gehöre ich hier wohl zu den jungen Hüpfern, doch mein Körper zeigt seine ersten Defizite. Wäre ich ein Auto, hätte mein Vater damals wohl gesagt: „Das gute Stück hat seinen Dienst getan.“ Mit dem Gehen ist es auch nicht mehr so. Ja, und manchmal bin ich etwas dusselig. Aber das tut nicht weh, und man kann damit leben.

Ich musste drei Stunden lang mein Handy suchen. Mein jüngster Sohn hat es mir mitgebracht und meinte, ich bräuchte es, damit er mich besser erreichen könne. Aber, Herrgott, ist es schlimm, etwas zu suchen. Ich habe mein ganzes Leben nach etwas gesucht. Ich habe keine Lust mehr darauf. Kommt es jetzt wirklich darauf an, dieses Handy zu finden? Wenn ich so darüber nachdenke, hab ich ja eigentlich Zeit. Meine Zeit ist zwar begrenzt, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich den ganzen Tag auch nichts anderes zu tun. Wobei das Handy ohnehin nicht klingelt. Anfangs habe ich noch gedacht, er würde sicher öfter mal anrufen, und habe es immer mit mir herumgetragen. Heute hat es seinen festen Platz auf dem Nachttisch – wenn ich es nicht gerade verlegt habe.

Irgendwie besteht ein Großteil unseres Lebens wohl aus „Suchen“ und „Warten“. Ich habe lange gesucht, bis ich endlich die Liebe meines Lebens entdeckte, oder besser: bis ER mich entdeckte. Ich habe gesucht: nach dem perfekten Beruf, dem perfekten Kleid, dem perfekten Duft, dem perfekten Make-up. Ich habe auf meinen achtzehnten Geburtstag gewartet. Gewartet darauf, alt genug zu sein, um meinen Führerschein machen zu können. Gewartet auf mein erstes Baby. Das nächste Weihnachtsfest. Das nächste Wochenende. Auf den Abend, um meinen Mann zu sehen. Und jetzt sitze ich hier und warte darauf, dass das Warten ein Ende hat.

Mein Mann und ich haben im Alter von dreiundzwanzig Jahren geheiratet, zwei Kinder bekommen und nie aufgehört, den anderen zu sehen.

Jeden Morgen, wenn er sich aus dem Schlafzimmer schlich, um zur Arbeit zu gehen, gab er mir einen Kuss und flüsterte mir leise zu, dass er mich liebte. Jeden Abend, beim Abendbrot, dankte er mir für meine Arbeit mit dem Essen. Jede Nacht, wenn wir uns auch nach vierzig Jahren noch immer aneinander kuschelten, um einzuschlafen, sagte er mir, wie dankbar er sei, die schönste Frau der Welt geheiratet zu haben. Er sah die Dinge, die andere übersahen, und eroberte mein Herz jeden Tag aufs Neue. Ich konnte ihm nicht böse sein, nie. Egal, was er auch tat, er tat es, weil er ein guter Mensch war.

Als er vor sieben Jahren starb, wurde alles anders. Plötzlich war ich allein. Kein liebevoller Kuss am Morgen. Kein Geruch von frisch gebrühtem Kaffee, bevor er mich am Wochenende weckte. Kein Lächeln am Abendbrottisch. Kein Flüstern bei Nacht.

Er war ein toller Mensch. War sich nie um Arbeit zu schade. Er konnte zupacken wie ein richtiger Mann, und er konnte gleichwohl liebevoller, beschützender Freund, Partner und Lebensgefährte sein. Keinen Moment unserer Zeit möchte ich missen. Keinen vergessen. Sein Lächeln, seine Stimme und seine Hand fehlen mir.

Geblieben sind mir wunderbare Erinnerungen an unser Leben. Die heutige Einsamkeit kann wohl nur zeigen, wie wärmend und ausfüllend er für mein Leben war.

Strich ich den Kindern das Taschengeld, gab er es ihnen, wenn ich es nicht sah. Er gab unseren Kindern eine fast ritterliche Erziehung. Er lehrte sie, ihre Meinung zu vertreten, gerecht und hilfsbereit zu sein, nie zu vergessen, dass Fleiß, Mut und Ehrlichkeit einen besonderen Menschen nicht weniger auszeichneten als ein dickes Auto.

War ich zu schwach, war er stark. War ich zu streng, war er gerecht und liebevoll. Und war ich am Toben, war er am Tanzen.

Er zeigte mir die Welt. Trug mich auf Händen durch New York, Paris, London und Nizza. Er brachte mir das Segeln, Skifahren und Angeln bei. Er ließ mich im Adlon-Hotel die Treppe herunterschreiten und wartete unten mit aufrechter Haltung auf seine Prinzessin.

Er schob mir beim Dinner vorsichtig den Stuhl unter, achtete sehr bedacht darauf, mir nachzuschenken. Selbst das Öffnen der Autotür war für ihn nie Verpflichtung. Für ihn war ich eine – seine – Prinzessin. Fast fünfzig Jahre lang. Jeden Tag.

Sein Wanderstock steht hier neben meinem Bett und heute ist er mir eine gute Stütze. Viel ist nicht geblieben, aber es sind schöne Erinnerungen an ein wahrhaftiges Leben.

Was würde ich darum geben, noch etwas mehr Zeit mit ihm zu haben. Noch einmal mit ihm mit nackten Füßen am Strand spazieren zu gehen. Noch einmal seine Stimme zu hören, ein Flüstern, ein Lächeln. Noch einmal seine Prinzessin zu sein.

Geblieben sind zwanzig Quadratmeter meines Lebens. Das Haus haben die Kinder verkauft. Alleine könnte ich da nicht leben, in meinem Zustand?! Welchen Zustand genau meinten sie? Den einer alten Frau, die nicht mehr gut zu Fuß ist und mal etwas vergisst?

Als Erich gegangen war, fühlte sich das Haus unbeschreiblich leer an. Jeden Abend beim Zubettgehen war es eine neue Herausforderung, mich so hinzulegen, dass ich einschlafen konnte. Es verging zuvor kein Abend, an dem er mich nicht beim Einschlafen liebevoll in seine schützenden und wärmenden Arme nahm. Und nun war da nichts mehr. Mal legte ich mich quer ins Bett. Mal auf die rechte oder linke Seite. Aber es fühlte sich einfach nicht richtig an. Vor allem in der Anfangszeit gab es viele traurige Nächte, in denen ich mich in den Schlaf weinte. Das einzige Gemeinsame, außer unseren Kindern, die aber nach der Anfangszeit auch immer seltener kamen, war Erichs treuer Begleiter, unser Hund Leo. Eines Abends, als es besonders schrecklich war und der Verlust meiner großen Liebe mir besonders schwer zu schaffen machte, ließ ich die Tür zum Schlafzimmer offen, in der Hoffnung, Leo würde sich zu mir gesellen. Und als hätte er meine Gedanken gelesen, schob er mit seiner Schnauze die Tür weiter auf und kam zu mir geschlichen. Er war so allein und einsam wie ich. Wir hatten beide unseren Seelenmenschen verloren. Sein Blick war traurig und fragend, Leo war ein Teil von Erichs Leben und Erich war ein Teil von Leo. Jetzt war er alleine wie ich und trauerte. Seitdem kam er jede Nacht und legte sich an mein Fußende. Sein leises Atmen in der Nacht beruhigte mich, und ich war froh, dass er da war.

Es ist schade, dass im Wohnstift keine Tiere erlaubt sind. Manchmal denken sich die Betreuer etwas Besonderes aus. Einmal kam eine junge Frau mit einem Schwein, das am Nachmittag, nach Kaffee und Kuchen, gestreichelt werden durfte. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich dran war, das Schwein zu streicheln. Es gibt einfach manche Mitbewohner, die meinen, alles wäre speziell nur für sie arrangiert. Ich möchte jetzt aber nicht lästern. Da also das Schwein eine ganze Weile belegt war, schaute ich mir derweil die junge Frau an. Sie hatte blondes Haar, das sie zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Dieses Unkomplizierte und Leichte faszinierte mich. Jede ihrer Bewegungen war so frei und voller Leichtigkeit. Diese Nachmittage waren eine schöne Abwechslung.

Besuch von draußen gab es kaum noch, abgesehen von Ilse – und die ist ja nun auch schon achtundachtzig Jahre alt – kam kaum noch jemand. Die Kinder haben kaum Zeit und verbringen ihre Wochenenden natürlich auch gern mit ihren Familien. Alle paar Wochen kommt der Große mal, oder er ruft an, um mir von den Enkeln zu erzählen. Zum Geburtstag hat er mich zum Kaffee abgeholt. Rainer, unser Jüngster, ist gerade vierundfünfzig geworden. Er kommt selten, arbeitet recht viel und ist oft unterwegs.

Wie sehr ein Ort zu einem wirklichen Zuhause wird, merkt man wohl erst, wenn man sich nach ihm sehnt. Im Winter im eigenen Wohnzimmer mit all den Erinnerungen zu sitzen, den Kamin anzuzünden, das warme Feuer zu sehen und das Gefühl zu haben, er sei bei mir. Mein Frühstück an unserem Frühstückstisch. Das Zubettgehen in unserem Schlafzimmer. Ja, mir fehlt sogar das Postauto, welches mir fast täglich klarmachte, dass wir Mittag haben mussten und es Zeit wurde, etwas zu kochen.

Auch Leo fehlt mir. Zu sehen, wie sehr er sich freute, mich zu sehen. Mir mit erhobener Pfote aufzeigte, dass er Hunger hat oder sich zu mir setzte, sich einrollte und einfach zufrieden war, bei mir zu sein. Bei Gewitter durfte er sogar unter die Bettdecke. Er vergrub sich dann zitternd darunter und wollte nicht allein sein. Ja, wir beide wollten nicht allein sein. Wie ich war auch er nicht mehr der Jüngste. Aber was ist alt? Bin ich alt?

Hier leben fast achtzig Menschen zwischen fünfundziebzig und einhundertvier Jahren. Wann genau beginnt man, alt zu sein?

Um dem Zusammenleben hier eine Struktur zu geben, gibt es feste Essenszeiten: Frühstück um 8 Uhr, Mittag um 12 Uhr, Kaffee um 14 Uhr und Abendbrot um 18 Uhr. Meinen Kaffee habe ich jetzt verpasst, weil ich ja hier am Schreiben bin. Die letzten Jahre habe ich als Sekretärin gearbeitet, daher sind das Schreiben und der Umgang mit dem Computer für mich eine gute Abwechslung. Und beim Kaffee habe ich jetzt sicher nicht viel verpasst. Auch morgen wird es um 14 Uhr Kaffee geben. So wie übermorgen und auch am Tag danach. Das Einzige, was sich ändern wird, ist die Kuchensorte. Wie jede Woche wird es Montag Käsekuchen, Dienstag Kirsch-Streuselkuchen, Mittwoch Butterkuchen, Donnerstag Marmorkuchen, Freitag Torte, Samstag Obstteilchen und Sonntag Zitronenschnitte geben. Daran hat sich in den letzten Jahren nicht viel geändert. Und daran wird sich wohl auch nicht mehr viel ändern. Hier läuft die Zeit anders. Zeit. Für die meisten von uns ist es der feste Rhythmus wiederkehrender Rituale. Wir stehen morgens auf, bekommen Hilfe beim Waschen, gehen um 8 Uhr zum Frühstück. Dann warten wir, bis es 12 Uhr ist, damit wir mittagessen können, schlafen etwas, bis es 14 Uhr ist, damit wir Kaffee und Kuchen bekommen und schleichen dann über die Gänge, warten auf nicht-kommenden Besuch, bis es 18 Uhr ist, und wir Abendbrot bekommen. Diese Tagesroutine gibt uns die Zeit vor. Für die Seligen, die hier leben dürfen, damit sie nicht alleine sind, gut versorgt sind und be- oder überwacht sind, wünsche ich mir oft, dass sie möglichst schnell senil werden, damit sie all das Warten nicht mehr mitbekommen. Ich bin nicht mehr gut zu Fuß. Und ich vergesse auch schon mal, wo genau mein Zimmer ist, wo ich die Uhr oder das Handy gelassen habe, aber ich bin einfach geistig zu fit für meinen nicht immer so gut funktionierenden Körper.

Ich wollte den Kindern nicht zur Last fallen. Und sicher haben die Kinder recht damit, dass mir daheim etwas passieren könnte und keiner bekäme es mit. Aber es war mein Zuhause.

Und um es mal ehrlich von Herzen zu sagen: Lieber passiert mir daheim etwas, und ich habe mein Leben, als hier meine Zeit abzuwarten.

„Seien wir doch einmal realistisch“, hat mein Arzt zu mir gesagt, „wenn Sie sich hier umsehen und mal von Ihren körperlichen Einschränkungen absehen, haben Sie vielleicht noch zwanzig bis dreißig Jahre vor sich.“ Das war seine Antwort auf die Frage nach meinem Gesundheitszustand. Er hat mich gefragt, ob ich hier wirklich hingehöre. Was soll ich sagen? Das Haus haben die Kinder verkauft. Der Spaß hier kostet im Monat gut dreitausend Euro. Und das Haus behalten, nur um es zu behalten? Wer hätte sich schon darum kümmern sollen? Die Kinder leben ihr eigenes Leben.

Außerdem hat das Ganze hier nicht nur Nachteile. Es gibt regelmäßig Essen, und das ist zugegebenermaßen nicht einmal schlecht. Es ist hier sicher und warm. Und wir bekommen Hilfe beim Waschen, brauchen nicht putzen und kochen. Wir sind nicht allein und haben unser täglichen Herausforderungen, den Tag herum zu bekommen.

Und nicht zu vergessen: unser altenheiminternes Animationsprogramm. Wo so viele Bekloppte rumlaufen wie hier, gibt es immer etwas.