Produkthaftung - Produzentenhaftung - Wilhelm Braun - E-Book

Produkthaftung - Produzentenhaftung E-Book

Wilhelm Braun

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Beschreibung

Die Bedeutung der Produkthaftung für die wirtschaftliche Existenz eines Unternehmens wird in der Praxis oft unterschätzt. Statt dessen sucht man sich der Risiken durch entsprechende Versicherungen zu entziehen, verkennt dabei aber, dass der Versicherungsschutz von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängt, die es zu beherrschen gilt. Der vorliegende Leitfaden erklärt die Haftungsgrundlagen und gibt Ratschläge für eine praxisbezogene Haftungsbegrenzung. Er bezieht die neuen Entwicklungen um die künstliche Intelligenz mit ein.

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Aus dem Vorwort zur 3. Auflage

Die Haftung für Schäden, die ihre Ursache in einem fehlerhaften Produkt haben, hat eine lange Geschichte. Zunächst bekannt unter dem Begriff „Produzentenhaftung“ kennzeichnete sie einen Haftungstatbestand des Herstellers oder ihm gleichgestellter Personen, der seine Brisanz aus der von der Rechtsprechung immer ausgeprägter praktizierten Umkehr der Beweislast zu Lasten des Herstellers bezieht. Das heißt: Der Hersteller muss beweisen, dass ihn am Fehler kein Verschulden trifft. Dies steht im Gegensatz zu der ansonsten im Schadensrecht üblichen Regel, dass der Geschädigte die Schuld des Schädigers beweisen muss.

Mit der Schaffung des auf EU-Vorgaben basierenden Produkthaftungsgesetzes erfuhr die zu diesem Themenkreis gewachsene Rechtsprechung eine Kodifizierung, Vertiefung und neue Ausrichtung. Hierdurch wurde die Problemlage keineswegs vereinfacht, sondern eher verstärkt, haben wir es in der Praxis doch nun mit einer Zweigleisigkeit der Rechtsanwendung zu tun: hie die von Verschulden abhängige gewachsene Deliktshaftung nach den althergebrachten Regeln des bürgerlichen Rechts, dort die auf dem reinen Fehlerbegriff basierende Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz.

Die vorliegende Abhandlung will sich nicht als wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Gesamtkomplex verstanden wissen, sondern als Unterrichtung und Leitfaden für die Praxis. Sie verzichtet daher weitgehend auf Literaturhinweise.

Für den Praktiker, der sich mit den Grundlagen der Produzenten- und Produkthaftung beschäftigen möchte oder muss, mag dieses Büchlein ein erster Einstieg sein.

Es geht einen etwas unkonventionellen Weg der Darstellung, indem zunächst in skizzenhafter Übersicht die Tatbestände der Haftung für die Schadensfolgen eines fehlerhaften Produktes in Schlagworten dargestellt werden, um sodann die Grundlagen näher abzuhandeln.

Es folgen Kapitel über die Verantwortlichkeit der im Produktionsprozess stehenden Personen und die Mittel der Produktionssteuerung und Überwachung, die das Auftreten von Produktfehlern minimieren sollen. Schließlich wird in einem Rechtsprechungsteil auf ausgewählte Entscheidungen näher eingegangen, an Hand derer die Grundprinzipien der Produkthaftung nochmals vertieft werden. Außerdem zeigt die Urteilsauswahl das breite Spektrum auf, innerhalb dessen die Produkthaftung in der Rechtswirklichkeit zum Tragen kommt.

Alle Ausführungen sind hierbei geprägt von einer jahrzehntelangen Erfahrung des Autors als Rechtsanwalt, der in seiner beruflichen Tätigkeit immer wieder neu über Erscheinungsformen der Produkthaftung und Möglichkeiten der Schadensprophylaxe nachzudenken hat.

Vorwort zur 4. Auflage

Die Grundtendenzen in der Rechtsprechung sind seit der letzten Auflage gleichgeblieben: Da die Gesetzgebung keine wesentlichen Neuerungen erfahren hat, ist in der Rechtsprechung eine weitere Ausdifferenzierung von kritischen Fallkonstellationen zu beobachten. Deshalb wurde diese Auflage um einige weitere Fallbeispiele ergänzt.

Völlig neu ist sind Kapitel über IT-Sicherheit und Produkthaftung, und Erscheinungen im Zusammenhang mit dem Schlagwort „künstliche Intelligenz“, das uns immer häufiger in allen Lebensbereichen begegnet. Die künstliche Intelligenz ist ein typisches Beispiel dafür, dass die technische Entwicklung immer einer Normierung voraus ist und Rechtsprechung und Gesetzgebung mehr oder minder hilflos dieser Entwicklung hinterherhecheln, um ihre daraus resultierenden Auswirkungen und Gefahren in den Griff zu bekommen. Die in diesem Zusammenhang durch die gewachsene Jurisprudenz geschaffenen Sphären der Verantwortung für ein Tun oder Unterlassen erfahren durch diese geradezu galoppierende Entwicklung neue Dimensionen, die es im Rahmen des Gefahrenschutzes auszuloten gilt, wobei alte Maßstäbe mitunter versagen und durch neue zu ersetzen sind. Dies ist eine sehr spannende Entwicklung. Wir stehend erst an deren Anfang. So nimmt es nicht Wunder dass die damit verbundenen rechtlichen Aspekte bislang weitgehend nur von den jeweiligen Fachleuten erkannt wurden, ohne dass diese naturgemäß den rechtlichen Rahmen für eine von handelnden Personen unabhängige Verantwortung hätten regeln können, Spezifische gesetzliche Regelungen fehlten bislang weitgehend, nicht zuletzt deshalb, weil dem Juristen oft das technische Verständnis abgeht und er deshalb schwer abschätzen kann, welche Gefahren von technischen Neuerungen ausgehen können. Hier ist für die Zukunft ein enges Zusammenarbeiten von Technik und Jurisprudenz nötig, um von Neuentwicklungen ausgehende Problematiken in angemessener Weise mit Sanktionen abdecken zu können. Allerdings wird aufgezeigt, dass die bestehenden Regelungen der Produkthaftung durchaus auch auf diese Themenbereiche anwendbar sind.

Auch in der EU hat man in diesem Bereich sein Betätigungsfeld gefunden und weiß sich regulierend damit zu beschäftigen. Ende 2023 ließ man sich dort für das weltweit erste Gesetz zur künstlichen Intelligenz feiern. Was es damit auf sich hat, darüber wird in diesem Buch auch zu berichten sein

Jetzt wie auch schon zu Zeiten der Vorauflagen gilt:

Wer sich über die reine Praxisanwendung hinaus vertieft mit der Materie beschäftigen möchte, sei auf die einschlägige wissenschaftliche Literatur verwiesen, so etwa die ausführlichen Darstellungen von Kapoor, Burrer u.a., Kommentar zum ProdHaftG, München 2023 oder Katzenmeier, Vogt u.a., Kommentar zum ProdHaftG, Berlin 2020

Bad Rappenau, im Februar 2024

Wilhelm Braun

Inhaltsverzeichnis

Kurzübersicht

Gesetzestext ProdHaftG

Die Produkthaftung nach traditionellem bürgerlichen Recht

Ausländische Regelungen und Differenzierungen

Die traditionelle Anknüpfung an Schutzgesetze als Haftungstatbestände

Die traditionellen Fehlerarten

Die Haftungsgrundsätze nach bisherigem Recht

Die Beweislastverteilung nach traditionellem Recht

Die wesentlichen Unterschiede der bisherigen Rechtslage zum Produkthaftungsgesetz

Die Neuregelungen des Produkthaftungsgesetzes im Einzelnen

Abgrenzung zur Gefährdungshaftung

Der Produktbegriff

Der Fehlerbegriff

Der Herstellerbegriff

Der Ersatzbereich

Die Beweislastverteilung

Mehrere Ersatzpflichtige und Mitverschulden sowie Haftungsbegrenzung

Verjährung und zeitliche Haftungsbegrenzung

Produkthaftung und Produzentenhaftung bei fehlerhafter Software

Die Haftung für Sicherungen der Programme

Künstliche Intelligenz

Insbesondere automatisiertes Fahren

Ausgewählte Entscheidungen

Die strafrechtliche Verantwortlichkeit im Rahmen der Produkthaftung

Der Hauptfall in der Praxis: Unterlassen

Praktische Vorsorge gegen Schadensfälle

Insbesondere Produktbeobachtung

Insbesondere Dokumentation der Qualitätssicherung als Entlastungsmittel

Die Umsetzung technischer Problematiken in die juristische Praxis

Zusammenfassung

Kurzübersicht

Produkthaftung

Produkthaftung

ist:

die Haftung

für Fehler

des Produktes

eines Herstellers

Haftungsbereich

Die Produkthaftung ist durch zwei Haftungsbereiche bestimmt:

§§ 823 ff. BGB, Verschulden erforderlich, aber Umkehr der Beweislast,

Produkthaftungsgesetz: Unrechtshaftung, aber verschuldensunabhängig

Vom Haftungsumfang her wird differenziert:

Das Produkthaftungsgesetz gilt für:

Schäden im privaten Bereich,

Sachschäden ab 500,01 Euro (Selbstbeteiligung bis 500 Euro),

Personenschäden bis 85 Mio. Euro, jedoch nicht für Schmerzensgeld

Jenseits dieser Grenzen gelten die Regelungen der §§ 823 ff. BGB mit im Prinzip unbegrenzter Haftung sowie auch Haftung für Schmerzensgeld, freilich abhängig vom Verschulden des Verantwortlichen.

Im Bereich des Produkthaftungsgesetzes ist demgegenüber die Haftung unter folgenden Gesichtspunkten erweitert:

Größerer Kreis der Ersatzpflichtigen, auch Quasihersteller, Importeur oder gar unter bestimmten Voraussetzungen auch der Lieferant,

Ausschluss des Ausreissereinwandes,

Vermutung, dass ein festgestellter Mangel dem Produkt bereits beim Inverkehrbringen innegewohnt hat.

Fehlerbegriff

Ein Fehler liegt vor, wenn ein Produkt zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht die Sicherheit bietet, die

unter Berücksichtigung aller Umstände

berechtigterweise

im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren

erwartet werden darf.

Produkt

Jede bewegliche Sache, auch gebraucht (wenn nicht älter als 10 Jahre), der Aggregatzustand ist unwesentlich.

Hersteller

Jeder Produzent eines Produktes oder Teilproduktes oder auch derjenige, der sich nach außen hin als solcher ausgibt, ferner der Importeur und der Lieferant, wenn er nicht binnen eines Monats seit Aufforderung den Hersteller oder Importeur bekannt gibt.

Verjährung

Ein wesentliches Element der Produkthaftung in der Praxis ist auch noch die

Verjährung.

Diese tritt nach 3 Jahren ab Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis von Fehler und Person des Verantwortlichen ein, längstens 10 Jahre nach Inverkehrbringen des Produktes.

Einleitung

Jahrelange Einzelfallrechtsprechung hatte in Deutschland nach amerikanischem Vorbild zu einer beinahe unübersehbaren Fülle von Nuancen bei der Produzentenhaftung geführt. Bereits seit dem 1.1.1990 ist nun das Produkthaftungsgesetz in Kraft. Anfängliche düstere Prognosen dahin, wir hätten hierzulande bald amerikanische Verhältnisse, haben sich angesichts des Augenmaßes der Rechtsprechung, aber auch eines der Juristerei eigenen Beharrungsvermögen an Althergebrachtem nicht bewahrheitet. Dennoch ist der Bereich der Produkthaftung ein gern aus dem Unternehmensalltag verdrängter Tatbestand, der, wenn er denn greift, katastrophale Folgen für die betroffene Firma haben kann.

Im Folgenden soll versucht werden, die Regelungen dieses Gesetzes zu erläutern, in das bisherige Haftungsgefüge einzuordnen und Tendenzen aufzuzeigen, was sich durch die gesetzliche Regelung im Unternehmensalltag ändern könnte oder sollte.

Der Gesetzgeber hat die Regelungen des Produkthaftungsgesetzes inzwischen ergänzt unter anderem durch das Produktsicherheitsgesetz. Es handelt sich hierbei vornehmlich um öffentlich – rechtliche Vorschriften, die bestimmte Behörden ermächtigen einzuschreiten, wenn Hersteller und/oder Händler ihre Produkthaftungspflichten verletzen. Diese Pflichten sind im Gesetz näher definiert, ebenso die Möglichkeiten des Einschreitens bis hin zu behördlichen Waren – und Rückrufaktionen, wenn die Haftenden selbst nicht reagieren. Im Kern gibt dieses Gesetz also die Ermächtigung, anstelle des Verantwortlichen mit Mitteln zu handeln, die eigentlich ihm obliegen. Insofern wird durch dieses Gesetz die Reaktionsmöglichkeit, nicht aber die Haftung selbst erweitert, sodass die dort erwähnten Instrumentarien der Fehler – und Schadensbewältigung im Rahmen der folgenden Abhandlung ohne besonderen Hinweis auf das Produktsicherheitsgesetz abgehandelt werden.

Oder kurz: was für das Produkthaftungsgesetz gilt, wird durch das Produktsicherheitsgesetz nicht geändert, sondern nur durch behördliche Handlungsalternativen erweitert.

Ende 2023 haben sich zudem EU-Parlament und Rat auf ein Gesetz über die künstliche Intelligenz geeinigt. Dieses Gesetz muss vom EU-Parlament und vom Rat noch formell genehmigt und von den Mitgliedsländern transformiert werden. Für eine Übergangszeit von 2 Jahren bis zum Inkrafttreten will die EU-Kommission einen „KI-Pakt“ ins Leben rufen, der KI-Entwickler aus Europa und der ganzen Welt (kleiner geht es nicht!), zusammenbringen und zur freiwilligen Beachtung der Regeln dieses Gesetzes schon vor dessen Inkrafttreten bewegen soll. Mit anderen Worten: es wird wieder einmal ein unübersehbarer bürokratischer Aufwand betrieben mit nicht übersehbarem Erfolg. Nicht von ungefähr werden dieses Gesetz und seine Begleitumstände von Kritikern bereits jetzt als bürokratisches Monster bezeichnet, das im Gegensatz zu einfacheren Regelungen, beispielsweise in Amerika, neben dem berechtigten Anliegen einer gesetzlichen Regelung vor allem auch der Selbstdarstellung und Beschäftigung der Gesetzesakteure dient. Dieses Phänomen ist freilich nicht auf diese gesetzliche Regelung beschränkt: Dokumentieren und Verwalten statt Handeln ist eine Geisel europäischer, aber auch deutscher Gesetzgebung. Wer der Eigenverantwortlichkeit misstraut, neigt zur Überregulierung und damit aber auch zur Beschneidung von Freiheitsrechten. Die Forschung, Entwicklung und die Praxis des Alltags müssen in diesem Dschungel einen gangbaren Weg finden, um Produktge-fahren verantwortungsvoll in den Griff zu bekommen.

Gesetzestext des Produkthaftungsgesetzes

Da der Gesetzestext des Produkthaftungsgesetzes überschaubar ist, sei er im Folgenden wiedergegeben:

Produkthaftungsgesetz vom 15. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2198)

Stand: Zuletzt geändert durch Art. 5 Gesetz vom 17.07.2017 (Einführung eines Hinterbliebenengeldes)

§ 1 Haftung

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,

2.nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,

3.er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,

4.der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder

5.der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

§ 2 Produkt

Produkt im Sinne dieses Gesetzes ist jede bewegliche Sache, auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet, sowie Elektrizität.

§ 3 Fehler

(1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere

a) seiner Darbietung,

b) des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,

c) des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde, berechtigterweise erwartet werden kann.

(2) Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde.

§ 4 Hersteller

(1) Hersteller im Sinne dieses Gesetzes ist, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Als Hersteller gilt auch jeder, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt.

(2) Als Hersteller gilt ferner, wer ein Produkt zum Zweck des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einführt oder verbringt.

(3) Kann der Hersteller des Produkts nicht festgestellt werden, so gilt jeder Lieferant als dessen Hersteller, es sei denn, daß er dem Geschädigten innerhalb eines Monats, nachdem ihm dessen diesbezügliche Aufforderung zugegangen ist, den Hersteller oder diejenige Person benennt, die ihm das Produkt geliefert hat. Dies gilt auch für ein eingeführtes Produkt, wenn sich bei diesem die in Absatz 2 genannte Person nicht feststellen läßt, selbst wenn der Name des Herstellers bekannt ist.

§ 5 Mehrere Ersatzpflichtige

Sind für denselben Schaden mehrere Hersteller nebeneinander zum Schadensersatz verpflichtet, so haften sie als Gesamtschuldner. Im Verhältnis der Ersatzpflichtigen zueinander hängt, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist; im übrigen gelten die §§ 421 bis 425 sowie § 426 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

§ 6 Haftungsminderung

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt, so gilt § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; im Falle der Sachbeschädigung steht das Verschulden desjenigen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Geschädigten gleich.

(2) Die Haftung des Herstellers wird nicht gemindert, wenn der Schaden durch einen Fehler des Produkts und zugleich durch die Handlung eines Dritten verursacht worden ist. § 5 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 7 Umfang der Ersatzpflicht bei Tötung

(1) Im Falle der Tötung ist Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Getötete dadurch erlitten hat, daß während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert war oder seine Bedürfnisse vermehrt waren. Der Ersatzpflichtige hat außerdem die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, der diese Kosten zu tragen hat.

(2) Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, aus dem er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen wäre. Die Ersatzpflicht tritt auch ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war.

(3) Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.

§ 8 Umfang der Ersatzpflicht bei Körperverletzung

Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert ist oder seine Bedürfnisse vermehrt sind. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

§ 9 Schadensersatz durch Geldrente

(1) Der Schadensersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen vermehrter Bedürfnisse des Verletzten sowie der nach § 7 Abs. 2 einem Dritten zu gewährende Schadensersatz ist für die Zukunft durch eine Geldrente zu leisten.

(2) § 843 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist entsprechend anzuwenden.

§ 10 Haftungshöchstbetrag

(1) Sind Personenschäden durch ein Produkt oder gleiche Produkte mit demselben Fehler verursacht worden, so haftet der Ersatzpflichtige nur bis zu einem Höchstbetrag von 85 Millionen Euro.

(2) Übersteigen die den mehreren Geschädigten zu leistenden Entschädigungen den in Absatz 1 vorgesehenen Höchstbetrag, so verringern sich die einzelnen Entschädigungen in dem Verhältnis, in dem ihr Gesamtbetrag zu dem Höchstbetrag steht.

§ 11 Selbstbeteiligung bei Sachbeschädigung

Im Falle der Sachbeschädigung hat der Geschädigte einen Schaden bis zu einer Höhe von 500 Euro selbst zu tragen.

§ 12 Verjährung

(1) Der Anspruch nach § 1 verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Ersatzberechtigte von dem Schaden, dem Fehler und von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen.

(2) Schweben zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Ersatzberechtigten Verhandlungen über den zu leistenden Schadensersatz, so ist die Verjährung gehemmt, bis die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert wird.

(3) Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung anzuwenden.

§ 13 Erlöschen von Ansprüchen