Professionalisierung in der Anästhesiepflege - Daniela Schaffer - E-Book

Professionalisierung in der Anästhesiepflege E-Book

Daniela Schaffer

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Beschreibung

Die medizinische Versorgung in Österreich nimmt wegen mannigfaltiger Gründe immer mehr an Qualität ab. Betroffen sind alle Spezialisierungen, doch dieses Buch setzt sich mit der Akutmedizin in Form der Anästhesie auseinander. Sie ist es, die schwerverletzte Unfallopfer versorgt, Reanimationen sowie Anästhesien bei schwer- und schwerstkranken PatientInnen durchführt. In diesem Buch werden, bisher nicht einmal angedachte, Überlegungen getätigt, welche eine völlig neue Aufstellung des Berufsbildes "Anästhesiepflege", eine angepasste Ausbildung sowie eine grundlegend abgeänderte gesetzliche Rahmung erfordern würden.

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Seitenzahl: 168

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Impressum

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

Für den Inhalt und die Korrektur zeichnet der Autor verantwortlich.

© 2024 united p. c. Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-7103-5684-1

ISBN e-book: 978-3-7103-5829-6

Umschlagfoto: www.pixabay.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz:united p. c. Verlag

Innenabbildungen: DGKP Daniela Schaffer BA, MA

www.united-pc.eu

Abkürzungsverzeichnis

ALNSF: Anestesi Landsgruppe Norge Sykepleie Fortorge (norwegischer Berufsverband f. Anästhesiepflege)

AN: Anestesia Nurse

ANP/APN: Advanced Nurse Practitioner/Advanced Practice Nursing

AANA: American Association of Nurse Anesthetists

ASA: American Society of Anesthesiologists

BScN: Bachelor of Sciense in Nursing

CNA: certified Nurse anesthetist

CPC: Continued Professional Certification

CRNA: Certified Registered Nurse Anesthetist

DGKP: Diplomierte/-r Gesundheits- und KrankenpflegerIn

EQR: Europäischer Qualifikationsrahmen

GuKG: Gesundheits- und Krankenpflegegesetz

ICU: Intensiv Care Unit (Intensivstation)

idgF: in der geltenden Fassung

IFNA: International Federation of Nurse Anesthetists

NA: Nurse Anesthetist

NQR: Nationaler Qualifikationsrahmen

NANA: National Association of Nurse Anesthetists

PA: Pflegeassistent

PFA: Pflegefachassistent

RN: Registered Nurse

SIGA/FSIA: Schweizer Interessensgemeinschaft für Anästhesiepflege

SOP’s: Standard Operating Procedures

Abstract

Als Angehörige der Berufsgruppe „Anästhesiepflege“ im Klinikum Klagenfurt stellt die Autorin seit einem guten Jahrzehnt eine wachsende „Grundunzufriedenheit“ innerhalb der Berufsgruppe fest. Dies mag der Tatsache geschuldet sein, dass die rechtliche Rahmung des GuKG’s den aktuellen Strukturen eines Alltagsablaufes nicht mehr gerecht wird. Explizit angesprochen ist damit die bestehende Rechtsunsicherheit und das Fehlen einer eindeutigen rechtlichen Rahmung des immer größer werdenden Aufgabenbereiches der Anästhesiepflege, welcher sich oftmals weit in die bisher nur von ÄrztInnen ausgeführten Tätigkeitsfelder erstreckt. Stetig neue Anforderungen im Bereich der Anästhesie haben auch das Berufsbild der AnästhesiepflegerInnen grundlegend geändert, weshalb eine deutliche Abgrenzung der Tätigkeiten zwischen ÄrztInnen und Anästhesiepflege schwierig bis unmöglich wird. Basierend auf dieser Tatsache wurde vor ca. drei Jahren der „Berufsverband für Anästhesiepflege in Kärnten“, mit dem Ziel einer Besserstellung des Berufsbildes ins Leben gerufen. Diese Arbeit soll dazu beitragen herauszufinden, ob die KollegInnen in anderen Krankenanstalten Kärntens, sowie in Institutionen in ganz Österreich, dieselbe Position zum Status quo einnehmen, ob sie für Veränderungen, das Berufsbild betreffend sind und wieviel sie dafür bereit sind zu „investieren“. Zusätzlich ist die Ansicht der KollegInnen auf die Frage nach Änderung der Berufsbezeichnung von großem Interesse. Um an all diese Informationen zu gelangen, wird ein quantitatives Verfahren in Form eines Fragebogens angewendet.

A dissatisfaction within the group of nurse anesthetists in the clinic “Klinikum Klagenfurt am Wörthersee“ can be observed due to the legislation (GuKG) which limits the competencies of nurse anesthetists. With reference to this fact the “Berufsverband für Anästhesiepflege in Kärnten“ was founded, with the goal to upgrade the profession in the same way as just some countries of the EU did (Master). The requirements for nurse anesthetist changed in a fundamental way. The delimitations between the professions are blurring. In order to manage the workload associated with a major hospital it is necessary for nurse anesthetists to take over responsibilities and make decisions legally reserved for physicians. This article is designed to evaluate whether carinthian and austrian anestesia nurses emphasize the necessity to ameliorate the profession interconnected with a renaming of the career. Furthermore, the paper aims to investigate the willingness of active nurse anesthetists to incur more responsibility interrelated with a more extensive education. In order to acquire all the data a quantitative survey was used.

Einleitung

Das Berufsbild der Krankenpflege hat seit dem Wirken Florence Nightingales im beginnenden 19. Jhdt. einen enormen Wandel vollzogen. Als Beispiel seien hier die diversen Spezialisierungen in der medizinischen Versorgung und der dazugehörigen Pflege genannt.

In dieser Arbeit wird ein Bogen gespannt, der bei den historischen Wurzeln des Pflegeberufs beginnt, sich über die dazugehörige Gesetzesentwicklung zieht und bis zu den Spezialisierungen der Pflege, wie beispielsweise jene in der Anästhesie, reicht. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass die Spezialisierung in der Anästhesiepflege aufgrund von Art und Weise der Tätigkeit (Akutversorgung von Polymorbiden, Polytraumatisierten PatientInnen oder von Zwischenfällen im Rahmen großer operativer Eingriffe usw.) derart in die „Tiefe“ geht, dass man von Pflege im herkömmlichen Sinn gar nicht mehr sprechen kann. Diese Tatsache zieht bei genauerer Überlegung die Frage nach sich, ob denn die gesetzliche Regelung durch das GuKG (Gesundheits- und Krankenpflegegesetz), obwohl erst 1997 eingeführt, für die heutigen Anforderungen im Spezialgebiet Anästhesie überhaupt adäquat erscheint. Die exakte Berufsbildbeschreibung umfasst die prä-, intra- und postoperative Versorgung und Betreuung der PatientInnen. Abhängig von den strukturellen Rahmenbedingungen der jeweiligen Institutionen, können die beschriebenen Tätigkeitsbereiche von den Anästhesiepflegenden mehr oder weniger adäquat abgedeckt werden. Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit explizit auf den intraoperativen Part der Berufsbildbeschreibung „AnästhesiepflegerIn“ eingegangen.

Der Berufsstand der Krankenschwester stellte immer einen „Hilfsberuf“ (langläufige Bezeichnung in der Literatur) dar, welcher dem Arzt/der Ärztin in Ausübung seiner Dienste am kranken Menschen unterstellt war. Die Entwicklung einer „Abhängigkeit“ der Pflegeprofession lässt sich daran erkennen, dass es erst 1997 erstmalig geglückt ist, eine gesetzliche Regelung für die „Profession“ der Krankenpflege zu implementieren. Die ÄrztInnenschaft in Österreich beeinflusst bis heute die Gesetzgebung und die Festlegung der Tätigkeiten, welche von KrankenpflegerInnen ausgeführt werden dürfen. In einer schnelllebigen Zeit wie dies heute der Fall ist, wäre eine Anpassung der Gesetzgebung an die sich rasch ändernden Anforderungen, welche an die Profession der Anästhesiepflege gestellt werden, von größter Wichtigkeit. Mit dem vorliegenden Projekt wird dem Erkenntnisinteresse nachgegangen, ob die KollegInnen in den einzelnen Bundesländern einer Aufwertung ihres Berufsbildes positiv gegenüberstehen. Dezidiert wird eruiert, ob die AnästhesiepflegerInnen Österreichs dafür bereit sind eine

Ausbildung auf Masterniveau, mit adäquater fachspezifischer Ausbildung, zu absolvierenKompetenzerweiterung bei entsprechender Übernahme von Verantwortung bei angepasster rechtlicher Rahmung undentsprechender pekuniärer Entlohnung übernehmen zu wollen.

An dieser Stelle sei nochmals an die Entstehung der diversen Spezialisierungen hingewiesen, welche wegen ihrer höchst ausdifferenzierten Tätigkeiten einer individuellen, an sie angepasste Gesetzgebung bedürften. Die Profession der gehobenen Gesundheits- und Krankenpflege muss sich emanzipieren, was unvermeidbar die Forderung nach sich zieht, die Gesetzgebung für Anästhesiefachkräfte nicht von ÄrztInnen dominieren zu lassen.

Nach Beschreibung des Status quo der Anästhesiepflege in Österreich, werden die Modelle Norwegens, der Schweiz und der USA als Vergleich herangezogen. Focus wird dabei auf die Profession im Hinblick auf Kompetenzen, auf Ausbildung und Stellung in der Gesellschaft gelegt.

Das Tätigkeitsfeld der Anästhesiepflege ist vielfältig, abwechslungsreich und im Sinne geistiger Mitarbeit als sehr attraktiv zu bezeichnen. Für AnästhesiepflegerInnen ist die Einschränkung in ihrem Agieren vor allem im intraoperativen Bereich durch das GuKG (Gesundheits- und Krankenpflegegesetz) sehr frustran. Der Alltag zeichnet ein anderes Bild als das GuKG vorsieht. Das Nichtärztliche Personal gerät allzu oft in die Situation ärztliche Tätigkeiten, im Sinne der Bewältigung des immensen Arbeitsaufwandes, welcher in Institutionen wie Schwerpunkt-Krankenanstalten auftritt auszuführen, wobei diese durch das GuKG nicht abgedeckt sind, da das GuKG für die Anästhesiepflege im intraoperativen Bereich ausschließlich mitverantwortliche Tätigkeiten vorsieht. Eigenverantwortliche Tätigkeiten werden vorwiegend im ursprünglichen Teil der Pflegearbeit, nämlich der Pflege kranker Menschen sowie der Pflegeplanung, und seit der GuKG-Novelle 2016 im Feld der Gesundheitsförderung ausgeführt. Da die Anästhesieabteilung in jedem Krankenhaus eine Akuteinheit und keine Pflegeeinheit darstellt, sind demzufolge auch multimorbide oder polytraumatisierte PatientInnen akut zu versorgen. Selbst PatientInnen, welche zu elektiven Eingriffen geplant sind, bedürfen primär nicht den pflegerischen Aspekten, wie diese im eigenverantwortlichen Bereich des GuKG für KrankenpflegerInnen beschrieben sind. Tatsächlich verschwimmen die Grenzen der Arbeitsbereiche zwischen Arzt/Ärztin und „Pflege“ immer mehr. Die eingangs beschriebene Grundunzufriedenheit ist der Tatsache geschuldet, dass es in Österreich noch immer nicht gelungen ist das Berufsbild der Anästhesiepflege an all jene anzugleichen, die es in Europa geschafft haben den Bildungsabschluss der Anästhesieausbildung auf ein Masterniveau, mit dazugehöriger Kompetenzerweiterung und entsprechender pekuniärer Abgeltung, anzuheben. Zusätzlich stellt sich die Frage nach einer Änderung der Berufsbezeichnung „Anästhesiepflege“. Ist der Terminus „Pflege“ in der Lage, die vielfältigen, diversen Tätigkeitsfelder, die sich innerhalb des Pflegeberufes etablierten, exakt benennen zu können? Unter Pflege verstehen wir ein Sammelsurium aus Langzeitpflege, Altenpflege, 24-Std.-Betreuung oder auch die Autopflege.

Wegen der expliziten Fragestellung der vorliegenden Arbeit nach der Professionalisierung in der Anästhesiepflege, handelt es sich hierbei um eine explorative Studie, wobei die allgemeine Krankenpflege als übergeordnete Kategorie auf eine historische, wie auch auf eine wissenschaftliche Aufarbeitung verweisen kann.

Umfassende Informationen in dieser Thematik liefern zahlreiche Veröffentlichungen wie z. Bsp. die Publikationen von Messner (2017), Steppe (1993) und Panke-Kochinke (2001). Im Zuge der Recherche stieß die Autorin auf die empirische Studie von Herrn Aigelsberger (2013), welcher die Ausbildung, Kompetenzen und Tätigkeitsbereiche von Anästhesiepflegenden in Österreich, den Niederlanden und den USA verglich.

Larson (1977) beschäftigte sich als eine der Ersten mit den Schließungsstrategien sozialer Professionen. Wie diese Konsensfähigkeit erreichen und wie sie sich organisieren, um eine Sonderstellung am Markt zu erreichen. In der Zeit der „Transformation“, in welcher Anbieter bestimmter Dienstleistungen für ihre Fachkenntnisse zuerst einen Markt zu begründen suchten, welches dann in eine „Ideologie“ umschlug prägte sie den Begriff „Professionalisierungsprojekt“ (Larson 1977 zit. n. Schmidbaur 2002, S. 26). Unter „Ideologie“ versteht sie: „not only an image which consciously inspires collective or individual efforts, but a mystification which unconsciously obscures real social structures and relations“ (Larson 1977, S. 17).

A – THEORETISCHER TEIL

1 Definition von Begriffen im Zusammenhang mit „Professionalisierung“

Um dem Verlauf dieser Arbeit leichter folgen zu können, sei an dieser Stelle auf die Definitionen der Begriffe „Arbeit“, „Beruf“, „Professionalisierung“, „Profession“ und „Berufsbild“ näher eingegangen.

1.1 Arbeit

Eine exakte Definition für „Arbeit“ zu finden, gestaltet sich schwierig, da die Vorstellungen von Arbeit durch Ambivalenzen geprägt sind. Einerseits bereichert Arbeit das Leben, andererseits jedoch belastet sie es. Sie wird auch als Grund für Befreiung und Mühsal beschrieben. Sie wird sogar als „Feld der schöpferischen Selbstgestaltung des Menschen“ gesehen. Diverse Definierungsversuche sind sich darin einig, dass es sich bei „Arbeit um

AktivitätSpezifisch menschliche Tätigkeit oder Eigenschaft;Zweckgerichtetheit, Planmäßigkeit, Bewusstheit;Mühe, Elend, Last, Kraftanwendung;WerkzeuggebrauchGebrauchswertbildung, Produktivität, Nützlichkeit, Werthaftigkeit, Schöpfung, ökonomische Wertbildung;Vom Prozess abgelöstes überdauerndes Ereignis, sozialer Austausch der Ergebnisse;Kooperation, gesellschaftliche Einbindung und Anerkennung der Aktivität;Gratifizierung, insbesondere Bezahlung, handelt“ (Voß 2010, S. 27).

Im Gabler Wirtschaftslexikon (o. J.) kann man Arbeit wie folgt verstehen: „Arbeit ist eine zielgerichtete, soziale, planmäßige und bewusste, körperliche und geistige Tätigkeit. Ursprünglich war Arbeit ein Prozess der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur zur unmittelbaren Existenzsicherung.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, o. J., o. S.).

1.2. Beruf

Sprondel (1972) beschreibt Beruf als organisierten Vorgang, bei dem sich eine spezielle Rollenstruktur, im Sinne von Arbeitsteilung und längerfristigen, spezialisierten Tätigkeiten, entwickelt (vgl. Sprondel 1972, S. 13). Hartmann (1972) definiert Beruf als eine besondere Art von Arbeit, bei der eine spezielle Kombination von Arbeitsverrichtungen zu erkennen sind (vgl. Hartmann 1972, S. 37 ff). Eine „dauerhaft angelegte, in der Regel eine Ausbildung voraussetzende Betätigung, welche Arbeitszeit und Arbeitskraft in Anspruch nimmt“, wird vom Gabler Wirtschaftslexikon als Beruf definiert (Gabler Wirtschaftslexikon o. j., o. S.). Verschiedene Berufe verursachen Positionskämpfe innerhalb einer Gesellschaft, da es den Berufsangehörigen um die Durchsetzung von Anerkennung ihrer speziellen Qualifikations-/Kompetenzprofile, sowie Autonomie- und Statusansprüche geht. All diese Bemühungen in Kombination mit evidenzbasiertem Wissen bewirken einen Prozess der Professionalisierung eines Berufs hin zur Profession (vgl. Kalkowski o. J., S. 1).

1.3. Professionalisierung

In den angloamerikanischen Sozialwissenschaften wurde dieser Begriff erstmals entwickelt. Den Prozess der Entwicklung, den eine Berufsgruppe in Richtung Profession nimmt, bezeichnet Mieg (2005) als Professionalisierung. Angesprochen sind damit Berufsgruppen, welche über ein gewisses Maß an Autonomie in der Leistungskontrolle verfügt. Weiters ist unter Professionalisierung der Übergang von Tätigkeiten zu bezahlter Arbeit zu verstehen, welche gewissen einklagbaren Qualitätsstandards unterliegt (vgl. Mieg 2005, S. 343). Professionalisierung wird auch als berufspolitischer Kampfbegriff verstanden, mit

„[…] dessen Hilfe Legitimationsmuster geschaffen werden, um den beschäftigungspolitischen Rahmen, das Ansehen und die Bezahlung für Erwachsenenbildner zu verbessern, das Berufsbild zu vereinheitlichen, kurz: der Verberuflichung […] einen Schub zu geben.“ (Nittel 2000, S. 16).

Veit (2004) versteht unter Professionalisierung unter Anlehnung an das „Meyers Lexikon“ (1987)

„das Ordnen und Zusammenfassen neuer Tätigkeiten zu gesellschaftlich anerkannten Berufen oder weitere Spezialisierung, Verwissenschaftlichung und ausbildungsmäßige Präzisierung von bereits bekannten Berufen“ (Veit 2004, S. 14).

Als Definition für Professionalisierung steht im Lexikon der Soziologie folgendes zu lesen:

„Die Spezialisierung und Verwissenschaftlichung von Berufspositionen aufgrund gestiegener Anforderungen an das für die Berufsausübung erforderliche Fachwissen, verbunden mit einer Höherqualifizierung der Berufsausbildung, der Einrichtung formalisierter Studiengänge, einer Kontrolle der Berufsqualifikation und des Berufszuganges durch Fachprüfungen, der Organisation der Berufsangehörigen in besonderen Berufsverbänden, der Kodifizierung berufsethischer Normen, der Zunahme universeller Leistungsorientierung und beruflicher Autonomie sowie einer Steigerung von Berufsprestige und Einkommen“ (Fuchs-Heinritz et. al. 2007, S. 514).

Professionalität ist ein kaum fassbarer Begriff, da er situativ zu verstehen ist und interaktiv mit Profession und Professionalisierung hergestellt wird. Handlungs- und wissenssoziologische Zugänge sollen sich aufgrund ihrer Gegenstandsangemessenheit der Professionalität annehmen. Tendenziell kommen Aspekten der Professionalität in der professionstheoretischen Literatur soziologischer Prägung eher sekundäre Bedeutung zu. Das Alltagsverständnis zu Professionalität beschreibt einen spezifischen Vollzugsmodus des Berufshandelns, welcher sowohl auf die Qualität der personenbezogenen Dienstleistung als auch auf die Kompetenz der BerufspraktikerInnen rückschließen lässt. Die Quellen von Professionalität bilden Wissen und Können. Professionalität stellt eine kaum nachvollziehbare Mischung aus beiden dar. Die in der Erwachsenenbildung vorherrschenden Definitionen legen den Schwerpunkt sowohl auf Wissen als auch auf Können. „Professionalität ist der ideologisch überhöhte Beruf, die Philosophie, die in der Arbeit steckt – Professionalität ist auch immer ein Begriff, der suggeriert, das jeweilige Handeln sei sowohl effektiv (ich tue das Richtige!) als auch effizient (ich tue es richtig)“ (Nuissl 1997 zit. n. Nittel 2000, S. 71).

Komplexe Problemlagen erfordern sowohl in der Anästhesiepflege als auch in der Erwachsenenbildung Balanceleistungen und Bewältigungsmuster, um pädagogische Professionalität in der Erwachsenenbildung und in der Unterweisung junger KollegInnen in Aus- bzw. Sonderausbildung unter Beweis zu stellen. Würden diese nicht auftreten und den ‚ganzen Menschen‘ und Sonderformen der wissenschaftlichen Sozialisation benötigen, könnten auch Laien oder TechnokratInnen diese Arbeit bewältigen. Professionalität wird als gelungene praktische Bearbeitung der heterogenen Erwartungsmuster gedeutet.

„Professionalität ist, […] kein Zustand der errungen oder erreicht werden kann, sondern eine flüchtige, jedes Mal aufs Neue situativ herzustellende berufliche Leistung. Sie kann weder verordnet werden, noch erschöpft sie sich in der Ausformulierung normativer Prämissen. Professionalität stellt in dieser Perspektive somit ein extrem störanfälliges, durch das Merkmal der Fallibilität gekennzeichnetes Handlungsphänomen dar.“ (Nittel 2000, S. 85)

Anfang der 1980er Jahre begann eine Diskussion, durch welche Professionalisierung auch im Kontext mit den individuellen BerufsinhaberInnen gesehen wurde. Dies führte dazu, dass Begriffe wie „Profession“ und „Professionalisierung“ um neue Sichtweisen und Ansätze weiterentwickelt wurden (vgl. Glagow et. al., 1985, S. 87 ff). Professionalisierung beschreibt den historischen Prozess der Entstehung und Anerkennung eines Berufes als Profession bzw. akademischen ExpertInnenberuf,, was den Wissenstand und seine Qualifikationen als auch seine soziale Bedeutung hervorhebt. Zum anderen steht Professionalisierung für die Dauer der Ausbildung und Sozialisierung der Individuen (vgl. Albert 1998, S. 25)

1.4. Profession

Unter Profession versteht Stichweh (1992),

„wenn eine Berufsgruppe in ihrem beruflichen Handeln die Anwendungsprobleme der für ein Funktionssystem konstitutiven Wissensbestände verwaltet und wenn sie dies in entweder monopolistischer oder dominanter – d. h. den Einsatz der anderen in diesem Funktionsbereich tätigen Berufe steuernder oder dirigierender – Weise tut.“ (Stichweh 1992, S. 40).

„Professionen sind nicht einfach da oder nicht da, sondern sie bilden – neben ihren (vordergründig) festen institutionellen Strukturen – ein labiles und deshalb störanfälliges Verhältnis zur übrigen Gesellschaft aus.“ (Nittel 2000, S. 22).

Die ständigen Widersprüche von Potentialen innerhalb der Einheit, welche bestrebt sind im Interesse der Klientel berufliche Selbstverantwortung und berufliche Autonomie zu fördern, und jene Kräfte, welche diese Bemühungen versuchen zu unterminieren, sind Grundlage für einen ständigen Fluss, in welcher sich die einzelnen Professionen befinden (vgl. Nittel 2000, S.22). Kalkowski (o. J.) definiert Profession anhand folgender Merkmale:

Hohe Autonomie bei der Ausübung des Berufs, sowie Selbstkontrolle bei den Arbeitsbedingungen (Standards der Leistungsbewertung und deren Kontrolle)Interessensvertretung durch Berufsverbände, Laienkontrolle wird abgelehntDefinitionen für Anforderungen und ZugangswegeGrundlegende Bedeutung haben Tätigkeiten mit gemeinnützigen Funktionen (berufsständische Ideologie ist die Gemeinwohlorientierung)Spezielle Fachterminologie und selbst generiertes Sonderwissen (evidence-based)Ausbildung auf akademischem Niveau (lang dauernd und theoretisch fundiert und berechtigt zum Tragen eines Titels)Monopolisierung von Zuständigkeiten und HandlungskompetenzenBerufliche Normen (code of ethics) mit gesetzlicher Beschränkung des Eigeninteresses. (vgl. Kalkowski o. J., S. 2).

Kalkowski (o. J.) geht in seiner Definition der Profession in die Tiefe, indem er eine exakte Beschreibung der AkteurInnen vornimmt. Fachlich organisierte AkteurInnen, welche autonom sind

„hinsichtlich der Definition der Ausbildungsform und -inhalte, der Kontrolle über den Marktzutritt, der Definition, Organisation und Bewertung der erbrachten Leistung,“ sind jene, welche Professionen ausüben (Kalkowski o. J., S.2). „Im Gegenzug zur zugestandenen Autonomie werden von Professionals hervorragende Leistung und eine berufsethische Selbstverpflichtung erwartet, die die Gesellschaft mit hohem Prestige und Einkommen belohnen (Vorbilder: Ärzte, Juristen)“ (Kalkowski o. J., S.2).

Da sich diese Arbeit mit Anästhesiepflege, und ihren Bemühungen den Status einer anerkannten Profession zu erreichen, befasst, sei an dieser Stelle auch auf die Begrifflichkeit der „Semiprofession“ hingewiesen. Der Terminus Semiprofession ging erst Ende der 1960er-Jahre in die berufssoziologische Literatur ein. Unter die Sparte der Semiprofessionen fallen Berufe wie LehrerIn, SozialarbeiterIn und Krankenpflegepersonal. Sie weisen nicht alle Charakteristika auf, welche eine Profession auszeichnen, erhalten nicht gleich viel berufliche Autonomie, wie sie Professionen besitzen, verfügen über ein geringeres Fachwissen und müssen vermehrte externe Kontrolle über ihre Arbeit akzeptieren (vgl. Otto/Dewe 1984, S. 38 f). Unterschiede zwischen Professionen und Semiprofessionen, seien an Spezifika fest zu machen, wie etwa einer kürzeren Ausbildungsdauer, damit verbundenen geringerem Fachwissen mit fehlender Selbstkontrolle und daraus resultierendem niedrigen sozialen Status (vgl. Kalkowski o. J., S. 2). Exakt die hier aufgezählten Determinanten der „Semiprofession“ Anästhesiepflege hat sich der Berufsverband für Anästhesiepflege in Kärnten vorgenommen aufzugreifen und an die Rahmenbedingungen des aktuellen Kontexts anzupassen. (siehe Kap. 4) Auch Schmidbaur (2002) kommt nach seiner Auseinandersetzung mit dem Professionalisierungsdiskurs im Zusammenhang mit den Geschlechtern zu dem Ergebnis, dass vor allem der Status der Semiprofession weiblich und jener der Profession typisch männlich ist (vgl. Schmidbaur 2002, S. 18).

Die gekonnte „Beruflichkeit“ wird von VertreterInnen der Berufspraxis als Professionalität bezeichnet, welche gleichzeitig als Indikator für qualitativ hochwertige Arbeit steht. Auch im wissenschaftlichen Kotext wird Professionalität als Attribut zur Kennzeichnung beruflichen Handelns verwendet (Nittel 2000, S. 15 f).

1.5. Berufsbild

Um eine exakte Abgrenzung eines Berufes zu all den anderen Tätigkeitsbereichen einer Gesellschaft zu erreichen, erkannten die VertreterInnen der Handwerksberufe in der Mitte des 20. Jahrhunderts, dass eine bloße Auflistung der Berufsbezeichnungen dafür nicht ausreichend war. Sie verfassten Beiträge, welche Inhalt und Gestalt der Berufe fixierten. Sie formulierten in kompetitiver Weise „Berufsbilder“ ihrer jeweiligen Arbeitsgebiete. Zur Befreiung der Berufsbilder von konkurrenzpolitisch motivierten Bestandteilen, setzte man den Fokus auf berufsspezifische Fähigkeiten und Kenntnisse (vgl. Hesse 1968, S. 99). Dadurch, so Hesse (1968) in Anlehnung an Hagebölling (1957), wird die Festlegung der Berufsinhalte natürlich nicht überflüssig. Im Gegenteil: dem „Berufsbild“ kommt eine doppelte Funktion zu, indem es „darstellt und beschreibt“, führt es zu einer Festlegung (vgl. ebd., S. 99).

Die Gesamtheit an Professionen einer Gesellschaft unterliegen einer Mobilität, bei der es darum geht, sich als „Spezialisierung“ immer wieder neu zu „sozialisieren“ (Positionskampf innerhalb einer Gesellschaft). In einer Zeit in welcher durch Globalisierung unser Planet „kleiner“ zu werden scheint, sehen wir uns mit der Herausforderung von internationalen Anrechenbarkeiten von Professionen konfrontiert. Mit Maastricht 1992 verlagerte sich der Schwerpunkt auf die internationale Ausbildung in der Erwachsenenbildung. Die Einführung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR), welcher auf die erreichten Kompetenzen und Fähigkeiten fokussiert, schafft dabei Abhilfe. Erst mit der Definition von Kompetenzen und Fertigkeiten Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts ist es gelungen den Qualifikationsrahmen zu entwickeln, der uns Klarheit bei der Vielzahl an Professionen und deren Vergleichbarkeit in den einzelnen EU-Ländern bringen soll. Besonderes Augenmerk sei in diesem Zusammenhang der Erwachsenenbildung, als übergeordnete Kategorie sämtlicher Professionen, gewidmet. Im folgenden Abschnitt wird daher in Kürze auf die historische Entwicklung sowie Chancen derselben eingegangen.

2 Geschichte und Zukunft der Erwachsenenbildung

Als Einstieg in das Thema dieser Arbeit erscheint ein Blick auf die Entwicklung der Erwachsenenbildung als übergeordnete Kategorie jeglicher Bildung Erwachsener sinnvoll zu sein. Für die Autorin besteht der Bezug zur Erwachsenenbildung in der Tatsache, dass durch die Bildung Erwachsener im Laufe der einzelnen Epochen in Form der unterschiedlichsten Berufe entstehen konnte. Durch Wissensdrang und Lernbereitschaft des Menschen in alle Richtungen, war eine fruchtbare Basis für die Entstehung diverser Betätigungsfelder gegeben. Diese Eigenschaften des Menschen sind ausschlaggebend dafür, dass man meinen könnte die Erwachsenenbildung sei so alt wie die Menschheit selbst.

Spricht man heute von Erwachsenenbildung, so kommt man unweigerlich mit Begriffen wie:

ErwachsenenbildungVolksbildungWeiterbildungLebenslanges Lernen

in Berührung. Problematisch erscheint die undefinierte Verwendung dieser Termini, da sie in einer zeitlichen Reihenfolge aufgetreten sind, einander jedoch nicht abgelöst haben (vgl. Filla 2014, S. 44).