Professionelle Gesprächsführung - Christian-Rainer Weisbach - E-Book

Professionelle Gesprächsführung E-Book

Christian-Rainer Weisbach

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Beschreibung

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Der Bestseller zur Gesprächsführung

Seit mehr als 30 Jahren ist Professionelle Gesprächsführung das Lehrbuch für Führungskräfte und diejenigen, die es werden wollen, und ebenso lesenswert für Menschen, die lernen möchten, wie sie ihre Ziele im Gespräch ernsthaft verfolgen können. Dabei wurde der Text immer wieder aktualisiert und erweitert. In dieser Auflage ist ein neues Kapitel zum Thema Online-Kommunikation hinzugekommen. Erfolgreiches Führen im Alltag ist ohne Gespräch nicht denkbar – mit Mitarbeitern, Vorgesetzten oder Kunden, mit Partnern, Kindern oder Freunden. Obwohl Gesprächsführung weder Schul- noch Ausbildungsfach ist, erfordert es wie Lesen, Schreiben und Rechnen ganz spezifische Kompetenzen. Wie sich das eigene Können optimieren lässt, um das Gespräch als Mittel der Führung sinnvoll, zweckmäßig, zielorientiert und rationell zu nutzen, vermittelt dieses Buch praxisnah.

Zum Autor
Prof. Dr. Christian-Rainer Weisbach, Universitäten Hohenheim und Tübingen, arbeitet seit mehr als dreißig Jahren in der Fort- und Weiterbildung als Personalentwickler, Coach und Trainer/Referent.
Dr. Petra Sonne-Neubacher ist als selbständige Unternehmensberaterin und Trainerin tätig und beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren unter anderem mit den Themen Prozessoptimierung und Organisationsentwicklung.

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Der Bestseller zur Gesprächsführung

Seit mehr als 30 Jahren ist Professionelle Gesprächsführung das Lehrbuch für Führungskräfte und diejenigen, die es werden wollen, und ebenso lesenswert für Menschen, die lernen möchten, wie sie ihre Ziele im Gespräch ernsthaft verfolgen können. Dabei wurde der Text immer wieder aktualisiert und erweitert. In dieser Auflage ist ein neues Kapitel zum Thema Online-Kommunikation hinzugekommen.

Erfolgreiches Führen im Alltag ist ohne Gespräch nicht denkbar – mit Mitarbeitern, Vorgesetzten oder Kunden, mit Partnern, Kindern oder Freunden. Obwohl Gesprächsführung weder Schul- noch Ausbildungsfach ist, erfordert es wie Lesen, Schreiben und Rechnen ganz spezifische Kompetenzen.

Wie sich das eigene Können optimieren lässt, um das Gespräch als Mittel der Führung sinnvoll, zweckmäßig, zielorientiert und rationell zu nutzen, vermittelt dieses Buch praxisnah.

 

Zum Autor

Prof. Dr. Christian-Rainer Weisbach, Universitäten Hohenheim und Tübingen, arbeitet seit mehr als dreißig Jahren in der Fort- und Weiterbildung als Personalentwickler, Coach und Trainer/Referent.

Dr. Petra Sonne-Neubacher ist als selbständige Unternehmensberaterin und Trainerin tätig und beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren unter anderem mit den Themen Prozessoptimierung und Organisationsentwicklung.

Beck-Wirtschaftsberater

Professionelle

Gesprächsführung

Ein praxisnahes Lese- und Übungsbuch

 

Von Prof. Dr. habil. Christian-Rainer Weisbach und Dr. Petra Sonne-Neubacher

10., überarbeitete und aktualisierte Auflage

 

 

dtv

VVorwort zur 10. Auflage

Weder Verlag noch Autor haben sich vor 30 Jahren – beim Erscheinen der ersten Auflage – vorstellen können, dass sich dieses Buch einer so großen und so kontinuierlichen Nachfrage erfreuen wird. Manche Leser, die schon länger mit diesem Buch arbeiten, sind ganz erstaunt, dass aus den 210 Seiten der ersten Auflage mittlerweile knapp 500 Seiten geworden sind. Im Laufe der letzten neun Auflagen wurde die „Professionelle Gesprächsführung“ immer wieder überarbeitet und erweitert, um neue Erkenntnisse und aktuelle Entwicklungen zu integrieren. Globalisierung und Homeoffice haben dazu beigetragen, dass ein großer Teil unserer täglichen Kommunikation online stattfindet und E-Mail sowie soziale Medien mittlerweile mehr Zeit beanspruchen als das direkte Gespräch unter vier Augen. In einem neuen Kapitel behandeln wir die Besonderheiten und möglichen Hürden im online-Kontakt.

Zunehmend nehmen Leser direkt mit uns Kontakt auf, weswegen wir unsere E-Mail-Anschrift hier direkt einfügen:

Tübingen und Preetz,

Christian-Rainer Weisbach &

im Herbst 2022

Petra Sonne-Neubacher

[email protected]

[email protected]

VIIInhaltsübersicht

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel Von der Effizienz zur Effektivität

2. Kapitel Erkennen der eigenen Gesprächshaltung

3. Kapitel Die vier Arten des Zuhörens

4. Kapitel Die fünf gängigen Gesprächspausen

5. Kapitel Wertschätzung und Lenkung

6. Kapitel Transaktionsanalyse und Gesprächserfolg

7. Kapitel Widerstand beim Gesprächspartner

8. Kapitel Gesprächsstörer

9. Kapitel Gesprächsförderer

10. Kapitel Vier Möglichkeiten zu reagieren

11. Kapitel Den anderen beim Wort nehmen

12. Kapitel Schlussfolgernde Gesprächsführung

13. Kapitel Verhalten ist zielgerichtet

14. Kapitel Von der Ursachenforschung zur Absichtsfindung

15. Kapitel Positives Sprechen

16. Kapitel Vom Überreden zum Überzeugen

17. Kapitel Der Umgang mit negativen Emotionen

18. Kapitel Konflikte im Online-Meeting

19. Kapitel Die Kunst, Veränderungen zu bewirken

21. Kapitel Zum schnellen Nachschlagen

IXInhaltsverzeichnis

Vorwort

Inhaltsübersicht

1. Kapitel Von der Effizienz zur Effektivität

2. Kapitel Erkennen der eigenen Gesprächshaltung

Gesprächsausschnitt Fall 1

Gesprächsausschnitt Fall 2

Gesprächsausschnitt Fall 3

Gesprächsausschnitt Fall 4

Gesprächsausschnitt Fall 5

Gesprächsausschnitt Fall 6

Gesprächsausschnitt Fall 7

Gesprächsausschnitt Fall 8

Gesprächsausschnitt Fall 9

Gesprächsausschnitt Fall 10

Einzelauswertung der Übung

Antworttendenzen in einem Gespräch

3. Kapitel Die vier Arten des Zuhörens

(1) „Ich-verstehe“-Zuhören

(2) Aufnehmendes Zuhören

(3) Umschreibendes Zuhören

(4) Aktives Zuhören

Sinnvoller Umgang mit Störungen

4. Kapitel Die fünf gängigen Gesprächspausen

(1) „Sie sind dran“

(2) „Ich denke nach“

(3) „Ich sinne nach“

(4) „Das ist mir peinlich“

(5) „Lass uns schweigen“

5. Kapitel Wertschätzung und Lenkung

6. Kapitel Transaktionsanalyse und Gesprächserfolg

7. Kapitel Widerstand beim Gesprächspartner

Trotz

Zuwendung zur verwehrten Alternative

Indirekte Freiheitswiederherstellung

Offene Aggression

8. Kapitel Gesprächsstörer

Befehlen

Überreden

Warnen und Drohen

Vorwürfe machen

Bewerten

Herunterspielen

Nicht ernst nehmen, ironisieren und verspotten

Lebensweisheiten zum Besten geben

Von sich reden

Ursachen aufzeigen und Hintergründe deuten

Ausfragen

Vorschläge und Lösungen anbieten

9. Kapitel Gesprächsförderer

Umschreiben, mit eigenen Worten wiederholen

Zusammenfassen

Klären, auf den Punkt bringen

Einschränkende Wiederholung

Übertreibende Bestätigung

In Beziehung setzen

Nachfragen

Weiterführen und Denkanstoß geben

Wünsche herausarbeiten

Gefühle ansprechen

Auf die Körpersprache eingehen

Gesprächsförderer in der elektronischen Kommunikation

10. Kapitel Vier Möglichkeiten zu reagieren

Die Sachseite

Die Aufforderungsseite

Die Beziehungsseite

Die Selbstmitteilungsseite

11. Kapitel Den anderen beim Wort nehmen

Von Trollen und Menschen

12. Kapitel Schlussfolgernde Gesprächsführung

13. Kapitel Verhalten ist zielgerichtet

Stufe I: Demonstration von Macht

Stufe II: Rache

Stufe III: Demonstrative Hilflosigkeit

Einwände und die Gefahr ihrer Behandlung

14. Kapitel Von der Ursachenforschung zur Absichtsfindung

15. Kapitel Positives Sprechen

16. Kapitel Vom Überreden zum Überzeugen

17. Kapitel Der Umgang mit negativen Emotionen

18. Kapitel Konflikte im Online-Meeting

Unterschiede zu Präsenz-Meeting und Telefonkonferenz

Wege zur Steuerung von Online-Meetings – Konflikte vermeiden und entschärfen

Tipp 1 – Vorbereitung und Leitung des Meetings

Zweck und Ziele des Meetings definieren

Teilnehmerkreis festlegen/Themen und Inhalte festlegen

Planen

Einladen/Vorbereiten und Material versenden

Meeting mit Input und Diskussion

Entscheiden

Tipp 2 – Für alle sichtbar mitschreiben

Tipp 3 – Den Teilnehmern die Kommunikationsprobleme im Online-Meeting bewusst machen

Tipp 4 – Explizit nach Meinungen fragen, auch nach gegenteiligen. Auf Schweigen achten

Tipp 5 – Aktives Zuhören

19. Kapitel Die Kunst, Veränderungen zu bewirken

Phase 1: Schreck

Phase 2: Festhalten

Phase 3: Loslassen

Phase 4: Anpassung

21. Kapitel Zum schnellen Nachschlagen

Gesprächspausen

Ausgewählte Gesprächsförderer

Vier Seiten einer Botschaft

Mögliche Wahrnehmungsmuster des Gesprächspartners

Die vier Phasen der Veränderung

Nachwort

Weiterführende Literatur

11. KapitelVon der Effizienz zur Effektivität

Sie haben dieses Buch zur Hand genommen und bereits angefangen zu lesen. Ehe Sie ganz konkrete Tipps und Anregungen zur professionellen Gesprächsführung erhalten, möchte ich Sie bitten, zunächst folgende Frage zu beantworten:

Was erwarten Sie von dieser Lektüre? Oder noch konkreter:

Was muss dieses Buch enthalten, damit Sie nach dem Lesen sagen: „Das hat sich wirklich gelohnt. Gut dass ich mir dafür die Zeit genommen habe?“

Vielleicht wollen Sie sich nicht nur zwei Minuten besinnen, sondern gleich zum Stift greifen. Die folgenden Leerzeilen ersparen Ihnen die Suche nach Papier.

 

 

 

Frage ich ähnlich in meinen Seminaren, lauten die Antworten wie folgt:

Effizientere Gespräche zu führen.

Schneller zu überzeugen.

Argumente in Diskussionen nicht so ausufern zu lassen.

Andere so zu überzeugen, dass diese sich nicht überredet fühlen.

Andere zu beeinflussen, ohne dass es auffällt.

2Keine unergiebigen Gespräche zu führen.

Besser zuhören zu lernen.

Erfolgreicher zu werden.

Mein Kommunikationsverhalten zu verbessern.

Eigene Fehler zu entdecken.

Die hier genannten Ziele sind nur äußerst schwer zu erreichen. Um dies zu verstehen, bedarf es eines kleinen Exkurses.

Bitte malen Sie in den folgenden Freiraum mit einigen Strichen eine Zeichnung, deren zentrale Aussage lautet:

Auf dieser Seite befindet sich kein Baum.

 

 

 

Wenn Sie Ihr Bild einem Kind zeigen, wie wird es Ihr Bild wohl benennen? Wird es tatsächlich sagen: Buchseite ohne Baum? Oder lautet die Antwort womöglich: Auf dieser Seite befindet sich ein durchgestrichener Baum.

Die Schwierigkeit dieser Aufgabe liegt in dem Umstand begründet, dass unser Gehirn aus zwei Hälften besteht, die sich im Laufe der Entwicklung unterschiedlich spezialisiert haben. Während die linke Gehirnhälfte über das Sprachzentrum verfügt, wo also auch Logik und Vernunft verankert sind, ist die rechte Gehirnhälfte zuständig für das bildliche Erfassen, die Orientierung im Raum, aber auch für Intuition und Empfinden. Zwar sind die beiden Gehirnhälften über einen Balken, das Corpus callosum miteinander verbunden, doch geht jede Hälfte bei der Lösung von Problemen eigene Wege, die der jeweiligen Spezialisierung entsprechen. Nun handelt es sich bei der Verneinung um eine logische Funktion, die nur in der Sprache, also in der linken Gehirnhälfte bearbeitet werden kann, während die rechte Gehirnhälfte mit der Negation und allen daraus abgeleiteten Wörtern wie „nie“, „kein“, „nicht“, „nirgends“ nichts anzufangen weiß. Im Falle der kleinen Zeichenaufgabe hat sich Ihre 3rechte Gehirnhälfte sofort einen Baum vorgestellt, von dem es zwar hieß, dass er nicht auf der Seite zu sehen sein solle, doch in Ihrer Vorstellung war er nicht mehr zu löschen.

In der Komödie „Der Liebestrank“ von Frank Wedekind macht sich der Hauslehrer Schwigerling dieses Phänomen zunutze, um seine Freiheit wiederzuerlangen. Fürst Rogoschin hält ihn für einen Zigeuner, von dem er also erwarten darf, dass er sich auf die Kunst wirksamer Liebestränke verstände. Denn zu diesem letzten Mittel will der Fürst seine Zuflucht nehmen, nachdem alle seine Annäherungsversuche bei seinem Mündel Gräfin Trotzky fehlgeschlagen sind. Als Schwigerling eingesteht, dass er des Zauberns unkundig sei, lässt ihn der Fürst gewaltsam einsperren und droht ihm das Schlimmste an, falls er sich nicht zur Herstellung des begehrten Zaubertranks bereit fände. Nach geheimnisvollen Vorbereitungen bietet Schwigerling dem Fürsten den gewünschten Trank an. Die für die Wirksamkeit des Tranks unerlässliche Bedingung sei jedoch, dass der Fürst, während er ihn trinke, auf keinen Fall „an einen Bären denken“ dürfe. Vor Erregung vermag der Liebestrankbedürftige jedoch seine Gedanken von dem ominösen Bären nicht abzuwenden, er stammelt wörtlich: „Bei mir wimmelt es nur so von Bären“, wodurch er selbst die Wirkung aufgehoben hat.

Ein ganz ähnliches Problem wird Ihnen wahrscheinlich auch bei der folgenden Aufgabe begegnen, wo die Lösung davon abhängt, was Sie sich für ein Bild machen.

Die Rheinüberquerung

Zwei Männer wollten nahe Koblenz den Rhein überqueren. Das Boot, das am Ufer lag, bot nur für einen Platz, denn es war so klein, dass es nur einen Menschen tragen konnte. Beide überquerten den Rhein in diesem Boot und setzten anschließend ihre Reise fort.

Wie konnten sie das tun?

Wer eine Weile nachgedacht hat, ohne die Lösung gefunden zu haben, neigt dazu, die Aufgabe für unlösbar zu halten. Sollten auch Sie noch auf der Suche nach einer Lösung sein, kann es Ihnen vielleicht helfen, sich zu verdeutlichen, welches Bild Sie sich gerade gemacht 4haben, um sich danach zu fragen, ob ein anderes Bild ebenfalls einen Sinn ergäbe.

Einmal fragte ich in einem meiner Seminare nach den Teilnehmervorstellungen; es war beeindruckend, wie viele Bilddetails zusammenkamen: Auf meine Frage nach dem Wetter kamen Antworten wie: „Es ist Sommer“, „so wie jetzt“, „Herbstnebel“, „Winter mit Schnee und Eis“. – Das Rheinufer wurde mir beschrieben als „steinig“, „grüne Wiese mit kleinem Buschwerk“, „ein schmaler, langer Holzsteg mit Geländer“. – Die Männer erschienen als „gekleidet wie zwei Wanderburschen mit Rucksack und Stock“, „lange, hagere Gestalten in schwarzen Mänteln und tief in die Stirn gezogenen Hüten“, „die sahen aus wie zwei Schäfer“ usw.

Zugegeben, der erste Satz dieser kleinen Geschichte legt ein Bild nahe, in dem zwei Männer nebeneinander am Rheinufer vor einem kleinen Boot stehen. Doch mit diesem Bild im Kopf ist die Aufgabe nicht zu lösen. Bei wem jedoch ein Bild entstand, worin die beiden Männer jeweils am gegenüberliegenden Ufer des Rheins stehen, der lässt den einen von Westen nach Osten und anschließend den anderen umgekehrt den Fluss überqueren und fragt eher erstaunt: Wo ist eigentlich das Problem?

Kurz nach Erscheinen der ersten Auflage dieses Buches äußerte eine Leserin mir gegenüber recht ungehalten: „Diese Lösung ist spitzfindig, ja geradezu unlogisch. In der Geschichte steht schließlich, dass die beiden Männer gemeinsam den Rhein überqueren wollten, und gemeinsam heißt nun mal miteinander.“ Überrascht fragte ich, wo denn „gemeinsam“ stünde, worauf sie das Buch zur Hand nahm und mir vorlas: „Zwei Männer wollten nahe Koblenz gemeinsam den Rhein überqueren.“ Verunsichert, ob womöglich beim Druck von mir unbemerkt das Wort gemeinsam in den Text geraten sein sollte, fragte ich sie: „Wo steht gemeinsam?“, und sie schlug erneut das Buch auf und las mir entrüstet Wort für Wort vor: „Zwei- Männer-wollten-nahe-Koblenz-gemeinsam-den-Rhein-überqueren. Also bitte!“ Nun hatte ich ihr zwischenzeitlich mitgelesen und wiederholte meine Frage. Sie nahm den Zeigefinger, suchte im Text: „Na da! Komisch, jetzt ist es weg.“ Entgeistert schaute sie mich an und verstand die Welt nicht mehr.

Diese kleine Begebenheit belegt, wie stark unser Vorstellungsvermögen, eben unsere Bilder, das logische Denken beeinflussen kann. 5Der Philosoph Georg Friedrich Wilhelm Hegel fasste vor 150 Jahren diese Erkenntnis so zusammen:

„Wenn die Vorstellung stark genug ist, hält die Realität nicht stand.“

Ganz ähnlich kann es Ihnen bei folgender Denksportaufgabe ergehen: Verbinden Sie die 9 Punkte mit 4 geraden Linien, ohne dass Sie den Stift dabei absetzen.

Unabhängig davon, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, macht sich unser Gehirn fortlaufend Bilder, ganz gleich ob diese passen oder nicht. (Im 16. Kapitel „Vom Überreden zum Überzeugen“ gehe ich ausführlich auf diesen Aspekt ein.)

Es scheint so zu sein, dass die rechte Gehirnhälfte mit ihren Bildern in Stresssituationen die Führung übernimmt. Und aller Vernunft und Logik zum Trotz wird zwischen den Bildern im Kopf und der im Moment entstehenden Wirklichkeit Deckung erzeugt.

Folgende Anekdote mag dies illustrieren:

Vor einem Referat vor großem Publikum beugt sich ein Kollege zu mir und flüstert: „Hoffentlich stolper’ ich nicht über die vielen Kabel.“ Kurz darauf war er an der Reihe. Bereits auf der dritten Stufe rutschte er aus und lag zur allgemeinen Erheiterung der Länge nach auf dem Podium.

Was war geschehen? Seine rechte Gehirnhälfte hatte sich parallel zum geflüsterten Satz ein Bild gemacht. Mein Kollege sah sich bereits stolpern. In der dann folgenden Aufregung sorgte die rechte Gehirnhälfte, die auch wesentlich für die Steuerung unserer Körperbewegungen zuständig ist, dafür, dass Bild und Wirklichkeit zur Deckung kamen.

6So paradox es klingen mag, wenn wir Erfolg als die Übereinstimmung von Bild und Wirklichkeit definieren, dann war der stolpernde Kollege erfolgreich. So betrachtet erweist sich die zuvor prophezeite und somit ausgemalte Niederlage, sobald sie einmal eingetreten ist, als Erfolg. Ich will einräumen, dass ich mit diesem Gedanken einen heiklen Punkt anschneide, kommt doch der Eigenverantwortung hinsichtlich der ausgemalten Zukunft eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Wer glaubt, dass er etwas erreichen kann, hat genauso Recht, wie der, der glaubt, dass er etwas nicht erreichen kann. Wir benutzen das Wort Pessimist für Menschen, die stets die schlechten Seiten des Lebens sehen und alles schwarz malen. Doch die so genannten Pessimisten sind in der Lage, uns immer wieder zu belehren, dass ihre Einschätzung zutreffend war, denn genau so ist es ja schließlich gekommen. Ob Pessimist oder Optimist, beide sind insoweit erfolgreich, als sie sich ihre Wirklichkeit so gestalten, dass sie am Ende Recht behalten. Im 10. Kapitel will ich auf dieses Phänomen näher eingehen.

Vielleicht kennen Sie ganz ähnliche Begebenheiten aus dem Sport. Wenn Sie einen Ball werfen, sich aber nicht sicher sind, ob Sie auch treffen, geht der Wurf meistens daneben. Denn während Sie noch zielen, sind Sie nur mit geteilter Aufmerksamkeit bei der Sache. Ein Teil Ihrer Konzentration richtet sich bereits auf das Danebenwerfen und die möglichen Konsequenzen. Für den Sportler gibt es kaum etwas Schlimmeres als sich vorzunehmen,

nicht das Staffelholz zu verlieren,

nicht die Hochsprunglatte zu reißen,

nicht beim Weitsprung mit dem falschen Fuß abzuspringen usw.

Selbst beim Eierlaufen führt die Vorstellung vom Fallen meist unweigerlich zum vorzeitigen Ende des Laufs. Auch das bewusste Vermeiden, Kaffee auf die Untertasse schwappen zu lassen, stellt eine Visualisierung des Unerwünschten dar. (Abb.1-1)

Aus einem anderen Bereich mag Ihnen die Ausführung des zu Vermeidenden vertraut sein. Bei Wegbeschreibungen wird häufig der Vollständigkeit wegen hinzugefügt, in welche Straße man nicht abbiegen soll. Im Eifer des Gefechts merken Sie womöglich erst nach dem Abbiegen, dass dies ja die falsche Straße war.

7

Abb. 1-1

Zu Beginn dieses Kapitels waren Sie gefordert, Ziele zu formulieren. Prüfen Sie jetzt, wieweit Sie dabei Bilder entwickelt haben, die der Zielerreichung förderlich bzw. hinderlich sind.

Von den aufgeführten Äußerungen sind folgende aufgrund ihrer Negation ungeeignet:

Argumente in Diskussionen nicht so ausufern zu lassen.

Andere so zu überzeugen, dass diese sich nicht überredet fühlen.

Andere zu beeinflussen, ohne dass es auffällt.

Keine unergiebigen Gespräche zu führen.

So klar das Ziel zu sein scheint, so sehr verführt das jeweilige Bild zum Verharren. Wer nicht ausufern lassen will, stellt sich zunächst einmal ganz konkret ausufernde Diskussionen vor. Wer nicht überreden will, orientiert sich an der Vorstellung des Überredens. Und der Wunsch zu beeinflussen, ohne dass es auffällt, hat das Bild einer auffälligen Beeinflussung vor Augen. Und auch im letzten Satz entwirft unsere rechte Gehirnhälfte unergiebige Gespräche. (Abb.1-2)

Es soll jetzt nicht der Eindruck entstehen, dass Sie in Zukunft auf jegliche Form von Negation verzichten müssen, doch kann es Ihnen helfen, sich bewusst zu machen, ob Sie ungewollt Bilder entwickeln, die als Leit-Bilder womöglich Ihren wirklichen Absichten zuwiderlaufen.

8

Abb. 1-2

Wie sehr wir gewohnt sind, unsere Ziele negativ zu formulieren, können Sie jederzeit überprüfen, indem Sie irgendeinen Gesprächspartner fragen, was er beispielsweise in seinem Leben ändern würde, wenn er drei Wünsche frei hätte oder eine Million im Lotto gewinnen würde.

Vielleicht wollen Sie gerade selbst über diese Frage nachdenken und sich Ihre Antwort notieren, ehe Sie weiterlesen.

 

 

 

9Bei einer Geburtstagsfeier trug diese Frage als Gesellschaftsspiel zur Unterhaltung bei. Folgende Antworten sind mir noch gut in Erinnerung:

„Erst einmal würde ich sofort aufhören zu arbeiten.“

„Das wäre ja traumhaft. Dann müsste ich nicht mehr länger in meiner kleinen Wohnung hausen.“

„Ich wüsste sofort, was ich mir wünschen müsste: Aufhören zu rauchen, mich nicht mehr über meine Kinder zu ärgern und mir von meinem Chef nicht länger alles bieten zu lassen.“

Bei den Zielformulierungen zu Beginn dieses Kapitels waren auch folgende Sätze enthalten:

Besser zuhören zu lernen.

Effizientere Gespräche zu führen.

Schneller zu überzeugen.

Erfolgreicher zu werden.

Mein Kommunikationsverhalten zu verbessern.

Wer will diesen Sätzen die hehre Absicht absprechen? „Besser“, „schneller“, „erfolgreicher“ sind typische Vokabeln für wohlklingende Zielvorgaben. Für unsere rechte Gehirnhälfte sind sie jedoch ungeeignet: Wie stellen Sie sich jemanden vor, der sein Ziel, besser zuhören zu lernen, erreicht hat?

Der Komparativ dient dem Vergleich. Der Satz „besser zuhören zu lernen“ enthält unausgesprochen den Zusatz: „Ich möchte besser zuhören, als ich es z.B. heute kann oder als es mein Chef kann o.Ä.“ So betrachtet enthalten auch diese Sätze alle eine unausgesprochene Negation. Wer beispielsweise „schneller überzeugen will“, orientiert sich bereits an einem Tempo, das ihm nicht schnell genug geht, woraus der Wunsch resultiert, schneller werden zu wollen. In dem Bildungsslogan „mehr wissen, mehr wollen, mehr können“ wird zwar die linke Gehirnhälfte aufgefordert, sich der Erweiterung des eigenen Wissens, Wollens und Könnens zu öffnen, doch gleichzeitig malt sich die rechte Gehirnhälfte den Ist-Zustand aus, der als Leit-Bild wohl kaum beabsichtigt ist. Ebenso fixieren uns die negativen Steigerungswörter „weniger“, „seltener“, „geringer“, „schwächer“ u. a. ungewollt auf den zu vermeidenden Zustand.

10 „Ich möchte weniger rauchen.“

„Es käme meiner Gesundheit zugute, seltener zu trinken.“

„Eine geringere Arbeitsbelastung wäre traumhaft.“

 

Wenn Sie Ihre Ziele effektiv formulieren, benennen Sie Fakten, an denen Sie überprüfen können, wann Sie Ihr Ziel erreicht haben.

Der Wunsch, das eigene Zuhörverhalten zu trainieren, kann beispielsweise so formuliert werden:

„Ich möchte gern lernen, so zuzuhören, dass ich spontan in der Lage bin, das Wesentliche einer Äußerung mit eigenen Worten wiederzugeben.“

Der Wunsch nach den „effizienteren Gesprächen“ lässt sich so fassen:

„Ich möchte lernen, in Gesprächen mein Anliegen an den Gesprächspartner während der ersten zwei, drei Sätze vorzutragen, um mit ihm zu einer Vereinbarung zu kommen, ob außer dem von mir vorgebrachten Anliegen seinerseits noch Wünsche bestehen und wie lange das Gespräch insgesamt dauern soll. Wenn ich das kann, möchte ich lernen, das Gespräch sowohl auf die vereinbarten Punkte als auch auf die ausgemachte Zeit zu beschränken.“

Derartige Zielformulierungen hören sich nicht mehr ganz so gefällig an und wirken in manchen Passagen geradezu barock. Doch dieses detaillierte Umschreiben kommt unserer rechten Gehirnhälfte zugute. Je konkreter und vorstellbarer wir unsere Ziele angeben, umso eher kann unsere rechte Gehirnhälfte darauf verzichten, sich selbst etwas auszumalen. Hingegen wirkt ein erstrebenswertes, konkretes Bild wie ein Magnet. Alle unsere Kräfte richten sich auf das Ziel aus.

Vielleicht haben Sie auch schon beobachtet, dass bei schwierigen Gesprächen die tatsächliche Zeit von der eigenen Vorstellung mit beeinflusst wird. Lautet die Vorgabe: „Für dieses Gespräch nehme ich mir 30 Minuten“, oder:

„Ich will mich anstrengen, diese Verhandlung in höchstens 30 Minuten zu einer akzeptablen Vereinbarung zu führen“, werden Sie 11aller Wahrscheinlichkeit nach Ihr Ziel erreichen (vorausgesetzt, Sie halten die Zeitvorgabe für realistisch).

Ganz anders bei folgenden Formulierungen: „Ich werde dieses Gespräch so schnell wie möglich erledigen“ oder: „Ich will mich anstrengen, diese Verhandlung superschnell zu einem akzeptablen Ergebnis zu führen.“ – „Superschnell“ oder „so schnell wie möglich“ räumt der Phantasie, eben unserer rechten Gehirnhälfte, einen breiten Interpretationsspielraum ein, der bereits bei der ersten Hürde ausgeweitet wird. Wenn dann die Erledigung der anstehenden Punkte tatsächlich 40 oder gar 50 Minuten gedauert hat, war das immer noch „superschnell“ bzw. „so schnell wie eben möglich“, hat aber keine zeitliche Straffung ergeben. Bei Untersuchungen zum Zeit- und Selbstmanagement lässt sich immer wieder beobachten, dass sich eine Arbeit so lange hinzieht, wie Zeit zur Verfügung steht.

Im Folgenden möchte ich Ihnen die Möglichkeit geben, typische „Ziele“ in angemessene Ziele umzuformulieren. Sie können Ihre ausformulierten Sätze auf der nächsten Seite mit meinen Vorschlägen vergleichen.

12Typische Ziele

Ihr Vorschlag für eine angemessene Zielformulierung

(1) „Ich will weniger arbeiten.“

(2) „Ich möchte gern entspannter werden und nicht so verkrampft an meine Arbeit gehen.“

(3) „Ich wünsche mir, bei Diskussionen in der Arbeitsgruppe mehr Einfluss geltend zu machen und die Kollegen stärker zu überzeugen.“

(4) „Ich darf nicht so unkonzentriert sein. Ich muss unbedingt lernen, mich irgendwie mehr auf das Wesentliche zu beschränken.“

(5) „Ich möchte meine Scheu vor heiklen Personalgesprächen ablegen, insbesondere bei Kritikgesprächen beherzter zur Sache kommen.“

(6) „Ich möchte mich durch die laufenden Störungen während meiner Arbeit nicht aus dem Konzept bringen lassen und insgesamt meine Arbeitszufriedenheit erhöhen.“

Auf den nächsten beiden Seiten finden Sie meine Vorschläge für Umformulierungen:

(1) „Ich will weniger arbeiten.“

Die Konzentration auf den unerwünschten Zustand der zu vielen Arbeit muss ersetzt werden durch ein Bild, das nicht nur vorstellbar ist, sondern auch sogleich Zustimmung auslöst, z.B.:

„Ich möchte gern an allen Arbeitstagen um 17 Uhr mein Büro verlassen und mich für den Rest des Tages wohlig entspannen, was mal durch Sport, mal durch Spazierengehen mit meiner Frau oder auch durch einen ausgedehnten Kneipenbummel geschehen kann.“

(2) „Ich möchte gern entspannter werden und nicht so verkrampft an meine Arbeit gehen.“

Auch bei dieser Formulierung orientiert sich die rechte Gehirnhälfte am verkrampften Ist-Zustand. Folgender Satz wird eher zum gewünschten Ziel führen:

„Unabhängig von der Zahl meiner Aufgaben möchte ich gern an meinem Schreibtisch genauso entspannt sein, wie ich es morgens im Bett bin, kurz nachdem ich aufwache.“

(3) „Ich wünsche mir, bei Diskussionen in der Arbeitsgruppe mehr Einfluss geltend zu machen und die Kollegen stärker zu überzeugen.“

Die Formulierungen „mehr Einfluss“ und „stärker überzeugen“ legen ein Bild des geringen Einflusses und schwacher Überzeugungskraft nahe. Ein ganz anderes Bild entsteht durch folgende Formulierung:

„Wenn ich Ideen habe und diese in meiner Arbeitsgruppe vorstelle, dann möchte ich erreichen, dass mir meine Kollegen sowohl bis zum Ende meiner 13Äußerung konzentriert zuhören als auch durch Nachfragen zu erkennen geben, dass sie sich mit meinen Gedanken auseinander setzen. Dazu möchte ich meine Äußerung stets so gestalten, dass den Kollegen der jeweilige Nutzen auf Anhieb einleuchtet.“

(4) „Ich darf nicht so unkonzentriert sein. Ich muss unbedingt lernen, mich irgendwie mehr auf das Wesentliche zu beschränken.“

Das Bild vom fahrigen, unkonzentrierten möglicherweise sogar zerstreuten Menschen kann durch eine positive Vision ersetzt werden. Bei folgendem Wunsch wird dies eher der Fall sein:

„Die täglich anfallenden Arbeiten werde ich ab morgen früh in eine Rangfolge bringen. Dabei werde ich mit der Arbeit beginnen, die für mich die höchste Priorität hat. Ich werde an dieser Arbeit so lange bleiben, bis diese erledigt ist, ganz gleich wie häufig ich zwischendrin von anderen unterbrochen werde. Bevor ich mich einer anderen Aufgabe zuwende, überprüfe ich, ob meine Rangfolge, die sowohl die Wichtigkeit als auch die Dringlichkeit von anstehenden Arbeiten berücksichtigt, unverändert beibehalten werden kann, um dann mit der Aufgabe 2 fortzufahren. Auch wenn ich auf diese Weise im Laufe meines Arbeitstages nur die Hälfte aller anstehenden Arbeiten erledigt haben sollte, werde ich doch stets mit dem guten Gefühl meinen Schreibtisch verlassen, dass die wichtigsten und dringlichsten Arbeiten ausgeführt worden sind.“

(5) „Ich möchte meine Scheu vor heiklen Personalgesprächen ablegen, insbesondere bei Kritikgesprächen beherzter zur Sache kommen.“

Die Vorstellung von „heiklen Kritikgesprächen“ legt das daraus folgende Bild von mangelnder Beherztheit nahe. Folglich benötigt die rechte Gehirnhälfte eine positive Instruktion, wie sie durch nachstehende Formulierung nahe gelegt wird:

„Im Umgang mit meinen Mitarbeitern werde ich ab morgen früh das direkte Gespräch als beste Möglichkeit der Beeinflussung nutzen. Dazu werde ich sowohl meine Zufriedenheit mit der vollbrachten Arbeitsleistung zeigen als auch bei Mängeln mit dem jeweiligen Mitarbeiter sofort ein Gespräch herbeiführen. Gerade bei diesen Kritikgesprächen werde ich dem Mitarbeiter bereits zur Gesprächseröffnung mitteilen, wie ich mir künftig seine Arbeit vorstelle, damit er gleich erkennen kann, dass er sich vor mir nicht für den Fehler rechtfertigen, sondern alles daran setzen soll, aus diesem Fehler zu lernen, denn dann braucht er ihn kein zweites Mal zu wiederholen.“

14 (6) „Ich möchte mich durch die laufenden Störungen während meiner Arbeit nicht aus dem Konzept bringen lassen und insgesamt meine Arbeitszufriedenheit erhöhen.“

Ob etwas als „Störung“ oder als „Unterbrechung“ bezeichnet wird, hängt von der persönlichen Bewertung ab. Doch in jedem Fall macht sich unsere rechte Hirnhälfte ein entsprechendes Bild. Wie jemand aussieht, der unzufrieden ist und fortwährend aus dem Konzept gerät, können Sie sich gut vorstellen. Doch wie soll die positive Vision aussehen? Folgende Formulierung ist genauso umständlich wie die vorangegangenen Vorschläge, doch bietet sie der rechten Hemisphäre positive Anregungen:

„Zu meinem momentanen Arbeitsalltag gehört es, für Zwischenfragen ansprechbar zu sein. Ich will komplizierte Dinge an einem Stück erledigen. In Zukunft werde ich jeden Tag zwischen 10 und 11 Uhr in Klausur gehen. Dazu werde ich mein Telefon umschalten und mein Arbeitszimmer abschließen. Mein Ziel habe ich erreicht, wenn ich kleine und anspruchslose Tätigkeiten grundsätzlich zu den Zeiten erledige, da ich oft für andere da sein muss, und die großen und schweren Aufgaben so platziere, dass ich an meinem Arbeitsplatz allein bin. Mein Telefon wird zu diesen Zeiten auf meinen Kollegen Kurt umgeschaltet, so wie ich auch umgekehrt bereit bin, seine Anrufe für zwei Stunden am Tag zu übernehmen. Um dieses Ziel noch in diesem Jahr zu erreichen, werde ich bei der nächsten Abteilungsbesprechung eine entsprechende schriftliche Vorlage einbringen und mich dafür einsetzen, dass derartige ‚stille Stunden‘ generell eingeführt werden.“

Wenn Sie Ziele formulieren, gehört das Ergebnis stets dazu:

WER macht WAS,

mit WEM,

bis WANN,

für welches ERGEBNIS?

Vielleicht sind Sie am Ende dieses ersten Kapitels erstaunt, dass bislang über Tipps zur „professionellen Gesprächsführung“ so wenig ausgeführt wurde. Doch ehe in den nächsten Kapiteln konkrete Details erörtert werden, möchte ich noch auf den Titel dieses Kapitels eingehen: Von der Effizienz zur Effektivität.

15Diese beiden arg in Mode gekommenen Begriffe werden leider zunehmend sinngleich verwendet, obschon sie mitnichten dasselbe bedeuten. Während unter Effizienz die Wirkkraft verstanden wird, meint Effektivität die tatsächlich erzielte Wirkung. Mit anderen Worten: Effizienz ist ein tätigkeitsorientierter Begriff, während sich die Effektivität auf das Ziel hin orientiert. An einem mechanischen Beispiel lässt sich dieser Unterschied verdeutlichen: Die Effizienz einer Maschine ist eine Angabe über deren Wirkungsgrad, beispielsweise das Drehmoment beim Motor. Damit ist jedoch noch keine Angabe darüber gemacht, wozu diese Maschine eingesetzt wird, welches Ziel damit erreicht werden soll. Übertragen auf die menschliche Arbeit meint Effizienz, die Dinge richtig zu machen. Es leuchtet jedoch ein, dass es nicht reicht, die Dinge lediglich richtig zu machen, ab und zu muss man auch mal die richtigen Dinge machen. Letzteres ist eine Frage der Effektivität.

Die verbreitete Orientierung an der Effizienz klingt bei Mark Twain so:

„Nachdem wir unser Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“

Es reicht also nicht, effizient Gespräche zu führen, denn das meint nur, dass die Wirkkraft im Gespräch groß war. Gespräche werden ja in der Regel geführt, um Ziele zu erreichen (selbst Partygeplauder stellt mehr dar als unterhaltsamen Zeitvertreib).

Dieses Kapitel sollte verdeutlichen, dass auch die beste Gesprächsführung Stückwerk bleibt, wenn sie nicht ein konkretes, vorstellbares Ziel beinhaltet. Nichts anderes meint ein aufs erste Lesen lapidar klingender Satz Martin Luthers:

„Ans Ziel kommt nur, wer eines hat.“

16

Abb. 1-3

172. KapitelErkennen der eigenen Gesprächshaltung

Mit Gesprächshaltung wird ein Verhalten bezeichnet, das aufgrund von Einstellungen und inneren Überzeugungen zustande kommt; es ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und unterliegt kaum situativen Faktoren. Bei vielen Menschen ist das Gesprächsverhalten spontan. Wenn Sie genau hinhören, werden Sie feststellen, dass die einzelnen Gesprächsreaktionen einander ähneln, unabhängig vom jeweiligen Gesprächspartner oder Thema.

Vielleicht sind Sie nun neugierig geworden und möchten Ihre spontane Gesprächshaltung erfahren. Dafür habe ich in Anlehnung an Roger Mucchielli (Roger Mucchielli: Das nicht-direktive Beratungsgespräch. Otto Müller Verlag, Salzburg 1972.) einen kleinen Test zusammengestellt, mit dem Sie entdecken können, wie flexibel Sie auf unterschiedliche Gesprächsanfänge reagieren.

Im Folgenden finden Sie zehn Gesprächsausschnitte, wie sie so oder ähnlich im Alltag vorkommen. Zu jeder Einstiegsäußerung des Gesprächspartners finden Sie sechs unterschiedliche Gesprächsreaktionen formuliert, die jede für sich genommen das Gespräch in eine bestimmte Richtung führen können. Wenn Sie sich die sechs Äußerungen durchgelesen haben, kreuzen Sie bitte die Antwort an, die Ihrer eigenen Reaktion am ehesten entspricht. Sollte Ihnen gar keine Äußerung gefallen – was bei der Vielzahl der individuellen Möglichkeiten durchaus der Fall sein kann –, so kreuzen Sie einfach die Erwiderung an, die der, die Sie gegeben hätten, zumindest inhaltlich 18nahe kommt. Wenn Sie die Antworten spontan ankreuzen, werden Sie etwa 15 Minuten benötigen. Im Anschluss daran finden Sie eine Anleitung, wie Sie diesen Test selbst auswerten können.

Gesprächsausschnitt Fall 1

Sie arbeiten gerade im Vorgarten. Ein Nachbar kommt vorbei und bleibt für ein kurzes Gespräch stehen. Er deutet mit dem Kopf auf den Korb mit den zusammengefegten Blättern und sagt mit Nachdruck:

„Egal, was die anderen sagen, ich habe mir jedenfalls so einen Laubsauger geholt. Sonst wächst mir das einfach über den Kopf, und das Laub muss weg von der Einfahrt, damit man sich das nicht jedes Mal alles ins Haus trägt. Natürlich ist das laut, aber eben auch viel schneller.“

Ihre Antwort(1) Wieviele Dezibel erzeugt denn so ein Laubsauger?

(2) Das finde ich jetzt aber nicht so toll! Ich hoffe, Sie halten dann wenigstens die Ruhezeiten ein.

(3) Ach, das kann ich doch für Sie mitmachen, wenn ich bei mir fege. Am besten, Sie bringen das Gerät zurück. Dann hat auch niemand unter dem Lärm zu leiden.

(4) Ich weiß ja, wie gern Sie neue technische Geräte mögen. Da konnten Sie wahrscheinlich trotz des Geräuschpegels nicht widerstehen.

(5) Sie finden so ein Gerät praktisch, aber wegen des Lärms machen Sie sich Gedanken.

(6) Na, so schlimm wird das mit dem Lärm ja nicht sein. Hier mäht doch jeder mal Rasen oder schreddert was oder so.

Gesprächsausschnitt Fall 2

Eine Freundin ist durch eine wichtige Prüfung gefallen und völlig frustriert. Sie erzählt Ihnen von dem Prüfungsgespräch:

„… und er hat ewig und ewig auf dieser Zeichnung herumgeritten. Ich hab sonst alles erklären können, und er sagt einfach nur, ich hätte ja nicht mal den Versuchsaufbau verstanden.“

19Ihre Antwort(1) Das ist doch total unfair. Allein an der Skizze kann es doch nicht gelegen haben. Der hat Dir wahrscheinlich gar nicht richtig zugehört.

(2) Ich könnte mir vorstellen, dass vielleicht auch Deine Erklärungen nicht alle richtig waren. Du hattest ja auch nur so kurze Zeit zum Lernen.

(3) Du hast das Gefühl, der Prüfer war ganz schön ungerecht und hat die Skizze völlig überbewertet.

(4) Was hat ihm denn an der Zeichnung genau nicht gefallen? Hat er was dazu gesagt?

(5) Ach Mensch, jetzt lass mal den Kopf nicht hängen. Du hast ja noch eine Chance in der Nachprüfung, und beim zweiten Mal hat es noch jeder von uns geschafft.

(6) Vielleicht suchst Du Dir jemand, mit dem Du Deine Unterlagen bis zur Nachprüfung nochmal durchgehst, damit Dir sowas nicht wieder passiert.

Gesprächsausschnitt Fall 3

Sie telefonieren mit Ihrer Mutter, deren Geburtstag bald ansteht. Sie stöhnt:

„Ich weiß noch gar nicht, was ich machen soll. Am liebsten würde ich ganz viele Freunde und Bekannte zum Brunch einladen. Dann müsste ich allerdings Freitag einkaufen, damit ich Samstag Zeit habe, das alles vorzubereiten. Und wenn ich daran nur denke, ist mir das gleich wieder zu viel.“

Ihre Antwort(1) Wahrscheinlich möchtest Du jetzt, dass ich Dir meine Hilfe anbiete.

(2) Du würdest am liebsten alle einladen, aber Du machst Dir Sorgen, dass Du dich damit übernimmst.

(3) Wen willst Du denn einladen? Und was soll es zum Essen geben?

(4) Dann geh doch lieber in den „Grünen Baum“, wie Tante Ursel das gemacht hat. Dann hast Du gar nichts zu tun, und die Welt kostet das auch nicht. Wenn Du willst, ruf ich da gleich mal an, ob die noch etwas frei haben an dem Wochenende.

(5) Also, ich finde das super, dass Du immer noch so viele Leute kennst.

(6) Ach, jetzt entspann dich mal. Das wird schon. Du stehst ja damit nicht allein da.

20Gesprächsausschnitt Fall 4

Einer Ihrer Mitarbeiter, Anfang Dreißig, kommt gleich nach dem Betriebsbeginn zu Ihnen und fragt in etwas aufgeregtem Ton:

„Chef, kann ich ’ne Woche Urlaub nehmen. Am liebsten wäre mir ab sofort, zur Not ab morgen. Nächste Woche bin ich dann wieder voll da.“

Ihre Antwort

(1) Na, bei Ihnen scheint’s ja wohl zu brennen, wenn Sie’s so eilig haben. Nun machen Sie sich mal keine Sorgen. Sie haben meines Wissens noch einigen Resturlaub, also eine Woche, aber erst ab morgen, klar?!

(2) Da wollen wir mal schauen, wie viel Urlaub Ihnen noch zusteht. (Schaut nach.) Sie haben noch 16 Tage, wenn Sie wollen, können Sie eine Woche oder mehr nehmen, nur heute und morgen geht’s auf keinen Fall, wohin mit der Arbeit? Ich denke, Sie nehmen sich ab Mittwoch Urlaub, sagen Sie mir nur rechtzeitig, bis wann Sie wieder da sind.

(3) Was ist denn bei Ihnen los? Geht’s Ihrer Frau nicht gut? Ärger mit den Kindern? Menschenskind, darüber können wir doch sprechen, wir sind doch keine Unmenschen.

(4) Sie scheinen im Moment in einer Notlage zu sein und hoffen mit einer Woche Urlaub da wieder rauszukommen. Am liebsten wäre es Ihnen, wenn Sie gleich wieder gehen könnten.

(5) Na, wenn Sie so aufgeregt sind, dann scheint ja irgendetwas nicht zu stimmen. Ehe ich Sie gehen lasse, möchte ich doch vorher mal hören, was Ihre Kollegen dazu meinen.

(6) Sagen Sie, wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Malen Sie sich mal aus, da wollte jeder so mir nichts, Dir nichts hier hereinplatzen und Urlaub ab sofort haben. Ich habe nichts gegen Ihren Urlaub, aber es gibt schließlich gewisse Regeln im Betrieb, an die wir uns alle halten müssen.

Gesprächsausschnitt Fall 5

Sie besitzen eine Fahrschule. Eines Vormittags erscheint in Ihren Geschäftsräumen eine ältere Dame, die verlegen in der Tür stehenbleibt.

21 „Guten Tag. Ich weiß nicht, ob Sie vielleicht ein paar Minuten für mich Zeit haben. Ich überlege, ob ich noch den Führerschein machen soll oder ob das in meinem Alter nicht schon zu spät ist.“

Ihre Antwort

(1) Wie alt sind Sie denn, wenn ich fragen darf?

(2) Ich glaube, dass es Ihnen hauptsächlich unangenehm wäre, sich noch einmal auf die Schulbank zu setzen.

(3) Sie möchten gern einmal ungestört mit mir darüber reden und das Für und Wider abwägen.

(4) Ach, das ist doch kein Thema. Am besten, Sie probieren es einfach mal aus. In einer Stunde ist einer meiner Fahrlehrer frei, dann können Sie direkt loslegen.

(5) Nun machen Sie sich mal keine Sorgen. Das werden wir schon schaukeln.

(6) Wir haben ab und zu ältere Kunden. Ich finde das immer wahnsinnig mutig. Und ein Fahrzeug braucht man heutzutage einfach, das macht viel unabhängiger.

Gesprächsausschnitt Fall 6

Eine Ihrer Führungskräfte, Mitte Vierzig, erledigt alle Aufgaben in ihrem Bereich zu Ihrer vollsten Zufriedenheit. Sie können sich allerdings nicht erinnern, dass sie irgendwann in den vergangenen Jahren einmal eine Fortbildung besucht hat. Nachdem Sie ihr vorgeschlagen haben, auf ein mehrtägiges Führungskräftetraining zu gehen, antwortet sie knapp:

„Das ist doch nun wirklich nichts für mich. Ne, ne, lassen Sie da mal die Jüngeren hin, die können da noch was lernen, aber mich lassen Sie mal hier im Betrieb. Wer soll denn den Laden in meiner Abwesenheit führen?“

Ihre Antwort

(1) Ich denke, dass mir das nicht schlecht bekäme, wenn ich mal wieder in Ihrem Bereich arbeite, Sie gehen auf das Training und ich vertrete Sie, einverstanden?

(2) Das scheint mir mehr eine Ausrede zu sein, was Sie da sagen. Ich denke, dass es Ihnen gut anstünde, sich auch einmal fortzubilden. Ich 22finde es nicht gut, wenn Sie den Betrieb vorschieben und auf Ihre Fortbildung verzichten. Heutzutage muss man immer am Ball bleiben.

(3) Das hört sich ja gerade so an, als ob Ihnen so eine Fortbildung unangenehm wäre, weil Sie schon Mitte Vierzig sind.

(4) Da lassen Sie sich mal keine grauen Haare wachsen. Die paar Tage wird der Laden auch ohne Sie klarkommen.

(5) Wann waren Sie denn zum letzten Mal auf einer Fortbildung? Welches Thema? Mich interessiert, was Sie da für schlechte Erfahrungen gemacht haben, dass Sie schon seit Jahren auf keine Weiterbildung mehr zu kriegen sind.

(6) Sie denken, wenn Sie mal ein paar Tage fort sind, dann sehen wir, dass es auch ohne Sie ganz gut läuft.

Gesprächsausschnitt Fall 7

Sie trainieren eine Jugendmannschaft. Im Juni findet in Ihrem Verein immer ein Schnuppertag statt mit dem Ziel, neue Mitglieder zu gewinnen und Kinder und Jugendliche für eine Sportart zu begeistern. Auf dem Gang vor den Umkleideräumen spricht Sie ein Jugendlicher, etwa 14 oder 15 Jahre alt, leicht zögernd an:

„Wie ist das eigentlich, ähm, wenn ich hier in der Mannschaft mitspielen möchte, ähm, also kommt man da einfach zum Training, oder entscheiden Sie das, oder wie ist das so?“

Ihre Antwort(1) Ah, ich sehe, Dir hat das Training bei uns gefallen, und jetzt möchtest Du gleich bei uns mitmachen.

(2) Jetzt hast Du ja erstmal Sommerferien. Wenn Du danach vorbeikommst, machen wir ein Probetraining, damit wir sehen, was Du kannst. Dann sehen wir weiter.

(3) Ach, da würde ich mir keine großen Gedanken machen. Das ergibt sich meist irgendwie.

(4) Du überlegst, ob Du bei uns mitmachen möchtest, und bist nicht ganz sicher, wie das abläuft.

(5) Ah, das finde ich immer super, wenn sich jemand in Deinem Alter für Sport interessiert. Heute sitzen ja alle viel zu viel vor der Glotze. Aber sieh Dir besser noch andere Sportarten an, bevor Du dich entscheidest.

23 (6) Aha, Du willst also vielleicht bei uns mitmachen? Hast Du denn schon mal in einer Mannschaft gespielt? Oder an einem Wettkampf teilgenommen? Und wenn ja, auf welchem Level?

Gesprächsausschnitt Fall 8

Zwei Ihrer Mitarbeiter haben sich fürchterlich zerstritten, und Sie sind gebeten worden zu schlichten.

Mitarbeiter Arndt (aufgeregt): „Ich lasse mich nicht in Gegenwart von Kunden derartig zur Sau machen, von dem schon lange nicht!“

Mitarbeiter Bögert (kühl): „Man wird doch wohl noch ganz sachlich sagen dürfen, dass Sie keine Ahnung haben und noch ’ne ganze Menge lernen müssen.“

Ihre Antwort(1) Also der Reihe nach, Herr Arndt, was genau wurde denn nun gesagt, schildern Sie mir bitte den Vorfall einmal aus Ihrer Sicht.

(2) Herr Arndt, wenn ich das gerade richtig mitbekommen habe, fühlen Sie sich bloßgestellt, weil sich das vor Kunden abgespielt hat.

(3) Kritik in Ehren, meine Herren, aber so etwas gehört beim besten Willen nicht vor die Ohren unserer Kundschaft, wenn Sie mich da bitte richtig verstanden haben.

(4) Mir scheint, dass hier eine Rivalität vorliegt, die wohl tiefere Ursachen hat. Herr Bögert, mir ist aufgefallen, dass Sie sich mit Herrn Arndt häufiger reiben, seit er in Ihrem Bereich arbeitet.

(5) Nun, wenn die beiden Herren nicht miteinander arbeiten können, dann sollten wir uns überlegen, ob eine Trennung nicht am besten wäre. Ich denke, Herr Arndt, dass wir für Sie auch einen anderen Aufgabenbereich haben.

(6) Nun machen Sie mal halblang meine Herren. Wir wollen uns doch alle miteinander vertragen. Kommen Sie, wir trinken jetzt einen Kognak und Sie vertragen sich wieder, und dann reden wir in aller Ruhe darüber.

24Gesprächsausschnitt Fall 9

In der Mittagspause setzt sich eine Ihrer Kolleginnen zu Ihnen und beginnt voller Bitterkeit über ihre neue Vorgesetzte zu klagen:

„Da hat man uns vielleicht eine Null vorgesetzt! Wenn ich wollte, könnte ich die schon lange in die Tasche stecken, aber auf mich hört ja keiner. Die werden schon sehen, was sie sich mit der eingehandelt haben.“

25Ihre Antwort(1) Haben Sie Geduld, manchmal braucht man einfach Zeit, um sich aneinander zu gewöhnen. Vielleicht werden Sie sich mit der Zeit besser verstehen. Dann bessert sich auch Ihre Situation.

(2) Sie wollten selbst auf diesen Posten befördert werden und sind entsprechend sauer, weil man Sie dabei übergangen hat.

(3) Ihre neue Vorgesetzte scheint Ihnen dermaßen unqualifiziert, dass Sie am liebsten mal zeigen würden, wie man diesen Job richtig ausführt. Aber im Moment haben Sie überhaupt keine Hoffnungen, dass das etwas bringt.

(4) Sie spielen da aber kein faires Spiel. Das bringt doch nichts, wenn Sie Ihre ganze Kraft da hineinlegen, Ihre Chefin auszustechen.

(5) Wo kommt Ihre Chefin eigentlich her? Was hat sie vorher gemacht und wissen Sie zufällig, warum sie dort aufgehört hat?

(6) In so einer Situation ist es natürlich am besten, wenn Sie mit einem Protokoll von Einzelbeobachtungen zu Ihrem Hauptabteilungsleiter gehen und ihm das einmal vortragen. Wenn Ihnen der Weg zu riskant ist, dann können Sie in der Redaktion unserer Hauspostille einen gezielten Hinweis lancieren. Die kümmern sich dann darum. Womöglich ist die Beförderung Ihrer Chefin sogar ein gefundenes Fressen für den Betriebsrat.

Gesprächsausschnitt Fall 10

Sie unterrichten an einer weiterführenden Schule. In der nächsten Woche werden Sie mit Ihrer Klasse auf Klassenfahrt gehen. Jetzt hat sich überraschend eine Schülerin abgemeldet. Sie bitten sie in der Pause zu sich, um ihre Gründe zu erfahren. Das Mädchen sagt:

„Darüber möchte ich eigentlich nicht sprechen. Schon gar nicht mit Ihnen.“

Ihre Antwort

(1) Du möchtest lieber nicht, dass ich Deine Gründe kenne.

(2) Ich schlage vor, Deine Gründe ganz offen mit mir zu besprechen und erst dann eine Entscheidung zu fällen.

(3) Gut finde ich das natürlich nicht. Ich denke, wir sollten schon Vertrauen zueinander haben.

(4) Wenn ich das richtig verstehe, hat es ausschließlich mit mir zu tun, dass Du nicht mitfahren willst.

(5) Mach Dir keine Sorgen. Was immer Du mir zu sagen hast, ich erzähle es bestimmt niemand weiter.

(6) Ich möchte das nur wirklich gern wissen. Was ist denn nun der Grund, dass Du so plötzlich absagst?

Einzelauswertung der Übung

Beginnen Sie, die Nummer Ihrer Antwort zu jedem Gesprächsausschnitt in der unten stehenden Tabelle einzutragen, indem Sie das Kästchen schraffieren, das – je nach Fall – die Nummer Ihrer spontanen Antwort aufweist, ohne dass Sie sich schon um die Buchstaben in der ersten, linken Spalte kümmern.

Fall

Fall

Fall

Fall

Fall

Fall

Fall

Fall

Fall

Fall

Summe

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

A

2

1

5

6

6

2

5

3

4

3

B

4

2

1

5

2

6

1

4

2

4

C

6

5

6

1

5

4

3

6

1

5

D

1

4

3

3

1

5

6

1

5

6

E

3

6

4

2

4

1

2

5

6

2

F

5

3

2

4

3

3

4

2

3

1

Sie haben nun den Test ausgewertet. In der Summenspalte rechts tragen Sie ein, wie viele Kästchen Sie pro Zeile schraffiert haben. Der Wert der jeweils markierten Zahl spielt keine Rolle. Unabhängig von der Anhäufung in den einzelnen Zeilen, können Sie jetzt schon Aussagen darüber machen, ob sich Ihre Antworten gleichmäßig auf 26alle Zeilen verteilen, also etwa zwei pro Zeile, oder ob es typische Häufungen gibt, in einer Zeile also mehr als fünf Antworten liegen.

Wer also beispielsweise in Zeile A sechs Kästchen schraffiert hat und in Zeile E vier, von dem lässt sich sagen, dass 60% seiner spontanen Antworten einem A-Verhalten entsprechen und 40% seiner Antworten dem E-Verhalten zuzuordnen sind.

Möglicherweise werden Sie langsam ungeduldig, wollen endlich erfahren, was sich hinter diesen Buchstaben A bis F verbirgt, wollen die Auflösung Ihres Tests wissen. Wenn Sie fünf Seiten weiterblättern, finden Sie die entsprechenden Erläuterungen. Auf den folgenden Seiten soll zuvor herausgearbeitet werden, was die verschiedenen Erwiderungen im Gesprächspartner auslösen können.

Im Gesprächsausschnitt 9 setzte sich beispielsweise eine Kollegin in der Mittagspause zu Ihnen und begann voller Bitterkeit über ihre neue Vorgesetzte zu klagen:

„Da hat man uns vielleicht eine Null vorgesetzt! Wenn ich wollte, könnte ich die schon lange in die Tasche stecken, aber auf mich hört ja keiner. Die werden schon sehen, was sie sich mit der eingehandelt haben.“

Schauen wir uns hierzu die erste Gesprächsreaktion einmal genauer an:

„Haben Sie Geduld, manchmal braucht man einfach Zeit, um sich aneinander zu gewöhnen. Vielleicht werden Sie sich mit der Zeit besser verstehen. Dann bessert sich auch Ihre Situation.“

Auf den ersten Blick wirkt diese Äußerung ermutigend. Stimmt! (Abb.2-1)

Doch wer sagt uns, dass die Kollegin Trost und Ermutigung benötigt? Wer so in Fahrt ist, wird diesen sicherlich gut gemeinten Zuspruch eher als Herunterspielen wahrnehmen. Es ist sogar zu vermuten, dass der Kollegin im Moment gar nicht der Sinn danach steht, sich im Laufe der Zeit mit ihrer neuen Vorgesetzten besser zu verstehen. Wir können kaum annehmen, dass die Kollegin auf diese Äußerung erwidern wird:

27

Abb. 2-1

„Ja, da haben Sie eigentlich Recht. Wahrscheinlich wird es das Klügste sein, ich warte einfach eine Weile ab und sehe zu, dass ich mit ihr gut auskomme.“

Ermutigende, tröstende Äußerungen vermitteln leicht die Botschaft von „Kopf hoch!“ bzw. „Nur Mut, es wird schon werden“. Wer jedoch den Kopf nicht hängen lässt oder nicht mutlos ist, kann derartige Reaktionen leicht als betuliches Gehabe aufnehmen und sich entsprechend unwillig abwenden.

 

Nehmen Sie Wut und Ärger ernst. Ermutigung wirkt häufig bagatellisierend.

Wie steht’s mit der zweiten Gesprächsreaktion?

„Sie wollten selbst auf diesen Posten befördert werden und sind entsprechend sauer, weil man Sie dabei übergangen hat.“

Wie mag diese Äußerung auf die Kollegin wirken? Selbst wenn wir annehmen, dass es sich so verhält, besteht ein erhebliches Risiko, folgende Antwort zu erhalten:

28 „Darum geht’s mir gar nicht. Ich finde es nur schlimm, wie so eine Niete auf so einen Posten gesetzt werden kann. Man muss doch auch mal die Folgen bedenken und überhaupt …“

Die Reaktion 2 enthält die Unterstellung, dass die Kollegin nur deswegen sauer ist, weil sie bei der Beförderung nicht berücksichtigt wurde und in Wirklichkeit auf ihre neue Chefin eifersüchtig ist, denn die sitzt nun auf dem Stuhl, den sie sich selbst gewünscht hatte. Die Kollegin müsste schon sehr selbstkritisch sein und über ihren eigenen Schatten springen, wenn sie das freimütig zugeben könnte. Nicht weil die Unterstellung daneben liegt, wehrt man sich, sondern weil Menschen für gewöhnlich keinen Gefallen daran finden, von anderen – schon gar nicht von Geschäftskollegen – durchschaut zu werden. Wie viel schlimmer, wenn die Unterstellung eine völlige Fehlinterpretation ist und die Kollegin überhaupt keine Ambitionen auf diesen Posten hatte. Wir dürfen wohl zu Recht annehmen, dass das Gespräch schnellstmöglich beendet wird.

 

Wenn Sie Interpretationen vermeiden wollen, fragen Sie nach.

Analysieren wir die dritte Gesprächsreaktion:

„Ihre neue Vorgesetzte scheint Ihnen dermaßen unqualifiziert, dass Sie am liebsten mal zeigen würden, wie man diesen Job richtig ausführt. Aber im Moment haben Sie überhaupt keine Hoffnung, dass das etwas bringt.“

So wenig diese Reaktion inhaltlich etwas vermittelt, so viel verdeutlicht sie der Kollegin, dass ganz genau zugehört wurde. Dieses Zuhören (im folgenden Kapitel wird zwischen umschreibendem und aktivem Zuhören unterschieden) dient der Klärung: Wird doch überprüft, ob die Gesprächspartnerin völlig hoffnungslos ist, diese missliche Lage zu beeinflussen.

 

29Durch umschreibendes oder aktives Zuhören bringen Sie Ihrem Gesprächspartner vor allem Verständnis entgegen. Sie zeigen damit, wie sehr Sie bemüht sind, sich in die individuelle Problemlage hineinzudenken.

Wie lautete die vierte Äußerung?

„Sie spielen da aber kein faires Spiel. Das bringt doch nichts, wenn Sie Ihre ganze Kraft da hineinlegen, Ihre Chefin auszustechen.“

Hier sieht sich die Kollegin in ihrem Verhalten plötzlich bewertet. Sobald jedoch in einem Gespräch einer der Partner seine Bewertung eines Sachverhalts mitteilt, wird der andere automatisch dazu veranlasst, Stellung zu beziehen. Das kann Zustimmung sein. Sie können jedoch beobachten, dass viele Menschen einen ausgeprägten Hang zur Individualität besitzen und einer ungebetenen Bewertung relativierend, wenn nicht ablehnend begegnen.

So kann ich mir in unserem Beispiel gut vorstellen, dass die als „unfair“ bezeichnete Kollegin sich rechtfertigt oder anderweitig zeigt, dass sie natürlich fair ist, beispielsweise so:

„Es geht mir doch nicht darum, hier irgendjemanden auszustechen und sei er noch so unqualifiziert. Wissen Sie, es ist einfach nur traurig, mit ansehen zu müssen, wie eine ganze Abteilung vor die Hunde geht …“

Mit wertenden Äußerungen, ob Lob oder Tadel, bringen Sie eine moralische Komponente ins Gespräch, die leicht vom Wesentlichen ablenken kann und den Gesprächspartner nötigt, sich mit Ihrer Meinung auseinander zu setzen, ohne dass er bereits Gelegenheit gehabt hätte, seinen Standpunkt ausführlich darzulegen.

Aber es gab ja noch mehr Erwiderungsmöglichkeiten:

„Wo kommt Ihre Chefin eigentlich her? Was hat sie vorher gemacht und wissen Sie zufällig, warum sie dort aufgehört hat?“

Jetzt wird Interesse gezeigt. Jetzt geht’s zur Sache. Klare Fragen bringen das Gespräch auf den Punkt. Aber was ist denn hier das Wesentliche? Löst sich die Verbitterung der Kollegin, wenn geklärt wird, wo 30die Chefin herkommt? Hilft es ihr weiter, wenn sie der Frage nachgeht, was die Vorgesetzte zuvor gemacht hat? Zudem übernimmt der Frager die Initiative im Gespräch, und es entsteht der Eindruck, dass die Klärung der Fragen auch automatisch zu einer Problemlösung führen wird. Schön wär’s!

Wenn Ihrem Gesprächspartner die Fragen nicht nachvollziehbar sind, kann dieser die Situation nur zu leicht als Ausfragen erleben, was zu entsprechendem Unmut führt; damit einher geht die Gefahr, dass die Fragen nur zögernd oder gar geschönt beantwortet werden, weil Ihr Gesprächspartner die Bedeutung seiner möglichen Antwort noch nicht versteht.

Und wie ist es um die letzte Äußerung bestellt: (Abb.2-2)

Abb. 2-2

„In so einer Situation ist es natürlich am besten, wenn Sie mit einem Protokoll von Einzelbeobachtungen zu Ihrem Hauptabteilungsleiter gehen und ihm das einmal vortragen. Wenn Ihnen dieser Weg zu riskant ist, dann besteht immer noch die Möglichkeit, in der Redaktion unserer Hauspostille einen gezielten Hinweis zu lancieren. Die kümmern sich dann darum. Womöglich ist die Beförderung Ihrer Chefin sogar ein gefundenes Fressen für den Betriebsrat.“

31Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, jetzt bekommt die Kollegin genau das, worum es ihr doch wohl geht. Es bedarf jedoch keiner großen Phantasie, sich vorzustellen, dass die gut gemeinten Ratschläge „leider“ nicht umsetzbar sind, etwa so:

„Na, da kennen Sie aber unseren Hauptabteilungsleiter schlecht. Wenn ich da so ankäme, könnte ich mich gleich beerdigen lassen. Und was unsere Hauspostille betrifft, die haben sich doch Anfang des Jahres so ins Fettnäpfchen gesetzt, da läuft nichts mehr …“

Eine Redewendung sagt: „Ratschläge sind auch Schläge.“ Dies gilt ganz besonders für ungebetene Ratschläge.

Das rasche, meist voreilige Anbieten einer Lösung, eines Ratschlags kann Ihren Gesprächspartner einengen. Dieser spürt, dass er zu einem bestimmten Verhalten gebracht werden soll. Er verschließt sich deswegen häufig und neigt dazu, sich gegen die Lösung abzuschotten, selbst wenn diese objektiv betrachtet für ihn nützlich wäre.

Bei diesem kleinen Test zum Entdecken spontaner Gesprächshaltungen ging es nur um Gesprächsanfänge. Vielleicht entsteht der Eindruck, ich favorisiere als Gesprächsreaktion ausschließlich „Verständnis“. Dies trifft lediglich für den Gesprächsanfang zu. Jede dieser Reaktionsmöglichkeiten hat ihren Stellenwert zu ihrer Zeit. Mit anderen Worten, in der professionellen Gesprächsführung können Sie sehr wohl Ratschläge erteilen, aber erst, wenn Ihr Gesprächspartner zu verstehen gibt, dafür offen zu sein, bzw. Sie sogar direkt darum bittet. Auch Fragen können das Mittel der Wahl sein, ganz besonders bei der Analyse von Sachverhalten. Soweit Fragen Ihrem Gesprächspartner nachvollziehbar sind, wird ihm die darin enthaltene Gesprächslenkung sogar hilfreich erscheinen. Kommt ein Gesprächspartner verzweifelt oder niedergeschlagen zu Ihnen, sind ermutigende und aufbauende Reaktionen nicht nur angebracht, sondern erforderlich. Manchmal drücken sich Gesprächspartner so verwirrend aus, dass nur mit viel Interpretationsgeschick der Sinn zu erfassen ist. In manchen Gesprächen erwarten die Partner auch eine Wertung in Form von Zustimmung bzw. Ablehnung. Wichtig ist auch hier der angemessene Zeitpunkt. Lädt der Gesprächspartner zur Wertung ein oder wird dem anderen die persönliche Meinung aufgedrängt?

32Nach dieser ausführlichen Erarbeitung der Gesprächsreaktionen ist es Zeit, Ihnen die Testauflösung in die Hand zu geben. Im Folgenden finden Sie eine Zusammenstellung der Antworttendenzen, die sich hinter den Buchstaben A bis F verbergen. Da diese sechs Reaktionen in Gesprächen sehr häufig als erste Antwort erfolgen, kann von „Antworttendenz“ gesprochen werden, denn durch die erste Erwiderung wird bereits eine allgemeine Grundstimmung deutlich, die den weiteren Verlauf des Gesprächs maßgeblich mitbestimmen wird.

Antworttendenzen in einem Gespräch

(A) Ihre Antworten sind wertend, d.h., sie implizieren einen moralischen Standpunkt und beinhalten ein ablehnendes oder zustimmendes Urteil über den Gesprächspartner.

(B) Ihre Antworten sind Interpretationen. Sie verstehen nur, was Sie verstehen wollen, Sie betonen, was Ihnen wichtig erscheint, und Ihr Verstand sucht nach einer Erklärung. Es kommt vor, dass Sie dabei die Aussage des Gesprächspartners verzerren bzw. seinen Gedankengang verfremden.

(C) Ihre Antworten haben stützenden/tröstenden Charakter und zielen auf eine Ermutigung, Beruhigung oder einen Ausgleich ab. Sie empfinden eher Mitleid und glauben, dass man das Problem/die Sache nicht noch stärker dramatisieren sollte.

(D) Ihre Antworten sind forschend. Sie bemühen sich, mehr zu erfahren und lenken das Gespräch in die Richtung, die Ihnen wichtig erscheint, verdächtigen u.U. den Gesprächspartner, das Wichtigste zu verschweigen oder die Zeit zu verschwenden. Sie sind offensichtlich in Eile und bedrängen den Gesprächspartner mit Ihren allzu direkten Fragen.

(E) Sie neigen dazu, in Ihren Antworten eine sofortige Lösung des Problems zu geben. Sie reagieren durch Handeln und drängen zur Tat. Sie finden sofort die Lösung, die Sie geben würden; Sie warten nicht ab, bis Sie mehr erfahren haben. Sicherlich werden Sie bei dieser Vorgehensweise den Gesprächspartner und sein Anliegen los.

33 (F) Ihre Antworten zeigen Verständnis und spiegeln Ihre Bemühungen wider, sich wirklich in die Problemlage des Gesprächspartners zu versetzen. Sie wollen vor allem sichergehen, das Gesagte richtig verstanden zu haben. Diese Haltung ermutigt den Gesprächspartner und regt ihn zu weiteren Ausführungen an.

Wer sich nicht auf seine Vermutung verlassen möchte, wird selbstkritisch prüfen, wieweit der Gesprächspartner wirklich offen und interessiert ist für das, was man so schrecklich gern äußern will.

Eine derartige „Prüfung“ könnte beispielsweise lauten: (Abb.2-3)

Abb. 2-3

„Ich frage mich gerade, ob Sie meine Einschätzung (Meinung, Ansicht, Bewertung) der Situation interessiert.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe (richtig vermute).“

„Ich überlege mir gerade, wieweit Sie von mir einen Rat erwarten.“

34 „Mir gehen gerade einige Fragen durch den Kopf, ich bin mir jedoch nicht schlüssig, ob sie weiterhelfen.“

„Ich möchte Sie gern ermutigen, befürchte jedoch, dass das als Herunterspielen missverstanden werden kann.“

Sie können sicher sein, dass Ihr Gesprächspartner direkt darauf eingeht, Sie auffordernd anschaut, wenn er wirklich Interesse hat. Ich will Ihnen jedoch nicht verhehlen, dass Sie bei derartiger selbstkritischer Prüfung oftmals die schmerzliche Erfahrung machen werden, dass Sie keine Gelegenheit erhalten, Ihren Redebeitrag loszuwerden. Ihr Gesprächspartner äußert beispielsweise: „Doch, das interessiert mich brennend, wissen Sie, es ist nämlich so, dass ich …“ und dann redet er und redet und redet.

Eine Möglichkeit, sich die verschiedenen Gesprächstendenzen bewusst zu machen, besteht darin, die eigene Wahrnehmung zu schärfen. Der Gesprächsausschnitt neun wurde bereits ausführlich besprochen. Ich schlage Ihnen vor, dass Sie sich die anderen neun Fälle noch einmal vornehmen und die sechs jeweiligen Gesprächsreaktionen so klassifizieren, dass Sie die Benennung jeweils neben jede Erwiderung notieren, ehe Sie diese mit der Auflösung vergleichen. Vielleicht entdecken Sie auf diesem Wege, dass Sie nun, am Kapitelende, beim zweiten Durcharbeiten ganz anders ankreuzen. Sie können zunächst noch einmal an diesen Textbeispielen üben. In einem weiteren Schritt anhand tatsächlicher Gesprächsreaktionen (Ihrer eigenen sowie die Ihrer Mitmenschen) werden Sie erkennen, um welche Art der Erwiderung es sich jeweils handelt. Schon nach kurzem Üben werden Sie entdecken, wie Ihre geschärfte Wahrnehmung für Gesprächsreaktionen auch ihr eigenes Gesprächsverhalten beeinflusst.

353. KapitelDie vier Arten des Zuhörens

Mancher Leser wird womöglich erstaunt sein, weil er in einem Buch über „Professionelle Gesprächsführung“ nicht gerade ein Kapitel über das Zuhören sucht. Doch gekonntes Zuhören erweist sich, im Vergleich zu anderen Methoden der Beeinflussung im Gespräch (wie z.B. Fragen, Ratschläge, Kommentare etc.), als eine der besten Möglichkeiten, die Führung im Gespräch zu behalten. Es ist bezeichnend, dass in Untersuchungen über die Erfolgsmechanismen herausragender Führungspersönlichkeiten immer wieder das professionelle Zuhörverhalten betont wird.

Im Folgenden unterscheide ich vier Formen des Zuhörens und ihre Wirkung auf den Gesprächspartner:

(1) „Ich-verstehe“-Zuhören

Hierbei handelt es sich im Grunde genommen gar nicht um Zuhören, sondern um den Auftakt zum eigenen Sprechen. Weil es jedoch als unhöflich gilt, dem anderen direkt ins Wort zu fallen, hat es sich eingebürgert, ihn mit einer „netten Floskel“ zum Schweigen zu bringen, wie das „Ich verstehe, …“ oder auch das „Ja, da haben Sie Recht, aber …“ oder das beliebte „Ja, da bin ich ganz Deiner Meinung, weißt du, ich …“ und ähnliche Formulierungen.

Vielleicht fallen Ihnen weitere Beispiele ein wie folgende Szene, die sich in einem Elektrofachgeschäft zutrug:

36Kunde: „Ich hab’ bei Ihnen vor einiger Zeit, ich glaub’, es ist jetzt sechs Wochen her, so eine Niedervolt-Installation gekauft, und zwar eine große, gleich mit 200 Watt, also das sind gut sechs Meter quer durch den Raum, nicht wahr …“

Verkäufer: „Ich verstehe, und nun wollen Sie noch weitere Einzelspots installieren. Kommen Sie doch gerade mal mit, da kann ich Sie auf ein besonders günstiges Angebot hinweisen, das haben wir ganz neu reinbekommen.“

Kunde: „Ja, aber ich wollte eigentlich nur wissen, wie das mit dem Stromverbrauch ist, wenn ich ganz wenige Strahler dran hängen habe.“ Und so weiter.

Erinnert Sie folgende Szene, am Nachbartisch in der Kantine belauscht, an ähnliche Begebenheiten?

Kollege A: „Mensch das ist vielleicht eine Sauerei, jetzt haben die uns doch den Zeitplan zum dritten Mal geändert. Also ich weiß bald nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Erst hieß es, wir haben für die Abwicklung sechs Wochen Zeit, dann wurden plötzlich fünf Wochen draus, und gestern haben sie uns gesagt, bis zum Monatsende muss alles fertig sein. Und weißt du, was das Schlimmste ist, Krämer hat sich doch an der Bandscheibe operieren lassen und fällt mindestens noch weitere vier Wochen aus.“

Kollege B: „Oh, das kann ich gut verstehen, Mensch, bin ich froh, dass ich damals noch die Kurve gekriegt hab’, euch zu verlassen, um ins Labor zu gehen. So was gibt es bei uns nicht, weißt du, wir haben …“

Sie können übrigens beim „Ich-verstehe“-Zuhören sehr schön beobachten, dass vor dem Sprechen, als nichtverbaler Auftakt, in der Regel ein Kopfnicken, ein leichtes Vorbeugen oder Aufrichten und ein Luftholen vorangeht – alles Zeichen, nun selbst zum Zuge kommen zu wollen.

Nichts gegen echtes Verstehen, aber hinter der Formulierung „Das kann ich verstehen“ oder „Ich verstehe das“ kommt dann nichts Weiteres, sozusagen ein sprachlicher Punkt. Eine Pause oder ein aufmunternder Blick regt den Gesprächspartner zum weiteren Sprechen an.

Bei diesem Pseudo-Zuhören verwundert, wie unbekümmert die Beteiligten aneinander vorbeireden und sich mit konventionellen Redewendungen abspeisen bzw. ein Zuhören vorgaukeln lassen. 37Aber vielleicht stößt sich auch deswegen keiner daran, weil diese Floskeln allgemein verbreitet sind, so wie auch kaum einer über die Redewendung „mein Beileid“ nachdenkt, es sei denn, der Sprecher merkt im letzten Moment, wie wenig er ja tatsächlich leidet. Dann fällt ihm prompt „Mein tief empfundenes, aufrichtiges Beileid“ ein.

(2) Aufnehmendes Zuhören

Im Duden heißt es: „Seine Aufmerksamkeit auf Worte oder Töne richten.“ Diese Aufmerksamkeit gilt es, hör- undsichtbar zu zeigen, damit der Gesprächspartner wahrnimmt, dass ihm aufnehmend zugehört wird. Dazu gehört zunächst einmal das Schweigen. Dabei muss zwischen „Schweigen“ und „echtem Schweigen“ unterschieden werden, denn auch ohne zu sprechen sind wir in der Lage,

einen Kommentar zum Gehörten abzugeben, z.B. durch hörbar lautes Ausatmen oder leichtes Kopfwiegen oder gar -schütteln,

unsere Ungeduld zum Ausdruck zu bringen, z.B. durch rasches Luftholen und Nach-vorn-Beugen,

unser Desinteresse kundzutun, indem wir uns mit etwas anderem beschäftigen oder interessiert woanders hinschauen.