Professor Zamorra 1264 - Michael Breuer - E-Book

Professor Zamorra 1264 E-Book

Michael Breuer

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Beschreibung

Ein Donnern zerriss den Himmel über dem nächtlichen Loire-Tal. Gaston Moreau blickte nach oben.
Am Himmel war kein einziges Wölkchen zu sehen. Lediglich das kalte Licht namenloser Sterne erhellte die Dunkelheit.
Gaston runzelte die Stirn. Gerade als er seinen Weg in Richtung Dorf fortsetzen wollte, donnerte es abermals.
Und dann sah er es:
Ein schwarzes, zylindrisches Ding jagte über das nächtliche Firmament ...


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Inhalt

Cover

Bluthund des ERHABENEN

Leserseite

Vorschau

Impressum

Bluthund des ERHABENEN

von Michael Breuer

Ein Donnern zerriss den Himmel über dem nächtlichen Loire-Tal. Gaston Moreau blickte nach oben.

Kein einziges Wölkchen war zu sehen. Lediglich das kalte Licht namenloser Sterne erhellte die Dunkelheit.

Und dann sah er es.

Ein schwarzes, zylindrisches Ding jagte über das nächtliche Firmament. Im ersten Moment hielt Gaston es für ein Flugzeug, bis ihm schlagartig klar wurde, dass es sich mitnichten um einen Flieger handelte.

Gaston erstarrte, als er begriff, dass es direkt auf ihn zuraste ...

Gaston unterdrückte einen Schrei. Jetzt erkannte er ganz deutlich, dass es sich tatsächlich nicht um ein Flugzeug handelte.

Aber was war es dann?

Dem Franzosen blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Der zylindrische schwarze Flugkörper jagte durch den Nachthimmel mit einem irrsinnigen Tempo auf ihn zu.

Der unbekannte Pilot schien völlig die Kontrolle verloren zu haben.

Gaston sog scharf die Luft ein, dann endlich reagierte er und warf sich der Länge nach ins feuchte Gras. In Erwartung des nahenden Endes schloss er die Augen.

Der Flugkörper raste in ungefähr einem Meter Höhe über den Franzosen hinweg. Deutlich spürte er den scharfen Luftzug. Der Lärm drohte ihm das Trommelfell zu zerreißen.

Es dauerte einige Sekunden, bis Gaston begriff, dass er immer noch lebte.

Vorsichtig öffnete er die Augen wieder und wälzte sich im Gras herum. Gerade noch rechtzeitig, um mitzuerleben, wie der zylindrische Flugkörper auf eine ferne Hügelkuppe zuraste.

Der Franzose glaubte schon, das UFO im nächsten Moment daran zerschellen zu sehen, doch der Pilot kriegte gerade noch rechtzeitig die Kurve.

Haarscharf jagte der Flugkörper über die Hügelkuppe hinweg und verschwand in der dahinter liegenden Dunkelheit. Gleich darauf war lautes Donnern zu hören, als die unsanfte Landung erfolgte.

Keuchend stemmte sich Gaston Moreau vom Boden auf.

Jetzt erst, da die unmittelbare Todesgefahr vorbei war, fand er die Kraft, seine Gedanken zu sammeln.

Gaston hatte sich auf dem Weg zurück in sein Heimatdorf Saint-Cyriac befunden, nachdem er den Abend bei Freunden in Feurs verbracht hatte. Die Stadt lag ein gutes Stück entfernt. Deshalb hatte Gaston auch den Wagen benutzt. Dass sein Gefährt ausgerechnet wenige Kilometer vor dem Dorf den Geist aufgeben würde, war allerdings nicht zu erwarten gewesen. Gaston war nichts anderes übrig geblieben, als seinen Heimweg zu Fuß fortzusetzen, denn über eines dieser neumodischen Mobiltelefone verfügte er nicht.

Totenstille lag über dem nächtlichen Loire-Tal. Nichts wies darauf hin, dass vor wenigen Sekunden ein unbekannter Flugkörper aus dem Nachthimmel gestürzt war.

Der Franzose holte tief Atem. Kurz dachte er noch einmal an seine Frau, die daheim auf ihn wartete und ihn zweifelsohne längst vermisste, dann setzte er sich übergangslos in Bewegung und marschierte zielstrebig auf die nahe Hügelkuppe zu.

Innerlich fröstelte er. Immerhin hatte er keinen blassen Schimmer, was es mit dem merkwürdigen Flugkörper auf sich hatte. Allerdings konnte es durchaus sein, dass der Pilot seine Hilfe brauchte. Das Ganze schien keine kontrollierte Landung gewesen zu sein, sondern hatte vielmehr wie ein Absturz ausgesehen.

Während Gaston auf den Hügel zustiefelte, versuchte er, seine unguten Ahnungen zu unterdrücken. Sein Heimatdorf schien die Mächte des Bösen förmlich magisch anzuziehen. Das war schon seit seiner frühen Jugend so gewesen. Er konnte sich noch lebhaft an die Knochenhorden Leonardo de Montagnes erinnern. Über dreißig Jahre war es jetzt her, dass die Skelettkrieger ihr Unwesen getrieben hatten. Seitdem war es nicht besser geworden. Immer wieder spielten sich im Loire-Tal schaurige Dinge ab.

Endlich erreichte der Franzose den Gipfel des kleinen Hügels und blickte hinab in die dahinter liegende Senke. Der zylindrische schwarze Flugkörper hatte sich mit der Spitze voran in den Boden gegraben. Dennoch schien das Objekt zumindest äußerlich unbeschädigt geblieben zu sein.

Gaston holte noch einmal tief Luft, dann gab er sich einen Ruck und bewegte sich vorsichtig in Richtung des abgestürzten Flugobjekts. Seine Gedanken jagten sich.

Bereits nach wenigen Metern verwarf er seine Überlegung, dass es sich vielleicht um eine Art Experimentalflugzeug handelte. Das Ding stammte nie und nimmer von der Erde.

Unruhig leckte er sich über die Lippen. Er überlegte, was er als Nächstes tun sollte. Alles in ihm drängte danach, die Flucht zu ergreifen. Andererseits war da die Neugier ...

Während Gaston noch überlegte, öffnete sich unvermittelt die dunkel verglaste Kanzel des zylindrischen Flugkörpers.

Der Mann, der sich mit einem Stöhnen ins Freie kämpfte, war von hagerer Statur. Er trug eine schwarze, lederartige Kombination, unter der sich deutlich die durchaus vorhandenen Muskeln abzeichneten.

Er hatte graues, schulterlanges Haar, das im Mondlicht fast weiß schimmerte.

Das Gesicht das Unbekannten war hohlwangig und wurde dominiert von den schwarzen Augen, die wie Tunnel in die Unendlichkeit wirkten. Die linke Braue fehlte. Dort konnte Gaston eine waagerechte Narbe erkennen, die bis zur Schläfe reichte.

Und noch ein Detail fiel dem Franzosen auf, als der Fremde den Kopf wandte und Gaston direkt ansah – nämlich die unnatürlich spitzen Zähne.

Kreatürliche Gier blitzte in den schwarzen Augen des Piloten auf ...

Ein Vampir, durchzuckte es Gaston Moreau.

Zwar war er in seinem Leben persönlich noch keinem Blutsauger begegnet, doch er zweifelte keine Sekunde daran, dass es sich um einen solchen handelte.

Und dieses Exemplar war sehr durstig. Die Augen des Langhaarigen funkelten gierig. Die Finger waren angriffslustig zu Krallen verkrümmt.

Gaston schloss mit seinem Leben ab. Er wusste, im nächsten Moment würde sich das unheimliche Geschöpf ohne Gnade auf ihn stürzen und ihm den Lebenssaft aus den Adern saugen.

Alles in ihm schrie danach, sich endlich herumzuwerfen und die Flucht zu ergreifen, doch er blieb wie angewurzelt stehen. Es schien, als würden ihn die Blicke des Vampirs förmlich festnageln.

Ohne Gaston aus den Augen zu lassen, schwang sich der Blutsauger aus der Kanzel des Flugobjekts und kam geschmeidig wie eine Raubkatze am Boden auf. Dann machte er ein, zwei Schritte auf den Franzosen zu. Trotz seines Blutdursts blieb er vorsichtig.

Gaston runzelte die Stirn. Jetzt, da er ihm direkt gegenüberstand, konnte er den Vampir genauer mustern. Der Blick des Unheimlichen flackerte und huschte immer wieder hin und her. Er machte einen etwas desorientierten Eindruck. Das war wahrscheinlich eine Folge der unsanften Landung, nahm dem Blutsauger aber natürlich nichts von seiner Gefährlichkeit.

Ein weiterer Schritt ...

Der Vampir hatte sein Opfer jetzt fast erreicht. Schon blähten sich die Nasenflügel gierig auf, als der Blutsauger den köstlichen Duft der Beute witterte.

Gaston Moreau ballte die Fäuste so fest, dass sich seine Nägel in die Handballen gruben. Zu mehr war er nicht fähig. Er wusste, obwohl sein Herz noch schlug, war er im Grunde bereits tot. Vampire kannten keine Gnade, so hieß es doch, oder?

Schon überwand der Blutsauger die letzte Distanz. Er hatte sich Gaston jetzt so weit genähert, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Zweifellos kostete es ihn ungeheure Überwindung, sich nicht sofort auf sein Opfer zu stürzen. Wollte er das sadistische Spiel etwa bis zur Neige auskosten? Es schien fast so.

Der Franzose schloss die Augen, als sein Gegenüber ein tierhaftes Knurren hören ließ. Der Atem des Blutsaugers kam stoßweise. Kurioserweise huschte Gaston in diesem Augenblick die Frage durch den Kopf, warum ein Vampir überhaupt atmete, aber eine Antwort würde er wohl nie bekommen.

Wieder fletschte der Blutsauger gierig die Zähne. Sein Atem wehte Gaston ins Gesicht, und unwillkürlich hielt er die Luft an.

Dann blinzelte das Monster. Für einen kurzen Augenblick klärte sich sein Blick.

»Planet ... Erde?«, brachte der Vampir guttural hervor.

Gaston nickte, während sich seine Gedanken überschlugen. Das Geschöpf schien tatsächlich aus den Tiefen des Raums zu stammen.

Etwas wie Erleichterung blitzte in den Augen des Blutsaugers auf.

»Wo genau?«, wollte er wissen. Seine Hände krallten sich in Gastons Jackenaufschlägen fest. Gleichwohl schien seine Angriffslust für den Moment verflogen zu sein.

»Frankreich, südliches Loire-Tal«, antwortete der Dörfler wie aus der Pistole geschossen.

Der Vampir atmete sichtlich auf.

»Zamorra«, brachte er hervor. »Kennst du ihn?«

Gaston nickte abgehackt. Als er den Namen des Parapsychologen hörte, war ihm, als gösse ihm jemand einen Kübel Eiswasser über den Schädel. Er hätte sich denken können, das Zamorra darin verwickelt war, wenn aus heiterem Himmel ein UFO mit einem Vampir im Tal abstürzte!

»Ich muss mit ihm reden. Es ist dringend!«, ließ der Blutsauger wissen.

Für einen kurzen Moment verflog Gastons Angst und machte unterschwelliger Wut Platz. Er fragte sich, was Zamorra dem Dorf jetzt wieder für eine Suppe eingebrockt hatte. Der Schlossherr von Château Montagne schien Schwierigkeiten geradezu magisch anzuziehen. Doch das Gefühl verflog so schnell, wie es gekommen war. Immerhin wusste er nur allzu gut, wie oft Zamorra die Menschen der Region schon vor den Mächten des Bösen beschützt hatte.

»Lass mich leben«, bat Gaston Moreau. »Ich kann dich zu ihm bringen!«

»Gut«, knurrte der Vampir. Er löste seinen Griff und schwankte einen Moment.

Er ist krank, erkannte Gaston messerscharf. Vielleicht hat er zu lange kein Blut mehr getrunken ...

Aber diesen Gedanken verwarf er sogleich wieder. Blut war für ihn immerhin in greifbarer Nähe. Ein herzhafter Schluck aus Gastons Adern, und alles wäre wieder im Lot. Ihm musste also etwas anderes fehlen!

Aber damit sollten sich Zamorra und seine Leute herumschlagen. Er war schließlich Bauer und kein Vampirdoktor!

»Komm mit«, forderte Gaston den Blutsauger auf. Vorsichtig wandte er sich um und winkte den Unheimlichen hinter sich her. Dabei achtete er darauf, keine hektischen Bewegungen zu machen. Immerhin wusste er nicht, wie der Vampir darauf reagieren würde. »Kannst du laufen?«

Der Blutsauger nickte abgehackt, und das ungleiche Paar setzte sich langsam in Bewegung.

»Weit?«, knurrte der Vampir, nachdem sie die ersten Meter hinter sich gebracht hatten. Offensichtlich war er kein Mann vieler Worte. Oder das Sprechen strengte ihn einfach zu sehr an, und er schonte seine dringend benötigten Kräfte.

Gaston schüttelte den Kopf, besann sich dann darauf, dass der andere die Geste in der Dunkelheit vielleicht nicht sehen konnte und antwortete: »Nein. In einer Viertelstunde müssten wir die ersten Ausläufer des Dorfs sehen können. Unmittelbar in der Nähe liegt Zamorras Schloss.«

»Gut«, antwortete der Vampir und ließ sich dann doch zu einem Informationsschnipsel hinreißen: »Ich war schon einmal hier.«

Gaston nahm das interessiert zur Kenntnis, sah aber davon ab, entsprechend nachzuhaken. Er hatte das Gefühl, dass sein unheimlicher Begleiter nicht zum Small Talk aufgelegt war.

Schweigend marschierten die beiden ungleichen Männer weiter. Es war eine sternklare Nacht, doch die Ebene vor ihnen verschwamm in tintiger Dunkelheit. Endlich gelangten sie zurück zur Straße, die sich wie ein grauer Lindwurm durch die Landschaft des Loire-Tals wand.

»Hier entlang«, erklärte Gaston und deutete in die entsprechende Richtung.

Einige Minuten später konnten sie bereits vereinzelte Gehöfte sehen. Dahinter befanden sich die ersten Ausläufer des Dorfes.

Und auf einem Berg unmittelbar hinter dem Ort lag Château Montagne, Zamorras Stammsitz.

Obwohl das Schloss nur als verwaschener dunkler Fleck in der Nacht wahrnehmbar war, straffte sich die Gestalt des Vampirs. Sein Ziel lag jetzt in greifbarer Nähe.

Ein leises Knurren war zu hören, und abermals fürchtete Gaston Moreau um seinen kostbaren Lebenssaft ...

Château Montagne.

Professor Zamorra levitierte.

Er befand sich im sogenannten »Zauberzimmer« im zweiten Stock des Schlosses. Der Raum war durch spezielle Dämonenbanner und Siegel gegen unbefugte Eindringlinge gesichert. Zamorra zog sich oft hierher zurück, wenn er gewisse magische Experimente vornahm.

Zuweilen suchte er den Raum auch auf, wenn es im Château allzu turbulent zuging und er innere Einkehr halten wollte.

Zamorra trug einen mitternachtsblauen Hausanzug aus Seide, der mit allerlei gelben, ineinander verschlungenen Symbolen bestickt war. Er hatte die Augen geschlossen und schwebte im Lotussitz ungefähr zwei Finger breit über dem kühlen Steinboden. In einer Feuerschale brannten geheimnisvolle Kräuter und erfüllten den Raum mit aromatischem Duft. Aus einer dunklen Ecke klang fremdartige Meditationsmusik. Zamorras Gesicht wirkte absolut entspannt.

Der Parapsychologe hatte die Kunst der Levitation vor vielen Jahren von einem mysteriösen indischen Swami erlernt. Leider war es ihm jedoch nie gelungen, sie zur Gänze zu meistern. Wenn Zamorra während seiner Meditationsübungen den Zustand totaler Entspannung erreichte und losgelöst von den Gesetzen der Schwerkraft zu schweben begann, gelangen ihm höchstens ein paar wenige Zentimeter. Mehr war ihm nicht vergönnt.

Für Zamorra war das völlig in Ordnung. Er fühlte sich ganz wohl, wenn er mit beiden Beinen sicher auf dem Boden stand. Schließlich war er kein Comic-Superheld wie der Magier Doktor Strange, dessen psychedelisch gezeichnete Abenteuer er in den wilden Sechzigern mit großem Vergnügen gelesen hatte.

Die Gedanken an seine lang zurückliegende Studienzeit rissen Zamorra aus seiner tiefen Konzentration. Abrupt kehrte er aus dem Trancezustand zurück.

Merde, dachte er noch, dann landete er auch schon unsanft auf dem Hosenboden.

Der Parapsychologe brauchte einen Moment, um in die Wirklichkeit zurückzufinden.

Gerade als er sich vom Boden hochstemmte, flog völlig unvermittelt die Tür des Zauberzimmers auf. Die Silhouette einer langhaarigen Gestalt tauchte im Türrahmen auf. Auch seine Lebens- und Kampfgefährtin Nicole Duval hatte sich auf einen gemütlichen Abend daheim eingerichtet. Entsprechend trug sie nicht mehr als einen weiten Bademantel.

Ein Blick in das Gesicht seiner Partnerin zeigte ihm jedoch überdeutlich, dass aus dem beschaulichen Abend wohl nichts werden würde.

»Wir kriegen Besuch, Chef«, verkündete sie, und ihre Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass es sich wohl nicht um einen Höflichkeitsbesuch handelte.

Zamorra schüttelte die letzten Reste seiner Benommenheit ab und sprang in einer geschmeidigen Bewegung auf die Füße.

»Was ist los?«, fragte er.

Die braunen Augen der Französin funkelten. In ihren Pupillen zeigten sich die typischen goldenen Tupfen, die stets auftraten, wenn sie sehr aufgeregt war.

Seine Partnerin deutete auf das Fenster hinter Zamorra. »Da draußen ist irgendetwas abgestürzt«, erklärte sie.

Der Tonfall Nicoles ließ keinen Zweifel daran, dass es sich dabei kaum um ein normales Verkehrsflugzeug gehandelt haben dürfte.

»Etwas?«, hakte Zamorra stirnrunzelnd nach.

Die Französin zuckte mit den Schultern. »Wenn ich das wüsste«, erwiderte sie. »Das Dorf hat telefonisch Alarm geschlagen. Wenn wir den Leuten glauben können, herrscht dort unten gerade UFO-Alarm!«

Zamorra kniff die Augen zusammen. Seine Gedanken jagten sich. Während seiner Laufbahn als Dämonenjäger hatten sie es immer wieder einmal mit Gefahren aus den Tiefen des Raums zu tun bekommen. Unwillkürlich fiel ihm die DYNASTIE DER EWIGEN ein. Seit dem Ende der Angst-Krise und dem Sieg über Tan Morano hatte man nichts mehr von den Ewigen gehört. Sollte sich das nun ändern?

»Das sehen wir uns an«, entschied er. Wenn an der Meldung wirklich etwas dran war, war es besser, keine Zeit zu verlieren. Zamorra wollte nicht daran schuld sein, wenn die Dörfler durch irgendwelche Aliens in Gefahr gebracht wurden.

Nicole nickte nur knapp. Sie hatte offenbar nichts anderes von ihm erwartet.

Die beiden Dämonenjäger verzichteten darauf, sich erst umzuziehen. Dazu war keine Zeit. Wenn tatsächlich Außerirdische gelandet waren, zählte jede Minute.

Sie schnappten sich den Autoschlüssel und zwei E-Blaster, dann eilten sie in Richtung Schlosshof.

An den Garagen angekommen, entschied Zamorra:

»Du fährst.«

Nicole grinste breit. »Gute Entscheidung«, gab sie zurück. »Wenn ich dich hinters Steuer lasse, sind wir morgen noch nicht da!«

»Sag nicht, du willst mir dein neues Monster vorführen!«

Die Französin war dafür bekannt, das sie gerne einen heißen Reifen fuhr. Zamorra stellte sich im Geiste darauf ein, dass es ein halsbrecherischer Trip werden würde.

Tatsächlich drückte Nicole ordentlich auf die Tube. Der Motor ihres nagelneuen 850 PS starken quietschgelben Manhart TR 850 röhrte auf. Schon raste das Fahrzeug über die gewundene Serpentinenstraße den Berg hinunter in Richtung Dorf.

Zamorra atmete tief durch, verzichtete aber darauf, seine Gefährtin zu bitten, das Tempo zu drosseln. Nicole kannte die Strecke wie ihre Westentasche, und sie hatte in den letzten Tagen das Geschoss ausgiebig getestet.

Außerdem hatten sie es eilig. Zamorra hätte sich nie verziehen, wenn den Dörflern durch zu zögerliches Handeln etwas zugestoßen wäre. Viele von ihnen waren im Laufe der Jahrzehnte zu einem erweiterten Teil der Familie geworden.

Mit quietschenden Reifen erreichten sie die ersten Ausläufer des Dorfes. Jetzt erst drosselte Nicole das Tempo.

Langsam, aber immer noch mit röhrendem Motor, rollte der Wagen die Straße entlang in Richtung Ortskern. Mit zusammengepressten Lippen blickte Zamorra sich um. Hinter den meisten Fenstern brannte noch Licht, aber im Freien war kein Mensch zu sehen.

Das änderte sich, als die Dämonenjäger den zentralen Dorfplatz erreichten.

»Oh verdammt, was will der denn hier?«, entfuhr es Nicole unwillkürlich. Exakt derselbe Gedanke war auch Zamorra gerade durch den Kopf gefahren.

Auf dem Dorfplatz hatten sich einige Menschen eingefunden. Sie hielten zwei Männer in Schach, die mitten auf der Hauptstraße standen. Einer von ihnen war ein gewisser Gaston Moreau, wie sich Zamorra dunkel erinnerte. Er lebte in Saint-Cyriac.

Der andere Mann hielt Moreau am Oberarm gepackt. Er trug eine schwarze, lederartige Kombination aus einem unbekannten Material und sah aus, als sei er nicht zu Scherzen aufgelegt.

Es handelte sich um Starless Bibleblack, den Zamorra zum letzten Mal im Zuge der Angst-Krise vor einigen Jahren zu Gesicht bekommen hatte.

Starless war eine Mischung aus Vampir und Mensch. Er konnte die eine oder andere Seite seiner Person hervorkehren, wie ihm gerade der Sinn stand. Auf Blut konnte er durchaus verzichten, sollte gerade keins zur Verfügung stehen. Er war in der Lage, sich ganz normal auf herkömmliche Weise zu ernähren, wenn es nötig war.

Die Lebensgeschichte von Starless war tragisch. Das wusste Zamorra. Seine verschlungene Biografie mochte manche seiner zurückliegenden Handlungen erklären, rechtfertigte sie aber kaum. Auch wenn Zamorra und der Halbvampir schon Seite an Seite gekämpft hatten, so blieb er doch ein Killer.

Und wie es aussah, kam seine böse Seite gerade überdeutlich zum Vorschein.