Prophetenlegenden des Islam - Dr. Gustav Weil - E-Book

Prophetenlegenden des Islam E-Book

Dr. Gustav Weil

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Beschreibung

Die vorliegende Sammlung islamischer Prophetenlegenden beschäftigt sich mit biblischen Persönlichkeiten wie Adam, Noah, Abraham, Moses, Jesus, u. a., welche als Gesandte Gottes im Islam einen sehr hohen Stellenwert einnehmen. Der abendländische Leser wird in den dargebotenen Geschichten biblisch Vertrautes, aber auch Unbekanntes entdecken.

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Morgenländische Schatztruhe 2. Band.

Inhalt.

Kap. Adam.

Kap. Nuh, Hub und Salih.

Kap. Idris.

Kap. Ibrahim.

Kap. Yusuf.

Kap. Musa und Harun.

Kap. Samwil, Talut und Dawud.

Kap. Sulayman und die Königin von Saba.

Kap. Yahya, Mariam und Isa.

Prophetenlegenden des Islam

1. Kapitel.

Adam.

NACH den zuverlässigsten, zu uns gelangten Berichten ward Adam freitagnachmittags zur Asr-Stunde1 geschaffen. Die vier höchsten Engel, Jibril2, Mikail3, Israfil4 und Azrail5 mußten von den vier Enden der Welt die Erde herbeibringen, aus der Gott seinen Körper bildete, für Herz und Kopf wurde aber nur Erde aus dem Gebiet von Mekka und Medina, von der Stelle, wo später die heilige Kaaba und das Grab Muhammads sich erhob, genommen. Obgleich noch leblos, erregte er doch das Erstaunen und die Bewunderung aller Engel, die an der Pforte des Paradieses, wo ihn Gott hingelegt hatte, vorüberflogen. Iblis6 aber, der Adams schöne Gestalt und geistreiches, liebliches Aussehen beneidete, sagte zu den Engeln: „Wie mögt ihr an einem hohlen, aus Erde geschaffenen Wesen, Wohlgefallen finden? Von diesem Geschöpf ist nur Schwäche und Gebrechlichkeit zu erwarten!“

Nachdem alle Bewohner des Himmels, mit Ausnahme des Iblis, mit ehrfurchtsvollem Schweigen Adam angestaunt, priesen sie Gott, den Schöpfer dieses ersten Menschen, welcher so groß war, daß, wenn er aufrecht auf der Erde stand, sein Kopf bis zum ersten der sieben Himmel hinaufreichte.

Gott ließ dann die 1.000 Jahre vor Adams Körper geschaffene Seele in das von ihm ausstrahlende Lichtmeer tauchen, und befahl ihr Adam zu beleben. Sie zeigte einiges Widerstreben die unendlichen Räume des Himmels zu verlassen und ihren Wohnsitz im engen Körper eines Menschen zu nehmen. Aber Gott rief ihr zu: „Belebe Adam gegen deinen Willen, und zur Strafe wegen deines Ungehorsams, sollst du dich einst auch wieder gegen deinen Willen von ihm losreißen!“ Hierauf hauchte Gott die Seele mit solcher Gewalt an, daß sie durch die Nase in Adams Kopf einzog. Sobald sie seine Augen erreichte, öffneten sie sich. Adam sah den Thron Gottes mit der Inschrift: Es gibt keinen Gott außer Gott dem Einzigen, und Muhammad ist Gottes Gesandter. Die Seele drang dann zu den Ohren und er vernahm den Lobgesang der Engel; hierauf ward seine eigene Zunge gelöst und er rief: „Sei gepriesen, o Schöpfer! Einziger! Ewiger!“ und Gott antwortete ihm: „Dazu bist du geschaffen; du sollst mich anbeten und deine Nachkommen auch, dann findet ihr stets Gnade und Barmherzigkeit bei mir.“

So durchdrang nun die Seele alle Glieder Adams, bis sie endlich zu seinen Füßen gelangte und ihm die Kraft verlieh, sich zu erheben. Als er aber aufrecht stand, mußte er seine Augen schließen, denn sie konnten nicht das Licht ertragen, das aus der Mitte des göttlichen Thrones ihnen entgegenstrahlte.

„Was bedeutet dieses Licht?“ fragte er Gott, indem er die eine Hand gegen den Thron erhob und mit der anderen seine Augen beschirmte.

„Es ist das Licht eines Propheten“, antwortete Gott, „der von dir abstammen und in späterer Zeit zur Welt kommen wird. Bei meiner Herrlichkeit! Nur um seinetwillen habe ich dich und die ganze Welt geschaffen! Er führt im Himmel den Namen Ahmad7 und wird einst auf Erden Muhammad genannt. Durch ihn wird die Menschheit von den Irrwegen der Lüge und des Lasters wieder auf den Pfad der Wahrheit und der Tugend zurückgeführt.“

Gott rief dann alles Geschaffene und mit Leben Begabte in die Nähe Adams und lehrte ihn die Namen aller Säugetiere, aller Vögel und Insekten, ja sogar aller Fische im Meere, so wie die Art ihrer Begattung und Ernährung, ihre ganze Lebensweise und den Zweck ihres Daseins. Endlich wurden auch die Engel versammelt und Gott befahl ihnen, sich vor Adam, als dem vollkommensten, freiesten, durch göttlichen Hauch belebten Geschöpf zu verbeugen.

Israfil gehorchte zuerst, weshalb ihm auch Gott das Buch des Schicksals anvertraute, die anderen Engel folgten seinem Beispiel; nur Iblis war ungehorsam, indem er mit Hochmut sprach: „Wie soll ein von Feuer geschaffener Engel sich vor einem aus Erde gebildeten Menschen verbeugen?“ weshalb er auch aus der Mitte der Engel verstoßen und ihm der Eingang in das Paradies versagt ward.

Adam ward es wohler als Iblis aus seiner Nähe verbannt war, und er hielt, auf Gottes Befehl, vor den in 10.000 Reihen vor ihm aufgestellten Engeln, eine Predigt, in welcher er besonders Gottes Allmacht und die Wunder seiner Schöpfung pries. Bei dieser Gelegenheit zeigte er auch den Engeln, daß er sie an Gelehrsamkeit, und besonders an Sprachkenntnis, – er wußte nämlich jedes Wesen in 70 Sprachen zu benennen – weit überträfe. Nach dieser Predigt ließ ihm Gott durch Jibril eine Traube aus dem Paradies reichen, und sobald er sie gegessen hatte, versank er in einen tiefen Schlaf.

Während Adam schlief, schuf Gott aus einer Rippe von seiner linken Seite ein Weib, das er Hava8 nannte, weil sie von einem Lebenden9genommen worden, und legte sie neben Adam hin. Sie war ihm vollkommen ähnlich, nur waren ihre Züge feiner, ihre Haare länger und in 700 Flechten zerteilt, ihre Gestalt zarter, ihre Augen schmachtender und ihre Stimme reiner als die Adams.

Während Gott Hava mit aller weiblichen Schönheit und Anmut ausstattete, träumte Adam von einem zweiten ihm ähnlichen menschlichen Wesen, denn er hatte ja alle ihm vorgestellten Tiere auch paarweise gesehen. Als er daher beim Erwachen Hava an seiner Seite fand, näherte er sich ihr liebevoll und wollte sie umarmen. Obgleich aber ihre Liebe zu ihm die seinige zu ihr noch übertraf, leistete sie ihm doch Widerstand und sagte: „Gott ist mein Herr, nur mit seiner Erlaubnis kann ich die Deinige werden, auch ziemt es nicht dem Weibe, sich dem Mann ohne Heiratsgeschenk hinzugeben.“

Adam bat hierauf den Engel Jibril, für ihn bei Gott um Hava anzuhalten und anzufragen, was er als Morgengabe zu entrichten habe. Jibril kehrte bald wieder mit der Antwort zurück: „Gott schenkt dir Hava als Gattin, denn er hat sie nur zu diesem Zweck aus einem Teile deines Körpers geschaffen; du sollst sie aber auch wie dich selbst lieben, und mit Milde und Güte behandeln. Als Morgengabe fordert er von dir, daß du zwanzigmal für Muhammad, seinen Liebling, betest, für den Propheten, dessen Körper einst auch aus deinem Fleisch und deinem Blut gebildet wird, dessen Seele aber viele tausend Jahre vor Erschaffung der Welt schon seinen heiligen Thron umschwebte.“

Ridhwan, der Pförtner des Paradieses, führte dann für Adam das geflügelte Pferd Maymun herbei und für Hava ein leichtfüßiges weibliches Kamel. Jibril half ihnen aufsteigen und geleitete sie ins Paradies, wo alle anwesenden Engel und Tiere sie mit den Worten: „Willkommen Vater und Mutter Muhammads!“ begrüßten. Mitten im Paradies war ein grünes seidenes Zelt für sie aufgeschlagen, mit goldenen Pfeilern, und im Zelt stand ein Thron, auf welchem Adam neben Hava sich niederließ, worauf dann der Vorhang des Zeltes sich von selbst schloß.

Als Adam und Hava wieder in den Garten traten, befahl ihnen Jibril im Namen Gottes sich in einem der vier Paradiesflüsse zu baden, und nach der Reinigung redete sie Gott selbst folgenderweise an: „Ich habe euch diesen Garten zur Wohnung bestimmt, ihr seid darin vor Hitze und vor Kälte, vor Hunger wie vor Durst geschützt. Genießt nach Lust alles was er euch bietet, nur eine Frucht10, bleibe euch versagt. Hütet euch wohl, dieses eine Verbot zu übertreten, und wappnet euch gegen die Ränke eures Feindes Iblis; er beneidet euch und stellt euch fortwährend nach, um euch zu verderben, weil er um euretwillen gestürzt worden; seine List ist groß!“

Adam und Hava hörten aufmerksam Gottes Wort und lebten lange, nach einigen Überlieferungen 500 Jahre, im Paradies, ohne sich nur der verbotenen Frucht zu nähern.

Iblis, welcher Gottes Verbot gehört, trieb sich lange in den Straßen des Himmels, vor dem ihm verschlossenen und von dem Engel Ridhwan bewachten Paradies herum, in der Hoffnung, eine Gelegenheit zu finden, sich hineinzuschleichen und das Menschenpaar zur Sünde zu verleiten. Eines Tages trat ein Pfau vor die Pforte des Paradieses. Dieser Vogel, mit seinem Gefieder von Smaragd und Perlen, war nicht nur der schönste aller Vögel, sondern auch seine Stimme war damals noch so lieblich und klangreich, daß er berufen war, jeden Tag Gottes Lob in den Hauptstraßen des Himmels zu verkünden. „Dieser schöne Vogel“, dachte Iblis, als er ihn erblickte, „ist gewiß auch recht eitel, vielleicht gelingt es mir, ihn durch Schmeichelei zu überreden, daß er mich unbemerkt ins Paradies bringe.“

„Bewunderungswürdigster aller Vögel“, sagte Iblis zum Pfauen, als er fern genug von der Paradiespforte war, daß Ridhwan ihn nicht mehr hören konnte, „gehörst du zu den Vögeln des Paradieses?“

„Jawohl, und wer bist du? Du siehst dich ja so scheu und erschrocken um, als verfolge dich jemand?“

„Ich gehöre zu den Cherubim die stets Gott preisen müssen; ich bin unbemerkt entwichen, um schnell das Paradies zu sehen, das Gott den Frommen bestimmt; willst du mich unter deinen herrlichen Flügeln verbergen?“

„Warum soll ich eine Tat begehen, durch welche ich mir Gottes Ungnade zuziehe?“

„Nimm mich mit dir, reizendes Geschöpf! ich lehre dich drei geheimnisvolle Worte, die dich vor Krankheit, Alter und Tod bewahren.“

„Müssen denn die Bewohner des Paradieses auch sterben?“

„Alle, ohne Ausnahme, die sich nicht durch diese drei Worte vor dem Tode schützen.“

„Sprichst du wahr?“

„Bei Gott dem Allmächtigen!“

Der Pfau glaubte diesem Eid, denn er hielt ei nicht für möglich, daß ein Geschöpf bei seinem Schöpfer einen falschen Eid schwöre. Da er indessen fürchtete, Ridhwan möchte ihn bei seinem Wiedereintritt ins Paradies streng untersuchen, beharrte er bei seiner Weigerung, Iblis mitzunehmen, versprach ihm aber, ihm die kluge Schlange herauszuschicken, welche eher Mittel finden würde, ihn auf irgendeine Weise ins Paradies einzuführen. Die Schlange war nämlich ursprünglich die Königin aller Tiere. Sie hatte einen Kopf wie Rubin und Augen wie Smaragd. Ihre Gestalt war der eines Kameles ähnlich, die schönsten Farben spiegelten sich auf ihrer Haut und ihre Haare waren zart wie die einer edlen Jungfrau. Ihre Nähe war Moschus und Ambra duftend, ihre Nahrung Safran, Lobgesang waren ihre Töne. Die lieblichen Ufer des Kautharflusses11 ihre Lagerstätte. Sie ward 1.000 Jahre vor den Menschen geschaffen und als Havas einstige Gespielin herangebildet. „Dieses schöne und vernünftige Tier“, dachte der Pfau, „wird noch mehr als ich im Besitz ewiger Jugend und Gesundheit bleiben wollen, und wegen der drei geheimnisvollen Worte etwas hinter dem Rücken Ridhwans zu unternehmen wagen.“ Er hatte sich nicht geirrt, denn sobald er der Schlange erzählt, was ihm widerfahren, rief sie aus: „Wie! Vom Tode soll ich heimgesucht werden? Mein Lebenshauch soll erlöschen? Meine Zunge verstummen? Meine Glieder sollen erstarren? Augen und Ohren sich schließen und mein lichtstrahlender Körper zu Staub werden? Nimmermehr! Möge Ridhwans Zorn mich treffen, ich eile zum Cherub und führe ihn zu Adam, wenn er mich die drei Worte lehrt.“

Die Schlange lief sogleich zum Paradies hinaus und ließ sich von Iblis nochmals wiederholen, was ihr der Pfau berichtet. Iblis bestärkte seine Aussage abermals durch einen heiligen Schwur.

„Wie soll ich dich unbemerkt ins Paradies bringen?“ fragte jetzt die Schlange.

„Ich werde mich so klein zusammenziehen, daß ich in der Lücke zwischen deinen Vorderzähnen Platz finde.“

„Wie kann ich aber dann antworten, wenn Ridhwan mich anredet?“

„Fürchte nichts! Ich flüstere heilige Namen, bei denen Ridhwan verstummen muß.“

Die Schlange öffnete hierauf ihren Mund, Iblis flog hinein und setzte sich zwischen ihren Zähnen fest und vergiftete sie für alle Ewigkeit.

Als sie vor Ridhwan, welcher keinen Laut von sich geben konnte, glücklich vorüber waren, öffnete die Schlange ihren Mund und hoffte, der Cherub werde jetzt in seiner früheren Engelsgestalt neben ihr hergehen. Iblis wollte aber noch bleiben und Adam aus ihrem Mund und in ihrem Namen anreden, wozu endlich auch die Schlange, aus Furcht vor Ridhwan und aus Verlangen nach den drei heilsamen Worten, ihre Einwilligung gab. Vor Havas Zelt angelangt, stieß Iblis einen schweren Seufzer aus – es war der erste, welchen der Neid einer lebenden Brust erpreßt.

„Warum bist du heute so niedergeschlagen, geliebte Schlange!“ fragte Hava.

„Ich bin für deine und deines Gatten Zukunft besorgt“, antwortete Iblis, die Stimme der Schlange nachahmend.

„Haben wir denn nicht alles was wir nur wünschen können in diesen Gärten Edens?“

„Das ist wahr, doch die edelste Frucht in diesem Garten, die einzige die euch vollkommene Seligkeit verschaffen könnte, ist euch untersagt.“

„Haben wir nicht der Früchte in Menge, verschieden an Farbe und Geschmack? Warum sollten wir nicht eine entbehren können?“

„Wüßtest du, warum diese eine euch verboten ist, so würden alle anderen dir wenig Genuß gewähren.“

„Kennst du die Ursache?“

„Allerdings, und das ist es was mich so betrübt. Diese Frucht allein verleiht ewige Jugend und Gesundheit, während alle anderen nur Schwäche, Kränklichkeit, Alter und zuletzt den Tod, das heißt, das Aufhören alles Lebens, nach sich ziehen.“

„Du hast von solchen Dingen noch nie gesprochen, teure Schlange, woher weißt du das alles?“

„Mir sagte es ein Engel, den ich unter dem verbotenen Baume traf.“

„Ich muß ihn auch sehen und sprechen“, sagte Hava, verließ ihr Zelt und ging nach dem verbotenen Baum zu. In diesem Augenblick sprang Iblis, welcher Havas Neugierde kannte, aus dem Mund der Schlange heraus und stand in Engelsgestalt mit Menschengesicht unter dem Baum, noch ehe ihn Hava erreicht hatte.

„Wer bist du, sonderbares Geschöpf, desgleichen ich noch nie gesehen?“

„Ich bin ein zum Engel gewordener Mensch.“

„Wodurch bist du zum Engel geworden?“

„Durch den Genuß dieser Frucht, welche ein neidischer Gott mir bei Todesstrafe verboten hatte. Ich fügte mich lange diesem Verbot, bis ich immer älter und schwächer ward; meine Augen sahen nicht mehr klar, meine Ohren vernahmen nichts mehr, meine Zähne waren alle ausgefallen, so daß ich weder verständlich sprechen, noch harte Früchte genießen konnte; meine Hände zitterten, meine Füße wankten, mein Kopf hing über die Brust herunter und mein Rücken krümmte sich; ich sah so häßlich aus, daß alle Tiere des Paradieses vor mir die Flucht ergriffen, da wünschte ich den Tod herbei und hoffte ihn im Genuß dieser Frucht zu finden; aber siehe da, kaum hatte ich sie im Mund, ward ich wieder verjüngt, wie in den ersten Tagen meines Daseins, und obwohl inzwischen viele tausend Jahre verschwunden sein mögen, bemerke ich doch nicht mehr die mindeste Veränderung, weder in meinem Aussehen noch in meinen Kräften.“

„Sprichst du wahr?“

„Bei dem Gott, der mich geschaffen.“

Hava glaubte diesem Schwur und brach eine Ähre von dem Weizenbaum ab. – Vor Adams Sünde wuchs nämlich der Weizen auf dem schönsten Baum des Paradieses. Der Stamm sah wie Gold aus, die Zweige wie Silber, die Blätter wie Smaragd. Jedem Zweig entsprossen sieben Ähren wie Rubin und jede Ähre enthielt fünf Körner, weiß wie Schnee, süß wie Honig, wohlduftend wie Moschus und so groß wie ein Straußenei. Hava aß ein solches Korn und da sie es geschmackvoller fand, als alles was sie bisher gekostet, reichte sie Adam das zweite. Adam widerstand lange, nach einigen Gelehrten eine ganze Stunde, welche nach irdischer Zeitrechnung über 80 Jahre beträgt. Als er endlich sah, daß Hava immer gesund und munter dabei blieb, gab er ihren Bitten nach und aß das zweite Korn, das Hava fortwährend nachtrug und ihm jeden Tag dreimal darreichte.

Sogleich stieg die Krone, welche Adams Haupt bedeckte, gen Himmel, seine Ringe fielen ihm von den Händen, sein seidenes Gewand löste sich von ihm los, auch Hava stand jetzt nackt und schmucklos vor ihm da, und sie hörten, wie alle diese Gegenstände ihnen einstimmig zuriefen: „Groß ist euer Unglück, lange eure Trauer, wir sind nur für Gottergebene geschaffen, lebt wohl bis zur Auferstehung!“ Der Thron, welcher in ihrem Zelte für sie errichtet war, der stieß sie zurück mit den Worten: „Fern von mir, ihr seid Widerspenstige!“ Das Pferd Maymun, auf dem Adam fliehen wollte, nahm ihn nicht auf und sagte: „Hast du so Gottes Bündnis bewahrt?“ Alle Bewohner des Paradieses kehrten dem Menschenpaar den Rücken und baten Gott, daß er sie aus diesem heiligen Ort entferne. Gott selbst redete Adam mit einer donnernden Stimme an: „Habe ich dir nicht diese Frucht verboten und dich vor der List deines Feindes Iblis gewarnt?“ Adam wollte diesen Vorwürfen entlaufen und Hava ihm folgen. Aber er ward von den Zweigen des Baumes Talh fest umschlungen und Hava verstrickte sich in ihren eigenen ungeordnet flatternden Haaren.

„Vor Gottes Zorn gibt es keine Flucht“, rief ihnen jetzt eine Stimme aus dem Baume Talh zu, „unterwerft euch dem göttlichen Machtspruch!“

„Verlaßt das Paradies“, fuhr darauf Gott in grimmigem Tone fort, „samt den Tieren, die euch zur Sünde verleitet; nur durch schwere Arbeit sollt ihr Nahrung finden, die Erde sei fortan euer Aufenthaltsort, und ihre Güter werden mit Neid und Haß euer Herz füllen. Hava soll von allerlei Unpäßlichkeiten heimgesucht werden und mit Schmerzen gebären; der Pfau werde seiner schönen Stimme und die Schlange ihrer Füße beraubt; finstere Löcher seien ihre Wohnung, Staub ihre Nahrung, und sie töten ein Werk das siebenfachen Lohn verdient; Iblis aber sei zur ewigen Höllenstrafe verdammt.“

Sie wurden hierauf so schnell aus dem Paradies geschleudert, daß Adam und Hava nur noch ein einziges Blatt, um ihre Scham zu bedecken, mitnehmen konnten, und zwar ward Adam durch das Tor der Buße gestoßen, um ihm anzudeuten, daß er durch Reue einst wiederkehren könne; Hava durch das Tor der Gnade, der Pfau und die Schlange durch das des Zornes und Iblis durch das des Fluchs. Adam fiel auf die Insel Serendib, Hava nach Djidda, die Schlange in die Wüste Sahara, der Pfau nach Persien und Iblis in den Fluß Eila.

Als Adam die Erde berührte, sagte der Adler zum Walfisch, mit dem er bisher in freundschaftlichem Verhältnis gelebt und in traulichem Gespräch manche Stunde am Ufer des indischen Ozeans zugebracht hatte: „Jetzt müssen wir uns für immer trennen, denn es gibt keine Sicherheit mehr auf Erden vor dem Menschen; nur der tiefste Meeresgrund kann dich und eine unerreichbare Höhe mich vor seiner List und Bosheit schützen.“

Adam war in seiner Einsamkeit so betrübt, daß ihm vor Kummer der Bart wuchs, während bisher sein Gesicht ganz glatt war; er grämte sich sehr über seinen Bart, bis ihm eine Stimme zurief: „Der Bart ist des Mannes Zierde auf Erden, er unterscheidet ihn von dem schwachen Weibe.“

Adam vergoß so viele Tränen, daß alle Tiere und Vögel davon getränkt wurden, und die, welche in die Erde drangen – weil er noch die Säfte der Paradiesesnahrung in sich hatte – brachten die kostbarsten Gewürze und wohlriechendsten Bäume hervor. Havas Tränen aber, welche ihrerseits in Djidda sich verlassen fühlte – denn sehen konnte sie Adam nicht, obgleich er damals so groß war, daß sein Haupt den untersten Himmel berührte und er den Lobgesang der Engel ganz deutlich vernahm – verwandelten sich im Meer in Perlen und Margeriten, und wo sie das trockene Land befruchteten, sprossen die herrlichsten Blumen hervor. Beide jammerten so laut, daß der Westwind Havas Geschrei Adam, und der Ostwind

Adams Stöhnen Hava zuwehte. Diese schlug fortwährend die Hände über dem Kopf zusammen, was auch jetzt noch die verzweiflungsvollen Frauen zu tun pflegen, während Adam die rechte Hand unter dem Bart hatte, was ebenfalls bis auf den heutigen Tag trauernde Männer nachahmen. Zuletzt entströmten die Tränen in solcher Fülle Adams Augen, daß die seines rechten den Euphrat und die seines linken den Tigris flüssig machten. Die ganze Natur weinte mit ihm, und die Tiere und Vögel, welche ihn bisher wegen seiner Sünde geflohen, wurden jetzt von seinen Klagen gerührt und kamen alle herbei, um ihm ihr Mitleid zu bezeugen. Die Heuschrecken kamen zu allererst, denn sie wurden von der Erde geschaffen, welche nach Adams Schöpfung noch übrig war. Es gibt deren 7.000 Arten, von allen Farben und von jeder Größe, bis zu der eines Adlers; auch haben sie einen König, welchem Gott seine Befehle erteilt, wenn er ein sündhaftes Volk, wie das der Ägypter unter Pharao, verderben will. Die schwarzen Zeichen auf den Flügeln bedeuten: Gott ist einzig, er überwältigt die Mächtigsten; die Heuschrecken bilden einen Teil seiner Heerscharen, die er gegen Ruchlose sendet.

Als die ganze Welt von Jammergeschrei ertönte und alles Geschaffene, von den unsichtbaren Insekten bis zu den Engeln, welche die ganze Erde in einer Hand halten, mit Adam weinte, sandte ihm Gott den Engel Jibril mit den Worten, welche auch Jonas einst im Bauch des Seeungeheuers retten sollten: „Es gibt keinen Gott außer dir, ich habe gesündigt, vergib mir, bei Muhammad, dem größten und letzten Propheten, dessen Name auf deinem heiligen Thron eingegraben ist!“

Sobald Adam diese Worte mit reuigem Herzen gesprochen, öffneten sich die Pforten des Himmels und Jibril rief ihm zu: „Gott hat deine Buße angenommen, Adam! Bete nur zu ihm, er wird dir gewähren was du von ihm forderst, selbst die Rückkehr ins Paradies, nach einer bestimmten Zeit.“

Adam betete: „Herr! schütze mich gegen die ferneren Ränke meines Feindes Iblis!“

„Sprich fortwährend: Es gibt keinen Gott außer Gott! Das verletzt ihn wie ein giftiger Pfeil.“

„Werden nicht die Speisen und Getränke und Wohnungen dieser Erde mich zur Sünde verleiten?“

„Trinke Wasser und iß nur reine Tiere, die im Namen Gottes geschlachtet worden, und baue Moscheen zu deinem Aufenthaltsort, so hat Iblis keine Macht über dich.“

„Und wenn er mich des Nachts mit bösen Gedanken und Träumen verfolgt?“

„So erhebe dich von deinem Lager und bete!“

„Herr! Wie soll ich Böses von Gutem stets unterscheiden?“

„Meine Leitung wird dir zukommen und zwei Engel sollen stets in deinem Herzen wohnen, um dich vor dem Bösen zu warnen und zum Guten anzuspornen.“

„Herr! Sichere mir auch Gnade für künftige Sünden zu!“

„Die kannst du nur durch gute Handlungen wieder erlangen, doch soll das Böse nur einfach bestraft, das Gute aber zehnfach belohnt werden.“

Inzwischen ward der Engel Mikail zu Hava gesandt, um auch ihr Gottes Gnade zu verkünden.

„Und mit welchen Waffen“, fragte Hava, „soll ich fortan, bei der Schwäche meines Herzens und meines Geistes, gegen die Sünde kämpfen?“

„Gott hat dich mit einem Schamgefühl begabt, das in demselben Maße, wie bei dem Mann der stärkere Glaube, deine Begierden im Zaume hält.“

„Und wer schützt mich gegen die Gewalt des Mannes, der mir nicht nur an körperlicher und an Geisteskraft überlegen, sondern auch noch vom Gesetz als Erbe und Zeuge bevorzugt wird?“

„Die Liebe der Männer zu dir und das Gefühl des Mitleids, das ich in ihr Herz gelegt.“

„Gibt mir Gott kein weiteres Gnadengeschenk?“

„Für die Schmerzen, welche du von deiner Schwangerschaft bis zum Entwöhnen des Kindes empfindest, sollst du belohnt und der Tod einer Wöchnerin als ein Märtyrertod betrachtet werden.“

Iblis, durch die Begnadigung des Menschenpaares kühn geworden, wagte es endlich, auch um Milderung seines Loses zu bitten und erlangte Verschub der Höllenstrafe bis zur Auferstehung und eine unbegrenzte Herrschaft über alle Sünder, die Gottes Wort nicht vernehmen.

„Und wo soll ich inzwischen wohnen?“

„In Ruinen, auf Begräbnisplätzen und sonstigen unreinen, von Menschen gemiedenen Orten.“

„Welche Nahrung wird mir angewiesen?“

„Alles was im Namen der Götzen getötet wird.“

„Womit soll ich meinen Durst löschen?“

„Mit Wein und anderen berauschenden Getränken.“

„Womit soll ich mich in müßigen Stunden beschäftigen?“

„Mit Musik, Tanz, Gesang und buhlerischen Gedichten.“

„Was ist mein Losungswort?“

„Gottes Fluch bis zum Gerichtstag.“

„Und wie soll ich gegen den Menschen kämpfen, der deine Offenbarung erhalten wird und dem du zwei Engel zum Schutz gegeben?“

„Deine Nachkommen werden zahlreicher sein als die seinigen; für jeden Menschen, der geboren wird, sollen sieben böse Geister zur Welt kommen, die jedoch gegen wahre Gläubige nichts vermögen.“

Gott schloß dann auch ein Bündnis mit Adams Nachkommen; er berührte nämlich seinen Rücken und siehe da, alle Menschen, welche bis zum Ende der Welt geboren werden, krochen aus seinem Rücken hervor, in der Größe einer Ameise, und reihten sich ihm zur Rechten und zur Linken. An der Spitze der ersteren stand Muhammad, dann die anderen Propheten und Gläubigen, welche durch ihre weiße, lichtstrahlende Farbe sich von den Sündern unterschieden, die zu Adams Linken sich aufstellten, unter der Anführung des Brudermörders Kabil.12 Gott machte nun Adam mit den Namen und den Schicksalen aller seiner Nachkommen bekannt, und als die Reihe an den Propheten und König Dawud13 kam, welchem ursprünglich nur ein Alter von 30 Jahren zugemessen war, fragte Adam: „Wie alt soll ich denn werden?

Gott antwortete: „1.000 Jahre.“

Da rief Adam: „Herr, ich schenke Dawud 70 Jahre von meiner Lebenszeit.“

Gott willigte ein, ließ aber, Adams Vergeßlichkeit wohl kennend, diese Schenkung auf Pergament bringen, und nicht nur von Adam, sondern auch von Jibril und Mikail als Zeugen unterschreiben.

Als alle Nachkommen Adams versammelt waren, rief Gott: „Bekennt, daß ich Gott der Einzige bin und Muhammad mein Gesandter.“

Die Scharen zur Rechten Adams beeilten sich dieses Bekenntnis abzulegen, die zur Linken aber zauderten lange, manche sprachen nur die Hälfte nach, viele verstummten.

„Die Ungehorsamen“, sagte Gott zu Adam, „sollen, wenn sie verstockten Herzens bleiben, zur Hölle verdammt, die Gläubigen aber im Paradies selig werden.“

„So sei es“, erwiderte Adam, und so wird er auch einst selbst am Tage der Auferstehung alle Menschen wieder bei ihrem Namen rufen und je nach dem Stand der Gerichtswaage ihr Urteil fällen. Nach diesem Bündnis berührte Gott Adams Rücken abermals, und das ganze Menschengeschlecht kehrte wieder zu ihm zurück.

Als Gott hierauf Adam für sein ganzes Leben seine Nähe entziehen wollte, stieß er ein Geschrei aus, daß die ganze Erde davon erschüttert ward. Der Allerbarmende dehnte hierauf seine Gnade noch weiter aus und befahl ihm, einer Wolke zu folgen, welche ihn nach einem Ort führen würde, der gerade dem himmlischen Thron gegenüberliegt, und daselbst einen Tempel zu bauen.

„Umkreise diesen Tempel“, sprach Gott zu Adam, „und ich bin dir so nahe als den Engeln, die sich um meinen Thron scharen.“

Adam, welcher noch immer so groß war, wie ihn Gott geschaffen, legte in wenigen Stunden den Weg von Indien nach Mekka zurück, wo die Wolke, welche ihm als Führer diente, stehenblieb. Auf dem Berge Arafa, in der Nähe von Mekka, fand er auch zu seiner großen Freude Hava wieder, daher auch dieser Berg14 seinen Namen hat. Sie fingen nun miteinander an, einen Tempel mit vier Toren zu bauen; das eine hieß Adams Tor, das andere Ibrahims Tor, das Dritte Ismails Tor und das vierte Muhammads Tor. Jibril hatte ihnen den Plan zu diesem Gebäude gebracht, ebenso einen glänzenden Edelstein, welcher später von den Sünden der Menschen befleckt und schwarz ward. Dieser schwarze Stein, das größte Heiligtum der Kaaba, war ursprünglich ein Engel, welcher die Bestimmung hatte, den Weizenbaum zu bewachen, und Adam, falls er sich ihm nähern sollte, zu warnen. Wegen seiner Nachlässigkeit ward er in einen Stein verwandelt und wird erst am Tage des Gerichts wieder seine frühere Gestalt annehmen und zu den anderen Engeln zurückkehren. Jibril lehrte dann Adam auch alle Zeremonien der Pilgerfahrt, wie sie später wieder durch Muhammad festgesetzt wurden, und erst als die Festtage vorüber waren, in einer Nacht von Donnerstag auf Freitag, ward ihm wieder gestattet, Hava zu umarmen.

Am folgenden Morgen kehrte Adam mit seinem Weibe nach Indien zurück, wo er bis zu seinem Tode wohnte, doch pilgerte er jedes Jahr nach Mekka, bis er seine ursprüngliche Gestalt verlor und nur noch eine Größe von 60 Ellen behielt. Ursache seines Zusammenschrumpfens war, nach der Ansicht der Traditionsgelehrten, sein Schrecken und sein Schmerz über Habils15 Ermordung. Hava gebar nämlich außer den beiden Söhnen Kabil und Habil noch mehrere Töchter, die Adam mit seinen Söhnen verheiratete. Als er aber die schönste derselben Habil zur Frau geben wollte, war Kabil unzufrieden und warb selbst um sie, obgleich er schon ein Weib hatte. Adam überließ die Entscheidung dem Himmel und sagte zu seinen Söhnen: Bringet jeder ein Opfer dar, und derjenige, welchem Gott ein Zeichen seines Wohlgefallens daran gibt, heirate sie. Habil opferte einen fetten Widder, welchen ein Feuer vom Himmel verzehrte, Kabil aber einige Früchte, welche auf dem Altar unbeachtet liegen blieben. Kabil ward hierauf von Neid und Haß gegen seinen Bruder erfüllt, doch wußte er kein Mittel, ihn aus dem Wege zu räumen. Da stellte sich Iblis eines Tages vor ihn, als er mit Habil auf dem Felde war, hob einen Stein auf und zerschmetterte damit den Kopf eines Wolfes, der sich ihnen näherte. Kabil folgte diesem Beispiel und schlug mit einem großen Stein auf Habils Hirn, so daß er leblos zu Boden sank. Iblis nahm dann die Gestalt eines Raben an und tötete einen anderen Raben, grub mit dem Schnabel ein Loch in die Erde, legte ihn hinein und deckte ihn wieder mit der ausgegrabenen Erde zu. Das Gleiche tat auch Kabil mit Habil, so daß Adam lange nicht erfuhr, was aus ihm geworden war und vor Gram und Sorge zusammenschrumpfte. Erst als er Gewißheit über seines Sohnes Schicksal erhielt, fing er an sich zu trösten und dem Willen seines Schöpfers zu ergeben. Dies geschah auf folgende Weise: Der Engel Jibril brachte nämlich Adam auf Gottes Befehl eines Tages, nachdem er lange Zeit sich von wildwachsenden Pflanzen, von Früchten und Tieren genährt hatte, die übrigen Weizenkörner, welche Hava gepflückt hatte, nebst zwei Stieren und allerlei Ackerwerkzeuge, und zeigte ihm wie der Boden gepflügt und die Frucht gesät und geerntet werden muß. Aber der Pflug blieb plötzlich, trotz aller Anstrengung der Stiere, stehen. Adam schlug die Stiere; da fragte ihn der älteste der Beiden: „Warum mißhandelst du mich?“

Adam antwortete: „Weil du den Pflug nicht weiter ziehst.

„Hat dich Gott, als du ihm widerspenstig warst, auch so geschlagen?“

Adam betete zu Gott: „Soll, nachdem du mich begnadigt, es jedem Tier erlaubt sein, mich an mein Vergehen zu erinnern?“ Von diesem Augenblick an entzog Gott allen Tieren die Sprache.

Da indessen der Pflug nicht weiterzubringen war, grub Adam die Erde auf und fand die noch erkennbare Leiche seines Sohnes Habil. Als die Frucht geschnitten war, lehrte Jibril Hava, wie dieselbe gemahlen und geknetet werden sollte, dann mußte Adam einen Backofen bauen und Jibril brachte Feuer aus der Hölle, das er aber vorher siebzigmal im Meere wusch, sonst hätte es die Erde mit allem was darauf ist, verzehrt. Als das Brot gebacken war, sagte Jibril zu Adam: „Das ist deine und deiner Nachkommen Speise.“

Obgleich aber Adam schon über die Mühseligkeit des Pflügens so viele Tränen vergoß, daß sie statt des Regens die Saat erweichten und befruchteten, so wurden doch die späteren Menschen wegen ihrer Sünden zu noch schwererer Arbeit verurteilt. Schon unter Idris16 war das Korn nur noch so groß, wie ein Gänseei, unter Ilyas17 ward es wie ein Hühnerei, unter Christus, als die Juden ihn töten wollten, wie ein Taubenei, und endlich unter Uzayr18 erhielt es die Gestalt die es jetzt noch hat.