Psyche? Hat doch jeder! - Lena Kuhlmann - E-Book

Psyche? Hat doch jeder! E-Book

Lena Kuhlmann

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Beschreibung

Depressionen, Panikattacken, Essstörungen – psychische Erkrankungen sind uns längst allen ein Begriff . Doch wie entsteht eigentlich ein seelisches Ungleichgewicht? Was ist dann zu tun und was ist das überhaupt genau – diese Psyche? Psychotherapeutin und Bloggerin Lena Kuhlmann räumt auf charmante Art und Weise mit Vorurteilen über psychische Krankheiten auf und berichtet, wie es in psychiatrischen Einrichtungen heute wirklich aussieht. Neben praktischen Tipps, um die Psyche in Schuss zu halten, gibt sie durch persönliche Anekdoten außerdem einen spannenden Einblick in ihre tägliche Arbeit: Psychotherapeuten können zwar keine Gedanken lesen, aber ihr Job besteht aus weit mehr, als nur auf einem gemütlichen Sessel zu sitzen und »Mhm« zu murmeln. Folgt Lena Kuhlmann auf ihrer Reise durch die menschliche Psyche und schaut hinter die Kulissen ihres Therapeutinnenalltags!

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Lena Kuhlmann, geboren 1985, ist approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit tiefenpsychologischem Schwerpunkt. Sie arbeitet in einer psychiatrischen Ambulanz. Um gegen die Stigmatisierung psychisch Kranker anzukämpfen, veröffentlicht sie seit 2016 Artikel rund um Psyche und Psychotherapie und erreicht als Bloggerin und engagierte Expertin tagtäglich mehr als 15.000 Menschen über ihre Social-Media-Kanäle. Bei Eden Books veröffentlichte sie mit »Psyche? Hat doch jeder!« ihr erstes Buch, welches wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand.

inhalt

Garantien nur für Elektrogeräte

teil i psyche hat jeder, auch wenn man sie nicht sehen kann

Eine gemeinsame Krankheitslehre: Worüber sich Psychoanalytiker und Tiefenpsychologen einig sind

Der Vater der Psychoanalyse hat die Kindheit fest im Blick

Fortsetzung folgt: Wie es nach Freud weiterging

Konflikte, die man mit sich selbst ausmachen muss

Bindungstheorie – Warum sich Muster aus der Kindheit in Partnerschaften wiederholen

Wie sich Verhaltenstherapeuten die Psyche vorstellen

Körper und Seele: Was sagt die Medizin dazu?

teil ii die kranke psyche

Wann zum Arzt?

Das kleine Who’s Who – Psychiater, Psychologe und Co.

Vom Suchen und Finden eines Psychotherapeuten: Die erste Therapie

Alternativen: Von Coachings, Dr. Google und Heilpraktikern

Happy Pills

Der Patient im Fokus: Therapie als Stempel, den man nicht mehr loswird

Die Psychiatrie hat ein Imageproblem, doch was sagt der Realitätscheck?

Was Angehörige tun können – und was nicht

Verkaufsschlager unter den psychischen Erkrankungen

Nichts, was es nicht gibt

SOS! Notfälle der Seelenrettung

teil iii psychotherapeuten können keine gedanken lesen, manchmal aber zaubern?

Wie das so ist, wenn man eine Psychotherapeutin ist

A wie Ausbildung und B wie Bongos – Wie man zur Psychotherapeutin wird

Hinter den Kulissen – So arbeiten Psychotherapeuten wirklich

teil iv die gesunde psyche

Feierabend und ab aufs Sofa

Zum Weiterlesen

Danke

Literatur

Impressum

 

 

 

 

 

 

»Aber ich geh nicht gern zu verrückten Leuten«, meinte Alice.

»Ach, das bleibt nicht aus«, sagte die Katze. »Hier sind alle verrückt. Ich bin verrückt. Du bist verrückt.«

»Woher weißt du, dass ich verrückt bin?«, wollte Alice wissen.

»Wenn nicht, wärst du gar nicht hier«, erwiderte die Katze.

Lewis Carroll: Alice im Wunderland

garantien nur für elektrogeräte

Ich falle lieber gleich mit der Tür ins Haus, dann könnt ihr später nicht sagen, niemand hätte euch gewarnt. Psychische Gesundheit ist nämlich keine Selbstverständlichkeit, selbst wenn viele Menschen davon ausgehen – wie sie auch davon ausgehen, dass für sie im Sommerurlaub natürlich jeden Tag die Sonne scheint. Depressionen, Angsterkrankungen oder Essstörungen gehen nur die anderen etwas an? Wenn ihr euch da mal nicht täuscht, sage ich. Ein Reklamationsrecht gibt es vielleicht für Elektrogeräte, aber für alles andere gibt es eben keine Garantie.

Eine Erkrankung der Seele kann jeden treffen. Von Klitzeklein bis Steinalt. Alle, die viel über die Psyche wissen, und die, die von ihr noch nie etwas gehört haben. Man schätzt, dass jeder dritte Deutsche im Laufe seines Lebens mindestens einmal an einer psychischen Störung erkranken wird: eins, zwei, drei.1

Aber kein Grund zur Panik. Andersherum betrachtet wird sich auch jeder Mensch irgendwann einmal eine körperliche Krankheit einfangen. Eine Blasenentzündung, Halsweh, Fieber oder Fußpilz. Vermutlich verschreibt der Hausarzt dann ein Medikament oder hat Tipps zur Genesung parat.

Bei der Psyche ist das im Grunde gar nicht so viel anders, denn auch psychische Erkrankungen kann man behandeln. Während das Umfeld bei einem Schnupfen allerdings freundlich »Gesundheit« ruft, müssen Depressive aufpassen, nicht als komplett durchgeknallt und unzurechnungsfähig abgestempelt zu werden.

»Tom hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank! Aber ihr wisst ja, der tickt schon lange nicht mehr richtig. Ich habe mir schon letztes Jahr gedacht, dass der eine Macke hat, und einen Sprung hat er auch in der Schüssel. Er war ja immer schon ein bisschen gaga, meschugge und plemplem. Dem ist wohl nach der Scheidung von seiner Frau die Sicherung durchgebrannt.« Das ist nur eine kleine Ansammlung von Wörtern, die umgangssprachlich bezeichnen sollen, dass ein Mensch psychisch erkrankt ist. Nicht allzu charmant und wahrscheinlich einer der nachvollziehbaren Gründe, warum Betroffene ihre Erkrankung nicht gern öffentlich machen. Und wenn sie es tun, dann ziehen sie die Bleikugel der Stigmatisierung oft jahrelang hinter sich her.

Muss es denn immer erst zu einer Katastrophe kommen, bevor wir anfangen, über unsere Psyche zu sprechen? Ein Amoklauf in der Schule, der Freitod des Frontsängers einer beliebten Band, ein Todesschütze, der in Las Vegas ein Blutbad anrichtet? Ich hoffe nicht. Die Psyche braucht mehr Beachtung, auch ohne Breaking News. Das ist längst überfällig, denn es ist noch ziemlich viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Das merke ich in meiner Freizeit ganz deutlich, wenn ich von Freunden und Verwandten zu meiner Arbeit befragt werde. Psychotherapeuten, sind das nicht die mit dem Sofa? Die mit den hundert verschiedenen Versionen von »Aha« und »Mhm«? Stimmt es, dass sich viele im Grunde nur selbst therapieren wollen? Und welche Leute gehen da eigentlich hin?

Eine besonders erheiternde Anekdote hat mit einer Bekannten meiner Familie zu tun. Sie fragte mich auf einer Geburtstagsfeier, ob ich in der Folgewoche noch freie Termine zu vergeben hätte. Die Schmerzen in ihrem Rücken wären wieder einmal unerträglich und ausgerechnet jetzt sei ihre Therapeutin im Urlaub. »Psycho, nicht Physio!«, entgegnete ich leicht genervt und überdeutlich. Da hatte sie wohl etwas falsch verstanden, aber zumindest für einen Lacher bei den anwesenden Gästen gesorgt.

Psychotherapeutin bin ich irgendwie rund um die Uhr, zumindest in den Augen der anderen. Die Psyche macht schließlich auch nie Feierabend. Letztens zum Beispiel wurde ich nach zwei Gläsern Wein und während ich auf einer Einweihungsfeier singend das Tanzbein schwang, von einer fast fremden Person nach Tipps im Umgang mit Liebeskummer gefragt. Zuvor waren wir einander kurz vorgestellt worden und hatten dabei, wie beim Small-Talk-Quartett üblich, die wichtigsten Eckdaten abgefragt: Alter, Beruf, Wohnort und woher kennst du die Gastgeber? In diesem Gespräch hatte ich nur beiläufig von meinem Job berichtet. Wenig später suchte die Fremde erneut das Gespräch, um mir ohne Hemmungen von Jonas, ihrem Verflossenen, ihrer Kindheit mit zwei älteren, durchsetzungsstarken Brüdern, der fürchterlichen Auslandserfahrung und dem Druck, dem sie auf der Arbeit ausgesetzt sei, zu erzählen. Schlussendlich wollte sie von mir ein paar Tipps zur Behandlung ihrer traurigen Phasen und gleichzeitig wissen, ob sie mit ihrer selbst gestellten Diagnose einer depressiven Episode (die Informationen dazu hatte sie aus dem Internet) wirklich richtig lag. Ich dagegen wollte, dass der DJ noch einmal mein Lieblingslied spielte. Und bitte noch einen Drink.

Von solchen Vorfällen abgesehen, ist der Psychotherapeutenjob super. Er ist spannend wie ein Krimi, privater als Big Brother, ein bisschen wie Detektivarbeit und oft genug rührend, lustig, inspirierend oder aufregend. Kein Tag ist wie der andere und langweilig wird es bestimmt nicht. Einen (persönlichen) Einblick in die Arbeit einer Psychotherapeutin bekommt ihr auf den folgenden Seiten.

Und dann will dieses Buch aufräumen. Nämlich mit ollen, filmreifen Vorurteilen rund um Psychiatrie, Psychopharmaka und einige Störungsbilder. Es will auf die Missstände in der Versorgung psychisch Kranker hinweisen, weil es nicht hinzunehmen ist, dass Hilfesuchende monatelang auf einen Therapieplatz warten müssen. Ich hoffe, ihr erfahrt mehr über eure Psyche, wie sie funktioniert, wann es zu einem Ungleichgewicht kommen kann, was dann zu tun ist und wie man verhindert, dass es überhaupt so weit kommt. Ein bisschen Klatsch und Tratsch, praktische Tipps und eine Prise Insiderwissen dürfen natürlich auch nicht fehlen.

Vieles von dem, was jetzt folgt, stammt aus der Welt meines Therapeutinnendaseins, anderes hat sich in meinem privaten Leben so oder so ähnlich abgespielt und einiges habe ich von Kollegen oder Bekannten gehört. Das alles ist miteinander vermischt worden wie beim Kartenspielen, damit meine Freunde und Patienten auch nach diesem Buch weiterhin mit mir zu tun haben wollen. Und natürlich auch aus berufsethischen Gründen, denn Psychotherapeuten haben Schweigepflicht.

Teil 1

psyche hat jeder, auch wenn man sie nicht sehen kann

Ich glaube, es war Weihnachten 2014, als ich innerhalb kürzester Zeit von unterschiedlichen Personen eine Grußkarte, eine Teetasse und einen Kalender mit jeweils demselben Spruch darauf erhalten habe: »Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen« (das weit verbreitete Zitat stammt von Guy de Maupassant, wie ich später herausgefunden habe). Dreimal dieselbe Lebensweisheit, dreimal derselbe Wink mit dem Zaunpfahl? Bis heute bin ich mir unsicher, was ich über diesen vermeintlichen Zufall denken soll. Ein anderer Spruch, den ich erst herzergreifend fand und der mittlerweile ziemlich abgedroschen für mich klingt, ist der des Kleinen Prinzen (des Autors Antoine de Saint-Exupéry). In keinem Hochzeitsgästebuch darf er fehlen, ich schätze, dass ihn 99,9 Prozent der erwachsenen Deutschen schon einmal irgendwo gehört haben. In diesem Fall spielt er mir aber ganz gut in die Karten: »Das Wesentliche kann das Auge nicht erkennen«, sagt der oft zitierte Autor. Es hat demnach auch ganz und gar nichts zu heißen, dass man die Psyche, im Gegensatz zu Herz und Nieren, nicht sehen kann. Unsichtbar hin oder her, eine Psyche hat jeder Mensch – ob er will oder nicht. Nur wo?

Vieles deutet darauf hin, dass sich die Psyche irgendwo in unserem Gehirn befindet. Das zumindest behaupten Neurowissenschaftler. Im Hirn ist die Schaltzentrale für unsere Emotionen und Impulse und hier setzen auch Psychopharmaka an. »Psyche« ist übrigens griechisch und heißt übersetzt »Seele«. Und damit sind wir eigentlich auch schon bei der Hauptperson dieser Geschichte angelangt.

In meiner Therapeutenausbildung habe ich mich fast ausschließlich mit den Störungen der Psyche beschäftigt. Der Fokus lag also eher auf Krankheiten, Defiziten und dem Ausnahmezustand. Als ich dann mit den Recherchen für dieses Buch anfing, ist mir aufgefallen, dass sich viele Forschungsarbeiten und Fachbücher ebenso darauf konzentrierten. Die Psyche an sich, also im Normalzustand, findet dagegen eher wenig Beachtung. Das fand ich erst einmal erschreckend, obwohl es gleichzeitig ziemlich einleuchtend ist. Erst wenn der Schuh irgendwo drückt, schaut man dort genauer hin. Neuere Forschungsarbeiten richten den Blick nun auf andere Aspekte, zum Beispiel auf die seelische Widerstandskraft (Resilienz).

Info

Die Resilienzforschung

Die Resilienzforschung erfreute sich Mitte der Achtzigerjahre zunehmend an Beliebtheit und wer die Bestsellerlisten dieses Landes verfolgt, der weiß, dass das Thema Resilienz in den letzten Jahren zu einem ziemlichen Trend geworden ist. Kein Wunder, denn Grundlage der Resilienzforschung ist die Untersuchung derjenigen Faktoren, die unsere Seele vor Erkrankung schützen und uns helfen können, auch in widrigen Umständen standhaft zu bleiben. Dieser Schutzschild ist veränderbar. Mit gezielten Übungen kann man die eigene Resilienz weiter ausbauen.2

Eine bekannte Studie in diesem Zusammenhang ist die Kauai-Studie von Emmy Werner. Die Entwicklungspsychologin begleitete über sechshundert Kinder, die unter ähnlichen Bedingungen groß geworden sind, von ihrer Geburt bis zur Volljährigkeit und darüber hinaus. Einige von ihnen wurden zu erfolgreichen, optimistischen Männern und Frauen, andere wiederum nicht. Faktoren, die Werner als schützend und somit auch für die psychische Entwicklung als förderlich erachtete, waren unter anderem eine sichere Bindung, gute Kontakte zu Gleichaltrigen, ein mindestens durchschnittlicher IQ oder gesicherte Lebensumstände.3

Was wir über die Psyche wissen und was nicht

Wir wissen also noch nicht allzu viel über die Psyche. Was wir heute haben, sind verschiedene Theorien aus Medizin und Psychologie, die sich vor allem um die Entwicklung psychischer Krankheiten drehen. Viele davon werden noch immer wild diskutiert. Der kleinste gemeinsame Nenner ist vielleicht die Annahme, dass eine psychische Störung meist multifaktorielle oder einfacher gesagt: mehrere Ursachen hat. Das biopsychosoziale Modell beispielsweise sieht in der Entstehung von psychischen Störungen ein Zusammenspiel zwischen biologischen, sozialen und psychischen Faktoren.4 Aber die eine Wahrheit gibt es nicht und das wiederum macht die Sache auch so spannend. Es ist eine Wissenschaft, die stets in Bewegung ist, in der morgen schon alles ganz anders sein kann. Wo man selbst steht, ist, wenn ihr mich fragt, auch eine Glaubens- und Ausbildungsfrage. Vollkommen logisch, dass Neurologen den Grund für psychische Störungen eher im medizinischen Bereich suchen, im Gegensatz zu beispielsweise den Tiefenpsychologen, die die Ursache in (unbewussten) Konflikten vermuten. Aber selbst unter den Psychotherapeuten gibt es, wie wir später noch erfahren werden, unterschiedliche Erklärungsansätze. Wenn sich also nicht einmal die Fachleute einig sind, verwundert die allgemeine Unsicherheit zu diesem weit gefassten Thema erst recht nicht.

Im Folgenden wollen wir uns einige der Hypothesen über den Aufbau der Psyche einmal genauer anschauen, wobei der Fokus auf den therapeutischen Erklärungsmodellen liegen wird. In Deutschland gibt es aktuell drei psychotherapeutische Verfahren, deren Wirksamkeiten vom wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie nachgewiesen wurden und die vom gemeinsamen Bundesausschuss als sogenannte Richtlinienverfahren anerkannt sind. Dazu zählen die psychodynamischen Ansätze (Psychoanalyse und Tiefenpsychologie) und die Verhaltenstherapie (künftig wird es für Erwachsene noch ein weiteres Verfahren, die Systemische Therapie, geben). In der Praxis gibt es heutzutage aber immer wieder Überschneidungen und eine strikte Trennung der einzelnen Therapierichtungen oder gar eine Konkurrenzsituation gehören mehr oder weniger der Vergangenheit an. Schlussendlich wollen wir doch alle das Beste für den Patienten, da kann es meiner Meinung nach nicht schaden, über den Tellerrand der eigenen Therapieschule hinauszublicken. Jeder Mensch ist einzigartig und muss eben auch so behandelt werden.

Für Deutschland gilt: Bei den drei genannten Verfahren werden die Behandlungskosten für alle Versicherten von ihrer Krankenkasse vollständig übernommen. Deswegen konzentriere ich mich in diesem Buch überwiegend darauf. Wir starten mit den psychodynamischen Verfahren. Einmal, weil ich selbst Tiefenpsychologin bin (und es bekanntlich immer leichter ist, von etwas zu erzählen, was einem ganz gut liegt), aber vor allem, weil alles mit der Psychoanalyse begann.

eine gemeinsame krankheitslehre: worüber sich psychoanalytiker und tiefenpsychologen einig sind

Die Geschichte der Psychoanalyse beginnt im 19. Jahrhundert mit Sigmund Freud, Josef Breuer (Arzt und Philosoph) und dessen Patientin, Bertha Pappenheimer (bekannt unter dem Pseudonym Anna O.) – sie war eine der ersten Patientinnen, die mithilfe von Sprache behandelt wurde. Es waren die zarten Anfänge der Psychoanalyse, erst später entwickelte sich die Tiefenpsychologie (kurz: TP) quasi aus der Psychoanalyse heraus. Daher leuchtet es auch ein, dass die beiden psychodynamischen Verfahren dieselbe Vorstellung über die Funktionen und die Entwicklung der Psyche teilen; die gleiche Krankheitslehre, wie wir dazu sagen.

Eine häufig verwendete Metapher, um die Psyche aus psychodynamischer Sicht zu verdeutlichen, ist das Bild eines Eisbergs. Dieser teilt sich bekanntlich in zwei Hälften. Das, was man oberhalb des Meeresspiegels sehen kann, steht für das Bewusste, also für alles, was wir im Alltag gut abrufen können. Viel interessanter ist aber der Teil, der sich unterhalb der Wasseroberfläche befindet. Er verkörpert das Unbewusste. Das Unbewusste spielt eine zentrale Rolle in den psychodynamischen Verfahren, weil davon ausgegangen wird, dass der Mensch überwiegend davon gesteuert wird. Eine Art Autopilot, der auch darüber bestimmt, wie wir auf unser Gegenüber reagieren und wie wir uns verhalten (Körpersprache, Tonlage, Mimik). Es handelt sich dabei um verborgene beziehungsweise verdrängte innere Vorgänge und Erlebnisse. Im Unbewussten schlummern Erfahrungen aus der Vergangenheit, insbesondere aus der Kindheit.5

Das Unbewusste triumphiert besonders in Stressmomenten und weil der Alltag meistens ziemlich hektisch ist, reagieren wir nicht selten wie fremdgesteuert.6 Dann ist uns oft gar nicht bewusst, was uns zu einem bestimmten Verhalten verleitet. Warum wir eine Person von Beginn der Bekanntschaft an nicht leiden können oder vielleicht auch warum Leitungspositionen eher mit Männern besetzt werden als mit Frauen. Viele gute Argumente also, um es langsam angehen zu lassen, durchzuatmen und den Dingen ein wenig Zeit zu lassen.

Aber zurück zum eigentlichen Thema und zu den Tiefenpsychologen und Psychoanalytikern. Ein Ziel der Tiefenpsychologie ist es, innere Konflikte aufzuspüren und aufzulösen. Im Vergleich zu ihren analytischen Kollegen gehen Tiefenpsychologen in ihrer Arbeit dabei etwas direkter vor und der Patient wird im Sitzen behandelt. In einer klassischen Psychoanalysesitzung dagegen redet der Therapeut nur sehr, sehr wenig. Oft liegt der Patient dabei auf einem Sofa und wird aufgefordert, seinen Gedanken ungefiltert freien Lauf zu lassen.

Das Ziel der Psychoanalyse ist unter anderem die Veränderung der Persönlichkeitsstrukturen. Das braucht natürlich seine Zeit und daher ist die Frequenz höher als bei allen anderen therapeutischen Verfahren. Man trifft sich mehrmals in der Woche und das über Jahre hinweg.7

Gemeinsam haben beide Therapierichtungen, dass sie das Buch gern ab der ersten Seite lesen. Genau das habe ich letztens einem Freund erklärt, der gerade von einem ersten Gespräch bei einem Tiefenpsychologen kam und sich ein bisschen aufgeregt hat: »Was interessiert es mich, ob ich damals gestillt wurde? Das ist fast dreißig Jahre her und ich habe weiß Gott genügend andere Probleme.« Nun, den Kinderjahren kommt in den psychodynamischen Verfahren eine besondere Bedeutung zu. Sie gelten als Fundament, auf dem das psychische Gerüst errichtet wird. Konflikte, die in dieser Lebensphase auftreten, können sich später in ähnlichen Themen niederschlagen beziehungsweise sich im Erwachsenenalter aktualisieren.

Aber fangen wir vorn an: Ausgedacht hat sich das Ganze Sigmund Freud und zu ihm kommen wir auf den folgenden Seiten. Neben seinen Theorien klären wir außerdem, wie die Zahnpasta jeden Morgen auf seine Zahnbürste kam und warum der Vater der Psychoanalyse bei Feministinnen keinen allzu guten Stand hat. Danach kommen wir zu neueren Theorien der Psychoanalyse beziehungsweise zu ihren Weiterentwicklungen. Außerdem geht es auf den nun folgenden Seiten um die frühe Kindheit, um Säuglinge und um Kleinkinder. Und weil fast alle Menschen Babys mögen, ist dies ein weiteres Argument dafür, sich von so ein bisschen Fachwissen nicht gleich abschrecken zu lassen.

DER VATER DER PSYCHOANALYSE HAT DIE KINDHEIT FEST IM BLICK

Dass Sigmund Freud irgendetwas mit Psychoanalyse am Hut hat, ist kein Insiderwissen, das nur Fachleuten vorbehalten ist. Es ist auch keine Information, mit der man bei seinen Freunden glänzen kann, und bei der beliebten Ratesendung Wer wird Millionär? gewinnt man damit höchstens eine der Aufwärmfragen. Fast achtzig Jahre nach seinem Tod ist der Begründer der Psychoanalyse noch immer das Gesicht der Psychotherapie und das, obwohl seine Theorien heute teilweise als veraltet und überholt gelten. Unvergessen ist vor allem das berühmte, durchgesessene Behandlungssofa, auf das ich mich vor meinem Kurztrip nach Wien so sehr freute. Keine Frage, natürlich stand das Sigmund-Freud-Museum in den ehrwürdigen Praxis- und Wohnräumen in der Berggasse ganz oben auf der Liste meiner Must-see-Reiseziele. Dass das gute Stück aber nicht dort, sondern in Freuds Exilwohnung in London steht, habe ich dann vor Ort schmerzlich feststellen müssen. Ich gebe zu, das hätte man wissen können, wenn man sich vorher informiert hätte. Aber das ist ein anderes Thema.

Freud sorgte Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinen Theorien für viel Aufruhr. Vor allem seine Überlegungen zur Bedeutung der Triebe (in der gleichnamigen Triebtheorie) wurden oft diskutiert, denn der gelernte Neurologe ging davon aus, dass der Sexualtrieb (auch Libido genannt) eine der treibenden Kräfte im Leben eines jeden Menschen sei. Und das nicht etwa ab der Pubertät, sondern von Geburt an. Ein Skandal! Man kann sich wohl ungefähr ausmalen, dass diese Hypothesen in den eher prüden frühen Jahren des 20. Jahrhunderts nicht unbedingt überall für Beifall sorgten.

Oral, anal oder ödipal – glaubt man Freud, dann durchläuft jeder Mensch zu Beginn seines Lebens verschiedene Phasen der psychosexuellen Entwicklung. Im Vordergrund steht dabei immer ein zentrales Grundbedürfnis, das aufgrund von gesellschaftlichen Spielregeln eingeschränkt wird. Dass das Leben also nicht immer eitel Sonnenschein ist, merkt beispielsweise schon der kleine Säugling, denn niemals können alle seine Bedürfnisse sofort und immer und überall befriedigt werden. Es ist ganz normal, dass kleinere Frustrationen entstehen, für deren Umgang er Strategien erlernen muss. Wenn es in den einzelnen Phasen aber zu Störungen kommt, dann können sich diese in Form von Symptomen (auch später noch) niederschlagen. Dazu im Folgenden mehr.

Die orale Phase

In der oralen Phase (die so circa bis zum 18. Lebensmonat geht) dreht sich, wie der Name bereits verrät, alles um die Befriedigung über den Mund. Die Saugaktivität zählt zu den ersten Fähigkeiten, die Säuglinge überhaupt besitzen. Alles, was irgendwie reingeht, wird angesabbert – auf diese Art erkunden Babys ihre Umwelt.8 Über das Lutschen an Mutterbrust oder Schnuller kommt es zu einer angenehmen Stimulation und Beruhigung (wir nennen das Lustgewinn). Außerdem ist das Saugen eine überlebenswichtige Funktion, die der Nahrungsaufnahme dient (das nennen wir Selbsterhaltungstrieb). Dass es dabei leicht zu kleineren Frustrationen kommen kann, erleben wir im Alltag immer wieder, beispielsweise wenn Babys weinen, weil die Mama während des Einkaufens gerade keine Zeit hat, ihrem Kind jetzt und sofort Nahrung zu geben.

Uns Therapeuten interessieren bei allen Phasen die Themen, die sich hinter den einzelnen Entwicklungsabschnitten verstecken. In der oralen Phase geht es, leicht erkennbar, um die Themen Abhängigkeit und Versorgt-Werden, schließlich ist das Baby ohne Hilfe und Unterstützung nicht überlebensfähig (über die Bedeutung, die dabei die Beziehung zur Bezugsperson einnimmt, werden wir später noch mehr erfahren).

So weit klingt das ziemlich einleuchtend, nicht wahr? Psychoanalytiker gehen aber noch einen Schritt weiter. Sie beschäftigen sich beispielsweise mit der Vorstellung, dass das Baby die Mutter quasi über die Muttermilch in sich aufnimmt. Oder dass sich die Mutter umgekehrt von ihrem Säugling ausgesaugt fühlen könnte. Ihr merkt schon, in der Psychoanalyse und Tiefenpsychologie ist viel Raum für Interpretationen und manches klingt zugegebenermaßen ein bisschen weit hergeholt. Psychoanalytiker sitzen oft stundenlang zusammen, um das Verhalten eines Patienten aus verschiedenen Blickwinkeln zu deuten. Im Grunde gibt es dabei kein Richtig und kein Falsch. Alles nur Hypothesen. Diese ewige Fachsimpelei ist eine Sache, die mich auf Fortbildungen immer mal wieder in den Wahnsinn treibt.

Störungen in der oralen Phase

Kommt es in der oralen Phase zu Störungen, können psychische Auffälligkeiten die Folge sein. Kritisch wird es beispielsweise, wenn eine Mutter die Signale ihres Kindes dauerhaft falsch deutet, zum Beispiel weil sie selbst sehr belastet ist. Wenn sie das Kind stillt, obwohl es eigentlich nur in den Arm genommen werden will. Oder umgekehrt, wenn sie gar nicht mitbekommt, dass der oder die Kleine schon wieder Hunger hat.

Mögliche Zusammenhänge zwischen oralen Themen und psychiatrischen Störungsbildern werden bei Essstörungen oder Depressionen vermutet. Auch wird eine Parallele zu Suchterkrankungen gesehen. Aber orale Ersatzbefriedigungen spiegeln sich ebenso in unserem Alltagsleben wider. Nägelkauen ist ein gutes Beispiel. Auch das Rauchen einer Zigarette kann für einen Nachholbedarf an oraler Stimulation stehen (neben der Tatsache natürlich, dass Zigaretten abhängig machende Stoffe enthalten). Freud höchstpersönlich soll übrigens den Durchbruch einer Therapie gemeinsam mit seinem Patienten in einer kleinen Zigarettenpause zelebriert haben. So viel also zur Vorbildfunktion.9

Die anale Phase

In der analen Phase, die Kinder circa vom zweiten bis zum dritten Lebensjahr durchlaufen, dreht sich alles um das Ausscheiden. Es ist das Alter, in dem Jungen und Mädchen die Kontrolle über ihren Urin und Kot gewinnen, indem sie lernen, ihren Schließmuskel zu steuern. Gleichzeitig werden damit neue Anforderungen an sie gestellt und das Ende der Windelzeit eingeläutet. Es findet also erneut eine Einschränkung in der Auslebung der Bedürfnisse statt. Die Mama findet es nämlich gar nicht mehr lustig, wenn die Hose schon wieder voll ist. Auch kann man nicht jederzeit und überall zur Toilette gehen, selbst wenn es noch so dringend ist. Funktionieren und Selbstbestimmung sind somit die großen Themen dieser Phase. Es geht um Sauberkeit, um Macht und Kontrolle (gerade im Zusammenspiel zwischen Mutter und Kind). Kinder fangen an, sich zu behaupten, sie wollen alles »allein« machen und eins der häufig gesagten Wörter ist »Nein«. Außerdem geht es im wahrsten Sinne des Wortes um Festhalten, Loslassen und, sorry für den plumpen Ausdruck, um das »Drauf-Scheißen«.10

Störungen in der analen Phase

Kommt es in der Auslebung der analen Bedürfnisse (wie der Lust am Ausscheiden) zu Einschränkungen, beispielsweise wenn Mütter und Väter in der Sauberkeitserziehung übertrieben penibel oder angeekelt sind oder wenn sie diese zu früh einläuten, können Probleme auftreten und Störungen entstehen. So wird die anale Phase zum Beispiel oft in Zusammenhang mit Zwangserkrankungen gesehen. Unterdrückte Bedürfnisse wie das lustvolle Ausscheiden können sich dann in das Gegenteil umkehren und beispielsweise in einem Waschzwang enden.

Die ödipale Phase

Zuletzt sei hier noch kurz die ödipale Phase (oder auch phallische Phase) angesprochen. Freud hat sie nach der gleichnamigen griechischen Sage benannt (Die Geschichte des Ödipus). Ödipus hatte nämlich, wenn man hier mal die Kurzversion abspult, eine Liebelei mit seiner eigenen Mutter.

Die Stimulation findet circa im vierten bis fünften Lebensjahr über die erogenen Zonen (Penis und Klitoris) statt. In dieser Zeit setzen sich Kinder mit ihrer eigenen Geschlechtsrolle auseinander. Sie fangen an, ihren Körper zu erforschen.11 Das hat in vielen Kindergärten wahrscheinlich schon für Panikanfälle unter Erziehern, Mamas und Papas gesorgt und den einen oder anderen Elternabend zum Thema Doktorspiele initiiert.

Auch der Ödipuskomplex wird dieser Phase zugeordnet. Vielleicht erinnert ihr euch noch, wie ihr im Kindergartenalter ganz verliebt in euren Vater wart? Oder die männlichen Leser in die Mutter? Keine Panik, das ist, Freuds Annahmen nach, im Sinne einer »gesunden« Geschlechtsentwicklung vollkommen normal. Die Theorie des Ödipuskomplexes besagt außerdem, dass Kinder in der ödipalen Phase Eifersucht und Rachsüchtigkeit gegenüber dem gleichgeschlechtlichen Elternteil entwickeln, weil dieser mehr Zeit als das Kind selbst mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil verbringt.

Störungen in der ödipalen Phase

Es gibt (veraltete) Hypothesen darüber, dass Störungen in dieser Phase mit Homosexualität in Zusammenhang stehen könnten. Die gleichgeschlechtliche Liebe wurde sogar noch bis vor Kurzem als Krankheit geführt, bis zum Jahr 1992, um genau zu sein, als die zehnte und überarbeitete Ausgabe des ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, das Klassifikationssystem aller Erkrankungen, herausgebracht von der Weltgesundheitsorganisation) erschien. Das hat viele Menschen zu Recht sehr gekränkt. Ein Glück, dass diese Überlegungen heutzutage als überholt gelten. Love is love.

Nicht näher ausführen möchte ich hier die Latenzphase (circa vom sechsten bis zum elften Lebensjahr) und die genitale Phase (circa ab dem zwölften Lebensjahr), weil wir uns nicht allzu sehr mit den in die Jahre gekommenen Theorien aufhalten wollen. Aber auch wenn die Annahmen Freuds schon etwas veraltet sind, geben Informationen zu diesen frühen Rahmenbedingungen und der damit verbundenen Entwicklung des Kindes manchmal interessante Hinweise auf zum Beispiel die dahinterliegende, fragliche Psychodynamik einer Erkrankung. Die Phasen der psychosexuellen Entwicklung werden demnach auch heute noch (leise) mitgedacht.

Das Drei-Instanzen-Modell

Es, Ich, Über-Ich: Vielleicht habt ihr schon einmal von Freuds Drei-Instanzen-Modell (auch Strukturmodell genannt) gehört? Der Theorie nach verfügt jeder Mensch über die genannten drei Parteien. Jeder Instanz wurde dabei eine andere Funktion übertragen. Dem Es wurde die Rolle des Bösen zugeteilt. Im Es gibt es keine Moral und keine Regeln, das Es ist nur auf die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse und Triebe aus (nach dem sogenannten Lustprinzip). Rücksicht auf andere ist hier Fehlanzeige. Wenn wir an die Eisberg-Metapher am Anfang dieses Kapitels zurückdenken, dann liegt das Es unterhalb des Meeresspiegels, im Unbewussten. Freuds Idee war es, mithilfe eines bestimmten therapeutischen Settings dorthin durchzudringen. Er forderte seine Patienten auf, eine Liegeposition einzunehmen und ihren Gedanken freien Lauf zu lassen. Diese therapeutische Methode wird auch heute noch angewendet und »freies Assoziieren« genannt. Freud dachte, dass durch diese Umstände und durch den mangelnden Blickkontakt zwischen Therapeut und Patient die prüfenden Augen von Über-Ich und Ich eingeschränkt würden und damit der Zugang zum Es freigelegt werden könnte. Es ist eine Hypothese, die sich in ähnlicher Weise auch in Freuds Traumtheorie wiederfindet. Hier ging er davon aus, dass sich im Schlaf verborgene Triebe und Wünsche aus dem Unbewussten zu Wort melden. Die psychoanalytische Traumdeutung ist demnach eher eine individuelle Sache und hat keine allgemeingültige Bildsprache. Das Gerücht, jemand Geliebtes könne versterben, wenn man von einem ausgefallenen Zahn träumt, könnt ihr also beruhigt zusammen mit dem Handbuch der häufigsten Traumsymbole verbannen.12 Letztlich ist die Traumdeutung in der heutigen Psychotherapiebewegung sowieso ein bisschen in den Hintergrund getreten.

FALLBEISPIEL

Ich muss gestehen, dass ich mich schon hin und wieder mit meinen Träumen auseinandersetze. Es gibt beispielsweise so einen Traum, den habe ich immer und immer wieder. Jedes Mal versuchen Einbrecher, gruselige Wesen oder andere bedrohliche Gestalten auf verschiedensten Wegen in meine Wohnung einzudringen. Dann renne ich panisch von Tür zu Fenster, um alle Eingänge zu mir zu versperren. Mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg. Am nächsten Tag wache ich meist nassgeschwitzt auf und der Traum hängt mir noch viele Stunden nach. Deswegen habe ich ihn mir in meiner Selbsterfahrung deuten lassen. Unterm Strich, so die These, könnte es sich um Angriffe auf mein Ich handeln. Und tatsächlich befinde ich mich, wenn ich davon träume, meist in Job oder Alltag in herausfordernden Umständen. Wenn ich also nach einer solchen Nacht am nächsten Morgen darüber nachdenke, bin ich doch immer wieder erstaunt über diese psychodynamische Deutung, die ich ziemlich passend finde. Da kann die Hirnforschung noch so viele Fakten bringen.