Psychodynamische Gruppenpsychotherapie - Paul L. Janssen - E-Book

Psychodynamische Gruppenpsychotherapie E-Book

Paul L. Janssen

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Beschreibung

Die Gruppe – mehr als die Summe ihrer Teile. Das Buch ist ein praktischer Begleiter für alle, die verstärkt die Dynamik der Gruppe für ihre Patienten nutzen wollen. Sowohl in der ambulanten und stationären Psychotherapie als auch im nicht-therapeutischen Setting gewinnt die Gruppentherapie an Bedeutung. Im Rahmen der aktuellen Strukturreform der ambulanten Psychotherapie wird die Gruppentherapie als Anwendungsform ausdrücklich gestärkt. - Hohe aktuelle Relevanz: Den großen Versorgungsbedarf durch Gruppenpsychotherapie mit abdecken - Theorie und Praxis vereint: Das Wissen der Neurowissenschaften und Bindungstheorie, Wirkfaktoren, Fallbeispiele für die Anwendung - Vielfalt der Methode: Mentalisierungsbasierte Gruppenpsychotherapie, psychoanalytisch-interaktionelle Gruppentherapie, ambulant, stationär, störungsorientiert Für die Gruppentherapie als Anwendungsform benötigen Sie neben Kenntnissen über ihre Wirkfaktoren und ihre traditionellen und modernen Konzepte besonders anwendungsorientiertes Wissen: - Wie stelle ich die Indikation zur Gruppenpsychotherapie? - Welche Therapieform eignet sich für depressive Störungen, Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis, Borderline-Störungen, Suchtstörungen, somato-psychische und psychosomatische Störungen und Essstörungen? - Unter welchen Aspekten stelle ich eine Gruppe zusammen? - Auf welche unbewussten Interaktionsprozesse und möglichen Konflikte muss ich gefasst sein? Darüber hinaus erhalten Sie wertvolle Hinweise zur Kombination der Gruppenpsychotherapie mit anderen Behandlungsverfahren wie Einzelpsychotherapie, Ergo- oder Musiktherapie und Psychopharmakotherapie. Die Besonderheit: Auf Basis ihrer langjährigen praktischen Erfahrungen als Gruppenpsychotherapeuten illustrieren die Autoren alle Interventionen mit ausführlichen Fallbeispielen und vertiefenden Beschreibungen psychodynamischer Gruppenprozesse. Dieses Buch richtet sich an: Psychiater, Psychosomatiker, Psychoanalytiker, ärztliche und psychologische Psychotherapeuten, in Facharztausbildung befindliche Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Aus dem Inhalt Einige theoretische Konzepte zur Psychodynamischen Gruppe | Allgemeine und spezifische Wirkfaktoren in der Gruppe | Ambulante Psychodynamische Gruppenpsychotherapie | Einige Anwendungen der psychodynamischen Gruppe im nicht-therapeutischen Setting | Die stationäre psychoanalytische Therapie als Kombinationsbehandlung von Einzel- und Gruppenpsychotherapie, Therapeutische Gemeinschaft und kreativer Psychotherapie | Kombination der Gruppenpsychotherapie mit anderen Methoden | Einige störungsorientierte Behandlungen in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie | Wirksamkeit psychodynamischer Gruppenpsychotherapie  

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Seitenzahl: 560

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Paul L. Janssen ■ Gabriele Sachs

Psychodynamische Gruppenpsychotherapie

Theorie, Setting und Praxis

Impressum

Univ. Prof. Dr. med. Paul L. Janssen

(Emeritus der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr Universität Bochum)

Brühler Weg 13

40667 Meerbusch

[email protected]

Ao. Univ. Prof. Dr. med. Dr. phil. Gabriele Sachs

Medizinische Universität Wien

Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Währinger Gürtel 18–20

1090 Wien

Austria

[email protected]

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Besonderer Hinweis

Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollten bitte im allgemeinen Interesse dem Verlag mitgeteilt werden. Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische oder therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung.

In diesem Buch sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Schattauer

www.klett-cotta.de

© 2018 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Cover unter Verwendung eines Fotos von © ELENKS – shutterstock.com

Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell

Printausgabe: ISBN 978-3-608-43163-6

E-Book: ISBN 978-3-608-19139-4

PDF-E-Book: ISBN 978-3-608-26990-1

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Lektorat: Dr. Thomas Rosky, [email protected]

Projektmanagement: Dr. Nadja Urbani

Inhalt

Vorwort

1 Einige theoretische Grundlagen der Praxeologie psychodynamischer Gruppenpsychotherapie

1.1 Grundzüge der psychoanalytischen Therapie

1.2 Grundzüge einiger psychodynamischer Psychotherapieverfahren

1.3 Grundzüge der Gruppendynamik

1.3.1 Relevante Konzepte der Gruppendynamik für die psychodynamische Gruppenpsychotherapie

1.4 Grundzüge der Gruppenanalyse

1.4.1 Die Gruppe und die psychoanalytische Haltung

1.5 Psychodynamische Gruppenpsychotherapie bei strukturellen Ich-Störungen

1.5.1 Psychoanalytisch-interaktionelle Gruppenpsychotherapie

1.5.2 Mentalisierungsbasierte Gruppenpsychotherapie (MBT-G)

2 Beiträge der Neurowissenschaften zu den Grundlagen der Gruppenpsychotherapie

2.1 Neurobiologische Grundlagen von Gruppenprozessen

2.1.1 Neurobiologie und Mentalisieren in Gruppen

2.1.2 Das Oxytocin-/Vasopressin-sensitive Schleifensystem

2.1.3 Zur interpersonellen Neurobiologie (IPNB)

2.1.4 Das Modell der neuropsychodynamischen Mechanismen

3 Gruppenpsychotherapie und Bindungstheorie

4 Allgemeine und spezifische Wirkfaktoren in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie

4.1 Supportives Klima und Gruppenkohäsion

4.2 Bereitschaft zur Selbstöffnung und Katharsis

4.3 Interpersonales Lernen

4.4 Spezifische Wirkfaktoren

4.5 Einiges zur Interventionstypologie in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie

5 Ambulante psychodynamische Gruppenpsychotherapie

5.1 Vorbemerkungen zur Indikationsstellung in der Psychotherapie

5.2 Indikation zur Gruppenpsychotherapie

5.3 Rahmenbedingungen der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie

5.3.1 Diagnostische Untersuchung

5.3.2 Sitzordnung in der Gruppe

5.3.3 Sitzungsfrequenz und Sitzungszeit

5.3.4 Die Grundregel

5.3.5 Honorar und Ausfallregelung

5.3.6 Co-Leiter und Beobachter

5.3.7 Protokoll über den Gruppenprozess

5.3.8 Ausscheiden aus der Gruppe

5.3.9 Neuordnung der Richtlinien-Psychotherapie für die Gruppenpsychotherapie

5.4 Ein Beispiel für unbewusste Interaktionsprozesse in der Gruppenpsychotherapie

5.5 Träume in der Gruppenpsychotherapie

5.6 Einige besondere Situationen im Verlauf kontinuierlicher ambulanter psychodynamischer Gruppenpsychotherapie

5.6.1 Durch Symptome ausgelöste besondere Situationen

5.6.2 Ereignisse während des Verlaufs der Gruppenpsychotherapie

6 Einige Anwendungen der psychodynamischen Gruppe im nichttherapeutischen Setting

6.1 Selbsterfahrungsgruppen

6.2 Balint-Gruppen

6.3 Leitung von therapeutischen Institutionen

7 Die stationäre psychoanalytische Therapie

7.1 Die therapeutische Gemeinschaft

7.1.1 Grundsätze der psychotherapeutischen Gemeinschaft

7.1.2 Die therapeutische Gemeinschaft als fortlaufender gruppenanalytischer Prozess

7.2 Entwicklung der stationären psychoanalytischen Therapie

7.3 Modelle stationärer psychoanalytischer Therapie

7.3.1 Die Übertragung im stationären Rahmen

7.3.2 Die Gegenübertragung und das Teamkonzept

7.3.3 Die stationäre psychoanalytische Therapie struktureller Ich-Störungen

7.4 Weiterentwicklung der stationären psychoanalytischen Therapie

8 Kombination der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie mit anderen Methoden

8.1 Kombination von Gruppenpsychotherapie und Pharmakotherapie

8.1.1 Grundsätzliche Überlegungen zu Wechselwirkungen therapeutischer Interventionen

8.1.2 Zur Kombinationsbehandlung von Psychotherapie und Pharmakotherapie am Beispiel der Angststörung

8.1.3 Wechselwirkungen von Gruppenpsychotherapie und Psychopharmakotherapie

8.1.4 Neurobiologische Korrelate zeigen differenzielle Effekte von Psychopharmakotherapie und Psychotherapie

8.2 Gruppenpsychotherapie kombiniert mit psychodynamischer Einzelpsychotherapie

8.3 Gruppenpsychotherapie kombiniert mit psychoanalytisch orientierter Maltherapie

8.4 Gruppenpsychotherapie kombiniert mit psychoanalytisch orientierter Musiktherapie

9 Störungsorientierte Behandlungen in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie

9.1 Gruppenpsychotherapie bei Patienten mit depressiven Störungen

9.1.1 Psychodynamische Modelle depressiver Störungen

9.2 Gruppenpsychotherapie bei Patienten mit Angststörungen

9.2.1 Psychodynamische Modelle der Angststörungen

9.3 Gruppenpsychotherapie bei Patienten mit Schizophrenie

9.3.1 Mentalisierungsdefizite bei Patienten mit Schizophrenie

9.3.2 Konsequenzen für die psychotherapeutische Behandlung

9.4 Gruppenpsychotherapie bei Patienten mit Borderline-Störungen

9.4.1 Psychodynamik der Borderline-Persönlichkeitsstruktur

9.4.2 Ambulante und stationäre Gruppenpsychotherapie mit Borderline-Patienten

9.5 Gruppenpsychotherapie bei Patienten mit Suchtstörungen

9.6 Gruppenpsychotherapie bei Patienten mit somatopsychischen und psychosomatischen Störungen

9.6.1 Psychodynamische Modelle zu psychosomatischen Störungen

9.6.2 Stationäre Gruppenpsychotherapie

9.6.3 Stationäre Gruppenpsychotherapie bei Patienten mit Essstörungen

9.6.4 Ambulante Gruppenpsychotherapie mit Colitis-ulcerosa- und Morbus-Crohn-Patienten

10 Empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit psychodynamischer Gruppenpsychotherapie

10.1 Allgemeines zur Wirksamkeit psychodynamischer Psychotherapien

10.2 Zur Wirksamkeit psychodynamischer Gruppenpsychotherapien

10.3 Zur Wirksamkeit von Gruppenpsychotherapie bei spezifischen psychischen Störungen

10.4 Evaluierung der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie im stationären Setting

10.5 Manualisierte psychodynamische Gruppenpsychotherapien

10.6 Forschungsergebnisse zur mentalisierungsbasierten Gruppenpsychotherapie (MBT-G)

Literatur

Sachverzeichnis

Vorwort

Da Menschen als soziale Wesen in Familien und Gruppen zusammenleben und in diesen Gruppen auch ihre Probleme besprechen, sind die Untersuchungen des Gruppenverhaltens auch immer Gegenstand der Psychologie, insbesondere der Sozialpsychologie, gewesen. Die psychotherapeutische Nutzung von Gruppen beginnt in der Medizin und Psychologie erst mit dem Beginn der wissenschaftlichen Psychotherapie. Moreno, der Begründer des Psychodramas, war der Erste, der in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts die Bezeichnung »Gruppenpsychotherapie« für seine psychotherapeutische Methode benutzte.

Freud hat sich aus der Sicht der Psychoanalyse in seiner Arbeit »Massenpsychologie und Ich-Analyse« (1921) mit dem Verhalten von Massen, den Beziehungen in Gruppen (Kirche und Militär) und den Beziehungen zu Führern und Leitern solcher Gruppen befasst. Freuds Arbeiten sind zwar keine Einführung in die psychotherapeutische Gruppenarbeit, sie sind aber sehr anregend für die Analyse in Gruppen. Freud zitiert Le Bon: »An einer psychologischen Masse ist das Sonderbarste dies: Welcher Art auch die sie zusammensetzenden Individuen sein mögen, wie ähnlich oder unähnlich ihre Lebensweise, Beschäftigung, ihr Charakter oder ihre Intelligenz ist, durch den bloßen Umstand ihrer Umformung zur Masse entsteht eine Kollektivseele, vermöge deren sie in ganz anderer Weise fühlen, denken und handeln, als jedes für sich fühlen, denken oder handeln würde. [. . .] Die psychologische Masse ist ein provisorisches Wesen, das aus heterogenen Elementen besteht, die für einen Augenblick sich miteinander verbunden haben, genauso wie die Zellen des Organismus durch ihre Vereinigung ein neues Wesen mit ganz anderen Eigenschaften als denen der einzelnen Zellen bilden« (Freud 1921, S. 106). Die Ursache dieser Gruppenbildung findet Freud nach der Analyse von Kirche und Heer in der Bindung an den Führer. Diese Verbundenheit des Individuums mit der Kollektivseele »Gruppe« sei dem Zustand der Verliebtheit oder der Hypnose vergleichbar. Entweder ist für Freud die Gruppe eine Bindung an den autoritären Vater oder in seiner Arbeit »Totem und Tabu« eine Bruderhorde, die den Leiter (Vater) ablösen und töten will (Freud 1912).

Eine erste Anwendung der Psychoanalyse in der Gruppe beschrieb Burrow (1926), der auch den Begriff Gruppenanalyse einführte und ein psychoanalytisches Gruppenkonzept formulierte. Burrow war mit der dyadisch konzipierten Psychoanalyse unzufrieden und glaubte an eine soziale Entstehung der Neurose. Also: Nicht die Internalisierung der primären Objektbeziehungen führt zur Neurose, die Neurose ist durch die Gesellschaft, durch ein »neurotisches Sozialsystem« verursacht. Ihn interessierte also mehr die sozial bedingte Identität des Neurotikers und des Menschen generell (nach Schultz-Venrath 2015).

Freud blieb hinsichtlich der Anwendung der Psychoanalyse in Gruppen skeptisch. Er schrieb 1926 an Burrow: »Ich glaube nicht, dass die Analyse eines Patienten auf irgendeine andere Weise als in der familiären Situation, d. h. begrenzt auf zwei Personen, durchgeführt werden kann. Die Massensituation wird entweder sofort in einem Führer resultieren und solchen, die durch ihn geführt werden, was (zwar) bedeutet, dass es einer familiären Situation nahe kommt, die aber mit großen Schwierigkeiten in der Funktion des Ausdrucks und unnötigen Komplikationen von Eifersucht und Rivalität verbunden ist, oder es bildet sich eine ›Bruderhorde‹, in der jeder das selbe Recht hat und ein analytischer Einfluss, so fürchte ich, unmöglich ist.« (nach Schultz-Venrath & Döring 2009, S. 148)

Die schließlich notwendige Anwendung der Psychoanalyse in Gruppen entstand aus einer Mangelsituation in der Versorgung. Englische Psychiater und Psychoanalytiker (Bion, Foulkes, Main u. a.), die in der klinischen Psychotherapie tätig waren und vor der Aufgabe standen, psychisch kranke Soldaten zu behandeln, führten entsprechende Modelle ein. Bion (1960/1971) und Foulkes (1946, 1992) konzipieren die »Gruppenanalyse« und Main (1946) die »therapeutische Gemeinschaft« für stationäre psychiatrische Einrichtungen (siehe auch Nitzgen 2011). Besonders das Konzept von Foulkes, die gruppenanalytische Psychotherapie, beeinflusste die Entwicklung der psychoanalytisch begründeten Gruppenpsychotherapie.

Neben dieser analytisch-psychotherapeutischen Entwicklung inspirierte insbesondere die sozialpsychologische Kleingruppenforschung und deren Anwendung in der Gruppendynamik und dem Sensitivity-Training die therapeutische Arbeit in Gruppen. Ursprünglich konzipiert von dem Sozialpsychologen Lewin (Bradford et al. 1972) kam diese Methode der Untersuchung des interpersonellen Verhaltens in Gruppen und der Veränderung des Verhaltens in Gruppen über die gruppendynamische Bewegung Anfang der 1960er-Jahre auch nach Deutschland (vgl. Däumling et al. 1974). Die Kleingruppenforschung, die sich mit dem interpersonellen Verhalten, dem Führen von Gruppen, dem Rollenverhalten in Gruppen, der Gruppenstruktur, den Gruppenkonflikten, der Kommunikation in Gruppen und den Dependenz- und Independenz-Problemen u. a. in Gruppen befasste (siehe Luft 1971, König 2012), beeinflusste auch die Gruppenpsychotherapie.

Mit Beginn der gruppentherapeutischen Bewegung in Westdeutschland Ende der 1950er-Jahre/Anfang der 1960er-Jahre entwickelten sich nach und nach in einigen Orten in West- und Ostdeutschland Angebote zur Qualifizierung in Gruppenpsychotherapie (siehe Gfäller & Leutz 2006). Es entwickelten sich Gruppenpsychotherapien, die mehr der Psychoanalyse, der Sozialpsychologie oder einer pragmatischen, klinischen Anwendung verpflichtet waren. Aus dem 1971 erstmals in Lissabon stattfindenden gruppenanalytischen Symposion der Group Analytic Society London, die Foulkes in London gegründet hatte, wurde seine Methode, die gruppenanalytische Psychotherapie, nach Deutschland transferiert. Foulkes hatte seine Methode der Gruppenanalyse in dem Institute of Group-Analysis in London entwickelt und von anderen Anwendungen der Psychoanalyse in Gruppen abgegrenzt. Die von der Group-Analytic-Society über Alice Ricciardi-von Platen, Josef Shaked und Michael Hayne nach Altaussee/Österreich transportierten gruppenanalytischen Seminare etablierten sich 1976 als Internationale Arbeitsgemeinschaft für Gruppenanalyse nach S. H. Foulkes in Altaussee (vgl. Hayne 1997, Shaked 2011). Ebenso an Foulkes orientiert sind die Gruppenanalyseseminare e. V. (GRAS), die von Michael Lukas Moeller 1977 in Frankfurt a. M. gegründet wurden.

Auch Heigl-Evers (1972) knüpfte an Foulkes an und entwickelte daraus ihre Auffassung von der Gruppenpsychotherapie nach dem Göttinger Modell (▶ Kap. 1.4). Anfang der 1960er-Jahre etablierte auch in Frankfurt eine Gruppe von Psychoanalytikern, orientiert an den Konzeptionen von Bion und Foulkes, die Gruppenanalyse (vgl. Argelander 1972, Kutter 1976, 1985). Weiterbildungsangebote gab es auch auf den Lindauer Psychotherapie-Wochen, z. B. von Helmut Enke. Langen (1956) hatte schon 1951 die Gruppenpsychotherapie in seiner Klinik in Mainz eingeführt. Insbesondere die stationäre Psychotherapie wurde ein Förderer der Gruppenpsychotherapie.

So gab es verschiedene Strömungen, die sich in den folgenden Jahrzehnten durchsetzten. 1967 wurde in Westdeutschland der Deutsche Arbeitskreis für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik (DAGG) von Enke, Däumling, Heigl-Evers und Heigl gegründet, die alle gruppendynamischen und gruppenpsychotherapeutischen Aktivitäten zusammenfassten. Nach und nach entwickelten sich in den darauffolgenden Jahren weitere Institutionen, z. B. in Heidelberg, die speziell in Gruppenanalyse und Gruppenpsychotherapie aus- und weiterbildeten. Sie wurden damals über den DAGG und seine Sektion Analytische Gruppenpsychotherapie anerkannt. Heute hat die 2011 neu gegründete Gesellschaft für Gruppenanalyse und Gruppenpsychotherapie (D3G) diese Aufgabe übernommen.

Der Beginn der Gruppenbewegung war auch mit einer Veränderung in der Auffassung der Störungen und mit einer Kritik an der Psychoanalyse verbunden. Wie schon Burrow kritisierte, würde die Psychoanalyse zu wenig die soziale Dimension menschlichen Verhaltens berücksichtigen. Dies griffen auch die Begründer der Gruppenanalyse (Foulkes 1946) und andere Gruppenanalytiker auf, wie auch Main (1946), der Begründer der therapeutischen Gemeinschaft. Die Gruppenanalyse und die therapeutische Gemeinschaft sollten Abhilfe schaffen und die psychischen Störungen so behandeln, als würden sie aus individuellen wie aus sozialen Quellen entstehen. Vor diesem Hintergrund entstand eine Bewegung, die über die klinische Anwendung der Gruppenpsychotherapie hinausging. Die Gruppenbewegung verstand die »Gruppe« eher als Medium zur Einflussnahme auf gesellschaftliche Entwicklungen. H.-E. Richter (1972) gab seinem Buch »Die Gruppe« den Untertitel »Hoffnung auf einen neuen Weg, sich selbst und andere zu befreien«. Ein Zitat aus dem Buch belegt die Erwartungen an die Gruppe: »Die Einführung der Gruppe als eines neuen therapeutischen Rahmens markiert einen historischen Wendepunkt in der Entwicklung der Psychotherapie. Aber weit über die Medizin hinaus stellt sich die Gruppe als eine moderne Existenzform dar, mit deren Hilfe das Individuum seine deformierten und entleerten Beziehungsformen mit neuem Sinn zu erfüllen versucht« (Richter 1972, S. 33).

Richter verband Gruppenarbeit mit den vielfältigen Aktivitäten u. a. in Wohngemeinschaften, Elterngruppen und sozialpolitischen Gruppeninitiativen. Die Gruppenbewegung definierte das Individuum als psychosozial vernetztes. Daher untersucht sie nicht wie die Individualpsychotherapie einzelne, sondern vernetzte Individuen in Gruppen, Institutionen, Organisationen, Teams, Arbeitsgruppen, Selbsterfahrungsgruppen, Lerngruppen usw. Damals galt die Gruppe als »Heilsbringer« für die angestrebten individuellen, familiären, institutionellen, politischen und gesellschaftlichen Veränderungen, insbesondere auch für die Bewältigung gesellschaftlicher Konflikte. Solche Veränderungen schienen über den individuellen Weg in der Psychotherapie nicht erreichbar. Die Gruppe sollte mehr als eine Psychotherapie sein. Die Gruppe ist nach diesen Auffassungen auch immer ein soziologisches Thema mit Bezug zur menschlichen Entwicklung und Fehlentwicklung in gruppalen Kontexten. Die Gruppe steht also immer im Spannungsfeld von Individualität und Gesellschaft (Gfäller 2010).

In Österreich wurde 1959 der Österreichische Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik (ÖAGG) durch Raoul Schindler gegründet. Auf der Gründungsversammlung hatte Schindler die Ursprünge der Gruppenanalyse zitiert und bezog sich dabei in erster Linie auf Freud und seine Libidotheorie des Gemeinschaftsgefühls, die übrigens bereits den Hinweis auf die Bedeutung der kleinen, intimen Gruppen enthält und sich den damals üblichen Vorstellungen vom sog. »Herdeninstinkt« entgegenstellte. Ebenso erwähnte er die praktische Anwendung und Fortführung dieser Gedanken im Werk von Eichhorn. Der Psychoanalytiker Adler, dessen Betonung des »Wir-Erlebens« eine logische Wendung zur Gruppenpsychotherapie enthält, wird als einer der Mitbegründer des ÖAGG genannt. Seine Arbeiten haben auf die individualpsychologischen Erziehungsberatungsstellen Einfluss genommen. In der weiteren Entwicklung des ÖAGG differenzierten sich die Sektionen ähnlich wie im DAGG.

Der ÖAGG ist ein anerkanntes Ausbildungsinstitut für die gesetzlich geregelte Ausbildung von Psychotherapeuten. Die Fachsektion Gruppenpsychoanalyse ist Ausbildungsträger für die Zusatzbezeichnung Gruppenpsychoanalyse/analytische Psychotherapie. Über die Ausbildung für Psychotherapeuten hinaus ermöglicht die Gruppenanalyse vielfältige Anwendungen einer modernen »Psychoanalyse jenseits der Couch«. Im ÖAGG besteht auch ein Diplomlehrgang für gruppenanalytische Team- und Organisationsentwicklungen und ein kontinuierlicher fachlicher Austausch für professionelle Berater, Coaches und Trainer.

Unsere Idee für dieses Buch ist, den Leser an der jahrzehntelangen Erfahrung im Umgang mit Gruppen in verschiedenen psychosozialen Kontexten (siehe Janssen 2017) teilnehmen zu lassen und ihn anzuregen, sich mit Gruppenpsychotherapie und deren Anwendungen in klinischen und nichtklinischen Feldern zu befassen. Auf der Grundlage dieser langjährigen Erfahrungen in der Durchführung von psychodynamischer Gruppenpsychotherapie werden die Interventionen ausführlich mit Fallbeispielen illustriert. Die Autoren legen in diesem Buch besonderen Wert auf eine praxisnahe Darstellung und eine vertiefende Beschreibung von psychodynamischen Gruppenprozessen. Darum auch die vielen Beispiele, die alle aus eigener Gruppenerfahrung stammen. Beide Autoren sind seit vielen Jahren als Gruppenanalytiker in den Workshops der Internationalen Arbeitsgemeinschaft in Altaussee tätig. Zusätzlich zu den traditionellen Konzepten werden auch neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Gruppenpsychotherapie und der gegenwärtige Forschungsstand beschrieben.

Wir haben nicht den Anspruch, eine umfassende Abhandlung zur Theorie und Praxis der Gruppenanalyse und Gruppenpsychotherapie vorzulegen. Wir stellen die von uns rezipierten theoretischen Konzepte und Reflexionen sowie unsere laufende Praxis in der Gruppenpsychotherapie, aber auch in den Selbsterfahrungsgruppen und Beratungen dar. Dabei lassen wir offen, ob die Gruppenpsychotherapie ein eigenständiges Verfahren ist oder eine Methode der psychodynamischen Psychotherapieverfahren. Möge die nachfolgende Generation die Kraftquelle von Gruppen neu einschätzen und weiterentwickeln.

1 Einige theoretische Grundlagen der Praxeologie psychodynamischer Gruppenpsychotherapie

1.1 Grundzüge der psychoanalytischen Therapie

Eine der Grundlagen der psychoanalytisch b(1)egründeten Psychotherapien und damit auch der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie ist(1) die Theorie der Psychoanalyse. Die Psychoanalyse ist(1) zwischen 1890 und 1920 von Sigmund Freud und seinen Schülern entwickelt worden. Sie ist eine Wissenschaft, die die bewussten und unbewussten seelischen Prozesse im Erleben und Verhalten des Menschen, die innerseelischen Konflikte und(1) Objektbeziehungsmuster als(1) Niederschläge infantiler Beziehungserfahrungen sowie(1) die Selbstkonzepte untersucht(1). Diese theoretischen Grundlagen beziehen sich zusammengefasst auf die Theorie vom Unbewussten, auf die Trieb-, Konflikt- und Strukturtheorie, die Ich-Psychologie, die Objektbeziehungstheorie, die Selbstpsychologie bzw. Narzissmustheorie, die Entwicklungspsychologie, die Bindungslehre und die Mentalisierungstheorie (siehe zusammenfassend bei Janssen 2009). Auch wenn diese Grundlagen hier nicht umfassend dargestellt werden können, sondern vorausgesetzt werden, so sind wir doch der Auffassung, dass diese psychoanalytischen Konzepte den psychodynamisch arbeitenden Gruppentherapeuten in Grundzügen vertraut sein sollten.

Zentrale methodische Konzepte der psychoanalytischen Behandlungslehre sind die Erfassung des Unbewussten in(1) Verhalten, Gedanken, Fantasien, Beziehungen und in den freien Assoziationen. In der dualen Beziehung entfalten(1) sich nach der Herstellung definierter Rahmenbedingungen und der Etablierung einer therapeutischen Arbeitsbeziehung insbesondere die Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse und die Widerstände(1)(1). In(1) ihnen repräsentieren sich unbewusste Beziehungsmuster, die bewusstgemacht und gedeutet werden können und zur Einsicht in die infantilen Konflikte und(1) Objektbeziehungsmuster führen(1). Freud selbst und seine Schüler1 vertraten die Vorstellung, wonach sich – gemäß dem Konfliktmodell für Neurosen – infantile unbewusste Triebabwehrkonflikte, das(1) heißt intersystemische Konflikte zwischen Ich, Über-Ich(1) bzw(1). Ideal-Ich und(1) Es, in der Übertragung wiederholen. Sie waren überzeugt, dass diese bewusst gemacht werden und durch eine deutende Bearbeitung und eine Durcharbeitung der Übertragungsneurose aufgelöst(1)(1) werden können. In der Übertragungsneurose sollte die Vergangenheit, d. h. die infantilen Konflikte, in(1)(2) der Gegenwart wiederhergestellt und gedeutet werden, damit es zu einer Auflösung der Neurose (der Übertragungs- wie der infantilen Neurose) kommt. Das Ziel ist, strukturelle Veränderungen im psychischen Apparat des Patienten zu bewirken, die ihn zu einer besseren Anpassung an seine Lebensumstände befähigen (siehe ausführlich bei Janssen 2016a).

Freuds These von der Wiederholung infantiler, unbewusst konflikthafter Beziehungsmuster in der Beziehung zum Therapeuten ist(1) von hohem theoretischem und therapeutischem Wert. In der Wiederholung im Hier und Jetzt kann das Verdrängte als Gegenwärtiges wiedererlebt werden. Das interpersonelle Feld, insbesondere das der Eltern-Kind-Beziehung, war damit als Entstehungsbedingung für Verhalten und ggf. für psychische Störungen entdeckt und Wiederholungen dieser verinnerlichten, unbewussten Konflikte in Denk- und Verhaltensschemata in der Beziehung zum Therapeuten als therapeutischer Zugang konzipiert. Die Wiederholung ist(1) ein klinisches Phänomen, in der Übertragung kehrt(2) das Verdrängte wieder, der Mensch erinnert nicht, sondern wiederholt in der Übertragung und Handlung. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die duale, sondern auch für die gruppale Situation. Darum gilt die Grundregel des freien Einfalls, der(1)freien Assoziation, auch grundsätzlich in abgewandelter Form für die psychodynamische Gruppenpsychotherapie: Sie können alles sagen, was Ihnen durch den Sinn geht. Sie sollten sich darum bemühen, alles zu sagen, alle Gefühle, Eindrücke, Erfahrungen, Erinnerungen. Der Patient soll offen sprechen, ohne Zensur, ohne Wertungen, auch wenn er es für unsinnig und unwichtig hält. Die Aufforderung, seinen Vorstellungen, Gedanken und Gefühlen freien Lauf zu lassen und sie unzensiert und spontan zu äußern, ist sowohl in der Psychoanalyse wie in der Gruppe eine einmalige Erfahrung, auch wenn es für viele am Anfang schwer ist, sich darauf einzulassen. Zur freien Assoziation gehört zudem die Aufforderung, Träume mitzuteilen(1), die auch in der Gruppenpsychotherapie ein besonderer Zugang zum Unbewussten sind (▶ Kap. 5.5).

Widerstände gegen(1) die aufdeckende Behandlung sind strukturell in der Persönlichkeit verankerte Abwehrformen, die spezifisch für die Person sein können. Die Bewusstmachung dieser Widerstände und der abgewehrten Triebansprüche in den aktuellen und den infantilen Beziehungsmustern ist eine wichtige Technik der Psychoanalyse. In der Psychoanalyse wird der Widerstand verstanden als charakterologisch verankerte Abwehrleistung gegen die Aufdeckung unbewusster Konflikte und als ein Widerstand gegen das Erinnern. Widerstand kann aber in jedem psychischen Akt enthalten sein, er dient dazu, ein innerseelisches Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Nach Freud ist das Verstehen und Analysieren des Widerstandes die Hauptaufgabe des Therapeuten und erfordert das, was Freud Durcharbeiten nennt.

In(1) der Beziehung zum Psychoanalytiker, die sowohl Realaspekte wie gemeinsam geschaffene Rahmenbedingungen hat, wie Aspekte der Übertragung, soll(3) die innere Welt des Patienten – seine Erwartungen und unbewussten Konflikte(1) – erfahrbar werden. Gemäß dem Wiederholungszwang wird der Analysand auf den Analytiker oder auf andere Personen seine früheren Erfahrungen und seine Erwartungen an Beziehungen unbewusst übertragen. Übertragungen sind also unbewusste Reaktionsbereitschaften des Menschen in Beziehungen allgemein und in therapeutischen Beziehungen, insbesondere hervorgerufen durch das Setting und die psychoanalytische Haltung. In der klassischen psychoanalytischen Behandlungstechnik soll also der Analytiker die Projektionsfläche der inneren Verhältnisse des Patienten werden, z. B. seiner Abwehrformation, seiner Über-Ich-Forderungen und(1) seiner Triebwünsche. Daraus(1) leitet sich ab, dass eine strukturelle Veränderung über die Analyse der Übertragungen und der Übertragungsneurose möglich(1) ist, wenn der Analytiker sich abstinent und neutral verhält (zur psychoanalytischen Haltung ▶ Kap. 1.4.1). Wir orientieren uns besonders an der Auffassung Gills (1984), der die Übertragung(1) durch die »Unangemessenheit« der vom Analysanden auf den Analytiker ausgerichteten negativen oder positiven Gefühle charakterisiert sieht. Die Übertragung ist ubiquitär in verschiedenen Beziehungen, also auch in Gruppen wirksam, aber sie bekommt in der Gruppe eine andere Gestalt (▶ Kap. 1.4). Sie aktualisiert sich in dualen Settings eher in Vorstellungen und Fantasien, in gruppalen Settings mehr im Verhalten und Interaktionen der Gruppenteilnehmer. So können Gefühle, motorische Handlungen, Träume, Kindheitserinnerungen(2), Kommentare(1) über die Realität, schließlich jede Äußerung des Patienten und jede Interaktion einen Übertragungsbezug haben. Das Vorhandensein von Übertragungen heißt noch nicht, dass der Analysand darüber spricht, denn er schämt sich, seine Gefühle, Einstellungen, Gedanken und Einfälle (z. B. über die Person des Analytikers) zu äußern. Er entwickelt also einen Widerstand gegen die Wahrnehmung der Übertragung. Der Widerstand hängt mit Schamgefühlen, Verlegenheit und Demütigungen zusammen, mit »internalisierten sozialen Missbilligungen« (Sandler(1) & Sandler 1985).

Gill (1984) unterscheidet in der dualen Situation zwei Manifestationsformen der(1) Übertragung: den Widerstand gegen die Wahrnehmung der Übertragung und den Widerstand gegen die Auflösung der Übertragung. Im Widerstand gegen die Wahrnehmung der Übertragung manifestiert sich die Abwehr, im Widerstand gegen die Auflösung der Übertragung der Wunsch. Nach Janssen lässt sich die Übertragung/Gegenübertragung für(2) die duale Situation heute folgendermaßen definieren: »Übertragung ist zum einen die spontane Aktualisierung früher Beziehungserfahrung in den Interaktionen mit Therapeuten oder anderen Bezugspersonen. Übertragung ist aber nicht nur verzerrte Wiederholung der Vergangenheit in der Gegenwart, sondern andererseits das Ergebnis bewusster und unbewusster Erfahrungen in den Beziehungen zum Therapeuten und damit ein Amalgam zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Aber sie ist auch nicht alleine Ergebnis einer Interaktion, sondern partiell Externalisierung der(1) Innenwelt des Patienten« (Janssen 2016a, S. 392).

Neben diesen Formen der Übertragung hat Freud weitsichtig schon eine weitere Ebene der Beziehung zwischen Analysand und Analytiker formuliert, die er »unanstößige« oder »milde« Übertragung nannte. Die unanstößige Übertragung(1) entspricht der nicht spezifizierten Voraussetzung des Analysanden, sich auf eine therapeutische Beziehung einzulassen.

Nach Gill (1984) soll die unanstößige Übertragung nicht analysiert werden. Sie sei notwendig, damit der Patient den Widerstand in der Therapie überwindet. Sie sei für alle Fälle förderlich für den therapeutischen Prozess. Dieser Beziehungsmodus lässt sich mit einer emotionalen Verfassung vergleichen, die nach der Bindungsforschung mit »sicher gebundenem Verhalten« und in der Gruppenanalyse als »Matrix« oder als »Container-Funktion« bezeichnet(1)(1) wird (▶ Kap. 1.4).

Aus der Konzeption der unanstößigen Übertragung wurde unter Ich-psychologischen Aspekten später das Konzept der therapeutischen Allianz oder(1) das des Arbeitsbündnisses. Beide(1) sind keine festen Größen, sie sind variabel und hängen von der jeweiligen Konstellation ab. Sie beruhen wesentlich darauf, dass eine Beziehung entsteht, die es ermöglicht, die therapeutische Ich-Spaltung zu vollziehen und sich mit dem analysierenden Ich des Therapeuten zu identifizieren. Diese Beziehungsebene ist daher mehr als ein reales, rationales Arbeitsbündnis, es ist eine basale Beziehung/Übertragung, auf der jede Behandlung auch in der Gruppe aufbaut.

Die Ich-psychologische Psychoanalyse benutzt(1) den Begriff der technischen Neutralität, der(1) die Abstinenz- und Anonymitätsregel umfasst(1)(1), als Kernmerkmal der psychoanalytischen Haltung. Technische Neutralität bezeichnet auch Haltungen wie z. B. grundsätzliche Offenheit gegenüber dem Material, keine Auswahl treffen, sich flexibel auf die Interaktion einstellen und nicht an dem eigenen Konzept festhalten. Besonders hervorzuheben ist, dass der Therapeut sich nicht zu Stellungnahmen gegenüber dem Patienten hinsichtlich seiner Person, aber auch hinsichtlich Werten und Urteilen verleiten lassen soll (Kernberg 1999). Neuere Konzepte zur Abstinenz betonen das Bemühen des Therapeuten, emotionale Verwicklungen mit dem Patienten, die sich im Rahmen der Übertragungs- und Gegenübertragungsbeziehung einstellen, immer wieder bewusst zu reflektieren und so ein unbewusstes Agieren des Therapeuten zu vermeiden. In diesen Aspekten der psychoanalytischen Behandlung weicht die Behandlung in der Gruppe vom dualen Setting erheblich ab (vgl. Kap. 1.4).

Die Wahrnehmungseinstellung des Psychoanalytikers in der dualen Beziehung ist die der teilnehmenden Beobachtung bzw. der »gleichschwebenden Aufmerksamkeit« (Freud(1)(1) 1923), die der freien Assoziation der Patienten entspricht. Es ist ein Verstehensprozess, in dem Empathie für(1) die Lebenssituation des Patienten und Identifikation mit ihm eine Rolle spielen (Loch 1965). Unter dem Einfluss des interaktionellen Verständnisses von Übertragung und Gegenübertragung entwickelt sich in den letzten Jahrzehnten ein neues Verständnis des Freudschen Verfahrens, das den Gruppentherapien sehr entgegenkommt. Im deutschsprachigen Raum z. B. formulierte Argelander (1968, 1970) das Konzept des »szenischen Verstehens« (vgl(1). auch Laimböck 2015). Unbewusste Bedeutungen liegen nicht allein in verbalen, sondern auch in situativen Informationen. Aus der situativen Information kann(1) der Therapeut die in der Interaktion entstandenen unbewussten Fantasien herausarbeiten. Was sich in der Szene manifestiert, ist nicht ein einzelnes Ereignis, sondern eine Konfiguration von Ereignissen. Durch die Übertragung wird der Therapeut zum Teilhaber der vergangenen und gegenwärtigen Lebenspraxis des Analysanden, was ihm die Möglichkeit verschafft, Zugang zu dessen Innenwelt einschließlich der infantilen Szene zu gewinnen. In der Übertragungsszene ist er nicht nur Teilhaber, sondern zugleich Mitspieler. Das szenische Konzept umfasst nicht nur die Sprache, sondern auch das Handeln, sodass man mit Klüwer (1983) von einem Handlungsdialog zwischen Patient und Therapeut sprechen(1) kann. Spricht Argelander von der Szene, die das Ich in der analytischen Situation erschafft, so spricht Gabbard (1999) von solchen Szenen als Enactments, die(1) sowohl der Analysand als auch der Analytiker erschaffen könne. Janssen hat dies in der stationären psychoanalytischen Therapie(1) als »handelnde Inszenierung« definiert(1)(1) (Janssen 1987, vgl. auch Kap. 7.3.1).

Das »monadische« Konzept der Übertragung nach Freud war für viele Analytiker, die interaktionell und intersubjektiv orientiert sind, unbefriedigend, da dem Einfluss des Analytikers zu wenig Beachtung geschenkt wurde (vgl. Thomä & Kächele 2006). Zunehmend bekam ein neues Konzept von Gegenübertragung Bedeutung(3). Die Gegenübertragung wurde als konkordante oder komplementäre Spiegelung der Übertragung des Patienten verstanden. Die konkordante Gegenübertragung setzt ein empathisches Band zwischen Analytiker und Analysand voraus. Der Analytiker kann sich mit einer Selbstrepräsentanz des Patienten identifizieren. Eine komplementäre Gegenübertragung setzt die Identifizierung des Analytikers mit einer verleugneten inneren Objektrepräsentanz des(1) Patienten voraus. Seit der Person des Therapeuten mehr Beachtung in der therapeutischen Interaktion zukommt, befassen sich die Therapeuten mit der Wirkung der Persönlichkeit des Therapeuten und der Wirkung seines Behandlungsangebotes auf den Analysanden, was selbstverständlich auch für die psychodynamische Gruppenpsychotherapie gilt.

Heute versteht man unter Gegenübertragungen alle affektiven Regungen, Einfälle, Vorstellungen und Handlungen des Therapeuten mit Bezug auf die gesamte Person des Patienten und nicht nur bezogen auf die Übertragung. Dieser interaktionelle(1) Gesichtspunkt ist heute tragend für das Verständnis des therapeutischen Prozesses. Entscheidend ist die Einsicht, dass Übertragung und Gegenübertragung eine Einheit bilden.

Der Analytiker ist aber nicht nur Übertragungsobjekt, sondern auch ein »neues Objekt« (Treurniet 1995). Nicht(1) alles, was der Patient am Analytiker wahrnimmt, ist Spiegelung, sondern er hat auch realistische Wahrnehmungen von dem Therapeuten. Die realistischen Wahrnehmungen verbinden sich mit den Übertragungen oder sind Auslöser von Übertragungen. Es gibt also eine real wahrgenommene Interpersonalität und eine durch die Übertragung verzerrte Interpersonalität, sodass in jeder therapeutischen und insbesondere gruppentherapeutischen Situation zwischen interpersoneller Realität und Übertragung/Gegenübertragungskonstellation unterschieden werden muss.

Ein neues Konzept, das für die psychodynamische Gruppenpsychotherapie bedeutsam wurde, kam aus der kleinianischen Psychoanalyse. Melanie Klein hat schon 1946 das Konzept der projektiven Identifikation formuliert(1), ein zentrales Konzept der kleinianischen Psychoanalyse: Schlechte(1) Anteile des Ich werden ausgestoßen und in das Objekt verlegt, dadurch werden diese schlechten Anteile kontrolliert. Melanie Klein ist der Ansicht, dass die projizierten Inhalte eher in das Objekt hineinprojiziert würden als auf das Objekt. In diesen projektiven Prozessen wird die Zeitlichkeit, Vergangenheit und Gegenwart aufgehoben, sodass die unbewussten Übertragungs- und Gegenübertragungsfantasien einen(1)(1) ahistorischen Charakter bekommen und sich im Hier und Jetzt ereignen. Das Konzept der projektiven Identifizierung, das auch für die Gruppe große Bedeutung hat, wurde z. B. von Bion (1990, 1992) und Odgen (1988) aufgegriffen und zu einer Behandlungstheorie weiterentwickelt. Die projektive Identifizierung charakterisiert nicht nur die basale Form der Kommunikation zwischen Mutter und Säugling, sondern ist auch eine elementare Kommunikation im späteren Leben zwischen zwei Personen, so zwischen Analysand und Analytiker, aber auch zwischen und innerhalb von Gruppen, und zwar zwischen Gruppenleiter und Gruppenteilnehmer oder zwischen einzelnen Teilnehmern. Die projizierten Selbst-Anteile können »gut« oder »böse« sein. Die emotionale Beeinflussung oder sogar Manipulation des Analytikers durch die Projektion des Analysanden ist der zentrale Bestandteil in dem Geschehen. Im optimalen Fall gelingt es, die Reaktion auf die Projektion des Analysanden zu verarbeiten. Dazu entwickelte Bion für die duale Situation die Theorie des Verhältnisses von »Container/Contained«. Der(1) Container ist die zur Aufnahme fähige Psyche des Objektes z. B des Therapeuten, die die Inhalte, die in sie hineinprojiziert werden, bewahren (»containen«) kann. Durch das Containment werden die Inhalte transformiert. Der Therapeut nimmt sie auf und verändert sie, und zwar so, dass sie vom Patienten wieder reinternalisiert werden können. Damit hat die projektive Identifikation einen interpersonalen, intersubjektiven Aspekt jenseits der Projektion von unbewussten Fantasien. Dieses Konzept gilt auch für die Arbeit mit Gruppen, die Gruppe ist dann der Container, der Behälter, die fördernde und haltende Mutter, das Selbstobjekt (siehe Hirsch 2010). Nähere Ausführungen zur Gruppe finden sich dazu im Kap. 1.4.

Vergleichbar, aber radikaler, veränderten sich die Auffassungen von Übertragungs- und Gegenübertragungsprozessen in der relationalen oder intersubjektiven Perspektive der Psychoanalyse. Nach diesen Positionen sind die Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse eine gemeinsame schöpferische Konstruktion von Analytiker(1) und Patient innerhalb der analytischen Beziehung. Nach den intersubjektiven Theorien der Psychoanalyse (z. B. Greenberg & Mitchell 1983, Mitchell 2005, Altmeyer 2003) ist der Analysand nicht das Objekt des erkennenden Therapeuten, es handelt sich um eine Begegnung zweier Subjekte. Patient(1) und Therapeut sind »Koautoren des analytischen Prozesses und der schöpferischen Konstruktion von Bedeutungen, die relativ multipel und nicht abschließend festzulegen sind« (Bohleber 1999, S. 816). Fonagy und Target (2006a) beschreiben die Veränderungen, die die intersubjektiven Perspektiven für die Psychoanalyse bringen, dahingehend, dass der Psychoanalytiker nicht Beobachter ist, sondern Teilnehmer an einer gemeinsamen Aktivität, der Psychoanalyse. Dies gilt besonders für die psychodynamische Gruppenpsychotherapie, da das Intersubjektive und Interpersonelle immer eine Rolle spielt und der Therapeut auch Gruppenmitglied ist (▶ Kap. 1.4).

Die Ich-psychologisch orientierten Psychoanalytiker entwickelten mit dem Konzept des Enactments (vgl. Gabbard 1999) eine(2) vergleichbare methodische Position. Enactment in der Gegenübertragung, auch Gegenübertragungsinszenierung(1) genannt, ist ein Beispiel für das Ineinandergreifen von Übertragungs- und Gegenübertragungsmomenten. Das Konzept besagt Folgendes: Die Übertragung wirkt sich auf die Haltung des Analytikers aus und beeinflusst das interpersonale Feld zwischen Patient und Analytiker. Aktualisierte Übertragungen führen zu Gegenübertragungsreaktionen, die auch im Handeln ihren Ausdruck finden, z. B. im Schweigen, in bestimmten invasiven Interpretationen, der Körperhaltung, einer Änderung des Settings usw. Während das Konzept der projektiven Identifizierung den Analytiker als Container sieht, sieht das Konzept des Enactments den Analytiker als handelnde Person.

Diese hier nur kurz skizzierten Konzepte der psychoanalytischen Behandlungspraxis, die ausführlicher bei Janssen (2016a) nachzulesen sind, finden in der gruppalen Situation modifizierte Anwendungen.

1.2 Grundzüge einiger psychodynamischer Psychotherapieverfahren

Die Anwendungen der Psychoanalyse in der psychodynamischen Psychotherapie haben ebenso wie die Psychoanalyse selbst eine fast hundertjährige Geschichte. Sie begann schon mit den Werken Freuds. Lange Zeit waren die Differenzen von Psychoanalyse und Psychotherapie durch die Frage bestimmt, ob supportive und suggestive Elemente eher und intensiver in der Psychotherapie zur Anwendung kommen und weniger in der Psychoanalyse (vgl. Janssen 2016b). In den letzten Jahren sind Konzepte entwickelt worden, die die psychodynamische Psychotherapie als eigenständiges Verfahren von den psychoanalytischen Therapien abgrenzen wollen. Es entstand eine Praxeologie psychodynamischer Verfahren (z. B. Reimer & Rüger 2012, Dreyer & Schmidt 2008).

Janssen (2002) rechnet zu den psychodynamischen Psychotherapieverfahren, in denen die Psychoanalyse zur Anwendung kommt,

im Zweipersonensetting: analytische(1) Psychotherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Fokaltherapie, Kurztherapie, supportive Therapie

im Mehrpersonensetting: psychoanalytische und tiefenpsychologisch fundierte Gruppenpsychotherapie, psychoanalytische Ehe- und Familientherapie, stationäre psychoanalytische Therapie

in den nonverbalen Verfahren: psychoanalytische(1) Kunst- und Musiktherapie, psychoanalytische Körpertherapien

Auf das große Spektrum der aus der Psychoanalyse abgeleiteten psychodynamischen Psychotherapien ist hier nicht einzugehen, sondern nur auf die Methoden, die auch im Gruppensetting angewandt(1) werden oder die mit dem Gruppensetting kombiniert werden (vgl. auch Janssen 2016b, c).

Die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und(1) die analytische Psychotherapie sind(1) beide auch im Gruppensetting anwendbar. Die in der vertragsärztlichen Versorgung etablierten Methoden sind hinsichtlich der Technik und der Zielsetzung im Text der Psychotherapie-Richtlinien ausdrücklich für das duale Setting definiert. Für das gruppale Setting halten wir diese im dualen Setting erarbeiteten Differenzierungen für inadäquat. In der Gruppe heben sich nämlich die Unterschiede im Gruppenprozess, wie wir noch darlegen werden, auf. Dennoch sollen die Methoden, wie sie in den Psychotherapie-Richtlinien, die seit 1967 in Deutschland eingeführt sind und die administrativ die krankenkassenfinanzierte Psychotherapie regeln (vgl. Rüger et al. 2015), kurz definiert werden. Eine ausführliche Darstellung mit Literaturhinweisen findet sich bei Janssen (2016b, c).

Unter die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie werden die Kurztherapie, die(1) Fokaltherapie, die(1) dynamische Psychotherapie und die niederfrequente Therapie(1) in einer haltgewährenden therapeutischen Beziehung subsumiert. Die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird definiert als Durcharbeitung aktuell wirksamer, unbewusster Konflikte unter Beachtung von Übertragung, Gegenübertragung und Widerstand. Die analytische Psychotherapie wird(2) definiert als Technik der Behandlung der neurotischen Konflikte und der zugrunde liegenden neurotischen Struktur mithilfe der Übertragungs-, Gegenübertragungs- und Widerstandsanalyse unter Nutzung regressiver Prozesse. Die analytische Psychotherapie(1)(1)(1) kommt der nicht terminierten Psychoanalyse sehr nahe, ist aber wegen der therapeutischen Zielsetzungen, der Dauer der Behandlung, der Stundenfrequenz pro Woche und der methodischen Orientierung begrenzter als die Psychoanalyse. In Deutschland hat die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie im dualen Setting die weiteste Verbreitung gefunden. Sie wird insgesamt häufiger angewandt als die analytische Psychotherapie (Kruse & Herzog 2012). Da sie für die Versorgung der Bevölkerung mit Psychotherapie von hoher Relevanz ist, soll auf die Methodik noch etwas näher eingegangen werden. Gegenstand der Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie sind sowohl die intrapsychischen wie die interpersonellen Konflikte, ein(1)(1) Schwerpunkt liegt auf den interpersonellen Konflikten. Bearbeitet werden die reaktualisierten Beziehungsrepräsentanzen in aktuellen interpersonellen Beziehungen. Ermann (2004) nennt diese die Außenübertragung, d(1). h. ein Übertragungsmuster in aktuellen sozialen Beziehungen. Er grenzt sie von der Binnenübertragung ab(1), d. h. von der Übertragung auf den Therapeuten. Eine weitere Unterscheidung liegt in einer aktiveren(1) therapeutischen Haltung, im Einsatz von stützenden, ermutigenden, grenzsetzenden Interventionen und in der Einschränkung regressiver Prozesse. Die Behandlungstechnik zielt also nicht allein auf die Bearbeitung der unbewussten Konflikte in der Übertragungs-Gegenübertragungskonstellation, sondern auf die Durcharbeitung der in den aktuellen interpersonellen Konstellationen sich manifestierenden unbewussten intrapsychischen Konflikte und deren Zusammenhang mit Symptomen. Die Therapeuten nutzen dabei auch supportive und psychoedukative Techniken und wechseln zwischen Strukturieren, Fokussieren und Freiraum-Gewähren.

Aus(1) den Anforderungen der Patientenversorgung sind auch weitere psychodynamische Verfahren entwickelt worden, insbesondere für Störungsbilder aus dem Bereich der strukturellen Ich-Störungen, der(1)(1) sog. präödipalen oder(1) frühen Störungen oder Störungen auf dem Borderline-Funktionsniveau (▶ Kap(1). 1.5). Sie sind gekennzeichnet durch eine unzureichende Selbst-Objekt-Differenzierung, den(1) Einsatz früher Abwehrmechanismen (z. B. Spaltung und Projektion), Störungen der Ich-Funktionen, wie(1) der Realitätswahrnehmung und des Denkens, und der Wahrnehmung der Affekte sowie der Identität. Hier kommen die psychoanalytisch-interaktionelle Therapie und die Mentalisierungsbasierte Psychotherapie sowohl im dualen Setting wie in ambulanten und stationären Gruppenpsychotherapien zur Anwendung.

Die psychoanalytisch-interaktionelle Therapie wurde(1) von Heigl-Evers & Heigl (1973, 1983) konzeptualisiert. Die psychoanalytisch-interaktionelle Therapie löst das Prinzip Deutung durch das Prinzip Antwort ab. Das Prinzip »Antwort« ist eine weitgehende Veränderung psychoanalytischer Therapieprinzipien. Es besagt, dass dem beobachtbaren Verhalten und den vorbewussten Interaktionen zwischen Therapeut und Patient viel stärker Rechnung getragen werden muss. Der Therapeut ist selektiv darauf eingestellt, mit seinem »antwortenden Verhalten« und(1) seinem komplementären Erleben auf die Interaktionen des Patienten zu reagieren und dem Patienten sein Erleben als Antwort zur Verfügung zu stellen. Der Therapeut ist also vielmehr ein interaktionelles Gegenüber und lässt sich nicht in regressive Übertragungsmanifestationen(1), etwa i. S. von Selbstobjektübertragungen, verwickeln. Der antwortende Interventionsmodus des Therapeuten wird angewandt, um eine stärkere Differenzierung und Trennung von Selbst und Objekt im Gegensatz zum Wunsch des strukturell Ich-gestörten Patienten nach Ungetrenntsein und Verschmelzen zu erreichen. Des Weiteren wird dem Patienten vor Augen geführt, dass das interpersonelle Verhalten des Patienten dysfunktional ist und er die Grenzen des anderen (des Therapeuten) beachten muss. In dieser Wendung von der Deutung der Übertragung zur interaktionellen Antwort liegt eine grundsätzliche Veränderung psychodynamischer Psychotherapieansätze, deren Wirkung z. B. bei Borderline-Patienten nachgewiesen wurde (Leichsenring et al. 2007). Zur ausführlichen Darstellung der Methodik mit Beispielen wird insbesondere auf Streeck (2007) und Streeck & Leichsenring (2009) verwiesen und hinsichtlich der Anwendung in Gruppen auf Kap. 1.5.1.

Die neueste Methode der psychodynamischen Psychotherapie für strukturelle Ich-Störungen ist die Mentalisierungsbasierte Psychotherapie (MBT) (Bateman(1) & Fonagy 2008). Die MBT geht auch von einem Defizit in der Ich-Selbst-Entwicklung aus, was theoretisch mit den Ergebnissen der Bindungstheorie, der Säuglingsforschung und der neurobiologischen Forschung begründet wird. Die zentrale Annahme der MBT ist, dass das Affektleben des Kindes sich in den frühesten Stadien des Lebens in einer sicheren Bindung entwickelt. Diese dyadische Erfahrung bildet die Grundlage der Mentalisierung. Die(1) sichere Bindung führt(1) über Affektrepräsentation zur(1) Mentalisierung, d. h. zur Fähigkeit, über ein Wahrnehmen eigener Gefühle das Objekt sowohl kognitiv wie affektiv richtig zu verstehen (interpersonale Interpretationsmechanismen). Dazu entwickeln sich »innere Arbeitsmodelle« des(1) Selbst, sozusagen die innere beruhigende »Mutterimago«, ein Ergebnis(1) der Erfahrung zwischen affektivem Selbst und beruhigendem Objekt. Unter den Bedingungen einer unsicheren Bindung persistieren Vorstadien der Mentalisierung. Sie werden in einem späteren Lebensstadium in affektiv belastender Situation reaktiviert. Die höchsterreichte Stufe der Mentalisierung ist(1) die Symbolisierungkompetenz. Die(1) Mentalisierung ist also ein Teil unseres Selbst, unserer Sprachfähigkeit und unseres interpersonellen Verhaltens (zur Mentalisierung vgl. Schultz-Venrath 2013). In unserer Darstellung der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie hat diese Methode eine besondere Würdigung erfahren (▶ Kap. 1.5.2).

Nach diesem Überblick über die Psychoanalyse und einige Formen ihrer Anwendungen in der psychodynamischen Psychotherapie ist festzuhalten, dass die Psychoanalyse wertvolle Behandlungskonzeptionen für die psychodynamische Gruppenpsychotherapie entwickelt hat. Die intersubjektiven Theorien und insbesondere die Diskussion über die Bedeutung der Gegenübertragung haben im Laufe der Jahrzehnte die psychoanalytische Haltung verändert.

Heute ist das Zentrum der klinischen und behandlungstechnischen Diskussion nicht mehr das Konzept des Widerstandes wie noch bei Freud, sondern das Konzept der Gegenübertragung, des Enactments und(3) der projektiven Identifikation. Die(2) Intersubjektivisten heben die asymmetrische Beziehung der Psychoanalyse auf und sprechen von einer symmetrischen Beziehung, in der Gegenseitigkeit und Aushandeln eine große Rolle spielen. Diese Entwicklung kommt der interaktionellen Orientierung in der Gruppenpsychotherapie sehr nahe, wie wir noch zeigen werden.

1.3 Grundzüge der Gruppendynamik

Bei den Beiträgen der Gruppendynamik zur(1) Theorie der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie wollen(1) wir uns nicht auf die soziologischen oder sozialpsychologischen Grundlagen der Groß- oder Kleingruppenforschung beziehen(1)(1), sondern insbesondere auf die experimentelle Methode des gruppendynamischen Laboratoriums. Darauf beruhen auch unsere Erfahrungen. Einer der Autoren (Janssen) ist auch Trainer für Gruppendynamik und er verknüpfte die Psychoanalyse und die psychodynamische Gruppenpsychotherapie mit der Gruppendynamik. Er hat an verschiedenen gruppendynamischen Laboratorien mitgewirkt, insbesondere an dem von Tobias Brocher, Christa Deichmann und Peter Fürstenau (siehe Brocher et al. 1972) konzipierten berufsbezogenen gruppendynamischen Laboratorium, das ausdrücklich eine psychoanalytische Richtung vertrat (Janssen 1977).

Der Begriff »Gruppendynamik« bezieht(2) sich auf die Untersuchung von Individuen, die in Kleingruppen interagieren(1), hier insbesondere in sog. gruppendynamischen Laboratorien (siehe König 2012). Das Wort »Dynamik« weist darauf hin, dass komplexe und interdependente Kräfte in dem Lebensraum »Gruppe« angenommen werden. Der Begriff »Gruppendynamik« ist also analog zu dem Begriff »Psychodynamik« gewählt, der die Dynamik im Individuum beschreibt. Gruppendynamik umfasst alle bewussten (und unbewussten) wechselseitigen Beeinflussungsprozesse in einem interpersonellen Bereich von mehr als zwei Individuen. Gruppendynamik bedeutet, dass das Individuum in einer Mehr-Personen-Beziehung versucht, seine Bedürfnisse, seine Werte und Normen durch Übereinkünfte zu regeln, sich zu arrangieren, sich zu koordinieren. Amann (2001) nennt dies den »Prozess der Vergemeinschaftung«. Gruppendynamik heißt(1)(1) also, diesen Prozess der Vergemeinschaftung zu erleben und zu reflektieren. Dazu eignen sich die gruppendynamischen Laboratorien, wobei jede Gruppe durch ein besonderes Muster der Vergemeinschaftung charakterisiert ist.

Schon Lewin hatte bei der Einführung des gruppendynamischen Trainings festgestellt, dass Verhaltensbeobachtungen und deren Rückmeldung eine verändernde Wirkung auf das Individuum in der Gruppe haben. Zur Veränderung und zur Verbesserung der Verhaltenskompetenz ging er also nicht ins soziale Feld, sondern er entwickelte die Methode der Trainingsgruppen (T-Gruppen), eine Laboratoriumsmethode, die wie ein Experiment aufgebaut ist. Luft (1971) schrieb dazu: »Wenn man Menschen Gelegenheit gibt, in einer Laboratoriumsgruppe zu arbeiten, entsteht bei den meisten Menschen genug persönliche Beteiligung, sodass sie die Prozesse empfinden und beobachten können, während sie lernen, sie begrifflich zu fassen« (S. 13). Die Teilnehmer lernen über ihr Verhalten und über die allgemeine Dynamik in Gruppen. Das Erlernen der Gruppendynamik wird eher durch die Selbsterfahrung gefördert als durch rein theoretische Informationen oder praktische Anleitungen. Nur Erfahrungen helfen weiter. Solche Trainingsgruppen wurden am Massachusetts Institute of Technology eingerichtet(1) (siehe Bradford et al. 1972) und erlangten eine besondere Bedeutung in den 1960er- und 1970er-Jahren, als sie von dem Sozialpsychologen und klinischen Psychologen Alf Däumling nach Deutschland gebracht wurden (vgl. Däumling et al. 1974). In der Bundesrepublik entwickelte sich damals eine Gruppenbewegung mit zahlreichen gruppendynamischen Laboratorien. Diese gruppendynamische Bewegung hat wiederum eine Entwicklung in der Gruppenpsychotherapie und insbesondere in der stationären Psychotherapie und der Psychosomatischen Medizin angestoßen (siehe Janssen 2017).

Das Medium Gruppe wird also dazu benutzt, Verhaltenskompetenzen der Teilnehmer zu(1) verbessern. Wie solche T-Gruppen eingesetzt werden, ist sehr verschieden. Manchmal werden der Gruppe Aufgaben gestellt, die sie zu erledigen hat, und es wird der Gruppe überlassen, wie sie sie erledigt und wie der Einzelne sich integriert. Dazu sind gruppendynamische Übungen (vgl. Antons 1973) entwickelt worden, die teilweise noch heute praktiziert werden. Der Gruppenleiter, gruppendynamischer Ausbilder bzw. Trainer spielt dabei keine aktive Rolle, sondern ist relativ abstinent. Die Minimalstrukturierung und das Prinzip des Hier und Jetzt verunsichert die Teilnehmer innerhalb der T-Gruppen und(1)(1) es entwickeln sich regressive Prozesse und auch Übertragungsprozesse, die in dem Prozess der Vergemeinschaftung im gruppendynamischen Raum reflektiert werden (siehe Amann 2001). Die T-Gruppenmethode erfordert eine Atmosphäre des Gewährenlassens und kein autoritatives Vermitteln von Inhalten. Die Zielsetzung ist eine Veränderung der individuellen Handlungskompetenz durch Analyse der konkreten Verhaltensdynamik. Diese(1) Analyse gründet immer auf dem Hier und Jetzt und nicht auf dem biografischen Hintergrund, der in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie relevant wird. Die klassische T-Gruppe ist also eine selbstreflexive Gruppe, die sich(1) zur Verbesserung der Aufgabenerledigung mit sich selbst befasst. Die Prozesse in diesem gruppendynamischen Raum werden – anders als in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie (▶ Kap. 1.4) – reflektiert unter den Gesichtspunkten Zugehörigkeit, Macht und Intimität.

Ob Zugehörigkeit besteht oder nicht, ist ein besonderes Prozessmerkmal in jeder Gruppe: Nach den Untersuchungen von Antons et al. (2001) sollen die Prozesse der Zugehörigkeit in aktuellen T-Gruppen bedeutsamer geworden sein als in früheren T-Gruppen(2)(2). Wer zur Gruppe gehört und wer nicht, sei eine zentrale Frage. Die Zugehörigkeit wird in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie aber meist durch den Leiter festgelegt, dürfte also in solchen Gruppen keine so große Rolle spielen. Die Macht ist das Merkmal jeder sozialen Beziehung. Macht(1)(1) reduziert die Komplexität von Kommunikation in Gruppen. Es gibt verschiedene Formen der Macht, es gibt die hierarchische Macht und die Normen etablierende Macht. Meistens übernimmt der Gruppenleiter die Macht in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie, wodurch auch die Übertragungsprozesse geprägt werden. Die Themen Intimität, Nähe/Distanz, Beziehungs(1)wünsche versus Beziehungsängste bis hin zu sexuellen Wünschen und sexuellen Ängsten sind reflexiver Gegenstand in allen Gruppen (vgl. König 2012) und selbstverständlich besonders in therapeutischen Gruppen.

Die Gruppendynamik hat sich auch mit der Frage befassen müssen, wie Gruppen nach ihrer Größe einzuteilen sind. Nach König (2012) unterscheiden sich Kleingruppen mit(2) drei bis zwölf Mitgliedern von Mediangruppen mit(1) zwölf bis 25 Mitgliedern und Großgruppen ab(1) 25 Mitgliedern. Diese Zahlen sind von Relevanz, da in den Psychotherapie-Richtlinien bisher nur Gruppengrößen von maximal neun Teilnehmern für die psychodynamische Gruppenpsychotherapie vorgesehen sind.

Weiterhin liefert uns die Gruppendynamik Definitionen der Gruppe. Hier(1)(1) geht es u. a. um die Frage: Wann ist eine Ansammlung von Menschen eine Gruppe? Der Sozialpsychologe und Gruppendynamiker Sader (2008) definiert die Gruppe folgendermaßen:

Die Teilnehmer erleben sich als zusammengehörig,

definieren sich explizit als zusammengehörig,

verfolgen gemeinsame Ziele,

teilen Normen und Verhaltensvorschriften für einen bestimmten Verhaltensbereich,

entwickeln Ansätze von Aufgabenteilung und Rollendifferenzierung,

haben mehr Interaktionen untereinander als nach außen,

identifizieren sich mit einer gemeinsamen Bezugsperson oder über einen gemeinsamen Sachverhalt oder eine Aufgabe,

sind räumlich und/oder zeitlich von anderen Individuen der weiteren Umgebung abgehoben.

König (2012) definiert die essenziellen Merkmale von(1) Gruppen noch differenzierter:

Gruppen haben die Möglichkeit zur direkten Face-to-Face Kommunikation. Hierbei spielt natürlich die Größe der Gruppe eine entscheidende Rolle. Je größer die Gruppe ist, umso weniger ist diese Kommunikation möglich.

Gruppen haben ein gemeinsames Ziel (z. B. Selbsterfahrung, Lernen, Psychotherapie).

Gruppen haben eine gewisse zeitliche Dauer. Hier stellt sich die Frage, inwieweit eine Mindestdauer erforderlich ist, damit Prozesse überhaupt zustande kommen. Das hängt sicher auch von der Zielsetzung ab.

Gruppen teilen Normen und Werte, z. B. kommunikative Basisregeln, die notwendig sind, um sich zu verstehen. Normen und Werte im Sinne von Arbeitsregelungen, z. B. Vertraulichkeit, werden durch den Leiter festgelegt. Normen und Werte werden durch die Gruppe selbst entwickelt.

Gruppen haben ein Geflecht von Rollen, die aufeinander bezogen sind, z. B. die führende, die beratende, die stützende Rolle.

Gruppen haben ein Gefühl der Zugehörigkeit, ein Wir-Gefühl im Sinne einer Gruppenkohäsion.

Diese Kriterien von Sader und König treffen auch auf Gruppen in der psychodynamischen Psychotherapie zu: Patienten erleben sich als zusammengehörig, verfolgen das gemeinsame Ziel einer Psychotherapie, halten Regeln über die Zusammenarbeit ein, z. B. Zeit und Ort, haben regelmäßige Interaktionen untereinander, identifizieren sich mit der gemeinsamen Aufgabe der Selbstreflexion der persönlichen Entwicklung und grenzen sich zu einem festgelegten Zeitpunkt von anderen Gruppen ab.

Für die Gruppenpsychotherapie ist es sicher nützlich, das Phänomen Gruppe auch aus dem Blickwinkel der Evolution zu verstehen. Seit Beginn der Menschheit haben Menschen über alle Zeiten hinweg Sicherheit und Geborgenheit in Gruppen gesucht. Aber nicht nur Sicherheit, Geborgenheit und Zugehörigkeit ist in Gruppen zu finden, sondern auch ein Konformitätsdruck, der allgemein als Gruppendruck beschrieben wird. Einzelne Individuen unterwerfen sich dem Gruppendruck entgegen besseren Wissens und Gewissens und schließen sich der Gruppenmeinung an. Die Gruppe ist immer mehr als die Teile, das haben schon Lewin und viele andere nach ihm belegt. Gruppe ist die Bezeichnung für etwas Überindividuelles, ein reales und ganzheitliches System. Diese Auffassung drückt Freud (1921) mit dem Begriff der »Kollektivseele« aus.

1.3.1 Relevante Konzepte der Gruppendynamik für die psychodynamische Gruppenpsychotherapie

Die Gruppendynamik hat(1) verschiedene Konzepte für Gruppenprozesse entwickelt, die nach unserer Auffassung auch auf die psychodynamische Gruppenpsychotherapie anwendbar sind, so z. B. ein Schema für die interpersonelle Wahrnehmung. Luft(1) (1971) nennt dieses Schema das Johari-Fenster. Es(1) lässt sich in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie auf der reflexiv-interaktionellen Ebene (▶ Kap. 1.4) einsetzen.

Abb. 1-1 Johari-Fenster (nach Luft 1971)

Der Quadrant I ist der Bereich der freien Aktivität. Er beschreibt die Verhaltensweisen und Motivationen, die einem selbst und anderen auch bekannt sind. Der Quadrant II ist der Bereich des blinden Flecks. Er bezeichnet den Bereich, den andere sehen können, den wir selbst aber nicht wahrnehmen. Der Quadrant III ist der Bereich des Vermeidens oder Verbergens. Er beschreibt den Bereich, den wir selbst wissen, den wir aber nicht offenbaren, z. B. geheime Absichten oder Ziele. Der Quadrant IV ist der Bereich der unbekannten Aktivität: Weder das Individuum noch andere Menschen bemerken bestimmte Verhaltensweisen oder Motive. Wir können jedoch annehmen, dass sie existieren, denn am Ende treten einige dieser Dinge zutage; dann wird erkannt, dass diese unbekannten Verhaltensweisen und Motive die ganze Zeit bestehen und die Beziehungen beeinflussen.

Im Verlauf des Gruppenprozesses soll der Quadrant I größer werden gegenüber den anderen Quadranten. Die Teilnehmer werden freier, können sich offener äußern und andere teilnehmen lassen. Je größer der Quadrant I wird, umso mehr schrumpft Quadrant III. Quadrant II nimmt langsam ab, wenn andere uns Feedback geben. Quadrant IV ändert sich während einer Lernsituation nur wenig, aber wir dürfen annehmen, dass derartige Veränderungen sogar noch langsamer vor sich gehen als im Quadranten II. Hier setzt dann die psychodynamische Gruppenpsychotherapie mit der Erfassung der unbewussten Interaktionen an. Das Ziel einer psychodynamischen Gruppe zur Psychotherapie wie zur Selbsterfahrung wie auch eines gruppendynamischen Laboratoriums ist, auf der bewussten Ebene die interpersonellen Wahrnehmungen zu(1) fördern, damit Quadrant I größer wird als Quadrant II, III und IV. Daraus lässt sich auch die Grundregel ableiten: Einen offenen emotionalen Austausch über die Probleme fördern.

Ein weiteres Konzept, das auf die psychodynamische Gruppenpsychotherapie anwendbar(1) ist, ist das Feedback-System. Kommunikation und Interaktion umfassen die dynamischen Vorgänge innerhalb der Gruppe in dem jeweiligen interpersonellen Geflecht. Kommunikation erfasst nicht nur die verbalen, sondern auch die nichtverbalen Verhaltensweisen, artikulierte Gedanken und Gefühle ebenso wie mimische und gestische Mitteilungen. Sie betrifft die Absicht des Menschen und die Eindrücke, die diejenigen bekommen, an die die Miteilungen gerichtet sind. Darum ist Beobachten und Zuhören innerhalb(1)(1) von Gruppen ein wesentlicher Vorgang, der erst die Lebendigkeit in Gruppen ausmacht. Das Training des Beobachtens und Zuhörens ist für jeden Gruppenleiter entscheidend; dies kann über Tonband und Videoaufzeichnungen geschehen, aber auch durch direkte Verhaltensbeobachtung. Zudem werden die Rollendifferenzierungen der Gruppenmitglieder über die Kommunikation vermittelt. Einige sind die Fragenden, andere die Problemlösenden, einige übernehmen eine therapeutische Funktion, andere die von Patienten. Kommunikationskonflikte in Gruppen sind Ausdruck eines unbewussten Gruppenprozesses, haben aber auch einen bewussten Anteil. Wenn man mit eigenen Gedanken, Gefühlen und Ängsten beschäftigt ist, ist das Zuhören und Beobachten schwer. Darum ist es notwendig, dass andere in der Gruppe einen korrigierenden Faktor darstellen. Das geschieht über das Feedback-System. Es hat sehr dazu beigetragen, dass auch die psychodynamische Gruppenpsychotherapie sich mit dem manifesten Verhalten auseinandersetzt. Darum ist es sinnvoll, hier die in der Gruppendynamik entwickelten Richtlinien für Feedback vorzustellen, von denen wir einige aus unserer Erfahrung nennen wollen:

Gib dann Feedback, wenn der/die andere es auch hören kann.

Feedback soll ausführlich und konkret sein.

Die Wahrnehmungen sollen als Wahrnehmungen und Vermutungen als Vermutungen und die Gefühle als Gefühle mitgeteilt werden.

Feedback soll umkehrbar sein.

Feedback soll die Informationskapazität des anderen berücksichtigen.

Feedback soll möglichst unmittelbar erfolgen.

Der Empfänger von Feedback soll zunächst ruhig zuhören.

Feedback gibt Informationen und überlässt es dem anderen, sich zu verändern.

Ein weiterer Begriff der Gruppendynamik ist der der Gruppenstruktur. Er(1) bezeichnet die innere Organisation und die inneren Verfahrensweisen der Gruppe, z. B. die Regeln, die sich die Gruppe gibt. Je geringer die Aufgabenorientierung einer Gruppe ist, je schwächer die Gruppe strukturiert ist, umso mehr muss sie selbst Regeln finden, z. B. was das Ende von Sitzungen oder Zweiergespräche in Gruppen (Einer fragt, der andere gibt Antwort usw.) betrifft. Es entwickelt sich eine Gruppenatmosphäre, die auch für die Art und Weise der Leitung von psychodynamischen Gruppenpsychotherapien von Bedeutung ist.

Das Konzept der Rolle, das(1) aus der Soziologie und Psychologie stammt, definiert ein bestimmtes Verhaltensmuster, das den Platz in der Gruppe charakterisiert. Es sind verschiedene Rollenkonzepte ausgearbeitet worden. In der Kleingruppenforschung haben(2) sich insbesondere die nachfolgenden zwölf Verhaltensmuster bewährt, die Bales (1970) beschrieb – sie sind auch in der psychodynamischen Gruppenpsychotherapie hinsichtlich(1) der Veränderungen im Laufe eines Gruppenprozesses untersucht(1) worden (z. B. Janssen & Busse-Simonis 1978):

Zeigt Solidarität, hebt den Status anderer, hilft und belohnt.

Zeigt eine Lösung von Spannung, scherzt, lacht, zeigt Befriedigung.

Stimmt zu, zeigt passive Annahme, versteht, wirkt mit, willigt ein.

Gibt anderen Hinweise, Anleitung, wobei er ihre Autonomie voraussetzt.

Gibt seine Meinung, sein Urteil, seine Analyse bekannt, bringt auch Gefühle und Wünsche zum Ausdruck.

Gibt Orientierung, Information, wiederholt, stellt dar, bestätigt.

Bittet um Orientierung, Information, Wiederholung, Bestätigung.

Bittet um Äußerung von Meinung, Beurteilung, Analyse, Gefühle.

Bittet um Hinweise, Anleitung, mögliche Aktionsweisen.

Widerspricht, zeigt passive Ablehnung, Förmlichkeit, verweigert Hilfe.

Zeigt Gespanntheit, bittet um Hilfe, zieht sich aus dem Feld zurück.

Zeigt Feindseligkeit, mindert den Status anderer, verteidigt oder behauptet sich.

Diese deskriptive Beschreibung ist eigentlich kein Rollenverhalten im Sinne der Soziologie, sondern eine Typisierung von Interaktionsmustern. Die(1) psychodynamische Gruppenpsychotherapie bleibt aber nicht bei der Rollentypisierung, sondern fragt danach, welche unbewussten identifikatorischen Prozesse oder unbewussten Reinszenierungen durch Übernahme bestimmter Rollen (Übertragungen), z. B. Hilfestellung geben, um Orientierung bitten, solchen interaktionellen Aktionen zugrunde liegen. Auch die heutige Gruppendynamik befasst sich nicht mehr nur mit dem manifesten Verhalten und den wahrnehmbaren interpersonellen Phänomenen und Rollen, sondern auch mit latenten Prozessen innerhalb von Gruppen und knüpft damit an die gruppenanalytische Tradition eines Ebenen-Modells für Gruppen an, wie wir es in Kap. 1.4 darstellen werden (vgl. z. B. Schattenhofer 2001, König 2012).

In der Gruppendynamik werden(1) nach König (2012) vier Ebenen unterschieden:

Die Arbeits- oder Sachebene der Gruppe(1): In einer T-Gruppe bestehen(1) die Sachaufgaben z. B. in der Gestaltung und Untersuchung der sich entwickelnden Gruppenprozesse. Forschungsziel ist die Erkundung und Erkennung des Gruppenprozesses, also des Prozesses der Vergemeinschaftung.

Die Ebene der Soziodynamik: Diese(1) Ebene betrifft das Geflecht an Normen, Rollen und Ordnungen im Hier und Jetzt der T-Gruppe. Wer reagiert auf wen, welche Äußerungen werden angenommen, welche abgelehnt usw. Hier lässt sich auch das Rollenkonzept (▶ Seite 15) integrieren.

Die Ebene der Psychodynamik: Das(1) ist die Ebene der unbewussten Übertragungsprozesse der Gruppenmitglieder untereinander oder auf den Gruppenleiter. Es sind die unbewussten Wünsche, Ängste, Projektionen, alles das, was wir in der Gruppenanalyse beschreiben werden.

Die Ebene des »Kernkonflikts« der(1) Gruppe: Die Gruppendynamik geht davon aus, dass sich für jede Gruppe ein spezifischer, sie charakterisierender Kernkonflikt im Laufe des Prozesses ergibt. Dieser Kernkonflikt ist in der psychodynamischen Sichtweise das kollektive Unbewusste. In der Gruppendynamik sind Kernkonflikte Konstruktionen, die von dem Beobachter und von dem Leiter der Gruppe ausgehen und benannt werden. Der Gruppendynamik geht es bei dem Kernkonflikt insbesondere um das Muster der Vergemeinschaftung, das jede Gruppe charakterisiert.

Insofern unterscheiden sich auch die Ebenen-Modelle, die wir in der psychodynamischen Gruppe herausarbeiten, von denen in der Gruppendynamik. Es scheint eine gewisse Scheu in der Gruppendynamik zu geben, sich der psychoanalytischen Erfahrungen und Begrifflichkeiten zu bedienen.

1.4 Grundzüge der Gruppenanalyse

Die Skepsis Freuds gegenüber der(1) Anwendung der Psychoanalyse in Gruppen wurde im Vorwort erwähnt. Bei einigen Psychoanalytikern besteht die Skepsis weiterhin, daher plädieren einige Vertreter der Gruppenanalyse auch für einen Weg unabhängig von der Psychoanalyse. Andererseits schaffte es die spätere Gruppenbewegung (siehe z. B. Richter 1972), ein wesentlich positiveres Bild der Anwendung in Gruppen zu vermitteln und einige Psychoanalytiker davon zu überzeugen, dass es notwendig ist, der sozialen Dimension des Psychischen mehr Beachtung zu schenken.

Die Anwendung der Psychoanalyse in Gruppen begann erfolgreich mit den englischen Psychoanalytikern im Northfield-Experiment. Sie(1) standen vor der Aufgabe, eine große Anzahl psychisch kranker Soldaten zu behandeln, dazu praktizierten sie die Psychoanalyse in der Gruppe. Aus diesen Erfahrungen entstanden die Gruppenanalyse (Bion 1971) und die gruppenanalytische Psychotherapie (Foulkes(1) 1946, 1948, 1974, 1992) sowie die therapeutische Gemeinschaft (Main(1) 1946). Letztere brachte neue Gesichtspunkte für die stationäre Psychotherapie, die grundsätzlich eine Form von Gruppenpsychotherapie ist (vgl. Kap. 7.1).

Bions Konzeption (1971), die auch als Psychoanalyse durch die Gruppe bezeichnet(1) wird, versteht die Gruppe in der Beziehung zum Leiter als Einheit. Bion entwickelte dieses Konzept in geschlossenen Gruppen. Er unterschied in diesen Gruppen eine Arbeitsebene und eine Grundannahmeebene (basic-assumption-group). Die Arbeitsgruppe funktioniere realitätsorientiert, erledige Aufgaben und sei vom Ich bestimmt. Er beobachtete, dass die Gruppen bestimmte Beiträge von einzelnen Mitgliedern nicht aufgriffen und schloss, dass eine unbewusste Übereinkunft der Mitglieder in einer Gruppe existiere, manche Themen auszusparen. Diese unbewussten Übereinkünfte in der Gruppe nannte er die unbewussten Übertragungswünsche der Teilnehmer auf den Gruppenleiter, er beschrieb dies als einen gemeinsamen Gruppenwunsch. Er verstand diesen unbewussten Wunsch, der sich auf den Gruppenleiter richtet, als Wiederholung der frühen Mutter-Kind-Beziehung, als Wunsch nach Befriedigung, Zuwendung, Geborgenheit und Erfüllung oraler und narzisstischer Bedürfnisse. Bion sprach von der Gruppenmentalität. Die(1) Gruppe verharre in Abhängigkeit, in Passivität. Keiner dürfe seine Wünsche wirklich aktiv verfolgen, da sonst Neid entstünde. Alle müssten lediglich geduldig warten, bis der Leiter die Wünsche erfülle. Diese Gruppenmentalität ist die in der Strukturtheorie der Psychoanalyse als Es bezeichnete Instanz. Da die Wünsche nicht befriedigt werden, erfolge der Kampf mit dem Gruppenleiter. Die von Bion beschriebenen drei Grundannahmen haben also ihre Wurzeln in den oralen und narzisstischen Wünschen und Bedürfnissen der Individuen, die sich in der Übertragung auf die Gruppe und den Leiter zeigen.

Als erste Grundannahmegruppe beschrieb Bion die Abhängigkeitsgruppe. Das(1) ist die Gruppe, die abhängig vom Gruppenleiter ist, abhängig von einer unbewussten Erwartung an eine spendende und versorgende Mutter. Die Abhängigkeitsgruppe ist wie ein unmündiges bedürftiges Kind, das Versorgung durch den als allmächtig fantasierten Leiter sucht und Leid vermeidet. Als zweite Grundannahmegruppe beschrieb er die Kampf- und Flucht-Gruppe. Kampf(1)(1) und Flucht sind Folge von unbefriedigenden Situationen bzw. von individuellen Unzufriedenheiten in der Gesamtgruppe mit dem Leiter, die sich dann in Aggressionen entladen. Im Leiter wird der Feind gesehen, der die Befriedigung der Wünsche verhindert. Die Aggressionen auf den Leiter können auch nach außen gelenkt werden. Kampf und Flucht können sehr zerstörerisch für den Gruppenprozess sein. Als dritte Grundannahmegruppe beschrieb(1) Bion die Paarbildung. Das(1) ist die Gruppe, die in einem Paar in der Gruppe, das gleichgeschlechtlich oder gegengeschlechtlich sein kann, nach dem Erlöser sucht, der Hoffnung und neues Leben bringen soll. Dieses Paar soll für die Gruppe das Problem der Abhängigkeit oder auch des Hasses lösen. Die Paarbildung ist hier nicht alleine im Sinne einer erotischen Beziehung gemeint, sondern wird auch als versorgendes Elternpaar verstanden.

Fallbeispiel

Abhängigkeitsgruppen

Die Gruppe schwieg zehn Minuten. Die Co-Leiterin sprach die Grundregel an. Dadurch fühlte sich eine Teilnehmerin gestört. Es gab ein kurzes Gespräch über das Essen, dann wieder Schweigen. Der Gruppenleiter (Janssen) verstand das Schweigen als Reaktion auf die ungeklärt gebliebenen Themen der letzten Sitzung, in der viele unbeantwortete Fragen an die Eltern aufgetaucht waren. Er interpretierte das Schweigen als Hilflosigkeit: Sie wollten ihm Fragen stellen, aber sie trauten sich nicht. Danach kam eine Zweierinteraktion zwischen zwei Teilnehmerinnen zustande. Die eine hatte die andere eingeladen, mit dem Auto mitzufahren, die wollte aber lieber zu Fuß laufen. Der Versuch einer Kontaktaufnahme scheiterte. Die Gruppe war also noch sehr verunsichert, Kontakt untereinander aufzunehmen war noch nicht möglich. Sie wünschten sich, dass sich das Leiterpaar äußerte und Beziehungen herstellte. Eine Teilnehmerin meinte, sie müsse sich mit ihrem Vater auseinandersetzen. Sie erzählte von ihrem Vater, der als Pfarrer eine große Bedeutung in der kirchlichen Politik hatte und der nicht viel zu Hause war. Bei ihm konnte sie nur Anerkennung über Leistung, z. B. über Sport, bekommen. Die Frage aber, wie der Vater zu ihr stehe, sei nie beantwortet worden. Es wurde deutlich, dass die meisten der Teilnehmer solche Fragen an das Leiterpaar hatten. Wie steht ihr zu uns? Von den durch Krieg traumatisierten Eltern waren diese Fragen nicht beantwortet worden. Es war nicht die Sicherheit entstanden, geliebt zu werden. Nachdem dies bewusst geworden war, konnte eine Teilnehmerin über ihren Vater erzählen. Der Vater sei sehr depressiv gewesen, habe Medikamente nehmen müssen. Sie habe mit dem Vater wenig Kontakt gehabt, da die Eltern sich in ihrem achten Lebensjahr trennten und sie bei der Mutter lebte. Heute sei der Kontakt zum Vater stärker. Mit dem Vater zusammen habe sie eine Ausstellung von Claude Monet besucht. Das Lieblingsbild des Vaters sei ein graues düsteres Bild gewesen, in dem ein kleines Mädchen mit einem roten Mantel zu sehen war. Der Vater habe ihr gesagt, das Bild sei nicht düster, weil das Mädchen mit dem roten Mantel darin sei und das sei sie, seine Tochter. Der Leiter interpretierte, sie sei der Sonnenschein des Vaters gewesen. Sie bestätigt: Sie musste der Sonnenschein des Vaters sein und durfte nicht weinen. Diese Szene berührte alle Gruppenmitglieder, denn ähnlich ging es ihnen in der Abhängigkeit vom Leiterpaar, das in ihren Augen lachende und strahlende Gesichter sehe. In den darauffolgenden Sitzungen wurde dieses Thema der Wünsche an die Eltern fortgeführt und in einem Traum symbolisiert. Ein Teilnehmer erzählte diesen Traum: Er war mit der Gruppe unterwegs. Die Gruppenteilnehmer mussten nacheinander in eine Höhle gehen, wo sich eine schrecklich aussehende Frau aufhielt. Die zwei Männer der Gruppe blieben draußen, dort aber war eine Riesenbiene, die sie stechen wollte. Es tauchte die Angst vor der Gruppe auf, vor der alten Frau in der Höhle, die gefangen nimmt. Diese Ängste, sich in Abhängigkeiten und Sehnsüchten zu verfangen, waren das gemeinsame Thema der Gruppe, das auf der individuellen Ebene, aber auch auf der Gruppenebene vertieft wurde.

Bion verstand diese Grundannahmen als Abwehrkonstellationen gegenüber(1) starken Ängsten, die er auch psychotische Ängste nannte(1)