Qualitätssicherung - Christiane Panka - E-Book

Qualitätssicherung E-Book

Christiane Panka

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Beschreibung

Qualitätssicherung in der Pflege ist eine strategische Aufgabe des Managements. In diesem Buch werden zwei zentrale Instrumente der Qualitätssicherung vorgestellt: Pflegebegleitung und Pflegevisite. Beide Instrumente basieren auf dem Pflegeprozess und lassen sich – zumindest in ihren Grundzügen – schnell in einer Einrichtung installieren. Aber sie stellen auch Anforderungen: an die Kompetenz der Pflegekräfte, ihre Aus- und Fortbildung. In diesem Buch werden beide Instrumente inhaltlich und formal dargestellt, in ihrem Ablauf erklärt und in ihren Konsequenzen erläutert. Schwerpunkte sind dabei Pflegecontrolling, Kommunikation und direkte Pflegebegleitung im Alltag.

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Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Dr. Christiane Panka

Qualitätssicherung

Pflegebegleitung und Pflegevisite

schlütersche

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliothek; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89993-314-7 (Print)ISBN 978-3-8426-8551-2 (PDF) ISBN 978-3-8426-8552-9 (EPUB)

Über die Autorin: Dr. Christiane Panka ist Diplom-Pflegewirtin, EFQM-Auditorin und diplomierte Krankenschwester. Zurzeit arbeitet sie als Heimleiterin in einer Einrichtung.

© 2014 Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.Alle Angaben erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Autoren und des Verlages. Für Änderungen und Fehler, die trotz der sorgfältigen Überprüfung aller Angaben nicht völlig auszuschließen sind, kann keinerlei Verantwortung oder Haftung übernommen werden.Die im Folgenden verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen stehen immer gleichwertig für beide Geschlechter, auch wenn sie nur in einer Form benannt sind.Ein Markenzeichen kann warenrechtlich geschützt sein, ohne dass dieses besonders gekennzeichnet wurde.

Reihengestaltung:

Michael Fröhlich, Hannover

Satz:

PER Medien+Marketing GmbH, Braunschweig

Druck:

Stürtz GmbH, Würzburg

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Pflegevisite und Pflegebegleitung –zwei Säulen der Qualität

1Die flexible Pflegevisite

1.1Zehn Schritte zur flexiblen Pflegevisite

1.Schritt: Definition

2.Schritt: Ablauf

3.Schritt: Ziele

4.Schritt: Titel

5.Schritt: Rahmenbedingungen

6.Schritt: Dokumentation

7.Schritt: Beginn und Merkblatt

8.Schritt: Inhalte eines Deckblatts

9.Schritt: Maske

10.Schritt: Inhalte

1.2Kurzfristige Erfolge durch die flexible Pflegevisite

1.2.1Höhere Zufriedenheit bei Klienten und Mitarbeitern

1.2.2Aktualisierung der Pflegeplanung

1.2.3Kurzfristige Aussagen über die Leistungen der Einrichtung

1.2.4Fallbesprechung – Die gute Ergänzung der Pflegevisite

1.2.5Beendigung der Pflegevisite beim Klienten

1.3Langfristige Erfolge durch die flexible Pflegevisite

1.3.1Auswertung des Jahresplans

1.3.2Effekte der Bewertungen

1.3.3Auswertung von Pflegevisiten

1.3.4Veränderungen im Bereich der Kommunikation

1.3.5Wertschätzung der Pflegenden – Motivation der Mitarbeiter

1.3.6Ressourcen optimal verwenden

1.3.7Effekte auf das Image der Einrichtung

2Die Pflegebegleitung

2.1Zehn Schritte zur Pflegebegleitung

1.Schritt: Definition

2.Schritt: Anlässe

3.Schritt: Einsortierung in die Personalentwicklung

4.Schritt: Qualifikationen der Mitarbeiter im Pflegebereich überprüfen

5.Schritt: Ablauf

6.Schritt: Rahmenbedingungen

7.Schritt: Pflegebegleitungen inhaltlich gestalten

8.Schritt: Merkblatt

9.Schritt: Protokollformular

10.Schritt: Auswertungsbogen

2.2Kurzfristige Erfolge durch die Pflegebegleitung

2.2.1Mehr Sicherheit für die Auszubildenden

2.2.2Bessere Einschätzung der Mitarbeiterkompetenzen

2.2.3Pflegefehler werden schneller entdeckt

2.2.4Schulungsmöglichkeiten für ältere Mitarbeiter

2.3Langfristige Erfolge durch die Pflegebegleitung

2.3.1Aus Auszubildenden werden Mitarbeiter

2.3.2Bessere Mitarbeiterbindung

2.3.3Hinweise für die ideale Teamzusammensetzung

2.3.4Fortbildungsbedarfe erkennen, Kompetenzen einschätzen

Anhang

Anhang 1:Jahresplanmuster für Pflegevisiten und Pflegebegleitungen

Anhang 2:Muster für ein Einarbeitungskonzept

Anhang 3:Muster für eine Verfahrensanweisung für ein Jahresgespräch

Anhang 4:Muster für eine Verfahrensanweisung für ein Anlassgespräch

Literatur

Register

Vorwort

Pflegebegleitung und Pflegevisite sind zwei anerkannte Instrumente im Pflegeprozess. Sie gehören zum täglichen Geschäft. Gerade ihre schon selbstverständliche Anwendung führt dazu, dass Einsatz und Wirksamkeit nicht mehr hinterfragt und die vielfältigen Möglichkeiten, die sie bieten, nicht immer effektiv genutzt werden.

Dieses Buch richtet sich an Sie als Pflegedienstleitung und Qualitätsbeauftragte in der stationären Pflege, im ambulanten Bereich, in der Tagespflege oder im Hospiz. Es behandelt nicht nur in innovativer Weise die inhaltlichen und prozessualen Aspekte von Visite und Begleitung, sondern bezieht auch die Auswirkungen auf die Lebensqualität der Klienten, auf Personalentwicklung und Risikomanagement ein.

Dr. Christiane Panka beschreibt kompakt und übersichtlich Pflegebegleitung und Pflegevisite als Säulen der Qualitätssicherung. Sie »räumt auf«, grenzt ab und zeigt detailliert, was die beiden Methoden zu leisten vermögen. Die Unterteilung in jeweils 10 gut nachvollziehbare Arbeitsschritte erleichtert Ihnen als Leser(in) und Anwender(in) die Umsetzung in die eigene, individuelle Praxis. Die zahlreichen im Pflegealltag bewährten Mustervorlagen und Checklisten leisten dabei strukturelle Hilfe. Man merkt gleich, die Autorin weiß, wovon sie spricht.

Ich freue mich, Ihnen diesen neuen interessanten Band unserer jungen Reihe Managementbibliothek zu präsentieren, und bin überzeugt, dass Ihnen Lektüre und praktische Anwendung Gewinn bringen.

Essen, im Juli 2013

Karla Kämmer

Einleitung

Pflegevisite und Pflegebegleitung –zwei Säulen der Qualität

Das Thema Qualitätssicherung ist spätestens seit 1996 mit der Einführung der »Maßstäbe und Grundsätze zur Qualität« im SGB XI aktuell und wird immer wieder diskutiert. Im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses muss jede Einrichtung, stationär, teilstationär oder ambulant, Qualität leisten.

Auch wenn die meisten stationären Einrichtungen in Deutschland eine Note von 1 oder 2 bei den Pflegetransparenzkriterien1 erringen, ist mit der neuen Prüfrichtlinie (PTVS) nach § 114a SGB XI im Jahr 2014 wieder eine Veränderung in Sicht. Durch die verschobene Bewertungssystematik und die veränderten Bewertungskriterien sind die Einrichtungen in der Pflicht, ihre Pflegequalität neu zu beurteilen. Bei diesem Prozess sind die Pflegevisite und die Pflegebegleitung wertvolle Arbeitshilfen.

In diesem Buch wird in leicht verständlicher Weise die Abgrenzung der Pflegevisite von der Pflegebegleitung vorgenommen. Diese Abgrenzung hat sich als notwendig erwiesen. So wurde z. B. in der Dissertation »Die Pflegevisite als Steuerungsinstrument im Pflegeprozess«2 als Forschungsergebnis unter anderem deutlich, dass diese Begriffe oft in einem Zug genannt und ihre Inhalte vermischt werden.

Abgrenzung Pflegevisite und Pflegebegleitung

Die Pflegevisite richtet den Fokus auf den Bewohner und seine Zufriedenheit (z. B. Heering, 2006).

Die Pflegebegleitung fokussiert auf den Mitarbeiter und seine Leistungsfähigkeit. Wie vielfältig diese Fokussierungen sind und wie Leitungskräfte in der Pflege von der Pflegebegleitung und von den Pflegevisiten profitieren können, wird in den folgenden Kapiteln aufgezeigt.

Anhand von praktischen Beispielen stelle ich Ihnen die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten der beiden Instrumente dar. Aus meiner langjährigen Praxis kann ich Ihnen darüber hinaus gute und weniger gute Einsatzmöglichkeiten in allen Bereichen des deutschen Gesundheitssystems beispielhaft darstellen sowie Empfehlungen geben.

Sie können sich anhand von zehn leicht nachvollziehbaren Arbeitsschritten Ihre individuelle, flexible Pflegevisite zusammenstellen. Das Prinzip wiederholt sich auch bei der Pflegebegleitung, sodass sich für jeden von Ihnen – Pflegedienstleiter oder Qualitätsbeauftragten – sinnvolle Praxistipps ergeben.

_____________

1 Vgl. Rupsch, T. (2013). Statistiken zu den Transparenzberichten und den Pflegenoten der MDK-Prüfungen. Im Internet: www.mdk-pruefung.com/statistiken-transparenzberichte- pflegenoten/ [Zugriff am 6.10.2013]

2 Vgl. Panka, C. (2013). Die Pflegevisite als Steuerungsinstrument im Pflegeprozess. Berlin: hps media

1Die flexible Pflegevisite

Das Ziel der flexiblen Pflegevisite ist es, die Pflegequalität möglichst effektiv und positiv zu beeinflussen. Gestatten Sie mir deshalb, Ihnen im ersten Teil die Hintergründe sowie die geschichtliche Entwicklung der Pflegevisite und deren Notwendigkeit darzustellen. Daraus leitet sich die Notwendigkeit ab, Pflegevisiten zu erstellen. So entsteht Schritt für Schritt eine individuelle, flexible Pflegevisite, passend für Ihre Einrichtungsform.

Auf eine Definition von Qualität verzichte ich, denn es existieren viele Werke, die die Qualität im Rahmen eines Zertifizierungssystems (z. B. DIN ISO-Normen3) definieren bis zu der einfachen Definition, dass Qualität das ist, was dem Klienten gefällt.

Ich verstehe Qualität in diesem Buch als etwas Erstrebenswertes, Positives, das immer wieder weiter verbessert werden kann.

Das zentrale Arbeitsorganisationsinstrument in der Pflege ist der Pflegeprozess, der aber leider nicht immer so angewandt wird, wie er theoretisch angewendet werden sollte. Es gibt strukturelle und prozessuale Umsetzungsprobleme.4 Wenn der Pflegeprozess fachlich bereits korrekt durchgeführt würde, dürfte eine Pflegevisite als zusätzliches Instrument nicht erforderlich sein.5 Gründe für Defizite bei der Umsetzung des Pflegeprozesses6:

■Fehlende oder mangelhaft strukturierte Pflegedokumentation, d. h. es fehlen grafisch und inhaltlich sinnvolle und ansprechend gestaltete Dokumente oder Masken (Software).

■ Die Planung der Pflege erfolgt meist klientenfern, d. h. die Klienten sind über die Pflegeziele oft nicht informiert, da die Planung ohne sie stattfindet.

■ Die Schreibarbeit hat gegenüber der praktischen Arbeit am Klienten einen geringen Stellenwert.

■ Die Überprüfung der Inhalte erfolgt nicht systematisch und ausreichend. Es werden Intervalle festgelegt, die mit den eigentlichen Veränderungen nichts zu tun haben.

■ Die Fachkraftpräsenz ist ungenügend, d. h. es bleibt nicht genügend Zeit für eine ausführliche Pflegeprozessplanung.

Einige dieser Defizite können mit der flexiblen Pflegevisite ausgeglichen werden. So können Sie z. B. während der Pflegevisite mit dem Klienten gemeinsam die Pflegeplanung überprüfen und aktualisieren. Sie können realistische, umsetzbare Ziele finden, gemeinsam formulieren und die Inhalte systematisch überprüfen. Außerdem können Sie individuelle Evaluationsintervalle festlegen und Risiken berücksichtigen.

Die flexible Pflegevisite kann Ihnen und Ihren Mitarbeiter auch den Stellenwert der meist ungeliebten Schreibarbeit verdeutlichen: Mit der flexiblen Pflegevisite lassen sich z. B. Doppeldokumentationen aufdecken und vermeiden. Es wird nur das dokumentiert, was wichtig und rechtlich relevant ist.

Pflegequalität ist etwas Flüchtiges. Sie ist von der Situation des Pflegebedürftigen abhängig, die sich kurzfristig verändern kann. Jeden Tag muss Pflegequalität aufs Neue von vielen verschiedenen Mitarbeitern erbracht werden.7 Die flexible Pflegevisite und die Pflegebegleitung können Fehler vermeiden bzw. beheben, die gerade bei mangelnder Fachkraftpräsenz entstehen können (vgl. Kapitel 2).

Fazit

Die Pflegevisite wird in der Literatur als eines der wirksamsten Instrumente in der Qualitätssicherung beschrieben.* Eine zweite Kontrollschleife (Pflegevisite als Kontrollinstrument des Pflegeprozesses) außerhalb der täglichen Routine ist sehr sinnvoll, wenn sie bewusst genutzt wird.**

* Kämper & Pinnow 2010, S. 5

** Vgl. Koch, Christian. (4. Dezember 2013). www.social-software.de. http://www.social-software.de/adb/produkte.php?idp=766

1.1Zehn Schritte zur flexiblen Pflegevisite

1. Schritt: Definition

Visite/Visitation (lat.) wird nach Götze (1996) übersetzt als: »(prüfende) Besichtigung oder Besuch (besonders zur Untersuchung von Kranken)«.

Das Medizin-Lexikon vom Urban & Fischer Verlag (2006) beschreibt die Visite als regelmäßig am Krankenbett stattfindende Gespräche des behandelnden Arztes und/oder des Pflegepersonals mit dem Patienten. Sie dient zur Weitergabe von Beobachtungen, Darstellungen des Krankheitsverlaufs, Befragungen und Untersuchungen des Patienten, Besprechung des weiteren Vorgehens, Abstimmen der pflegerischen und medizinischen Planung.

Am häufigsten lassen sich in der Literatur zwei Definitionen der Pflegevisite finden:

1. Die Definition des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) ist die längste und ausführlichste von allen Definitionen. Sie lautet in Kurzform: »Die Pflegevisite wird als Besuch beim Pflegebedürftigen durchgeführt und dient u. a. der Erörterung des Befindens des Pflegebedürftigen, seiner individuellen Wünsche und seiner Zufriedenheit mit dem Pflegedienst sowie der Erstellung, kontinuierlichen Bearbeitung und Kontrolle der Pflegeplanung sowie der Pflegedokumentation (…). Die Pflegevisite ist ein Planungs- und Bewertungsinstrument, das kunden- oder mitarbeiterorientiert durchgeführt werden kann«.8

2. Die Definition von Heering wird am häufigsten zitiert: »Die Pflegevisite ist ein regelmäßiger Besuch bei und ein Gespräch mit der/dem KlientIn über ihren/seinen Pflegeprozess. Die Pflegevisite dient der gemeinsamen Benennung der Pflegeprobleme und Ressourcen bzw. der Pflegediagnose, Vereinbarung der Pflegeziele, Vereinbarung der Pflegeinterventionen und Überprüfung der Pflege.«9

Zu 1) Die Definition des MDS hat vor dem Hintergrund der »Pflegebenotung« einen hohen Stellenwert. Sie ist aber sehr umfassend und bedarf einer ausführlichen Erläuterung mit der sog. Prüfanleitung. Für eine hausinterne Richtlinie z. B. in der stationären Altenpflege ist sie zu lang. Außerdem vermischt sie die Pflegevisite mit der Pflegebegleitung.

Zu 2) Das Ansprechende an der Definition von Heering ist ihre Kürze und Verständlichkeit. Der Besuch beim Patienten sowie das direkte Gespräch mit ihm stehen im Mittelpunkt. Heering hat seine Definition entwickelt, um im Krankenhaus dem Patienten durch die Einführung der Pflegevisite mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen und ihn in den Pflegeprozess direkt miteinzubinden. Er hat dabei jedoch nicht den demenziell erkrankten Menschen im Pflegeheim im Blick gehabt, der seinen Pflegeprozess oder ein effektives Gespräch nicht mehr allein steuern kann.

Eine schnelle und praxisnahe Definition

Eine Definition, die für alle Einrichtungsarten im Gesundheitswesen nutzbar ist, wird vom DBfK zur Verfügung gestellt. Sie lässt sich gut in Verfahrensanweisungen übernehmen und grenzt sich deutlich von der Pflegebegleitung ab: »Die Pflegevisite ist ein inhaltlich und gestalterisch flexibles Instrument zur Überprüfung der Umsetzung des Pflegeprozesses und zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität. Die Pflegevisite erfolgt in festgelegten Abständen auf der Basis von strukturierten Gesprächen und Beobachtungen im direkten pflegerischen Umfeld von Pflegefachkräften unter Mitwirkung des Klienten und/oder seines Angehörigen/seiner Bezugsperson.«*

* Vgl. Panka, C., & Stenzel, C. (2010). Praxisheft: Leitfaden zur Pflegevisite. Eine Arbeitshilfe für die Praxis. 4. Auflage. Berlin-Brandenburg: DBfK Landesverband Berlin-Brandenburg e.V.

2. Schritt: Ablauf

Der Ablauf einer Pflegevisite kann in sechs Schritten beschrieben werden (vgl. Abbildung 1). Die Phasen können bis auf eine Ausnahme (Metaanalyse anstelle einer Problem- und Ressourcenformulierung) mit dem sechsschrittigen Pflegeprozess von Fiechter und Meier (1993) verglichen werden. Die Visite beginnt mit einer Datenerhebung, oft mit Leitfaden oder Protokollvordruck. Aus den Daten werden Ziele abgeleitet, Maßnahmen festgelegt und durchgeführt. Die Evaluation kann durch eine Kontrolle oder eine neue Pflegevisite erfolgen. Übergreifend werden dann in einer Metaanalyse die Pflegevisiten insgesamt ausgewertet. Ergebnisse dieser Auswertung können die Veränderung der Pflegevisitenprotokolle oder z. B. eine Aufnahme der analysierten Schwachstellen in die Fortbildungsplanung sein. In der Metaanalyse zeigt sich die Flexibilität (daher der Name »flexible« Pflegevisite). Das Pflegevisitenprotokoll muss nicht über Jahre immer das gleiche sein. Nur die Anpassung an die Bedürfnisse macht es sinnvoll und effektiv.

Abb. 1: Der flexible Pflegevisitenprozess.

Nutzen Sie alle Phasen des Pflegevisitenprozesses

Gerade die Metaanalyse hilft Ihnen, Entscheidendes zur Effektivität der Visite beizutragen. Wenn Sie die Pflegevisiten nach der Durchführung und Bearbeitung nur abheften, verschwenden Sie wertvolle Ressourcen.

3. Schritt: Ziele

Die ersten Nachweise für die Nutzung von Pflegevisiten gab es am Anfang der 1980er Jahre.10 Zu dieser Zeit war die Pflegevisite ein reines Kontrollinstrument und wurde vor allem im Krankenhaus angewendet. Es ist anzunehmen, dass sie sich von der ärztlichen Visite ableitete. Der Vorläufer der heutigen Pflegevisite ist die Übergabe am Bett. Sie war eine Weiterentwicklung der normalen Dienstübergabe von Schicht zu Schicht im Dienstzimmer anhand der Akten. Diese Dienstübergabe fand und findet in vielen Krankenhäusern auch heute noch, mit den jeweiligen Bereichspflegekräften, direkt am Bett mit dem Patienten statt. So können die Mitarbeiter die Patienten und evtl. pflegerische Besonderheiten, wie technische Geräte oder optimale Lagerungsarten, kennenlernen. Auch der Patient kann befragt werden, wie es ihm geht und seine Anliegen vorbringen. Die Übergabe am Bett hat jedoch allein durch die zeitlichen Ressourcen seine Grenzen. Auch wird der Patient vor vielen Mitarbeitern und evtl. Mitpatienten kaum intime Probleme ansprechen.

Von 1981 bis ca. 1989 gab es mehr Erfahrungen mit Pflegevisiten im ambulanten und stationären Sektor. In den folgenden Jahren wurden Methoden der Pflegevisite diskutiert, die jedoch nur auf Erfahrungswissen beruhten. Hauptinitiator war in dieser Zeit das Ehepaar Heering in der Schweiz11, die bei den Visiten den Patienten als Partizipierenden in den Mittelpunkt stellten. Es wurden gemeinsam Ziele gesteckt und Maßnahmen festgelegt.

Der Hauptmotivator zur Verwendung von Pflegevisiten war die Einführung der Pflegeversicherung im ambulanten (1995) und stationären (1996) Sektor des Gesundheitswesens, mit der externen Qualitätsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Es entstand die Prüfrichtlinie »Anleitung zur Prüfung der Qualität in der stationären Pflege nach § 80 SGB XI.« In den Qualitätsprüfungsrichtlinien (MDS 1996) wurde die Pflegevisite nun als Mittel der internen Qualitätssicherung neben Qualitätsbeauftragten, Qualitätszirkeln, Standards, Qualitätsmanagementhandbüchern, Fallbesprechungen und Fortbildungen bezeichnet. Die Qualitätsprüfrichtlinie musste aus politischen Gründen sehr zügig erstellt werden, sodass die Zeit für eine wissenschaftliche Fundierung fehlte.

Erste Schritte im Bereich des Qualitätssicherungsinstrumentes »Pflegevisite« in Richtung der wissenschaftlichen Forschung erfolgten 2002, 2007 sowie 2013. In diesen Jahren wurden im ambulanten Bereich12, im Krankenhaussektor13 und in stationären Pflegeeinrichtungen14 wissenschaftliche Studien durchgeführt: Es wurden jeweils explorativ die Ist-Stände der Pflegevisiten (Inhalt, Form und Aufbau) erhoben und teilweise Best-Practice Modelle vorgestellt. Die Ergebnisse fließen in dieses Buch mit ein.

Tabelle 1 zeigt, wie sich über der Inhalt der Pflegevisiten den Bedürfnissen der Institutionen angepasst hat. Der Einfluss, gerade der Qualitätsprüfrichtlinien des MDK, hat sich vor allem im ambulanten und stationären Bereich der Altenpflege ausgewirkt und weniger im Krankenhausbereich, da er nicht von den SGB XI Prüfrichtlinien betroffen ist.