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Einst war Quedlinburg bekannt als Stadt der starken Frauen und klugen Männer. Im Stift regierten die Fürstäbtissinnen, die nur dem Papst und dem Kaiser unterstanden; im Stadtkern lebten die großen Denker, Vorreiter in Sachen Politik, Medizin, Pädagogik, Psychologie, Literatur, Samenzucht und mehr. Viele der Namen kennt man bis heute, z.B. König Heinrich, Kaiser Otto, Äbtissin Mathilde oder den Dichter Klopstock, Forscher Goeze, Pädagogen GutsMuths, Geographen Ritter oder die erste deutsche Ärztin Erxleben. Viele Namen aber sind beinahe vergessen, oder kannst du mir sagen, wer Bendeler, Wolff, Huch, Hauer oder Grasshoff waren? Die 28 interessantesten Quedlinburger - die Einzug in die Harzer Sagen gefunden haben bzw., von denen es teils sogar Legenden gibt - portraitiert dieses Buch. Du erfährst erstaunliche Geschichten, deren Weisheiten noch heute Gültigkeit haben. Zugleich werden dir spannende Ausflugstipps aufgezeigt, die mit den cleveren, charmanten und charismatischen Vorbildern in Verbindung stehen. - Viel Spaß also auf deiner Reise durch Quedlinburgs Gassen, in denen so viele kluge Köpfe zuhause waren.
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Seitenzahl: 162
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Carsten Kiehne gehört seit vielen Jahren zu den renommiertesten Kennern der Harzer Sagenwelt. Als Autor und Herausgeber von fast 50 Büchern u.a. „Kräutersagen aus dem Harz", „Zauberpflanzen“, „Sagenhaftes Glück" & „Bäume – heilig & heilsam" sowie diversen TV- Auftritten ist er überregional bekannt. Als Initiator der Interessensinitiative „Sagenhafter Harz" hält er Seminare (u.a. für Pädagogen, Trainer & Coaches), bildet zum Erzähler & Erzähl-Therapeuten aus & gibt Führungen & Vorträge zu diversen Themen im gesamten Harz.
Sagenhafter Harzfindest du auf
Den Ausbildungskatalog kannst du hier anfordern: [email protected](Dipl.Soz.Päd., Autor, Sagenerzähler, Wanderführer, Reiki-Meister, Meditationslehrer) www.sagenhafter-harz.com - [email protected] - 0160 / 9955 7252
Ein Kooperations-Projekt der Ziesing-Gruppe & Sagenhafter Harz
Vom sagenhaften Inhalt
Vorwort von Jan Ziesing
Einstimmung vom Autor des Büchleins
HeinrichI., König – Das ist doch die Krönung
OttoI., Kaiser – Woher wahre Größe kommt
Mathilde, 1. Äbtissin – Von der Kraft des Gebets
Beatrix, Äbtissin – Die heilige Kräuterkunst
Adelheid, Äbtissin – Quedel der Retter
Sophiavon Brehna, Äbtissin – Die innere Stimme
Juttavon Kranichfeld, Äbtissin – Gefangen zwischen Herz und Verstand
Hedwigzu Sachsen, Äbtissin – Wozu Stolz & Kampf am Ende führen
Annazu Stolberg, Äbtissin – Von der Windsbraut
Elisabethvon Reinstein, Äbtissin – Was machen, mit der verbleibenden Zeit?
PhilippJohann Bendeler, Sänger – Was Musik vermag
Auroravon Königsmarck, Gräfin & Pröpstin – Des Stiefmütterchens Weisheit
DorotheaErxleben, 1. Ärztin – Deine Gottesgabe leben
AmaliaA., Prinzessin & Äbtissin – Pech in der Liebe, Glück im Spiel?
FriedrichGottlieb Klopstock, Dichter – Der Himmel ist überall gleich nah
AugustJ. E. Goeze, Naturforscher – Lerne, als würdest du ewig leben
PeterJ.C.H. Mette, Samenzüchter – Das Beste im Blick haben
JohannC.F. GutsMuths, Pädagoge – Das Leben spielen
SchulmannHeinrich Hauer, 1. Taubstummenlehrer – Schutz vor 1000erlei Geister
HerzogAlexius von Anhalt-Bernburg, Landesheer – Wie Wasser Heilkräfte entfaltet
CarlRitter, Geograph – In der Ferne sich selbst nahekommen
WilhelmSteuerwaldt, Maler – Alles Gute braucht seine Zeit
GustavA. Dippe, Samenzüchter – Man erntet, was man sät
RobertBosse, Kultusminister – Wie man hitzigen Streit schlichtet
JuliusWolff, Schriftsteller – Gegen das Vergessen der Tugend
Hermannbzw. Conrad H. Huch – Wie Huch aus Verlegenheit den Harzklub erfand
FritzGraßhoff, Dichter – Ein Halunke schafft’s zu Ruhm
ChristianAmling, Schriftsteller – Das Leben ist (k)ein Kinderspiel
Carsten Kiehne, Sagen- & Märchenerzähler – Geschichten sind Doping fürs Gehirn
Abschließende Worte
Herzlich willkommen in einer ganz großen, wunderschönen, geschichtsträchtigen, weltoffenen Stadt, in meinem Quedlinburg. Wer nicht verliebt ist in diese Perle, den verzaubert sie bei einem einzigen Abendspaziergang durch die leeren und engen, romantisch bunten Gässchen aufgehübschter Fachwerkhäuschen. Wen das noch nicht beeindruckt, der sollte Quedlinburg einmal sehen, wenn die schlafende Schönheit geweckt wird, von den ersten Sonnenstrahlen, die über ihre altehrwürdigen Dächer schimmern. Ich bin hier geboren, lebe 27 Jahre hier, bin also Urquedlinburger und, wie könnte es anders sein, … ich liebe diese Stadt! Aus diesem Grund war’s auch immer mein Traum ein Stück Weltkulturerbe zu besitzen. Ich wollte nicht nur zuschauen an ihrem Werdegang, an ihrem Wiederaufbau nach der Wende, sondern teilhaben, mitmachen, meinen Teil dazu beitragen, dass sie sich herausputzt und die Einheimischen und Gäste gleichermaßen verzückt.
So erwarb ich das Anwesen Mühlenstraße 5 - mein eigenes Stück Geschichte - und erlebte gleich zum Anfang meinen Untergang. Weißt du, was das heißt, ein denkmalgeschütztes Haus von Grund auf wieder aufzubauen. Die ganzen Bestimmungen und Vorschriften kosteten so manches graue Haar. Ich hatte auch wirkliche keine Ahnung, auf was ich mich da einließ. Klar, war ich nicht ungeschickt … aber ein Hausausbau, das war schon eine andere Nummer. Ich brauchte einen Helfer, mit Ahnung, fleißig, verlässlich, treu, kreativ, geschickt und vor allem geduldig mit mir und meinen vielen Visionen. So einen findest du in der Regel nicht an jeder Ecke. Ich fand ihn in Daniel und stellte ihn fest ein. Mit diesem Gefährten ging’s nun auf die Reise durch die weiten Einöden des Erdgeschosses und in luftige Höhen der neuen Dachgaube. Wir kämpften gegen Wasser von unten, von der Seite und von oben; einigten uns mit allerhand Getier, was den Wohnraum ebenso beanspruchte und erstritten manches Gefecht mit den Stadtbeamten, zum letztlich beiderseitigem Wohlgefallen. Wir wuchsen zusammen, beim Neudenken und Abreißen, beim Ausmisten und Wegschmeißen, beim Verlegen und Aufschichten, beim Ab- und Verdichten, beim Ausputzen und Zurechtstutzen, beim Ausfegen und Schönmachen, bei Gefühlsausbrüchen, beim Weinen und Lachen, so dass ich diesen Mann nach unserer gemeinsamen Heldenreise doch nicht entlassen konnte. Was sollte ich also anderes tun, als nach der Fertigstellung der Mühlenstraße, mir ein weiteres Haus zu kaufen, um meinen Handwerker, der zu einem meiner besten Freunde geworden war, weiter zu beschäftigen. Danach kaufte ich mir nach nächste Haus und anschließend das nächste und eröffnete endlich eine eigene Baufirma … das hat man von zu vielen Ideen und Visionen für die Stadt. Heute bin ich der stolze Besitzer von 35 Ferienwohnungen!
Wenn du in Quedlinburg Urlaub machst oder du gar zu den Glückspilzen gehörst, hier zuhause sein zu dürfen, dann wünsche ich dir, dass du dich am Harzrand einmal ganz und gar fallenlassen und das zauberhafte Quedlinburg genießen kannst. Streife durch die Gassen und nimm die Schönheit mal aus allen Perspektiven war. Mögest du dich also nicht gezwungen fühlen, auf dem schnellsten Weg von A nach B zum Ziel zu kommen, sondern immer wieder innehalten, nach oben und nach unten schauen und staunen, was diese Welterbestadt zu bieten hat. Dabei kann dir bestimmt dieses Büchlein helfen, da es dich aus den Augen teils sehr bekannter Quedlinburger auf besondere Sehenswürdigkeiten und Details der Stadt blicken lässt. Der großartige Sagenerzähler Carsten Kiehne von „Sagenhafter Harz“ hat eine wunderbare Auswahl von Geschichten getroffen, die dich namhafte und originelle Persönlichkeiten unserer Welterbestadt kennenlernen lassen. Gleichzeitig spiegeln die Sagen, welche Art zu denken und zu handeln dazu beigetragen haben, dass Klopstock, GutsMuths, Ritter, Erxleben u.a. erfolgreich wurden. Vielleicht inspirieren dich die Geschichten ja auch, ebenso an unserer Geschichte teilzuhaben und eine bedeutende Persönlichkeit zu werden, wobei es weniger darum geht, sich selbst in den Vordergrund zu stellen/ sich zu glorifizieren – wobei natürlich nichts dagegen einzuwenden ist, sich einmal selbst auf die Schultern zu klopfen – sondern eher dem Wohle des großen Ganzen zu dienen. Ich zum Beispiel musste es erst lernen, dass Erfolg nicht nur „Schaffe, schaffe – Häusle baue“ bedeutet, sondern meint, auch mal alle Viere gerade sein zu lassen. Müßiggang musste ich erst lernen. Ich glaube, dass ist bei den meisten erfolgreichen Geschäftsleuten der Fall! Heute definiere ich Erfolg – um beim Thema der erfolgreichen Quedlinburger zu bleiben – durch Ehrlichkeit (Ehrlichkeit zu sich selbst: Authentizität; das zu tun, was ich liebe); das Richtige zur richtigen Zeit zu tun; beständig deinem eigenen Weg zu Folgen; Offen für alle Richtungen und Chancen zu sein; auch Loslassen zu können und den Augenblick zu Genießen – möge dir das hier gelingen. Dein
Foto Jan
Foto Mühlenstr.5
Unterschrift Fir
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Quedlinburg ist schön, so schön sogar – mit seinen vielen Kirchen, dem hoch über der Stadt liegenden Schloss, den verwinkelten Gassen, bespickt mit uralten Fachwerkhäusern (die zu den ältesten der Welt gehören) – dass die Stadt Grund genug wäre, hier Urlaub zu machen. Das aber ist nicht alles: wer hier einmal wandern war, weiß dass der Liebreiz der Stadt nur noch übertroffen wird von den anmutigen Höhenzügen und Felsformationen des Harzvorlands bis hin zum Grand Canyon Mitteldeutschlands, dem Bodetal, gerade einmal 7km von Quedlinburg entfernt. Ist das schon alles? Mitnichten! Auf dich warten ja nicht nur die Innenstadt und das alte Stift St. Servatius mit dem Domschatz darauf, von dir entdeckt zu werden, nicht nur der Münzenberg und der Felsen Lehof und nicht nur das Bodetal mit seinem Hexentanzplatz und der Rosstrappe. Soll ich dir kurz einmal aufzählen, was im Umkreis von 10km der Erkundung lohnt? Da wären der Ditfurter See, die Teufelsmauer, die Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode, die Roseburg bei Rieder, das Ballenstedter Schloss, die Felsen Gegen-steine, die Seweckenwarte, der Orchideenwald Müncheberg bei Bad Suderode, dessen Alte Kulturkirche, der Preußenturm mit Opferstein, die Lauenburg mit ihrer sagenumwobenen Linde, die Stecklenburg über der Calciumquelle, Winter- und Sommerklippe, der Hexenaltar und der Glockenstein, der Mythenweg Thales und das älteste Kloster der neuen Bundesländer Wendhusen, das Hamburger Wappen bei Timmenrode, der Kamelfelsen von Westerhausen, die Klus bei Halberstadt und der Lustgarten Spiegelsberge, der Halberstädter Dom mit seinem Domschatz … - richtig: die Einheimischen wohnen dort, wo andere Urlaub machen!
Selbst das aber ist nicht genug, denn Quedlinburg strotzt vor deutscher Geschichte und tausend Geschichten. Nicht nur, dass das Umland seit mindestens 7.000 Jahren kulturhistorisch besiedelt ist und der Landstrich zum größten vorchristlichen Heiligtum Europas (Thale mit seinen Höhenburgen) gehörte, sondern die Pfalz Quedlinburg selbst, war um das Jahr 1000 eines der machtpolitischen Zentren Europas. Quedlinburg war der Stammsitz der Ottonen, der ersten deutschen Könige und Kaiser, angefangen mit Heinrich I., der dieses hübsche Fleckchen Erde zu seiner Osterpfalz kürte. Ostern, das war um die Jahrtausendwende das wichtigste, christliche Hochfest im Jahr. Aus ganz Europa strömten die Mächtigen also in den Harz, um dem König auf seiner Lieblingspfalz Quedlinburg die Aufwartung und ihm wertvolle Geschenke zu machen. Viele dieser Kostbarkeiten sind noch im vereinigten Domschatz Quedlinburg-Halberstadt zu sehen, der stolz von sich behaupten kann, der größte Kirchenschatz der Welt zu sein, nach dem Vatikan. Kannst du die einstige Größenordnung und Bedeutung der Welterbestadt erahnen, wenn nur der Vatikan mehr Kohle hatte als Quedlinburg? Ja, zu Zeiten Heinrich I. war dieses Städtlein am Arsch der Welt – zugegeben ist’s ein hübscher Hintern – das machtpolitische Zentrum Europas, quasi die Hauptstadt, auch wenn es so etwas zu Zeiten des Reisekönigtums noch gar nicht gab, denn die Herrscher reisten damals stetig von Pfalz zu Pfalz durchs ganze Land, um ihre Machtansprüche geltend zu machen. Quedlinburg die Hauptstadt! Das war übrigens auch der Grund, weshalb nach der Wiedervereinigung – als jedermann unentschlossen fragte, was soll neuer deutscher Regierungssitz werden, Bonn oder Berlin, Berlin oder Bonn – die Quedlinburger schrien: „Wir sollten Hauptstadt werden, wegen dem 1. Deutschen König, unser’m Heinrich I.!“
Dass wir nicht Hauptstadt geworden sind, weißt du bereits. Was du aber vielleicht nicht weißt ist, dass Quedlinburg noch viel mehr kluge Köpfe hat, die wie der König Weltruhm erlangten oder sich zumindest besonders hervortaten. Einige Namen kennt man noch heute im ganzen Land, andere haben selbst die Quedlinburger vergessen. Dieses Büchlein soll dem Abhilfe schaffen, denn die schönsten Geschichten von mehr als 25 klugen Köpfen, die über sich hinauswuchsen und zu wahrer Größe fanden, will ich dir erzählen. Dabei will ich dich aber nicht mit den schnöden und drögen Fakten aus irgendwelchen Lebensläufen quälen, sondern dir einen Auszug aus dem Leben der wichtigsten Quedlinburger geben. Wer sich von dem Bild eines der Menschen, das ich hier ausmalen will, faszinieren lässt, kann selbst weiter recherchieren, was sich lohnen wird. Ich möchte zum Nachfolgenden sagen, dass ich Sagen- und Märchenerzähler bin. Was ich hier erzähle, sind Geschichten. Manches mag nicht in Gänze wahr sein, doch enthält alles einen Funken Wahrheit, der dich hoffentlich erfreut und berührt!
Die Weltkulturerbestadt Quedlinburg hat eine ganz und gar faszinierende für unser Land höchste bedeutsame Geschichte. Die ganzen wunderbaren großen und kleinen Geschichten findest du in den Büchern „Die schönsten Sagen aus unserem Quedlinburg“ & „Quedlinburger Anekdoten“!
Die schöne Stadt war noch lange nicht aus dem Bett der Bode gehoben und den Sümpfen des Harzvorlands abgerungen worden. Ein dichter Wald umgab den Schlossberg und das Wipertistift, dass der Sachsenherzog Heinrich liebgewonnen hatte. Hierher zog er sich zurück, um Kraft zu schöpfen, um nachzusinnen und, um sich an der Natur zu erfreuen. So wie an diesem Morgen, an dem die Sonne gerade am Horizont erwachte. Nepomuk Vogl dichtete hierzu: „Herr Heinrich saß am Vogelherd, recht froh und wohlgemut, aus tausend Perlen blinkt und blitzt die Morgenröte Glut …“ – ja klar, Sonnenaufgang halt. Der Herzog war an diesem Morgen schon früh auf den Beinen, um am Finkenherd Vögel zu fangen. Im Gedicht also weiter: „In Wies und Feld, in Wald und Au, horch, welch ein süßer Schall: der Lerche Sang, der Wachtel Schlag, die süße Nachtigall“ – doch wie sich ein Vöglein gerade auf die Leimrute setzen wollte, schrickt es hoch und flattert davon. Neugierig steht Heinrich aus seiner Deckung hoch und schaut sich um. Nichts zu sehen, doch der Boden vibriert: „Reiter“, weiß er gleich und „sie sind schnell und es sind viele“. Schon sieht er dreißig Panzerreiter den Burgberg hochsprengen. Der Pferde in Rüstzeug, die Ritter in Kettenhemden, mit Schwert und Schild und Lanze bewaffnet und er, der Sachsenherzog hat nicht einmal ein Messerchen dabei, sich zu verteidigen. Wie wäre es dir oder mir gegangen? Die Beine und Knie hätten uns geschlottert, vermutlich wären wir weggerannt, hätten wir uns aus der Schockstarre lösen können. Nicht so aber Herr Heinrich. Der ging entschlossenen Schrittes und mit erhobener Brust auf die Reiter zu und rief: „Was wollt ihr Herrn, sagt an!“ – Und was macht der Tross? Sie halten die Pferde, senken die Lanzen, steigen allesamt ab, nur um vor ihm, dem Herzog, niederzuknien und fragen, wie aus einem einzigen Munde: „Unser Sachsenlandes Stern, wollt ihr, Herr Heinrich, unser neuer König sein?“ – „Da blickt Herr Heinrich tief bewegt hinauf zum Himmelszelt: >Du gabst mir einen guten Fang, Herr Gott, wie dir´s gefällt!<“ – Die Geschichte will, dass die Antragung der Krone am Finkenherd geschah, einem der bedeutendsten Orte deutscher Geschichte. Gut, dass du gleich einige Cafès und den Regionalladen Quedlinburgs mit seinem riesigen Bierangebot am Ort vorfindest. Ich meine, ohne Kaffee und Bier ist so viel große Weltgeschichte doch nur schwer aushaltbar, oder!?
Gut zu wissen: Heinrich I. wählte Quedlinburg aus mehreren Gründen zum machtpolitischen Zentrum Europas: 1. Es lag zentral in Europa und doch abseits der großen, bekannten Orte seiner Zeit, damit vor den Ungarn sicher. 2. Es war auch günstig in seinem eigenen Herrschaftsgebiet gelegen. 3. Es bot ausreichend Platz, um sich gegen den großen Angriff der Ungarn vorzubereiten. Am Ritteranger erschuf er sein gepanzertes Reiterheer, heißt es. Der Burgengürtel um den Harz, den er in seiner Burgenordnung forderte, sicherte ihm nicht nur Schutz vorm Feind, sondern auch die Sicherung über die wichtigen Rohstoffe und Erze des Harzes, z.B. das Silber im Rammelsberg. Zudem galt es hier, als frommer Christ die heidnischen Slawen zu bekämpfen, die nach wie vor an ihren alten Kraftorten zusammenkamen (heute als Hexentanzplatz & Teufelsmauer verunglimpft) um ihre alten Götzen anzubeten.
Heinrich I.: Geboren um 876, gestorben am 02. Juli 936 in der Pfalz Memleben, seine Gebeine wurden auf die Quedlinburg umgebettet, gelten aber heute als verschollen. Heinrich stammt aus dem Geschlecht der Liudolfinger und war von 919 – 936 König des Ostfrankenreichs, Quedlinburg seine Residenz, Lieblings- und Osterpfalz. Spannend ist sein Selbstverständnis vom Königtum, denn anders als seine Vorgänger, beschloss er, nicht durch Schwert und Zwang zu regieren, sondern durch friedliche Einheit, Volksnähe, Bescheidenheit und Weitblick: „Es genügt mir, dass ich wegen Gottes Wohlwollen und eurer Huld, König genannt werde. Salbung und Krone aber, sollen Besseren als mir zuteilwerden. Einer so großen Ehre halten wir uns für unwürdig!“ – Was ein König, oder?!
Lass dich zum König krönen & zieh das Schwert aus dem Felsen
An der Sparkasse in der Turnstraße Quedlinburgs findest du den Heinrichsbrunnen. Hier kannst du dich selbst krönen lassen und tolle Erinnerungsfotos machen. Ein kleiner Geheimtipp: bleibe einmal an Ort und Stelle für einige Minuten sitzen und spüre die Krone auf deinem Kopf. Feinfühlige werden eine deutliche Veränderung im Körper spüren, denn allein die Vorstellung gekrönt zu sein, wird deine Haltung verändern und mehr noch, aber probier’s selbst aus. Nur so viel: Nicht umsonst bekommen die Märchenhelden am Ende oftmals die Krone des Reiches!
Ein weiterer Ort, den du unbedingt besuchen solltest, ist die Ruine der Lauenburg. Hier findest du ein Schwert im Stein eingegossen. Es heißt, wer das herauszieht, wird (nein, nicht König, sondern) … unser neuer Bundeskanzler! – Spaß muss sein, doch jetzt wird’s ernst. Direkt daneben findest du einen uralten Baum, der frei in der Luft steht. Du kannst unter dessen Wurzeln wandeln – die sagenumwobene Hexen- oder Liebeslinde. Wenn du hier deinem Liebsten die wahre Liebe schwörst, wird eure Beziehung ewig halten und erfüllt sein, vorausgesetzt du erneuerst den Schwur alljährlich. Dass die Liebe die größte Heilkraft ist, wusste nicht nur der Wunderheiler Paracelsus, sondern auch der Sohn von Heinrich I, der erste deutsche Kaiser: Otto der Große, aber das ist eine andere Sage!
„Unerhört ist das, das kann ich dir sagen!“ – Entgegen dem geltenden Recht zur damaligen Zeit, setzte Otto als junger König nämlich durch, was sein Vater Heinrich I. einst beschlossen hatte: „Das Reich wird nicht, wie gehabt, unter den Söhnen aufgeteilt, sondern der Würdigste soll regieren und das ist Otto!“ – Natürlich fand Ottos Bruder Heinrich es überhaupt nicht witzig, dass er leer ausging (wenn man einmal von den gewaltigen Schätzen absieht, die er als „Abfindung“ bekam). Mit anderen Großen im Reich, die ebenso wenig Spaß verstanden, verschwor er sich und beschloss, Otto am Grabe des gemeinsamen Vaters in der St. Servatius in Quedlinburg zu ermorden – und das beim Osterfest 941. „Das ist doch irgendwie sehr passend“, dachte sich Heinrich, den man später seiner Streitlust wegen den „Zänker“ nannte: „So wie Jesus zu Ostern starb und zum Heiligen Vater auffuhr, wird mein heißgeliebter Bruder sterben und in die Gruft zum Vater hinabfahren!“ – Otto aber bekam Wind vom geplanten Mordanschlag, umgab sich rund um die Uhr mit einigen treuen Vasallen und ließ seinen Bruder verhaften. Anstatt ihn aber zu verbannen oder gar zu töten, übte er Gnade und machte den Zänker nach dessen Bußgang zum Herzog von Bayern. Diese Politik der „ausgestreckten Hand“ und der klugen Freundschaftsbündnisse machten Otto wirklich groß, … doch die größte Probe sollte noch vor ihm stehen:
