Queen Elizabeth II. 100 Seiten - Birte Förster - E-Book

Queen Elizabeth II. 100 Seiten E-Book

Birte Förster

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Unterhaltsames und Tiefgründiges über die letzte große Monarchin unserer Zeit Keine Monarchin unserer Zeit hat einen vergleichbaren Kultstatus wie Elizabeth Alexandra Mary Windsor erreicht. Sie herrschte sagenhafte siebzig Jahre über das Vereinigte Königreich Großbritannien. Mit ihren farbenprächtigen Kleidern und Hüten wurde sie zu einer Stilikone. An den familiären Dramen im Hause Windsor nahm und nimmt die ganze Welt Anteil. Historikerin Birte Förster schaut für uns hinter die Kulissen des Buckingham Palace und erklärt, wie eine Zukunft nach der Queen aussehen kann.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 124

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Birte Förster

Queen Elizabeth II. 100 Seiten

Reclam

Meinen Freundinnen.

 

 

Für mehr Informationen zur 100-Seiten-Reihe:

www.reclam.de/100Seiten

 

2023 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH nach einem Konzept von zero-media.net

Infografik: annodare GmbH, Agentur für Marketing

Bildnachweis: siehe Anhang; Autorinnenfoto: © Philipp Ottendörfer

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2023

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-962145-6

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-20705-5

www.reclam.de

Inhalt

Die Queen

Was darf die Queen?

Die Queen im Dienst der Allgemeinheit?

Königin der Sichtbarkeit

Die Queen und das Geld

Von Schlössern, Corgis und Pferden

Die Queen global

Im Königreich der Vorstellungen

Das Ende der Queen und der Anfang von Charles III.

Lektüretipps

Bildnachweis

Zum Autor

Über dieses Buch

Leseprobe aus Royals. 100 Seiten

Die Queen

Queen Elizabeth II. (1926–2022) war eine Königin der Rekorde. Im September 2015 überholte sie ihre Ururgroßmutter Victoria (1819–1901) als am längsten regierendes Staatsoberhaupt, 2022 feierte sie ihr 70-jähriges Thronjubiläum, als Oberhaupt des Commonwealth war sie Königin in zuletzt vierzehn weitere Staaten. Am Ende ihres langen Lebens konnte sich kaum jemand daran erinnern, wie es vor ihrer Zeit oder ohne sie gewesen war. Im Internet kursieren Bilder einer interessiert dreinschauenden Queen, die angeblich beobachtete, wie ein Meteor die Dinosaurier auslöschte. Sie war nicht nur das Bindeglied zur häufig romantisierten Vergangenheit des Empire und des Zusammenhalts im Zweiten Weltkrieg. Sie galt zudem als Garantin für Konstanz und Stabilität in einer Zeit, in der sich Großbritannien zunächst von einem Empire zu einem Nationalstaat wandelte und dann immer wieder von umfangreichen gesellschaftlichen Entwicklungen und politischen Umbrüchen geprägt war.

Dass es eine Königin von England gab, erfuhr ich als Kind von meiner Urgroßmutter Anni Dallmann. Die war fasziniert von königlichen Hoheiten, wohlgemerkt von amtierenden solchen, falls Herr von Preußen nun auf falsche Gedanken kommen sollte. Obwohl fast so alt wie die Queen Mum (1900-2002), hatte sie nichts mit der Queen oder deren Mutter gemeinsam. Sie hatte als Dreizehnjährige die Schule verlassen und war Milchmagd geworden, hatte keinen Prinzen, sondern einen Knecht geheiratet und ihr Leben lang körperlich hart gearbeitet. Stundenlanges Winken wäre ihr ein Leichtes gewesen, aber ihr Arm rührte in meinen Kindheitserinnerungen in der Kälbermilch. Als Uroma Anni das Standardwerk Königs- und Fürstenhäuser heute der Society-Journalistin Margret Dünser geschenkt bekam, las ich als Siebenjährige darin, dass die Königin von England sehr wenig esse und Schokoladenkekse eine Versuchung für sie seien. Ich wusste nicht, was eine Versuchung war; meine Mutter musste es mir erklären. Königin zu sein hielt ich danach für äußerst unattraktiv, wenn man dann nicht einmal so viele Schokoladenkekse bekam, wie man gerne hätte.

Noch etwas anderes fiel mir als Kind auf. Auf Fotos von Staatsbesuchen war die Königin häufig die einzige Frau. Umringt von einer Horde von Männern saß sie in der ersten Reihe in der Mitte und lächelte milde. Eine Ausnahme, zu der sich auf Fotos in den 1980ern Jahren zuweilen Premierministerin Maggie Thatcher gesellte. Als regierende Königin war sie den Geschlechtervorstellungen ihrer Zeit gleichsam enthoben, niemand erwartete von der englischen Thronfolgerin und Königin, sich wie eine gute Hausfrau und Mutter zu verhalten, wie es für die Britinnen lange Zeit galt und zuweilen noch gilt. Nicht einmal Geld hatte die Königin bei sich, auch kein Nummernschild an ihrem Auto. Zudem hatte die Queen erfolgreiche Vorgängerinnen, zuletzt Königin Victoria, unter der ihr eigener erster Premierminister Winston Churchill noch gedient hatte. Möglicherweise waren beide Frauen auch deshalb als Staatsoberhaupt akzeptabel, weil sich ihr Königtum nahezu vollständig auf der symbolischen Ebene abspielte und sie nur wenig politische Macht besaßen. Die große Namensvetterin der Queen, Elizabeth I. (1533-1603), hatte sich noch auf die Zwei-Körper-Theorie des Königtums berufen, nach der nicht der natürliche Körper, sondern der politische Körper entscheidend sei – und der war (anders als der natürliche) potentiell geschlechtslos. Einer Heirat hatte die sogenannte Virgin Queen sich auch deshalb verweigert, weil ein Mann eine Gefahr für ihre politische Position darstellte. Das war bei Victoria und Elizabeth II. anders. Ihre Gatten wurden lediglich Prinzgemahle, wer Staatsoberhaupt war, blieb unangefochten. Die für beider Zeit typische Geschlechterordnung wurde für diese beiden Ausnahmen gewissermaßen auf den Kopf gestellt, denn ihre Gatten sollten die Erbfolge sichern und ihre Königinnen unterstützen – nicht umgekehrt. Albert und Philip mussten sich ein anderes Betätigungsfeld als das Regieren suchen. Der eine fand seine Bestimmung im Schlösserbau und in der Weltausstellung von 1851, der andere bei Wohltätigkeitsorganisationen, im World Wildlife Fund und der Bewirtschaftung der privaten Residenzen der Windsors. Queen Elizabeth II. aber machte die in der Nationalhymne geäußerte Hoffnung »long to reign over us« wahr und wurde zur am längsten amtierenden Monarchin der britischen Geschichte.

Was darf die Queen?

Um zu verstehen, welche Rolle die Queen als Staatsoberhaupt einer konstitutionellen Monarchie mit einem demokratisch nach allgemeinem Wahlrecht gewählten Parlament überhaupt spielen kann, muss man vor allem eines wissen: Das Vereinigte Königreich hat keine schriftlich niedergelegte Verfassung. Sie besteht vielmehr aus einer Summe von Gesetzen, Verordnungen und Konventionen. Deshalb befindet sich nicht nur das System der Westminster-Demokratie – so benannt nach dem Standort des Parlaments – in einem ständigen historischen Entwicklungsprozess, sondern auch die Funktion der Krone innerhalb dieses Verfassungssystems, so die Historikerin Almuth Ebke. Sie beschreibt, wie im 19. Jahrhundert im Zuge von Wahlrechtserweiterungen und der Professionalisierung des Parteiensystems die monarchischen Befugnisse eingeschränkt wurden. Zwar besitzt das britische Staatsoberhaupt theoretisch königliche Vorrechte. Die tatsächliche Kontrolle über diese Rechte aber übt schon seit dem 19. Jahrhundert das Parlament aus.

Der Journalist Walter Bagehot brachte es schon 1867 in seinem Werk über die englische Verfassung so auf den Punkt: Das Staatsoberhaupt hat das Recht, konsultiert zu werden, Rat zu erteilen und zu warnen. Nicht mehr und nicht weniger. Aus diesem Recht resultieren vor allem die wöchentlichen Audienzen mit den jeweiligen Premierministerinnen und -ministern, über die so gut wie nichts nach außen dringt. Ergänzen könnte man noch das Recht, informiert zu werden, denn der Inhalt der berühmten roten Boxen hält das Staatsoberhaupt über die Tagespolitik seiner Regierung auf dem Laufenden. Königin Elizabeth II. galt als eine der politisch am umfassendsten informierten Personen weltweit.

Die Vorrechte, die dem britischen Staatsoberhaupt theoretisch zustehen, werden heute von Ministerinnen und Ministern ausgeübt und unterliegen damit parlamentarischer Kontrolle, etwa der Einsatz von Streitkräften oder der Abschluss von Verträgen. Anders formuliert: Einen Brexit hätte auch die Queen nicht verhindern können, so sie denn gewollt hätte. Dennoch besitzt das Staatsoberhaupt noch immer besondere Rechte, nämlich Vorbehaltsrechte (reserve powers) und persönliche Vorrechte (personal prerogatives). Dazu gehören die Ernennung und Entlassung der Minister einschließlich der Premierministerinnen sowie die Einberufung oder die Anordnung von Sitzungspausen (prorogation) des Parlaments. Grundsätzlich wird erwartet, dass das Staatsoberhaupt den Ratschlägen der Regierungsvertreter folgt. Bei der Parlamentseröffnung verlas die Königin bekanntermaßen keine eigene Rede, sondern das Programm der jeweiligen Regierung. Es handelt sich also nur um einen formalen Akt. Auch die königliche Zustimmung zu Gesetzen, der sogenannte royal assent, wird automatisch erteilt, sobald das Gesetz beide Häuser passiert hat.

Bei einer Vertagung des Parlaments kam es 2019 allerdings zu einem Konflikt mit Folgen, berichtet Ebke. Als die Queen auf Antrag des damaligen Premiers Boris Johnson im September das Parlament für fünf Wochen in eine Sitzungspause schickte, wurde dieser Antrag nachträglich vom schottischen Court of Sessions zum rechtwidrigen Akt erklärt. Der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreiches bestätigte das Urteil. Es gilt daher als unwahrscheinlich, dass Charles III. einem ähnlichen Antrag auf eine Sitzungspause noch einmal zustimmen wird. Ein wichtiges Vorbehaltsrecht aber hat auch der aktuelle Monarch: Sollte sich ein Premierminister weigern zurückzutreten, obwohl er kein Vertrauen mehr im Parlament genießt, kann der König ihn entlassen.

Ein Beispiel für die persönlichen Rechte des Staatsoberhauptes ist die Wahl seines offiziellen Namens: Die Königin wollte sich 1952 Elizabeth II. nennen, was bei schottischen Nationalisten Widerstand auslöste, denn eine Elizabeth I. hatte es im schottischen Teil des Vereinigten Königreiches nie gegeben. Ein Gratulant schrieb deshalb an den Staatssekretär für Schottland etwas bissig: »Elizabeth Tudor unbekannt«. Die Rechtsanwälte John MacCormick und Ian Hamilton reichten gegen den Titel »Elizabeth II. des Vereinigten Königreiches« Klage ein. Das Hauptargument ihrer Klage war, dass ein Bruch mit der Act of Union aus dem Jahr 1707 vorliege, dem Gesetz also, das beide Königreiche vereinte. Hamilton war übrigens einer jener schottischen Studierenden, die an Weihnachten 1950 den Stone of Destiny aus dem Krönungsstuhl in Westminster Abbey entführt und zurück nach Schottland gebracht hatten.

Die Richter entschieden jedoch, die königliche Namensnummerierung sei Teil des königlichen Vorrechts, und die Klage wurde abgewiesen. Auch im Parlament kritisierten schottische und walisische Abgeordnete die Namenswahl Elizabeth II. Die schottische Labour-Abgeordnete Jean Mann beklagte, in welches Dilemma die neuen Münzen Schottinnen und Schotten bringen würden, die sich mit dem gewählten Titel der darauf abgebildeten Monarchin nicht identifizieren könnten. An Premierminister Winston Churchill prallte all dies ab: Man solle einfach immer die höchstrangigste Nummerierung des Titels für alle Teilen des Vereinigten Königreiches wählen. Als 1952 aber in Schottland neue Briefkästen mit der unpopulären Ziffer E II R aufgestellt worden waren, entbrannte dort der sogenannte Pillar Box War. Briefkästen mit diesem neuen Zeichen wurden mit Teer beschmiert, mit Hämmern malträtiert oder gleich in die Luft gejagt. Infolgedessen zierte nördlich der Grenze ab 1953 das Logo der Königlichen Post nur noch eine Krone, und zwar die schottische.

Das Krönungsritual drückt zum einen die Einhegung des Monarchen durch das Parlament aus, denn das Staatsoberhaupt muss nicht nur schwören, sich an die Gesetze des Landes zu halten, sondern auch für Recht und Gerechtigkeit zu sorgen. Dieser Schwur ist seit 1688/89 Teil der Zeremonie. Die Krönung macht jedoch zum anderen die religiöse Verwurzelung des Königtums deutlich, denn das britische Staatsoberhaupt wird gesalbt. Seine Herrschaft ist damit göttlich legitimiert. Dies wiederum machte es der Queen unmöglich, abzudanken, denn dann hätte Charles zwar Regent werden können – wie zuvor der spätere George IV. (1762–1830) für seinen psychisch kranken Vater George III. (1738–1820) –, aber eben nicht König.

Im 19. Jahrhundert bildete sich noch ein weiteres wichtiges Merkmal der britischen Monarchie heraus, nämlich die Doktrin eines politisch neutralen Staatsoberhauptes. Diese hat sich weitgehend durchgesetzt. Klingt etwa im Falle des »EU-Huts« der Queen oder in der Weihnachtsansprache doch einmal eine Bewertung an, wird diese breit diskutiert. Johnsons Gebaren während der Coronapandemie schien die Königin schon durch ihr persönliches Handeln auch politisch zu kommentieren. Während sie sich in Windsor isolierte und bei der Beerdigung des Mannes, mit dem sie 73 Jahre lang verheiratet gewesen war, mit großem Abstand zu ihren Kindern allein in der ersten Reihe der St. George’s Chapel in Windsor saß, feierte der Premier an seinem Amtssitz Partys, was der Infektionsschutz zu jener Zeit nicht gestattete. Das Bild der einsam Trauernden stand stellvertretend für all jene, die sich an die Coronaregeln einer Regierung gehalten hatten, deren zentrale Vertreter sich darum selbst wenig scherten. Das Verhalten der Königin während der Pandemie war unter diesen Bedingungen nicht neutral, konnte es auch gar nicht sein – auch weil andere es politisierten.

Peter Alter betont die informelle Macht der Königin, die sie durch Kontakte zu den jeweiligen Premierministern und ihren umfassenden Zugang zu Informationen habe. Bei ihrer Ansprache zu Beginn der Pandemie, die sie am 5. April 2020 hielt, wird jedoch noch eine andere Form informeller Macht deutlich. Nämlich die Möglichkeit, Kontinuität und Stabilität zu repräsentieren. Von Windsor aus dankte die Queen via Videobotschaft all jenen, die in Krankenhäusern, Pflegeheimen und darüber hinaus ihren Dienst versahen. Doch in der Pandemie seien alle gefragt, betonte die Königin, denn die sei nur gemeinsam zu überwinden. Sie mahnte zu Besonnenheit, indem sie ihre Hoffnung äußerte, alle würden in Zukunft mit Stolz auf den eigenen Umgang mit der Krise zurückblicken können. Einigkeit und Entschlossenheit, Selbstdisziplin, gutmütige Besonnenheit und Mitgefühl seien Eigenschaften, die die Britinnen und Briten auch im 21. Jahrhundert auszeichneten, erklärte ihre Königin. Zweifach verwies sie in ihrer Rede auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs: Indem sie sich an ihre allererste Radiobotschaft aus dem Jahr 1940 erinnerte, in der sie evakuierten Kindern Mut zugesprochen hatte, und am Ende ihrer kurzen Rede mit ihrem Versprechen: »Wir werden uns wieder begegnen«. Damit spielte sie auf Dame Vera Lynns berühmten Song »We’ll Meet Again« an, den diese im Zweiten Weltkrieg vor Frontsoldaten gesungen hatte. Im kulturellen Gedächtnis Großbritanniens ist er als ein Versprechen auf bessere Zeiten fest verwurzelt. Nach der Rede wurde der Song neu veröffentlicht und stürmte die britischen Charts.

Princess Elizabeth (r.) mit ihrer Schwester Margaret beim Aufzeichnen ihrer ersten Radioansprache im Oktober 1940.

Selbstdisziplin, Besonnenheit und Mitgefühl brauchten in der globalen Pandemie alle, um sie angesichts der Unsicherheit angemessen zu navigieren. Viele Staats- und Regierungschefs richteten ähnliche Botschaften an ihre Bevölkerungen. Die Queen aber tat dies mit der Autorität einer betagten Frau, die ihr Königtum als Dienst an der Bevölkerung begriff. In ihrer Ansprache schien sie jene Schnittstelle zwischen profanem Pandemiealltag und national-spiritueller Sphäre auszufüllen, die der schottische Politikwissenschaftler Tom Nairn als nicht entzifferbares royales Mysterium und zugleich als perfides Erfolgsrezept der Windsors ausgemacht hatte. Nairn warnte bereits 1988 in seinem Buch Enchanted Glass mit guten Gründen davor, sich die britische Monarchie trotz ihrer symbolischen Rolle als zu machtlos vorzustellen. Die Queen durfte vielleicht nicht viel, aber sie hatte Möglichkeiten.

Die Queen im Dienst der Allgemeinheit?

Grundlegend für das Amtsverständnis der Queen war das von ihrem Großvater George V. (1865–1935) entwickelte Konzept einer public service monarchy, was man wohl am besten, wenngleich etwas holprig, als ›Gemeinwohlmonarchie‹ übersetzen kann. Damit war eine Monarchie gemeint, die ihre Existenz dadurch legitimierte, dass sie ihre Möglichkeiten und Privilegien für das Wohl der Bevölkerung einsetzte. George V. stellte, so Ann Lyon in ihrer Verfassungsgeschichte, die Verantwortung des Monarchen gegenüber Nation und Empire ins Zentrum monarchischer Selbstdarstellung und verstand seine Aufgabe als Staatsoberhaupt als Dienst an beiden. Nicht umsonst blieb der Wahlspruch seines Sohnes als Prinz von Wales »Ich dien«. Als Queen Elizabeth 1953 gekrönt wurde, stellte der Erzbischof von Canterbury das Tragen der Krone als ein willentliches Opfer einer von Gott Berufenen für ihr Land dar. Diese Erzählung pflegten die Königin und ihr Thronfolger bis an ihr Lebensende, und sie soll wohl auch darüber hinaus gelten.

Zugleich verstand der Monarch sich und seine Angehörigen als Vorbild für andere. Wie schon Königin Victoria gerierten sich auch George V. und seine Lieben als bürgerliche Familie auf dem Thron, mit Tugenden wie Bescheidenheit, Pflichtgefühl und Demut. Diese Inszenierung hatte jedoch einen hohen Preis. Gemeinsam mit dem Ideal einer am Gemeinwohl orientierten Monarchie bewirkte es, dass die Mitglieder der königlichen Familie zunehmend öffentlicher Musterung unterzogen wurden. Ihre Privilegien mussten sie sich durch tadelloses Verhalten sowohl öffentlich wie privat erst verdienen, so die verbreitete Sichtweise. Da die Monarchie seit Queen Victoria auf Sichtbarkeit setzte und zugleich darauf angewiesen war, taten die immer wichtiger werdenden Massenmedien ihr Übriges im Hinblick auf diese Beobachtung des öffentlichen oder öffentlich werdenden Gebarens der Königsfamilie.

Probleme ließen nicht lange auf sich warten, denn der spätere König Edward VIII