Radioaktive Leuchtfarben - eine totale Entgleisung der Uhrenindustrie - John Harrison - E-Book

Radioaktive Leuchtfarben - eine totale Entgleisung der Uhrenindustrie E-Book

John Harrison

0,0

Beschreibung

Radioaktive Leuchtfarben auf Uhren - zum Lachen oder zum Weinen? Ein kleines Buch über ein monumentales Problem. Die Uhrenindustrie am Tiefpunkt. Der sarkastische Beitrag zu einem der großen Fehltritte des 20. Jahrhunderts.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 53

Veröffentlichungsjahr: 2021

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Kapitel

Einleitung

Vorwort

Entgleisungen und Spielereien

Es geht noch schlimmer

Wir geben euch Radium

Die 'Radium Girls'

Die Umsetzung des Irrsinns

Ein wenig Chemie, ein wenig Physik

Das 'Geheimnis' der Radioaktivität

Was kann alles drauf sein?

Gesundheitsrisiken

Radon Gas (Radon 222)

Heidi, Heidi …

Der Albtraum ist vorüber

Was ist es denn nun?

Einleitung

'Oh, ich habe etwas ganz Wunderbares entdeckt, ich kann eine Uhr leuchten lassen und die Zeit im Dunkeln ablesen, wenn ich nur wüsste, was all die Zahlen bedeuten', sagte der kleine Joe Hickerberg, zweitältester Sohn von Bernie Hickerberg.

Joes Vater, Bernie Hickerberg, hatte die eigene Schwester geheiratet, nachdem sein Vater mit Lilly, Bernies erster Frau und Cousine ersten Grades, davongerannt war. Papa und Lilly wurden daraufhin für tot erklärt, um die Lebensversicherung zu kassieren.

Bernie Hickerberg und seine Schwester hatten sieben gemeinsame Kinder, die sich zu insgesamt dreizehn summierten, wenn man die fünf hinzuzählt, die aus der ersten Ehe mit der Cousine ersten Grades zurückblieben. Dazu kam noch ein uneheliches Kind – eben dieser kleine Joe – den Bernie mit einer anderen Cousine gezeugt hatte. Sie hatten aber nur Kindergeld für neun von ihnen beantragt, denn dreizehn war schon so weit im Bereich der zweistelligen Zahlen, dass sie das nicht zusammenrechnen konnten.

Diese Entdeckung wurde zu einem gewaltigen Erfolg in der Uhrenindustrie, welcher dieser 'homogenen' Familie sehr gelegen kam, um über die Runden zu kommen, neben ihrer Tätigkeit der Aufzucht von Mais mit einer ungeraden Zahl von Reihen, eine Erscheinung ähnlich den seltsamen Abweichungen der menschlichen geistigen Entwicklung. Die Hickerbergs hatten es geschafft ...

Mais hat eigentlich immer eine gerade Anzahl von Reihen an jeder Ähre. Die Anzahl der Reihen ist immer geradzahlig, da die Ährchen paarweise erscheinen und jedes Ährchen zwei Blüten hervorbringt: eine fruchtbare und eine sterile Blüte.

Besondere Umstände in einem außergewöhnlichen Umfeld könnten theoretisch zu einer Ähre mit einer ungeraden Anzahl von Reihen führen; vermutlich würde man aber beim Nachschauen unter dem Mikroskop eine unsichtbare Reihe finden, die sich nicht vollständig entwickelt hat. Die Natur sorgt normalerweise für eine gerade Anzahl von Reihen oder Linien. Die Wassermelone hat z. B. eine gerade Zahl von Streifen.

Stellen Sie sich einfach vor, dass sich eine Zelle teilt. Das wären dann zwei, und wenn es so regelmäßig und den Normen entsprechend weitergeht, entsteht immer eine gerade Anzahl.

Ja, so könnte unsere traurige Geschichte beginnen und die Entstehung der Idee von radioaktiven Leuchtfarben auf zivilen Uhren wäre vom Ursprung her besser verständlich …

… aber in Wirklichkeit war es nicht der kleine Joe Hickerberg gewesen. 'Echte' Wissenschaftler und weite Teile der Uhrenindustrie im Allgemeinen haben diesen fahrlässigen Unsinn zu verantworten.

Geheimrat Arthur Junghans war es, der Anfang des 20. Jahrhunderts zusammen mit Mme. Curie, der berühmten zweifachen Nobelpreisträgerin und Entdeckerin des Radiums, die erste kommerziell brauchbare Leuchtfarbe schuf und mit Erfolg auf seinen Uhren aufbrachte. Na ja, das konnte er dann auch nicht mehr geheim halten.

Die heftigste Kritik muss sich aber primär gegen die später kommenden Akteure richten, die für diesen unverantwortlichen Blödsinn außerhalb des militärischen Bereichs eine weltweite Nachfrage generiert haben.

Dem Kenntnisstand der damaligen Zeit geschuldet, muss man aber für den 'Advent' dieser unglücklichen Idee in Abwandlung zitieren:

'Denn sie wussten noch nicht, was sie tun'.

Radium und Radioaktivität wurden für lange Zeit als unschädlich, ja sogar gesundheitsfördernd angesehen und außergewöhnliche Heilkräfte wurden dieser neuen Entdeckung zugeschrieben. Wir kennen heute die Nuklearmedizin, die segensreiche Arbeit leistet, aber sinnvoll, gezielt und dosiert eingesetzt, und ionisierende Strahlung wird nicht weltfremd und fahrlässig in einer Weise angewendet, die im Nachhinein und dem modernen Wissensstand entsprechend als völlig verblödet betrachtet werden muss.

Festzuhalten bleibt, dass man auch unter dem Druck zweier Weltkriege und anhaltender Aufrüstung die Uhren und Instrumente im militärischen Bereich im Dunkeln lesbar machen wollte und die Welt nicht noch anderweitig weit bis hinter das Ende unserer Tage mit radioaktivem Dreck belastet.

Vorwort

Lassen Sie uns mit etwas Positiverem beginnen:

Uhren, ob mechanisch oder moderner Bauart, gehören zu den faszinierendsten Dingen, die der Mensch je entwickelt hat. Ihr Beitrag zum Fortschritt ist nicht nur etwas, das wir als 'wertvoll' bezeichnen müssen – sie waren unerlässlich. Ich würde dabei nicht so weit gehen zu sagen, dass wir ohne die Erfindung und besonders die Weiterentwicklung von Uhren immer noch rohes Fleisch essen würden, aber wir stünden sicherlich nicht dort, wo wir heute sind.

Man würde Käse in die Schweiz rollen, wenn man alle mechanischen, elektrischen, elektronischen, stimmgabelregulierten sowie quarzgesteuerten Uhren aufzählt, die man bisher entwickelt hat, bis hin zur Atomuhr.

Eulen nach Athen tagen wollen wir hier auch nicht und auf die ersten präzisen und verlässlichen Zeitmesser verweisen, die es ermöglichten, den Längengrad auf See besser zu bestimmen und damit die Welt stark veränderten. Jetzt nutzbare, sicherere und kürzere Seewege, gaben der Schifffahrt einen enormen Aufschwung und trieben dabei Piraten und anderes maritimes Gesindel jener Zeit in den Bankrott und deren Nachkommen an die Wallstreet. Sie konnten nicht mehr irgendwo auf den zuvor mehr oder weniger zwangsweise genutzten Standardrouten auf Beute lauern. Von da an hatten die Schiffe ihre individuelleren und kürzeren Wege, um sich fortzubewegen, und damit gingen auch typische Krankheiten auf langen Seereisen wie der Skorbut drastisch zurück.

Das Vorstehende kennen die Uhrenfreunde alles; das sind die Höhepunkte und nicht der Tiefpunkt einer Entwicklung.

Von den Entdeckungen der physikalischen Gesetze des Pendels und dem Phänomen des Isochronismus durch Galileo Galilei und deren Anwendung beim Uhrengang bis hin zu einer frei schwingenden Unruh und der späteren Regulierung durch einen Quarzkristall hat sich das alles von 1 Hertz (Schwingungen pro Sekunde) auf 32.768 Hertz (ultrahohe Quarzuhren erreichen sogar bis zu 262.144 Hertz) weiterentwickelt.

Die Atomuhren 'ticken' mit einer Frequenz von 9.192.631.770 Hertz und können per Funkübertragung auch die Genauigkeit unserer Uhren am Handgelenk korrigieren.

Die maximalen Zeitabweichungen gingen zurück auf +/- 1 Sekunde in mehreren Millionen Jahren; im Kurzzeitbetrieb wurde das Ziel einer möglichen Abweichung von +/1 Sekunde in einer Milliarde Jahren erreicht.

Eine Sekunde bei einer Atomuhr ist die Dauer von 9.192.631.770 Perioden der Strahlung, die dem Übergang zwischen zwei Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustands des Cäsium-133-Atoms entspricht, das bei einer Temperatur von 0 Grad Kelvin zur Ruhe kommt.