Rasante Morde: Fünf Krimis - Alfred Bekker - E-Book

Rasante Morde: Fünf Krimis E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Rasante Morde: Fünf Krimis (599) von Alfred Bekker, Pete Hackett 5 Krimis in einem Buch Kriminalromane der Sonderklasse - hart, actionreich und überraschend in der Auflösung. Ermittler auf den Spuren skrupelloser Verbrecher. Spannende Romane in einem Buch: Ideal als Urlaubslektüre. Mal provinziell, mal urban. Mal lokal-deutsch, mal amerikanisch. Und immer anders, als man zuerst denkt. Dieses Buch enthält folgende Krimis: Pete Hackett: Trevellian und die Leiche im Hudson Alfred Bekker: Der Killer von Hamburg Alfred Bekker: Tote Bullen Alfred Bekker: Der Legionär Alfred Bekker: Grausame Rache

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Rasante Morde: Fünf Krimis

Alfred Bekker and Pete Hackett

Published by Alfred Bekker, 2022.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Rasante Morde: Fünf Krimis

Copyright

Trevellian und die Leiche im Hudson

Copyright

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Tote Bullen

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Der Legionär

ERSTER TEIL

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ZWEITER TEIL

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Dritter Teil

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VIERTER TEIL

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Grausame Rache

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Rasante Morde: Fünf Krimis

von Alfred Bekker, Pete Hackett

––––––––

5 Krimis in einem Buch

Kriminalromane der Sonderklasse - hart, actionreich und überraschend in der Auflösung. Ermittler auf den Spuren skrupelloser Verbrecher. Spannende Romane in einem Buch: Ideal als Urlaubslektüre. Mal provinziell, mal urban. Mal lokal-deutsch, mal amerikanisch. Und immer anders, als man zuerst denkt.

Dieses Buch enthält folgende Krimis:

Pete Hackett: Trevellian und die Leiche im Hudson

Alfred Bekker: Der Killer von Hamburg

Alfred Bekker: Tote Bullen

Alfred Bekker: Der Legionär

Alfred Bekker: Grausame Rache

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Trevellian und die Leiche im Hudson

Krimi von Pete Hackett

Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.

Nach seiner Verhaftung wird ein Drogenhändler durch Geiselnahme freigepresst. Am nächsten Tag findet man seine Leiche im Hudson. Wer hatte Grund, ihn zu töten? Die FBI-Agenten Trevellian und Tucker haben eine lange Reihe von Verdächtigen: Ein Konkurrent, sein potentieller Nachfolger, seine Ehefrau  – oder jemand, von dem das FBI noch gar nichts weiß?

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

1

Bei Patricia Buchanan läutete das Telefon. Fragend schaute die Frau einen der Beamten an, die eine Viertelstunde vorher eingetroffen waren und sich als Detective Lieutenant Miller und Sergeant McKenny vorgestellt hatten. Miller nickte. Patricia Buchanan erhob sich und ging zu dem Board, auf dem das Telefon stand. Sie nahm den Hörer aus der Ladestation und meldete sich. Dann sagte sie: »Ah, du bist es, Mort. Wo befindest du dich im Moment? Auf dich warten zwei Polizisten. Sie haben mir nicht gesagt, was sie von dir wollen.«

»Gib mir einen der Kerle«, brummte Mort Buchanan.

Patricia hielt Detective Lieutenant Miller das Telefon hin. »Mein Mann möchte Sie sprechen.«

Miller erhob sich und nahm den Hörer. »Wir haben ein paar Fragen an Sie, Mister Buchanan. Können Sie gleich kommen?«

»Worum geht es?«

»Um einen Mord, der vor anderthalb Jahren stattfand.«

»Um einen Mord?«

»Ja. Der Ermordete soll für Sie gearbeitet haben. Sein Name war Warren McGarvey.«

»Ich habe noch etwas zu erledigen«, erklärte Mort Buchanan. »Es dauert ungefähr eine halbe Stunde. In spätestens einer Stunde werde ich da sein. Geht das in Ordnung?«

»Es wäre uns lieber, Sie kämen gleich.«

»Kommt es auf eine halbe Stunde an?«

»Na schön, wir warten, Mister Buchanan.«

Miller reichte Patricia Buchanan das Telefon zurück. Sie legte es auf das Board. »Wie kommen Sie darauf, dass Ihnen mein Mann im Hinblick auf einen Mord Auskünfte erteilen könnte?«

»Er kann«, erwiderte Miller mit Bestimmtheit im Tonfall.

Patricia Buchanan spürte, dass etwas in der Luft lag. Es war, als ballten sich drohende Gewitterwolken über ihr zusammen. Sie stellte keine Fragen mehr. Die Beklemmung, die sie befallen hatte, ließ sich nicht verdrängen.

Die Stunde verstrich. An der Tür waren Geräusche zu vernehmen. Die beiden Polizisten erhoben sich. Sergeant McKenny glitt zur Tür und würde vom aufschwingenden Türblatt verdeckt sein, wenn Buchanan öffnete.

Befremdet beobachtete Patricia Buchanan die beiden Detectives.

Mort Buchanan öffnete die Tür und betrat die Wohnung. Sein Blick war auf Detective Lieutenant Miller gerichtet. Als er die Tür schloss, sah er aus den Augenwinkeln den Sergeant. Dieser trat schnell zwischen Buchanan und die Tür.

Miller sagte: »Mister Buchanan, wir verhaften Sie hiermit im Namen des Gesetzes wegen des Mordes an Warren McGarvey. Sie haben das Recht zu schweigen ...«

Buchanan nahm eine sprungbereite Haltung ein. Sein Gesicht nahm einen gehetzten Ausdruck an. Es sah aus, als würde er sich im nächsten Moment herumwerfen und die Flucht ergreifen. Sein Herz schlug schneller, und seine Atmung hatte sich beschleunigt. »Wie kommen Sie darauf?«, keuchte er.

»James Haggan hat ausgepackt. Er stand daneben, als Sie McGarvey erschossen. Legen Sie die Hände auf den Rücken.«

Patricia Buchanan presste eine Hand auf den Mund. Ihr Blick drückte Entsetzen aus. »Aber ...« Ihre Stimme brach.

Die beiden Beamten achteten nicht auf sie. McKenny nahm ein Paar Handschellen von seinem Gürtel und fesselte Buchanans Hände. Dann führten sie ihren Gefangenen ab.

2

Drei Monate später ...

Patricia Buchanan und Wyatt Carter lagen nackt auf dem Doppelbett. Ihre Körper waren noch erhitzt vom Liebesspiel. Nur nach und nach nahm bei ihnen Atmung und Herzschlag wieder den regulären Rhythmus auf. Patricias linke Hand kraulte durch die Haare auf seiner Brust.

»Du bist unersättlich«, murmelte Wyatt Carter. »Eine Frau wie dich habe ich noch nie erlebt.«

»Ich habe ein Vierteljahr abstinent gelebt«, sagte sie lächelnd. »Ich war ausgehungert. Du bist ein erstklassiger Liebhaber.«

»Ich werde ein toter Liebhaber sein, wenn uns Mort auf die Schliche kommt. Und dich, Honey, wird er in die Wüste schicken.«

»Wie soll er drauf kommen?«, fragte Patricia. »Ich werde es ihm nicht auf die Nase binden. Und du sicher auch nicht.« Sie drehte den Kopf und warf einen Blick auf die Uhr, die auf dem Nachttisch stand. »Wir müssen aufstehen«, sagte sie. »In einer halben Stunde kommt Joanna. Es wäre nicht gut, wenn sie uns gemeinsam im Bett erwischt.«

Sie standen auf, duschten sich und zogen sich an. Dann kochte Patricia Kaffee. Um Punkt 10 Uhr kam die Haushälterin. Sie hatte einen Schlüssel zu der Wohnung und musste nicht läuten. »Ah«, machte sie. »Sie haben Besuch.«

Patricia lachte. »Das ist Wyatt Carter. Er führt die Geschäfte meines Mannes. Er hatte mit mir etwas zu besprechen.«

Joanna Welsh nickte Carter zu und ging in die Küche. Die Tür lehnte sie nur an.

Eine Viertelstunde später verabschiedete sich Carter. Patricia ging mit ihm bis zur Tür. Sie warf einen Blick über die Schulter, und als sie sich unbeobachtet glaubte, hängte sie sich an Carters Hals und küsste ihn leidenschaftlich auf den Mund. »Ich liebe dich«, hauchte sie.

»Ich liebe dich auch«, murmelte der Mann und erwiderte den Kuss.

Joanna Welsh beobachtete die beiden durch den Türspalt.

Carter verließ die Wohnung. Patricia wandte sich um. Schnell zog sich die Angestellte in die Küche zurück.

3

Ein weiteres Vierteljahr später. Man schrieb den 10. November.

Richter Frederick Manson hatte den Blick auf ein Vernehmungsprotokoll geheftet, als es an seiner Tür klopfte. Er hob den Kopf, verzog den Mund, weil er es hasste, während des Aktenstudiums gestört zu werden, dann rief er: »Herein.«

Die Tür ging auf und zwei Männer betraten das Büro. Keiner war älter als dreißig. Einer war mit einem Jeansanzug bekleidet, der andere trug zur Jeans eine schwarze Lederjacke. Der mit der Lederjacke drückte die Tür zu.

Die Stirn des Richters hatte sich in Falten gelegt. »Was wünschen Sie?«

»Sie werden genau tun, was wir von Ihnen verlangen, Richter«, sagte der Bursche im Jeansanzug. »Sollten Sie Zicken machen, wird es Ihre Frau büßen müssen.«

Der Richter hatte das Gefühl, von einer eiskalten Hand berührt zu werden.

4

Milo und ich betraten Mandys Büro. Die Sekretärin unseres Chefs saß an ihrem Computer und bearbeitete die Tastatur. Jetzt hielt sie inne, lächelte und sagte: »Geht nur hinein. Mr. McKee erwartet euch schon. Der Kaffee ist gleich fertig.«

Tatsächlich roch es in dem Büro wie in einem türkischen Kaffeehaus.

Ich klopfte gegen die Verbindungstür, und ohne die Aufforderung zum Eintreten abzuwarten, öffnete ich. Der Assistant Director saß hinter seinem Schreibtisch. »Ah, Jesse, Milo. Treten Sie näher.« Der Chef erhob sich.

Er begrüßte uns per Handschlag, dann forderte er uns auf, an dem kleinen Besprechungstisch Platz zu nehmen. Sein Gesicht war ausgesprochen ernst. Er setzte sich zu uns und sagte: »Gestern wurde Richter Frederick Manson aus seinem Büro im Criminal Courts Building entführt.«

»Er wurde aus seinem Büro entführt«, wiederholte ich ungläubig, weil ich glaubte, mich verhört zu haben.

»So ist es. Die Entführer fordern Mort Buchanans Freilassung. Sie haben ein Ultimatum von drei Tagen gesetzt. Wenn am dreizehnten November um achtzehn Uhr der Gangster nicht auf freiem Fuß ist, soll der Richter sterben.«

Milo pfiff zwischen den Zähnen. »Buchanan ist doch wegen Mordes dran«, murmelte er dann. »Ihm droht lebenslänglich.«

Der AD nickte. »Sein ehemaliger Vertreter hat sich der Staatsanwaltschaft als Kronzeuge gegen ihn zur Verfügung gestellt.«

»Wie gelang es den Gangstern, den Richter am hellen Tag zu verschleppen?«, fragte ich. Es wollte mir noch immer nicht in den Sinn.

Die Tür ging auf und Mandy kam ins Büro. Sie trug eine Thermoskanne, die sie auf den Tisch stellte. Tassen, Milch und Zucker hatte sie schon aufgetragen, ehe wir kamen. Mr. McKee bedankte sich bei der schönen Frau, und sie zog sich mit einem freundlichen Lächeln um die sinnlichen Lippen zurück.

»Zwei Mann drangen in das Haus des Richters in Staten Island ein und nahmen seine Frau als Geisel. Zur selben Zeit etwa sahen einige Bedienstete des Gerichts den Richter mit zwei jungen Männern auf dem Flur. Wahrscheinlich hat man gedroht, seiner Frau irgendein Leid zuzufügen, wenn er seinen Kidnappern nicht freiwillig folgt.«

Ich schenkte Kaffee ein. Wir bereiteten ihn mit Milch und Zucker auf, und während der ganzen Zeit herrschte zwischen uns nachdenkliches Schweigen. Ich brach das Schweigen, indem ich fragte: »Ist die Frau wohlbehalten?«

»Ja. Nach einem Anruf verließen die beiden Gangster Haus des Richters. Das war eine Stunde, nachdem der Richter entführt worden war. Die Frau wandte sich sofort an die Polizei. – Man hat den Fall an uns abgegeben. Ich möchte, dass Sie beide sich darum kümmern.«

»Was ist über Buchanan bekannt?«, fragte ich und nippte an meinem Kaffee. Er war heiß und stark.

»Er kontrollierte das Drogengeschäft auf der nördlichen East Side«, antwortete der Chef. »Beim Police Department vermutet man, dass hinter der Entführung Buchanans Leute stecken.«

»Gibt es Beschreibungen der Kerle, die man zusammen mit dem Richter sah?«, fragte Milo.

»Ja. Auch die Frau des Richters konnte die beiden Männer beschreiben, die in ihr Haus eindrangen.«

»Und?«, fragte ich.

»Man überlässt es dem FBI, den Spuren, die es gibt, nachzugehen.«

Nachdem wir unseren Kaffee getrunken hatten, verließen wir den Assistant Director und kehrten in unser Büro zurück. Ich telefonierte mit dem Police Department und erfuhr die Namen der Leute, die im Gericht den Richter mit seinen beiden Begleitern gesehen hatten. Ich notierte sie. Dann lehnte ich mich auf meinem Stuhl zurück und sagte: »Die Gangster sind mit einer Kaltschnäuzigkeit sondergleichen vorgegangen. Es muss sich um eine ziemlich abgebrühte Bande handeln.«

»Das kannst du laut sagen«, antwortete Milo. »Während du telefoniert hast, habe ich mir Buchanans Akte angeschaut. Ihm gehören fünf Bars in der Upper East Side, in Yorkville und in Spanish Harlem. Er soll einen Mann namens Warren McGarvey eigenhändig erschossen haben.«

»Wir sollten mit den Zeugen sprechen«, schlug ich vor. »Am Besten fangen wir mit der Gattin des Richters an. Wir werden sie wohl vor einen Monitor setzen müssen, damit sie sich die Gesichter der Männer ansieht, die aufgrund ihrer Beschreibung in Frage kommen.«

»Nicht nur sie«, versetzte Milo. »Auch die anderen Zeugen.«

Wir fuhren unsere Terminals herunter, zogen unsere Jacken an und verließen das Büro. Zehn Minuten später rollten wir mit dem Sportwagen hinaus auf die Federal Plaza. Nachdem mit den Fähren, die zwischen Manhattan und Staten Island verkehrten, keine Fahrzeuge mehr befördert wurden, war es eine kleine Weltreise, um mit dem Wagen nach Staten Island zu gelangen. Wir nahmen den Weg über Brooklyn. Die Adresse lautete Highland Avenue Nummer 416.

Es handelte sich um eine reine Wohnsiedlung. Ich fuhr rechts ran und bremste den Sportwagen. Das Haus des Richters war in Grau und Weiß gehalten. Der kleine Vorgarten war gepflegt. Ein Plattenweg führte zur Haustür. Die Zufahrt zur Garage war geteert. Das Garagentor war geschlossen.

Ein junger Mann öffnete uns. Ich übernahm es, uns vorzustellen.

»Jim Manson«, sagte er und streckte mir die Hand hin, die ich ergriff und schüttelte. »Der Richter ist mein Vater. Bitte, kommen Sie ins Haus.«

Er gab die Tür frei, und wir gingen an ihm vorbei ins Wohnzimmer. In einem der schweren Sessel saß eine etwa fünfzigjährige Frau. Ihre Haare waren dunkel gefärbt und wiesen einen rötlichen Schimmer auf. Auch ihr erklärte ich, wer wir waren, dann fragte ich: »Sind Sie in der Lage, uns ein paar Fragen zu beantworten?«

Mir entging nicht, dass ihre Augen vom Weinen gerötet waren. Sie vermittelte überhaupt einen sehr verhärmten Eindruck.

Der junge Mann hatte die Tür geschlossen und war uns in den Raum gefolgt. »Bitte, Agents, nehmen Sie Platz.«

Wir setzten uns.

Mrs. Manson ergriff das Wort: »Ich habe schon Ihren Kollegen alles erzählt. Mehr kann ich nicht sagen. Es waren zwei Männer. Sie läuteten und ich öffnete die Tür. Ehe ich mich versah, drangen sie ins Haus ein. Sie hatten Pistolen. Einer telefonierte und sagte, dass die Sache ohne Komplikationen vonstatten gegangen sei. Dann warteten wird. Nach anderthalb oder zwei Stunden etwa bekam einer der Kerle einen Anruf. Daraufhin verschwanden sie.«

»Sprachen die beiden etwas, während sie warteten?«, fragte ich.

Mrs. Manson schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Sie sagten Ihnen auch nicht, was der Zweck der Geiselnahme war?«

»Mit keinem Wort.«

»Wie sahen die beiden aus?«

Die Frau beschrieb uns zwei Männer von ungefähr dreißig Jahren. Einer von ihnen war ungefähr eins-fünfundachtzig groß und dunkelhaarig, der andere war etwas kleiner und hatte rotblonde Haare. An irgendwelche besonderen Merkmale konnte sie sich nicht erinnern.

»Ich muss Sie bitten, mit uns ins Field Office zu kommen«, sagte ich.

»Muss das sein?«

»Ja. Wir werden Ihnen die Bilder von Männern vorführen, auf die Ihre Beschreibung zutrifft. Anders ist es leider nicht zu machen.«

Fast hilfesuchend blickte die Frau ihren Sohn an. Dieser sagte: »Wir haben nicht mehr viel Zeit, Ma. Übermorgen Nachmittag um achtzehn Uhr läuft das Ultimatum ab, das die Entführer gesetzt haben.«

»Aber man braucht doch nur diesen Verbrecher freizulassen«, kam es fast weinerlich von der Frau.

»Bitte, Ma ...«

»Ich möchte, dass du mitkommst, Jim.«

Jim Manson schaute mich fragend an. Ich nickte.

5

Immer wieder schüttelte die Frau den Kopf. Schließlich waren wir durch. Sie hatte keinen der Männer erkannt, die in ihr Haus eingedrungen waren. Ich verspürte Enttäuschung.

Als wir alleine waren, sagte Milo: »Wie es scheint, handelt es sich um unbeschriebene Blätter. Nun, es wäre zu schön gewesen, wenn Mrs. Manson einen der Kerle hätte identifizieren können. Versuchen wir es eben bei den anderen Zeugen.«

Ich rief bei der SRD an. Nachdem ich zweimal verbunden wurde, hatte ich den Mann in der Leitung, der die Spuren, die im Haus des Richters gesichert worden waren, auswertete. Ich erklärte ihm, wer ich war und weshalb ich anrief.

Er sagte: »Es gibt eine Reihe von Fingerabdrücken. Ich bin gerade dabei, sie abzugleichen. Bis jetzt habe ich noch keine Übereinstimmung mit registrierten Prints festgestellt. Sollte sich etwas ergeben, melde ich mich bei Ihnen.«

»Vielen Dank.« Ich legte auf. »Fahren wir zum Gericht.«

Es waren insgesamt vier Leute, drei Männer und eine Frau, die den Richter mit den beiden Entführern sahen. Wir sprachen mit ihnen, bestellten die Leute ins Field Office und setzten auch sie vor den Monitor. Ohne Erfolg. Die beiden Kerle, die den Richter entführt hatten, waren nicht registriert.

Ich rief Mr. McKee an und setzte ihn ins Bild. Er sagte: »Meiner Meinung nach steckt hinter der Entführung die Mafia, deren Kopf Buchanan war. Vielleicht hat auch seine Ehefrau die Hände im Spiel.« Der Assistant Director räusperte sich. »Der Gouverneur hat es im Übrigen abgelehnt, Buchanan laufen zu lassen. Er stellt sich auf den Standpunkt, dass die Justiz nicht erpressbar sein dürfe.«

»Dann hängt das Leben des Richters an einem seidenen Faden«, knurrte ich. »Die Drohung der Gangster, ihn zu töten, darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden.«

»Setzen Sie alle Hebel in Bewegung, um den Richter vor Ablauf des Ultimatums aus den Händen seiner Kidnapper zu befreien.«

»Wir werden unser Möglichstes tun, Sir«, versicherte ich, dann beendeten wir das Gespräch. Ich legte auf. »Fahren wir in die dreiundsiebzigste Straße, Milo.«

Wenig später rollten wir nach Norden. Ich fand vor dem Gebäude Nummer 752 einen Parkplatz. Es handelte sich um ein Wohn- und Geschäftshaus. Einige Ärzte und Rechtsanwälte waren in dem Hochhaus niedergelassen. Wir fuhren mit dem Aufzug in die neunte Etage. Schließlich standen wir vor Mort Buchanans Wohnungstür. Milo läutete.

Es dauerte nicht lange, dann wurde die Tür ein Stück geöffnet und ein Frauengesicht zeigte sich. Es war eine schöne Frau um die dreißig. Sie hatte lange, blonde Haare und blaue Augen. »Was wünschen Sie?«

»Wir sind die Agents Trevellian und Tucker vom FBI«, erklärte ich. »Sind Sie Mrs. Buchanan?«

Ihr Gesicht verschloss sich, sie öffnete die Tür vollends. »Ja, ich bin Patricia Buchanan. Was kann ich für Sie tun?«

»Dürfen wir eintreten? Es sind ein paar Fragen, die wir Ihnen stellen möchten. Es spricht sich nicht so gut zwischen Tür und Angel.«

Die Frau war ungefähr eins siebzig groß und schlank. Sie war mit einer Jeans und einem Pullover bekleidet, eine Kleidung, die ihre weiblichen Proportionen voll zur Geltung brachten. Patricia Buchanan war eine Erscheinung, die wahrscheinlich jeden Mann in ihren Bann zog.

Jetzt schien sie sich nicht schlüssig zu sein. Der Kampf, der sich in ihr abspielte, war deutlich von ihren Zügen abzulesen. Schließlich überwand sie sich und nickte. »Kommen Sie herein.«

Wir betraten die Wohnung. In einem der Sessel saß ein Mann Mitte der dreißig. Seine Haare waren dunkel, sein Gesicht und seine Hände solariengebräunt. Er war ein Typ, der auf Frauen wirkte.

Mrs. Buchanan wies mit einer knappen Geste auf ihn und sagte: »Das ist Mister Carter, der erste Geschäftsführer meines Mannes. Während der Abwesenheit meines Gatten leitet er die Betriebe.«

»Wenn die Jury Ihren Mann für schuldig befindet, wird er sehr, sehr lange abwesend sein«, gab Milo zu verstehen.

Sie verzog den Mund, ging aber nicht darauf ein, sondern setzte sich wortlos. Uns bot sie keine Sitzplätze an.

»Was heißt: erster Geschäftsführer?«, fragte ich.

»In jeder unserer Bars ist ein weiterer Geschäftsführer eingesetzt«, antwortete die Frau. »Zwischen ihnen und meinem Mann steht Mister Carter.«

»Richter Frederick Manson wurde entführt«, sagte ich ohne weitere Umschweife. »Die Kidnapper fordern, dass Ihr Mann bis übermorgen, um achtzehn Uhr auf freien Fuß zu setzen ist. Andernfalls will man den Richter ermorden.«

»Und nun nehmen Sie an, dass ich den Richter entführt habe, um meinen Mann freizupressen«, meinte die Frau schnippisch.

»Haben Sie?«

Sie lachte hell auf. »Wenn es so wäre, würde ich es Ihnen sicher nicht auf die Nase binden.« Dann wurde sie schlagartig ernst. »Nein, ich habe den Richter nicht entführt.«

»Es waren insgesamt vier Männer. Wir nehmen an, dass es sich um Leute Ihres Mannes handelte.«

»Leute meines Mannes?«

»Machen wir uns nichts vor«, erwiderte ich. »Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass Ihr Mann in diesem Teil Manhattans das Drogengeschäft kontrollierte.«

»Dann wissen Sie mehr als ich!«, fauchte die Lady.

»James Haggan, sein ehemaliger Vertreter, hat sich der Staatsanwaltschaft als Kronzeuge zur Verfügung gestellt. Der Prozess findet in zwei Wochen statt. Dann wird die Wahrheit herauskommen.«

»Ich glaube, ich habe Ihre Fragen beantwortet. Liegt sonst noch was an?«

Das war deutlich. »Wir gehen schon«, murmelte ich. »Nur eines noch, Mrs. Buchanan. Der Gouverneur hat es abgelehnt, Ihren Mann laufen zu lassen.«

»Warum erzählen Sie mir das?«

»Ich will Ihnen nur klar machen, dass die Justiz nicht erpressbar ist.«

Mrs. Buchanan schwieg verbissen.

Wir verließen die Wohnung.

Ich hatte mir ein Bild von Patricia Buchanan machen können. Darum war es mir bei diesem Besuch gegangen. Bei dieser Gelegenheit hatten wir auch Carter kennen gelernt. Die Frau hatte ihn uns als den Geschäftsführer ihres Mannes vorgestellt. Ich war der Meinung, dass er auch Buchanans rechte Hand im Drogengeschäft war. Und nun, nachdem Buchanan das Heft aus der Hand genommen wurde, war Carter wohl der Mann, der den Ton angab.

Ich verlieh meinen Gedanken Ausdruck. Als ich geendet hatte, sagte Milo: »Möglicherweise hat Carter die Entführung des Richters angeordnet.«

»Das ist sicher nicht auszuschließen«, pflichtete ich bei. »Darum sollten wir ihn im Auge behalten.«

Milo war einverstanden.

Wir mussten nicht lange warten, dann erschien Carter. Er ging zu einem Cadillac und fuhr gleich darauf davon. Wir folgten ihm.

»Denkst du, dass er uns zum Richter führt?«, fragte Milo.

»Ich habe keine Ahnung.«

Carter fuhr bis zur 79th Street und wandte sich auf ihr nach Osten. Schließlich lenkte er den Wagen rechts ran, stellte den Motor ab und stieg aus. Er ging in ein Lokal namens »Copacabana«. Wieder warteten wir. Nach einer Viertelstunde erschien Carter wieder. Er fuhr bis zur Second Avenue und folgte ihr nach Norden. In der 94th Street fuhr er in die Tiefgarage eines Hochhauses. Milo und ich betraten wenig später die Halle des Gebäudes. Es gab einen elektronischen Wegweiser. Ich scrollte mich durch und stieß auf den Namen Wyatt Carter. Er bewohnte ein Apartment in der vierten Etage.

Wir kehrten in die 79th Street zurück und gingen in das Lokal. An einigen Tischen saßen Leute. Eine Bedienung trug gerade ein Tablett mit Getränken zu einem der Tische. Hinter der Theke stand ein Keeper. Er hatte beide Arme aufgestützt und heftete seinen Blick auf uns, als wir uns an den Tresen stellten. Ich winkte ihn heran. »Wem gehört der Laden?«

»Warum wollen Sie das wissen?«

»Berufliche Neugier.« Ich zückte meine ID-Card und hielt sie ihm hin. In seinen Mundwinkeln zuckte es. »Na los, sagen Sie‘s schon. Wer ist Besitzer des Lokals?«

»Mort Buchanan.«

»Vorhin war Carter hier.«

»Er schaute nach dem Rechten. Immerhin ist er der zweite Mann nach Buchanan.«

Ich schaute mich um. Niemand achtete auf uns. Schließlich nickte ich Milo zu, ging zur Hintertür und trat hinaus in den Flur, von dem vier Türen abzweigen. Zwei führten in die Toiletten. Die anderen beiden waren zugesperrt. Ich horchte an diesen Türen. Dahinter war es ruhig. Am Ende des Flurs führte eine Treppe nach oben. Ich stieg sie hinauf. In der ersten Etage gab es zwei Wohnungstüren. Auf einem der Namensschilder stand C. Meacham. Ich ging zur anderen Tür. Der Name des Wohnungsinhabers lautete W. Adams.

Nachdem ich mich entschieden hatte, nicht weiter nach oben zu gehen, stieg ich die Treppe wieder hinunter und begab mich in den Keller. Es gab insgesamt sechs Räume. Sämtliche Türen waren abgesperrt. Dahinter war es ruhig.

Ich kehrte in den Gastraum zurück. Milo schaute mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich wieder an den Keeper: »Sind sämtliche Wohnungen in dem Gebäude vermietet?«

»Ja.«

»Wie viele Wohnungen sind es?«

»Sechs.«

»Die Keller gehören zu den Wohnungen?«

»Ja.«

»Was befindet sich in den beiden Räumen, die den Toiletten gegenüber liegen?«

»Das sind unsere Lager. Wenn Sie wollen, kann ich Sie gerne einen Blick hineinwerfen lassen.«

»Nicht nötig«, sagte ich.

Wir verließen das Lokal. Draußen sagte ich: »Wir sollten dem Laden heute Abend noch einmal einen Besuch abstatten.«

»Wozu soll das gut sein?«

»Vielleicht erhalten wir einen Tipp. Hast du einen besseren Vorschlag?«

»Der Keeper wird dafür sorgen, dass innerhalb kürzester Zeit jeder in dem Lokal weiß, dass wir FBI-Agents sind. Wir sollten einen Mann schicken, den der Keeper nicht kennt.«

»An wen denkst du?«

»Ich habe keinen bestimmten im Auge. In Frage kämen vielleicht Leslie Morell oder George Baker.«

Auf dem Weg nach Süden legte ich mir einen Plan zurecht. Wir konnten es uns nicht leisten, Zeit zu vergeuden. Darum mussten wir in die Offensive gehen. Nachdem wir im Bundesgebäude an der Federal Plaza angelangt waren, meldeten wir uns beim Chef an.

Ich trug vor, was ich mir ausgedacht hatte. Mr. McKee blickte skeptisch drein und sagte: »Sicher hat Ihre Idee etwas für sich, Jesse. Dennoch gefällt mir der Gedanke nicht. Die Chance, dass wir auf diese Weise das Versteck des Richters finden, ist gering.«

»Aber es ist eine Chance«, erwiderte ich. »Wir können es uns nicht leisten, eine Möglichkeit auszulassen. Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Die Zeit schreitet fort. Und wir können nicht abschätzen, was sein wird, wenn der Ultimatum abläuft und die Forderung der Entführer nicht erfüllt wird.«

»An wen haben Sie gedacht?«, fragte der AD.

»An Leslie Morell oder George Baker.«

»Baker steckt bis zum Hals in einer anderen Sache«, murmelte Mr. McKee und griff zum Telefonhörer. Er wählte eine Nummer, dann sagte er: »Kommen Sie bitte gleich einmal zu mir, Leslie. Wir haben etwas mit Ihnen zu besprechen.«

Zwei Minuten später tauchte der Kollege auf. Er setzte sich zu uns.

»Erzählen Sie Leslie, was Sie sich ausgedacht haben, Jesse«, forderte mich der Chef auf.

Ich begann zu sprechen.

6

Um 21.50 Uhr betrat Leslie Morell das »Copacabana«. Die Kneipe war jetzt gerammelt voll. Leslie hatte sich eine ausgewaschene Jeans und dazu eine abgewetzte Lederjacke angezogen. Das Publikum in dem Lokal war gemischt, wobei der männliche Anteil ziemlich überwog. Stimmendurcheinander, in das sich laute Musik mischte, empfing den Agent.

Da es keinen freien Tisch mehr gab, stellte er sich an die Theke. Der Keeper kam heran, Leslie bestellte sich ein Bier. Er bekam es und trank einen Schluck. Dann sagte er zu dem Keeper: »Ich suche einen Mann. Man sagte mir, dass ich hier Auskunft über ihn erhalten könnte.« Das Glas behielt Leslie in der Hand.

»Sind Sie ‘n Polizist?«, fragte der Keeper lauernd.

Leslie lachte fast belustigt auf. »So würde ich mich nicht gerade bezeichnen. Der Mann, den ich suche, heißt Carter.«

»Was wollen Sie denn von ihm?«

»Ich habe etwas anzubieten, was ihn bestimmt interessieren wird.« Leslie nippte an seinem Bier. »Besteht die Möglichkeit, ihn hier zu treffen?«

»Ich müsste ihn ...«

Plötzlich flog die Tür auf. Polizisten drängten in den Gastraum. Auch durch die Hintertür kamen die Männer in den dunklen Uniformen der City Police. Sie verteilten sich an den Wänden und sicherten die Ausgänge. Zwei Beamte in Zivilkleidung betraten das Lokal. Einer von ihnen war Blackfeather.

Er rief: »Das ist eine Razzia. Bleiben Sie bitte auf Ihren Plätzen und halten Sie den Führerschein oder den Reisepass bereit.«

Leslie Morell murmelte eine Verwünschung. Er stellte das Bierglas auf den Tresen und bewegte sich in Richtung Ausgang. Als er die Tür fast erreicht hatte, vertrat ihm ein Cop den Weg. »Sie haben wohl nicht gehört ...«

Leslie packte den Polizisten mit beiden Händen, wirbelte ihn herum und legte ihm von hinten den linken Arm um den Hals. Es geschah blitzschnell. Seine Rechte zuckte unter die Lederjacke, und als sie wieder zum Vorschein kam, hielt sie eine Pistole. Er drückte die Mündung unter das Kinn des Cops. »Keiner rührt sich, oder der Mann stirbt!«

Leslie dirigierte seine Geisel zur Tür. Die Polizisten ließen ihn gewähren. Die beiden verschwanden nach draußen. Auf dem Gehsteig ließ Leslie den Cop los und klopfte ihm leicht gegen den Oberarm. »Hättest Schauspieler werden sollen, Kollege.« Leslie ließ die Pistole unter der Jacke verschwinden und rannte fort.

Der Cop wartete ein wenig, dann kehrte er in den Gastraum zurück. Wie auf Kommando stürmten einige Polizisten ins Freie. Aber Leslie Morell war bereits in einer Seitenstraße verschwunden.

7

Der Keeper telefonierte mit seinem Handy. »Sie haben das gesamte Gebäude auf den Kopf gestellt. Was sie suchten, weiß ich nicht. Jedenfalls kam es zu einem Zwischenfall. Ein Kerl, den ich noch nie hier gesehen habe, erkundigte sich nach dir. Er habe dir etwas anzubieten, meinte er. Dann kamen die Bullen. Er schnappte sich einen der Cops und erzwang sich mit der Pistole in der Hand freien Abzug.«

»Er nahm einen Polizisten als Geisel?«, fragte Carter ungläubig.

»Ja. Aber etwas stimmt nicht. Nachdem die Bullen wieder abgezogen waren, meinte einer der Gäste, dass er den Kerl erkannt zu haben glaubte. Er hat von ihm irgendwann mal ein Bild in der Zeitung gesehen. Er heißt Burnell oder Morell oder so ähnlich und soll für das FBI arbeiten.«

»Vielleicht täuschte sich der Gast«, murmelte Carter.

»Möglich.«

»Wenn er FBI-Agent ist, was soll dann das Theater?«

»Irgendeinen Grund hatte es dann sicher. Sollte der Kerl noch einmal auftauchen, sage ich dir Bescheid. Ihr könnt ihn dann ja in die Mangel nehmen.«

»In Ordnung. Ich schließe nicht aus, dass sich ein Spitzel in die Gang einschleichen will. Sollte es so sein, werden wir dem Burschen eine wenig erfreuliche Überraschung bereiten.«

8

Um 8 Uhr trafen wir uns bei Mr. McKee. Auch Clive Caravaggio, Blackfeather, Jennifer Johnson und Blair Duvall erschienen. Sie hatten die Razzien in den verschiedenen Lokalen geleitet, die am vergangenen Abend zeitgleich durchgeführt worden waren. Außerdem war ein Innendienstler namens Matt Monahan anwesend.

Blacky, der im Copacabana die Razzia durchführte, berichtete zuerst. Er sagte: »Zunächst einmal ist auszuführen, dass sich Leslie prächtig in Szene gesetzt hat. Er ist vorgegangen wie ein alter Profi. Wir müssen nun abwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Ansonsten haben wir das ganze Gebäude vom Keller bis hinauf zum Dachboden auf den Kopf gestellt. Von Richter Manson keine Spur.«

»Das gleiche gibt es vom Bluebird zu berichten«, meldete sich Clive zu Wort. »Einen Burschen haben wir geschnappt, der zur Fahndung ausgeschrieben war, bei einem weiteren stellten wir eine nicht registrierte Waffe sicher. Um ihn kümmern sich die Kollegen aus dem Police Department. Ansonsten war die Razzia ein Schuss in den heißen Ofen.«

Jennifers und Blairs Berichte fielen ähnlich aus. Sie hatten die Razzien im »Mountain Club« und im »Casablanca« geleitet.

Schließlich war ich an der Reihe. Milo und ich waren mit einem Team im »Pink Panther«. Ich erzählte, dass wir zwei Kerle mit kleinen Portionen Heroin geschnappt hatten und musste eingestehen, dass wir ansonsten keinen Erfolg zu verbuchen hatten.

»Das war vorauszusehen«, murmelte der Assistant Director. »Hoffen wir, dass Leslie schnell Eingang in die Bande findet und uns einen Tipp geben kann. Wir haben nur noch bis morgen Nachmittag achtzehn Uhr Zeit. Nicht mal mehr vierunddreißig Stunden. Die Zeit brennt uns unter den Nägeln.«

Der AD heftete seinen Blick auf Matt Monahan. »Was haben Sie zu berichten, Matt?«

»Ich habe, nachdem alles vorbei war, dem Keeper gegenüber fallen lassen, dass die Flucht des vermeintlichen Gangsters möglicherweise inszeniert war. Ich erzählte, dass ich von dem Burschen vor einiger Zeit ein Bild in der Zeitung gesehen habe und dass es sich um einen FBI-Mann handelt.«

»Was sagte der Keeper?«, fragte Milo.

»Er murmelte nur, dass dies höchst interessant sei. Dann ließ er mich stehen. Nachdem die Einsatzkräfte abgezogen waren, telefonierte er mit seinem Handy.«

»Hoffen wir, dass Carter angebissen hat«, murmelte mein Partner.

»Der Gouverneur beharrt auf seinem Standpunkt?«, fragte ich.

Der Chef nickte. »Er ist davon überzeugt, dass die Kidnapper den Richter laufen lassen, wenn wir Unnachgiebigkeit beweisen. Heute Nachmittag um sechzehn Uhr ist eine Pressekonferenz anberaumt. In diesem Rahmen will der Gouverneur zu seiner Haltung Stellung nehmen.«

»Hoffentlich irrt er sich nicht«, murmelte ich. Nach einer halben Minute bedrückenden Schweigens ergriff ich wieder das Wort: »Milo und ich sind überzeugt davon, dass Wyatt Carter hinter der Entführung des Richters steckt. Wahrscheinlich hat auch die Frau des Gangsterbosses die Finger im Spiel. Wir sollten die Telefone beider anzapfen.«

»Das bedarf eines Gerichtsbeschlusses«, wandte Milo ein.

»Den müssen wir eben besorgen«, entgegnete ich und schaute den AD an. »Könnten Sie Ihre Beziehungen spielen lassen, Sir?«

»Natürlich, Jesse. Ich werde das sofort veranlassen. An welche Schritte haben Sie sonst noch gedacht?«

»Wir müssen Wyatt Carter beschatten.«

Der Chef starrte kurze Zeit versonnen vor sich hin. Dann nickte er und sagte: »Mehr können wir wohl im Moment nicht tun.« Doch plötzlich blitzte es in seinen Augen auf. »Es wäre sicher nicht verkehrt, mit Buchanan selbst zu sprechen. Vielleicht ergibt sich aus einem Gespräch mit ihm ein Hinweis darauf, wo der Richter festgehalten wird.«

Wir kehrten in unsere Büros zurück. Dort besprachen Milo und ich unsere nächsten Schritte. Mein Partner sollte sich aus dem Fuhrpark einen Wagen entleihen und in die 94th Street fahren, um Wyatt Carter zu beschatten. Ich machte mich auf den Weg nach Rikers Island. Es war 10.20 Uhr, als ich dort eintraf. Es bedurfte keiner großen Formalitäten, um zu erreichen, dass Mort Buchanan vorgeführt wurde. Buchanan war ein zweiundvierzigjähriger, übergewichtiger Mann mit schwarzen Haaren. Mir entging nicht der brutale Zug, der sich in seinen Mundwinkeln festgesetzt hatte. Seine Augen blickten kalt wie die Augen eines Reptils. Sein spöttisches Grinsen verriet, dass er sich mir überlegen fühlte. »Was will das FBI von mir?«

»Sie wissen sicher, was geschehen ist«, versetzte ich.

Buchanans Grinsen verstärkte sich. »Der Gouverneur hat sich eingeschaltet. Er hat Zeit bis morgen achtzehn Uhr, um mich freizulassen. Ich glaube nicht, dass meine Freunde bluffen. Der Richter wird es auszubaden haben, wenn er sich stur stellt.«

»Der Gouverneur wird eine Entscheidung treffen«, murmelte ich. Etwas lauter fügte ich hinzu: »Welche Chancen rechnen Sie sich aus, Mister Buchanan? In Amerika bringen Sie doch keinen Fuß mehr auf die Erde. Sollte es Ihnen wider Erwarten gelingen, die Staaten zu verlassen, wird sich Interpol um Sie kümmern.«

»Was wollen Sie?«

»Ich möchte, dass Sie aufgeben. Wirken Sie darauf hin, dass Ihre Freunde den Richter laufen lassen.«

»Sie werden es mir sicher nicht glauben, Special Agent. Aber ich habe keine Ahnung, wer von meinen Freunden den Richter entführt hat.«

»Sie haben recht, Mister Buchanan. Das nehme ich Ihnen nicht ab.«

»Es ist aber so. Ich weiß es wirklich nicht.«

»Haben Sie Kontakt zu Ihrer Frau und zu Ihrem – hm, ersten Geschäftsführer?«

Buchanans Gesicht verfinsterte sich. Doch dann nickte er. »Pat besucht mich regelmäßig. Manchmal telefonieren wir auch miteinander. – Carter führt die Geschäfte.«

»Wir vermuten, dass er hinter der Entführung des Richters steckt.«

»Das kann ich mir kaum vorstellen«, knurrte Buchanan. Ich schaute ihn fragend an. Er presste sekundenlang die Lippen zusammen, sodass sie nur noch einen dünnen, blutleeren Strich bildeten. Dann stieß er hervor: »Pat und Carter haben ein Verhältnis begonnen. Ich weiß das aus zuverlässiger Quelle.« Er zuckte mit den Schultern. »Nun, Pat ist jung, und ich kann ihr ihm Moment nicht bieten, was eine Frau wie sie braucht. Und Carter ist ein attraktiver Mann.«

»Sie denken, die beiden sind froh, Sie aus dem Weg zu haben?«

»Das vermute ich.«

»Und Sie schlucken das einfach so?«

»Mir sind die Hände gebunden. Auf Carter bin ich angewiesen. Er hat immer loyal zu mir gestanden. Nur er hat den nötigen Einblick, um meine Geschäfte weiterführen zu können.«

»Von welchen Geschäften sprechen Sie?«

»Ich spreche von meinen Lokalen. Was denken Sie denn?«

»Nun, ich rede vom Drogengeschäft.«

Buchanan schwieg und musterte mich feindselig.

Ich fuhr fort: »James Haggan wird vor Gericht gegen Sie aussagen, Mister Buchanan.«

»Noch bin ich nicht verurteilt«, knurrte der Gangsterboss.

»Aber Sie werden verurteilt. Machen Sie sich keine Hoffnungen. Der Gouverneur hat es abgelehnt, Sie freizulassen.«

»Das wäre das Todesurteil für den Richter«, erwiderte der Gangster mit klarer Stimme. »Wirft der Gouverneur tatsächlich sein Leben in die Waagschale?«

»Es liegt an Ihnen, einen Mord zu verhindern.«

»Ich sagte es bereits: Ich habe keine Ahnung, wer den Richter entführt hat. Dass meine Frau und Carter etwas damit zu tun haben, schließe ich aus.«

»Nennen Sie mir die Namen Ihrer Freunde, die in Frage kommen«, forderte ich.

»Wofür halten Sie mich denn?«

»Der Tod des Richters bringt für Sie nicht den geringsten Vorteil.«

»Abwarten.«

Jetzt grinste der Gangsterboss wieder. Es war ein höhnisches Grinsen, das mein Blut zur Wallung brachte.

Ich brach die Vernehmung ab.

Vom Sportwagen aus telefonierte ich mit Milo. Mein Partner sagte: »Ich bin Carter zu einem Fitnessstudio gefolgt. Er ist seit einer halben Stunde drin. Während der Fahrt hat er mit seinem Handy telefoniert.«

Ich berichtete Milo vom Fehlschlag meiner Aktion. Mein Partner sagte: »Bis jetzt sind wir noch keinen Schritt weitergekommen. Die Zeit läuft uns davon.«

»Ich fahre ins Field Office«, sagte ich. »Wir bleiben in Verbindung.«

»In Ordnung.«

Zurück im Bundesgebäude begab ich mich sofort zu Mr. McKee, um auch ihm Bericht zu erstatten.

»Kaum zu glauben, dass ein Mann wie Buchanan es einfach so schlucken soll, dass ihn seine Frau mit seinem engsten Vertrauten betrügt. Hat er nicht über irgendwelche Konsequenzen gesprochen?«

»Nein, er hat sogar Verständnis dafür aufgebracht. Auf Carter sei er angewiesen, meinte er.«

»Ich habe einen richterlichen Beschluss erwirken können«, wechselte der AD das Thema. »Die Festnetzanschlüsse von Carter und Mrs. Buchanan werden angezapft. Ob es etwas bringt, ist fraglich.«

Ich begab mich in mein Büro und rief Milo an. Mein Partner konnte mir nichts Neues berichten.

Um 16 Uhr schaute ich mir die Live-Übertragung der Pressekonferenz mit dem Gouverneur an. Er beharrte darauf, dass die Justiz nicht erpressbar werden dürfe und appellierte an die Entführer, den Richter freizulassen.

Ich schaltete den Fernsehapparat aus. Als ich das Büro betrat, läutete mein Telefon. Ich schnappte mir den Hörer und meldete mich.

»Hallo, Jesse.«

Ich erkannte den Anrufer an der Stimme. Es war Leslie Morell. »Hi, Leslie. Blacky hat uns von deinem Auftritt im Copacabana berichtet.«

»Ich begebe ich mich jetzt wieder in den Laden. Wir werden sehen, was sich entwickelt. Gibt es bei euch was Neues?«

»Nichts. Wir beschatten Carter, den Stellvertreter Buchanans, und haben sein Telefon und den Anschluss von Patricia Buchanan angezapft. Ansonsten sind wir zum Abwarten verurteilt.«

»Vielleicht habe ich mehr Glück«, murmelte Leslie.

»Unsere Leute werden bereit sein«, sagte ich. »Ob wir Erfolg haben, wird davon abhängen, dass alles so läuft, wie wir es uns ausgemalt haben.«

Ich legte auf.

Was wir trieben, war ein Spiel mit dem Feuer. Wir lieferten Leslie gewissermaßen ans Messer. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was sein würde, wenn es schief ging.

Unser Plan hatte Löcher wie ein Schweizer Käse. Wenn wir Glück hatten, führte uns Leslie zu Richter Manson. Eine klitzekleine Chance war vorhanden. Und uns blieb nichts anderes übrig, als sie wahrzunehmen. Aber vieles blieb dem Zufall überlassen.

9

Leslie Morell betrat das Lokal. Nur wenige Gäste saßen an den Tischen. Der Agent ging zum Tresen und stemmte beide Ellenbogen darauf. »Gib mir ein Bier.«

Der Keeper starrte ihn an. Plötzlich kam er heran und sagte: »Du wagst dich tatsächlich noch einmal hierher?«

»Warum nicht? Die Bullen sind doch wieder abgezogen.«

Ein hinterhältiges Funkeln in den Augen sagte der Keeper: »Dein Abgang gestern war ja ziemlich sensationell. Befürchtest du nicht, dass ich die Polizei alarmiere?«

»Kann ich mir nicht vorstellen.«

»Was willst du von Carter?«, fragte der Keeper.

»Das würde ich ihm gerne selber sagen.«

»Wer hat dich an ihn verwiesen?«

»Ich habe den Namen des Burschen vergessen. Spielt auch keine große Rolle.«

»Worum geht es? Carter will es wissen.«

»Heroin.«

»Wie ist dein Name?«

»Wesley O'Sullivan.«

»Einen Moment.«

Der Keeper verschwand durch eine Tür. Leslie Morell vermutete, dass er telefonierte. Nach zwei Minuten kam er zurück. »Warte ein wenig. Jemand holt dich ab.«

»Gut. Gib mir endlich ein Bier.«

Leslie erhielt es und trank einen Schluck. Er musste etwa dreißig Minuten waren, dann betraten zwei Männer den Gastraum. Einer sprach mit dem Keeper, und dieser wies mit dem Kinn auf Leslie. Die beiden traten an den G-man heran. »Komm mit. Wir fahren ein Stück.«

Leslie bezahlte das Bier, rutschte vom Barhocker und folgte den beiden Kerlen nach draußen. Sie stiegen in einen Dodge. Die Fahrt ging in die 126th Street. Dort brachten die beiden Männer Leslie in eine Kellerwohnung. Zwei Männer waren anwesend. Leslie musste sich setzen. Einer der beiden, die in der Wohnung gewartet hatten, ein Mann von ungefähr dreißig Jahren mit dunklen Haaren, sagte: »Du hast ein Geschäft anzubieten?«

Leslie nickte. »Sind Sie Carter?«, kam seine Gegenfrage.

Der Dunkelhaarige winkte ab. »Was ist das für ein Geschäft?«

»Heroin im Wert von fünfhunderttausend Dollar.«

»Woher beziehst du den Stoff?«

»Von einem Kolumbianer. Der Name tut nichts zur Sache.«

»Du wirst von der Polizei gesucht.«

»Ja, die Bullen sind hinter mir her. Ist das für euch ein Grund, auf ein gutes Geschäft zu verzichten?«

Plötzlich zog der Kerl, mit dem Leslie sprach, eine Pistole und hielt sie dem G-man an die Stirn. »Du bist ein verdammter Polizeispitzel, mein Freund«, zischte er. »Jemand hat dich gestern erkannt.«

Einer trat hinter Leslie, fasste ihm in die Haare und bog seinen Kopf in den Nacken. »Was sagst du nun? Die Show, die du abgezogen hast, war zwar perfekt, allerdings ist dein Bluff ins Leere gegangen. Kannst du dir vorstellen, was dir blüht?«

»Ihr irrt euch«, presste Leslie hervor. »Ich ...«

Er bekam einen Schlag ins Gesicht. Der Dunkelhaarige griff Leslie unter das Kinn und bog seinen Kopf noch weiter zurück. »Du bist ein Special Agent vom FBI. Versuch nicht, es abzustreiten. Pech gehabt, dreckiger Schnüffler. Wir werden nun ein Stück mit dir fahren.«

»Wohin bringt ihr mich? Was habt ihr mit mir vor?«

»Das wirst du sehen.«

Sie verließen die Wohnung. Leslie musste wieder in den Dodge steigen. Einer setzte sich neben ihn. Er hielt eine Pistole auf Leslie gerichtet. Die beiden Kerle, die in der Wohnung gewartet hatten, setzten sich in einen Lincoln.

Leslie fühlte sich alles andere als wohl in seiner Haut. Aber er hatte gewusst, worauf er sich einließ. Und ein Zurück gab es jetzt nicht mehr.

Sie fuhren los. Die Fahrt ging nach Norden. Sie verließen Manhattan, kamen nach Yonkers und fuhren weiter nach Tarrytown, wo sie auf die andere Seite des Hudson River wechselten.

Bevor sie Nyack erreichten, bogen sie auf eine schmale, unbefestigte Straße ab und nach etwa einer Meile fuhren sie auf den Hof einer Farm.

»Wo sind wir?«, fragte Leslie.

»Auf der Buchanan Farm«, antwortete der Dunkelhaarige. »Wenn ich die Situation richtig einschätze, wirst du sie nicht mehr lebend verlassen.«

»Wird hier auch der Richter festgehalten?«

»Was redest du da?«

»Ich fragte nach dem Richter. Ihr arbeitet doch für Mort Buchanan.«

»Natürlich arbeiten wir für Buchanan.« Der Dunkelhaarige lachte. »Mit dem Richter können wir leider nicht dienen. Darum also hast du die Show abgezogen. O Mann! Nun wird mir einiges ...«

Plötzlich begriff der Bursche.

»O verdammt!«, stieß er hervor. »Ins Haus! Das ist eine Falle! Er ist mit einem Sender ausgerüstet.«

Sie rannten los. Leslie Morell wurde mitgezerrt. Einer sperrte die Haustür auf. Sie drängten ins Innere. »Cash, kümmere dich um den Bullen. Schieß ihm eine Kugel in den Kopf, wenn er Zicken macht.«

Drei der Kerle verteilten sich an die beiden Fenster. Jeder von ihnen hielt nun eine Waffe in der Hand. Es dauerte nicht lange, dann kamen auf dem Feldweg einige Fahrzeuge entlang. Etwa hundert Yards von der Farm entfernt wurden sie angehalten. Die Scheinwerfer verloschen. Männer sprangen heraus und verteilten sich rund um die Farm.

Und dann erklang eine megafonverstärkte Stimme: »Geben Sie auf. Wir haben die Farm umstellt. Kommen Sie waffenlos und mit erhobenen Händen aus dem Haus. Wir warten genau drei Minuten. Dann holen wir Sie heraus. Die Zeit beginnt jetzt zu laufen.«

Der Dunkelhaarige knirschte mit den Zähnen. Einer jähen Eingebung folgend schob er das Fenster hoch. »Wir haben einen von euch! Wenn ihr angreift, erschießen wir ihn. Ihr solltet euch das gut überlegen.«

»Noch zweieinhalb Minuten«, ertönte es.

Der Dunkelhaarige wirbelte herum. Schemenhaft konnte er Leslie Morell in einem der Sessel ausmachen. Hinter dem G-man stand einer der Gangster und drückte ihm die Mündung der Waffe gegen die Schläfe. Der Dunkelhaarige glitt zu Leslie hin und beugte sich über ihn. »Ihr dachtet, wir führen euch zu dem Richter, wie?«

»In der Tat«, antwortete Leslie.

»Verdammt, ich weiß nicht, wer den Richter entführt hat. Wir haben damit nichts zu tun. Fang an zu beten, G-man. Wenn sie in zwei Minuten angreifen, knallt dir Cash eine Kugel in den Kopf.«

»Dann bist du wegen Mordes dran«, versetzte Leslie Morell ruhig. »Bis jetzt kommst du noch mit ein paar Jahren davon. Wenn ich sterbe, verschwindest du für den Rest deines Lebens hinter Gittern. Darüber solltest du nachdenken.«

Der Dunkelhaarige schlug Leslie die Faust gegen den Kopf. Dann kehrte er zum Fenster zurück. Einer seine Kumpane sagte: »Vielleicht sollten wir uns tatsächlich ergeben, Rich. Wenn sie kommen, bleibt kein Auge trocken.«

»Sie bluffen sicher nur«, sagte der Dunkelhaarige. »Wir haben ein Druckmittel gegen sie.«

»Wenn wir den Bullen abknallen, fassen sie uns gewiss nicht mit Samthandschuhen an. Ich will hier nicht vor die Hunde gehen.«

Ein anderer sagte: »Lane hat recht. Sie werden kurzen Prozess mit uns machen. Ich bin neunundzwanzig und will noch nicht ins Gras beißen.«

»Noch eine Minute!«, ertönte es.

Das Brummen von Motoren war zu hören. Es wurde schnell lauter. Cash, der Leslie Morell mit der Pistole bedrohte, schrie: »Sie setzen Hubschrauber ein. Zur Hölle damit, Rich. Ich gebe auf. Ich lasse mich hier nicht in Stücke schießen.«

Cash warf die Pistole auf den Fußboden und ging in Richtung Tür.

»Stehen bleiben!«, zischte der Bursche namens Rich. »Ich knall dir eine Kugel in den Wanst, wenn du noch einen Schritt machst.«

Das Motorengeräusch war jetzt direkt über dem Haus. Ein zweiter Helikopter landete auf einer Wiese ein Stück von der Farm entfernt. Männer in schwarzen Uniformen sprangen ins Freie. Sie waren mit Helmen und schusssicheren Westen ausgestattet und mit Maschinenpistolen bewaffnet.

Über dem Farmgebäude seilten sich weitere SWAT-Leute aus dem Hubschrauber ab. Das Fenster eines Erkers wurde eingeschlagen. Nacheinander stiegen die Spezialisten hinein.

»Die Zeit ist um!«, erklang es. »Sie haben nun die letzte Chance, sich zu ergeben. Ich gebe Ihnen noch einmal dreißig Sekunden.«

Im Haus gab sich Cash einen Ruck. »Ich gehe jetzt hinaus, Rich. Und du wirst mich nicht aufhalten.« Er setzte sich in Bewegung.

Rich atmete stoßweise durch die Nase.

Einer der anderen Kerle stieß hervor: »Ich komme mit dir, Cash.« Er ließ die Waffe fallen und folgte seinem Kumpan.

»Gib auf, Rich«, forderte Leslie Morell.

Cash hatte die Tür geöffnet und brüllte: »Nicht schießen! Ich ergebe mich und komme jetzt mit erhobenen Händen hinaus. Nicht schießen!«

Er verschwand nach draußen. Ein zweiter Mann folgte.

»Hierher!«, ertönte es aus der Dunkelheit zwischen zwei Schuppen.

Die beiden Gangster folgten dem Klang der Stimme und tauchten in den Schatten ein. Sie wurden gepackt und niedergerungen, Handschellen klickten.

Im Haus befanden sich noch Rich, der andere Gangster und Leslie Morell.

»Nimm Vernunft an, Rich«, drängte Leslie. »Noch hast du die Chance.«

Draußen ertönte ein Befehl. Schritte trampelten. Aus der Mansarde des Gebäudes klangen Geräusche nach unten. Völlig entnervt warf der andere Gangster die Waffe von sich und lief zur Tür. »Ich ergebe mich!« Er trat ins Freie, wurde zur Seite gezerrt und niedergerissen. Im nächsten Moment war er gefesselt.

Nur mühsam bezwang Rich seine Panik. Da flog etwas in den Raum. Ein greller Blitz wurde begleitet von einem fürchterlichen Knall. Rich war wie betäubt und völlig orientierungslos. Ehe er sich versah, war er von Polizisten umringt. Er wurde niedergerungen, entwaffnet und gefesselt.

10

»Ihr Name ist Richard Lester«, stellte ich fest. Es war 9 Uhr, wir befanden uns im Vernehmungsraum im Keller des Federal Building. Der dunkelhaarige Gangster saß an dem Tisch in der Raummitte. Milo hockte auf der Tischkante und hielt die Arme vor der Brust verschränkt. Ich hatte auf der anderen Seite des Tisches Platz genommen.

Der Gangster nickte.

»Sie arbeiten für Mort Buchanan.«

»Ich leite den Bluebird.«

»Als Geschäftsführer?«

»Ja.«

»Was hatten Sie mit Leslie Morell vor?«

»Wir hätten ihn ein paar Tage auf der Farm eingesperrt, und ihn dann wieder laufen lassen. Er sollte einen Denkzettel erhalten.«

»Sie haben gedroht, dass er die Farm nicht lebend verlassen wird.«

»Ich wollte ihm ein wenig Angst machen.«

»Waren Sie an der Entführung von Richter Frederick Manson beteiligt?«

»Nein.«

»Zeugen haben die Entführer gesehen. Wir werden Sie ihnen gegenüberstellen. Die Leute sind bereits benachrichtigt und auf dem Weg hierher.«

»Ich weiß nicht, wo der Richter ist. Wirklich nicht. Wir haben mit der Entführung nichts zu tun.«

Dabei blieb Richard Lester.

Wir vernahmen auch seine drei Kumpane. Auch sie bestritten, etwas mit der Entführung zu tun zu haben. Nach und nach trafen die Zeugen ein, auch Mrs. Manson kam. Die Gegenüberstellung nahm fast eine halbe Stunde in Anspruch. Wir hatten einige Kollegen gebeten, daran teilzunehmen. Die Zeugen erkannten keinen der vier. Als wir die Zeugen entließen, war es 10.30 Uhr. Wir hatten noch siebeneinhalb Stunden Zeit, um den Richter zu befreien.

Milo und ich fuhren hinauf in den dreiundzwanzigsten Stock und gingen in unser Büro. Mit unserer Aktion hatten wir nicht den geringsten Erfolg erzielt. Ich telefonierte mit dem Kollegen, der im Moment Wyatt Carter beschattete.

»Carter hat die Nacht bei Patricia Buchanan verbracht«, berichtete der Agent. »Vor einer Viertelstunde hat er ihre Wohnung verlassen. Jetzt ist er auf dem Weg nach Norden. Ich hänge an ihm dran.«

Ich rief einen der Innendienstler an, die die Gespräche aufzeichneten, die Wyatt Carter und Patricia Buchanan führten. Die Frau hatte lediglich einmal telefoniert und mit ihrer Friseurin einen Termin vereinbart. Bei Carter waren keine Gespräche zu verzeichnen gewesen.

Und die Zeit verrann.

Plötzlich läutete mein Telefon. Ich nahm ab und hörte die wohlvertraute Stimme des Assistant Directors: »Bei New York One ist ein Anruf der Entführer eingegangen. Der Anrufer wollte wissen, ob der Gouverneur bei seiner Entscheidung, Buchanan nicht freizulassen, bleibt. Er will um vierzehn Uhr noch einmal anrufen. Sollte der Gouverneur seine ablehnende Haltung beibehalten, werde man den Richter töten.«

»Hat man den Gouverneur in Kenntnis gesetzt?«, fragte ich.

»Ja.«

»Und?«

»Er hält an seinem Standpunkt fest.«

»Und bricht wahrscheinlich den Stab über dem Kopf des Richters.«

»Der Gouverneur bezweifelt nach wie vor, dass die Gangster ihre Drohung in die Tat umsetzen. Er hat sich mit dem Justizminister in Verbindung gesetzt und wurde von diesem in seiner Auffassung bestärkt.«

»Wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft«, murmelte ich frustriert. »Jetzt kann wohl nur noch ein Wunder helfen.«

Mein Handy klingelte. »Einen Moment, Sir«, sagte ich, senkte die Hand mit dem Telefonhörer und hob das Handy an mein Ohr. Es war der Kollege, der Wyatt Carter observierte. Er sagte: »Carter ist in die vierundneunzigste gefahren und in das Gebäude Nummer zweihunderteinundsechzig gegangen.«

»Da wohnt er«, sagte ich.

»Ich werde vor dem Gebäude die Stellung halten«, erklärte der Kollege.

»Das ist in Ordnung«, erwiderte ich. »Um zwölf Uhr werden Sie abgelöst.«

Ich steckte mein Handy in die Tasche und hob wieder die Hand mit dem Telefonhörer. »Carter ist zu seiner Wohnung gefahren«, gab ich zu verstehen. »Er hat die Nacht bei Patricia Buchanan verbracht. Möglicherweise hat Buchanan recht, wenn er annimmt, dass seine Frau und Carter kein Interesse daran haben, dass er das Gefängnis verlässt.«

11

Es war 14 Uhr als bei Jorge Bennan, einem Reporter von New York One, das Telefon klingelte. Bennan schnappte sich den Hörer und meldete sich. Eine schnarrende Stimme sagte: »Hat sich der Gouverneur entschieden?«

»Ja.«

»Wie sieht seine Entscheidung aus?«

»Buchanan wird nicht auf freien Fuß gesetzt.«

»Ist sich der Gouverneur darüber im Klaren, dass er damit den Richter zum Tode verurteilt hat?«

»Sie sollten es sich überlegen ...«

Der Anrufer legte auf. Der Reporter hielt den Telefonhörer noch sekundenlang gedankenverloren in der Hand und nagte an seiner Unterlippe. Schließlich wählte er eine Nummer und sagte: »Einer der Kidnapper hat sich gemeldet. Er meinte, dass der Gouverneur mit seiner Ablehnung das Todesurteil des Richters gesprochen hat. Ich glaube, die Schurken machen ernst.«

»Ich sage Mr. McKee vom FBI Bescheid.«

Es knackte in der Leitung.

12

»Die Entführer haben angerufen«, klärte uns der Assistant Director auf. »Der Anrufer hat die Ermordung des Richters angekündigt.«

»Und wir stehen dem hilflos gegenüber«, entrang es sich mir.

»Der Gouverneur war nicht zu erweichen«, murmelte Mr. McKee. »Nun bleibt es uns nur, abzuwarten und zu hoffen, dass die Gangster ihre Drohung nicht in die Tat umsetzen.«

Ich schaute auf die Uhr. Es war 14.15 Uhr. Ich hatte das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu sitzen. Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt. Vom Gesicht Milos konnte ich ablesen, dass er sich in einer ähnlichen Verfassung befand wie ich.

Um 14.50 läutete das Telefon des AD. Seine Rechte zuckte zum Hörer. »Jonathan D. McKee!« Der Chef aktivierte den Lautsprecher. Eine dunkle Stimme sagte: »Die Entführer haben wieder angerufen. Sie finden den Richter in einer Scheune auf einer Wiese am Highway zwei-acht-sieben an der Abzweigung nach Hillcrest.«

Ich war wie elektrisiert.

»Sagte der Anrufer sonst noch etwas?«, hörte ich den AD fragen.

»Nein. Er legte sofort wieder auf.«

Ich erhob mich. Milo folgte meinem Beispiel. Der AD nickte uns zu. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verließen wir das Büro. Mich erfüllte eine fast schmerzhafte Unrast. Wenig später rasten wir mit rotierendem Rotlicht auf dem Dach und eingeschalteter Sirene nach Norden.

Es ging auf 17 Uhr zu, als wir die Scheune fanden. Ein Ford stand davor auf der Wiese. Das Scheunentor war geöffnet. Es war bereits finster. In der Scheune sah ich Licht. Wir stiegen aus und gingen hinein. Auf dem Boden lag eine Gestalt. Daneben stand ein Mann. Er war schemenhaft auszumachen, sein Gesicht war ein heller Klecks in der Dunkelheit. Der Lichtstrahl einer Taschenlampe war auf die reglose Gestalt am Boden gerichtet. Auch ich knipste die Maglite an, die ich in der Hand hielt. Der Lichtkegel holte das Gesicht des Mannes mit der Stablampe aus der Dunkelheit. »Wer sind Sie?«

»Mein Name ist Bennan – Jorge Bennan. Ich bin von New York One. Sind Sie vom FBI?«

»Ja. Mein Name ist Trevellian, das ist Special Agent Tucker. Ist das der Richter?«

»Ja. Die Verbrecher haben ihre Drohung wahr gemacht und ihn ermordet. O mein Gott, was sind das nur für skrupellose Schurken?«

Ich holte mein Handy aus der Tasche und rief Mr. McKee an. Als er sich meldete, sagte ich mit belegter Stimme: »Wir haben den Richter gefunden. Er ist tot. Sie haben den Ablauf des Ultimatums nicht abgewartet.«

13

16. November, 21 Uhr. Der Stadtverordnete Sam Hancock und seine Frau Moira saßen im Wohnzimmer ihres Hauses in Queens und schauten fern. Im offenen Kamin brannte ein Feuer. Manchmal knackte das Holz in der Hitze. Der Stadtverordnete hatte eine Flasche Rotwein geöffnet.

Als es läutete, traf sich sein überraschter Blick mit dem seiner Frau. »Erwarten wir jemanden?«

»Nein.«

Der Stadtverordnete erhob sich und ging zu Tür. Er öffnete sie einen Spaltbreit und fragte: »Wer ist draußen?«

Jemand warf sich gegen die Tür. Sie flog auf, und das Türblatt traf den Stadtverordneten an der Stirn. Er taumelte zurück, sein Schrei erstickte in der Kehle. Zwei Männer betraten das Wohnzimmer. Sie zogen Pistolen. Einer drückte die Tür zu.

»Keinen Laut!«

Der Stadtverordnete überwand seinen Schrecken und stammelte: »Was – was wollen – Sie von uns?«

»Pass gut auf, Hancock«, sagte einer der Eindringlinge. »Wir nehmen jetzt deine Frau mit. Wenn bis zum neunzehnten November, mittags zwölf Uhr, Mort Buchanan nicht auf freiem Fuß ist, stirbt sie. Dass wir nicht spaßen, haben wir bewiesen.«

Der Sprecher trat vor den Stadtverordneten hin und schlug ihn mit der Pistole nieder. Der andere sagte: »Hoch mit Ihnen, Lady. Ich rate Ihnen, keine Zicken zu machen. Sie wollen doch nicht, dass wir Ihren Mann erschießen.« Er richtete die Pistole auf den Besinnungslosen am Boden. Es knackte leise, als er mit dem Daumen den Hahn der Waffe spannte.

Wie von Schnüren gezogen erhob sich die Frau. Das Entsetzen würgte sie.

14

Als wir kurz vor 8 Uhr unser Zimmer betraten, läutete schon mein Telefon. Ich angelte mir den Hörer und nannte meinen Namen. »Kommen Sie und Milo bitte gleich zu mir, Jesse«, hörte ich die Stimme des Assistant Directors.

Wir ließen ihn nicht warten. Er begrüßte uns per Handschlag, und als wir saßen, sagte er: »Moira Hancock, die Frau des Stadtverordneten Hancock, wurde gestern Abend gekidnappt. Die Entführer fordern, dass Buchanan bis neunzehnten November um zwölf Uhr mittags freigelassen wird.«

»Ansonsten haben sie gedroht, die Frau zu töten, nicht wahr?«, stieß ich hervor.

Der Chef nickte.

»Wurde der Gouverneur schon informiert?«

»Ich habe sofort in Albany angerufen, erwischte aber nur den Berater des Gouverneurs. Er will ihn in Kenntnis setzen und sich wieder bei mir melden.«

Da läutete auch schon das Telefon des AD. Er nahm ab. Aus dem Lautsprecher erklang es: »Guten Morgen, Assistant Director. Mein Berater hat mich von der Entführung in Kenntnis gesetzt. Eine ausgesprochene Hiobsbotschaft zum Beginn der Woche.«

»Die Entführer haben uns wieder ein Ultimatum gesetzt, Sir«, sagte der AD. »Es läuft übermorgen um zwölf Uhr mittags ab.«

»Eine zweite tote Geisel kann ich mir nicht leisten«, sagte der Gouverneur. »Ich werde die Freilassung Buchanans anordnen.«

»Die Entführer melden sich sicher wieder, Sir«, erklärte Mr. McKee. »Können wir Buchanans Freilassung definitiv zusichern?«

»Ich werde für heute Nachmittag eine Pressekonferenz einberufen und erklären, dass ich die Forderung der Kidnapper erfüllen werde.«

»Vielen Dank«, sagte der Assistant Director.

Der Gouverneur verabschiedete sich. Mr. McKee legte den Hörer auf den Apparat. »Wir müssen abwarten«, sagte er. »Sobald der Gouverneur erklärt hat, dass er die Forderung erfüllen will, werden sich die Kidnapper melden, um die Übergabemodalitäten festzulegen.«

*

Der Anruf erfolgte am folgenden Tag um 10.30 Uhr. Die Gangster forderten, dass Buchanan am Abend, 22 Uhr, zum Pier 46 zu bringen sei.

Mr. McKee beauftragte Milo und mich mit der Übergabe. Wir fuhren am Nachmittag nach Rikers Island und holten Mort Buchanan ab. Der Gangster triumphierte. Er wurde bis zum Abend im Field Office arretiert. Um 21.15 holten wir ihn aus seiner Zelle. Mit einem Buick brachten wir Buchanan zum Pier 46. Wir kamen kurz vor 22 Uhr an und ließen Buchanan aussteigen. Ich wendete, und wir kehrten ins Field Office zurück.

Um 24 Uhr rief der Stadtverordnete Hancock bei Mr. McKee an und erklärte, dass die Gangster angerufen hatten und dass er seine Frau auf dem Parkplatz des Pelham Bay Parks in der Bronx abholen könne.

Als er mit seiner Gattin gegen 2.30 Uhr in der Nacht bei seinem Haus in Queens ankam, erwarteten wir ihn schon. Er bat uns ins Haus. Wir nahmen im Wohnzimmer Platz. Mrs. Hancock war bleich und stand noch voll und ganz im Bann der Geschehnisse.

»Fühlen Sie sich in der Lage, uns einige Fragen zu beantworten?«, erkundigte ich mich.

Die Frau nickte.

»Vielleicht sollten Sie meiner Frau ein paar Stunden Ruhe gönnen«, murmelte der Stadtverordnete besorgt.

»Lass nur«, sagte Moira Hancock und richtete den Blick auf mich. »Fragen Sie, Special Agent.«

Wir stellten eine Reihe von Fragen. Mrs. Hancock erklärte sich bereit, am folgenden Tag ins Field Office zu kommen und sich Bilder der in Frage kommenden Männer anzusehen. Wo sie gefangen gehalten worden war, konnte sie uns nicht sagen.

Als wir uns verabschiedeten, war es 3.20 Uhr.

Am Morgen um 7 Uhr holte ich Milo von unserer Kreuzung ab. Im Field Office angelangt begaben wir uns sofort zu Mr. McKee. Ich erstattete Bericht.

Nachdem ich geendet hatte, sagte der AD: »Die landesweite Fahndung nach Mort Buchanan läuft. Ich nehme an, dass er das Land verlassen will. Aber dazu benötigt er falsche Papiere. Und er wird sein Äußeres verändern müssen.«