Real Players Never Lose - Micalea Smeltzer - E-Book

Real Players Never Lose E-Book

Micalea Smeltzer

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Beschreibung

Auf dem Campus gilt Teddy McCallister als Frauenheld. Die meisten Mädchen träumen davon, die Eine zu sein, doch Typen wie er setzen niemals auf eine feste Beziehung. Als mein Stipendium gestrichen wird und ich kurz davor stehe, ohne College Abschluss dazustehen, macht Teddy mir ein verlockendes Angebot: Ich werde seine Fake-Freundin bis zum Abschluss, damit er sein Erbe antreten kann.

Es klingt perfekt – ich brauche das Geld, und er braucht jemanden, der ihm ein gutes Image verleiht. Doch je mehr Zeit wir miteinander verbringen, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Fake und Realität.

Ich habe mir geschworen, nicht für ihn zu schwärmen. Aber niemand hat mich gewarnt, was passiert, wenn mein Fake Freund anfängt, echte Gefühle für mich zu entwickeln ...

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Seitenzahl: 458

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Auf dem Campus gilt Teddy McCallister als Frauenheld. Die meisten Mädchen träumen davon, die Eine zu sein, doch Typen wie er setzen niemals auf eine feste Beziehung. Als mein Stipendium gestrichen wird und ich kurz davor stehe, ohne College Abschluss dazustehen, macht Teddy mir ein verlockendes Angebot: Ich werde seine Fake-Freundin bis zum Abschluss, damit er sein Erbe antreten kann.

Es klingt perfekt – ich brauche das Geld, und er braucht jemanden, der ihm ein gutes Image verleiht. Doch je mehr Zeit wir miteinander verbringen, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Fake und Realität.

Ich habe mir geschworen, nicht für ihn zu schwärmen. Aber niemand hat mich gewarnt, was passiert, wenn mein Fake Freund anfängt, echte Gefühle für mich zu entwickeln ...

Über Micalea Smeltzer

Micalea Smeltzer lebt mit ihren beiden Hunden Ollie und Remy in Nord-Virginia. Wenn sie nicht gerade Bücher schreibt, liebt sie es, sich selbst in einem spannenden Buch zu vergraben.

Als Empfängerin einer Nierentransplantation setzt sie sich dafür ein, das Bewusstsein für die Auswirkungen von Nierenerkrankungen, Dialyse und Transplantation zu schärfen und die Menschen über Lebendspenden aufzuklären. 

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Micalea Smeltzer

Real Players Never Lose

Fake Relationship College Romance

Aus dem Englischen von Valeska Schorling

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

KAPITEL EINS — Teddy

KAPITEL ZWEI — Vanessa

KAPITEL DREI — Teddy

KAPITEL VIER — Vanessa

KAPITEL FÜNF — Teddy

KAPITEL SECHS — Vanessa

KAPITEL SIEBEN — Teddy

KAPITEL ACHT — Vanessa

KAPITEL NEUN — Teddy

KAPITEL ZEHN — Vanessa

KAPITEL ELF — Teddy

KAPITEL ZWÖLF — Vanessa

KAPITEL DREIZEHN — Teddy

KAPITEL VIERZEHN — Vanessa

KAPITEL FÜNFZEHN — Teddy

KAPITEL SECHZEHN — Vanessa

KAPITEL SIEBZEHN — Teddy

KAPITEL ACHTZEHN — Vanessa

KAPITEL NEUNZEHN — Teddy

KAPITEL ZWANZIG — Vanessa

KAPITEL EINUNDZWANZIG — Teddy

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG — Vanessa

KAPITEL DREIUNDZWANZIG — Teddy

KAPITEL VIERUNDZWANZIG — Vanessa

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG — Teddy

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG — Vanessa

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG — Teddy

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG — Vanessa

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG — Teddy

KAPITEL DREISSIG — Vanessa

KAPITEL EINUNDDREISSIG — Teddy

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG — Vanessa

KAPITEL DREIUNDDREISSIG — Teddy

KAPITEL VIERUNDDREISSIG — Vanessa

KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG — Teddy

KAPITEL SECHSUNDDREISSIG — Vanessa

KAPITEL SIEBENUNDDREISSIG — Teddy

KAPITEL ACHTUNDDREISSIG — Vanessa

KAPITEL NEUNUNDDREISSIG — Teddy

KAPITEL VIERZIG — Vanessa

KAPITEL EINUNDVIERZIG — Teddy

KAPITEL ZWEIUNDVIERZIG — Vanessa

KAPITEL DREIUNDVIERZIG — Teddy

EPILOG — Vanessa

Impressum

Lust auf more?

KAPITEL EINS

Teddy

Meine Weihnachtsferien waren ein einziges beschissenes Fiasko.

Keine Ahnung, wie mein Dad auf die glorreiche Idee mit dem Skiurlaub in Vale kam. Ich hätte die Ferien viel lieber als Gefangener auf dem Anwesen meiner Eltern verbracht, als die ganze Zeit die glückliche Familie zu mimen und lächelnd in irgendwelche Kameras zu winken.

Nicht mal das Skifahren hat mir Spaß gebracht.

Aber wenn die McCallisters eben auf eine Sache Wert legen, dann auf eine heile Fassade.

Zum Kotzen.

Ich schließe die Tür zu der Studi-Wohnung auf, die ich mit meinem Freund Jude teile. Er ist zwar einen Jahrgang unter mir, aber ich habe letztes Jahr ein bisschen getrickst, um mit ihm zusammenwohnen zu können. Manchmal ist es ganz praktisch, wenn Daddy Dearest ein finanzstarker Förderer der Uni ist, an der man studiert.

Das neue Semester beginnt erst in ein paar Tagen. Ich musste eine Menge Überzeugungsarbeit leisten, um früher zum Campus zurückkehren zu dürfen, aber Mom hat mich unterstützt. Wenn sie nicht wäre, hätte ich meinen Dad, dieses tyrannische Arschloch, wahrscheinlich schon längst erwürgt. Meine Mutter und ich sind ihm gleichgültig. Ihn interessiert nur Geld, und Geld ist auch die Waffe, mit der er mich in Schach hält.

Wenn ich nicht mache, was er sagt, setze ich mein Erbe aufs Spiel.

Mein Großvater hat testamentarisch verfügt, dass ich meinen Anteil erst nach meinem bestandenen Examen bekomme. Der alte Mann hatte Angst, dass ich das Studium sonst eventuell abbrechen würde, womit er zugegebenermaßen nicht ganz falschlag.

Leider bedeutet das auch, dass mein Dad bis dahin den Tresorschlüssel hat und ich kuschen muss.

Ja, ich hab Scheiße gebaut, aber ich bin ein gesunder Einundzwanzigjähriger. Ist doch klar, dass man da jede Menge Sex hat und säuft, bis der Arzt kommt! Ich bin auf dem College! Leben so nicht alle Studierenden, oder fast alle?

Letzten Sommer habe ich es allerdings etwas zu weit getrieben und aus Versehen eine Jacht gestohlen – ich dachte wirklich, sie gehöre meiner Familie. Na ja, ich hab auf dem Boot ’ne wilde Party steigen lassen und es danach geschrottet. Das war zu viel für Daddy Dearest, und seither übt er voll Druck aus.

Mein letztes Studienjahr ist daher echt scheiße. Gott sei Dank dauert es nur noch ein paar Monate. Sobald ich mein Diplom in der Tasche habe, kassiere ich mein Erbe, und weg bin ich.

Mal sehen, wie Dad reagiert, wenn er merkt, dass sein kostbares einziges Kind nicht vorhat, seine Nachfolge an der Spitze des Familienunternehmens anzutreten.

Jude ist noch nicht wieder zurück, und ich hab die Wohnung noch ein bisschen für mich allein, was mir nur recht ist. Es war cool, mit ihm zusammenzuwohnen, als wir noch gemeinsam Spaß hatten, aber ihm beim Feiern zuzusehen, nervt total. War meine Nummer mit der Jacht denn so schlimm?

Ja. Ja, war sie.

Jude und ich haben zwischen unseren Schlafzimmern einen gemeinsamen Wohnbereich, der groß genug für Sofa, Fernseher, Gaming-PC und eine kleine Küchenzeile ist. Wir teilen uns auch das Bad, was für mich anfangs seltsam war, da ich im Internat ein eigenes hatte und in einem Haus mit siebzehn Bädern aufgewachsen bin.

Ja, siebzehn.

Ich glaube, ich habe sie bis heute nicht alle benutzt.

Ich lege meinen Koffer auf mein ungemachtes Bett.

Auf dem Anwesen meiner Eltern wäre mein Bett längst frisch bezogen, und meinen Koffer hätte auch schon jemand ausgepackt.

Es war erst mal nicht ganz leicht, hier alles selbst zu machen. Sogar im Internat hat immer jemand hinter mir hergeräumt.

Aber inzwischen gefällt es mir, meinen Kram selbst zu erledigen. Na ja, ›gefällt‹ ist vielleicht etwas übertrieben, aber irgendwie ist es befreiend, nicht auf Schritt und Tritt bedient zu werden. Privilegien sind schon geil, aber leider ist nicht immer alles Gold, was glänzt.

Geld wie Heu zu haben, garantiert einem jedenfalls kein glückliches Leben.

Manchmal wird man zum Beispiel als Schachfigur missbraucht oder sogar als Boxsack. Und wehe, man wagt es, sich darüber zu beschweren.

Ich merke, wie sich bei all den Gedanken mein Hals zusammenschnürt. Eigentlich bin ich meistens gut drauf. Lasse nichts und niemanden an mich rankommen, schon gar nicht meinen Vater.

Ich öffne meinen Koffer und beginne, achtlos meine Sachen in die Kommodenschubladen zu stopfen. Wozu sich die Mühe machen, sie ordentlich zusammenzulegen, wenn ich sie doch sowieso wieder auseinanderfalten muss, sobald ich sie anziehe?

Als ich nach weniger als fünf Minuten fertig bin, fällt mir auf, wie unglaublich still es hier ist. Etwas zu still für meinen Geschmack.

Ich stelle meinen Bose-Lautsprecher an, rufe meine Get-Pumped-Playlist auf und lege mich auf den Fußboden, um Sit-ups, Push-ups und ein paar Burpees zu machen. Hauptsache, ich bin in Bewegung.

Stillstand ist überhaupt nicht mein Ding.

Ich trainiere, bis ich schweißnass bin, und gehe anschließend unter die Dusche. Als ich mit einem Handtuch um die Hüften aus dem Bad komme, steht Jude im Wohnzimmer.

Ich freue mich, ihn zu sehen, weiß aber auch, dass nun Highlife angesagt ist. Jude war nicht immer so ein Player wie jetzt, aber seit ihn seine langjährige Freundin wegen eines anderen Footballspielers verlassen hat, steht er total unter Strom.

»Hey, wie geht’s, Mann?«, begrüßt er mich breit grinsend. »Wie war’s auf der Skipiste?«

»Gut.« Ich rubble mir die Haare trocken.

Er kratzt sich am Kinn. »Mehr hast du nicht dazu zu sagen?«

»Äh … meeeegaaaaaa?«

»Oh, du scheinst ja super drauf zu sein. Weißt du, was dagegen hilft?« Er grinst noch breiter. »Bier und Mädels.«

»Und was schwebt dir da konkret vor?«

»Na, Harvey’s, was sonst?«

»Na gut. Warum nicht?« Harvey’s ist quasi unsere Campus-Stammkneipe, und ich könnte ein Bier oder auch fünf gut vertragen. Von unseren Freunden wird heute zwar kaum jemand da sein, weil die meisten noch nicht zurück sind, aber egal. Hauptsache, ich komme für eine Weile raus.

»Wann wollen wir los?«

»Um neun?«

»Klingt gut.«

Jude und ich setzen uns wie immer an den großen, hufeisenförmigen Tisch in der Nähe der Tanzfläche.

Und obwohl bei Harvey’s längst nicht so viel los ist wie sonst, dauert es nicht lang, bis wir Gesellschaft bekommen und Jude eine Blondine mit perfekter Oberweite auf dem Schoß hat. Eine Schönheit mit kohlrabenschwarzem langem Haar flirtet heftig mit mir, aber ich ignoriere sie, so gut es geht. Mit ihren festen Brüsten und den vollen Lippen, die ich nur zu gern mal um meinen Schwanz spüren würde, wäre sie eigentlich genau mein Typ, aber ich muss leider die Finger von ihr lassen. Mein Vater besteht darauf, dass ich mich zurückhalte, was Frauen angeht, und da ich kein Beziehungstyp bin, bedeutet das: totaler Sex-Verzicht. Und das seit über einem halben Jahr schon. Mein Körper hat sich inzwischen zwar an das Leben als Mönch gewöhnt, aber wenn mich eine Frau mit ihren Augen quasi anfleht, sie zu vögeln, ist es trotzdem verdammt hart.

»Hörst du mir überhaupt zu?«, fragt sie mich irgendwann genervt.

»Äh … Nein.« Ich mache mir noch nicht mal die Mühe zu lügen.

Sie verengt die braunen Augen zu schmalen Schlitzen. »Erinnerst du dich überhaupt noch an meinen Namen?«

Ich: »Nein.«

Sie: »Fiona hat recht, du bist tatsächlich ein Arschloch!« Meine Wange brennt wie Feuer, als sie mich ohrfeigt und den Tisch verlässt. Da ich mich noch nicht mal an ein Mädchen namens Fiona erinnern kann, bin ich wohl wirklich ein Arschloch.

Meine ersten drei Jahre in Aldridge waren ein einziger Rausch aus Alkohol, Frauen und Weed. Kein Wunder, dass ich mich an kaum noch was erinnern kann. Leider machen viele Dinge in nüchternem Zustand einfach keinen Spaß. Das Collegeleben hat viel von seiner Attraktivität verloren, seit ich nicht mehr feiern und vögeln darf, wie ich will, aber irgendwie werde ich die letzten Monate schon überstehen. Ich hab ja noch Baseball. Und danach krall ich mir mein Erbe und bin frei.

Ich wurde darauf gedrillt, das Familienimperium zu übernehmen, was unter anderem auch bedeutet, den Reichen und Berühmten Honig ums Maul zu schmieren, mit Politikern per Du zu sein und Royals zu bezirzen. Lange war das normal für mich – ich bin schließlich in diese Welt hineingeboren worden –, aber inzwischen bin ich auf Distanz gegangen. Ich will auf keinen Fall so wie mein Vater werden. Eiskalt und berechnend und ohne jede Rücksicht auf Verluste, selbst wenn es um das eigene Kind geht.

Die McCallisters sind seit Generationen steinreich. Ich kann meinen Stammbaum weit zurückverfolgen.

Wenn mich Freunde fragen, was genau meine Familie so macht, gehe ich entweder nicht darauf ein oder wechsle das Thema. Soll ich denen vielleicht erklären, dass ich von einem berühmten Mitglied des schottischen Königshauses abstamme, es im Land meiner Ahnen noch ein Schloss mit meinem Familiennamen gibt und unser Reichtum dank zahlreicher Firmen trotzdem immer noch wächst? Die McCallisters jagen dem Geld hinterher wie manche Menschen Pokémon. Aber nur eine Art Jagd erfordert ein moralisch fragwürdiges Verhalten.

Ich trinke mein Bier aus und beuge mich zu Jude, der inzwischen zwei Mädchen am Laufen hat.

»Willst du noch was trinken?«

Er zeigt wortlos auf sein leeres Glas.

Ich stehe auf und gehe zur Toilette. Der Abend macht mir keinen Spaß, und das liegt noch nicht mal daran, dass ich mich mit Alkohol und Sex zurückhalten muss. Vielmehr steckt mir noch der grauenhafte Urlaub mit meinen Eltern in den Knochen.

Was für eine Farce!

Das einzig Gute ist, dass mein Dad mich nicht mehr als menschlichen Boxsack missbraucht, seit ich an der Uni bin. Die blauen Flecken sind verschwunden, das Trauma nicht.

Ich kann wirklich froh sein, endlich von zu Hause weg zu sein. Nichts mehr mit ihm zu tun haben zu müssen.

Da ich allein bin, lüfte ich mein T-Shirt und betrachte die gezackte Narbe auf meinem Bauch. Dad hat mich mal auf dem Anwesen eines Cousins gegen ein schmiedeeisernes Tor geschubst, woraufhin sich eine der Spitzen in meinen Bauch gebohrt hat. Ich war damals erst zwölf und dachte, ich müsste sterben vor Schmerzen.

Dad hat die Tränen in meinen Augen gesehen und gebrüllt: »Sieh nur, was du schon wieder angestellt hast!«

Als sei es meine Schuld, dass er mich gestoßen hat.

Als sei auch nur irgendetwas meine Schuld gewesen.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht vor allem deshalb so viel Mist gebaut habe, um meinen Alten auf die Palme zu bringen. Als Kind habe ich noch versucht, ihm alles recht zu machen, weil mir das Schläge erspart hat, aber als ich zu groß wurde, um mich von ihm rumschubsen zu lassen, habe ich angefangen, bewusst über die Stränge zu schlagen.

Leider brauche ich jetzt mein Erbe. Anders komme ich nämlich nicht aus der ganzen Scheiße raus.

Bis vor Kurzem wäre ich noch nicht mal auf die Idee gekommen, dass ich auch einen anderen Weg einschlagen kann als den mir vorherbestimmten. Ich wusste gar nicht, dass so etwas überhaupt möglich ist, aber irgendwann hab ich kapiert, dass das Geld, das mir nach meinem Uniabschluss winkt, mein Ticket in die Freiheit sein kann.

Ich verlasse die Toilette wieder, gehe zum Tresen und bestelle ein Bier für Jude und ein langweiliges Wasser für mich. Wenn ich es ausgetrunken habe, werde ich mir ein letztes Bier gönnen und dann gehen.

Ich kehre zum Tisch zurück und stelle Jude sein Glas hin. »Dude, wo hast du so lange gesteckt? Du warst ja eine Ewigkeit verschwunden. Kleine Nummer geschoben?«

»Was sonst?«, murmele ich.

Jude ist zu sehr mit seinen Mädels beschäftigt – inzwischen sind es drei –, um den Sarkasmus in meiner Stimme zu hören.

Noch vor einem Jahr hätte ich genauso viele Chicks um mich geschart wie er, doch jetzt nervt mich das alles. Nachher werden die alle mit zu uns kommen, und ich muss mir dann die ganze Nacht das pornoreife Gestöhne aus Judes Zimmer anhören. Zum Glück habe ich meine Kopfhörer.

Nach einer weiteren Stunde quetschen wir uns alle in einen Uber-Minivan. Die drei Mädchen hängen förmlich an Judes Lippen. Sie halten ihn offenbar für das größte Gottesgeschenk unter der Sonne.

Kaum sind wir in unserer Wohnung, schließe ich mich in meinem Zimmer ein. Sicher ist sicher. Ich hab schon mal erlebt, dass sich nachts ein fremdes Mädel in mein Bett legt.

Einen Arm um meinen Kopf geschlungen, betrachte ich die im Dunkeln leuchtenden Dinosaurieraufkleber an der Wand neben meinem Bett. Sie sind irgendein billiger Plastikkram, den ich im Ein-Dollar-Laden gekauft habe – auch das eine Trotzaktion gegenüber meinen Eltern, weil sie mir so etwas früher nie erlaubt hätten.

»Wer zum Teufel macht hier eigentlich in aller Herrgottsfrühe so einen Lärm?«, schimpfe ich, bevor ich meine Decke zurückschlage und aufstehe. Ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass es schon nach zehn Uhr ist. »Okay, doch nicht mehr so früh.«

Unschlüssig kratze ich mir die Eier. Da das laute Geklapper nicht aufhört, beschließe ich nachzusehen und tapse aus meinem Zimmer.

»Ach du Scheiße!« Auf dem Sofa und dem Fußboden schlafen die drei Mädchen von gestern Nacht. Der Boden ist mit Spitzenunterwäsche und leeren Kondompackungen übersät, und beinahe stolpere ich über ein Fläschchen Gleitmittel. Von Jude keine Spur.

Der Krach kommt also von draußen.

Höchstwahrscheinlich ein Nachbar, der sich über den nächtlichen Lärm beschweren will. Wäre nicht das erste Mal.

Doch als ich die Wohnungstür aufreiße, steht wider Erwarten kein Nachbar vor mir.

Sondern mein Vater.

Mein!

Vater!

»Was machst du denn hier?«, frage ich erschrocken und reibe mir die Augen, um mich zu vergewissern, dass ich nicht halluziniere. Aber wie zu erwarten, steht mein Vater nach dem Augenreiben immer noch vor mir.

»Kann ich meinem Sohn nicht mal einen Besuch abstatten?« Dad blitzt mich herausfordernd aus seinen kalten silbergrauen Augen an.

»Das hast du bisher noch nie getan. Wie komme ich zu der Ehre?« Ich halte die Tür nur einen schmalen Spalt auf, Dad darf das Chaos hinter mir keinesfalls entdecken.

Gottverdammte Scheiße, Jude!

»Ich wollte mich nur vergewissern, dass du dich gut eingewöhnt hast.«

»Du bist nicht extra von Vale hergeflogen, um zu sehen, ob ich mich gut eingewöhne?« Verächtlich ziehe ich die Luft ein und verschränke die Arme über der Brust. »Du hast mich noch nicht mal hergebracht, als mein Studium anfing, also nimm es mir nicht übel, wenn ich dir diesen Scheißvorwand nicht abkaufe.«

»Lass mich endlich rein.«

Niemals!

»Warum sollte ich?«

»Was verbirgst du vor mir?«

»Gar nichts. Ich habe nur keine Lust, so zu tun, als wäre zwischen uns alles in bester Ordnung. Diese Zeiten sind vorbei. Außerdem sind hier gerade keine Fotografen, du brauchst dich also nicht zu verstellen.«

»Das ist richtig.« Seine Augen blitzen hasserfüllt auf, bevor er mich heftig gegen die Tür schubst, womit er mich total überrumpelt. Rasch schiebt er sich an mir vorbei in die Wohnung.

Seine Wut ist fast mit Händen greifbar, als er die drei nackten Mädels entdeckt.

»Das kann ja wohl nicht wahr sein!« Wutentbrannt stößt er mich gegen den Kühlschrank.

»Nimm deine scheiß Hände von mir!«, presse ich hervor.

»Du hast mir gar nichts zu sagen!« Dad schnaubt wie ein tollwütiges Tier.

Diesmal schubse ich ihn und klopfe mir anschließend nicht vorhandenen Staub von der Brust. Tue so, als ließe mich sein brutaler Angriff kalt. Aber selbst wenn man sich gegen Misshandlungen wehren kann, tun sie weh – zumindest seelisch. Eltern sollen ihre Kinder beschützen und nicht verletzen.

»Ich habe dich ausdrücklich gewarnt!« Wutschäumend zeigt er auf die Mädchen. Sein sonst eher blasses Gesicht ist rot angelaufen, und auf seiner Stirn pulsiert eine Ader.

»Das hier …«, ich zeige ebenfalls auf die Mädchen, »… ist nicht mein Werk, sondern Judes. Jude ist mein Mitbewohner. Die Frauen stehen nun mal auf ihn.«

»Ich sehe aber gerade nicht deinen Mitbewohner, sondern dich!«

»Weil Jude in seinem Zimmer seinen Alkohol- und Sexrausch ausschläft!«

Mein Vater hebt eine Hand und ohrfeigt mich.

Der Mann hat seit Jahren nicht mehr Hand an mich gelegt, und jetzt hat er mich in weniger als fünf Minuten geschubst, gestoßen und geschlagen. Seine Wut ist mörderisch.

Er tut immer so, als sei er nur sauer auf mich, weil ich nicht der ideale Sohn bin, aber wir wissen beide, dass das nicht stimmt. Selbst wenn ich komplett nach seiner Pfeife tanzen würde, würde er mich noch schlagen, weil es ihm nicht genügt, reich und mächtig zu sein. Richtig unbesiegbar fühlt er sich erst, wenn er andere misshandelt.

»Wehe, du rührst mich noch mal an!«

Seine Augen starren mich herablassend an. Er würde es glatt drauf ankommen lassen.

Denk an dein Erbe. Noch hat er die Kontrolle darüber.

Ich verfluche Grandpa dafür, abgekratzt zu sein. Er war zwar auch nicht gerade ein Heiliger, aber immerhin besser als mein Vater.

»Ich habe dich ausdrücklich gewarnt, was passieren wird, wenn du wieder Scheiße baust …«

»Diese Scheiße hier ist nicht mein Werk!« Am liebsten würde ich ihm eine reinhauen, tue es aber nicht. Denk an das Geld. Nicht mehr lange und du bist frei. »Außerdem«, lüge ich, »habe ich eine feste Freundin, und im Gegensatz zu dir bin ich meinen Partnerinnen treu.«

»Du hast keine Freundin.«

Da hat er recht, aber ich bleibe trotzdem dabei.

»Doch.«

»Und warum hast du sie während des ganzen Skiurlaubs nicht einmal erwähnt?«

»Wann haben wir je über mein Privatleben gesprochen?« Ich nutze seine vorübergehende Verunsicherung, um hinzuzufügen: »Meine Freundin und ich sind noch nicht lange ein Paar. Wir sind erst vier Wochen vor den Ferien zusammengekommen.«

Skeptisch schürzt er die Lippen. »Beweis es mir.«

»Was soll ich?«

»Beweis es mir«, beharrt er. »Bring deine angebliche Freundin nächstes Wochenende mit zum Abendessen.«

»Das kann ich nicht.«

»Wenn wirklich stimmt, was du sagst, werde ich …«, angewidert schnippst er in Richtung der nackten Mädchen, »… hierüber hinwegsehen.«

»Vergiss es. Ich habe eine Freundin. Basta.«

»Hm …« Er glaubt mir kein Wort. »Wir sehen uns nächsten Samstag um sieben.«

Dad zupft an seinen Manschetten und verlässt ohne ein weiteres Wort die Wohnung.

Eins der Mädchen hebt schläfrig blinzelnd den Kopf und sieht mich an.

»Hat da gerade jemand eine Tür zugeschlagen?«

Resigniert werfe ich die Hände in die Luft. Es ist noch nicht mal Mittag, aber dieser Scheißtag ist für mich jetzt schon gelaufen!

KAPITEL ZWEI

Vanessa

Ich fahre viel später zur Uni zurück als ursprünglich geplant.

Normalerweise würde ich nie erst zu Semesterbeginn anreisen, aber diesmal ließ sich das nicht vermeiden.

Als ich mit meinem Studi-Ausweis das Wohnheim betreten will, gibt das Gerät nur einen lauten Summton von sich und blinkt rot.

»Was soll das denn?«

Auch der zweite Versuch klappt nicht. Verwirrt betrachte ich meine Karte. »Soll das ein Witz sein?!«

Ich bin die ganze Nacht durchgefahren und total erledigt. Eigentlich wollte ich erst mal duschen und mich vor meiner ersten Vorlesung kurz hinlegen, aber daraus wird wohl nichts. Mist!

Genervt mache ich mich auf den Weg zum Verwaltungsgebäude auf der anderen Campus-Seite und fange mir gleich ein paar seltsame Blicke von meinen Kommilitonen ein. Scheiß drauf! Ich hab gerade miese Laune, bin total verschwitzt und am Verhungern – eine tödliche Kombination.

Bevor ich jedoch wutentbrannt in das Gebäude stürme, atme ich tief durch und schärfe mir ein, meinen Ärger nicht an der Sekretärin auszulassen. Höchstwahrscheinlich spinnt nur die Elektronik, aber ich brauche nun mal einen funktionierenden Ausweis, um in meine Wohnung zu kommen und etwas zu essen zu kriegen.

Ich setze ein Lächeln auf und betrete das Sekretariat.

»Hi«, grüße ich die Frau hinterm Schreibtisch. »Mit meinem Ausweis scheint irgendetwas nicht zu stimmen.« Ich halte ihr die Plastikkarte hin. »Ich wollte damit gerade in mein Wohnheim, aber irgendwie hat das nicht geklappt.«

»Hm …« Sie schiebt ihre Brille etwas höher auf die Nase. »Das ist ja seltsam.«

Sie nimmt meine Karte und begutachtet sie von allen Seiten, bevor sie sie durch eine Art Kreditkartenlesegerät zieht.

Ich kann hören, wie hinter mir die Tür aufgeht. Der Duft eines teuren Männerparfums steigt mir in die Nase.

Obwohl ich mich nicht umdrehe, ist die Präsenz des Neuankömmlings deutlich spürbar. Wer auch immer hinter mir steht, nimmt viel Raum für sich in Anspruch.

Die Sekretärin betrachtet weiterhin irritiert meinen Ausweis und beginnt, etwas in ihren Computer einzutippen.

»Oh, Honey …«, beginnt sie dann. Zögernd hebt sie den Blick von ihrer Tastatur und sieht mich voller Mitgefühl an. »Ihre Semestergebühren wurden nicht bezahlt, also sind Sie streng genommen keine Studierende mehr.«

Panik steigt in mir auf. »Wie meinen Sie das? Was soll das heißen, die Semestergebühren wurden nicht bezahlt? Ich habe doch ein Stipendium! Das hier ist mein letztes Semester! Ich werde in ein paar Monaten meinen Abschluss machen!«

»Sieht ganz so aus, als sei Ihnen das Stipendium entzogen worden.«

»Was … aber wie ist das möglich?«

»Für so etwas kann es mehrere Gründe geben.« Sie zuckt mit den Schultern. »Wenn die Gebühren bis Freitag nicht bezahlt sind, können wir leider nichts weiter für Sie tun, und so lange kommen Sie auch nicht in Ihre Wohnung.«

»Aber meine ganzen Sachen sind in meinem Zimmer!«, protestiere ich verzweifelt.

Bisher dachte ich immer, dramatische Ohnmachtsanfälle gibt es nur im Kino, aber mir wird plötzlich so schwindlig, dass ich ins Schwanken komme … was natürlich auch mit meinem leeren Magen zusammenhängen kann.

»Wie schon gesagt …«

»Ich weiß, ich weiß.« Ich habe das Gefühl, dass mir gerade der Boden unter den Füßen weggezogen wird.

Nie im Leben kann ich die Semestergebühren allein aufbringen. Ich bin schließlich nicht ohne Grund Stipendiatin. Aldridge ist eine Uni für die Sprösslinge der Reichen und Berühmten und nicht für mittellose Landeier aus Georgia.

Aldridge University ist meine einzige Chance, dem Schicksal als Supermarktverkäuferin oder Tankstellenangestellte zu entgehen. Meine Brust schnürt sich zusammen, als mir bewusst wird, was mir droht, wenn kein Wunder passiert. Ich werde nach Hause zurückkehren und mir von meiner frohlockenden Schwester unter die Nase reiben lassen müssen, dass sie mir mein Scheitern von Anfang an prophezeit hat.

Ich möchte unbedingt im PR-Bereich arbeiten, aber dafür brauche ich ein abgeschlossenes Studium.

Und jetzt sind alle meine bisherigen Bemühungen umsonst, weil mir aus einem völlig unerfindlichen Grund mein Stipendium entzogen wurde.

»Aber man hat mich gar nicht benachrichtigt«, beschwere ich mich. »Niemand hat mich darüber informiert, dass ich das Stipendium verloren habe!«

Wieder tippt die Sekretärin etwas in ihren Rechner und teilt mir mit, wann der entsprechende Brief rausgegangen ist.

Ich schließe verzweifelt die Augen, als mir dämmert, warum meine Schwester während der Weihnachtsferien ständig so schadenfroh vor sich hin gegrinst hat.

Sie muss den Brief irgendwie abgefangen haben. Sie wusste Bescheid. Sie wusste es, verdammt noch mal, und hat mir kein Wort gesagt!

Wahrscheinlich kann sie es kaum erwarten, dass ich wieder zu Hause angekrochen komme.

Ich hasse sie! Bitch!

»Ich verstehe. Danke für Ihre Hilfe.«

»Es tut mir wirklich leid.« Das klingt sogar aufrichtig. Als die Sekretärin jedoch den Blick zu dem Menschen hebt, der hinter mir steht, verengt sie die Augen zu schmalen Schlitzen. »Teddy McCallister, haben Sie Ihren Ausweis etwa schon wieder verloren? Das wäre dann das fünfte Mal dieses Jahr!«

»Aber, aber, Mrs. Jostin«, höre ich eine männliche Stimme säuseln. »Es ist doch mein Abschlussjahr. Da muss ich doch die Chance nutzen, meinen eigenen Rekord zu brechen.«

Da ich vor Schock innerlich immer noch wie betäubt bin, mache ich dem Typen hinter mir erst jetzt Platz.

Tatsache. Es ist Teddy McCallister.

Campusschwarm. Playboy. Partylöwe.

Wir kennen uns nicht persönlich. Doch seine grünen Augen, die wie zwei Smaragde funkeln, nehmen mich unvermittelt gefangen. Um das Ganze noch unfairer zu machen, hat er nicht nur die schönsten Augen, die ich je gesehen habe, sondern auch noch die längsten, vollsten Wimpern. Auch sonst ist er unfassbar attraktiv – eine gelungene Mischung aus kultiviert und sportlich. Der Inbegriff von sexy. Mit seinen hohen Wangenknochen, dem markanten Kinn und den gekonnt verwuschelten dunklen Haaren erinnert er mich an den jungen Luke Perry, möge er in Frieden ruhen. Dank meiner Mom habe ich früher sehr für den Serienhelden aus den Neunzigern geschwärmt und Beverly Hills, 90210 mindestens zehnmal gebingt.

Teddy McCallister betrachtet mich aufmerksam und lächelt. Ich wünschte, ich könnte gerade seine Gedanken lesen.

Mrs. Jostin räuspert sich vernehmlich. »Teddy?«

Ich bin die Erste, die den Blickkontakt abbricht. Vollkommen durch den Wind eile ich aus dem Sekretariat.

Als ich Teddy McCallisters Smaragdaugen entkommen bin, atme ich kurz auf … bevor die schreckliche Realität mich einholt.

Was. Um. Alles. In. Der. Welt. Soll. Ich. Denn. Jetzt. Nur. Machen??

Normalerweise bin ich immer ziemlich ausgeglichen und bewahre auch in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf, aber gerade jetzt empfinde ich nichts als Panik. Von meinem Nebenjob als Kellnerin konnte ich in den letzten Jahren nur ein paar tausend Dollar zusammensparen. Das reicht noch nicht mal ansatzweise, um die Semestergebühren zu bezahlen, und keine Bank der Welt würde mir einen Kredit gewähren.

Ich zwinge mich, das Gebäude zu verlassen. Die kalte Winterluft erinnert mich schlagartig daran, wie müde ich von der Autofahrt bin, und jetzt kann ich mich noch nicht mal hinlegen! Ich komme auch nicht mehr an meine Sachen ran. Mein einziges Hab und Gut besteht aus meinem Feriengepäck.

Erst rollt mir nur eine Träne übers Gesicht, doch dann folgt eine wahre Sturzflut von Tränen.

O Gott, wie peinlich!

Als ich eine Bank in der Nähe entdecke, setze ich mich erst einmal hin, um nicht auch noch umzukippen.

Schluchzend durchwühle ich meine Handtasche nach einem Taschentuch, finde jedoch nur eins, in dem ein Kaugummi klebt. Igitt.

Sieht ganz so aus, als müsste ich mir die Tränen mit dem Ärmel meiner Jacke abwischen.

Schniefend trockne ich mir das Gesicht, während ich mir das Hirn nach einer Lösung für mein Dilemma zermartere.

Ich könnte vielleicht als Stripperin arbeiten. Mein rundlicher Körper ist schön, finde ich.

Andererseits kann ich null tanzen.

Ich habe nicht einen Funken Rhythmusgefühl.

Hab ich wahrscheinlich von meinem Vater geerbt.

Also kommt strippen wohl eher nicht infrage. Vielleicht kann ich ja stattdessen in einem Stripclub als Barkeeperin arbeiten. Das Trinkgeld ist garantiert viel besser als bei meinem derzeitigen Job im Burger Palace.

Das Dumme ist nur, dass ich die Semestergebühren komplett bezahlen muss, und zwar bis Ende dieser Woche.

Es gibt keine Möglichkeit, sie abzustottern.

Meine Lage ist aussichtslos.

Ich werde mein Studium abbrechen müssen. Gilt man eigentlich als Studienabbrecherin, wenn man dazu gezwungen wurde?

Dabei schwimmt Aldridge doch nur so in Geld. Die Uni könnte mich doch einfach durchwinken, aber den Gefallen werden sie mir natürlich nicht tun. Nicht irgendeiner armen Studierenden aus …

»Hey.«

Eine männliche Stimme lässt mich erschrocken hochgucken. Es ist mir total unangenehm, in Tränen aufgelöst gesehen zu werden. Viel zu privat. Außerdem sind meine Augen garantiert rot und verquollen.

Mein Unwohlsein steigert sich noch mehr, als ich sehe, dass die Stimme zu Teddy McCallister gehört.

Er hat also nicht nur die demütigende Info mitbekommen, dass sich mein Stipendium in Luft aufgelöst hat, sondern ertappt mich jetzt auch noch bei einem Nervenzusammenbruch, wie ich ihn zuletzt nach der Auflösung von One Direction hatte.

Das war der drittschlimmste Tag meines Lebens.

Das hier ist offensichtlich der schlimmste, und an den zweitschlimmsten will ich gerade nicht denken.

»Oh …«, murmele ich. »Äh … hi.«

»Alles okay mit dir?«

»Ja, alles super.«

Er mustert mich aus schmalen Augen. »Du lügst.«

»Wie kommst du nur darauf? Wegen der Tränen, des hysterischen Schluchzens oder meiner rot angeschwollenen Visage?«

»Alles zusammen.«

Seufzend nehme ich meine Handtasche und stehe auf. »Mach dir keine Gedanken, es geht mir gut.«

Dieser Typ hier ist definitiv der Letzte, mit dem ich über meine Misere reden will. Ich kann auch in meinem Auto weiterweinen. Wahrscheinlich werde ich da sogar schlafen müssen, weil ich das bisschen Geld, das ich noch habe, nicht für ein Hotel ausgeben will.

»Sieht aber nicht so aus.« Er sagt das geradezu belustigt.

Wahrscheinlich kann sich jemand wie er einfach nicht vorstellen, wie es ist, komplett auf dem Trockenen zu sitzen. Wie ich gehört habe, stammt er aus einer der reichsten Familien der Welt, nicht nur der Vereinigten Staaten. So viel Geld kann ich mir noch nicht mal ansatzweise vorstellen.

»Ich komm schon klar. Aber danke für die Nachfrage.«

Ich bin gerade erst drei Schritte gegangen, als er mich zurückhält. »Warte! Geh noch nicht.«

Plötzlich klingt er nicht mehr belustigt. In seiner Stimme schwingt fast so etwas wie Verzweiflung mit.

Langsam drehe ich mich zu ihm um. »Warum soll ich nicht gehen?«

Unbehaglich tritt er von einem Fuß auf den anderen, schiebt die Hände in die Hosentaschen, bevor er schließlich herausplatzt: »Ich glaube, ich könnte dir helfen.«

»Mir helfen?«, frage ich verwundert.

Er nickt. »Mit deinem Stipendium, meine ich. Du hast vorhin erwähnt, dass du bald fertig bist, also fehlt dir nur noch ein Semester und …«

Als ich eine Hand hebe, um ihn zum Verstummen zu bringen, klappt er den Mund zu meiner Überraschung wieder zu. »Und wie um alles in der Welt willst du das machen? Es handelt sich schließlich nicht um eine kleine Summe …«

»Na ja, ich brauche dringend einen Gefallen, einen großen Gefallen sogar. Wenn du mir hilfst, übernehme ich die Semestergebühren für dich.«

Ich starre ihn entgeistert an. »Was für ein Gefallen soll das sein? Und woher hast du überhaupt so viel Geld?« Selbst wenn Teddy aus einer reichen Familie stammt, heißt das ja noch lange nicht, dass er Zugriff auf die Konten hat.

»Ja, hab ich. Ich komm zwar erst an mein Erbe ran, wenn ich mein Studium abgeschlossen habe, aber meine Mom hat mir ein Konto eingerichtet, auf dem ein paar Hunderttausend liegen. Das sollte reichen …«

Er spricht so beiläufig über ein paar Hunderttausend Dollar wie ich über fünf.

Ich muss schlucken. »Ich gebe keine Blowjobs für Geld.«

Er lacht kurz auf. »Ich will doch keinen Blowjob von dir.«

»Was willst du dann?«

Ich kann kaum fassen, dass ich ihn das tatsächlich frage.

»Hör zu …« Er verstummt und zeigt auf die Bank. »Am besten setzt du dich erst mal wieder hin … oder vielmehr wir sollten uns hinsetzen«, stammelt er, was ich unter anderen Umständen vielleicht ganz niedlich fände, aber im Moment fehlt mir dafür echt der Sinn.

»Ich bleib lieber stehen.«

»Wie du willst. Also …« Seufzend fährt er sich mit der Hand durchs Haar. »Hör zu, ich brauche eine Freundin, eine falsche Freundin, weil ich meinem Vater gegenüber, der übrigens ein richtiger Vollarsch ist, behauptet habe, in einer festen Beziehung zu sein. Er wollte mir nämlich eine andere Sache nicht glauben, obwohl die stimmte, sodass mir nichts anderes übrig blieb, als zu lügen, und natürlich hat er mir das nicht abgenommen und von mir verlangt, meine Freundin nächstes Wochenende zum Abendessen mitzubringen. Du würdest mir einen Riesengefallen tun, wenn du dich als meine Partnerin ausgeben könntest. So, wie ich meinen Dad kenne, kann es jedoch gut sein, dass ihm das eine Abendessen nicht reicht, sodass wir das Ganze vielleicht noch ein bisschen ausdehnen müssen. Wenn es richtig blöd läuft, müssen wir vielleicht sogar heiraten und Kinder kriegen …«

Er redet wie ein Wasserfall.

»Soll das ein Witz sein?!«, gehe ich irgendwann dazwischen.

Er fasst sich an den Schritt. »Ich mache keine Witze über zukünftige Teddy McCallisters. Obwohl ich ein Kind nie nach mir benennen würde. Unsere Kinder würden eigene Namen bekommen.«

»Ich will aber keine Kinder von dir!«

Er grinst. »Bist du dir da wirklich sicher?«

»Natürlich! Was ist eigentlich los mit dir?« Meine Tränen sind inzwischen versiegt. Ich schenke ihm den strengsten Blick, den ich zustande bringe. »Du bist ja total übergeschnappt!«

»O nein, Babe, ich bin ganz klar im Kopf. Das hier ist eine reine Vernunftentscheidung. Zu unserem beiderseitigen Nutzen. Du brauchst jemanden, der deine Gebühren bezahlt, und ich brauche eine falsche Freundin.«

»Aber niemand gibt so ’ne Summe für eine falsche Freundin aus! Außerdem bist du hier heiß begehrt. Der halbe Campus würde dir den Gefallen auch umsonst tun.«

»Danke fürs Kompliment, aber der zentrale Punkt ist: Du willst nichts von mir. Und das macht dich für mich zur idealen Kandidatin.«

Ich lache auf. »Nein, ich will nichts von dir. Da brauchst du dir tatsächlich keine Sorgen zu machen!«

»Ich gehe dann mal wieder da rein …«, er zeigt Richtung Verwaltungsgebäude, »… und bezahle. Du brauchst nur Ja zu sagen.«

Ich traue meinen Ohren nicht. »Du bist echt total durchgeknallt.«

»Das bin ich keineswegs, glaub mir. Ich bin total rational.«

»Kein rationaler Mensch würde einfach so für jemand anderen die Semestergebühren bezahlen.«

Er zuckt die Achseln. »So viel Geld ist das nun auch wieder nicht.«

Seine Worte ärgern mich irgendwie. Mag ja sein, dass das für ihn nur Peanuts sind, aber ich kann mir kaum einen Kaffee oder ein Paar Leggings leisten, und er spricht von fast vierzigtausend Dollar, als sei das »nicht so viel Geld«.

Ich streiche mir eine Haarsträhne hinters Ohr.

Er folgt meiner Handbewegung mit den Augen. »Sag Ja, bitte! Dabei fällt mir ein … wie heißt du eigentlich? Ich sollte ja wenigstens den Namen meiner falschen Freundin kennen.«

»Ich habe noch längst nicht Ja gesagt, aber ich heiße Vanessa.«

»Vanessa …« Er lässt sich meinen Namen auf der Zunge zergehen wie teuren Wein. »Du brauchst mich, und ich brauche dich. Eine symbiotische Beziehung.«

»Es ist keine Beziehung.«

»Bitte!« Er verzieht die Lippen zu einem Schmollmund und schenkt mir einen treuherzigen Hundeblick. »Ich brauche dich wirklich.«

Wie kommt er nur auf diese völlig absurde Idee? Er könnte jedes Mädchen auf dem Campus fragen. Die meisten würden bestimmt sofort begeistert mitmachen, schon allein, um in Kontakt zur Welt von so einem rich kid wie ihm zu kommen. Mich interessiert so was nicht.

Vielleicht sollte ich ihn erst mal um etwas Bedenkzeit bitten. Andererseits, was gibt es schon groß nachzudenken? So schwer kann es schließlich nicht sein, in die Rolle seiner Freundin zu schlüpfen. Im Gegensatz zu ihm kostet mich das nichts, ich kann eigentlich nur gewinnen …

»Na gut.«

Seine Augen weiten sich überrascht. Offenbar hat er mit mehr Widerstand gerechnet. »Dann heißt das also Ja?«

»Ja. Du hast hiermit eine falsche Freundin.«

Sofort hält er mir eine Hand hin, um unsere Abmachung zu besiegeln. Ich schlage ein. Seine Hand fühlt sich rau und schwielig an, ganz anders, als man bei einem so reichen Jungen vermuten würde. Vermutlich liegt das daran, dass er Baseball spielt.

Als er mit Händeschütteln fertig ist, nimmt er mich in die Arme und drückt mich so fest an sich, dass mir förmlich die Luft wegbleibt. Überglücklich strahlt er mich an. Seine weißen Zähne blenden mich geradezu. Wahrscheinlich haben sie ein Vermögen gekostet.

»Du rettest mir echt das Leben, Van.«

»Ich heiße Vanessa.«

»Also, als falscher Freund sollte ich dich mit einem Spitznamen ansprechen. Das klingt irgendwie vertrauter.«

»Na gut, Ted.«

»Ted?«, wiederholt er entsetzt. »Ich bin doch kein Serienkiller, sondern ein Knuddelbär. Bleib bitte bei Teddy. Das ist schließlich schon ein Spitzname.«

»Stimmt«, sage ich seufzend. Hoffentlich habe ich nicht gerade einen schrecklichen Fehler gemacht. Aber was hätte ich tun sollen? Ich stecke nun mal in einer Notlage und kann es mir schlicht nicht leisten, diesen wahrscheinlich einfachen Ausweg aus meiner Misere auszuschlagen.

»Wir sollten vielleicht Handynummern austauschen.«

»Ach so, ja. Von mir aus.«

Das hier ist mit Abstand das schrägste Gespräch, das ich je geführt habe.

»Und uns heute Abend treffen.«

»Wozu denn?«

Er schüttelt sich das Haar aus der Stirn. »Um uns besser kennenzulernen. Ich hab meinem Vater gesagt, dass wir vier Wochen vor den Weihnachtsferien zusammengekommen sind, also haben wir einiges nachzuholen.«

Wieder seufze ich. »Klingt nachvollziehbar.«

Er nickt befriedigt. »Ich ruf dich an und teil dir die Deets mit.«

Deets?! Wer um alles in der Welt sagt so was?

»Mach das.«

»Ich bezahl deine Semestergebühren später. Meine Vorlesung fängt gleich an, und ich muss vorher noch mal zurück in mein Zimmer.«

Sieht ganz so aus, als hätte ich mein Problem gelöst und könnte mein Studium doch wie geplant im Frühjahr abschließen. Schlagartig wird mir bewusst, was für ein Geschenk die Zufallsbegegnung mit Teddy eigentlich ist.

»Sollten wir nicht einen Vertrag aufsetzen oder so? Schon allein, damit du die Garantie hast, dass ich dich nicht hängen lasse?«

»Wäre wahrscheinlich klüger, aber ich will keine Spuren. Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich dir vertrauen kann, Van, und mein Bauchgefühl täuscht mich nur selten. Hast du denn vor, mich im Stich zu lassen?«

Ich schnaube verächtlich. »Natürlich nicht!«

»Dann brauchen wir auch keinen Vertrag.«

»Das hier ist echt total irre.« Erschöpft reibe ich mir über die Schläfen.

»Das hast du schon gesagt. Mehrfach sogar«, bemerkt er grinsend. »Bis heute Abend.«

Er zwinkert mir zu, joggt zu seinem blauen Porsche und braust davon.

Was um alles in der Welt hast du dir da bloß eingebrockt, Vanessa?

Leider ist es nun zu spät, noch einen Rückzieher zu machen.

KAPITEL DREI

Teddy

Nach einer knappen halben Stunde Autofahrt erreiche ich die Raststätte, die Vanessa mir als Treffpunkt vorgeschlagen hat, damit wir uns ohne Campus-Publikum über alles austauschen können, was Menschen so übereinander wissen, wenn sie seit etwa zwei Monaten zusammen sind.

Mein Wagen fällt auf diesem Parkplatz auf wie ein bunter Hund, aber was soll’s.

Vanessa ist schon drin, wie sie mir geschrieben hat.

Nicht zum ersten Mal an diesem Tag frage ich mich, was ich hier eigentlich mache. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich heute Morgen spontan das Bedürfnis verspürt habe, Vanessa zu helfen, als ich ihr Problem mitbekommen habe. Vielleicht wollte ich auch ausnahmsweise mal etwas Sinnvolles mit dem Geld meiner Eltern machen. Na ja, und außerdem brauche ich dringend eine Fake-Freundin, und Vanessa bot sich irgendwie an.

Ich nehme meine Sonnenbrille ab und stecke sie in meinen Becherhalter.

Als ich die Raststätte betrete und mir der Geruch von Fastfood in die Nase steigt, überkommt mich ein Riesenhungergefühl. Vanessa hat schon einen Tisch gefunden und winkt mir zu.

Lächelnd gehe ich zu ihr und küsse sie auf eine Wange, bevor ich mich ihr gegenüber hinsetze.

»Sorry«, sage ich. »Ich wollte dir mit meiner Begrüßung nicht zu nahe kommen, aber ….«

Ich war schon immer ein sehr körperbetonter, herzlicher Mensch, vergesse aber manchmal, dass andere Menschen das nicht immer genauso empfinden.

»Macht nichts.« Sie streicht sich eine dunkelbraune Locke hinters Ohr. »Ich muss mich ja sowieso daran gewöhnen.«

Wenn ich Vanessa so betrachte, finde ich sie richtig schön. Verrückt, dass sie mir bisher noch nie aufgefallen ist. Unsere Wege müssten sich eigentlich längst in der Mensa, im Coffeeshop oder bei irgendeiner Party gekreuzt haben. Die Uni ist zwar groß, aber trotzdem …

»Hast du Hunger?«, reißt sie mich aus meinen Gedanken.

»Und wie.«

Sie reicht mir eine laminierte Speisekarte, die sich etwas klebrig anfühlt. Hoffentlich liegt das am Desinfektionsmittel und nicht an irgendwelchen Fingerabdrücken, aber ich befürchte, es ist Letzteres.

Während Vanessa das Angebot studiert, fällt mir auf, dass sie beim Nachdenken total niedlich die Nase rümpft.

Niedlich? Echt jetzt, Teddy? Du kannst deine falsche Freundin doch nicht niedlich finden!

Andererseits kann es ja nicht schaden, wenn ich mich zu Vanessa hingezogen fühle. Offen gesagt würde ich sogar glatt mit ihr ins Bett gehen.

Es wäre auch eine Lüge, zu behaupten, dass ich Vanessas üppigen Po und ihr glänzendes Haar nicht heimlich abgecheckt habe, als ich im Sekretariat hinter ihr stand. Auch ihre sanfte Stimme hat mich sofort angezogen. Und als sie sich umgedreht hat und ich ihre blauen Augen, die sinnlichen Lippen à la Angelina Jolie und ihre großen Brüste gesehen habe, kam mir irgendwie ganz schnell meine geniale Idee.

Und warum auch nicht? Ich bin schließlich auch nur ein Mann. Zwei Titten und ein Arsch zum Anfassen und ich bin happy.

Es ist ein Jammer, dass Frauen für mich gerade tabu sind.

Es sei denn natürlich, ich bin mit ihnen zusammen.

Oder vielmehr fake-zusammen.

»Warst du schon mal hier?« Ich trommle mit den Fingern auf den Tisch. Energieüberschuss – hab ich quasi ständig.

»Ja, ich habe früher hier gearbeitet.«

»Ach ja? Und wo arbeitest du jetzt?«

Sie beißt sich auf die Unterlippe. »Im Burger Palace. Ich arbeite als Kellnerin. Wahrscheinlich nicht dein üblicher Umgang.«

Ihr Tonfall klingt abweisend, aber es wundert mich nicht, dass sie Vorurteile gegenüber jemandem wie mich hat. Ich wurde schließlich tatsächlich mit einem goldenen Löffel im Mund geboren.

Besser, ich wechsle das Thema. »Kannst du mir etwas empfehlen?«

»Auf keinen Fall die Nudeln. Die Steaks sind ganz okay, aber falls Julio gerade in der Küche ist, sind sie wahrscheinlich angebrannt. Am besten sind noch die Sandwiches, damit kannst du nichts falsch machen.«

Ich drehe die Speisekarte um und lese Sandwich-Namen wie Dolly Parton’s Boobs und Billy Ray’s Mullet.

»Hi, ihr beiden. Ich bin Sheila und werde euch heute bedienen. Was kann ich euch zu trinken bringen?«

»Limonade«, antwortet Vanessa lächelnd. »Ich würde auch gern gleich etwas zu essen bestellen, falls er hier so weit ist.«

»Bin ich.«

»Okay.« Diesmal lächelt Vanessa mir zu. Ihr Lächeln wirkt allerdings etwas verkrampft. Daran müssen wir dringend arbeiten. Wenn mein Dad sie so lächeln sieht, merkt er sofort, dass etwas faul ist. »Ich nehme Before He Cheats auf Weizen mit Pommes.«

»Und was willst du?« Die Kellnerin wendet sich mir zu und zückt ihren Kugelschreiber.

»Eine Cola und Luke Bryan’s Jeans, auch mit Pommes bitte.«

»Ich gebe die Bestellung weiter und bringe euch dann eure Getränke.«

Als die Kellnerin weg ist, seufzt Vanessa leise, bevor sie mir wieder verlegen zulächelt. Es scheint ihr schwerzufallen, mich direkt anzusehen, ihr Blick wandert ständig woanders hin.

Vorhin wirkte sie ziemlich hitzköpfig, aber jetzt ist davon nichts mehr zu spüren. Irgendwie habe ich jedoch das Gefühl, dass ihr Temperament schnell wieder zurückkehren wird. Ich freue mich schon darauf. Es gibt schließlich kein besseres Vorspiel als einen verbalen Schlagabtausch.

Nachdem wir unsere Drinks bekommen haben, lege ich los.

Ich ziehe ein zerknittertes Blatt Papier aus meiner Manteltasche, auf dem ich mir schon mal ein paar Fragen notiert habe, und zücke einen Kugelschreiber.

»Lieblingsfarbe?«

Sie blinzelt mich verständnislos an.

»Ich habe dich nach deiner Lieblingsfarbe gefragt«, wiederhole ich. »Als dein vorübergehender falscher Freund sollte ich die kennen und du umgekehrt natürlich auch. Deswegen sind wir schließlich hier.«

»Stimmt.« Als sie mit einer Haarsträhne zu spielen beginnt, merke ich mir, dass das wohl eine nervöse Angewohnheit von ihr ist. Außerdem kneift sie wieder so niedlich ihre Nase zusammen, als sie antwortet: »Äh … Grün. Und deine?«

»Orange.«

»Orange?«, wiederholt sie verblüfft. »Ich glaube, ich bin noch nie jemandem begegnet, der Orange mag.«

Ich ehrlich gesagt auch nicht. Ich mag die Farbe nur, weil mein Vater sie verabscheut.

»Jetzt kennst du einen. Lieblingsserie?«

»Gilmore Girls … Machst du dir gerade ernsthaft Notizen?« Sie schielt auf mein Gekritzel.

»Also, mit meinem überragenden IQ kann ich mich wahrscheinlich auch so an alles erinnern, aber sicher ist sicher. Wer weiß, was meinem Vater so alles einfällt …«

Ihre Augen weiten sich etwas. »Ist er wirklich so ein Arschloch, wie du vorhin gesagt hast?«

»Er ist sogar noch viel schlimmer.« Ich versuche, meine Schrift zu entziffern. »Was war der schrägste Ort, an dem du je Sex hattest?«

Sie errötet heftig. »Ich passe. Eine Lady redet nicht über so etwas.«

»Wie du meinst.« Ich notiere mir ihre Antwort und schreibe muss ich noch rausfinden daneben. »Bei mir war es ein Beichtstuhl. Ich habe damals fast Gott gesehen.«

»Soll das ein Witz sein?«

»Warum sollte ich über so etwas Witze machen?«

Seufzend fährt sie sich über die Stirn. Zweifellos fragt sie sich gerade, auf was sie sich da eingelassen hat. Und ich fühle mich wegen meiner Aktion fast ein bisschen schuldig. Vanessa wirkt sympathisch, vielleicht ein wenig schüchtern. Mein Vater wird sich garantiert einen Riesenspaß daraus machen, sie zu verunsichern. Ich muss sie dringend davor bewahren, zumal sie mir wirklich einen Riesengefallen tut.

»Nächste Frage«, murmele ich. »Lieblingsgericht?«

»Cheeseburger.«

Ich grinse. »Perfekt, meins auch.«

»Darf ich dich auch etwas fragen?« Erneut weicht sie meinem Blick aus.

»Klar. Ich bin ein offenes Buch. Nur keine Scheu.«

Sie zeichnet mit dem Zeigefinger ein unsichtbares Muster auf der Tischplatte nach. »Warum ausgerechnet ich?«

Das hat sie mich doch schon vorhin gefragt, und ehrlich gesagt habe ich immer noch keine Antwort darauf. Sie hat natürlich recht – die meisten Mädchen würden mir sofort helfen, aber irgendwie kam mir unsere Begegnung im Sekretariat fast schicksalshaft vor. Was ich natürlich nicht sage, denn dann hält sie mich endgültig für gaga.

»Na ja, darum eben.« Komm schon, Teddy das kannst du besser.

»Was meinst du mit ›darum eben‹?«

Sie sieht mich aus großen blauen Augen an, während sie auf meine Antwort wartet.

»Keine Ahnung … irgendwie hat mir mein Bauchgefühl gesagt, dass du die Richtige für die Rolle bist, und das täuscht sich, wie ich, glaub ich, schon erwähnt habe, fast nie.«

»Hm …« Vanessa klingt wenig überzeugt.

»Hier, eure Sandwiches.« Die Kellnerin stellt unsere Teller hin.

Vanessas Empfehlung war perfekt – die Sandwiches sehen fantastisch aus, viel leckerer als gedacht. Mein Magen knurrt vorfreudig.

Ein paar Minuten lang kauen wir schweigend. Anscheinend bin ich nicht der Einzige hier, der einen Riesenhunger hat.

Nachdem ich das Monster in meinem Magen halbwegs beruhigt habe, kehre ich zu meiner Frageliste zurück.

»Wo wurdest du geboren?«

»In einer Kleinstadt namens White Claw in Georgia. Meine Familie lebt immer noch dort.«

Was ist denn das für ein Name? Meine Lippen zucken, aber ich reiße mich zusammen. Irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass Vanessa mit einem schweren Gegenstand nach mir werfen wird, wenn ich jetzt lache.

»Geschwister?«

Sie nickt. »Eine ältere Schwester, eine wahre Teufelsbrut. Mehr nicht. Und was ist mit dir?«

»Geboren in Nashville und auf ein Internat in Upstate New York gegangen. Einzelkind. Meine Eltern haben ihren Erben schon beim ersten Versuch bekommen und sich nicht die Mühe gemacht, ein Reserveexemplar zu erzeugen.«

Sie blinzelt mich an, als sei sie sich nicht sicher, ob ich gerade herumalbere oder nicht, aber es ist mein voller Ernst. Dann tunkt sie eine Pommes in Ketchup und zeigt damit auf meine Liste. »Was für Fragen hast du noch?«

»Wurdest du schon mal verhaftet?«

»Nö. Du etwa?«

»Also … ja. Aber nicht so wichtig …«

»Was war der Grund? Mord?«

»Nein.«

Sie sieht mich misstrauisch an. »Vergewaltigung?«

»Großer Gott, nein!« Etwas beleidigt lehne ich mich zurück. »So etwas würde ich nie tun.«

»Dann verrat es mir endlich, sonst male ich mir noch die schrecklichsten Szenarien aus.«

»Schwerer Diebstahl.«

»Schwerer Diebstahl?!«

»Es war ein Versehen«, erkläre ich.

Sie blinzelt irritiert. »Wie kann man aus Versehen einen schweren Diebstahl begehen?«

»Indem man sich fast besinnungslos säuft, auf der vermeintlichen elterlichen Jacht eine Party schmeißt, besagte Jacht anschließend schrottet und erst dann feststellt, dass sie doch nicht den Eltern gehört.«

»Deine Eltern besitzen eine Jacht?!«

Ich nicke. »Und einen Privatjet. Und mehr Autos, als je ein Mensch braucht. Außerdem Häuser und Wohnungen überall auf der Welt.«

»Du sagst das so, als fändest du das ganz schrecklich.«

Ich zucke die Achseln. »Nein, ich weiß die Vorteile dieses Lebens durchaus zu schätzen, aber Dinge können einem nun mal keine Geborgenheit schenken.«

»Ah.« Nachdenklich spielt sie mit einer Haarsträhne. Mir fällt auf, dass der Nagellack auf ihren Fingernägeln etwas abgesplittert ist. »Das klingt nur irgendwie …«

»… erbärmlich, wenn ich mich beschwere?«, beende ich ihren Satz. »Ich weiß. Ich sollte froh sein, dass ich mir keine Gedanken um meinen Lebensunterhalt machen muss.«

»Eigentlich wollte ich sagen, dass es traurig klingt.«

Ich nehme eine Pommes und kaue darauf herum. »Armer, kleiner, reicher Junge, hm?«

Sie rollt mit den Augen. »Soll ich etwa Mitleid mit dir haben? Ich weiß selbst, dass Reichtum nicht zwangsläufig glücklich macht. Schreckliche Menschen gibt es überall.«

»Eben. Wie heißt es doch so schön? Mit Geld kann man kein Glück kaufen.«

Diesmal verzieht sie die Lippen zu einem echten Lächeln, was ich als kleinen Sieg verbuche. »Lass uns einfach zur nächsten Frage übergehen.«

»Gute Idee.« Ich räuspere mich. »Nimmst du die Pille?«

Sie verschluckt sich prompt. Eigentlich steht diese Frage gar nicht auf meiner Liste, aber Arsch, der ich bin, wollte ich ihre Reaktion testen.

»Findest du wirklich, dass dich das etwas angeht?«

»Na ja, sollten wir Unzucht treiben, muss ich schließlich rechtzeitig Bescheid wissen.«

Kopfschüttelnd wischt sie sich den Mund mit einer Serviette ab. »Hast du wirklich gerade ›Unzucht treiben‹ gesagt?«

»Welche Formulierung wäre dir denn lieber? Bumsen? Vögeln? Ein bisschen rein und raus? Oder mein persönlicher Favorit …«, ich grinse triumphierend, »… die Banane ölen?«

»Du … du …« Noch ein Punkt für mich! Ich habe ihr die Sprache verschlagen.

Weiter grinsend zwinkere ich ihr zu. »Ich bin sehr fickbar, ich weiß.«

»O nein, auf keinen Fall!« Sie wackelt mit einem Finger vor meinem Gesicht hin und her. »Glaub ja nicht, dass sich zwischen uns etwas abspielen wird. Unsere Beziehung ist komplett fake.«

Ich reibe mir übers Kinn. »Kannst du mir ernsthaft in dieses Gesicht sehen, ohne mich vögeln zu wollen?«

Ihr quellen fast die Augen aus dem Kopf. »Ich glaube, ich gehe jetzt besser.« Wieder wischt sie sich den Mund mit ihrer Serviette ab und zieht dann ihr Portemonnaie aus der Handtasche. »Danke für die Semestergebühr. Ich bin dir dafür noch etwas schuldig, aber nicht das hier.«

»Aber, aber«, sage ich und berühre sie sanft an einer Hand. Als sie mich vernichtend anfunkelt, nehme ich die Hand rasch wieder weg. »Ich habe nur etwas rumgeflachst, sorry. Das liegt an meinem schrägen Sinn für Humor. Bitte, Van, geh nicht, ich brauche dich.« Ich schenke ihr meinen flehentlichsten Hundeblick.

Sie mustert mich argwöhnisch, bevor sie seufzend ihr Portemonnaie zurücksteckt. »Na schön, aber keine Witze über Sex mehr!«

»Leider mach ich fast nur Witze, die mit Sex zu tun haben, aber ich versuche, mich in Zukunft zurückzuhalten. Also, nächste Frage: Wann hast du Geburtstag? Als dein Freund sollte ich das wissen.«

»Falscher Freund«, ruft sie mir ins Gedächtnis. »Am vierundzwanzigsten Juni. Ich bin Krebs.«

»Und ich am dritten März«, informiere ich sie. »Sternzeichen Fische.« Ich betrachte meinen Zettel. »Was ist deine Lieblingskekssorte?«

»Warum fragst du?«

»Weil ich gern backe und wissen will, was dir am besten schmeckt.«

»Oh.« Sie wickelt sich eine Haarsträhne um den Zeigefinger. »Snickerdoodles.«

»Dito«, sage ich grinsend. »Sieh mal einer an, wir haben erstaunlich viel gemeinsam.«

»Hm …«, murmelt sie skeptisch.

»Was ist mit Hobbys?«

Sie runzelt die Stirn. »Das Studium und der Job lassen mir wenig Zeit für Hobbys. Aber früher hab ich meiner Mom oft im Garten geholfen.«

»Interessant.« Ich mache mir eine Notiz. »Meine Hobbys sind Baseball und Backen.«

»Dann war das mit den Keksen kein Witz?«

Ich schüttle den Kopf. »Über Kekse würde ich nie Witze machen.«

Sie überlegt. »Also … diese Fake-Beziehung … wie genau stellst du dir das eigentlich vor? Ich meine, wie soll ich mich zum Beispiel deinen Eltern gegenüber verhalten?«

Darauf weiß ich zumindest eine Teil-Antwort. »Als Erstes sollten wir unsere Freunde und die Leute an der Uni informieren. Ich sag allen einfach, dass wir vor den Weihnachtsferien zusammengekommen sind und erst jetzt beschlossen haben, es offiziell zu machen.«

»Dann … wird also der ganze Campus denken, dass ich mit dir zusammen bin?«

Ich nicke. »Ist das ein Problem für dich?«

Sie zögert kurz. »Es ist nur … du bist total begehrt und ich …«

»Und du?«

Sie lacht humorlos. »Teddy, wir kommen aus völlig unterschiedlichen Kreisen, sowohl auf dem Campus als auch außerhalb.«

»Und? Ich weiß, du kennst mich noch nicht gut, aber mir ist es echt egal, was andere Menschen über mich oder meine Beziehung sagen, vorgetäuscht oder nicht. Die Leute reden sowieso. Das heißt noch lange nicht, dass man dem Gerede Beachtung schenken muss.«

»Gutes Argument.«

Ich tippe mir an die Stirn. »Tja, da drin ist eben nicht nur heiße Luft.« Ich richte den Blick wieder auf meine Liste. »Welches Fach studierst du?«

Ihre Lippen zucken, als müsse sie ein Lachen unterdrücken. »Du nimmst das hier wirklich ernst, oder? Ich studiere Kommunikationswissenschaften.«

»Mir bleibt nichts anderes übrig. Man kann nie wissen, auf was für Fragen mein Vater verfällt, also muss ich gut vorbereitet sein. Was willst du nach deinem Abschluss machen?«

»PR. Das ist zumindest mein Traum.« Sie beugt sich über den Tisch. »Warum habe ich irgendwie das Gefühl, dass das hier eher ein Vorstellungs- als ein Kennenlerngespräch ist?«