Realistisch Zeichnen Lernen - Martin Mißfeldt - E-Book

Realistisch Zeichnen Lernen E-Book

Martin Mißfeldt

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Beschreibung

Zeichnen lernen auf 96 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Schritt-für-Schritt-Anleitungen und konkreten Zeichenübungen. Das Buch ist für Anfänger geeignet und bietet allen, die noch nicht "realistisch" zeichnen können, viele hilfreiche Tipps und Tricks. Es bietet die Grundlagen für eine erfolgreiche Bewerbungsmappe für ein künstlerisches Studium. Aber auch Hobby-Künstler*innen und Freizeit-Maler*innen werden ihre kreativen Möglichkeiten auf eine solide Basis stellen und neue Wege entdecken. Dieses Buch über das Zeichnen ist übersichtlich aufgebaut, sauber strukturiert und vermittelt in einer verständlichen Sprache, worauf es beim realistischen Zeichnen ankommt. Viele Zeichenbücher thematisieren nur, wie man Kreise, Quader, Nasen oder Ähnliches zeichnen kann. Aber wenn es dann wirklich um das geht, was man sieht, sind sie keine Hilfe mehr. Denn Zeichnen ist viel mehr, als nur ein paar Formen oder Methoden zu üben. "Realistisch" und "Zeichnen" sind zweierlei. Natürlich werden auch in diesem Buch die Grundlagen des Zeichnens vermittelt: vom Material und Werkzeug über grundlegende Zeichentechniken (z.B. die Arten des Schraffierens) bis hin zum effektiven Vorzeichnen und den 4 Phasen des Zeichenprozesses: Betonen, Verblenden, Verwischen, Radieren. Anhand mehrerer Schritt-für-Schritt-Anleitungen wird das Zeichnen von Anfang bis zum Ende genau erklärt. Zum Anderen werden aberr auch die Grundlagen des Beobachtens vermittelt, die man für jede Art von realistischem Bild benötigt. Denn Zeichnen hat sehr viel mit Sehen zu tun. Mit welchen Tricks Sie Ihr Sehen disziplinieren und verbessern können, erfahren Sie in diesem Buch. Am Ende helfen zahlreiche Inspirationen dabei, den eigenen künstlerischen Weg zu finden. Zu dem Buch gehören 15 Seiten mit Zeichenübungen, die man kostenlos herunterladen und ausdrucken kann. Mit Hilfe der didaktisch aufgebauten Übungen lernen Sie die Grundlagen des Zeichnens - und Sie durchschauen, warum das "Beobachten" mindestens ebenso wichtig ist. Wenn Sie das Buch durch haben, werden Sie wissen, worauf es beim Zeichnen ankommt. Vor allem werden Sie verstehen, wo Ihre Schwächen sind und wie sie gezielt üben können, um die Qualität Ihrer Zeichnungen stetig zu verbessern. In diesen hektischen, unruhigen Zeiten mit unendlich vielen bunten, belanglosen Bildern können realistische Bleistiftzeichnungen viel Ruhe und Kraft geben, sowohl beim Zeichnen als auch beim Betrachten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhaltsverzeichnis

Checkliste: Grundausstattung

Einleitung

Zeichenmaterial und Zubehör (Grundausstattung)

Technische Grundlagen: den Bleistift beherrschen

Zwischenstand: was haben Sie bis hier hin gelernt?

Beobachten: Grundlage des realistischen Zeichnens

Realistisch zeichnen: Schritt für Schritt

Skizzieren: Beobachten mit der Hand

Die Wahl des Motivs

Nächste Schritte: Wie geht es weiter?

Anhang

Übungsblätter (zum Ausdrucken)

Titel: „Realistisch Zeichnen Lernen - Mit Bleistiften beobachten“

Autor / © Copyright Martin Mißfeldt. Das gesamte Buch ist vollständig geschützt und darf nicht ohne Zustimmung des Autors vervielfältigt oder verbreitet werden.

Erstveröffentlichung: 7. Juli 2020

Version: 2.0 (28.10.2022)

Verlag: Duplicon

ISBN: 978-3-936697-19-3

Fast alle Bilder in diesem eBook stammen von mir. Die wenigen Ausnahmen sind jeweils unter dem Bild bzw. im Abbildungsverzeichnis gekennzeichnet.

Ich danke meiner Familie für die Unterstützung und Nachsicht. Zudem danke ich meiner Mutter für das intensive Korrekturlesen.

Checkliste: Grundausstattung

Um mit diesem eBook zu arbeiten, brauchen Sie lediglich ein paar Bleistifte und das, was ein*e Schüler*in üblicherweise für die Schule benötigt. Das sind:

Ein Drucker (A4): Selbst wenn Sie nicht alle Seiten dieses eBooks ausdrucken, so werden Sie doch wenigstens die Übungsblätter (im Anhang) brauchen. Einfaches Druckerpapier (90 g/m²) ist ausreichend.5 Bleistifte: 2H, HB, B2, B4, B6 (wenn Sie weitere haben, um so besser)Ein Radiergummi, klassisch weiß oder Knet-RadiergummiEin geeigneter AnspitzerEin Lineal, Länge: 20, 30 oder 40 cm, oder GeodreieckEin Zirkel1 Cutter (scharfes Messer)Einen Bogen Karton, ca. 12 x 16 cm (z.B. von einer Müsli-Packung)1 schwarzer Edding oder schwarzer Lackstift

Wer keinen Laden mit Zeichenbedarf um die Ecke hat, kann ein Set mit Bleistiften, Anspitzer und Radiergummi von Faber-Castell bei Amazon bestellen: https://amzn.to/2yvoegW (*Affiliate-Link, öffnet Website im Browser).

Die Zeichenübungen aus dem eBook kann man zum Üben beliebig oft ausdrucken.

Einleitung

„Es ist einfacher, ein realistisches Portrait zu zeichnen als eine Kartoffel!“ In dem eBook wird erklärt, warum. Aber zunächst: Bevor es irgendwelche Missverständnisse gibt, hier eine Definition, was Zeichnen überhaupt ist.

Beim Zeichnen entsteht ein Bild aus Linien. Zeichenwerkzeuge haben eine Spitze, mit der man Farbe als Linien oder Punkte auftragen kann. Eine Zeichnung ist in aller Regel ein Bild aus Grauwerten. Beim Malen entsteht ein Bild aus Flächen. Malwerkzeuge sind mehr oder weniger breite Pinsel, die flächenartige Linien oder Strukturen erzeugen. Ein gemaltes Bild ist in aller Regel farbig.

In diesem eBook geht es um das Zeichnen, konkret um Bleistiftzeichnungen, noch konkreter um realistische Bleistiftzeichnungen. Die Zeichnungen, die Sie am Ende der Lektüre erschaffen können, ähneln Schwarz-Weiß-Fotografien, die jedoch eine authentische, haptische Aura haben werden. Ein ästhetischer Mehrwert, der die individuelle Handzeichnung so faszinierend und wertvoll macht.

Auch wenn hier viele theoretische Grundlagen vermittelt werden, ist dies letztlich ein praktisches Buch. Im Vordergrund stehen praktische Zeichenübungen, mit deren Hilfe Sie Schritt für Schritt das Zeichnen trainieren werden. Dafür habe ich das Thema in viele kleine Teilaspekte gegliedert. Jeder wird kurz erläutert: Warum ist das wichtig und was ist dabei zu beachten? Es folgt meist eine konkrete Zeichenübung, in der Sie dieses Wissen anwenden und üben können. Nach jeder Übung ordne ich das Ganze dann wieder in den Gesamtkontext ein.

Da das praktische Zeichnen im Fokus steht, müssen Sie die Zeichenübungen auf Papier ausdrucken. Damit man nicht das ganze eBook ausdrucken muss, habe ich alle Übungen im Anhang gebündelt (inkl. der konkreten Anweisungen).

Es ist wichtig, dass wir einleitend klären, was Sie erwarten können: es geht hier nicht um Comic-Zeichnen, Sketchnotes, Illustrationen oder andere Gattungen des Zeichnens. Es geht hier nur darum, realistisch zeichnen zu lernen. Nicht mehr und nicht weniger. Das Naturstudium ist Grundlage aller weiteren Vereinfachungen und Abstraktionen. „Realistisch zeichnen“ bedeutet nicht automatisch, dass die Zeichnung dann auch gut ist. Das klingt spitzfindig, ist aber enorm wichtig zu verstehen. Die Qualität einer (künstlerischen) Zeichnung bemisst sich nicht am Grad ihrer nachgebildeten Realität. Es sind vielmehr formale und emotionale Gesichtspunkte, die entscheidend sind: Komposition, spannungsreiches Licht- und Schattenspiel, Differenzierung der Tonwerte, Zusammenwirken von Motiv und Stimmung und vieles mehr …

Das realistische Zeichnen ist nur die Voraussetzung dafür, um gute und interessante Zeichnungen zu erstellen. Aber es garantiert noch lange nicht, dass man damit automatisch gute Zeichnungen realisiert. Schon bei den alten Meistern stand das Naturstudium am Beginn der künstlerischen Produktion – die geschaffenen Zeichnungen und Skizzen waren dabei meist nur Mittel zum Zweck.

Flapsig formuliert: Sie werden am Ende dieses eBooks zwar realistisch zeichnen können, aber Sie werden noch lange kein Picasso sein. Das ist dann ein anderes eBook :-)

Viel Erfolg und viel Vergnügen.

Geschichte der Zeichnung

Realistisches Zeichnen ist eine Jahrhunderte alte Kulturtechnik, die – wie so vieles – vom Aussterben bedroht ist. Mit dem Aufkommen der Fotografie veränderte sich auch die „Dokumentation von Wirklichkeit“.

Die Geschichte des realistischen Zeichnens ist eine andere als die der „künstlerischen Zeichnung“. Für viele ist Zeichnen nur noch ein kreativer, künstlerischer Akt der Selbstverwirklichung – mit dem Ziel, Bilder zu erschaffen, die etwas „Besonderes“ sind. Als Leistung wird dabei fast nur noch das Handwerk gewürdigt, also die Fähigkeit, etwas Gesehenes als Zeichnung einzufangen.

Das war nicht immer so. Realistische Zeichnungen hatten lange Zeit vorrangig zwei Ziele: Planung und Dokumentation. Ob nun Archäologen, die ihre Grabungsfunde abzeichnen, Biologen, die ihre mikroskopischen Beobachtungen skizzieren, oder Architekten, die Häuser planen – viele Zeichnungen sind nur Mittel zum Zwecks. Das zeichnerische Handwerk diente dabei einem übergeordneten Ziel.

Die Realität als gesehene Wirklichkeit wurde in Europa im Zuge der Renaissance neu erfunden. Aus Überresten illusionistischer Wandmalereien römischer Villen ist zwar ersichtlich, dass es bereits in der Antike ein Verständnis für „realistische Bilder“ gab – aber das, was wir heute unter „realistischer Zeichnung“ verstehen, hat seine Grundlage in der Renaissance.

Damals, als Bilder noch etwas Besonderes waren, bot eine Zeichnung (oder ein Bild) die Möglichkeit, sich in eine völlig fremde Welt hineinzuversetzen. Unbekanntes wurde sichtbar.

Diejenigen, die damals „nur“ dokumentiert haben, wie zum Beispiel der Zeichner und Kupferstecher Matthäus Merian oder seine Tochter Maria Sibylla Merian, haben der Wissenschaft unschätzbare Dienste erwiesen.

Mit dem Aufkommen der Fotografie wurde die Dokumentation gesehener Wirklichkeit zum technischen Verfahren, schneller und exakter als es ein Zeichner je vermochte. Heutzutage hat fast jeder ein Handy – und damit eine Kamera dabei. Bewegtbilder können Zeit einfangen – und fast alles wird ununterbrochen gestreamt. Wir leben in einer unfassbaren Bilderflut.

Kurzum: realistische Bleistiftzeichnungen sind heutzutage etwas anderes als früher. So, wie sich die Wahrnehmungsbedingungen permanent verändern, entwickeln sich auch die Erwartungen an das Zeichnen und das gezeichnet Bild ständig weiter. Dennoch möchte ich mit diesem Buch versuchen, eine technisch-künstlerische Methode zu vermitteln, die man auch in 100 Jahren noch nutzen kann.

Albrecht Dürer

Im Jahr 1525 veröffentlichte der berühmte Maler und Zeichner Albrecht Dürer ein Lehrbuch für Künstler: die „Underweysung der Messung, mit dem Zirckel und Richtscheyt, in Linien, Ebenen unnd gantzen corporen“. Auf der letzten Seite (Seite 181, Quelle) zeigt er einen Holzschnitt, der die theoretische Grundlage dessen, was hier noch beschrieben wird, sehr eindrucksvoll veranschaulicht.

Albrecht Dürer: „Der Zeichner der Laute“, 1525, Holzschnitt, 13,1 × 18,8 cm.

Ich halte diesen Holzschnitt von Dürer für bahnbrechend. Wenn Sie beim Arbeiten mit diesem eBook mal eine Pause einlegen möchten, schauen Sie sich doch noch einmal diesen Holzschnitt an. Sie werden das Bild – hoffentlich – jedes mal etwas mehr verstehen.

Doch zunächst einmal zu den Grundlagen …

Realistisch Zeichnen ist zweierlei

Möglicherweise haben Sie es bereits bemerkt: In diesem eBook geht es um zwei Themen: Realistisch (und) Zeichnen. Beides hängt nicht zwingend miteinander zusammen. Man kann Zeichnen, ohne sich an der gesehen Natur zu orientieren, frei und aus der Fantasie heraus.

Andererseits kann man realistische Bilder nicht nur mit Bleistift zeichnen, sondern auch mit Buntstiften, Aquarell-, Acryl- oder Ölfarbe malen. Im ersten Teil wird es um den physikalischen Prozess des Zeichnens gehen, unabhängig von der Frage, was Sie zeichnen. Zu diesem ersten Teil gehören das „Material“, das „Beherrschen des Bleistifts“, „Linien und Flächen“, „Farben zeichnen“ sowie das „Abzeichnen“.

Großartige (unrealistische) Zeichnungen: links: Paul Klee, „Vergesslicher Engel“ (1939), rechts: Franz Marc: Fuchs mit abstrakten Formen (1913)

Im zweiten Teil geht es dann um das „realistische Erfassen dessen, was man sieht“. Hier dreht sich alles vorrangig um das Sehen bzw. Beobachten und die Frage, wie man das Gesehene zu Papier bringt. Das, was Sie in diesem Teil lernen, werden Sie später in vielfältiger Weise auch für andere künstlerische Techniken verwenden können.

Kurzum: es sind im Grunde zwei Bücher in einem.

Das ist insofern bemerkenswert, als dass Sie nach der Lektüre dieses Buches zahlreiche Möglichkeiten haben werden, wie es weitergeht. Wenn Sie also während des Lesens das Gefühl bekommen, dass es keinen Spaß macht oder Sie nicht vorankommen: Lesen Sie trotzdem weiter! Es geht um mehr als nur realistische Zeichnungen.

Basierend auf den Kenntnissen aus diesem Buch werden sich zahlreiche Wege eröffnen – und einer davon wird Ihrer sein.

Realistische Bilder, links: „Portrait Hermann von Wedigh III“, Hans Holbein d.J. (1532): rechts: „Formel1-Crash“, Martin Mißfeldt, digitale Malerei (2008) Bei YouTube kann man als Zeitraffer-Video sehen, wie das rechte Bild entstanden ist.

Schreiben und Zeichnen

Realistisches Zeichnen basiert auf einem Zusammenspiel von Auge und Hand. Dazwischen geschaltet ist das Gehirn als Schaltzentrale: Es verarbeitet die visuelle Information und gibt der Hand Signale, wie sie sich bewegen soll. Dieser hochkomplexe Prozess ist naturwissenschaftlich zwar sehr gut untersucht, soll hier aber nicht thematisiert werden.

Wenn man Menschen fragt, warum sie glauben, nicht zeichnen zu können, dann kommen Antworten wie: „Ich kann keine gerade Linie zeichnen!“ oder „Sieht aus wie von einem Kleinkind!“ Aber konkreter sind die Antworten fast nie. Die meisten haben letztlich keine Ahnung, warum sie nicht zeichnen können. Daher können sie auch nicht einschätzen, was sie tun müssen, um das zu verbessern.

Viele glauben, die „Hand“ wäre das Problem: sie könnten zwar gut sehen, das Gehirn sei auch soweit in Ordnung, aber die Hand … - die macht nicht das, was sie soll.

Ok, bitte unterschreiben Sie drei Mal mit Ihrem Namen auf einem Blatt Papier. Klingt einfach? Ist es auch …

Und? Wie Sie sehen, kann ihre Hand exakt das ausführen, was Sie ihr befehlen. Wenn Sie wollten, könnten Sie Ihren Namen sauberer schreiben. Sie könnten langsamer und konzentrierter schreiben, dann hätten Sie mehr Kontrolle über Ihr Schriftbild.

Letztlich ist Schreiben eine spezielle Variante des Zeichnens. Wer schreiben kann, kann potentiell auch zeichnen. Ihre Hand kann alles, was für das realistische Zeichnen erforderlich ist. Sie könnten Schönschreiben üben, wenn Sie konzentriert und fleißig sind. Aber darum geht es hier nicht.

Wichtig ist, dass Sie Ihrer Hand vertrauen. Sie kann alles, was zum Zeichnen erforderlich ist.

Wenn Sie also glauben, nicht zeichnen zu können, dann muss es entweder das Gehirn sein, oder das Auge, was Sie trainieren müssen. Es ist wahrscheinlich beides – und genau darum geht es im Folgenden:

das Trainieren von richtigen Gehirn-Befehlen: wie müssen Sie den Stift führen, um bestimmte maltechnische Effekte zu erzielen?das Trainieren des Sehens: wie können Sie Ihr Auge so schulen, dass das Gehirn der Hand die richtigen Befehle gibt, um das zu zeichnen, was vor Ihren Augen ist?

Es reicht nach meiner Überzeugung nicht aus, nur zu verstehen, wie Zeichnen theoretisch funktioniert. Daher finden sich am Ende dieses eBooks im Anhang zahlreiche Übungsblätter. Es ist wichtig, dass Sie diese Übungen (wenigstens zum Teil) tatsächlich praktisch zeichnen.

Skalieren

Bevor es losgeht, soll an dieser Stelle ein Phänomen verdeutlicht werden, das uns im Folgenden noch vielfach beschäftigen wird: die Skalierung. Wer mit Computerprogrammen arbeitet, kennt das vielleicht: es geht um Größenveränderung. Wenn man mit einem Grafikprogramm ein Bild skaliert, wird es von einer bestimmten ursprünglichen Bildgröße verkleinert oder vergrößert. Die Auflösung, also die Bild-Information, verändert sich dabei.

Warum ist das so wichtig? Beim Sehen passiert im Grunde das Gleiche: je nachdem, wie nah oder weit weg wir von einem Gegenstand sind, verändern sich die Details. Nehmen wir als Beispiel ein Auge:

Skalierung eines Auges: Wimpern sind aus der Entfernung nicht zu sehen, nur aus der Nahdistanz Zeichnung: Portrait vom Schachweltmeister Magnus Carlsen

Wenn man es aus 30 cm Entfernung betrachtet, sieht man einzelne Wimpern und spiegelnde Reflexe der Umgebung. Wenn wir ein Gesicht aus einem Meter Abstand betrachten, sieht man am Auge nur noch eine Wimpernlinie und eventuell einen Lichtreflex als weißen Punkt.Wenn wir einen Menschen aus fünf Metern Entfernung betrachten, sieht man weder einzelne Wimpern noch Lichtreflexe, sondern nur das gesamte Auge als dunklen Punkt.

Wir wissen zwar, dass der Mensch in 5 Metern Entfernung Wimpern hat und einen Lichtreflex im Auge, aber wir sehen es nicht.

Beim realistischen Zeichnen geht es immer darum, das zu zeichnen, was man sieht, nicht das, was man weiß.

Noch aus einem zweiten Grund ist der Aspekt des Skalierens sehr wichtig: Aus welcher Entfernung wird die Zeichnung später betrachtet?

In der Realität – hier zur Anschauung nur ein Foto – bleibt der visuelle Eindruck immer real, egal wie nah man herangeht.

Man kann eine Zeichnung aus 40 cm Nähe anschauen (Zeichendistanz), oder mit einem Abstand von 3-4 Metern (z.B. im Wohnzimmer) oder mit einem Abstand von 5-6 Metern (z.B. in einer Ausstellung). Wie vorher geschildert, verändert sich unser visueller Eindruck. Eine Zeichnung, die aus Nahdistanz krakelig und unsauber aussieht, kann sich optisch so zusammenfügen, dass sie aus 5 Metern Entfernung sehr realistisch aussieht.

Zeichnung: je näher man heranzoomt, um so mehr wird die „Realität“ zu Linien und Flächen

Wenn man eine scheinbar fotorealistische Bleistiftzeichnung mit einer Lupe anschaut, wird das Bild eine Anhäufung abstrakter Flecken, weil man natürlich nicht jedes Detail mit einer ultrafeinen Bleistiftspitze gezeichnet hat.

Die Skalierung spielt deshalb so eine große Rolle, weil man natürlich auch in realistischen Bleistiftzeichnungen abstrahieren muss. Das Bild hat aus einer bestimmten Sehdistanz seine optimale Wirkung. Die Distanz beim Vorgang des Zeichnens beträgt ungefähr 40 bis 50 Zentimetern zwischen den Augen und der Hand bzw. dem Blatt Papier. Diese Arbeitsdistanz kann man zwar etwas verändern, sagen wir zwischen 20 cm und 70 cm am ausgestreckten Arm. Aber mehr geht kaum – höchstens, indem man den Bleistift an einen Stock bindet und dann mit Verlängerung zeichnet. Aber dadurch würde man erheblich an Kontrolle verlieren.

Der Abstand, aus dem man ein Bild betrachtet, kann jedoch erheblich größer sein. Meist entsteht der erste Eindruck einer Zeichnung aus einer größeren Distanz, zum Beispiel während man einen Raum betritt. Wenn man dann darauf zugeht, verringert sich die Distanz, das Auge entdeckt mehr Details und der erste Eindruck verändert sich. Dieses Spiel der unterschiedlichen Distanzen hat auch mit der Größe der Zeichnung zu tun und wird uns am Ende dieses eBooks noch beschäftigen.

Soviel zur Einleitung. Kommen wir nun zum Material und der Beherrschung des Werkzeugs.

Bleistiftzeichnung einer „Kassette“, April 1988, 30 x 40 cm

Zeichenmaterial und Zubehör (Grundausstattung)

Vermutlich haben Sie sich bereits alles bereit gelegt, was Sie zum Zeichnen benötigen. Es gibt nur wenige künstlerische Techniken, die so kostengünstig sind wie Zeichnen. Sie brauchen im Grunde nur einen Stift und ein Blatt Papier. Um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, und weil es eben zu den Grundlagen gehört, hier einige Hinweise zu Werkzeugen und Material.

Papier

Als Bildgrund für Zeichnungen nutzt man in aller Regel Papier. Es gibt allerdings große Unterschiede zwischen den verschiedenen Papiersorten. Für den Einstieg benötigen wir nur einfaches Zeichenpapier. Sie sollten jedoch im Hinterkopf behalten, dass die Dicke, die Härte und die Struktur des Papiers für die Wirkung des Ergebnisses eine wichtige Rolle spielen. Das alles hat großen Einfluss darauf, wie das Bleistift-Graphit abgerieben und auf der Oberfläche gebunden wird.

Papier wird aus meist pflanzlichen Fasern hergestellt (Holzfasern oder Zellstoff).

---ENDE DER LESEPROBE---