Reigning Men - Sechs Prinzen finden die große Liebe - Brenda Harlen - E-Book

Reigning Men - Sechs Prinzen finden die große Liebe E-Book

Brenda Harlen

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Beschreibung

EINE FÜRSTLICHE AFFÄRE
Prinz Rowan hat ein Problem: Binnen sechs Monaten muss eine Ehefrau her, damit sein Anspruch auf den Fürstenthron gesichert ist. Und eins ist klar: Das sexy Kindermädchen Lara ist kaum die richtige Kandidatin für die Rolle der Fürstin ...leider.

MÄRCHENPRINZ FÜR EINE NACHT
Jewel fühlt sich wie berauscht: ein Ausritt im Mondschein, ein leidenschaftlicher Kuss diese Nacht ist einfach märchenhaft. Und der faszinierende Mac Delgado kann nur ein Traumprinz sein. Sie ahnt gar nicht, dass sie damit der Wahrheit ziemlich nahekommt ...

SCHENKE MIR NOCH EINE NACHT
Die hübsche Polly ist sprachlos: Ihr sexy Exlover entpuppt sich als der Prinz von Tesoro del Mar! Und Erics glühende Umarmung zeigt ihr, dass er ihre stürmische Liebesnacht auch nie vergessen hat. Doch wie wird er reagieren, wenn er erfährt, dass er Vater wird?

EINE BRAUT FÜR DEN PLAYBOY-PRINZEN?
Gabriella Vasquez hat alles, was man sich wünschen kann: einen gut bezahlten Job, eine wunderschöne Tochter … und ein Geheimnis. Der Vater ihres Kindes ist nämlich niemand anderes als Cameron Leandres, der Playboy-Prinz von Tesoro del Mar. Er ist berüchtigt für seine vielen Liebschaften. Vor sechzehn Jahren hat er auch Gabriellas Herz gebrochen — und jetzt steht er plötzlich vor ihrer Tür! Schon bald sprühen wieder heiße Funken zwischen ihnen. Cameron möchte sogar die Vaterrolle für ihre Tochter übernehmen — aber kann sie ihm dieses Mal vertrauen?

VERLOCKENDE KÜSSE IM SCHLOSS AM MEER
Prinz Michael bewundert, wie Hannah das Herz seiner trotzigen Tochter gewinnt. Damit, dass die Nanny auch sein Herz erobert, hat er nicht gerechnet. Aber die gemeinsamen Tage am Meer und ein inniger Kuss wecken die Sehnsucht in dem Witwer. Ist er bereit für ein neues Glück?

DIE SCHÖNE FREMDE MIT DER MASKE
Einmal etwas Gewagtes tun: Unerkannt erscheint Prinzessin Marissa Leandres im verführerischen Göttinnenkostüm auf dem herrschaftlichen Ball ? und landet mit einem Fremden im Bett! Sie ahnt nicht: Hinter der Maske verbirgt sich König Dante Romero. Der Mann, den sie heiraten soll ?

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Seitenzahl: 1111

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Brenda Harlen

Reigning Men - Sechs Prinzen finden die große Liebe

IMPRESSUM

Eine fürstliche Affäre erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2008 by Brenda Harlen Originaltitel: „The Prince’s Royal Dilemma“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 278 - 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Roman Poppe

Umschlagsmotive: Svyatoslava Vladzimirska / Shutterstock

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733737931

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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PROLOG

Die unberührten Sandstrände und das kristallklare Meer machen Tesoro del Mar zu einem wahren Schatz des Mittelmeers. Obwohl die Insel sehr klein ist, zieht sie Besucher aus der ganzen Welt an.

Lara Brennan saß im Flugzeug, las eifrig in ihrem Reiseführer und konnte gar nicht genug über die Insel erfahren, auf der sie gleich landeten.

Tanis Rowland, ihre beste Freundin und Reisepartnerin, wedelte vor Laras Gesicht herum, um ihre Aufmerksamkeit zu er-langen.„Wir sind doch hier, um Urlaub zu machen. Warum studierst du dieses Buch so intensiv, als ob du darüber einen Test schreiben müsstest?“

„Mich faszinieren die Geschichte, die Kultur und sogar der Name des Landes. Wusstest du, dass er Schatz des Meeres bedeutet?“

„Tesoro del Mar.“ Tanis stieß einen tiefen Seufzer aus. „Das hört sich wie ein Königreich aus einem Märchen an.“

„Es ist kein Königreich, sondern ein Fürstentum.“ Lara deutete auf eine Zeile in ihrem Buch.

„Was ist da der Unterschied?“

„Es wird nicht von einem König, sondern von einem Fürsten regiert.“

Tanis blaue Augen funkelten. „Es gibt hier ein paar wirklich scharfe Blaublüter.“

Lara lachte. Sie kannte bisher nur Fürst Julian – der glücklich mit Fürstin Catherine verheiratet war – aber sie hatte genügend Fotos von seinen Brüdern in den Boulevardblättern gesehen. Sie waren alle groß, dunkel und unverschämt gut aussehend. „Wir werden wahrscheinlich noch nicht einmal einen von Julians Brüdern sehen. Rowan arbeitet als Investmentbanker in London, Eric ist Offizier in der Marine, und Marcus studiert in Harvard.“

„Na ja, wenigstens werden wir im fürstlichen Palast wohnen.

Wie alt ist er eigentlich?“

Lara las in ihrem Reiseführer nach. „Er wurde vor mehr als vierhundert Jahren erbaut.“

„Das ist wirklich alt. Haben die denn damals schon Toiletten mit Spülung gehabt?“

„Nein. Ich kann mir aber vorstellen, dass es über die Jahre viele Renovierungsarbeiten gab.“

„Welche Sprache sprechen die Menschen hier?“

„Die Insel wurde sowohl von den Spaniern als auch von den Franzosen besiedelt. Deshalb ist es offiziell ein zweisprachiges Land. Die meisten Einwohner sprechen aber auch Englisch.“

Lara überflog die Geschichte von Tesoro del Mar und der Herrscherfamilie Santiago und schlug die nächste Seite auf. Es folgte eine Abbildung des prächtigen Palastes, die sich über zwei Seiten ausstreckte. Man konnte die atemberaubend schönen Türme und die hohen steinernen Balkone sowie die Bogenfenster erkennen, die die Fassade schmückten. Lara freute sich sehr darauf, den Palast zu besichtigen. Aber noch mehr freute sie sich auf die Familie, die darin wohnte.

Zweimal im Jahr reisten Fürst Julian und Fürstin Catherine nach Kilmore, Catherines Heimatstadt in Irland, um ihre Familie zu besuchen. Vor vielen Jahren hatte Lara sie dort über einen entfernten Verwandten kennengelernt. Bei diesem Besuch war das Fürstenpaar ohne Kindermädchen gereist, wodurch Lara die Möglichkeit geboten bekam, sich um deren zwei Kinder zu kümmern.

Die Fürstin wirkte überrascht und erleichtert, dass ihre Kinder Lara von Anfang an mochten. Und auch für Lara war es ein Vergnügen, sich um die beiden fürstlichen Sprösslinge zu kümmern. Bei jedem weiteren Besuch der Fürstenfamilie lud Catherine Lara ein, damit sie Zeit mit der Familie verbringen konnte.

Drei Wochen zuvor hatte Catherine Lara gebeten, sie in Tesoro del Mar zu besuchen, um das jüngste Mitglied der Familie kennenzulernen.

Lara war begeistert gewesen. Noch mehr hatte sie sich gefreut, als sie erfahren hatte, dass sie für die zwei Wochen auch eine Freundin mitnehmen konnte.

Tanis schnappte hörbar nach Luft und drückte Laras Arm. „Da ist die Insel!“

Lara sah aus dem Fenster und war sofort von dem Blick gefangen, der sich ihr bot.

Die Fotos in ihrem Reiseführer kamen nicht im Entferntesten an die Wirklichkeit heran. Die Hügel wirkten noch viel grüner, die Strände noch viel weißer und das Meer noch klarer.

„Ich wünschte, ich könnte für immer hierbleiben“, sagte Tanis verträumt.

Lara wusste, dass dies immer ein Traum für Tanis bleiben würde. Ihre eigene Zukunft könnte jedoch tatsächlich hier sein, da die Fürstin sie zu mehr als einem Urlaub am Mittelmeer eingeladen hatte. Catherine hatte ihr angeboten, diese Insel zu ihrem Zuhause zu machen.

Auch wenn Lara in den letzten Jahren ein sehr engesVerhältnis zu Catherines Familie aufgebaut hatte, so hätte sie nie gedacht, dass die Fürstin sie als Kindermädchen der fürstlichen Familie auswählen würde. Lara war immerhin unehelich geboren und wusste nicht einmal, wer ihrVater war. Nun blieben ihr zwei Wochen, um sich Tesoro del Mar anzusehen, sich mit den Kindern wieder vertraut zu machen und zu entscheiden, ob sie ihr altes Leben hinter sich lassen und ein neues auf der Insel beginnen wollte.

Catherine hatte darauf bestanden, dass Lara sich Zeit für ihre Entscheidung ließ. Aber in diesem Moment – nach nur einem kurzen Blick auf die Insel – schien Laras Entscheidung schon gefallen zu sein.

Sie würde auf der Insel bleiben und das neue Kindermädchen der Fürstenfamilie werden!

1. KAPITEL

Viereinhalb Jahre später

Drei Tage nach der Beisetzung von Fürst Julian Edward William Santiago und Fürstin Catherine Mary Santiago versuchte Rowan immer noch zu verstehen, weshalb sein Bruder und seine Schwägerin sterben mussten. Und nun das.

Rowan sah von dem offiziellen Dokument auf dem Schreibtisch auf und blickte zu seinem Bruder Marcus. „Was haben sie sich nur dabei gedacht?“

„Wahrscheinlich haben sie geglaubt, dass ihre Kinder bei dir in den besten Händen sind. Sie hätten wohl aber nie damit gerechnet, bei einer Explosion auf ihrer Jacht ums Leben zu kommen.“

Eigentlich war der Aufenthalt auf der Jacht als Familienausflug geplant gewesen. Doch da Alexandria und Damon mit Fieber im Bett lagen und Christian sich auch noch von einer Grippe erholte, war das Kindermädchen mit ihnen zu Hause geblieben. Das Fürstenpaar hatte beschlossen, wenigstens ein paar romantische Stunden zu zweit auf der Jacht zu verbringen, wenn der Ausflug schon ausfallen musste.

Rowan starrte erneut auf das Dokument, das ihm das Sorgerecht für die Kinder übertrug. Seine Schwägerin und sein Bruder hatten dieses Dokument mit seinem Einverständnis erstellen lassen. Aber er hätte aber niemals gedacht, dass dieser Fall aller Fälle tatsächlich eintreten könnte. Nun waren Julians Kinder unter seiner Obhut, womit die Zukunft des Fürstentums in seinen Händen lag.

„Ich weiß, dass du nicht erwartet hast, jemals in diese Situation zu geraten“, sagte Marcus. „Wirst du damit zurechtkommen?“

„Jemand muss sich ja um die Verpflichtungen kümmern, bis Christian alt genug ist, um das Fürstentum zu regieren. Ob ich damit zurechtkomme?“ Rowan schüttelte den Kopf. „Wie kann ich das bloß, wenn ich nur hier sitze, weil Julian und Catherine tot sind?“

Rowan sah zu einem Foto auf dem Schreibtisch. Es zeigte seinen ältesten Bruder und seine Schwägerin zusammen mit den Kindern. Sie sahen glücklich aus – und das nach fünfzehn Jahren Ehe. Wie konnte das Schicksal bloß so erbarmungslos zuschlagen?

Marcus stand auf und nahm das Foto in die Hände. „Die gesamte Familie hat in letzter Zeit viel durchgemacht. Ich werde noch etwas hierbleiben, um dich zu unterstützen, bevor ich nach Harvard zurückgehe.“

„Auch Eric hat mir seine Hilfe angeboten. Und dafür bin ich euch wirklich dankbar. Ich möchte aber nicht, dass ihr eure Pflichten vernachlässigt.“

„Das tust du doch auch.“

Rowan tat das, was er für seine Pflicht hielt. Er war sich sicher, dass seine Brüder sich genauso verhalten hätten, wenn sie in seiner Lage gewesen wären.

Die Familie Santiago lenkte schon seit Langem die Geschicke des Landes und genoss großes Vertrauen bei der Bevölkerung. Rowan wusste, dass sie ihn ebenso als Fürsten akzeptieren würden wie Julian. Er war sehr bewegt gewesen, als die ganze Insel auf den Beinen gewesen war, um dem Fürstenpaar das letzte Geleit zu geben. Auch wenn er nicht darauf brannte, das Land zu regieren, sah er doch ein, dass es seine Pflicht war. Und er würde sie mit Stolz erfüllen, um seinem verstorbenen Bruder Respekt zu zollen und das Land in eine sichere Zukunft zu führen.

„Die Wahrheit ist, dass es mir weniger Angst macht, das Land zu regieren, als mich um die Kinder zu kümmern.“ Rowan war sich derVerantwortung bewusst, die ihm sein Bruder übertragen hatte. Da er aber die letzten Jahre in London verbracht hatte, war sein Verhältnis zu den Kindern nicht sehr eng. Außerdem kannte er sich nicht mit der Erziehung von Kindern aus.

Mit Christian würde er noch zurechtkommen. Der Junge war zwölf und sehr vernünftig, auch wenn ihm bewusst war, dass er bald der Herrscher des Fürstentums wäre.

Alexandria war acht und konnte sehr rebellisch sein. Julian hatte oft damit zu kämpfen gehabt. Manchmal so sehr, dass ihm die Haare grau wurden, wie er zu sagen pflegte.

Damon war so etwas wie der kleine Wirbelwind in der Familie. Der Vierjährige konnte einen zum Wahnsinn treiben, das wusste Rowan sehr genau.

„Die Kinder haben ein Kindermädchen, das sich die ganze Zeit um sie kümmert“, erinnerte Marcus ihn.

Rowan nickte. „Auch was das Kindermädchen angeht, muss ich mich sehr über Julian und Catherine wundern.“

„Wie meinst du das?“

„Liest du denn nie Zeitung?“

„Nicht die Boulevardblätter. Da geht es mehr um Sensationshascherei als um seriösen Journalismus.“

„Miss Brennan hat den Zeitungen jedenfalls genug Stoff geliefert. Und was man da lesen konnte, war nun wirklich nicht fürstlich.“

„Na ja. Sie ist immerhin jung und attraktiv. Und sie kann nichts dafür, dass die Presse sich bei allem, was sie tut, auf sie schmeißt. Miss Brennan hat immerhin einen engen Kontakt zur Fürstenfamilie.“

„Ein fürstliches Kindermädchen sollte reif und vornehm sein.“

„Wie Adele, unser altes Kindermädchen, das immer so streng war?“ „Immerhin hat sie keine Schlagzeilen auf den Tanzflächen der Insel gemacht.“ Marcus lachte. „Da magst du recht haben. So alt, wie sie war, hätte bestimmt kein Magazin sich mehr für sie interessiert.“

Rowan musste daran denken, was für ein negatives Bild vom Fürstenhaus das neue Kindermädchen mit den Schlagzeilen geschaffen hatte. „Findest du nicht auch, dass sie ein schlechtesVorbild für die Kinder ist?“

„Ich weiß nicht genau, ob die Kinder in den Clubs mit dabei waren.“

Rowan hätte eigentlich mit so einer Antwort rechnen müssen. Immerhin war auch sein Bruder regelmäßig in den Klatschspalten der Magazine zu finden. „Du weißt, worauf ich hinauswill.“

„Nicht ganz.“

„Sie arbeitet für die Fürstenfamilie. Somit bringt man ihr Verhalten auch mit uns inVerbindung.“

„Sie kommt aber gut mit den Kindern aus. Das ist doch die Hauptsache.“

Gegen dieses Argument konnte Rowan nichts einwenden, vor allem, da in diesem Moment gerade ein lautes Kichern durch das Fenster drang. Er stand auf und ging zum Fenster, um zu sehen, wo die fröhlichen Stimmen herkamen.

Wie er erwartet hatte, war Lara mit Alexandria und Damon im Garten und spielte mit ihnen. Rowan beobachtete, wie Damon versuchte, über Laras Schulter zu klettern, während sie auf dem Gras kniete. Alle drei rollten sich auf dem Gras und kicherten immer wieder laut dabei.

Lara hatte Rowan schon von Anfang an fasziniert. In ihren Augen war immer dieses Funkeln, und wenn sie ihn anlächelte, dann konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Marcus kam zu ihm ans Fenster. „Nach allem, was sie durchgemacht haben, freut es mich, sie wieder lachen zu hören.“

„Dr. Marotta hat gesagt, dass die Kinder zäher sind, als wir denken. Ich bin erleichtert, dass sich das bestätigt. Nur Christian scheint alles in sich hineinzufressen.“

„Wo ist denn der Thronfolger?“

„In der Bibliothek. Er holt Unterrichtsstunden nach.“

„Er ist doch immer noch ein Kind.“

„Ja, aber es war seine Entscheidung, wieder zu lernen.“ Rowan zwang sich zu einem Lächeln. „Du solltest übrigens das Gleiche tun.“

„Das werde ich auch. Ich möchte nur noch etwas mehr Zeit mit den Kindern verbringen, bevor ich abreise.“ Marcus lächelte. „Und vielleicht auch mit Lara.“

Rowan kehrte zum Schreibtisch zurück und setzte sich. Er wollte keine weitere Diskussion wegen des Kindermädchens anfangen. Seiner Meinung nach stellte Lara Brennan nur ein weiteres Problem dar, das er von seinem Bruder geerbt hatte. Im Moment wusste er noch nicht, wie er mit diesem Problem umgehen sollte.

Wenige Tage, nachdem Rowans Bruder in die Staaten zurückgekehrt war, erschien das Kindermädchen der Fürstenfamilie ein weiteres Mal auf der Titelseite der Zeitungen. Diesmal war sie am Strand fotografiert worden und trug ein winziges Nichts, das nur entfernt an einen Bikini erinnerte.

Sie war offenbar gerade im Wasser gewesen, da ihre Brustspitzen sich deutlich unter dem Stoff abzeichneten. Sie lächelte und streckte die Arme nach jemandem aus, der nicht auf dem Bild zu erkennen war.

Zuerst überkam Rowan die Lust – Lara brachte sein Blut in Wallung und erregte sein Verlangen. Sie war atemberaubend sexy. Und er war auch nur ein Mann, genauso schwach und anfällig für weibliche Reize wie jeder andere.

Aber er war in erster Linie ein Fürst und musste deshalb ein gewisses Niveau aufrechterhalten. Er musste sich seine Partnerin sehr genau auswählen, denn sie sollte die höchsten Ansprüche erfüllen.

Rowan schob die Zeitung beiseite.

Wie sehr er sie begehrte. Trotzdem gab es nur eine Lösung für dieses Problem: Er musste sie aus dem Palast und somit aus seinem Leben verbannen.

Lara sammelte Eimer und Schaufeln für den Ausflug zum Strand ein, während Alexandria und Damon im Garten spielten. Alexandria war nicht sehr begeistert von der Idee gewesen, ans Meer zu gehen. Sie hatte immer noch Angst davor, weil ihre Eltern ertrunken waren. Schließlich hatte sie aber doch zugestimmt. Lara sah dies als Zeichen dafür, dass das Mädchen sich langsam von dem Schrecken erholte.

Marcus war am Samstag vor seiner Rückreise schon einmal am Strand mit ihnen gewesen. Leider wollte Christian an diesem Tag nicht mitgehen. Lara hoffte, dass er sich diesmal überreden ließ.

Nur eine Sache konnte Lara in die Quere kommen: Fürst Rowan hatte sie für den heutigen Tag in sein Büro gebeten. Den genauen Zeitpunkt für das Treffen kannte sie aber noch nicht. Die Nachricht hatte sowohl Bestürzung als auch Begeisterung in ihr hervorgerufen.

Der Fürst hatte sie noch nie zuvor in sein Büro rufen lassen. Er hatte aber auch noch nie einen Grund dafür gehabt. Tatsächlich war es ihr so vorgekommen, dass er bei seinen Besuchen aus London immer darum bemüht war, ihr aus dem Weg zu gehen. Auch wenn er in ihrer Anwesenheit nie etwas gesagt hatte, war sie sich sicher, dass er mit der Entscheidung seines Bruders, sie als Kindermädchen einzustellen, nicht zufrieden gewesen war.

Lara hatte keinen Grund anzunehmen, dass sich seine Meinung geändert hatte. Nun regierte er aber das Land, das ihr so sehr ans Herz gewachsen war, und die Kinder, die sie über alles liebte, standen unter seiner Obhut. Deshalb war Lara besorgt darüber, was dieVorladung zu bedeuten hatte.

Sie spielte gerade bei den Kindern im Garten, als Rowans Privatsekretär erschien und sie ins Büro zitierte.

„Wo willst du hin?“, fragte Damon und hielt ihr Bein fest, als sie gerade losgehen wollte.

Lara fuhr durch seine wilden Locken. „Ich gehe zum regierenden Fürsten.“

„Wer ist das?“

Lara lächelte. „Dein Onkel Rowan.“

„Oh.“ Damon weigerte sich immer noch, ihr Bein loszulassen.

„Aber du hast doch gesagt, dass wir zum Strand gehen“, schaltete Alexandria sich ein.

„Und ich hoffe, dass wir immer noch Zeit dafür haben, wenn ich zurückkomme“, antwortete Lara.

„Ich will aber jetzt gehen“, sagte Damon befehlend.

„Leider stellt Fürst Rowan jetzt die Regeln auf, und ich kann ihn wirklich nicht warten lassen.“

Damon sah sie wütend an. „Ich fand es besser, als Daddy die Regeln gemacht hat. Ich will, dass Daddy und Mommy wieder da sind.“

Lara kniete sich vor ihn hin und nahm den Jungen in die Arme. „Ich weiß, wie sehr du sie vermisst, mein Schatz.“

„Ich vermisse sie auch.“ Alexandria kam zu ihnen und legte die Arme um Lara.

Lara kamen die Tränen, als sie die Kinder tröstete. „Ihr müsst immer daran denken, dass euer Daddy und eure Mommy in euren Herzen weiterleben.“

„Ich möchte nicht, dass sie in meinem Herzen weiterleben“, sagte Alexandria stur.

„Ich auch nicht“, stimmte Damon zu. „Ich will, dass sie wieder mit uns im Palast leben.“

Eine halbe Stunde war seit der Vorladung zum Fürsten vergangen. Lara hatte es nicht übers Herz gebracht, die Kinder einfach so mit ihrem Kummer allein zu lassen. Sie brachte sie in ihr Zimmer, gab ihnen Bücher und Puzzles und redete ruhig auf sie ein.

Als sie schließlich an die Tür des Fürsten klopfte, merkte sie gleich, dass er wütend war. Mit gereizter Stimme bat er sie herein und sah sie grimmig an.

Lara machte unwillkürlich einen Knicks – eine lächerliche und veraltete Förmlichkeit, die noch lächerlicher wirkte, da sie alte Shorts und ein ausgeblichenes T-Shirt vom Spielen mit den Kindern trug. Julian und Catherine hatten immer darauf bestanden, dass sie derartige Förmlichkeiten sein ließ, wenn sie nicht in der Öffentlichkeit waren. Rowan schien allerdings darauf zu bestehen, da er keine Anzeichen machte, die das Gegenteil bewiesen.

„Sie wollten mich sehen, Fürst Rowan?“

„Schon vor einer Weile. “Rowan blickte sie verärgert an. „Anscheinend haben Sie die Zeit nicht genutzt, um sich zurechtzumachen.“

Lara zwang sich dazu, ruhig zu bleiben und die Schmetterlinge in ihrem Bauch zu ignorieren. Immer, wenn sie Rowan traf, war sie sehr aufgeregt. Sie wusste, dass das einerseits daran lag, dass er sie ablehnte. Andererseits war sie seit dem ersten Treffen mit Rowan in ihn verschossen – auch wenn sie das niemals zugeben würde.

Obwohl es weder einen Sinn ergab noch sonderlich klug war, konnte sie dem Mann nicht widerstehen. Sie wusste nicht, warum Rowan diese Gefühle bei ihr auslöste. Es war einfach so. Allerdings war sie sich im Klaren darüber, dass sie in seinen Augen nie mehr als das Kindermädchen sein würde – und auch noch ein denkbar ungeeignetes.

Außerdem befürchtete sie, dass er sie aufgrund ihrer familiären Hintergründe ablehnen würde. Für Catherine und Julian war das nie ein Problem gewesen. Bei Rowan war sie sich aber nicht so sicher.

„Sie haben ein Blatt im Haar.“

Seine schroffe Bemerkung brachte sie wieder in die Realität zurück. „Oh.“ Sie entfernte es aus den Haaren und errötete. „Ich komme direkt aus dem Garten.“

„Wohl nicht ganz so direkt.“

„Nein. Alexandria und Damon waren bekümmert. Ich wollte sie nicht allein lassen.“

„Wenn Sie in mein Büro gebeten werden, sind Ihre Belange irrelevant.“

Auch wenn sie in ihn verschossen war, so war er doch manchmal ein fürstlicher Idiot. Lara atmete tief durch und zählte innerlich bis zehn, um sich zu beruhigen. „Entschuldigen Sie, mein Fürst. Ich hatte aber den Eindruck, dass es mein Job ist, mich um die Kinder zu kümmern. Und genau das habe ich getan.“

„Und was haben Sie getan, während dieses Bild aufgenommen wurde?“ Rowan deutete auf die Zeitung, die auf seinem Schreibtisch lag.

Lara blickte zu Boden und spürte, wie die Wut in ihr aufstieg. „Das war ein Privatgrundstück. Ich weiß nicht, wie es zu dieser Aufnahme kommen konnte.“

„Außerhalb dieser Mauern existiert keine Privatsphäre. Das müssten Sie inzwischen doch wissen.“

Lara wusste, dass es besser gewesen wäre, den Fehler einzusehen und sich zu entschuldigen. Aber ihrer Meinung nach hatte sie nichts Falsches getan, und sie war einfach zu stolz, um Rowan umVergebung zu bitten.

„Stattdessen sind Sie wieder auf der ersten Seite und wirken wie ein Playmate.“

Obwohl sie die Wut, die sich in ihrem Bauch angestaut hatte, kaum noch zurückhalten konnte, schaffte sie es, ruhig zu bleiben. „Danke. Ich fühle mich geschmeichelt.“

Rowan kniff die Augen zusammen. „Wenn Sie glauben, dass ich das amüsant finde, dann irren Sie sich gewaltig.“

„Ich glaube nicht, dass Sie überhaupt irgendetwas amüsant finden.“

„Wie kann ich das auch, nur drei Wochen nach dem Tod des Fürstenpaars? Und nun auch noch dieses Foto, auf dem sich das Kindermädchen der Fürstenfamilie herumtreibt.“

„Herumtreibt?“

„Gibt es denn eine andere Erklärung dafür?“

Lara wollte gar nicht erst versuchen, ihm zu erklären, dass es sich um eine vollkommen harmlose Situation gehandelt hatte. „Fragen Sie Ihren Bruder. Er war dabei.“

Rowan sah sie überrascht an. „Marcus?“

„Ja.“

„Ich weiß nicht, was meine Brüder an Ihnen gefunden haben. Bis heute kann ich nicht verstehen, warum Julian Sie überhaupt eingestellt hat. Sie sind viel zu jung und unerfahren. Nun bin ich aber für die Kinder verantwortlich, und ich werde das tun, was das Beste für sie ist.“

Lara senkte den Blick, damit er nicht ihre Tränen sehen konnte. Es war ihre eigene Schuld. Sie hätte ihn nicht herausfordern sollen. Ihr Stolz ließ einfach nicht zu, dass sie ihn anbettelte. Aber die Kinder waren ihr wichtiger als ihr Stolz. Deshalb wollte sie nicht kampflos aufgeben. „Was auch immer das Foto für Sie bedeuten mag, es hat nichts mit meinen Fähigkeiten als Kindermädchen zu tun.“

„Das glaube ich nicht. Sie sind immerhin ein Vorbild für die Kinder.“

Lara merkte, dass es keinen Sinn hatte, vor ihm auf die Knie zu fallen. Er hatte sich bereits seine Meinung über sie gebildet.

„Sie können Ihre Abfindung auf dem Weg nach draußen im Personalbüro abholen“, sagte Rowan trocken.

„Glauben Sie, das kann alles gutmachen? Denken Sie ernsthaft, dass mir eine finanzielle Entschädigung wichtiger ist als die Kinder?“

Als er gerade den Mund öffnen wollte, um ihr zu antworten, schüttelte sie den Kopf. „Ach ja, richtig. Was ich möchte, ist ja irrelevant.“

„Das wäre dann alles, Miss Brennan.“

Lara ging niedergeschlagen zur Tür. Sie wusste, dass sie nichts mehr an der Situation ändern konnte. Allerdings hatte sie auch nichts mehr zu verlieren. „Nein, das ist nicht alles. Sie sagen, dass Sie das tun, weil es am besten für die Kinder ist. Ich frage mich nur, ob Sie sich nicht selbst belügen. Glauben Sie tatsächlich, dass ein paar Stunden mit den Kindern am Esstisch ausreichen, um zu wissen, was sie wirklich brauchen?“

Rowan blätterte in der Zeitung und ignorierte Lara. Aber so leicht würde sie sich nicht rauswerfen lassen.

„Ist Ihnen bekannt, dass Christian Probleme mit Algebra hat und überbackene Kartoffeln nicht ausstehen kann? Wussten Sie, dass Alexandrias Lieblingsfarbe Orange ist und sie davon träumt, eine Tänzerin zu werden?“

Rowan sah sie kühl an und sagte nichts.

„Wussten Sie, dass Damon keine Nacht seit der Explosion auf der Jacht durchgeschlafen hat?“

„Sind Sie nun fertig?“

Lara schüttelte den Kopf. Sie war sich im Klaren darüber, dass sie ihn nicht mehr überzeugen konnte, seine Meinung zu ändern. Aber sie wollte wenigstens, dass er der Kinder wegen wusste, wie falsch er lag. „Die Kinder brauchen mehr als nur jemanden, der auf sie aufpasst und sie an ihre fürstlichen Pflichten erinnert. Sie brauchen jemanden, der sie liebt.“

„Sie sind entlassen, Miss Brennan. Begreifen Sie das nicht?“

Die Tränen, die sie vorher mit aller Kraft unterdrückt hatte, liefen ihr nun die Wangen hinunter. Trotzdem hob sie stolz den Kopf. „Und Sie sind ein arroganter, selbstgefälliger Idiot!“

„Das hast du wirklich zu ihm gesagt?“ Tanis grinste über beide Ohren.

„Ja, das habe ich getan“, antwortete Lara schniefend.

Lara hatte kaum mit dem Weinen aufhören können, seit sie den Palast verlassen hatte, in dem sie viele Jahre gelebt und die Kinder lieb gewonnen hatte, als ob es ihre eigenen wären. Und sie konnte sich noch nicht einmal von ihnen verabschieden.

Fürst Rowan hatte ihr das allerdings nicht verboten. Es war ihre eigene Entscheidung gewesen. Sie hätte einfach nicht ertragen können, in ihre Gesichter zu blicken, während sie ihnen erklärte, dass sie gehen musste. Was hätte sie ihnen auch erzählen sollen? Sie konnte die Schuld nicht auf Rowan schieben und ihn vor den Kindern für alles verantwortlich machen. Er war nun immerhin so etwas wie ihr Ersatzvater. So verärgert sie auch war, sie musste Rowans Entscheidung hinnehmen. Auch wenn ihr Herz noch so sehr schmerzte.

Am liebsten wäre Lara einfach nach Hause gefahren. Allerdings lag das mehr als Tausend Kilometer weit weg. Also bat sie stattdessen den Chauffeur des Palastes darum, sie zu Tanis’ Haus zu fahren.

Tanis war zwei Jahre nach ihrem ersten Besuch wieder nach Tesoro del Mar zurückgekehrt. Einerseits, um den Heiratsplänen, die ihre Mutter für sie schmiedete, zu entfliehen, andererseits, um näher bei ihrer besten Freundin zu sein. Nachdem Tanis ihr Studium in Kunstgeschichte abgeschlossen hatte, arbeitete sie nun in einem Café, um sich die Miete und die Materialien für ihre künstlerische Arbeit in der Kunstgalerie von Port Augustine leisten zu können. Sie hoffte, dort ein paar Kontakte zur Künstlerszene der Insel herstellen zu können.

Lara war in diesem schweren Moment froh, ihre beste Freundin in der Nähe zu haben.

„Ich hätte liebend gern eurem Gespräch gelauscht, Lara.“ Tanis kam mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern ins Wohnzimmer ihrer Wohnung.

„Ich war einfach wütend und verletzt.“

„Das ist ja auch verständlich.“ Tanis schenkte ihnen Wein ein. „Du hast dich vier Jahre lang um die Familie gekümmert, und er schmeißt dich wegen eines einzigen Fotos raus.“

Lara seufzte. „Ich will gar nicht mehr an dieses Foto denken. Ich weiß ja noch nicht einmal, wie es dazu gekommen ist. Wir waren doch an einem privaten Strand, die Kinder, Marcus und ich.“

„Der Fotograf hatte wahrscheinlich ein starkes Zoomobjektiv. So konnte er eine Großaufnahme von dir machen, auf der du extrem sexy wirkst. Die Kinder um dich herum hat er einfach aus dem Foto herausgeschnitten.“

„Vielen Dank für das Kompliment.“

Tanis lächelte nur.

Lara trank einen Schluck Wein. „Glaubst du, dass er mich aufgrund des Gesprächs aus dem Land werfen kann?“

„Er ist der regierende Fürst. Er könnte dich für alles belangen. Aber warum sollte er das tun?“

„Du hast recht.“

„Weißt du was? Eigentlich solltest du froh sein, dass du endlich den Palast verlassen hast.“

„Warum?“

„Weil du sonst nie von deiner Schwärmerei für Rowan geheilt werden würdest. Jetzt kannst du immerhin tun und lassen, was du willst. Du bist frei.“

„Das hört sich an, als ob ich in einem Gefängnis gelebt hätte.“

„So ähnlich war es doch, oder?“

„Ich hatte auch mein Privatleben. Ich bin ausgegangen und habe mich amüsiert.“

„Ja. Aber du bist niemals mit einem Mann zweimal ausgegangen, weil du ihn immer mit Rowan verglichen hast. Und welcher normale Mann kann schon mit einem attraktiven Fürsten mithalten?“

Das konnte Lara nicht abstreiten, auch wenn es ihr noch nie richtig aufgefallen war.

„Du bist jetzt fünfundzwanzig Jahre alt“, fuhr Tanis fort. „Noch viel zu jung, um an eine Heirat zu denken. Trotzdem sage ich dir, wenn du nicht langsam aus deiner Märchenwelt aufwachst, wirst du nie einen Mann bekommen und eigene Kinder haben, die du dir so sehr wünschst.“

„Du hast wieder recht.“

Tanis lächelte zufrieden. „Natürlich habe ich recht. Und ich weiß auch schon, welcher Mann dir dabei helfen kann, deinen Traumfürsten zu vergessen.“

„Bitte sag mir nicht, dass du ein Blind Date für mich arrangiert hast.“

„Eigentlich geht es gar nicht um ein Date, sondern um einen Job.“

„Um was für einen Job denn?“

„Was hältst du davon, das Kindermädchen von Luke zu werden?“

„Von deinem Luke?“

„Von meinem Boss.“

Lara hatte Luke ein paarmal in der Kunstgalerie getroffen und wusste nur wenig über ihn. Wenn sie sich richtig erinnerte, war seine Frau vor Kurzem verstorben, weshalb er seine Zwillinge allein aufzog. Außerdem war er ausgesprochen attraktiv. Sie wusste, dass ihre Freundin ihn heimlich begehrte. „Ich dachte, er hat schon ein Kindermädchen.“

„Jetzt nicht mehr. Sie ist letzte Woche mit einem Bildhauer durchgebrannt.“

„Und du glaubst, dass er verzweifelt genug ist, um ein Kindermädchen einzustellen, das von der Fürstenfamilie gefeuert worden ist?“

„Ich weiß, dass er froh wäre, dich bei sich zu haben. Wenn du möchtest, kann ich ihn gleich anrufen.“

Lara hätte am liebsten Nein gesagt, denn klammheimlich hoffte sie, dass ihr Fürst alles bereute und sie wieder zu sich zurückholte. Aber das würde wohl nie passieren.

„Du kannst du es dir ja noch überlegen, Lara. Jedenfalls kannst du so lange hierbleiben, wie du möchtest.“

„Danke.“

Lara war dankbar fürTanis’Angebot. Aber sie mochte es nicht annehmen. Die Wohnung ihrer Freundin war gerade einmal groß genug für eine Person. „Es wäre gar nicht so schlecht, einen neuen Job zu beginnen. Ich muss irgendwie weiterkommen.“

„Dann rufe ich gleich Luke an.“ Tanis griff zum Telefonhörer.

Lara nippte an ihrem Wein, während ihre Freundin alles für sie arrangierte.

„Er wollte herkommen und dich abholen“, sagte Tanis, nachdem sie das Telefongespräch beendet hatte.

„Gut.“

„Nein. Das ist nicht gut. Da wir beide heute frei haben, sollten wir die Gelegenheit nutzen und shoppen gehen.“

„Du meinst Schuhe shoppen?“

Tanis lächelte. „Gibt es denn etwas Schöneres?“

„Für einen neuen Job brauche ich auch neue Schuhe.“

„Dann lass uns losgehen, den Tag genießen und den arroganten Fürsten vergessen.“

Laras Augen füllten sich wieder mit Tränen. „Als ob das so einfach wäre. Am meisten ärgert mich, dass ich überhaupt nicht vorbereitet auf die ganze Situation war. Ich hätte eigentlich wissen müssen, dass so etwas kommen würde. Rowan mochte mich von Anfang an nicht. Ich hätte aber niemals gedacht, dass seine Abneigung so weit gehen würde.“

„Er ist eben ein arroganter Idiot.“ Tanis sagte das so überzeugt, dass Lara lachen musste.

„Ich muss heiraten?“ Rowan sah Henri Marchand ungläubig an. „Sie machen Witze, oder?“

„Leider nicht.“ Rowans politischer Berater schien es tatsächlich ernst zu meinen. „Wenn Sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ihrem fünfunddreißigsten Geburtstag heiraten, verlieren Sie womöglich den Anspruch auf den Thron.“

„Lässt sich das nicht anfechten?“

„Sie könnten es versuchen. Es würde aber schwierig werden und lange dauern. Und Ihr Geburtstag steht schon bald vor der Tür.“

„Das bedeutet also, dass ich knapp sechs Monate Zeit habe, um eine geeignete Frau zu finden?“

„Ganz genau, Eure Hoheit.“

„Und was ist, wenn ich mich weigere? Würde Eric dann das Amt übernehmen?“ Das wollte Rowan auf keinen Fall. Er könnte nie zulassen, dass sein Bruder die Karriere bei der Marine hinschmiss, um seinen Pflichten auf der Insel nachzukommen. Und was seinen jüngsten Bruder Marcus anging, war das genauso unmöglich, da er noch nicht einmal auf sich selbst aufpassen konnte, geschweige denn auf ein Fürstentum.

„Das Ganze ist nicht so einfach, wie Sie denken“, warnte Henri ihn. „Sie vergessen, dass auch andere Familienmitglieder in Betracht gezogen werden können. Und Ihre Tante Elena ist der Meinung, dass ihr Sohn Michael ebenfalls Anspruch auf den Thron hat.“

„Und Michael ist schon verheiratet.“

Henri nickte. „Ich weiß nicht, ob Ihr Cousin überhaupt Interesse an dem Amt hat, aber es besteht kein Zweifel daran, dass seine Mutter ihn dazu drängen möchte. Falls Sie also vorhaben, die Gesetze zu missachten, wird sie die Erste sein, die sich dagegen wehrt.“

Rowan faltete die Hände auf dem Schreibtisch und versuchte, sich seine Resignation nicht anmerken zu lassen. Jetzt musste er nicht nur die Verantwortung für die Kinder seines verstorbenen Bruders übernehmen, sondern auch darum kämpfen, dass sein Cousin nicht die Macht über das Fürstentums übernahm und somit eine lange Familientradition endete. Rowan hätte aber nie damit gerechnet, dass er so plötzlich heiraten müsste. Das stellte ihn vor eine fast unlösbare Aufgabe.

„Na gut“, sagte Rowan schließlich. „Sie sind mein Berater. Dann beraten Sie mich. Was soll ich Ihrer Meinung nach tun?“

„Ich glaube, dass die Entscheidung, eine Frau zu heiraten, in erster Linie eine persönliche Entscheidung sein sollte und nicht eine politische.“

Rowan sah ihn missmutig an.

„Sie haben doch schon viel Kontakt mit Frauen gehabt“, erinnerte Henri ihn. „Es sollte eine Leichtigkeit für Sie sein, eine Frau von einer Heirat zu überzeugen.“

„Es besteht wohl ein großer Unterschied darin, eine Frau zum Essen auszuführen und ein paar angeregte Stunden mit ihr zu verbringen oder sie zu heiraten und den Rest des Lebens mit ihr zu verbringen.“

„Es muss doch aber eine Frau geben, die Eindruck bei Ihnen hinterlassen hat.“

Rowan versuchte, sich an die Frauen zu erinnern, die er in der letzten Zeit ausgeführt hatte. Doch in seinem Kopf schwirrte immer nur das Bild einer einzigen Frau herum … das von Lara. Er konnte sich an keine Augen so gut erinnern wie an ihre. Er konnte sich nicht entsinnen, wie viele Frauen er in seinem Leben geküsst hatte, aber noch mehr reizten ihn die Lippen von Lara, die er noch nie berührt hatte. Sie waren so voll und verführerisch.

„Anscheinend gibt es da doch eine Frau.“

Henris Kommentar riss Rowan aus seiner Träumerei. „Nein“, log er. „Es gibt keine.“

„Nun, dann sollten Sie sich am besten möglichst schnell nach einer Frau umsehen. Aber vergessen sie nicht. Sobald die Presse davon Wind bekommt, werden Sie sich vor heiratswilligen Frauen kaum noch retten können.“

Rowan nickte. Die Medien hatten schon immer Anteil an seinem Privatleben genommen und würden es wohl auch jetzt tun. Vor allem, da es um ein so heikles Thema ging. „Und Sie sind sicher, dass mir keine andere Wahl bleibt?“

„Ich bin kein Anwalt. Aber ich glaube, die Gesetze lassen sich nicht so einfach ändern, weil die Bevölkerung das nicht akzeptieren würde. Und auch nicht Ihre Tante Elena.“

Rowan nickte erneut. „Danke, Henri.“ Sein Berater war kein Anwalt. Aber sein Bruder Marcus studierte Jura. Er griff zum Telefonhörer und wählte Marcus’ Nummer.

2. KAPITEL

Zehn Tage, nachdem Lara den Palast verlassen hatte, versuchte Rowan immer noch, sich einzureden, dass er kein schlechtes Gewissen haben musste. Doch jedes Mal, wenn er in Damons oder Alexandrias traurige Augen sah, fragte er sich, ob seine Entscheidung wirklich richtig gewesen war. Selbst Christian, der normalerweise immer vernünftig war, schien Lara zu vermissen.

Außerdem musste Rowan an das Gespräch mit Marcus denken, das er zwei Tage nach Laras Entlassung mit ihm geführt hatte. Marcus hatte ihn darin über die wahren Hintergründe des Strandfotos aufgeklärt.

Rowan hatte einen Fehler begangen. Er hatte vorschnell reagiert, ohne alle Fakten zu kennen. Das Foto hatte Gefühle in ihm ausgelöst, über die er sich nicht im Klaren gewesen war. Es hatte ihm gezeigt, dass er Lara begehrte, sie aber gleichzeitig nicht haben konnte, da sie das Kindermädchen war und in einer vollkommen anderen Welt lebte.

Rowan war entsetzt gewesen, dass er solche Gefühle für Lara hatte. Deshalb war es in dem Moment für ihn besser gewesen, sie zu feuern. So kam er nicht jedes Mal in Versuchung, wenn sie in seiner Nähe war.

Mittlerweile war ihm bewusst, dass es nicht geholfen hatte, sie aus dem Palast zu verbannen. Seit sie die Familie verlassen hatte, träumte er jede Nacht von ihr und sehnte sich nach ihrem atemberaubenden Körper. Er wollte sie berühren, küssen und sie ganz fest an sich drücken. Wenn er dann morgens aufwachte, war er allerdings froh, dass sie nicht im Palast war. Sonst könnte er ihr wohl nicht widerstehen.

Rowan wusste, dass er eine falsche Entscheidung getroffen hatte. Nicht nur, weil seinVerlangen nach Lara sich immer weiter steigerte, sondern vor allem, da er den Kindern die wichtigste Bezugsperson genommen hatte.

Aber er konnte die Entscheidung nicht mehr rückgängig machen. Damon und Alexandria würden sich schon wieder beruhigen, und auch Christian würde wieder vernünftig werden. Rowan musste bei seiner Entscheidung bleiben. Er durfte jetzt nicht schwach werden. Das rebellische Verhalten der Kinder würde sich wieder legen. Sie brauchten bloß etwas Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Das neue Kindermädchen war ja erst seit einer Woche im Palast. Er war sich sicher, dass bald wieder alles seinen normalen Lauf nehmen würde.

Rowan hatte Edna Harris nicht eingestellt, weil sie graue Haare hatte und lange Röcke trug. Aber es gab ihm ein besseres Gefühl. Edna hatte viel Erfahrung als Kindermädchen und würde bestimmt keine negativen Schlagzeilen machen. Außerdem fühlte er sich absolut nicht zu ihr hingezogen. Und das war auch gut so.

Er spürte plötzlich, wie jemand an seinem T-Shirt zog. Er richtete sich auf, rieb sich die Augen und sah zu dem Kind, das neben seinem Bett stand. „Alexandria, was ist passiert?“

„Damon übergibt sich wieder.“

„Wo ist Mrs. Harris?“

„In Damons Zimmer.“

„Weshalb bist du dann hier?“

„Weil nur du das wieder in Ordnung bringen kannst.“

Rowan runzelte die Stirn. „Was kann ich denn tun, was Mrs. Harris nicht tun kann?“

„Lara zurückholen.“

„Ihr habt doch jetzt ein neues Kindermädchen“, sagte Rowan sanft.

„Aber sie kennt das Lied nicht.“

„Welches Lied denn?“

„Na das Lied eben …“ Alexandria stockte und brach in Tränen aus. Sie blinzelte und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Das Lied von Mommy. Lara hat es immer gesungen, wenn wir schlecht geträumt haben.“

Rowan sah auf die Uhr. Es war drei Uhr morgens, und er hatte um sieben Uhr einen wichtigen Termin mit dem Ministerpräsidenten. Er wusste aber auch, dass es weitreichende Folgen haben konnte, wenn er diese Krise nicht löste.

„Damon hat sich jede Nacht übergeben, seit Lara weg ist“, sagte Alexandria leise.

„Jede Nacht?“

„Hat Mrs. Harris dir das nicht erzählt?“

„Nein.“

Alexandria seufzte. „Seit Mommy und Daddy tot sind, hat Damon jede Nacht Albträume. Lara hat ihm immer vorgesungen, wenn er nachts schreiend aufgewacht ist, um ihn zu beruhigen. Aber jetzt schreit er so lange, bis ihm schlecht wird und er sich übergeben muss.“

Rowan holte den Morgenmantel aus dem Schrank. „Miss Brennan ist jetzt schon seit zehn Tagen nicht mehr da, richtig?“

Alexandria nickte.

Rowan sah sie schockiert an. „Damon übergibt sich also schon seit zehn Tagen?“ Die Erkenntnis, dass ihm das niemand mitgeteilt hatte, machte ihn wütend. „Lass uns zu deinem Bruder gehen und dann Dr. Marotta anrufen.“

Trotz des inständigen Flehens von Mrs. Harris weigerte sich Alexandria, wieder schlafen zu gehen. Auch Rowan brachte es nicht übers Herz, sie dazu zu drängen. Stattdessen versprach er dem Kindermädchen, dass er Alexandria selbst ins Bett brächte, sobald der Arzt da war.

Dr. Marotta kam eine halbe Stunde nach Rowans Anruf im Palast an. Leider hatte er kein Wundermittel für Damon dabei, gab ihm aber ein leichtes Beruhigungsmittel, das ihm beim Einschlafen half.

Als Damon schließlich eingeschlafen war, brachte Rowan Alexandria ins Bett. Er war nicht daran gewöhnt, da dies normalerweise das Kindermädchen übernahm. Doch er fand Gefallen daran, Alexandria zuzudecken und ihr eine Gutenachtgeschichte zu erzählen. Es tat ihm aber auch im Herzen weh, da sein Bruder dieses Ritual immer gepflegt hatte und das nun nicht mehr konnte.

Rowan hätte alles dafür getan, um den Kindern wieder ihre Eltern zurückzubringen. Aber das konnte noch nicht einmal ein Fürst bewerkstelligen.

„Gute Nacht, kleine Fürstin.“

Rowan gab ihr einen Kuss auf die Stirn und wollte gerade das Zimmer verlassen, als Alexandria etwas murmelte.

„Du sorgst doch dafür, dass Lara wieder zurückkommt, Onkel Rowan?“

„Ich werde mit ihr reden.“

Mehr konnte er im Moment nicht versprechen. Alexandria schien die Antwort zu genügen, da sie sich lächelnd umdrehte und die Augen schloss.

Dr. Marotta wartete auf Rowan, als dieser Alexandrias Zimmer verließ.

„Danke, dass Sie so spät noch gekommen sind, Doktor.“

Der alte Mann verbeugte sich. „Es ist mir stets eine Ehre, Eure Hoheit.“

„Auch wenn Sie um vier Uhr morgens aus dem Bett geklingelt werden?“

„Auch dann.“

Rowan führte ihn in die Bibliothek und setzte sich in einen Ledersessel. „Was können Sie mir zu Damons Zustand sagen?“

„Wahrscheinlich nichts, was Sie nicht schon wissen. Er hat in letzter Zeit viel durchgemacht und ist deshalb sehr aufgebracht und bekümmert.“

„Was kann ich dagegen tun?“

„Seien Sie einfach für ihn da.“ Plötzlich runzelte Dr. Marotta die Stirn. Es schien ihm ein weiterer Gedanke gekommen zu sein. „Ich habe schon vor langer Zeit mit Miss Brennan über dieses Thema gesprochen. Und sie hatte mir versichert, dass Damons Zustand immer besser wurde. Vielleicht sollte ich noch einmal mir ihr sprechen, da es sich nun wieder verschlechtert.“

„Die Kinder haben ein neues Kindermädchen.“

„Oh.“

Mehr hatte Dr. Marotta nicht dazu zu sagen. Aber es war ihm anzumerken, dass er mit dieser Veränderung nicht zufrieden war. Er sah Roewn skeptisch an.

„Glauben Sie, dass es falsch war, Miss Brennan zu entlassen?“, fragte Rowan.

„Ich würde nie wagen, Ihre Entscheidungen infrage zu stellen, Eure Hoheit.“

„Und wenn ich Sie darum bitte?“

„Nun, Miss Brennan hatte ein sehr enges Verhältnis zu den Kindern. Und nachdem die Kinder ihre Eltern verloren haben, trifft es sie um so härter, auch noch ihr über alles geliebtes Kindermädchen zu verlieren.“

Rowan nickte.

Während er den Arzt zur Tür brachte, dachte er über Alexandrias Bitte nach, Lara wieder zurückzuholen. Er wusste nicht, ob er das überhaupt noch konnte. Da er nun der regierende Fürst war, sollte er hinter seinen Entscheidungen stehen. Er durfte sich nicht beeinflussen lassen, sondern das tun, was er für das Beste hielt.

Trotzdem konnte er Laras Worte nicht vergessen. Sie hatte recht. Er wusste tatsächlich nicht, was in den Kindern vor sich ging, und was sie für Wünsche und ihre Probleme hatten.

Rowan hatte keine andere Wahl. Er würde gleich morgen zu der Frau gehen, die ihm mehr als jede andere den Kopf verdrehte.

Lara ging auf Zehenspitzen zu Marcis und Kaylas Zimmer, um nach ihnen zu sehen, bevor sie selbst sich wieder ins Bett legte. Ganz genauso, wie sie es auch bei den Kindern im Palast getan hatte.

Als sie das Zimmer der Mädchen betrat, fiel ihr sofort auf, dass Marcis Bett leer war. Erleichtert stellte sie fest, dass das Mädchen sich in das Bett ihrer Schwester gelegt und sich an sie gekuschelt hatte.

Lara kannte nicht den Grund für MarcisVerhalten. Hatte sie nur einen schlechten Traum gehabt, oder war es eine Gewohnheit? Sie musste Luke am nächsten Tag fragen. Nach etwas mehr als einer Woche war ihr die neue Familie immer noch sehr fremd. Es würde noch lange dauern, bis sie die Gewohnheiten undVorlieben der Mädchen kannte.

Immerhin hatten die Mädchen Lara akzeptiert. Sie waren sehr still, brav und wohlerzogen. Lara war sich sicher, dass sie keine Probleme mit ihnen hätte, und auch Luke schien sehr dankbar dafür zu sein, dass sie so kurzfristig eingesprungen war.

Als Lara das Zimmer wieder verließ, musste sie an Damon, Alexandria und Christian denken. Sie fragte sich, ob ihr neues Kindermädchen auch jede Nacht nach ihnen sah und sich gut um sie kümmerte. Besonders der Gedanke, dass Damon jede Nacht schreiend aufgewacht war, beunruhigte sie. Kam das neue Kindermädchen mit dieser schwierigen Situation überhaupt zurecht?

Fürst Rowan bekam davon sicherlich nichts mit. Er schlief ja zwei Stockwerke weiter oben. Hoffentlich hatten Damons Albträume ein Ende gefunden. Aber wahrscheinlich dauerte es noch eine Weile, bis die Kinder sich von dem Schock erholten, den sie durch den Tod ihrer Eltern erlitten hatten.

Als Lara gerade in ihr Bett gehen wollte, klopfte es an der Tür. Sie runzelte die Stirn und sah auf die Uhr. Es war schon fast elf Uhr. Wer konnte das jetzt noch sein?

Das Klopfen wurde immer lauter. Sie zog ihren Morgenmantel an und eilte an die Tür, weil sie fürchtete, dass die Mädchen aufwachen konnten.

Luke kam ihr allerdings zuvor. Er stürzte mit halb offenen Augen aus seinem Arbeitszimmer und lief zur Tür. Anscheinend war er wieder an seinem Schreibtisch eingeschlafen.

„Ich gehe schon“, sagte er.

Lara blieb hinter ihm und war schockiert, als Luke die Tür öffnete und sie den späten Besucher erkannte.

Luke schien den Fürsten allerdings nicht gleich zu erkennen. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“

„Ich muss mit Miss Brennan reden.“ Rowan sah über Lukes Schulter.

Lara wurde jetzt erst bewusst, wie unangemessen gekleidet sie war, und machte einen Knicks. „Guten Abend, Eure Hoheit.“

„Eure Hoheit?“ Luke begriff erst jetzt, wem er da die Tür geöffnet hatte. „Verzeihen Sie. Bitte kommen Sie herein …“

„Das ist schon in Ordnung“, unterbrach ihn Rowan. „Entschuldigen Sie bitte meinen späten Besuch. Ich wollte schon früher kommen, aber ein Abendessen mit dem japanischen Botschafter hat mich aufgehalten.“

Lara spürte, wie der Fürst sie musterte. Sie wusste, was er von ihr dachte. Es war ihr aber mittlerweile egal. „Was führt Sie hierher, Eure Hoheit?“

Rowan sah ihr tief in die Augen und sagte die Worte, die sie nie zu hören erwartet hatte. „Ich brauche Sie.“

Rowan hätte auch einen Bediensteten schicken können, um Lara die Nachricht zu überbringen. Aber das wäre feige gewesen. Er musste Lara persönlich sprechen und sich bei ihr entschuldigen. Nur so konnte er sichergehen, dass sie sein Angebot nicht ablehnte.

Lara schuldete ihm nichts und musste nicht in den Palast zurückkehren. Dessen war er sich bewusst. Er kannte aber auch ihre drei größten Schwächen: Christian, Alexandria und Damon. Sie konnte einfach nicht ablehnen, zu den Kindern zurückzukehren.

Der Mann, der an die Tür gegangen war, ließ sie allein.

Lara führte Rowan in die Küche und forderte ihn dazu auf, sich zu setzen. Dann setzte sie Teewasser auf. „Warum brauchen Sie mich?“

„Ich kann Ihnen keineVorwürfe machen, wenn Sie an meinen Absichten zweifeln. Ehrlich gesagt habe ich über jede andere Möglichkeit nachgedacht, bevor ich hergekommen bin.“

„Woher haben Sie gewusst, wo Sie mich finden können?“

„Ihre Freundin Tanis hat es mir erzählt.“ Der Chauffeur hatte Rowan Tanis’ Adresse gegeben. „Miss Rowan, ich weiß, dass Sie nicht gut auf mich zu sprechen sind, aber vielleicht sollten Sie die Sorgen eines Kindes in denVordergrund stellen.“

„Um wen geht es? Ist etwas passiert?“

„Es geht um Damon. Er hat Albträume.“

„Die hat er schon seit dem Tod seiner Eltern.“

„Das weiß ich jetzt auch. Aber ich hatte keine Ahnung, wie schlimm sein Zustand die ganze Zeit über war.“

Lara schwieg.

„Dr. Marotta hat gesagt, dass sich Damons Zustand eine Zeit lang verbessert hat, weil Sie ihm sehr mit seinen Ängsten geholfen haben.“

„Ich weiß nicht, ob ich ihm wirklich professionelle Hilfe bieten kann.“

„Doch, das können Sie“, bestand Rowan.

Lara schüttelte nur den Kopf.

„Es geht nicht nur um Damons Albträume. Alexandria isst kaum noch etwas, und Christian spricht nur noch mit mir, wenn ich ihn dazu auffordere.“

„Und was soll ich dabei tun?“

„Sie könnten zurückkommen.“

„Nein.“ Lara drehte sich um.

„Wollen Sie nicht wenigstens noch einmal darüber nachdenken?“

„Ich habe mittlerweile einen anderen Job.“

„Sie meinen, bei dem Mann, der mir die Tür geöffnet hat …“

„Luke Kerrigan.“

„Arbeiten Sie für ihn?“

„Glauben Sie, ich bin nur hier, um mit ihm zu schlafen?“

Rowan wusste, dass sie ihn bloß herausfordern wollte. Trotzdem gefiel ihm dieser Gedanke gar nicht. „Ich werde mit Mr. Kerrigan reden. Ich bin mir sicher, dass wir uns einigen können.“

„Meinen Sie damit, dass Sie Ihre Stellung als Fürst geltend machen werden?“

„Ich werde das tun, was am besten für die Kinder meines Bruders ist.“

„Und was wird aus Lukes Kindern?“

„Die werden Sie bestimmt vermissen. Ich bezweifle aber, dass sie in zehn Tagen eine so enge Beziehung zu Ihnen aufgebaut haben wie Julians Kinder in viereinhalb Jahren.“

„Soll ich nun dankbar sein, dass Sie das endlich begriffen haben?“

„Nein. Ich erwarte überhaupt keinen Dank von Ihnen. Aber ich wäre froh, wenn Sie zum Palast kämen, um wenigstens etwas Zeit mit den Kindern zu verbringen.“

„Ich möchte nicht in den Palast zurückkehren.“ Lara holte Tassen und Untertassen aus dem Regal und knallte sie laut auf den Tisch. Sie war enttäuscht von sich selbst, weil sie ihre Gefühle nicht unter Kontrolle halten konnte. Doch der Fürst regte sie einfach zu sehr auf. Trotzdem konnte sie nicht abstreiten, dass sie einen Moment lang darüber nachgedacht hatte, wieder zu den Kindern zurückzukehren.

Sie konnte es aber nicht. Und das würde sie ihm auch klarmachen.

Plötzlich stand er vor ihr und berührte ihre Schulter.

„Ich möchte nicht zurückkehren“, wiederholte sie. „Und Sie haben kein Recht, hierherzukommen und diesen Schritt von mir zu verlangen.“

„Ich weiß. Trotzdem musste ich Sie fragen.“

Lara spürte, wie ihr immer wärmer wurde. Und das lag an seiner Berührung. Sie konnte sich nicht gegen das Verlangen wehren, das in ihr aufstieg. Es war unfassbar. Nur eine kleine Berührung genügte, und schon schmolz sie fast dahin.

Rowan sah sie so eindringlich an, dass sie kaum noch Luft bekam. Ihr Herz klopfte wie wild. Ihr war noch nie aufgefallen, wie sehr seine Augen funkelten. Er war ihr aber auch noch nie so nah gewesen. Und auch wenn sie wusste, dass seine Nähe in diesem Moment nicht gut für sie war, konnte sie keinen Zentimeter von ihm weichen.

Erst als der Fürst die Hand von ihrer Schulter nahm, bekam Lara wieder Luft. Ihr wurde klar, dass Tanis recht hatte. Lara würde sich nie in einen anderen Mann verlieben können, solange sie in der Nähe von Rowan war.

Lara schluckte und trat einen Schritt zurück. „Ich kann nicht.“

Rowans Handy klingelte. Er murmelte eine Entschuldigung und zog sich zurück, um das Gespräch anzunehmen.

Lara wollte gerade Tee einschenken, als Rowan zurückkam und ihr das Handy reichte. „Es ist Alexandria.“

Lara sah ihn verwundert an und nahm das Handy entgegen. „Alexandria?“

„Lara!“ Die Freude in der Stimme des Mädchens war unüberhörbar. „Ich wusste nicht, dass Onkel Rowan heute mit dir reden würde. Ich wollte ihn noch einmal daran erinnern, da habe ich erfahren, dass er gerade bei dir ist. Kommst du wirklich heute Abend zurück? Wir vermissen dich. Damon ist wieder aus einem Albtraum aufgewacht. Er hat sich aber gleich beruhigt, als ich ihm erzählt habe, dass du heute kommst. Es wird uns allen wieder besser gehen, ich freue mich so sehr.“

Lara war hin und her gerissen, während sie mit Alexandria telefonierte. Wie konnte sie in den Palast zurückkehren, nachdem Rowan sie fristlos entlassen hatte? Andererseits, konnte sie sich tatsächlich weigern, wenn die Kinder sie so dringend brauchten?

„Wir haben jetzt Mrs. Harris“, fuhr Alexandria fort. „Sie ist richtig alt und trägt nur hässliche Kleider. Außerdem lacht sie nie. Christian behauptet, dass sie schon auf der Erde war, als die Dinosaurier noch lebten.“

Lara wunderte sich nicht, dass Rowan ein neues Kindermädchen eingestellt hatte. Sie war aber erleichtert, dass sie nicht so einfach zu ersetzen war.

„Wir müssen die ganze Zeit über blöde Aufgaben erledigen und kommen kaum noch zum Spielen. Und dann muss ich mir komische Kleider anziehen, damit ich eine vornehme Lady werde. Ich würde aber viel lieber so sein wie du, Lara. Mit dir haben wir immer so viel Spaß.“

Lara schaffte es schließlich, das Gespräch zu beenden, ohne irgendwelche Versprechungen zu machen. Schweren Herzens gab sie das Handy an Rowan zurück.

„Haben Sie ihr erlaubt, so spät noch aufzubleiben, um mit mir sprechen zu können?“, fragte sie.

„Ich habe das nicht geplant. Aber ich hätte es getan, wenn es Sie irgendwie dazu bringen könnte, zu uns zurückzukehren.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass Sie zu solchen Mitteln greifen würden, Eure Hoheit.“

„Sie kennen mich wohl noch nicht richtig, Miss Brennan. Sonst wüssten Sie, dass ich bis zum Letzten kämpfe.“

„Falls ich zurückkommen sollte, dann müssen Sie mir versichern, dass Sie Ihre Meinung nicht einfach wieder ändern.“

„Ich gebe Ihnen mein Wort.“

„Das reicht mir nicht. Ich möchte einenVertrag.“

Rowan war nicht daran gewöhnt, dass jemand seinen Anordnungen nicht Folge leistete. Und in diesem Fall musste er sogar einen Kompromiss mit dem Kindermädchen eingehen, was sich für einen Fürsten gar nicht schickte.

Letztendlich hätte er alles unternommen, um Lara wieder zurück in den Palast zu bekommen. Natürlich nicht seinetwegen. Er war sich immer noch der Gefahr bewusst, die von Laras Anwesenheit im Palast ausging. Die Kinder brauchten Lara. Das hatte er mittlerweile verstanden. Er musste aber auch schnellstmöglich eine Frau zum Heiraten finden. Und Lara würde ihm dabei eher im Weg stehen.

„Ein Vertrag könnte dabei helfen, unsere Erwartungen aneinander klarzustellen“, stellte Lara fest.

Rowan nickte. Ihm blieb keine andere Wahl. „Ich werde meinen Anwalt gleich morgen früh damit beauftragen.“

„Danke.“

Da Lara immer noch darauf bestand, dass Luke zuerst sein Einverständnis zu ihrer Kündigung gab, führten sie noch ein Gespräch mit ihm, bevor sie das Haus verließen. Luke erklärte sich damit einverstanden, dass Rowan ihm die Dienste von Edna Harris zurVerfügung stellte, solange er nach einem neuen Kindermädchen suchte.

Während der Fahrt zum Palast sagte Lara kaum ein Wort. Ihr Duft machte Rowan ganz verrückt. Er wollte mit ihr reden und sie berühren. Sie brachte jetzt schon seine Sinne durcheinander. Wie würde das erst werden, wenn sie wieder zusammen im Palast wohnten?

Er hatte sich gewaltig in ihr geirrt. Lara war weder zu jung und unerfahren, noch der falsche Umgang für die Kinder. Sie war eine starke Frau, die sehr viel Mut bewies und unbeirrt für ihre Ziele kämpfte. Außerdem ließ sie sich nicht von seinem Fürstentitel beeindrucken, was Rowan ebenso imponierte.

Er wusste, dass er stolz auf sich sein konnte, da er die scheinbar unmögliche Aufgabe, Lara zurückzuholen, erfolgreich gemeistert hatte. Trotzdem hatte er ein ungutes Gefühl. Er sah zu ihr hinüber und war fasziniert von ihrer natürlichen Schönheit. Sie benutzte kaum Make-up und trug sportliche Kleidung, dennoch war sie die schönste Frau, die er in seinem Leben gesehen hatte.

Er nahm das Lenkrad seines Geländewagens in beide Hände und konzentrierte sich wieder auf die Fahrbahn.

Es schien zwar so, als ob er bekommen hatte, was er wollte. In Wahrheit wollte er aber noch viel mehr.

Lara stieß einen tiefen Seufzer aus, als Rowans Wagen die Einfahrt zum fürstlichen Palast hochfuhr. Als sie vor viereinhalb Jahren das erste Mal hierhergekommen war, kam sie nicht mehr aus dem Staunen heraus. Auch jetzt nahm ihr der Blick auf den prächtigen Palast den Atem.

Rowan parkte vor dem Eingang und wollte Lara die Tür öffnen. Doch sie sprang heraus, bevor er an der Tür war. Sie war immerhin eine Bedienstete und kein Gast. Auch wenn sie nicht vergessen konnte, wie Rowan sie kurz zuvor in der Küche angesehen hatte.

Vielleicht begehrte er sie. Diese Erkenntnis überraschte sie, da sie niemals geglaubt hätte, dass er mehr als Verachtung für sie übrig hätte. Aber sie musste vorsichtig sein, da sie sich seiner wahren Absichten nicht sicher sein konnte.

Lara folgte ihm ins Foyer des Palastes und war aufgeregt wie damals beim ersten Besuch. Sie hatte nicht damit gerechnet, jemals hierher zurückzukehren. Es waren nicht nur die glänzenden Marmorböden und die prächtigen Kronleuchter, die sie faszinierten. Irgendwie hatte sie das Gefühl, als wäre sie wieder nach Hause gekommen. Ihr wurde bewusst, dass sie sich in diesem Palast glücklicher als an jedem anderen Ort fühlte.

„Sie sind bestimmt schon müde, aber ich würde gern noch kurz etwas mit Ihnen besprechen“, sagte Rowan, nachdem er dem Butler die Koffer übergeben hatte.

„Gut.“

Rowan bat sie, auf einem der gemütlichen Sofas im Foyer Platz zu nehmen. Dann setzte er sich ebenfalls. „Möchten Sie etwas Tee?“

„Nein, danke.“

„Ich bitte Sie, mein Verhalten zu entschuldigen. Marcus hat mir erzählt, wie es zu dem besagten Foto gekommen war. Ich wäre aber froh gewesen, wenn Sie mir von Alexandrias Angst vor dem Meer erzählt hätten.“

„Hätte das einen Unterschied gemacht?“

„Dessen bin ich mir nicht sicher. Ich weiß aber mittlerweile, dass die Kinder Sie wirklich brauchen.“

Rowan sah ihr in die Augen und sie spürte erneut, wie ihr warm wurde. Nur ein Blick – und sie schmolz dahin. Sie musste sich zusammenreißen. „Ist das der Punkt, an dem auch ich mich für meinVerhalten entschuldigen sollte, Eure Hoheit?“

Rowan amüsierte der ernste und entschlossene Ausdruck in Laras Gesicht. „Nein, Miss Brennan. Ich erwarte keine Entschuldigung von Ihnen. Ich hoffe aber, dass Sie Ihre Meinung über mich ändern werden.“

„Sie haben immerhin eingesehen, dass die Bedürfnisse der Kinder wichtiger als Ihre sind. Das ist ja schon einmal ein Anfang.“

„Ich möchte Ihnen sagen, wie dankbar ich bin, dass Sie zurückgekommen sind.“

„Ich habe es für die Kinder getan.“

„Das ist mir bewusst.“ Rowan stand auf und ging zur Treppe. „Ich bringe Sie nach oben.“

„Ich kenne den Weg.“

„Natürlich.“ Er ließ sie vorausgehen und folgte ihr.

Als sie bei ihrem Zimmer angekommen waren, konnte er nicht widerstehen und berührte sie erneut. Er legte die Hand auf ihre Wange und streichelte sie, während ihre Augen groß wurden und ihr der Atem sichtlich stockte.

Er konnte in ihren Augen erkennen, dass seine Gefühle für sie auf Gegenseitigkeit beruhten. Doch er zog die Hand wieder zurück, da er in diesem Moment nicht die Flamme der Leidenschaft zwischen ihnen entfachen wollte. Es war für sie beide zu riskant.

„Gute Nacht, Miss Brennan.“

Sie schluckte. „Gute Nacht, Eure Hoheit.“

Rowan beobachtete sie, wie sie in ihrem Zimmer verschwand. Während er sich auf dem Weg zu seinem machte, wurde ihm bewusst, dass er einen weiteren Fehler begangen hatte. Er war sich allerdings nicht sicher, ob der Fehler darin bestand, sie zu berühren … oder sie gehen zu lassen.

3. KAPITEL

Lara war so schnell wieder mit den Kindern vertraut, dass es ihr vorkam, als wäre sie nie weg gewesen. Sie versuchte, Alexandria weiter die Angst vor dem Meer zu nehmen, was sehr wichtig war, da sie immerhin auf einer Insel wohnten. Sie beruhigte Damon, wenn er mitten in der Nacht schreiend aufwachte, und hoffte, dass seine Albträume bald ein Ende fänden. Christian machte ihr am meisten Sorgen. Er wirkte äußerlich zwar ruhig, aber er litt sehr. Der Junge schien sich mit dem Lernen abzulenken, doch Lara wusste nicht genau, wie gut ihm das gelang.

Rowan lief ihr nur sehr selten über den Weg. Ob er es absichtlich tat oder ihn seine Pflichten zu sehr in Anspruch nahmen, wusste sie nicht. Er hatte jedenfalls keine Möglichkeit mehr, ihr heiße Blicke zuzuwerfen, da sie sich so selten sahen. Nach einer Woche fragte sie sich, ob da überhaupt jemals etwas zwischen ihnen gewesen war. Und am Ende der zweiten Woche war sie sich sicher, dass sie sich alles bloß eingebildet hatte.

Am darauf folgenden Dienstag erhielt sie eine Nachricht von ihm. Lionel überbrachte sie ihr, als sie draußen im Garten saß und die Sonne genoss, während die Kinder in der Schule waren.

„Neunzehn Uhr Abendessen im fürstlichen Esszimmer der Familie.“

Lara wusste, dass es sich nicht um eine Einladung, sondern um eine Anordnung handelte.

Während sie sich für das Abendessen umzog, ärgerte sie sich, dass sie seinen Anweisungen Folge leisten musste. Er war der regierende Fürst und sie nur das Kindermädchen. Die Rollen waren klar verteilt.

Wie immer war sie nervös, wenn es darum ging, Rowan zu treffen. Das lag einerseits an seinem Fürstentitel und andererseits daran, dass sie ihn nach wie vor begehrte. Zum Glück schien er nicht zu merken, wie sehr sie sich nach ihm sehnte.

Lara nahm sich bei der Auswahl ihrer Abendgarderobe viel Zeit. Sie wollte etwas Schickes anziehen, ohne dass es zu seriös wirkte. Nachdem sie ihre Wahl getroffen hatte, trug sie Makeup auf und holte eine Parfumflasche aus dem Bad. Allerdings sah sie dann doch davon ab, Parfum aufzutragen. Warum sollte sie sich für einen Mann zurechtmachen, der sich noch nicht einmal für sie interessierte? Der Fürst würde sie nur zur Kenntnis nehmen, wenn sie zu spät kam, und das würde gleich passieren, wenn sie sich nicht etwas beeilte.

Es gab drei Esszimmer im Palast. Der fürstliche Bankettsaal bot mehr als einhundert Gästen Platz und wurde für Staatsempfänge und andere besondere Veranstaltungen genutzt. Zudem gab es einen weiteren Saal, der Anlässen mit bis zu vierzig Personen Platz bot. Das Esszimmer hingegen diente privaten Abendessen der fürstlichen Familie.

Als Rowan auf die fünf gedeckten Plätze am Tisch sah, wurde ihm bewusst, dass er die Kinder kaum näher kennengelernt hatte, seit Julian und Catherine verstorben waren. Und er musste sich eingestehen, dass er sich auch nicht sehr darum bemüht hatte. Stattdessen konzentrierte er sich auf die Geschäfte und politischen Belange des Fürstenhauses. Die Kinder waren ihm immer noch fremd.

Aus diesem Grund hatte er heute alle zum Abendessen eingeladen. Vielleicht konnte er so den Kindern etwas näherkommen. Zuerst hatte er gezögert, auch das Kindermädchen einzuladen, dann war ihm aber klar geworden, dass sie ihm den Zugang zu den Kindern vielleicht etwas erleichtern konnte.