Reisen, Küchen und Genießen - Wilfried Albrecht - E-Book

Reisen, Küchen und Genießen E-Book

Wilfried Albrecht

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Beschreibung

Auf der Suche nach den gutem Geschmack. Dazu gehören Restaurants mit und ohne Stern, Trattorien, Tapas Bar und so weiter. Auch Weingüter, angenehme Hotels und schöne Landschaften gehören dazu. Menschen kennen lernen, Mentalitäten entdecken, Geschichte und Gerichte zu erfahren und zu erschmecken. Esskulturen anderer Länder erlernen und dies alles in den weiteren Lebensweg einbauen.

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Seitenzahl: 226

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Getrunken im Restaurant Jörg Müller, Westerland am 19.09.2020

Ein Glas Champagner und ein Amuse-Bouche zur Begrüßung in der Normandie

Inhaltsverzeichnis

In der Normandie

Vorwort

Schlachtefest

Gänsebraten

Desaster

Der erste Familienurlaub, Bulgarien

Gourmetzeitschriften

Ibiza

Der erste Stern

Fuerteventura

Der zweite Stern

Franz Keller, Köln

Normandie

Vire 1983

Hochzeitsessen

Der dritte Stern

Ischia u. Mirabello

Kochkurse

Der Siebeck Teil 1

Bora Bora

Topfgucker

Bamira, Gran Canaria

Restaurants in Vire Normandie

Berlin

Mallorca

Haeberlin, Elsass

Schwarzer Adler, Oberbergen

David Goerne, Caudebec-en-Caux

Restaurants in der Normandie

Auberge Val de Cesne

Etretat

Hêtres Restaurant

Haus am See, Krakow

Die Sonne, Frankenberg

Paris, Reims, Hattingen

Noma, Kopenhagen

Slow Food, Nordhessen

Le Moissonnier, Köln

Vier Restaurants

In Dewulf, Belgien

Wielandshöhe, Stuttgart

Der Siebeck Teil 2

Bras, Laguiole

Alexandre Gauthier,La Grenouillère

Honfleur und die Küste

Voit, Kassel

Ente, Wiesbaden

Kraft, Breitenbach

Ins Land der Franken fahren

Le Pave de Auge, Normandie

Dr. Freund, Dieterode

Gran Canaria

Mein Gänsebraten

Sterneküchen

Ehrung -

2019 vor dem Mont-Saint-Michel: v. l. Herbert, Hanna, Ricarda, Irmtraud, Wilfried

Im Garten L'Auberge de la Source in der Nähe von Honfleur

Vorwort

Seit über 40 Jahren, genauer gesagt ab 1978, sind wir auf der Suche nach den gutem Geschmack. Dazu gehören Restaurants mit und ohne Stern, Trattorien, Tapas Bar und so weiter. Auch Weingüter, angenehme Hotels und schöne Landschaften gehören dazu.

Nach dem Motto:

Menschen kennen lernen, Mentalitäten entdecken, Geschichte und Gerichte zu erfahren und zu erschmecken. Esskulturen anderer Länder erlernen und dies alles in den weiteren Lebensweg einbauen.

Wir haben in dieser Zeit viel gelernt. Besonders die Verbindung zu unserer Partnerstadt Vire und die Fahrten in die Normandie waren inspirierend.

Oft werde ich gefragt, wo ich das Kochen gelernt habe und warum ich so viele gute Restaurants kenne. Die nachfolgenden Artikel geben Hinweise auf vorgenannte Fragen.

Diese Hobbys hat man mir bzw. uns nicht in die Wiege gelegt. In einem kleinen Dorf südlich von Kassel mit knapp 1000 Einwohner geboren und die Kinderzeit in der Nachkriegszeit erlebt. Das Wirtschaftswunder habe ich als Jugendlicher mit gemacht. Wir waren zu Hause wohl nicht auf Rosen gebettet, aber wir haben immer gut und reichlich gegessen. Hunger habe ich nie kennen gelernt. Mit gut meine ich eine Hausfrauenküche mit überwiegend Produkten aus eigener Schlachtung und selbstangebauten Gemüse. Meine Eltern hatten direkt nach dem Kriege gebaut und haben bis 1964 Schweine gehalten bzw. es wurde zu Hause selbst geschlachtet. Hinter dem Haus war ein kleiner Garten, hier wurde das notwendige angebaut. Mein Vater hat, als er pensioniert war, ein kleines Gartenland dazu gepachtet. Da war ich allerdings aber schon nicht mehr zu Hause.

Neben der obligatorischen Weihnachtsgans gab es viele Eintopfe und viel vom Schwein, man hatte ja selbst geschlachtet. Sonntags gab es immer ein Dreigangmenü bestehend aus Vorspeise, meistens eine Suppe, selten Salat und einen Fleischgang, Fisch gab nur freitags, sowie ein Dessert, meistens ein Fertigpudding.

Mein Lieblingseintopf war und ist bis heute eine Linsensuppe mit viel Speckeinlage. Mein Vater liebte seine „Bonsupp“ (weißer Bohneneintopf). Bei entsprechender Ernte servierte meine Mutter „Quer durch den Garten“.

Durch die eigene Schlachtung gab es viel vom Schwein. Rindfleisch wurde beim örtlichen Metzger dazu gekauft. Mein Lieblingsgericht war und ist eine schön geschmorte Rindsroulade mit Salzkartoffeln und viel dunkler Soße.

Auch als wir geheiratet haben, wurde am Anfang der Ehe diese Art von Küche fortgeführt. Am Anfang stand überwiegend meine Frau Irmtraud am Herd. Erst als wir in das neue Haus einzogen und Irmtraud mit dem Studium begann, übernahm ich langsam die Küchenregie.

Ein gewaltigen Schub in der Küche begann dann nach 1983 als wir, wie bereits oben erwähnt, die Normandie besuchten. Die französische Küche hielt Einzug an den heimischen Herd. Dann begannen aber auch die Schwierigkeiten. Wo kann man die schönen und neue Produkte, die man auf den Märkten in Frankreich gesehen hatte, in der Heimat kaufen. Statt Edeka und Co., hier wurden noch die Grundnahrungsmittel gekauft, oder es ging in die Markthalle und auf den Wochenmarkt. Am Anfang aber auch hier nur das deutsche Einerlei. Erst im Laufe der 1990ziger Jahren sollte sich vieles ändern. Ein Beispiel ist Rucola oder auch Rauke, heute ein allerwelts Salat. Ich habe ihn erst ca. 1995 auf dem Markt entdeckt. Gesehen und geschmeckt haben wir den schon 1986 bei unserer Fahrt nach Cambobasso/Italien, hier wuchs er wild auf den Weinhängen.

Auch die Kochkurse zwischen 1987 und 2004 brachten neuen Schwung und neue Ideen in die Küche.

Selbst die örtliche Presse wurde auf mein Hobby aufmerksam und brachte 2001 ein Bericht über mein Hobby.

Natürlich wurde auch noch eine neue Küche angeschafft und meine Einladungen zum Essen und Trinken am rustikalen Eichentisch waren und sind heiß begehrt.

Hoffen wir, dass es noch lange so weiter geht.

Schlachtefest

“Wenn die Sau am Haken hängt, wird erst mal einer eingeschenkt“

Über Generationen war das Hausschlachten eine Tradition in ländlichen Gegenden. Das waren noch Zeiten, als die Monate November bis Februar noch richtige Wintermonate waren. Viel Schnee und klirrende Kälte bestimmten die Tagesabläufe. Es war aber auch die Zeit der Schlachtfeste, die gleichzeitig Höhepunkte bei vielen Familien waren und eine kulinarische Abwechselung für Nachbarn und Freunde. Auch im Hause Albrecht wurde diese Tradition bis zum Jahr 1964 aufrechterhalten. Die Hausschlachtung war eine der Hauptbestandteile der Ernährungskette im Haus Albrecht.

Wir schlachteten meistens zweimal im Jahr. Einmal im November und einmal im Februar. Warum im Herbst und Winter - ganz klar, denn Kühlschränke und Tiefkühlfächer gab es noch nicht. Das Fleisch und die Würste mussten ausreichen bis zur nächsten Schlachtung. Wir hatten bis Ende der 1950 Jahre zwei Schweine im Keller, die mit allen Essensresten, die bei einer 6-köpfigen Familie anfielen, gefüttert wurden. Es wurde nichts weggeworfen. Mülltonnen wie heute, gab es nicht. Später wurden die Schweine bei einem Bauern im Dorf gekauft.

Der Schlachttag war für die Familien so etwas wie ein Festtag. Bereits Tage zuvor wurde die Waschküche im Keller ordentlich gereinigt und aufgeräumt. Am Tage vor der Schlachtung wurde Fleischbeschauer bestellt, der die Lebendbeschau vornahm. Schlachttiere dürfen nämlich keine Krankheiten haben.

Am Schlachttag ging es dann hoch her. Früh aufstehen musste ins besonders unsere Mutter. Der Kessel musste angeheizt werden. Am Schlachttage benötigte man viel heißes Wasser. Viele Helfer wurden gebraucht, so war es selbstverständlich, dass Verwandtschaft und Nachbarschaft geholfen haben. Hier müssen besonders „Onkel“ Heinrich und Tante „Gertrud“ Schmidt genannt werden.

Der Hausmetzger, meistens waren es keine gelernten Metzger, sondern hatten sich das Handwerk selbst beigebracht. In den allermeisten Fällen waren sie Maurer von Beruf. Da es im Winter im Baugewerbe fast nichts zu tun gab, konnten Sie auf diese Weise ihr Einkommen sichern.

An ein Hinterbein des Schweines wurde ein Strick gebunden. Dann trieb man es aus dem Stall und mit einem Bolzenschussgerät wurde das Tier betäubt, und es folgte ein Stich in die Halsschlagader, damit das Schwein ausbluten konnte. Das Blut für die Blutwurst wurde in einer Metallschüssel gerührt, bis es abgekühlt war, damit es nicht dick und flockig wurde.

Das Tier wurde dann gebrüht, deshalb das viele heiße Wasser, enthaart und auf einer Leiter, zum Spalten aufgehängt. Das Schwein wurde dann an der Bauchseite aufgeschnitten und als erstes wurden Magen und Därme entfernt. Die Därme mussten dann sorgfältig gereinigt werden und wurden dann später gefüllt Ein Dickdarm-Teil wurde für den Schwartenmagen bzw. für die „Ahle Worscht“ verwendet.

Nach dem Spalten wurde der Fleischbeschauer zur Beschau gerufen. Er überprüfte, ob das Tier frei von Krankheiten und Seuchen war, das Fleisch wurde dann mit runden Stempeln als „gesund“ gestempelt und durfte erst dann verarbeitet werden.

Aus dieser Zeit kommt auch der Spruch :

“Wenn die Sau am Haken hängt, wird erst mal einer eingeschenkt“ .

Ein Schlückchen klaren Schnaps war wohl hauptsächlich zum Aufwärmen in der kalten Jahreszeit gerne willkommen.

Meistens haben wir das als Kinder gar nichts mitbekommen, da wir ja in die Schule mussten. Als wir mittags nach Hause kamen war die „dreckige“ Arbeit erledigt.

Das Schwein wurde zerlegt, alles, was für das Mittagessen bestimmt war, wurde in den Kessel zum Kochen gegeben. Die Teile, die der Metzger für Leber – und Blutwurst brauchte, wurden ebenfalls gekocht. Dann ging es an das Wurstmachen. Besonders wichtig die Masse für die „Ahle Worscht“ , diese musste, so wie noch heute, warm verarbeitet werden. Zwei Stunden, nachdem die Sau ihr Leben gelassen hat, ist ihr Fleisch immer noch leicht warm, Optimale Voraussetzungen für die Herstellung der „Ahlen Worscht“

Die Leber – und Blutwurst wurde zuerst fertig, die gab es dann auch zum Mittagessen, zusammen mit Sauerkraut, Wurstesuppe, Kartoffeln und Brot. Dabei wurde auch viel Hochprozentiges von den Erwachsenen getrunken.

Nach dem Essen wurde die Fleischportionen, wie etwa Braten, Schinken, die Koteletts, Gulaschfleisch hergerichtet.. Den Rest verarbeitete der Metzger für Presskopf, Bratwürstchen, je nach dem, was die Familie eben wünschte. Vieles wurde auch in Dosen eingekocht.

Während dieser Zeit wurden die benutzten Gerätschaften ausgiebig gereinigt. Die Geräte des Hausschlachters konnten jetzt für die nächste Hausschlachtung abgeholt zu werden. Hier mussten wir Kinder helfen.

Dann wurde zu Abend gegessen. Helfer und Nachbarschaft lassen es sich gut gehen. Wir Kinder mussten häufig „Wurstebrühe“ zu den Nachbarn bringen.

Am Tage nach der Schlachtung wurden dann die Schinken und die Speckstücke eingesalzen, die nach einigen Wochen Reifezeit geräuchert wurden. Diese Schinkenstücke wurden dann an einem sicheren Ort aufgehängt.

Warum wurde nur bis 1964 geschlachtet. Es hatte einen einfachen Hintergrund. Das Elternhaus wurde 1949/50 gebaut. Damals noch ohne Zentralheizung. Nur Einzelöfen heizten im Winter die Wohnräume. Ich kann mich gut erinnern, dass ich an dem Fenster in meinem Zimmer sehr häufig Eisblumen hatte. Eine dicke Decke und warme Steine im Bett waren normal.

Dann gab es endlich die Zentralheizung. Im November 1964 war geschlachtet worden, als man im März 1965 eine „Ahle Worscht“ anschneiden wollte, kam das böse Erwachen. Die Wurst war innen hohl und grau geworden. Bedingt durch die Heizung war es überall im Haus zu warm geworden und die Wurst trocknete zu schnell.

Auch bei Irmtraud in Großenritte wurde nur bis 1966 geschlachtet. Als man in das neue Haus in die Heinrichstraße zog, mit Zentralheizung, hörte auch hier die Hausschlachtung auf.

Gänsebraten

Wenn es kälter wird, die Tage kürzer und die Nächte länger geht es auf Weihnachten zu. Weihnachten war und ist bei uns auch Gänsezeit. Solange ich mich zurück erinnern kann, gab es Heiligabend Gänsebraten. Als die Schwiegersöhne bzw. -töchter dazu kamen, wurde der Schmaus auf den ersten Festtag verlegt. Natürlich reichte eine Gans dann nicht mehr aus und Mutter musste zwei Gänse in den Ofen schieben. Auch musste später für die Enkel gekocht werden, unsere Mutter hatte also über Weihnachten viel zu tun.

1990 war dann leider Schluss. Unser Vater hatte im Herbst 1990 einen Schlaganfall erlitten und wir rechneten mit dem schlimmsten. Als Gerhard, mein Bruder, und ich ihn am Buß -und Bettag im Krankenhaus besuchten, war für uns klar, Weihnachten erlebt er nicht mehr. Er kam jedoch wieder nach Hause und wie ein Wunder erholte er sich noch einmal. Es war das letzte große Gänseessen in der Familie. Nach Weihnachten dann der rapide Verfall. Er verstarb am 15. Febr. 1991 gegen 13.00.

Nun aber zum Gänsebraten. Es war eine besondere Zubereitung und Zutaten.

Das Rezept hatte unser Vater mitgebracht. Seine Mutter Elisabeth (1895-1944) war Tochter eines Großlandwirtes in Hergershausen (heute ein Ortsteil von Alheim) mit viel Morgen Land und natürlich auch mit der entsprechenden Viehhaltung. Zu Weihnachten gab es also auch frische Gänse. Was ist nun das Besondere an diesem Gericht?

Es ist der Poree, und zwar viel Poree oder Spanschlauch wie man in Nordhessen sagt.

Das Rezept:

Ich kann mich nicht erinnern, dass es frische Gänse gab, erstens gab es auf dem Dorf keinen Gänsezüchter und wenn dann viel zu teuer. Also kauften wir tiefgefrorene Gänse aus Polen oder Ungarn.

Die Gans auftauen lassen und dann mit kalten Wasser innen und außen säubern sowie abtrocknen. Den Bürzel abschneiden. Die Füllung war sehr wichtig, wurden damit doch die Essensanteile verlängert. Hackfleisch mit eingeweichten Brötchen vermengen und würzen. Die Gans von innen mit Salz und Pfeffer würzen. Die Masse in die Gans füllen und mit Zwirn verschließen. Einen großen Gänsebräter, ja den gabs damals noch, mit ca. 1 Liter heißem Wasser füllen und die Gans mit der Brust nach unten in den Bräter legen. In den Ofen schieben. Am Anfang gab es im Hause Albrecht „nur“ einen Herd der mit Briketts, Kohle oder Holz befeuert wurde. Man musste sich also ein wenig auskennen, wenn die entsprechende Temperatur erreicht war und welche Zeit benötigt wurde. Aus Erfahrung wusste man, dass es ca. 60 Minuten dauerte, bis man die Gans umdrehen sollte.

In der Zwischenzeit wurde der Porree gesäubert und in Scheiben geschnitten. Nicht nur die weißen Anteile wurde genutzt, auch die Grünen und Dunkelgrünen. Es wurde halt nichts weggeworfen.

Im Bräterunterteil war nun eine Mischung aus Wasser und viel Gänsefett, besonders viel Gänsefett. Es wurde aber nichts weggeschüttet. In diese Wassermasse wurde der Porree gegeben, es waren mind. 2- 3 kg Porree, auf diesen Berg von Porree wurde nun die Gans gelegt, die Brust diesmal nach oben und ab in den Ofen. Man rechnete mit 1 Std. pro Kilo. Bei einer 4,5 kg Gans plus Füllung also ca. 5-5.5 Std. Zum Schluss aus dem Bräter nehmen und im Ofen nachgaren, so dass eine krosse Haut entstand. Der Porree wird nochmals abgeschmeckt und mit Salzkartoffeln und der zerlegten Gans serviert.

Später habe ich versucht das Gansrezept nachzukochen, aber ganz anders. Das Rezept folgt als letztes Kapitel dieser Aufzeichnungen.

Desaster

Mein erste Kochversuch im Jahre 1973 war ein Desaster. Anders kann man es nicht sagen. Ausgerechnet das Essen zum Heiligen Abend hatte ich mir für das Experiment ausgesucht.

Es sollte etwas Besonderes sein.

Hirschbraten mit Rotkraut und Salzkartoffeln stand auf dem Speiseplan.

Die erste Frage lautete, wo bekomme ich ein Wildbraten her. Kaufmöglichkeiten, die es heute gibt, waren damals undenkbar. Wir hatten keine befreundeten Jäger die Wildbret verkauften, heute sieht das anders aus. Auch in den örtlichen Lebensmittelläden konnte man so etwas nicht kaufen. Letze Möglichkeit war der Massa Markt in Kassel. Dieser großflächige Verbrauchermarkt hatte alles was das Herz damals begehrte. Vor allen war es dort preisgünstig. Natürlich gab es auch hier kein frisches Wild, sondern nur gefrostete das entweder aus Polen oder Bulgarien kam. Also wurde ein Wildbraten aus Bulgarien gekauft und zu Hause im Kühlschrank langsam aufgetaut. Bereits beim Auftauen bemerkte ich einen unangenehmen Geruch.

Am Morgen des Heiligenabends wurden die anderen Zutaten hergerichtet und wir freuten uns auf ein schmackhaftes Abendessen. Laut Beschreibung sollte der Braten ca. zweieinhalb bis drei Stunden bei 180° fertiggestellt werden. Da wir um 17:00 Uhr zum Abendgottesdienst wollten, bereite ich den Braten um 16:00 Uhr vor. Er wurde angebraten, die kleingeschnittenen Gemüsewürfel dazu gegeben und mit einer Flasche Rotwein und Wasser abgelöscht. Auch hier wieder der unangenehme Duft. Da eine Bratzeit von ca. 3 Stunden angedacht war, konnten wir beruhigt in die Kirche gehen. Also machten wir uns um 16:45 Uhr auf in die Kirche, der Gottesdienst war dann gegen 18:00 Uhr beendet. Also schnell nach Hause und dann kam uns im Treppenhaus bereits ein sehr muffeliger Geruch in die Nase. Je weiter wir nach oben gingen, wurde es schlimmer, in der Wohnung fast unangenehm.

Der erste Gedanke war, der Braten wäre verbrannt. Die Herdtür auf und ich musste feststellen das noch genügend Flüssigkeit vorhanden war, aber der Gestank war nicht mehr auszuhalten. Es blieb uns nichts anderes übrig als den Braten einschließlich Gemüse und Brühe zu entsorgen. Was sollte es nun zum Heiligen Abend geben? Gott sei Dank hatten die Schwiegereltern, die auch im Haus wohnten, noch einiges im Kühlschrank. Wenn ich mich recht entsinne, gab es dann ein Salat, Salzkartoffeln und Scheiben von der „Ahlen Worscht“.

Natürlich stellten wir uns die Frage warum dieser unangenehme Geruch beim Wildbraten. Damals gab es noch kein Internet, wo man zum Beispiel bei Google diese Frage hätte eingeben können. Heute wissen wir, dass wahrscheinlich der Hirsch geschossen wurde, obwohl er in der Brunft stand. Das Brunftfleisch vom Hirsch hat einen extremen Geruch und Geschmack.

Es hat einige Jahre gedauert, bis bei uns wieder Wildfleisch auf den Tisch kam. Diesmal allerdings kam diesmal ein frischer Rehrücken auf den Tisch.

Der Rücken wird ausgelöst. Aus den Knochen und Wurzelgemüse werden mit Rotwein und Gemüsebrühe versetzt ein Wildfond hergestellt. Dieser wird stark eingekocht und mit kalter Butter gebunden. Der Rücken in Portion Größe schneiden und scharf anbraten . Anschließend bei ungefähr 80° noch 20 Minuten nachziehen lassen. Das Fleisch hat dann eine wunderbare rosa Farbe. Dazu gibt es Selleriepüree und Kartoffelgratin.

Ein Essen welches in der Wildsaison häufig auf den Tisch kommt. Der Heiligabend ist ein solcher Termin.

Besonders unsere Tochter Sabrina ist ein Fan dieses Gerichts.

Der erste Familienurlaub

Im Winterhalbjahr 1973/74 machten wir uns Gedanken über unseren ersten gemeinsamen Urlaub. Urlaubskataloge wurden in dieser Zeit gewälzt und nach einem Blick auf unsere Konten entschieden wir uns für einen Urlaub in Bulgarien. Der Sonnenstrand in der Nähe von Burgos wurde als Urlaubsziel ausgewählt. Drei Wochen Urlaub für ca. 700 DM.

Der Start erfolgte am 17.06.1974 ab Frankfurt. Da der Abflug für 18.30 Uhr festgesetzt war, wollten wir vorher noch eine Flughafenbesichtigung machen. Also fuhren wir bereits gegen 12.00 Uhr los. Unterwegs waren wir mit unseren Audi 60, diesen hatten wir erst kurz vorher gekauft. Mit an Bord die Schwiegereltern Katharina und Karl, die das Auto wieder nach Hause fahren sollten. Kurz hinter der Abfahrt Bad Homburg, es war ca. 14.00 Uhr, dann ein Stau. Wir standen auf der linken Seite der Fahrbahn, als es weiter gehen sollte, sprang der Wagen nicht mehr an. Also raus aus dem Auto, um es an den rechten Straßenrand zu schieben.

Alle Versuche den Schaden zu finden, halfen nicht. Die letzte Rettung war der ADAC. Aber erst gegen 16,00 Uhr war der Helfer zu Stelle. Er brauchte fast eine halbe Stunde, bis er den Schaden gefunden hatte.

Eine kleine Lötstelle war das Problem. Mittlerweile war es 16.45 Uhr und wir sahen den Flieger in Richtung Bulgarien schon ohne uns losfliegen. Um 17.30 Uhr waren wir endlich am Flughafen. Das große Suchen begann, wo war der Abflug. Als wir den Abflugschalter gegen 18.15 Uhr endlich gefunden hatten, wir sahen uns schon wieder nach Hause fahren, dann die Erleichterung.

Der Flug hatte Verspätung und wir konnten in Ruhe einchecken. Dann das große Warten. Erst um 23.00 Uhr ging dann der Flieger in Richtung Burgos, wo wir gegen 01.30 Uhr landeten. Erst gegen 03.00 Uhr konnten wir dann im Hotel am Sonnenstrand in die Betten.

Sabrina, damals 3 Jahre alt, hat sich in dieser Zeit gut gehalten.

Gebucht hatten wir das Hotel „Morska Zvezda“ mit Vollpension. Diese Vollpension musste man allerdings nicht im Hotel einnehmen. Der Pauschalurlauber erhielt bei Ankunft für jeden Aufenthaltstag einen Betrag zwischen 5,5 und 9 Lewa in einer speziellen Touristenwährung ausgezahlt, die in allen Lokalen akzeptiert wurden.

Ach ja, zum Essen. Das Essen war billig und reichlich, nur besonders gut war es nicht. Wir haben viel ausprobiert und waren auch in verschiedenen Restaurants, aber es schmeckt fast überall gleich und die Preisunterschiede waren ziemlich gering. Überall auch der meistverdrossene Service, die vielen Streichungen auf der Karte und die lauen Temperaturen der Gerichte. Das Problem, in den Restaurantbetrieben am Sonnenstrand herrscht, wie überall im Land, der genormte sozialistische Wettbewerb. Auffällig auch die Aufteilung beim Betreten der Restaurants. Die „Westler“ durften das Haus direkt betreten, während einheimische und „Ostler“ in der Schlange warten mussten. Das war uns manchmal recht peinlich.

Sabrina ernährte sich in den drei Wochen fast ausschließlich von Milka Schokolade, Äpfel, die wir mitgenommen hatten und Kartoffelpüree.

Als dann der freundliche Ober einmal Petersilie über das Püree streute, wurde die Nahrungsaufnahme von ihr verweigert.

Das Hotel war nur ca. 250 m vom feinen Sandstrand entfernt. Für drei Wochen waren Schwimmen, Sonnenbaden und Faulenzen angesagt. Angesagt waren auch Kutschfahrten, Fahrt mit einer „Bimmelbahn“ und Fahrten mit einem Eselskarren. Hier habe ich mir beim Sonnenbaden am zweiten Tag gleich die Füße verbrannt. Ich hatte mich sorgfältig eingecremt und hatte auch ein T-Shirt übergezogen. An die Füße hatte ich allerdings nicht gedacht. Ich hatte Sandalen an und auf dem Fußrücken bekam ich an den freien Stellen einen gewaltigen Sonnenbrand. Dieser war so schlimm, dass ich in den nächsten Tagen auch am Strand mit Strümpfen rumlaufen musste.

In Erinnerung bleiben uns auch die kurzen Ausflüge in das nahe gelegene Nessebar. Die Altstadt von Nessebar zählt als Museumsstadt mit einmaliger Atmosphäre, historisch wertvollen Kirchen und wunderschön restaurierten Häusern zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Bulgarien und ist heute UNESCO Weltkulturerbe.

Fast an jeder Straßenecke, gab es kleine Stände mit einheimischen Spezialitäten. Besonders beliebt bei uns war ein einfaches Bauernbrot mit Hackfleisch belegt und einer Würze, die in entferntesten an Oregano erinnerte. Dieses Brot kam auf einen heißen Grill, wurde von beiden Seiten gebraten und dann aus der Hand gegessen, ein bis heute unvergessliches Erlebnis.

Auch in den Jahren 1977 und 1979 wurde Bulgarien nochmals als Urlaubsziel ausgesucht.

Gourmetzeitschriften

Heute gibt es Zeitschriften, die sich mit Essen und Trinken beschäftigen, wie Sand am Meer, Kritiken in Zeitungen und Zeitschriften noch nicht einmal miteingerechnet. Kein Wunder, schließlich teilt man gute wie schlechte Erfahrung beim Essen ja auch gerne mit. Viele kamen mit viel Werbung auf den Markt und gingen genauso schnell unter.

Die erste Zeitschrift, die ich erstand, war Anfang 1973 ein Heft von Essen & Trinken. Das Heft kostete 3,00 DM und auf dem Titelblatt sah man eine Ente a‘ l‘ Orange. Außerdem wurden 5 Restaurant in Düsseldorf vorgestellt. Dann war lange Zeit Ruhe, es gab wichtigere Dinge auf der Welt als Zeitschriften zu sammeln. Das änderte sich 1976, wir hatten gebaut und ich fing in der neuen Küche an zu kochen. Dann viel mir das alte Heft wieder in die Hand.

Das Magazin erschien seit 1972 und liefert einmal im Monat Rezepte, Restaurantempfehlungen und Reisetipps. Angelika Jahr war journalistisches Vorstandsmitglied sowie Gründerin und Herausgeberin von ESSEN&TRINKEN.

Gert von Paczensky schrieb von 1973 bis 2003 die Restaurantkritiken und gab wesentliche Anstöße für den Aufschwung der deutschen Restaurantküche - gemeinsam mit Klaus Besser und Wolfram Siebeck. Ihm folgte für einige Jahre Bernd Matthies von 2004-2010. Danach verabschiedete man sich von der Restaurantkritik. Stattdessen wenige Reisetipps mit Restaurantempfehlungen. Rezepte stehen mittlerweile im Focus.

Heute habe ich die Hefte ab Januar 1977 und ab 1978 im Abonnement. Ich bin am überlegen, ob ich diese Zeitschrift noch benötige.

Ende 1978, Anfang 1979 begann das große Sammeln. Neue Gourmet Zeitschriften bzw. Magazine kamen bzw. waren auf dem Markt. Besonders ins Auge viel ein Magazin von Johann Willsberger. Das erste Gourmet Magazin, welches ich gekauft habe, war die Ausgabe 11, Frühjahr 1979. Bereits ab Ausgabe 14 habe ich das Magazin im Abo erworben.

Das Magazin war 1976 von dem österreichischer Fotograf, Autor und Verleger Johann Willsberger gegründet worden. Es war ein Vierteljahrhundert lang eine der einflussreichsten und stilbildenden Gourmet- und Weinpublikationen im deutschsprachigen Raum. 2001 wurde das Magazin leider eingestellt.

Es hat lange gedauert, bis ich die fehlenden Ausgaben erwerben konnte. Die Ausgabe 1, die legendäre Hummer-Ausgabe konnte ich im Herbst 2020 erwerben. Die Ausgaben 2-5 dann im Februar 2021 von einem Sammler aus Bayern. Für 39 fast ein Sch näppchen.

Ein knappes Vierteljahr vorher fiel mir die Erstausgabe von „Besser’s Gourmet Journal“ in die Hände. Er hatte vorher seine Restaurantkritiken in der Gesellschaft-Revue „Bonn Journal“ später „Esprit“ veröffentlicht. Von diesem Journal hatte ich auch einige Hefte, leider habe ich sie irgendwann entsorgt. Das Heft erschien im Springer Verlag und sollte ein deutsches „Gault-Millau“ werden.

Klaus Besser (1919-1995) kam wie auch die beiden anderen renommierte Gastrokritiker Wolfram Siebeck (1928-2016) und Gert von Paczensky (1925-2014) aus dem linkliberalen Lager. Sie erhielten häufig Hausverbot in den Restaurants, nachdem sie negativ über sie geschrieben hatten.

Bereits ein Jahr später war die Zusammenarbeit von Besser und Spiegel Verlag beendet. Man munkelte, dass die Verrisse und negative Bericht, auch über Produkte, den Ausschlag zur Trennung gab. 1980 wurde es in „Ullsteins Gourmet-Journal“ umgewandelt, 1982 wurde daraus „VIF – das Gourmet-Journal“, das schließlich 1997 in der Zeitschrift „Der Feinschmecker“ aufging. Bis zu dieser Zeit hatte ich die Zeitschriften ebenfalls im Abo. Als Ableger wurde dann ab 09/1994 das Heft „Savoir-Vivre“ im AT Zeitschriften Verlag herausgegeben. Erster Chefredakteur war Ulrich Metzner. Die Zeitschrift hatte eine wechselhafte Geschichte, mit vielen Chefredakteuren und neuen Verlagen. Heute (2020) wird „Savoir-Vivre“ bei go! Pressebüro & Verlag in Hamburg herausgegeben. Chefredakteur und Verleger ist Karl-F Lietz. Ich erwerbe das Heft nur noch sehr sporadisch.

Klaus Besser blieb nicht untätig. Bereits im März 1980 erschien im Münsteraner Kochbuchverlag Wolfgang Hölker "Besser's Gourmet Zeitung", gedruckt auf Recycling-Papier. Bis 09/1984 erschien sein Brief in den unterschiedlichsten Aufmachungen und Verlagen. In der Zeitschrift „GALA“ gab es dann ab 10/1984 die „Briefe“. Diese Zeitschrift habe ich allerdings nicht abonniert.

Erstmals im Oktober 1975 erschien die Gourmet-Zeitschrift “Der Feinschmecker“ als Übernahme aus dem Arne-Verlag von Arne Krüger, der Herausgeber blieb. Chefredakteur und seit 1988 Herausgeber war Jochen Karsten (1925–2005). Mein erste Heft kaufte ich Ende 1979, ab 1980 im Abo. Bis heute befasst sich “Der Feinschmecker” mit exquisiten Weinen, Feinschmecker-Spezialitäten und Fragen der feinen und gehobenen Küche. Monatlich erscheint rund um den Globus die neue Fachzeitschrift mit Feinschmecker-Spezialitäten. Die derzeitige Chefredakteurin der im Hamburger Jahreszeiten Verlag erscheinenden Zeitschrift ist Deborah Gottlieb.

Aber auch „Der Feinschmecker“ ist in die Jahre gekommen. Es fehlt der Schwung Neues zu entdecken.

Viele Zeitschriften kamen und gingen im Laufe der Jahre. Von manchen habe ich nur die Erstausgabe gekauft und schnell gemerkt, das wird nur ein Strohfeuer. Anders bei „Apéro“ das kulinarische Esspapier mit Eckhart Witzigmann als Zugpferd. Verlegt von 2006 bis Heft 38/2017, danach eingestellt.

Noch heute im Abo „Port Culinaire, von Thomas Ruhl. Wesentliches Thema des Magazins ist die gehobene Kochkunst. Der Inhalt konzentriert sich auf Reportagen aus aller Welt und auf Menschen mit einem besonderen Bezug zum Genuss. Die Rezepte werden von professionellen Weinempfehlungen begleitet.

Weiterer Lesestoff gibt es bei „marmite“ eine Zeitschrift aus der Schweiz. Ebenfalls aus der Schweiz „Zu Gast“ . Erscheint zweimal im Jahr.

Seit 2008 erscheint „Effile“ die etwas andere Zeitschrift für Essen und Trinken, auch mit Restaurantkritiken. Die Zeitschrift „Beef“ steht ebenfalls im Bücherregal.

Bei meinen Besuchen in Frankreich kaufe ich immer die Hefte von „Yam“ und „thuries“. Als Mitglied bei Slow Food beziehe ich auch diese Zeitschrift, die etwas andere Art von Kulinarik.

Zum Schluss noch ein besonderes Highlight meiner Sammlung. Der Fotograf Bruno Hausch brachte Mitte der 1990ziger Jahre das Magazin „The Culinary Chronicle“ heraus.

Es wurde allerdings nach dem plötzlichen Tod von Hausch eingestellt. Die Bände präsentieren Sterneköche aus aller Welt mit ausgewählten Rezepten – die Liste der porträtierten Köche und Hotels liest sich wie das Who’s Who des Gastronomie-Olymps.

Ibiza

1978