Rettungseinsatz für die Liebe - Melinda Waleni - E-Book

Rettungseinsatz für die Liebe E-Book

Melinda Waleni

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Beschreibung

Die leidenschaftliche Rettungsschwimmerin Sarah ist bereit, beruflich nach Noosa zu fliegen. Diese Reise hat allerdings einen bitteren Nachgeschmack, sie muss mit einem ihr unbekannten Mann reisen. Auch der Abschied von ihren besten Freundinnen fällt ihr schwer. Als Sarah ihren erkrankten Kollegen längere Zeit in Australien vertritt, lernt sie eine ganz neue Seite an sich kennen, die sie vor so einige neue Herausforderungen stellt ...

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Rettungseinsatz für die Liebe

Von Melinda Waleni

Buchbeschreibung:

Die leidenschaftliche Rettungsschwimmerin Sarah ist bereit, beruflich nach Noosa zu fliegen. Diese Reise hat allerdings einen bitteren Nachgeschmack, sie muss mit einem ihr unbekannten Mann reisen. Auch der Abschied von ihren besten Freundinnen fällt ihr schwer. Als Sarah ihren erkrankten Kollegen längere Zeit in Australien vertritt, lernt sie eine ganz neue Seite an sich kennen, die sie vor so einige neue Herausforderungen stellt ...

Über den Autor:Melinda Waleni ist das Pseudonym einer österreichischen Autorin, Jahrgang 1990. Sie lebt im niederösterreichischen Weinviertel. Die Leidenschaft zum Schreiben hat sie schon im Kindesalter für sich entdeckt.

Rettungseinsatz für die Liebe

Von Melinda Waleni

1.Auflage,

Text: © Copyright by Melanie Trsek

Umschlag: © Copyright 2023 by Melanie Trsek

Hauptstraße 39

2185 Prinzendorf

Österreich

[email protected]

Kapitel 1

»Wo ist sie nur hin?« Hektisch durchwühle ich alle Fächer meiner grauen Stofftasche. Ich seufze und sehe zu Lina, die neben mir sitzt. »Fährst du mich bitte zum Schwimmbad? Ich finde die Jahreskarte für den Bus nicht und meine Schicht beginnt gleich.«

Sie nickt. »Na klar, ich habe meinen VW zwar gestern erst gewaschen, aber für dich riskiere ich gerne eine Fahrt durch die vom Regen matschige Erde am Parkplatz.«

Ich umarme sie kräftig. »Danke Lina, du bist die Beste. Heute ist aber sowieso nur die Schwimmhalle offen, das heißt, du brauchst nicht unbedingt durch den Matsch zu kurven.«

Meine Freundin grinst über beide Ohren. »Das klingt gut. Aber weißt du was, ich frage Josefine, ob sie auch kommt, damit wir an deinem letzten Tag vor der großen Reise nochmal alle zusammen sind. Sie ist vorhin mit Fabian los zum Shoppen.«

»Ach echt? Ich befürchte, dass sich mein kleiner Bruder zu große Hoffnungen macht, was Josefine betrifft. Sie ist in letzter Zeit mit vielen Typen ausgegangen. Nicht, dass sie auch nur mit ihm spielt. Die Geschichte mit den beiden beunruhigt mich ein wenig.«

»Dann ist es umso besser, wenn wir sie ins Schwimmbad mitnehmen. So ist sie abgelenkt und dein Bruder wird nicht von ihr verletzt.«

Mir entweicht ein Schmunzeln. »Dass du mitkommen willst, ist echt lieb von dir, aber ich muss arbeiten.« Ich tätschele ihre Hand. »Außerdem bleibe ich nicht für immer in Noosa, ich vertrete dort nur meinen Kollegen Jack.« Während ich in die Sportschuhe schlüpfe, seufze ich leise. »Der Arme hat sich so auf seinen Auslandseinsatz gefreut. Nun ist er kaum ein paar Tage dort, schon muss er eine Bypass-Operation über sich ergehen lassen. Da musste natürlich jemand einspringen, bis er wieder fit ist.« Ich recke mein Kinn in die Höhe. »Und da ich ein echter Englisch-Sprachprofi bin, hat Konrad gleich an mich gedacht. Ich bin schon sehr gespannt, wie es dort sein wird. Einer der Vorteile, am Strand in Australien zu arbeiten ist, dass ich mehr Farbe im Gesicht bekomme, als hier in Europa.« Die Worte sprudeln vor Aufregung nur so aus mir heraus.

Lina lächelt verschmitzt. »Ach Sarah, die Bräune ist bei dir gar nicht so wichtig, du bist mit deinen blonden Locken und den dunklen Augen sowieso wunderschön. Pass auf, dass du dort nicht zu viele Herzen brichst.« Sie zwinkert mir zu. »Zum Glück ist Konrad bei dir, er wird bestimmt gut auf dich Acht geben.«

Ich verdrehe genervt die Augen. »Hör endlich mit dieser Anspielung auf. Er ist mein Chef. Wir sind einfach nur Freunde, nichts weiter.« In mir zieht sich alles zusammen. »Ich bin total nervös. Mir steht eine sehr lange Reise bevor.«

Lina drückt kräftig meine Hände. »Du schaffst das schon, Sarah. Du bist die mutigste Person, die ich kenne.« Sie zückt ihre Autoschlüssel aus der Hosentasche und deutet zur Tür. »Wir müssen jetzt aber wirklich los, deine Schicht beginnt gleich.«

Bevor wir das Haus verlassen, schnappe ich noch meine Tasche und werfe einen flüchtigen Blick in den Spiegel. Meine Lockenpracht sieht heute echt klasse aus. Hoffentlich bemerkt Konrad das auch. Ich ziehe eine Grimasse und halte einen Moment inne. Ob meine Freundinnen mit den Anspielungen recht haben, geht es mir durch den Kopf. Womöglich bin ich ja doch ein bisschen in Konrad verknallt.

Lina zerrt mich am Oberarm durch die Wohnzimmertür. »Sarah, wir haben keine Zeit mehr für deine ständigen Tagträume.«

Ich sehe beleidigt auf meine neue Smartwatch. »Du hast ja recht, wir müssen endlich los, sonst kommen wir zu spät.«

Wir stürmen Hals über Kopf aus der Wohnung und betreten den Lift. Ehe sich die Türen hinter uns schließen, eilt ein dunkelhaariger großer Mann im beigen Jackett und Sonnenbrille auf uns zu. »Darf ich bitte auch noch mit, ich bin spät dran und die Treppe zu nehmen, dauert vom siebten Stock aus zu lange.«

Ich betätige den Türöffner und nicke zustimmend. »Sie haben Recht, da geht einem schnell mal die Puste aus.«

Der Mann drängt sich schmunzelnd zu uns. »Danke für Ihr Verständnis.« Er nimmt die Sonnenbrille für einen Moment ab und strahlt mich an, sodass es mir heiß und kalt über den Rücken läuft. Seine dunkelblauen Augen gleichen den Tiefen eines Ozeans.

Ich spüre, dass meine Wangen zu glühen beginnen, und senke verlegen den Kopf. Im Augenwinkel bemerke ich, dass der Mann ruckartig den Blick von mir abwendet. Er nimmt ein Smartphone aus der Manteltasche und tippt eifrig darauf herum. In mir dreht sich alles, das scheint die längste Fahrt meines Lebens zu sein. Die Situation ist mir unendlich peinlich, sodass ich es nicht mehr wage, zu ihm hochzusehen.

Endlich erreichen wir das Erdgeschoss. Die Türen öffnen sich wieder und der Mann verlässt ohne ein weiteres Wort mit schnellen Schritten den Lift.

Ich atme erleichtert auf. Hoffentlich hält er mich jetzt nicht für unhöflich.

Lina sieht ihm verwirrt nach. »Ich habe diesen Typen noch nie gesehen, dabei kenne ich doch alle unsere Nachbarn.«

Ich lächle sie gezwungen an und versuche gelassen zu bleiben. »Keine Ahnung wer das war, aber der Mann sah echt attraktiv aus. Vielleicht ist er der neue Mieter von Tür Nummer 26. Du weißt schon, Familie Berger ist vor ein paar Wochen nach Brasilien ausgewandert und die Wohnung stand bis jetzt leer.«

Sie zuckt mit den Schultern. »Kann sein, dass der Mann jetzt da wohnt. Los komm Sarah, wir müssen endlich gehen.« Meine Freundin schiebt mich aus der Fahrstuhltür und wir verlassen das Wohnhaus.

Im Freien bläst uns ein kräftiger, kühler Wind entgegen. Für Anfang Juni ist es meiner Meinung nach viel zu kalt.

Die gesamte Autofahrt über geht mir der Mann im Lift nicht aus dem Sinn. Er denkt bestimmt, dass ich ihn unsympathisch finde, so wie ich mich ihm gegenüber verhalten habe.

Lina hält den Wagen vor der Schwimmhalle an. »Es ist besser, wenn du gleich aussteigst, ich suche noch einen Parkplatz vor dem Haus. Ich habe Josefine vorhin noch eine SMS geschrieben. Sie wird in ungefähr einer halben Stunde mit dem Bus hier ankommen.«

Ich hänge mir die Stofftasche um die Schultern. »Gut, dann sehen wir uns alle drinnen wieder.« Eilig verlasse ich das Auto und marschiere in Gedanken versunken den gepflasterten Weg entlang zum Personaleingang.

Im Personalraum angekommen, öffne ich rasch den Spind. Ich durchforste das darin herrschende Chaos auf der Suche nach meinem Klemmbrett.

Unter einem Haufen gebrauchter Badetücher finde ich es letztendlich. Ich schnappe es mir, werfe die schmutzigen Tücher auf den gefliesten Boden und lege die Tasche in den Spind. Rasch wechsele ich mein Kleid mit der weißen Uniform, bestehend aus Polohemd und Leinenhose. Die Badetücher stopfe ich gleich in die Waschmaschine neben mir und greife mir ein frisches vom Regal. Mit dem Tuch bewaffnet, mache ich mich schließlich auf den Weg zur Schwimmhalle.

Der gesamte Korridor ist menschenleer. Haben wir heute keine Gäste? Wenn man sich allein in dem alten Gebäude aufhält, wirkt es fast ein bisschen unheimlich.

Bevor ich die Glastür zur Schwimmhalle erreicht habe, vernehme ich hinter mir schnelle Schritte. »Hey Sarah, du bist spät dran«, höre ich Konrad rufen.

Ich zucke erschrocken zusammen und wende mich um. »Oh hi, entschuldige bitte, ich musste mit Lina mitfahren, weil ich meine Jahreskarte wieder mal nicht finden konnte.«

Er bleibt vor mir stehen, seine Augen wirken glasig. »Ist schon okay.«

Ich sehe ihn fragend an. Mit zittrigen Lippen legt er die Hände in den Nacken. »Ich kann dich leider nicht nach Noosa begleiten«, beginnt er mit gebrochener Stimme. »Ich habe gerade erfahren, dass meine Tante Elois vor ein paar Tagen gestorben ist und morgen Vormittag findet die Beerdigung statt.«

»Oje, das ist ja schrecklich. Du hast mir oft von ihr erzählt, auch dass du bei ihr aufgewachsen bist und ihr sehr nahe standest.« Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter. »Es tut mir so leid für dich.«

Sein betrübter Blick wandert zu Boden. »Sie wird mir so fehlen. Weißt du, meine Tante hat mir immer Mut gemacht und an mich geglaubt, wenn ich mal an mir gezweifelt habe.«

Ich schließe ihn tröstend in die Arme und vernehme ein leises Schluchzen.

»Ist schon gut«, sage ich mit sanfter Stimme. »Ich bin immer für dich da. Mach dir keine Sorgen, ich verstehe natürlich, dass du unter solchen Umständen nicht nach Australien mitkommen kannst.«

Er zieht die Luft scharf ein. »Und weil ich nicht möchte, dass du alleine reisen musst, habe ich meinen besten Freund Donald gebeten, dich zu begleiten. Er ist freiberuflicher Rettungsschwimmer und war sofort damit einverstanden.«

Ich lege den Kopf schief. »Dass du extra eine neue Begleitung für mich organisiert hast, ist echt nett von dir. Da ist nur eines noch, ich kenne Donald gar nicht. Wie erkenne ich ihn?«

Konrad ringt sich zu einem Lächeln ab. »Ich bringe ihn morgen zum Flughafen, bevor ich zur Beerdigung fahre. Keine Sorge, er ist sehr sympathisch und wird dir dort helfen.« Er streicht mir mit dem Handrücken über die Wange. »Hör zu, in ein paar Monaten sehen wir uns wieder. Dann gehen wir an deinem ersten Abend hier miteinander aus.«

Mein Grinsen weicht einem verwirrten Blick. Mir schlägt das Herz bis zum Hals. Mit solch einer Aussage habe ich jetzt echt nicht gerechnet. »Du willst wirklich mit mir ausgehen?«

»Ich wollte dich schon öfter um ein Date bitten, nur leider hatte ich nie den Mut dazu.«

Ich falle ihm um den Hals. »Das ist echt süß und ja ich würde gerne mit dir ausgehen.«

Er grinst über beide Ohren. »Toll, das freut mich sehr. In Ordnung, dann will ich dich nicht länger von deiner Arbeit abhalten.«

Kapitel 2

Der Wecker, den ich für vier Uhr Früh eingestellt habe, klingelt mich unbarmherzig aus dem Tiefschlaf. Seufzend öffne ich die Augen und stelle ihn ab. Ich werfe einen Blick aus dem Fenster. Der Himmel ist sternenklar. Schwerfällig steige ich aus dem Bett, schlüpfe in den Morgenmantel und schlurfe mit den Hausschuhen in die Küche.

Das Brummen der Kaffeemaschine wirkt sich beruhigend auf mein Gemüt aus. Es duftet nach frisch gebackenen Waffeln, die in einer Schüssel auf der Anrichte stehen.

Ich nehme mir eine davon, beiße herzhaft hinein und setze mich an den Tisch.

Lina betritt die Küche. »Guten Morgen Sarah, ich wollte dich gerade wecken. Das Taxi kommt in ungefähr 20 Minuten.«

»Danke dir.« Ich lächle sie an. »Übrigens, die Waffeln schmecken großartig. Hast du sie heute Morgen gebacken?«

Sie nickt. »Ja, ich bin extra noch vor dir aufgestanden, damit du dich nicht um das Frühstück kümmern musst.«

Ich umarme sie kräftig. »Wow danke, das ist so lieb von dir. Deine Fürsorge werde ich am meisten vermissen.«

Nach dem guten Frühstück gehen wir zusammen den Flur entlang ins Vorzimmer. Dort stehen meine drei blauen Hartschalen-Koffer und der Rucksack.

Josefine erscheint neben uns. »Ich habe soeben das gesamte Gepäck aus deinem Zimmer geholt. Jetzt ist alles bereit zur Abfahrt.«

Ich grinse die beiden begeistert an. »Dass ihr euch so um mich kümmert, ist wirklich rührend. Ihr seid echt meine besten Freundinnen.«

Ich schlüpfe in mein Jackett, schnalle mir den Rucksack um die Schultern und verlasse mit Lina und Josefine die Wohnung.

Als wir unten vor dem Haus ankommen, fährt das Taxi gerade vor.

Der Chauffeur steigt grüßend aus, schnappt mein Gepäck und verstaut es im Kofferraum.

Wir setzen uns alle in den Wagen, da fahren wir auch schon los. In Gedanken versunken sehe ich aus dem Fenster, die Landschaft braust eilig an mir vorbei, doch ich nehme nur einen Bruchteil der Umgebung wahr. Die gesamte Fahrt über male ich mir den langen Flug mit einem mir völlig fremden Menschen aus. Ich hoffe, dieser Donald ist wirklich so nett, wie Konrad behauptet.

Es vergeht eine Weile, bis das Taxi endlich am Parkplatz des Flughafens anhält. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Gleich geht es los, das wird eine sehr lange Reise. Wir steigen aus dem Auto, der Fahrer hebt das Gepäck aus dem Kofferraum und Lina bezahlt die Taxifahrt. Josefine schnappt sich in der Zwischenzeit einen Rollwagen und platziert meine drei Koffer darauf.

Ich hänge mir den Rucksack um die Schultern und betrete zusammen mit meinen Freundinnen die Eingangshalle des Flughafens. Um diese Uhrzeit wirkt es hier fast wie ausgestorben. Es scheinen noch keine Flieger unterwegs zu sein. Lina, die neben mir den Wagen mit dem Gepäck schiebt, deutet zum Check-in Schalter ein Stück von uns entfernt. »Dort drüben musst du deine Koffer abgeben.« Sie überlässt mir den Rollwagen und ich schiebe ihn zum Counter.

Flink lege ich die Koffer auf das Förderband daneben. »Guten Morgen, mein Name ist Sarah Gruber«, sage ich zur dunkelhaarigen Dame hinterm Bildschirm und drücke ihr den Reisepass in die Hand. »Konrad Zauner hat mir einen Platz im Flugzeug nach Australien reserviert. Der Flug startet heute um sieben Uhr.«

Die Dame nickt flüchtig, durchblättert den Pass und tippt danach eifrig in die Computertasten. Anschließend drückt sie mir ein Flugticket in die Hand und beschriftet die Koffer.

Als ich wieder neben meinen Freundinnen stehe, steigen mir sofort Tränen in die Augen. »Lina, Josefine, ihr werdet mir echt fehlen.«

Die beiden fallen mir schluchzend um den Hals. Wir schweigen eine Weile und genießen die letzten Minuten miteinander.

»Hi Sarah, da sind wir schon«, höre ich Konrad rufen.

Ich lasse meine Freundinnen los und wir blicken alle zu Konrad rüber, der einen schwarzen Anzug trägt.

Ich lächle ihm entgegen. »Hallo Konrad, freut mich, dich zu sehen.«

Ihm folgt ein blonder Mann in ausgewaschenen Jeans, dunklen Augen und Dreitagesbart. Dieser Typ ist bestimmt Donald. Ich betrachte sein spitzes Kinn, das ihm ein markantes Aussehen verleiht. Gut, er ist nicht gerade der schönste Mann, aber trotzdem eine attraktive Erscheinung und sehr muskulös, wie sein enges weißes Shirt es unweigerlich andeutet.

Als er vor uns stehenbleibt, verzieht er keine Miene und sieht mir durchdringend in die Augen.

Klasse, das fängt ja gut an. Hoffentlich hat er nicht schlecht geschlafen und lässt es im Flugzeug an mir aus. Die vier leuchtend gelben Koffer auf dem Rollwagen neben ihm sind nicht leicht zu übersehen.

Zögerlich reiche ihm die Hand. »Hi, ich bin Sarah.«

Seine Mundwinkel deuten ein zartes Lächeln an. »Nett, Sie kennenzulernen. Entschuldigen Sie bitte mein Schweigen, ich hatte heute noch keinen Kaffee und bin müde.«

Plötzlich schnappt mich Josefine am Oberarm und zerrt mich mit ernster Miene zur Seite.

»Was ist denn los?«, frage ich erschrocken und reibe mir über den Arm.

Sie drückt mir eine schwarze kleine Ledertasche in die Hand. »Wir haben dir gestern Abend noch die hier gepackt. Darin sind Dinge, die dich an unsere gemeinsamen Wanderungen erinnern sollen.«

Ich wische mir über meine feuchten Augen. »Oh Josefine, das ist echt lieb von euch.«

Lina gesellt sich zu uns, ihr Blick ist traurig. »Die Wohnung wird uns leer vorkommen, ohne dich.«

Ich ergreife sanft ihre Hände. »Denk daran, im Oktober sehen wir uns alle drei wieder. Meinen Geburtstag am Siebten feiere ich selbstverständlich nur mit euch.«

Josefine lächelt mir zu. »Wir kommen dich auf jeden Fall ein paar Tage im Juli besuchen.«

Konrad deutet zur Tür. »Entschuldigt die Unterbrechung, aber ich muss jetzt zur Beerdigung.« Er wendet sich an Donald und mich. »Ich wünsche euch beiden eine gute Reise. Sarah, bitte melde dich bei mir, wenn ihr in Noosa angekommen seid. Die Kollegen vor Ort werden euch dann gleich einweisen.«

Ich umarme ihn herzlich und neige mich näher an sein Ohr. »Danke dir für deine Mühe.«

Konrad lässt widerwillig los und wendet sich an Donald. »Pass gut auf Sarah auf.« Seine Stimme wird sanft. »Sie ist eine ganz besondere Frau.«

Donald nickt. »Na klar, das wird eine erholsame Reise für uns.« Er zwinkert mir zu. »Ich war noch nie in Australien und Sie?«

Ich spüre Hitze in mir hochsteigen und grinse nervös. »Nein ich auch nicht, aber der Strand soll angeblich traumhaft schön sein.«

Konrad nickt nochmal in die Runde und verlässt den Flughafen. Meine beiden Freundinnen verabschieden sich danach ebenfalls von mir.

Ich bekomme ein beklemmendes Gefühl im Magen. Jetzt lassen mich alle mit Donald allein. Hoffentlich wird es trotz unserer Fremdheit eine schöne Zeit werden. Ich sehe flüchtig zu ihm und lächle ihn gezwungen an.

Er erwidert kurz nüchtern meinen Blick. Danach kramt er einen Reisepass aus seinem Rucksack und marschiert mit dem Rollwagen zum Check-in Schalter.

Um nicht auf ihn warten zu müssen, verschwinde ich unauffällig auf der Toilette.

Ich sehe in den Spiegel. Meine Wangen sind gerötet. Das passiert leider immer, wenn ich nervös bin. Mit zittrigen Fingern drehe ich den Wasserhahn auf und wasche mir zuerst die Hände, anschließend kühle ich mir mit dem Wasser das Gesicht. Bevor ich die Toilette wieder verlasse, atme ich noch drei Mal tief durch.

Ich gehe zurück zu Donald, der mit dem Einchecken bereits fertig ist und bleibe stumm neben ihm stehen. Er tippt auf dem Smartphone herum und würdigt mich keines Blickes.

Die Situation ist mir peinlich, mir fällt kein vernünftiges Gesprächsthema ein. Er scheint aber auch nicht wirklich mit mir sprechen zu wollen. Ich nehme all meinen Mut zusammen und räuspere mich lautstark. »Am besten gehen wir gleich zur Kontrolle, damit wir das Unangenehme erledigt haben. Dann müssen wir nur noch die restliche Zeit am Gate ausharren.«

Er grinst gekünstelt. »In Ordnung, bringen wir diese lästige Pflicht schnell hinter uns.«

Auf dem Korridor entlang zum Wartebereich sind immer noch keine Menschen in Sicht. Komisch, dabei sind wir jetzt schon länger hier am Flughafen.

Als wir am Gate ankommen, ist er komplett überfüllt. Ach, hier drinnen sind alle versteckt. Etliche Kinder rennen durch die Menge und kreischen herum. Verwirrt werfe ich einen Blick zu einem Paar mit einem schlafenden Baby in einem Buggy. Sie durchsuchen mit hochroten Gesichtern eine rosa Wickeltasche. Scheinbar haben sie etwas vergessen.

Ich sehe zu Donald, der ebenfalls das Paar beobachtet. Allerdings mit mehr Gelassenheit als ich.

Genervt verdrehe ich die Augen, das wird eine anstrengende Reise.

Eine Gruppe von Frauen mit Pagenfrisuren, Rüschenblusen und Faltenröcken, die neben dem Eingang stehen, starren mich unaufhörlich mit finsteren Mienen an. Was ist denn mit denen los? Ich fühle mich unbehaglich und senke den Kopf. Dabei streiche ich meinen Blazer glatt und versuche, Ruhe zu bewahren.

Donald neigt sich zu mir. Er deutet auf die gegenüberliegende Seite. »Wollen Sie auch einen Kaffee, da drüben ist ein Automat.«

Ich schüttle den Kopf. »Nein danke, ich warte hier auf Sie.« Angespannt setze ich mich auf einen freien Sitzplatz ein Stück von uns entfernt. Zwei Stühle weiter sitzt eine Familie mit eineiigen Zwillingen, die sich köstlich unterhält.

Die Leute um mich rum sind in Zeitschriften, Gespräche oder Smartphones vertieft. Dauernd gehen mir die gleichen Gedanken durch den Kopf. Ob ich mit Donald jemals normal reden kann, ohne peinliches Schweigen. Mir gelingt es nicht, abzuschalten, darum vergrabe ich mein Gesicht in den Händen.

»Geht es Ihnen nicht gut?«, höre ich Donald fragen. »Wollen Sie doch einen Kaffee, oder brauchen Sie eine Beruhigungstablette?«

Ich seufze lautstark. »Es tut mir leid, aber mir ist erst jetzt bewusst geworden, wie unbequem unsere Reise wird. Es gibt kein Bett und wir müssen einen ganzen Tag auf engsten Raum mit vielen Leuten überstehen.«

Er setzt sich mit einem dampfenden Becher auf den Platz neben mir. »Sie reisen wohl nicht so gerne. Wissen Sie was, ich bringe Ihnen am besten gleich drei Espresso, danach brauchen Sie sowieso kein Bett mehr.«