Réunion - Reiseführer von Iwanowski - Rike Stotten - E-Book

Réunion - Reiseführer von Iwanowski E-Book

Rike Stotten

0,0

Beschreibung

Bei unseren westlichen Nachbarn ist die französische Insel im Indischen Ozean schon längst als ganzjähriges Reiseziel beliebt. Für Urlauber aus dem deutschsprachigen Raum ist La Réunion noch immer ein Geheimtipp, den es zu entdecken gilt. Reisende erwarten hier Tausende Kilometer Wanderwege, eine Bergwelt mit Gipfeln von fast 3.000 Metern und aktiven Vulkanen, tropische Gärten mit exotischen Pflanzen, Traumstrände, koloniales Erbe und kreolische Küche. Zahlreiche Aktivitäten in unberührter Natur wie Gleitschirmfliegen, Rafting und Canyoning garantieren einen gelungenen Individualurlaub für Sportbegeisterte. Schon allein die kulturelle Vielfalt der Insel ist eine Reise wert ist: Inder, Afrikaner, Chinesen, Europäer, Madagassen und Kreolen bilden eine bunte Gemeinschaft, die mit ihren Tempeln, Kirchen, Pagoden und Moscheen, ihren religiösen Festen und unterschiedlichen Küchen den besonderen Charakter La Réunions ausmacht. Rike Stotten hat einige Zeit hier gelebt und gibt zahlreiche Tipps für Selbstfahrer, die die Insel auf eigene Faust erkunden möchten. Großen Wert auf Qualität legt sie auf die Auswahl der Hotels, Restaurants und Touranbieter: "Es ist vielleicht nicht immer die billigste Tauchschule, aber dafür eine, die bestrebt ist, für ihre Mitarbeiter gute Arbeitsbedingungen zu schaffen." - 18 Wanderungen mit Wanderkarten - Ausführliche Infos zur Kultur & Kulinarik - Mit Kartendownload Autorentipp: "Man sollte sich die Reise nicht allzu fest verplanen, damit noch Zeit für Unvorhergesehenes bleibt: wie ein spontanes Konzert am Strand, eine Einladung zum Essen, aber auch einen spektakulären Vulkanausbruch, den es in sicherem Abstand zu bestaunen gibt … La Réunion ist eine Insel zum Sich-Treiben-Lassen."

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 471

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IWANOWSKI’S

RÉUNION – Top-Ziele

Ob mehrtägige Exkursionen in die Talkessel oder Halbtagesausflüge an der Küste – Réunion ist das Wanderparadies im Indischen Ozean. Ein Höhepunkt ist die Tour zum aktiven Vulkan Piton de la Fournaise, S. 70, 201Einst lebte die Insel vor allem vom Zuckerrohranbau. Besuche der ehemaligen Zuckerfabrik Musée Stella Matutina und der alten Rumdestillerie Saga du Rhum sollten auf jedem Programm stehen, S. 145, 181Ob Séga oder Maloya, ob traditionell oder modern interpretiert – Musik ist der lebhafteste Ausdruck der kreolischen Kultur. Aber auch die Theaterszene der Insel braucht sich nicht zu verstecken, S. 43, 47Die schönsten Strände der Insel findet man an der Westküste, von pudrig weiß um Saint-Gilles-les-Bains bis schwarz wie das Vulkangestein bei L’Étang-Salé les Bains, S. 78Zu Wasser, zu Land und in der Luft – Réunion ist ein Eldorado für Sportler aller Couleur. Die Schluchten und Flüsse der Bergwelt erlebt man besonders intensiv beim Canyoning oder beim Rafting, ab S. 68Kirchen und Pagoden, Moscheen und Hindutempel zeugen vom vielfältigen spirituellen Erbe der Insel. Und mit der Verehrung von Saint Expédit betreiben die Réunionesen einen ganz eigenen Heiligenkult, S. 40Das Conservatoire Botanique National de Mascarin nahe Saint-Leu oder die Domaine du Café Grillé in Saint-Pierre bieten Einblicke in die bunte Flora und Fauna Réunions, S. 145, 182

IWANOWSKI’S

RÉUNION – Autorentipps

Rike Stotten ging einst nach Réunion, um bei Bio-Bauern Französisch zu lernen, und kehrt seitdem immer wieder zurück. Die studierte Geografin und promovierte Soziologin arbeitete ein Jahr als Lehrerin im französischen ÜberseeDépartement Mayotte und ist nun Assistenzprofessorin an der Universität Innsbruck.

Unsere Autorin Rike Stotten gibt Ihnen nützliche Tipps und individuelle Empfehlungen:

Ein kulturelles und kulinarisches Erlebnis: Auf den Märkten in Städten wie Saint-Pierre, Saint-Paul oder Le Chaudron begegnet man der Vielfalt Réunions. Neben exotischen Früchten und typischen Backwaren kann man hier den berühmt-berüchtigten Wein der Insel probieren, S. 105, 116

Die für Réunion typischen Chambres d‘hôtes, Privatunterkünfte unterschiedlichster Ausstattung, sind nicht nur eine gute und beliebte Art der Unterkunft, sondern zudem eine hervorragende Gelegenheit, in Kontakt mit der lokalen Bevölkerung zu treten, S. 80

Eine einzigartige Erfahrung ist ein mehrtägiger Aufenthalt im Talkessel von Mafate, dem „Herzen Réunions“. Hier genießt man vor der spektakulären Kulisse der umliegenden Berge Ruhe und Abgeschiedenheit. Mindestens genauso schön ist ein Abstieg zum Dorf Grand Bassin, S. 265, 194

Rike Stotten

Réunion mit Mayotte

Im Internet:www.iwanowski.deHier finden Sie aktuelle Infos zu allen Titeln, interessante Links – und vieles mehr!Einfach anklicken!Schreiben Sie uns, wenn sich etwas verändert hat. Wir sind bei der Aktualisierung unserer Bücher auf Ihre Mithilfe angewiesen:[email protected]

Réunion mit Mayotte15. Auflage 2023

© Reisebuchverlag Iwanowski GmbHSalm-Reifferscheidt-Allee 37 • 41540 DormagenTelefon 0 21 33/26 03 11 • Fax 0 21 33/26 03 [email protected]

Titelfoto: Cirque de Mafate © Serenity-H/ Adobe Stock Alle anderen Farbabbildungen: s. Abbildungsverzeichnis S. 308 Layout: Ulrike Jans, Krummhörn Karten und Reisekarte: Harald KH Harms, Klingenmünster; Klaus-Peter Lawall, UnterensingenTitelgestaltung: Point of Media, www.pom-online.deRedaktionelles Copyright, Konzeption und deren ständige Überarbeitung: Michael Iwanowski

Alle Rechte vorbehalten. Alle Informationen und Hinweise erfolgen ohne Gewähr für die Richtigkeit im Sinne des Produkthaftungsrechts. Verlag und Autoren können daher keine Verantwortung und Haftung für inhaltliche oder sachliche Fehler übernehmen. Auf den Inhalt aller in diesem Buch erwähnten Internetseiten Dritter haben Autoren und Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung dafür wird ebenso ausgeschlossen wie für den Inhalt der Internetseiten, die durch weiterführende Verknüpfungen (sog. „Links“) damit verbunden sind.

Gesamtherstellung Printausgabe: Himmer GmbH, Augsburg

ISBN: 978-3-86457-469-6 (epub) ISBN: 978-3-86457-470-2 (mobipocket) ISBN: 978-3-86457-471-9 (pdf)

Alle Karten zum Gratis-Download – so funktioniert’s

In diesem Reisehandbuch sind alle Detailpläne mit sogenannten QR-Codes versehen, die vor der Reise per Smartphone oder Tablet-PC gescannt und bei einer bestehenden Internet-Verbindung auf das eigene Gerät geladen werden können. Alle Karten sind im PDF-Format angelegt, das nahezu jedes Gerät darstellen kann. Für den Stadtbummel oder die Besichtigung unterwegs hat man so die Karte mit besuchenswerten Zielen und Restaurants auf dem Smartphone, Tablet, Reader oder als praktischen DIN-A-4-Ausdruck dabei. Mit anderen Worten – der Reiseführer kann im Auto oder im Hotel bleiben und die Basis-Infos sind immer und überall ohne Roaming-Gebühren abrufbar.

Sollten wider Erwarten Probleme beim Karten-Download auftreten, wenden Sie sich bitte direkt an den Verlag. Unter [email protected] erhalten Sie die entsprechende Linkliste zum Herunterladen der Karten.

VORWORT

1. LAND UND LEUTE

Frankreichs südlichster Landesteil

Historischer Überblick

Von der Entdeckung der Maskarenen bis zur französischen Besetzung

Réunion als französische Kolonie

Das Ende der Sklaverei

Die Insel als französisches Überseedepartement

Zeittafel

Wirtschaftlicher Überblick

Landwirtschaft und Fischerei

Tourismus

Landschaftlicher Überblick

Geografie und Geologie

Klima und Reisezeit

Flora und Fauna

Gesellschaftlicher Überblick

Bevölkerung

Die Afrikaner • Die Inder • Die Weißen • Die Chinesen • Die Komorer

Die religiöse Vielfalt

Die kreolische Sprache als Identitätsmerkmal

Kultureller Überblick

Musik und Tanz – erzählte Geschichte

Bräuche und Traditionen

Kunst, Literatur und Theater

Architektur

Essen und Trinken

Kreolische Gerichte • Kreolische Snacks, Aperitifs und Süßspeisen • Getränke • Im Restaurant • Lokale Früchte, Gewürze und mehr

2. REISETIPPS

Gelbe Seiten: Allgemeine Reisetipps A–Z

Grüne Seiten: Das kostet Sie Réunion

3. REISEN AUF RÉUNION

4. SAINT-DENIS UND UMGEBUNG

Saint-Denis

Redaktionstipps

Stadtrundgang

Außerhalb des Zentrums

Ausflüge in die Umgebung

Mit dem Rad • Wanderung Point de Vue Pic Adam • Rundfahrt Le Brûlé mit Abstechern zum Wasserfall Cascade Maniquet und zum Roche Écrite • Rundfahrt La Montagne und Colorado

5. DIE WESTKÜSTE UND DER CIRQUE DE CILAOS

Überblick

Redaktionstipps

Saint-Denis – Saint-Paul

Abstecher nach Dos-d’Âne

Saint-Paul

Le Tour des Roches – Abstecher in die urtümliche Landschaft des Naturschutzgebiets L’Étang de Saint-Paul • Cap La Houssaye und Boucan Canot

Ausflug zum Piton Maïdo

Wanderung zum Îlet Alcide • Saint-Gilles-les-Hauts

Saint-Gilles-les-Bains

L’Ermitage les Bains • La Saline les Bains

Saint-Leu

Ausflüge um Saint-Leu

Les Colimaçons • Stella Matutina • Le Tévelave • Wanderung im Forêt du Tévelave • Die Küstenstraße zwischen Saint-Leu und L’Étang-Salé les Bains

L’Étang-Salé les Bains

La forêt domaniale de L’Étang-Salé

Saint-Louis

Ausflug nach Les Makes • Ausflug nach Entre-Deux • Ausflug in die Berge von Dimitile • Wanderung vom Bras de Cilaos über den Sentier Bayonne nach Le Dimitile

Cirque de Cilaos

Cilaos • Îlet à Cordes

Wandertouren um Cilaos

Wanderung zur Felsformation La Chapelle • Wanderung zum Bras Rouge – Bassin Bleu • Wanderung zum Piton des Neiges

Saint-Pierre

Redaktionstipps • Stadtspaziergang Saint-Pierre • Saga du Rhum • Domaine du Café Grillé • Abstecher zum Bassin 18

6. DIE HOCHEBENE UND DIE ROUTE DU VOLCAN

Überblick

Redaktionstipps

Le Tampon – Bourg Murat

Le Tampon

La Plaine des Cafres

Abstecher nach Bois Court und Grand Bassin • Wanderung zum Dorf und Wasserfall von Grand Bassin

Bourg Murat

Ausflug zum Vulkan Piton de la Fournaise (Route du Volcan)

Wanderung zum Cratère Dolomieu

Bourg Murat – Saint-Benoît

Col de Bellevue

Abstecher zum Forêt de Bébour und Plateau de Bélouve

Wanderung Cassé de Takamaka und Bassin des Hirondelles

La Plaine-des-Palmistes

Abstecher zur Cascade Biberon • Abstecher zum Grand Étang

7. DIE WILDE SÜDKÜSTE

Überblick

Redaktionstipps

Zwischen Saint-Pierre und Saint-Joseph

Petite-Île • Grande Anse • Manapany-les-Bains

Saint-Joseph und Umgebung

Abstecher durch La Rivière des Remparts nach Roche Plate • Plaine des Grègues • Sportliche Rundwanderung ab Plaine des Grègues: Boucle des Margosiers • Grand Coude • Grand Galet • Wanderung Grand Galet – Cap Blanc – Le Grand Pays – La Plaine des Sables • Langevin • Vincendo

Zwischen Saint-Joseph und Saint-Philippe

Basse Vallée

Cap Méchant • Wanderung durch das Vallée Heureuse

Saint-Philippe

Le Jardin des Parfums et des Epices • Pointe de la Table

8. DIE OSTKÜSTE MIT DEN TALKESSELN SALAZIE UND MAFATE

Von der Vulkanstraße Le Grand Brûlé an der Küste entlang bis Bras-Panon

Redaktionstipps • Le Grand Brûlé • Anse des Cascades

Sainte-Rose

Sainte-Anne

Saint-Benoît und Umgebung

L’Îlet Bethléem • Takamaka und Wasserfälle • Bassin la Paix und Bassin la Mer

Bras-Panon

Wanderung Jardin Eden

Abstecher ins Landesinnere: die Talkessel Salazie und Mafate

Cirque de Salazie

Salazie • Hell-Bourg • Wanderung Source Manouilh • Wanderung Forêt de Bélouve und Trou de Fer • Îlet à Vidot • Wanderung Piton d’Anchaing • Grand Îlet

Cirque de Mafate

Wanderung 4 Tage im Herzen von Mafate

Die Küste im Nordosten: von Saint-André nach Saint-Denis

Saint-André und Umgebung

Sainte-Suzanne und Umgebung

Sainte-Marie

9. MAYOTTE: KLEINES INSELJUWEL MIT FARBENSPRÜHENDER LAGUNE

Überblick

Geschichte

Gesellschaft und Kultur

Wirtschaft

Geografie und Geologie

Fauna und Flora

Klima und Reisezeit

Sicherheit

Inselrundfahrt

Petite-Terre (Pamanzi)

Grande-Terre

Mamoudzou und Umgebung • Norden und Zentrum von Grande-Terre • Der Süden von Grande-Terre • Hinweis

ANHANG

Sprachführer

Literatur

Stichwortverzeichnis

Weiterführende Informationen:

Kleine Insel, große Hürden – Transportwege (auf) der Insel

Pardon!

Wer war La Buse?

Die Wiederentdeckung des Schwarzen Goldes

Zuckerrohr

Die Inseldiagonale der Verrückten – der Grand Raid

Aktivität des Piton de la Fournaise

Die Bourbon-Vanille

Wie der Baum der Reisenden zu seinem Namen kam

Karten in den Umschlagklappen:

Réunion Übersicht

Saint-Denis

Karten:

Cassé de Takamaka, Wanderung

Cirque de Cilaos, Wanderung

Cirque de Salazie

Grand Bassin, Wanderung

Grand Galet – La Plaine des Sables, Wanderung

Hochebenen, Übersicht

La Boucle des Margosiers, Wanderung

Mafate, Wanderung

Mayotte

Ostküste, Übersicht

Piton de la Fournaise, Wanderung

Piton des Neiges, Wanderungen

Saint-Gilles-les-Bains

Saint-Gilles, Umgebung

Saint-Leu

Saint-Pierre, Innenstadt

Sentier Bayonne, Wanderung

Sentier Îlet Alcide, Wanderung

St-Denis und Umgebung

Südküste, Übersicht

Vallée Heureuse, Wanderung

Westküste, Übersicht

Réunion und Mayotte sind im Vergleich zu ihren Nachbarn im Indischen Ozean, Mauritius und den Seychellen, eher unbekannt, obwohl beide Inseln zu Frankreich und damit zur Europäischen Union gehören. Knapp 8.000 km liegt Mayotte von Deutschland entfernt, Réunion sogar fast 10.000 km – damit sind die Inseln sozusagen zwei der südlichsten Punkte Europas.

Obgleich bislang hauptsächlich Franzosen nach Réunion wie nach Mayotte reisen, steigt inzwischen auch die Zahl internationaler Touristen. Dabei ist von Vorteil, dass EU-Bürger und auch Schweizer einfach mit dem Ausweis einreisen können. Im Gegensatz zur vielbesuchten Nachbarinsel Mauritius gilt Réunion noch immer als Geheimtipp unter Aktivurlaubern. Doch auch weniger Aktive kommen auf ihre Kosten, kann man doch die beeindruckenden Berggipfel vom Parkplatz aus in fünf Gehminuten erreichen – und die restliche Zeit der Erkundung der Lagunen widmen. Und das jüngste französische Überseedepartement Mayotte entwickelt sich inzwischen zum exotischen Insidertipp für Taucher und Strandliebhaber!

„La Réunion“ bedeutet übersetzt „die Vereinigung“ oder „die Versammlung“, und die Insel ist wahrlich eine Vereinigung einer unvorstellbaren Vielfalt an Kultur und Natur. Inder, Afrikaner, Chinesen, Europäer, Madagassen und Kreolen bilden eine multikulturelle Gemeinschaft, die mit ihren Tempeln, Kirchen, Pagoden und Moscheen, mit ihren religiösen Festen und ihren Küchen, mit ihrer Vitalität und Freundlichkeit an sich schon eine Reise wert ist. Die stabilen politischen Verhältnisse verstärken das positive Erlebnis dieser Gemeinschaft. Dank einer gut ausgebauten touristischen Infrastruktur kann man sich an türkisfarbenen Lagunen mit weißen Sandstränden erholen, Wanderungen in die Talkessel der bis zu 3.000 m hohen Berge unternehmen oder den noch aktiven Vulkan erkunden. Wer möchte, kann landschaftlich jeden Tag etwas ganz anderes entdecken: Sandstrände und schroffe Felsküsten, sanfte Ebenen, hohe Bergketten und Vulkane. Die Landschaft erinnert teils an Szenen aus „Jurassic Park“, teils an „Der Herr der Ringe“. Auf nur 2.500 km2 kann man hier Aktiv- und Erholungsurlaub kombinieren und dabei eine Vielfalt entdecken, die sonst nur ein ganzer Kontinent zu bieten hat!

Mayotte, der neueste Zuwachs der Europäischen Union, im Kanal vom Mosambik ist im Herzen noch voll afrikanisch – und so auch das kulturelle Leben. Die Mahorais, wie die lokale Bevölkerung genannt wird, sind ganz überwiegend tolerante sunnitische Muslime, der Glaube prägt auch das Alltagsleben. Die Insel fasziniert nicht nur Wassersportler mit ihrer geschützten Lagune – ein noch unzerstörtes Unterwasserparadies. In der feingliedrigen Inseltopographie mit vulkanischem Ursprung reihen sich kleine malerische Buchten und Sandstrände buchstäblich aneinander.

Dieser Reiseführer beschreibt Sehens- und Erlebenswertes für alle! Natürlich werden die bekannteren Sehenswürdigkeiten und Landschaftsformationen Réunions vorgestellt, es gibt jedoch auch Hinweise und Tipps für Wege, die bisher nur wenige Touristen entdeckt haben. Die vorgeschlagenen Wanderrouten laden dazu ein, die einzigartige Inselwelt zu Fuß zu erkunden. Die Touren sind dabei teilweise sportlich, teilweise gemütlich ausgelegt, sodass sich für jeden Fitnessgrad etwas findet. Bekannte und viel begangene Routen wie die Tour zum Vulkan werden ebenso beschrieben wie einsame und fast vergessene Wege, etwa im Vallée Heureuse. Anhand der beigefügten Faltkarte sowie der zahlreichen Karten im Buch selbst können alle Wanderungen beliebig ausgebaut und abgeändert werden – das Wegenetz ist so dicht, dass selbst langjährige Wanderführer noch nicht alle Pfade begangen haben.

Wer Réunion kennenlernen möchte, sollte ein wenig mehr Zeit mitbringen. Selbst für die „wichtigsten“ Sehenswürdigkeiten sollten Sie mindestens zehn Tage einkalkulieren. Ihr Besichtigungsprogramm richtet sich deshalb in erster Linie nach der Ihnen zur Verfügung stehenden Zeit.

Dieser Reiseführer möchte Ihnen eine Vorstellung davon geben, was Sie auf der Insel erwartet, und Sie gleichzeitig animieren, die Reise mit Neugier und Offenheit anzutreten! Lassen Sie sich verzaubern von dem Lächeln der Insel und von einer Lebensart, von der man noch sehr viel lernen kann. Mit den Hinweisen und Tipps zu Unterkünften und Restaurants können Sie Ihren Aufenthalt grob planen, jedoch ist es auf Réunion ratsam, sich Zeit für Unvorhergesehenes und Ungeplantes zu nehmen – damit hätten Sie sich auch schon ein Stück weit auf die kreolische Lebensweise eingelassen! Bei der Auswahl der Hotels, Restaurants und Touranbieter wurde in erster Linie auf die Qualität – im Sinne der gebotenen Leistung, aber auch im Bezug auf den sozialen Aspekt, also gesicherte Arbeitsplätze für die Bevölkerung – geachtet und nicht unbedingt immer auf den günstigsten Preis. So lässt sich zumindest ein kleiner, aber durchaus wertvoller Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung auf der Insel leisten.

Für Mayotte stellt das letzte Kapitel dieses Buches eine Rundreise zu den Naturschönheiten der Insel vor – zu Wasser und zu Lande. Da der hiesige Tourismus noch in den Kinderschuhen steckt, lockt Mayotte weniger mit klassischen Sehenswürdigkeiten – vielmehr gewinnt die Insel ihre Besucher mit ihrer Authentizität und dem ursprünglichen Zauber sowohl ihrer Unterwasserwelt als auch der ebenso zahl- wie abwechslungsreichen Buchten. Einzelne historische Bauten laden zu kulturellen Ausflügen ein und auch mehrere kleine Strand- und Bergwanderungen gibt es zu entdecken. Da die touristische Infrastruktur sich gerade erst entwickelt, ist hier von Reisenden Flexibilität gefragt – ein kurzfristiger Stromausfall sollte daher nicht den Tag verderben! Mayotte lohnt sich schon für 4–5 Tage, Taucher sollten allerdings etwas mehr Zeit einplanen.

Zur Entstehung dieses Reiseführers haben viele Menschen beigetragen, denen ich hier danken möchte – ohne sie hätte das Buch nicht geschrieben werden können! Dazu gehören im gleichen Maße die Mitarbeiter der verschiedenen administrativen Stellen auf Réunion – Conseil Régional La Réunion, Réunion des Musées Régionaux und Île de La Réunion Tourisme – wie auch die vielen Hotel- und Restaurantbesitzer, Inhaber von Tauch- und Gleitschirmschulen, Museumsmitarbeiter etc., die sich Zeit genommen haben, mich in ihrem Reich herumzuführen. Mein großer Dank gilt auch meinen Freunden und Bekannten auf den Inseln, die mir bei jeder neuen Auflage mit Rat und Tat zur Seite stehen, mich über Neuigkeiten informieren, Wanderungen testen und mir von ihren Restaurantbesuchen und Hotelübernachtungen berichten. Besonders danke ich Nicole Anthony vom Fremdenverkehrsamt der Insel La Réunion in Frankfurt für ihre Unterstützung!

Rike Stotten

Réunion auf einen Blick

Flagge

Die offizielle Flagge Réunions ist die des Mutterlandes Frankreich. Es gibt verschiedene Entwürfe für eine regionale Flagge der Insel, von denen jedoch bislang keiner offiziell anerkannt wurde. Die hier abgebildete Version wurde 1975 von Guy Pignolet, einem von der Insel stammenden Wissenschaftler, entworfen. Sie wird „Lo Mavéli“ genannt, was aus dem Madagassischen stammt und in etwa bedeutet: „Stern, der dich zum schönen Land bringt“. Das rote Dreieck symbolisiert die Kraft des aktiven Vulkans Piton de la Fournaise. Das Blau im Hintergrund steht für den Himmel und den Indischen Ozean. Die fünf gelben Streifen stellen sowohl die Strahlkraft der Sonne als auch die verschiedenen Ethnien dar, die die Insel bevölkern.

Fläche

2.503,7 km2, Umriss fast oval mit einem Durchmesser von 50 bis 70 km (etwa so groß wie das Saarland)

Lage

55° 29’ östlicher Länge und 21° 5’ südlicher Breite, knapp 700 km östlich von Madagaskar und 200 km südwestlich von Mauritius

Einwohner

868.846 (Januar 2022): 350 Einwohner pro km2

Bevölkerung

45 % der Bevölkerung stammen aus Verbindungen zwischen Europäern und Nachfahren madagassischer und afrikanischer Sklaven, etwa 25 % sind indischer (etwa 24 % Malbars und etwa 1 % Zarabes), etwa 25 % europäischer und etwa 3 % chinesischer Abstammung (Schätzungen).

Amtssprache

Französisch, weit verbreitete Umgangssprache ist Kreol.

Hauptstadt

Saint-Denis (153.810 Einwohner)

Religion

Vorwiegend Christen, es gibt aber auch Hindus, Muslime und Buddhisten.

Nationalfeiertag

14. Juli (Nationalfeiertag Frankreichs)

Staats- und Regierungsform

Seit 1946 Überseedepartement (département d’outre-mer) innerhalb der französischen Republik. Oberster Verwaltungsbeamter ist der aus Paris entsandte Präfekt; eingeschränkte Selbstverwaltung (wie jedes Departement) durch den direkt gewählten Generalrat (conseil général) und das Regionalparlament (conseil régional). In Paris wird Réunion durch sieben Abgeordnete und vier Senatoren repräsentiert.

Städte

Saint-Denis 153.810 EW, Saint-Paul 103.208 EW, Saint-Pierre 84.982 EW (2019)

Verwaltungsbezirke

24 Gemeinden, organisiert in vier Verwaltungsbezirken: Saint-Denis, Saint-Benoît, Saint-Pierre und Saint-Paul.

Währung

Euro

Wirtschaft

Zuckerrohr und Tourismus; Abhängigkeit von Subventionen aus dem Mutterland

Bruttoinlandsprodukt

20,4 Mrd. € (2021)

Arbeitslosenquote

18 % (2021)

Problematik

Niedrigere Löhne (fast 20 %) und höhere Preise (ca. 10 %) als im Mutterland; hohe Arbeitslosigkeit und schlechter Ausbildungsstand, deswegen „Import“ von Facharbeitern aus Frankreich

Frankreichs südlichster Landesteil

Eine Reise nach Réunion ist ganz zweifellos eine Reise in die Tropen, wo das Kreuz des Südens am Nachthimmel steht, wo exotische Pflanzen, Tiere und Gerüche vorherrschen, wo die Sonne scheint und der Indische Ozean gegen Lavaklippen, Korallenriffe oder sanfte Sandstrände brandet. Wer aus dem europäischen Winter auf diese Insel kommt und das Gebäude des Flughafens Roland Garros verlässt, spürt sofort die Hitze, muss in der Helligkeit blinzeln und weiß, dass er tief im Süden angelangt ist.

Aber schon der Flughafen selbst, später der Verkehr auf der autobahnähnlichen Verbindungsstraße und schließlich die erste größere Ortschaft führen den Besucher gefühlt wieder zurück nach Europa. Réunion ist nämlich nicht nur dem Namen nach ein französisches Departement, sondern wirklich ein Teil Frankreichs. Sprache, Kultur, Lebensart und Infrastruktur mit Schulen, Krankenhäusern, Bibliotheken, Einkaufszentren und Straßennamen sind französisch – trotz aller Unterschiede der Landschaft, trotz der multiethnischen Bevölkerung und trotz aller Exotik.

Rathaus, französische Flaggen, Siegessäule: Nur die Palmen weisen auf südlichere Breitengrade hin

Die Hauptstadt Saint-Denis oder der lebhafte Badeort Saint-Gilles-les-Bains sind kaum von den Provinzstädten an der südlichen Atlantikküste oder der Côte d’Azur zu unterscheiden: die gleichen Schaufensterauslagen, die gleichen Reklameaufschriften und Cafés, die Milchkaffee servieren. Auf den Straßen drängen sich die Kleinwagen der Firmen Peugeot, Renault und Citroën. In den Restaurants stehen Weinkaraffen, vom Markt und aus den Bäckereien werden Baguettes geholt, und im Schatten der Bäume gehen die Männer ihrem Lieblingsspiel nach, dem Boule …

Nachts, wenn man die außergewöhnliche Landschaft nicht mehr sieht, wecken die Neon-Reklamen in den Städten und die Euro-Zeichen an den Tankstellen erneut Erinnerungen an Frankreich. Der Turm einer Moschee, ein plötzlich auftauchender tamilischer Tempel oder kleine Holzhäuschen mit kreolischem Dekor werden dann als Außergewöhnlichkeit, als Ausnahme von der Regel wahrgenommen. Und die bunt gekleideten Menschen jeglicher Hautfarbe, die auf dem Markt einkaufen, könnten genauso auf einem Pariser Flohmarkt oder in bestimmten multiethnischen Stadtteilen Marseilles flanieren.

Zwar waren es nicht die Franzosen, die Réunion entdeckt haben, und es ist auch nicht ihr Verdienst, dass die Insel französisch geblieben ist – für die Briten war sie zu uninteressant, um wie Mauritius und die Seychellen dem Empire eingegliedert zu werden. Seit den Anfängen der Besiedlung aber hat Frankreich Réunion seinen Stempel aufgedrückt und die Insel untrennbar mit dem Mutterland verknüpft; ob als „Île Bourbon“ unter den Königen vor der Revolution sowie 1814–48, ob als „Île de la Réunion“ ab 1792, ob als „Île Bonaparte“ unter Napoleon oder wieder als „La Réunion“ ab 1848 – immer spiegelte der Inselname die politische Herrschaft im Mutterland wider und machte die enge Bindung zwischen Frankreich und seiner Kolonie deutlich.

Seit 1946 ist die alte Kolonie – wie Guadeloupe, Französisch-Guayana, Martinique und neuerdings auch Mayotte (Komoren) – als Überseedepartement (DOM) fest in die Struktur der französischen Republik eingegliedert, und zwar nicht nur als Verwaltungsakt, sondern durchaus auch im Selbstverständnis der Einwohner. Loslösungsbestrebungen, die es freilich auch gegeben hat, spielen im politischen und im Alltagsleben keine Rolle mehr. Die meisten Bewohner von Réunion – egal welcher Hautfarbe – fühlen sich dennoch in erster Linie als Kreolen und erst dann auch als Franzosen und Europäer. Der südlichste Landesteil gehört aber deswegen nicht weniger zu Frankreich dazu.

Der Beiname von Réunion lautet „Insel mit den tausend Gesichtern“, und er stimmt insofern, als die verschiedenen Landschaften und Bevölkerungsgruppen eine außerordentliche Vielfalt aufweisen und dem Departement ein unverwechselbares und einmaliges Kolorit geben. Das schließt notwendigerweise viele Unterschiede zum Mutterland ein, auch solche, die nicht auf die geographische Lage, das Klima oder die Vegetation zurückzuführen sind. Auf einige dieser Unterschiede würden die Einwohner von Réunion gerne verzichten – z. B. die höhere Arbeitslosenquote, das höhere Preisniveau und die geringeren Einkommen als in Frankreich.

Andere wiederum werden als Resultat einer eigenständigen Geschichte geschätzt: die kreolische Sprache, die Réunion mit anderen ehemaligen Kolonien Frankreichs (in der Karibik und im Indischen Ozean) gemeinsam hat. Die multikulturelle Gemeinschaft, die alle Bevölkerungsgruppen integriert und keinen Platz für Rassismus lässt. Und schließlich auch eine besondere Lässigkeit und Freundlichkeit, wie sie oft in tropischen Breiten, selten aber in gestressten Industriegesellschaften anzutreffen sind.

All diesen positiven wie negativen Unterschieden zum Trotz ist das vorherrschende Gesicht der „Insel mit den tausend Gesichtern“ ein französisches, und das sollte dem Besucher bewusst sein. Grundlegende Französisch-Kenntnisse erleichtern vieles, aber auch ohne diese kann man die Insel gut bereisen. Ein paar Brocken Englisch werden oft auch dort gesprochen, ansonsten wird schnell ein sprachgewandter Nachbar geholt oder man verständigt sich mit Händen und Füßen.

Blick vom Aussichtspunkt Pic Adam

Gerade der Kontrast von exotischer Landschaft und europäischem Leben kann übrigens auch sehr reizvoll sein, abgesehen davon, dass die enge Bindung an Frankreich (und an die EU) für den Urlauber viele Vorteile mit sich bringt: eine gute Infrastruktur, nur wenig Armut, keine kulturell bedingten Barrieren, keine besonderen Gesundheitsrisiken etc. Aber auch, wer Europa entfliehen und das Außergewöhnliche erleben möchte, kommt auf seine Kosten. Neben der überwältigenden Landschaft und Natur gibt es auf Réunion nämlich noch einiges mehr zu entdecken: Man sieht in einer Pagode betende Gläubige, hinduistische Feuerläufer, verschleierte Muslime, feilschende Markthändler, farbenprächtige Prozessionen, Séga-Tänzer und afrikanische Sänger. Die Madagassen, Tamilen, Afrikaner, Inder, Chinesen, Araber und Angehörige anderer Volksgruppen auf der Insel haben sich oft noch einen großen Teil ihrer ursprünglichen Kultur und Lebensweise bewahrt.

Mit anderen Worten: Man muss nicht unbedingt frankophil sein, um einem Besuch von Réunion die schönsten Seiten abzugewinnen. Die Wendung vom „südlichsten Landesteil Frankreichs“ kann eben auf zweierlei Weise gelesen werden: mit der Betonung auf „Frankreich“ oder auf „südlich“ …

Historischer Überblick

Von der Entdeckung der Maskarenen bis zur französischen Besetzung

Der flugunfähige Vogel Dodo wurde von den europäischen Seefahrern gejagt und schließlich ausgerottet

Réunion wurde erstmals im 10. Jh. auf den Karten arabischer Seefahrer verzeichnet. Aus europäischer Sicht wurde die Inselgruppe der Maskarenen, zu der neben Réunion auch Mauritius und Rodrigues gehören, zwischen 1507 und 1512 von dem portugiesischen Seefahrer Pedro Mascarenhas ’entdeckt’. Die ersten europäischen Seeleute, die jeweils nur kurz auf der Insel verweilten, haben in politischer und sozialer Hinsicht kaum bleibende Spuren hinterlassen. Im historischen Rückblick spielen sie deshalb nur insofern eine Rolle, als sie das Land auf ihren Karten verzeichneten, die réunionesische Flora und Fauna manipulierten und einige Tierarten ausrotteten (s. S. 32).

Réunion als französische Kolonie

Die Franzosen betraten Réunion erstmals zwischen 1638–1642, jedoch ohne die Insel zu besiedeln. In den folgenden Jahren wurde die sogenannte Île Bourbon immer wieder als Exil genutzt, außerdem wurden kleinere Gruppen von Madagassen hier ausgesetzt. Die ersten Siedler, eine Gruppe von Europäern und Madagassen, kamen 1663 von Fort-Dauphin (dem heutigen Tolagnaro) im Süden von Madagaskar. Ab 1665 begann dann die eigentliche Kolonisation im Westen der Insel und Saint-Paul wurde gegründet. Mit dem Beginn des Kaffeeanbaus zwischen 1715 und 1730 und dem schnell florierenden Export erlangte die Insel erstmals wirtschaftlichen Reichtum. Schon bald benötigte man weitere Arbeitskräfte, daher wurden Sklaven aus Madagaskar, Mosambik und dem Senegal auf die Insel gebracht.

Während der sogenannten Napoleonischen Kriege verlor Frankreich die Insel an die Briten. Diese hinterließen bleibende Spuren, obwohl sie Réunion nur von 1810–1814 beherrschten: Sie führten das bis heute ökonomisch wichtige Zuckerrohr ein. Kurz darauf – 1819 – wurde mit dem Anbau der zweiten wichtigen Nutzpflanze der Insel begonnen: Die Vanille gedieh ebenfalls sehr gut und brachte Réunion einigen Wohlstand.

Die dunkelste Zeit in der Geschichte Réunions war zweifellos jene, als im 19. Jahrhundert eine kleine, im Luxus lebende Schicht weißer „Zuckerbarone“ über eine viel größere Anzahl verarmter kreolischer Bauern und eine überwältigende Mehrheit von rechtlosen Sklaven herrschte. Diese Epoche war für die Insel zwar eine der wirtschaftlich erfolgreichsten und aus ihr stammen die eindrucksvollsten Beispiele kolonialer und kreolischer Architektur und Kunst, sie war aber auch jene, in der weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung wie Vieh gehalten wurde.

Der Unmut der verarmten Weißen entlud sich in grausamen Massakern gegen die noch ärmeren Sklaven. Arbeitsunfähige Sklaven ließ man einfach verhungern, schwarze Mädchen und Frauen wurden tausendfach misshandelt und missbraucht, Brandzeichen kennzeichneten Menschen als Eigentum. Selbst den abgebrühten Kolonialbeamten der Ostindien-Kompanie wurden die Grausamkeiten zu viel und ein Gesetzbuch sollte den schlimmsten Missständen abhelfen. Der Code Noir war schon 1685 unter Ludwig dem XIV. entstanden, galt bisher aber nur für einige andere Inseln in französischem Besitz. 1723 wurde er unter dem damals erst dreizehnjährigen Ludwig XV. in abgeänderter Form auch für Réunion eingeführt.

Der Code Noir schuf einen rechtlichen Rahmen für die Situation auf der Insel, brachte den Betroffenen allerdings keinerlei Verbesserungen. Das zeigt beispielsweise Artikel 33, der das Vorgehen bei Fluchtversuchen von Sklaven regelte: Beim ersten Mal wurde dem Flüchtigen ein Ohr abgeschnitten, beim zweiten Mal wurden die Sehnen in seinen Kniekehlen durchgetrennt, beim dritten Mal drohte die Todesstrafe …

Für den einst lukrativen Anbau von Zuckerrohr wurden Tausende Menschen versklavt und misshandelt

1848 wurde die Insel – nach einigem Hin und Her – endgültig in „La Réunion“ umbenannt. Im gleichen Jahr wurde die Sklaverei offiziell abgeschafft, was aber noch lange nicht das Ende der sozialen Ungerechtigkeiten bedeutete. Bis heute sind die Einkommen auf der Insel nicht annähernd gleich verteilt.

Bis in die 1870er-Jahre hinein herrschte auf der Insel eine wirtschaftliche Blütezeit. Dabei war die strategisch gute Lage auf den Handelsrouten zwischen Europa, Indien und dem Fernen Osten von großer Bedeutung. Die Eröffnung des Suez-Kanals, der die Handelsrouten stark veränderte, sowie die Konkurrenz in der Karibik stürzten Réunion jedoch in eine wirtschaftliche Krise. Lange Zeit war Réunion nichts anderes als eine kleine, unbedeutende Kolonie am Rande des französischen Horizonts, die nichts abwarf und in die man nichts investierte. Es ist kein Zufall, dass viele der Réunionais, die als Soldaten am Ersten Weltkrieg teilnahmen, stark unterernährt waren.

Das Ende der Sklaverei

Am 27. April 1848 wurde in Paris offiziell die Abschaffung der Sklaverei beschlossen. Es dauerte jedoch, bis der Generalkommissar Sarda Garriga auf Réunion eintraf und auch auf der entlegenen Insel die Emanzipation der Sklaven für den 20. Dezember ankündigte. Auf einen Schlag wurden über 60.000 Sklaven, also mehr als die Hälfte der Inselbewohner, zu freien Bürgern. Seit diesem Jahr wird der 20. Dezember auf der Insel als großer Festtag gefeiert und ist seit 1981 ein offizieller Feiertag. An der Fête des Cafres oder auf Kreolisch Fèt kaf finden jährlich zahlreiche Konzerte und Veranstaltungen statt. In den Städten werden große Bühnen aufgebaut und die Konzerte – wie in Saint-Joseph am Festival Les Nuits du Piton – ziehen sich über mehrere Tage hin. In gläubigen Familien wird der Tag als Servis Kabaré zelebriert, und die ehemals versklavten Ahnen werden in kultischen Prozessionen und musikalisch untermalt im Maloya-Stil (s. S. 43) angebetet. In jedem Fall ist dieser Tag ein Erlebnis für alle Besucher der Insel!

Die Insel als französisches Überseedepartement

Seit der Departementalisierung 1946 verändert sich Réunion; die Lebenserwartung steigt, die Geburtenrate bleibt jedoch (bis heute) weiterhin hoch. Seit den 1960–70er-Jahren erlebt die Insel wieder einen rapiden Bevölkerungszuwachs; vermehrt noch seit den 1980er-Jahren, als die Flugtickets günstiger wurden. Bis 2018 ist die Bevölkerung auf 865.826 angestiegen, hauptsächlich durch Zuwanderung aus dem Mutterland; für die kommenden Jahrzehnte wird mit weiterem Zuwachs gerechnet.

Im Vergleich zu Mitteleuropa ist die Bevölkerung im Durchschnitt sehr jung. Alterungstendenzen, wie man sie aus Europa kennt, kommen nur langsam zum Vorschein.

Wirtschaftlichen Aufschwung erhofft man sich auf der Vulkaninsel auch vom Tourismus

Obwohl immer wieder eine mögliche Selbstständigkeit der Insel diskutiert wird, wurden noch nie ernsthafte Versuche in diese Richtung unternommen. Ganz im französischen Geist der Volksbewegung wird wegen der schlechten Löhne und der hohen Lebenshaltungskosten öfter gestreikt. In den letzten Jahren kam es leider auch gelegentlich zu Unruhen, in denen insbesondere junge Menschen ihren Unmut über die wirtschaftliche Lage und das soziale Ungleichgewicht auf der Insel ausdrückten, besonders stark fielen diese im Jahr 2012 aus. Ende 2018 erreichte dann auch die Bewegung der Gilets Jaunes („Gelbwesten“) Réunion.

Ein erfreuliches Resultat der historischen Entwicklung auf der Insel ist aber, dass es trotz der Sklavenhaltung, trotz der blutigen Konkurrenz zwischen armen Weißen und freigelassenen Sklaven, trotz des Zuzugs verschiedenster ethnischer Gruppen – Europäer, Madagassen, Chinesen, Tamilen, Inder, Schwarzafrikaner usw. – keine brutalen Zusammenstöße oder gar Pogrome gegeben hat. Stattdessen konnte sich auf Réunion eine multikulturelle Gesellschaft etablieren, in der jeder akzeptiert wird.

Zeittafel

ca. 10. Jh.

Die Insel wird erstmals in den Karten arabischer Seefahrer verzeichnet.

1507–12

Die Portugiesen Da Cunha und Pedro Mascarenhas entdecken als erste Europäer die Insel.

1520

Die „Ilhas Mascarenhas“ sind auf portugiesischen Seekarten verzeichnet.

1613

Der englische Seeräuber Blackwell sucht auf Réunion Schutz und nennt die Insel „England’s Forest“.

ab 1619

Die Holländer stoßen auf Réunion, allerdings ohne eine dauerhafte Besiedlung zu versuchen. Bei ihren sporadischen Besuchen rotten sie die heimischen Laufvögel (Dodos) und Elefantenschildkröten aus.

1649

Flacour, der französische Gouverneur von Madagaskar, annektiert die Insel und tauft sie „Île Bourbon“.

1663

Die von Colbert gegründete französische Ostindien-Kompanie erhält das Seefahrts- und Handelsmonopol für die Île Bourbon.

Drei Schiffe der Ostindien-Kompanie bringen die ersten Siedler, der Hafenort Saint-Paul wird gegründet. Sklaven werden aus Madagaskar eingeführt.

1685

Piraten errichten auf der Île Bourbon ihren Stützpunkt; von den Franzosen zunächst geduldet, erhalten sie 1701 sogar das volle Bürgerrecht. Danach wird die Piraterie unter erheblichem Aufwand auch von Frankreich bekämpft.

1696

Die ersten heiratswilligen Frauen treffen aus Frankreich ein. Ab jetzt nimmt die Bevölkerung sprunghaft zu.

1713

Auf Réunion leben dauerhaft 1.170 Menschen.

1715

Kaffeepflanzen werden aus dem Jemen eingeschmuggelt und angebaut. Réunion wird zur französischen „Kaffeekolonie“.

1724

Unter Ludwig XV. tritt für die Île Bourbon das Gesetzbuch Code Noir in Kraft; es regelt den Umgang mit Sklaven, die darin Tieren und Möbeln gleichgestellt werden.

1730

Der berühmte Pirat La Buse wird gefangen genommen und gehängt.

1735–38

Gouverneur Mahé de La Bourdonnais, der sein Hauptquartier auf der Île Bourbon hat, lässt Saint-Denis mit repräsentativen und fortifikatorischen Einrichtungen zur neuen Hauptstadt ausbauen; schließlich verlegt er seine Residenz auf die Île de France (= Mauritius).

1742

Im Indischen Ozean bricht ein Handelskrieg zwischen Briten und Franzosen aus, der 21 Jahre andauert und die Île Bourbon wirtschaftlich schwer trifft.

1753

Auf der Hochebene vor dem Vulkan Piton de la Fournaise entsteht der Krater Formica Léo.

1763

Die französische Regierung kauft die Insel der Ostindien-Kompanie für 7.625.348 Pfund ab.

ab 1780

Nach dem Ende des Handelskrieges kommt es zu einer Einwanderungswelle.

1788

Auf Réunion leben inzwischen 46.000 Menschen, 80 % davon sind Sklaven.

1791

Auf dem Piton de la Fournaise bricht ein weiterer Krater, derDolomieu, aus.

1793

Der 1789 gebildete Kolonialrat benennt die Île Bourbon aus Solidarität mit den Pariser Revolutionären in „Île de la Réunion“ (= Insel des Zusammenschlusses) um.

1796

Zwei französische Gesandte verkünden die Abschaffung der Sklaverei, müssen aber vor den empörten weißen Siedlern fliehen. In einem Protestschreiben an Paris formulieren die Sklavenhalter ihre Argumente für die Beibehaltung der Sklaverei.

1802

Napoléon Bonaparte erlässt das Gesetz zur Wiedereinführung der Sklaverei. Der Kolonialrat von Réunion beschließt die Umbenennung der Insel in „Île Bonaparte“.

1806/07

Zwei verheerende Zyklone suchen die Île Bonaparte heim und fordern etliche Todesopfer. Fast alle Kaffeepflanzen werden vernichtet.

1810

In den Napoleonischen Kriegen nehmen die Briten die Insel ein.

1814

Im Frieden von Paris erhält Frankreich Réunion zurück und nennt es wieder „Île Bourbon“.

1815

Nach dem Verlust der „Zuckerinsel“ Mauritius und der Zerstörung der Kaffeeplantagen durch Zyklone verlegen sich die Franzosen auf den Anbau von Zuckerrohr.

Die Insel hat 68.000 Bewohner.

1830

Der Zucker und inzwischen fast 200 Zuckerfabriken bringen der Île Bourbon eine neue wirtschaftliche Blüte auf der Basis der Sklaverei. Die Oberschicht der sogenannten Zuckerbarone entsteht, daneben aber auch eine breite Schicht verarmter weißer Bauern.

1841

Dem Sklaven Edmond Albius gelingt die künstliche Befruchtung der Vanille. 1848 kann die erste Ladung von etwa 50 kg nach Frankreich exportiert werden.

1848

Unter Gouverneur Sarda Garriga macht die Abschaffung der Sklaverei etwa 60.000 Sklaven (mehr als 60 % der Bevölkerung) zu freien Menschen. Viele davon werden in der expandierenden Zuckerindustrie als Arbeiter eingestellt.

Im Zeichen der bürgerlichen Revolution in Frankreich erhält die Insel ihren Namen „Île de la Réunion“ zurück.

1860

Mit dem Export von 75.000 t Zucker erlebt Réunion einen wirtschaftlichen Höhepunkt. Der enorme Bedarf an Arbeitskräften holt indische Vertragsarbeiter ins Land.

Mit dem konjunkturellen Aufschwung wird eine bessere Infrastruktur nötig. Für Straßen- und Brückenarbeiten holt man bis zum Ausgang des Jahrhunderts etliche Vertragsarbeiter aus der chinesischen Provinz Kanton.

1865

Durch etwa 74.000 Immigranten allein in diesem Jahr übersteigt die Population erstmalig 200.000 Einwohner.

1869

Die Eröffnung des Suezkanals bringt die Maskarenen in eine ungünstige Randlage. Durch die europäische Rübenzuckerproduktion und die karibische Konkurrenz rutscht die Wirtschaft des Landes in eine tiefe Krise.

1880–90

Trotz der Einwanderung einer größeren Zahl indischer Muslime (Z’arabes) nimmt die Bevölkerung infolge des wirtschaftlichen Niedergangs ab. Mit der Rekolonisation Madagaskars (ab 1885) ist in geographischer Nähe eine neue Quelle für Arbeitskräfte geschaffen worden.

1897

Die Population ist auf 173.000 zurückgegangen.

um1900

Die Produktion von Rosengeranium beginnt. Mit 200 t erreicht der Vanille-Export eine Rekordmarke.

1914

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges ziehen auch über 14.000 Réunionesen auf die französischen Schlachtfelder.

1920

Trotz anhaltender wirtschaftlicher Misere steigt die Bevölkerungszahl wieder an und erreicht den Stand von 1865.

1939

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges trifft Réunion zwar nicht militärisch, durch die Seeblockade muss es aber weitere wirtschaftliche Einbußen hinnehmen.

1946

Mit den anderen Kolonien Guadeloupe, Französisch-Guayana und Martinique wird Réunion als Überseedepartement von Frankreich integriert. Die Insel hat nun 241.000 Einwohner.

1948

Ein heftiger Zyklon verwüstet die Insel und fordert 178 Todesopfer.

1959

Staatschef GeneralCharles de Gaulle besucht Réunion und setzt sich für eine Anhebung des dortigen Lebensstandards ein.

1963

Zum ersten Mal vertritt ein Abgeordneter die Insel in der Pariser Nationalversammlung.

1976

Der teure Bau der Autobahn zwischen Saint-Denis und Le Port beginnt; er ist Ausdruck des französischen Bestrebens, in die Infrastruktur und Wirtschaft des Überseedepartements zu investieren. Die vierspurige Straße ist zu diesem Zeitpunkt die teuerste der Welt.

1980

Der Zyklon Hyacinthe richtet drei Wochen lang schwere Verwüstungen an und fordert Tote und Verletzte.

1985

Die ständig wachsende Bedeutung des Fremdenverkehrs belegt die Zahl von 80.000 Besuchern aus Frankreich und dem Ausland.

1986

Nach 1967 und 1977 wird der Südosten wieder von größeren Lavaausflüssen betroffen, die am Pointe de la Table eine neue Küste formen.

1987

Der Zyklon Clotilda verheert die Insel, spült Strände fort, macht die Autobahn unpassierbar und fordert sieben Todesopfer.

1989

Papst Johannes Paul II. besucht unter großer Anteilnahme der Bevölkerung Réunion.

1998

Sechsmonatiger Ausbruch des Piton de la Fournaise.

2002

Wegen der Zeitdifferenz ist Réunion der erste Landesteil innerhalb der EU, in dem der Euro eingeführt wird. Erneute Eruption des Piton de la Fournaise.

2005

Im Februar wiederum ein spektakulärer Ausbruch des Vulkans, bei dem auf der Höhe von Le Grand Brûlé die Lavaströme die RN2 überqueren und bis zum Meer gelangen.

2005–06

Von Ende 2005 bis Ende 2006 wird Réunion von einer schweren Chikungunya-Epidemie heimgesucht. Nach Angaben der Behörden werden 266.000 Personen und damit etwa ein Drittel der Bevölkerung infiziert.

2007

Erneuter Ausbruch des Vulkans, bei dem der Hauptkrater einbricht und sich um 300 m absenkt.

DerZyklon Gamede streift die Insel nur, hinterlässt aber trotzdem Schäden. Innerhalb von vier Tagen fallen 4.869 mm Niederschlag an der Wetterstation am Cratère Commerson – ein neuer Regenweltrekord für die 96-Stunden-Zeitspanne.

Der Nationalpark Réunion wird gegründet.

2009

Die vierspurige Autoschnellstraße Route des Tamarins zwischen Saint-Paul und L’Étang-Salé wird eröffnet.

2010

Der Nationalpark Réunion wird zum UNESCO-Welterbe ernannt.

2012

Die hohe Arbeitslosigkeit und die überhöhten Lebenshaltungskosten auf der Insel sorgen für Unruhen. Immer wieder kommt es, besonders im Stadtteil Le Chaudron von Saint-Denis, zu Straßenschlachten.

2014

Die Bauarbeiten der Nouvelle Route du Littoral zwischen Saint-Denis und La Possession beginnen.

2016–22

Es kommt zu mehreren kleineren Ausbrüchen des Vulkans Piton de la Fournaise. Die Lavaströme erreichen jedoch nicht die Küste.

2018

Im November und Dezember machen Réunionesen im Rahmen der Gilets-Jaune-Bewegung auf die sozialen Missstände aufmerksam. Durch Straßenblockaden wird das öffentliche Leben tagelang lahmgelegt; Schulen und Geschäfte bleiben geschlossen, der Hafen ist blockiert.

2019

Eröffnung des neuen Weinkellers der Winzergemeinschaft Chai de Ciloas.

2022

Eröffnung der Seilbahn in Saint-Denis.

Teileröffnung der Nouvelle Route du Littoral.

Open Surf Réunion in Saint-Leu, der erste internationale Surfwettbewerb seit 17 Jahren.

Wirtschaftlicher Überblick

Das Überseedepartement Réunion ist abhängig von finanziellen Hilfen aus seinem Mutterland Frankreich. Gleichzeitig profitiert es auch von Subventionen der Europäischen Union im Rahmen der regionalen Strukturförderung, wie kleine Schilder an Brücken oder Straßen verraten. Insgesamt jedoch ist die wirtschaftliche Situation der Insel schwierig, da sie es nicht geschafft hat, eine diversifizierte, exportorientierte Wirtschaft aufzubauen. Der Import übersteigt den Export um ein Vielfaches, d. h. es werden viel mehr Waren aus dem Ausland bzw. aus dem Mutterland eingeführt als heimische Produkte verkauft.

Die meisten Arbeitsplätze bietet, genau wie in Europa, der Dienstleistungssektor, in dem knapp 90 % der Beschäftigten arbeiten. Dagegen spielen Landwirtschaft und Fischerei mit etwas mehr als 1 % eine vergleichsweise geringe Rolle. Das Bruttoinlandsprodukt steigt zwar kontinuierlich an, aber die Löhne und die lokale Kaufkraft sind noch immer weitaus niedriger als in Frankreich und entsprechen nur etwa 60 % des EU-Durchschnitts. Die Arbeitslosenrate schwankte lange zwischen 20 und 30 %, seit wenigen Jahren ist ein leichter Abwärtstrend zu verzeichnen (2021: 18 %). Vor allem Jugendliche unter 25 Jahren haben Probleme, Arbeit zu finden. Obwohl der Straßen- und Wohnungsbausektor sowie der Gesundheits- und Bildungsbereich auf der Insel boomen, bieten sie nicht genügend – oder die falschen – Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung.

Landwirtschaft und Fischerei

Noch immer ist die Landwirtschaft wie auch das Landschaftsbild der Insel vom Zuckerrohranbau geprägt. Auf etwas über 230 km2 Fläche sind mehr als 13.800 Menschen direkt oder indirekt (z. B. Transport, Rumherstellung) in diesem Sektor beschäftigt. Die jährliche Produktion liegt bei etwa 2 Mio. Tonnen! Der Anbau wird von der EU subventioniert. Da diese Gelder jedoch nicht ausreichen, kommen aus Paris noch weitere Zuschläge, um den Zuckerrohranbau auf der Insel zu stützen. Frankreich profitiert davon in zweierlei Hinsicht; zum einen kommen die Subventionen wieder anderen französischen Unternehmen auf der Insel zugute; zum anderen ist es für den französischen Staat günstiger, den Zuckerrohranbau zu subventionieren, als arbeitslosen Arbeitern aus der Zuckerproduktion Arbeitslosengeld oder auf lange Sicht Sozialhilfe zu bezahlen. Der Flächenrückgang der Zuckerrohrproduktion geht hauptsächlich vom steigenden Siedlungsdruck aus.

Die modernisierte Zuckerindustrie der Insel konzentriert sich um die zwei verbliebenen Zuckerfabriken Bois Rouge im Norden und La Sucrerie du Gol im Süden. Mit durchschnittlich etwa 200.000 Tonnen Jahresproduktion liegt sie unter dem europäischen Durchschnitt. Der Zucker ist das Hauptexportgut Réunions. In den letzten zehn Jahren ist jedoch der lokale Anbau von Obst und insbesondere Gemüse gestiegen und trägt zum erhöhten Selbstversorgungsgrad auf der Insel bei.

Die Fischerei auf Réunion ist seit zwei Jahrzehnten im Aufschwung. Die Fangzahlen haben sich seit 1993 verdoppelt. Leider ist heute der Anteil der industriellen Fischerei dominierend; diese ist hauptsächlich für die Überfischung der Ozeane verantwortlich. Die Fangzahlen der kleinen Fischer in Küstennähe und auf hoher See gehen stetig zurück.

Zuckerrohrplantage vor dem leuchtenden Blau des Ozeans

Tourismus

Bis zum Ausbruch von COVID-19 und den damit einhergehenden massiven Beschränkungen für den internationalen Tourismus kamen jährlich knapp 550.000 Besucher auf die Insel. Inzwischen scheint Réunion sich wieder von der Pandemie zu erholen: Die neuesten Zahlen von 2022 sprechen von einem Tourismuswachstum um 10 % im Vergleich zu 2019! Die Hälfte der Reisenden ist auf Besuch bei Freunden oder Angehörigen, nimmt also kaum die touristische Infrastruktur in Anspruch und bringt nur wenig Geld auf die Insel. Hinderlich für die Entwicklung des Tourismus ist auch das im Vergleich zu den umliegenden Inseln hohe Preisniveau sowie die Sprachbarriere, da Englisch immer noch wenig verbreitet ist. Die touristische Infrastruktur beruht weitgehend auf Klein- oder Familienbetrieben. Die Wertschöpfungsketten sind kurz, was im Sinne des sanften Tourismus positiv zu sehen ist. Dafür mangelt es noch hier und da an Professionalität: Öffnungszeiten sind oft eher Richtwerte und gelegentlich steht nur die Hälfte der Gerichte auf der Speisekarte tatsächlich zur Auswahl.

Die Gründung des Nationalparks Réunion im Jahr 2007 und dessen Ernennung zum UNESCO-Welterbe im Jahr 2010 haben sich positiv auf den Tourismus ausgewirkt. Insbesondere Aktivurlauber, die auf ihren Reisen auch in abgelegene Orte in den Bergen vordringen und damit die Wirtschaft der kleinen Orte ankurbeln, werden davon angesprochen. Der Nationalpark Réunion schützt auf mehr als 1.000 km2 etwa 42 % der Oberfläche der Insel.

Nachdem sich einige Jahre lang Haiattacken auf Surfer negativ auf den Badetourismus ausgewirkt haben, sind solche Angriffe dank stark verbesserter Sicherheitsvorkehrungen – u. a. Sensoren an den Surfbrettern – derzeit zum Glück kein großes Thema mehr. Warnhinweise sind allerdings nach wie vor unbedingt zu beachten (s. a. S. 68)!

Landschaftlicher Überblick

Geografie und Geologie

Réunion liegt auf der Südhalbkugel, etwas nördlich vom Wendekreis des Steinbocks, und bildet zusammen mit Mauritius und der politisch dazugehörigen Insel Rodrigues die Inselgruppe der Maskarenen. Alle drei Inseln sind vulkanischen Ursprungs. Bei einem maximalen Durchmesser von 70 km hat Réunion eine Oberfläche von 2.500 km2 und ist damit etwa so groß wie das Saarland. Die Struktur der Insel ist von zwei Massiven geprägt: dem aktiven Vulkan Piton de la Fournaise und dem erloschenen Vulkan Piton des Neiges. Unzählige Flüsse prägen das Landschaftsbild der Insel; drei davon aber ganz besonders: der Rivière des Galets, der Bras de Cilaos und der Rivière du Mât, die jeweils in einem der drei Talkessel entspringen. Mit 35 km ist der Rivière du Mât der längste. Obwohl Réunion 207 km Küste hat, sind davon nur 40 km Strand.

Kleine Vulkankessel oberhalb von Saint-Philippe

Das alte Bergmassiv mit dem erloschenen VulkanPiton des Neiges (3.070 m), mit tiefen Canyons und vor allem mit den drei Calderen (frz. cirques) erhebt sich nahezu über die ganze Insel. Bei den Calderen handelt es sich um jeweils über 1.000 m hoch gelegene Talkessel, welche aus entleerten und eingebrochenen Magmenkammern des Vulkans hervorgegangen sind. Mit etwa 110 km2 Fläche ist dabei der Cirque de Salazie der größte der Talkessel, ihm folgen der Cirque de Cilaos (etwa 100 km2) und der Cirque de Mafate (etwa 70 km2).

Im Südosten steigt der noch tätige Vulkan Piton de la Fournaise mit den Kratern Dolomieu und Bory derzeit auf 2.632 m an, was sich jedoch mit jeder Aktivität des Vulkans ändern kann.

Zahlreiche kleinere oder größere Wasserläufe prägen das Landschaftsbild der Insel

Zwischen den beiden Massiven erstrecken sich ausgedehnte Hochebenen, die Plaine des Palmistes (1.100 m ü. d. M.) und die Plaine des Cafres (1.600 m), die von den Cirques im Westen und dem Vulkan im Osten durch etwa 2.000 m hohe Bergwände getrennt werden. Gebirgsmassive und Hochebenen werden von 350 meist kleineren Flüssen und Bächen eingeschnitten. Ihre z. T. sehr tiefen Schluchten und beeindruckenden Wasserfälle sind für das Landschaftsbild in gleichem Maße charakteristisch wie die gezackten Felsen. Durch die enormen Höhenlagen wird die Insel in eine wind- (und damit auch regen-)zugewandte (côte au vent) und eine vom Wind abgewandte Seite (côte sous le vent) unterteilt, was starke Auswirkungen auf Niederschläge und Mikroklimata hat. 40 % der Oberfläche werden von Wäldern bedeckt, die Réunion als tropische Regenwälder in den tieferen Lagen und Flusstälern oder als Laubwälder in den höheren Lagen ein immergrünes Kleid geben.

Zu Réunion gehören noch mehrere kleine, 500 bis 800 km entfernt liegende Inselchen, die als Naturschutzgebiete dem Tourismus nicht oder nur begrenzt offen stehen. Dazu gehören die östlich von Madagaskar gelegene Insel Tromelin, der Archipel der Îles Glorieuses sowie die Inseln Juan de Nova, Europa und Bassas da India zwischen Madagaskar und Mosambik.

Die insgesamt fast 400 km an Nationalstraßen erstrecken sich fast alle entlang der Küste; mit der N3 gibt es lediglich eine Verbindung durch das Inselinnere. Die Route des Tamarins wurde 2009 eröffnet und verläuft auf knapp 34 km zwischen Saint-Paul und L’Étang-Salé. Eine Umgehungsstraße für Grand Bois wurde 2010 fertiggestellt, die Eröffnung des ersten Teilstücks der Umgehungsstraße von Saint-Joseph erfolgte 2016.

Der internationale Flughafen, an dem die großen Flieger aus Frankreich ankommen, liegt im Norden der Insel und ist nach dem réunionesischen Luftfahrtpionier Roland Garros (1888–1918) benannt. Seit 1999 verfügt die Insel über einen zweiten Flughafen: Pierrefonds im Süden der Insel fertigt v. a. Flüge nach Mauritius ab.

info

Kleine Insel, große Hürden – Transportwege (auf) der Insel

Der erste Hafen

Réunion verfügt über keinen natürlichen Hafen. Mit der sich entwickelnden Zuckerrohrindustrie wurde jedoch für den Export ein Hafen notwendig. Erste Ansätze wurden immer wieder von Zyklonen zerstört, sodass man sich letztendlich für die Lage an der windabgewandten Seite an der Mündung des Rivière des Galets entschied. Der Hafen dort wurde 1886 eröffnet und erst etwa hundert Jahre später von dem modernen Containerhafen in Le Port abgelöst.

Der Bau der Eisenbahn

Die Realisierung einer Eisenbahnlinie auf Réunion wurde 1877 beschlossen, um damit den günstigen Transport der Zuckerrohrernte auf der Insel zu garantieren. Da das besondere Terrain der Insel den Bau nicht gerade einfach gestaltete, konnte die Strecke erst fünf Jahre später eröffnet werden. Auf 126 km wurde Saint-Benoît über Le Port mit Saint-Pierre verbunden. Eine Besonderheit der réunionesischen Eisenbahn waren die Schienen, denn sie wurden im Abstand von nur einem Meter verlegt (in Frankreich waren es dagegen 1,44 m). Am einstigen Knotenpunkt La Grande Chaloupe, an dem sich die Strecken aus Norden und Süden einst kreuzten, befindet sich noch heute das kleine Bahnhofshäuschen, das seit 1998 unter Denkmalschutz steht. In früheren Zeiten diente es als Unterkunft für Eisenbahnarbeiter sowie als Unterstand für Reisende, die auf den Anschlusszug warteten. Der Tunnel, der früher Saint-Denis und La Possession unterhalb von La Montagne verband, war mit einer Länge von 10.500 m zu seiner Zeit einer der längsten und technisch fortgeschrittensten weltweit.

Auch zahlreiche Brücken waren einst spektakuläre Bauwerke und zählen heute zu den wichtigen Kulturdenkmälern der Insel; so etwa das Eisenbahn-Viadukt der Ravine des Colimaçons, das man von der alten Nationalstraße aus sehen kann. Aufgrund zahlreicher Unfälle und wiederholter Zyklonschäden wurden die Strecken nach und nach geschlossen, zuerst im Jahr 1957 die Strecke von Saint-Pierre bis Le Port, wenige Jahre später der Abschnitt von Saint-Denis bis Saint-Benoît (1963) und schließlich 1976 die Verbindung Saint-Denis – La Possession.

Viele Jahre lang hat der Verein Ti-Train („kleiner Zug“) mit großem Engagement und viel Liebe Lokomotiven und einzelne Waggons sowie Gleise instand gehalten und Ausflüge zwischen La Grande Chaloupe und La Possession angeboten; leider wurden auch diese Nostalgiefahrten inzwischen eingestellt.

Die ersten großen Straßen

Bis ins 20. Jahrhundert hinein war das Straßennetz der Insel weitestgehend ungeteert; erst mit der Departementalisierung hat man begonnen, die Verkehrswege auszubauen. So wurden zunächst die Küstenstraßen N1a zwischen Saint-Denis und Saint-Pierre und N2 zwischen Saint-Denis und Saint-Benoît, dann die Verbindung N3 über die Hochebene asphaltiert. Später wurden immer mehr kleinere Straßen ausgebaut. Das Auto wurde für die Inselbewohner in zunehmendem Maße zum Statussymbol – eine Entwicklung, die bis heute anhält. Der öffentliche Verkehr ist den ärmeren Schichten vorbehalten, die Zahl der registrierten Pkw steigt immer weiter an. Dass das Parken außer in den Innenstädten und am Flughafen gratis ist, fördert diesen Trend weiterhin.

Die Route du Littoral

Die Route du Littoral wurde 1973–76 gebaut und verbindet auf etwas mehr als 12 km Saint-Denis mit der Westküste. Sie führt unterhalb von La Montagne direkt zwischen dem Ozean und hohen Felswänden entlang. Die Straße ist mit etwa 60.000 Tetrapoden gegen das raue Meer geschützt; von diesen gewaltigen Steinblöcken wiegen 2.250 mehr als 20 Tonnen. Seit 2008 halten zudem riesige Gitternetze den Steinschlag zurück; waren es vorher mehr als 120 Steinschläge pro Jahr, sind es heute „nur“ noch etwa 25. Das Projekt erregte viel Aufsehen und machte seinerzeit als teuerste Straße der Welt Schlagzeilen.

Langfristig bewährt hat sich der Aufwand allerdings nicht; die Straße kann die immer weiter steigende Anzahl an Fahrzeugen heute nicht mehr tragen. Eine „schwimmende“ Umgehungsstraße auf dem Ozean ist seit 2014 im Bau und soll mit einiger Verzögerung bis 2028 fertiggestellt werden. Auf Deichen und Brücken entsteht eine vergrößerte Fahrbahn außerhalb der Gefahrenzone. Davon ist eine Fahrbahn reserviert für den öffentlichen Verkehr, eine weitere für Fahrradfahrer. Das Budget für dieses Riesenprojekt betrug ursprünglich 1,6 Mrd. € – einen nicht unwesentlichen Teil finanziert die Europäische Union – und wurde inzwischen mehrfach überzogen. Trotz vieler Kritiker und erheblichen Widerstands unter den Réunionais hat die Inselbevölkerung das Vorhaben bewilligt. Ein erster, einspuriger Teil der Nouvelle Route du Littoral wurde im August 2022 für den Verkehr eröffnet.

Eine Autobahn verbindet Menschen – die Route des Tamarins

Die Route des Tamarins, benannt nach dem lokal vorkommenden Tamarindenbaum, ist eine 34 km lange, vierspurige Schnellstraße. Bis zur Eröffnung der Route des Tamarins war die alte Nationalstraße entlang der Küste ständig überlastet und es kam alltäglich zu Staus. Die Route des Tamarins verbindet als neue Nationalstraße 1 Saint-Paul und L’Étang-Salé.

Sie befindet sich nicht direkt an der Küste, sondern ein Stück weiter im Landesinneren, je nach Teilabschnitt zwischen 200 und 300 m ü. M. Nach dem Spatenstich im Jahr 2003 wurde die Straße 2009 feierlich eröffnet. Der Bau ging jedoch nicht ohne Kritik und Widerstände vonstatten. Über 50 Familien mussten umgesiedelt und entschädigt werden. Kritisiert wurde außerdem der fehlende Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz, so hätte man beispielsweise zugleich eine S-Bahnlinie bauen können, was aber unterblieb. Noch heute bedauern viele Inselbewohner dieses Versäumnis.

Eine besondere Herausforderung beim Bau der Straße war die Überwindung von 120 zum Teil tiefen Schluchten und Felsspalten, über 50 % der Baukosten waren diesem Aspekt geschuldet. Zudem müssen die Brücken und Straßen Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h aushalten können, da sie während der Regenzeit regelmäßig von den Zyklonen erreicht werden. Das Viadukt von Saint-Paul, eine S-förmige Rampe auf hohen Pfeilern, stellt den nördlichen Beginn der Route des Tamarins dar. Die Brücke Viaduc Trois Bassin ist mit ihren 374 m Länge und bis zu 50 m Höhe besonders eindrucksvoll, die 45 m hohen Stützpfeiler mussten 33 m tief im Boden verankert werden. Insgesamt hat die Route des Tamarins 1.125 Mrd. € gekostet; auf den Kilometer gerechnet sind das 34 Mio. €!

Die Route des Tamarins

Die Route des Tamarins wurde am 23. Juni 2009 feierlich und in Anwesenheit des damaligen Premierministers François Fillon eröffnet. Bereits einige Tage zuvor war die Straße im Rahmen verschiedener Feste für Fahrradfahrer freigegeben worden. Diese konnten für kurze Zeit den „Balkon des Westens“ nutzen, um bei fantastischem Ausblick sportlich aktiv zu sein. Diese Aktion stieß auf so viel Begeisterung in der Bevölkerung, dass nun einmal im Jahr eine „Route Libre“ organisiert wird, bei der die Route des Tamarins an einem Sonntag für den motorisierten Verkehr gesperrt wird.

Die Route des Tamarins gewann schnell große Bedeutung für die Bevölkerung und auch für den wirtschaftlichen Verkehr und Austausch zwischen dem Norden und dem Süden der Insel. In etwas mehr als einer Stunde kann man heute von Saint-Pierre nach Saint-Denis reisen, entsprechend hat sich mit der Eröffnung der Straße das Einzugsgebiet für Berufspendler nach Saint-Denis schlagartig vergrößert. Auch für die übrige Bevölkerung aus dem Süden ist der Westen in viel kürzerer Zeit zugänglich, was nicht ohne Einfluss auf ihr Freizeitverhalten blieb.

Klima und Reisezeit

Als tropische Insel zwischen dem Äquator und dem südlichen Wendekreis hat Réunion ein feucht-warmes Klima, das aber durch den Indischen Ozean und vor allem durch die gebirgige Oberflächenstruktur abgewandelt wird. An den westlich gelegenen Küsten (auf der windabgewandten Seite, côte sous le vent) klettern die Tagestemperaturen im Sommer (= dem europäischen Winter) auf durchschnittlich 30 °C und es ist auch im Südsommer sehr trocken. Im Osten der Insel (auf der dem Wind zugewandten Seite, côte au vent) sind die Niederschläge dagegen viel intensiver.

Allgemein unterscheidet man die kühlere und trockenere Jahreszeit, den Südwinter (Mai bis Oktober), von der wärmeren und feuchteren (Regen-)Zeit, dem Südsommer (November bis April). Die berüchtigten Zyklone suchen Réunion fast ausschließlich in letztgenannter Periode heim.

Blauer Himmel über La Nouvelle im Cirque de Mafate

Für das Wetter eines bestimmten Ortes auf der Insel sind aber neben diesen jahreszeitlichen Bedingungen auch die Stellung zu den ganzjährig wehenden Passatwinden und besonders die jeweilige Höhenlage relevant. An der Westküste, z. B. in Saint-Gilles-les-Bains, scheint oft die Sonne, im Februar ist es durchschnittlich 28 °C und im August 22 °C warm, die Niederschlagsmengen liegen mit jährlich 720 mm unter bundesdeutschem Durchschnitt. Auf der Ostflanke der Berge dagegen ist der Himmel meist wolkenverhangen oder neblig. Hier sind in 1.300 m Höhe die Temperaturen etwa 8 Grad niedriger und es fällt mit 8.000 mm deutlich mehr Regen als auf der Westseite. Einige Regionen der Insel zählen zu den regenreichsten der Welt!

Saint-Denis – Flughafen Roland Garros

Jan

Feb

Mär

Apr

Mai

Jun

Jul

Aug

Sep

Okt

Nov

Dez

Ø Temperatur max. (°C)

30

30

30

29

28

26

25

25

26

27

28

29

Ø Temperatur min. (°C)

23

24

23

22

20

19

18

18

18

20

21

22

Ø Niederschlag (mm)

279

351

233

154

98

77

58

58

50

43

70

189

Westküste – Pointe des Trois Bassins

Jan

Feb

Mär

Apr

Mai

Jun

Jul

Aug

Sep

Okt

Nov

Dez

Ø Temperatur max. (°C)

31

31

30

30

28

26

26

26

26

27

29

30

Ø Temperatur min. (°C)

25

25

24

23

21

20

19

19

19

20

22

23

Ø Niederschlag (mm)

94

94

76

42

25

13

9

7

5

6

11

55

Cilaos

Jan

Feb

Mär

Apr

Mai

Jun

Jul

Aug

Sep

Okt

Nov

Dez

Ø Temperatur max. (°C)

25

25

25

24

22

20

19

19

20

22

23

24

Ø Temperatur min. (°C)

15

16

15

13

11

8

7

7

8

10

11

13

Ø Niederschlag (mm)

380

600

395

116

65

54

43

44

34

30

55

128

Im südlichen Winter fallen die Temperaturen in den Bergen nachts oft unter den Gefrierpunkt, die Frostgrenze liegt dann bei etwa 1.500 m ü. M. Auf den höchsten Gipfeln kann auch Schnee fallen, der aber tagsüber regelmäßig wieder abschmilzt.

Was bedeutet dies alles für den Besucher der Insel? Wer Regen und tropische Hitze scheut, sollte den milden Winter als Reisezeit wählen, also die Zeit zwischen Mai und Oktober. Zwar muss man auch dann in den Bergen mit Nebel und Schauern rechnen, hat aber durchschnittlich größere Chancen, auch noch um die Mittagszeit die Gipfel ohne Wolkenumhüllung zu erleben. An der Küste ist es in dieser Zeit warm, aber nicht unangenehm heiß. Für die Abende sollte man nicht nur in den Bergen Socken und Pullover einpacken. Im Südwinter ist zu beachten, dass der August die Hauptreisezeit der französischen Besucher ist; die Ferienquartiere können dann völlig ausgebucht sein.

Auch der Beginn des Sommers, von November bis Mitte Dezember, ist sehr schön. Zu dieser Zeit blühen die Jacarandas (Palisanderholzbäume) und Flamboyants (Flammenbäume), und die Mangos und Litschis sind reif. Auch wenn Réunion im Südwinter vor allem grün ist, gewinnt die Insel zu dieser Zeit mit jedem Niederschlag an Farbintensität, gleichzeitig kann man jedoch mit ein bisschen Glück einige Tage mit sehr gutem Wetter haben. Die Niederschläge erreichen ihren Höhepunkt erst ab Anfang Januar und bleiben bis zum März auf ähnlichem Niveau. Während dieser Zeit gibt es auch die meisten Mücken. Trotz dieser etwas ungünstigen Prognosen gehört die Zeit von Mitte Dezember bis Mitte Januar zur Hochsaison (Weihnachtsferien!). Wer dem Trubel entgehen will, sollte also die Festtage genauso meiden wie den August.

Flora und Fauna

Schon durch die Ankunft der ersten Portugiesen und Holländer wurde der ursprünglichen Flora und Fauna Réunions Schaden zugefügt. Die Schweine, Schafe und Ziegen, die man als lebenden Proviant zurückließ, dezimierten durch Viehverbiss die jungen Pflanzentriebe und räuberten die Nester der Laufvögel aus. Ähnliches geschah durch Ratten und Hunde, die mit den Seefahrern auf die Insel kamen. Außerdem musste die einheimische Tierwelt herhalten, um die Kochtöpfe der Holländer bei der Weiterfahrt zu füllen – betroffen waren davon vor allem die flugunfähigen Vögel (Solitäre, Dodos), die gänzlich ausgerottet wurden, sowie Papageien und Elefantenschildkröten.

Der Tier- und Artenreichtum auf der Insel war ohnehin nie besonders groß gewesen. Da die landschaftliche Struktur Réunions auf engstem Raum völlig unterschiedliche topografische und klimatische Zonen vereinigt, fehlten an Land größere Reviere, die für den Fortbestand einer Art notwendig sind (demgegenüber zeichnet sich die Unterwasserwelt durch einen enormen Reichtum an Fischen, Krebsen, Korallen usw. aus). Für den Wanderer hat dies allerdings den Vorteil, dass man selbst im Dschungel keine Angst vor gefährlichen Tieren haben muss.

Die Tierwelt wird heute dominiert von Vögeln und Insekten, unter denen einige Arten endemisch sind, d. h. nur auf Réunion vorkommen. Das gilt beispielsweise für den tec-tec