Rezepte? Wer braucht Rezepte? - Claus ÉCE Schönleber - E-Book

Rezepte? Wer braucht Rezepte? E-Book

Claus ÉCE Schönleber

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Beschreibung

Rezepte? Wer braucht beim Kochen Rezepte? Wir brauchen nur die nötigen Grundkenntnisse, einige Tipps und Tricks und hören uns ein wenig in der Geschichte der Menschen um. Und lesen einige Geschichten dazu. Das gibt es alles hier! Viel Spaß in der Küche und mit den Menschen!

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Seitenzahl: 252

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung zur BoD-Auflage

Für wen? Warum? Wozu?

Einleitung

Die Show

Originalrezepte?

Wasser und Wein

Das Kochen beginnt

Eier kochen

Ei im Glas

Ei im Schlafrock

Spiegelei

Rührei

French Toast oder Armer Ritter

Zucker-Ei

Kennzeichnung von Eiern

Kartoffeln kochen

„Setz mal die Kartoffeln auf!“

Alte Kartoffelsorten

Kartoffelreste: Endlose Möglichkeiten

Bratkartoffeln

Gnocchi

Nudeln, Teigwaren, Pasta

Saucen, Basics

Alkohol und Essen, die Zweite

Gewürze, Teil 1

Einige Supertipps zwischendurch

Ente tranchieren

Forelle „blau“

Feuerzangenbowle

Gewürze, Teil 2

Toast Hawaii, oder so

Reis

Pfannkuchen

Gemüse

Die Brühenbasis

Suppe?

Fleisch

Geschnetzeltes

Schnitzel

„Natur“ & einfache Marinade

„Paniert“

Pommes Frites

Kartoffelpüree

Linsen

Die Module

„Indisch“

„Kreolisch“

„Schottisch/Irisch“

„Italienisch“

Einige vollständige „Rezepte“

Leber „Paniert“

Spaghetti „Claudio“

Pellkartoffeln mit Heringshappen in Dill

Linsen „fast indisch“

Champignonschnitzel „Waldmännchen“

Nudelsalat „CECÉS“

Quarkstuten „Tuda“

Thüringischer Selterwasserkuchen

Promillekuchen „A7“

Käsekuchen „Alpine“

Blinde Bowle (0%)

MHD und ZVB

Einige Regeln und weitere Tipps

Ausstattung

Ein paar Bemerkungen zur Küche

Töpfe und Pfannen

Pfanne

Topf

Kochbesteck

Vorbemerkung zur BoD1-Auflage

Im Zuge eines Projekts für eine Klientin, das mit Hilfe von BoD produziert wurde, beschloss ich, diesen Weg ebenfalls für mich selbst auszuprobieren, um weitere Erfahrungen damit zu sammeln, die ich dann möglicherweise in meine Beratungen einfließen lassen kann. Ich bitte um Nachsicht: Ich bin Berater.

Dazu musste das bereits in einer Kleinauflage produzierte Buch umformatiert werden, um den Rahmenbedingungen dieses Produktionsweges zu entsprechen. Die Gelegenheit benutzte ich, um gleich einige Änderungen und nötige Korrekturen durchzuführen. Und… leider waren durchaus nicht wenige Korrekturen durchzuführen. Mea culpa!

Gedeck im Hotel

Besitzer der Erstauflage erhalten einen Gutschein über eine Stunde Beratung.

Die vorliegende Auflage unterscheidet sich daher in einigen Punkten von der ersten Kleinauflage und wird als Basis für einen möglichen zweiten Band dienen.

Viel Vergnügen beim Lesen, viel Spaß beim Kochen und viele interessante Begegnungen in Küche, Esszimmer und im Rest der Welt!

Claus ÉCE Schönleber

Passau, im Mai 2022

1 Books on Demand, https://www.bod.de/

Für wen? Warum? Wozu?

Dieses Büchlein ist für diejenigen, die nie kochen gelernt haben, es aber gerne könnten…

…die also entweder einfach daran Interesse haben oder – wie in neuerer Zeit – durch „Lockdowns“ (was realiter keine echten waren) dazu gezwungen wurden, weil viele Kneipen und Schnellfutterausgabestellen geschlossen waren oder inzwischen leider weiterhin zu sind. Naja, und weil durch die aktuellen Ereignisse (Stand: Frühjahr 2022) alles inzwischen so teuer geworden ist, dass selbst die Currywurst am Kiosk mehr Geld kostet als ein Smartphone. Weil der tägliche Konsum von Fertigessen oder die schlabberige Pizza vom Lieferdienst einfach zu sehr ins Geld gehen und darüber hinaus zu ungesund sind. Dieses Büchlein ist also für alle, Alt und Jung!

Es gibt unzählige Kochbücher, aber keines, das sich mit den echten Basics beschäftigt. Kochbücher geben eigentlich überflüssigerweise nur Rezepte wieder (die sowieso irgendwo abgeschrieben sind). Aber sie erklären nicht die wichtigen Grundkenntnisse, die benötigt werden, um selbstständig aus vorhandenen Zutaten ein Essen zu kreieren. Die allermeisten Rezepte sind dummes Zeugs. Wichtig ist, selbst ein schmackhaftes Essen zubereiten zu können, weil man weiß, welche Zutaten miteinander wie reagieren, wie einfachste Küchenchemie geht und was Gewürze überhaupt sollen.

Vor allem die Jüngeren lernen Kochen (wie auch das nötige Allgemeinwissen) gar nicht mehr und sind schon recht hilflos, was den Umgang mit dem Essen und mit dem Alltag angeht. Deutlich zu sehen an den so genannten „Kochshows“, in denen inzwischen fast nur noch Unsinn produziert wird. Und alle füttern damit auch die Lebensmittelindustrie, die schlechtes, hochverarbeitetes Essen in Minimalportionen für horrend viel Geld an die ahnungslosen Leute verkauft. Die Zutatenlisten im Supermarktregal sind heutzutage oft schon spannender als jeder Horrorroman.

Fast Food? Ich habe mal im Bahnhofsfuttertrog eines Schnellbraterkonzerns gesessen, weil mich ein Geschäftsfreund dazu eingeladen hatte. O.k., kostenloses Essen für mich. Wir bestellten jeder eine große Pizza, jeder von uns bestellte noch drei zusätzliche Belage dazu und eine große Zuckerlösung im Pappbecher. Rate mal, was mein Geschäftsfreund für uns beide bezahlt hat? Für Pizza, Belag und Getränk? Rund 60 EUR (Stand: 1995)! Für so einen Betrag hätte ich mit netter Begleitung in ein gehobenes Restaurant gehen können, und wir hätten beide zwei vorzügliche Menüs genießen können und hätten von echter Keramik, mit ordentlichem Besteck essen, von netter Servicekraft verwöhnt werden und an einem vernünftigen Tisch sitzen können! Schade eigentlich! Ok, wer sich für 12 EUR ein pappiges Brötchen mit Fleischabfällen und Zuckerlimo reintun will, o.k., soll es tun! Sich dann aber zu beschweren, dass man (a) nicht satt wird, (b) bald kein Geld mehr hat und (c) nach einigen Monaten gesundheitliche Probleme kriegt und der Krankenkasse auf der Tasche liegt, dafür habe ich dann sehr wenig Verständnis!

Auch Trinkwasser aus dem Hahn ist bei uns sauberer als das Wasser aus den Plastikflaschen vieler Mineralwassermarken, das von weit, weit her transportiert wird und die Straßen verstopft. 1000l Wasser aus Mineralwasserflaschen kosten 500 EUR (wenn ich pro Literflasche 0,50 EUR rechne)! Die ich auch noch schleppen muss! Und 1 Kubikmeter Trinkwasser aus dem Hahn kostet nur ca. 2 EUR oder sogar weniger! 1 Kubikmeter sind 1000 Liter. Also 498 EUR gespart. Das ist Dein Jahresurlaub am Mittelmeer! Und das Wasser aus dem Hahn ist bei uns extrem gut, von Kiel bis Passau! Nun entscheide Du, was Dir wichtig ist.

Vegan? Vegetarisch? Fleisch?

Warum sollte ein Kochbuch so etwas vorschreiben? In diesem Büchlein werden die Grundlagen des Kochens erklärt. Wenn Du das verinnerlicht hast, bist Du in der Lage, für Dich selbst zu entscheiden, ob Dein Essen Fleisch enthalten soll oder ob es vegetarisch oder vegan werden soll. Du entscheidest das, nicht das Buch.

Wozu streiten? Jeder isst das, was ihr oder ihm schmeckt. Aber alle müssen beim Kochen wissen, wie die Grundlagen sind. In den Abschnitten über Fleisch werde ich durchaus die schlimmen Bedingungen in der industriellen Tierhaltung kurz diskutieren, aber letztendlich müssen auch diejenigen, die nur „Bio-Fleisch“ essen, realisieren, dass die Tiere letztendlich getötet werden. Und wenn wir es genau nehmen wollen, müssen auch Vegetarier und Veganer realisieren, dass sie Lebewesen essen. Pflanzen und Pilze sind Lebewesen. So sollten wir alle unsere Ethik überprüfen und mit der Realität synchronisieren. Wir leben, weil wir anderes Leben essen.

Eine wichtige Anmerkung für alles folgende:

Jede Pfanne und jeder Herdtyp und auch jeder einzelne Herd sind und benehmen sich anders. Während Gasherde sofort heiß werden und schnell und brutal auf jede Temperaturänderung reagieren, sind klassische Elektroherde eher langsamer und schwerfällig. Herde mit Ceranfeldern sind zwar recht schnell bei den Änderungen der Temperatur, einige haben aber Schwierigkeiten, überhaupt ausreichend heiß zu werden. Induktionsherde sind ein Thema für sich. Ich habe auf Herden verschiedenen Alters und auch auf verschiedenen Systemen mit verschiedenen Pfannen und Töpfen gekocht. Dieses Büchlein entstand, während ich einen alten Elektroherd zur Verfügung hatte. Meine Pfanne ist aus Schmiedeeisen, das beste Material nach meiner Erfahrung. Das ist keine schlechte Kombination, im Gegenteil. Ich koche damit sehr gerne.

Der Grundsatz „wenig Temperatur“ gilt zwar, was die Pfannentemperatur angeht, kann aber auf jedem Herd eine andere Stufe auf der Anzeige oder auf den Reglern bedeuten.

Probiere das auf Deinem Herd erst einmal gründlich aus. Wichtig ist, dass die Pfannentemperatur gemäßigt ist, so dass nichts verbrennt. Rauchendes Öl ist dabei immer ein Warnzeichen und bedeutet: Viel zu heiß! Und gesundheitsschädigend.

Öle sollten in keinem Fall die 180ºC-Marke überschreiten!

Die Fleischtemperatur sollte innen ca. 60ºC sein. Es gibt Fleischthermometer, die das anzeigen können. Mehr dazu am Schluss des Büchleins unter „Fleisch“.

Einleitung

Wer fleißig Kochsendungen schaut und genau zusieht, merkt irgendwann, dass die „Finesse“ beim Kochen oftmals einfach nur Show ist. Die Rezepte sind häufig sehr, sehr simpel. Da werden Spiegeleier und Schnitzel gebraten, oder es werden „Salate“ gemixt. Salate! Übrigens, „Salat“ bedeutet ursprünglich „gesalzen“, später aber bedeutete es einfach „Durcheinander“. Und was soll ein „Salatrezept“ auch sein? Da ist drin, was die Saison bietet und wozu Du Lust hast! Salate sind ein Spiegel der Saison. Daher sind „Salatrezepte“ mehr als überflüssig. Mit ein paar wenigen Grundkenntnissen lassen sich unzählige Salate kreieren.

Ein Zugeständnis muss ich aber machen! Da wir leider immer noch in einer sehr altmodischen Welt leben, gibt es viele bürgerliche Haushalte, in denen die Kinder tagsüber im Kindergarten oder in der Schule sind, der Vater mehr oder weniger fleißig einem Job nachgeht, um der Familie ein paar Semmeln nach Hause zu bringen und in denen die Mutter ein wenig putzt, Wäsche wäscht, Geschirr spült, einkauft und kochen muss. Das alles hat bis zum Mittag, manchmal auch erst bis zum Abend, fertig zu sein. Und es muss jeden Tag etwas anderes auf dem Tisch stehen. Sonst quengeln die Blagen. Und genau dafür sind diese Vormittagssendungen im Fernsehen da! Sie können nebenher laufen und erzählen, wie man aus Spinat, Kartoffeln und Spiegelei eine neue Variante macht, die garantiert keiner erkennt, also zum Beispiel „Pochiertes Ei an Spinatbeet mit Prinzesskartoffeln“. Schon wissen die Blagen nicht mehr, dass sie Großmutters Dienstagsgericht vorgesetzt bekommen. Gut, muss man ja nicht angucken! Ist eh nervig, dauergrinsende Leute in verlotterten Schlafanzügen durch ein mit Stroh und Blümchen vollgepacktes Studio rennen zu sehen. Manche Studios haben schon eine seltsame Vorstellung von präsentabler Mode… Aber etwas können wir dann doch lernen: Wenn wir für uns selbst täglich oder wenigstens öfter mal kochen sollen, dann haben wir dasselbe Problem: Was essen wir morgen? Und reicht dazu unser Geldbeutel?

Nun ist dieses Problem offensichtlich auf deutlich verwöhntem Niveau und unterscheidet sich von denselben Fragen, die in Kriegsgebieten, verdorrten Steppen und Wüstengebieten oder in den Slums der Metropolregionen der Welt von notleidenden und hungernden Menschen gestellt werden. Daher sollen die Fragen umformuliert werden, um die Situation dieser ungefähr eine Milliarde hungernder und notleidender Menschen auf unserem Globus nicht in ignoranter Weise zu verzerren:

1. Wie können wir aus den Zutaten, die uns immer in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, eine etwas abwechslungsreichere Folge von Mahlzeiten kreieren?

2. Können wir uns auch hin und wieder ein wenig ausgefallenere Zutaten leisten, um aus dem geschmacklichen Standard gelegentlich auszubrechen?

Dazu bedienen wir uns der Modulmethode, wie sie jedes Restaurant kennt. Wenn ich drei Beilagen, vier Gemüsesorten, fünf Fleischsorten und sechs Saucen habe, vielleicht noch in verschiedenen Zubereitungsformen, dann kann ich daraus mindestens 3x4x5x6=360 Gerichte machen. Fast jeden Tag im Jahr ein „anderes“ Gericht. Das reicht für einfache Gemüter, um Vielfalt vorzugaukeln. Und das ist der Grund, warum ein Gast im Restaurant gerne mal „Kann ich auch Reis statt Kartoffeln bekommen?“ oder „Geht das Schnitzel auch mit Pute?“ sagen darf. Ist ja kein Problem, jedes Modul hat festgelegte Preise.

Die Show

Du glaubst das nicht? Schau einfach genau hin und prüfe bei abgestelltem Ton, was da wirklich gemacht wird! Die meisten Fernsehbrutzler erzählen viel Kokolores. Aber: Sie verdienen ordentlich Geld damit, weil die Zuschauer in so einer Show vor lauter „Ah!“s und „Oh!“s nicht mitkriegen, wie sie hinters Licht geführt werden.

Privates Festbuffet – Die große Show zum Essen

Nur sehr wenige Fernsehköche und -köchinnen haben es wirklich drauf und lohnen einen zweiten Blick. Je länger die aber dabei sind, desto größenwahnsinniger werden die meistens. Versuche, diese wenigen Ausnahmeküchenzauberer in ihrer glorreichen Anfangsphase zu entdecken. Finde einfach selbst heraus, welche das sind. Es wird aber eine Weile dauern, bis Du durch den Dschungel von leerem Geplapper, hektischem Gehabe und sinnlosen „Rezepten“ durchblickst.

Und vergiss niemals: Die meisten Menschen haben keinen Kritikergaumen (viele Kritiker übrigens auch nicht). Wir kochen für uns. Oder für Freunde und Verwandte, nicht für ausgebildete Meisterköchinnen und Restaurantkritiker. Egal, was irgendjemand behauptet! Wenn es Dir schmeckt, war es richtig! Kein Wenn, kein Aber und keine Diskussion! Was natürlich nicht heißt, dass Du Dich nicht weiterentwickeln sollst.

Es gibt immer Besserwisser unter den Gästen, aber letztendlich essen sie das, was Du ihnen vorsetzt – oder nicht; und werden dann natürlich auch nicht wieder eingeladen. Lass Dich dann von denen einladen, und meckere bei denen. Wer sich vor allen Leuten über Dein Essen lustig macht, ist nicht Dein Freund! Du hast ein Dinner Date und das Date lästert? Hah! Wenn ein Mensch bei dem, was Du gekocht hast, eine schiefe Miene zieht und das nicht essen mag, ist klar, dass dieser Mensch mit Dir sowieso nichts anfangen kann! Sofort rausschmeißen! Eine Person, die Dein Essen nicht mag, aber Dir als Person viel abgewinnen kann, wird Dir lächelnd sagen: „Hey, nett, dass Du gekocht hast, aber das Essen war echt Müll. Wollen wir nicht mal zusammen in die Küche gehen und schauen, was wir da gemeinsam zaubern können?“ Denn das Essen ist ja beim Date gar nicht wichtig, sondern das „gemeinsam“ und das „zusammen“. Gell? Viel Spaß in der Küche! Küche ist optimal dafür!

Originalrezepte?

Lass Dich nicht beirren, wenn jemand meint, dass „das“ nicht das Originalrezept sei! Denn was soll ein „Originalrezept“ sein? Klar, man schmeißt keinen in Plastik verpackten Schmelzkäse auf Spaghetti oder in ein Fondue (man benutzt ihn überhaupt nicht!). Aber ich kann in ein Gericht selbstverständlich alles reintun, was ich will. Und wenn ich auf der Pizza gerne Ananas mag, dann tu ich sie drauf, da mögen noch so viele laut aufjaulen! Wen interessiert das denn? In Rom bekommst Du auch Pommes Frites oder Spinat und Ei auf die Pizza, das stört dort auch keinen. Warum sollte es dann Dich stören? Wer´s nicht mag, soll´s einfach nicht essen und die Klappe halten. Gehen wir mal ein paar Beispiele durch, von denen Du sicherlich schon mal gehört hast:

Schottisches Haggis in Edinburgh

Chop Suy

Chinesisch? Vielleicht. Niemand weiß genau, wo es „erfunden“ wurde. Aber übersetzt heißt es „gemischtes, klein geschnittenes“. Aha. Je nachdem, wo man die Ursprünge und Aussprache ansiedelt, kann es auch „verschiedene Reste“ bedeuten. Es gibt auch keine belegten Fakten über ein einheitliches Rezept. Es ist wohl irgendwann in den 1960er-Jahren in die USA gekommen und hat sich von dort irgendwie verbreitet. Gibt es auch nur in zwei Restaurants auf der Welt dasselbe Rezept dafür? Eben!

Originalrezept:

Gibt es nicht, Resteessen

Ursprung:

Ort unbekannt

Spaghetti Bolognese

Wundert es irgendjemanden, dass Ragù alla bolognese überall, außer in Italien, zu Spaghetti gegessen wird? Es ist einfach eine Sauce mit Hackfleisch, die in Italien eigentlich zu vielem, vor allem zu allerlei Pastasorten und Eiernudeln gegessen wird. Aber eben nicht zu Spaghetti, so wird es erzählt. Aber wen interessiert das? „Hackfleisch“ sind sowieso die Fleischreste, die man nicht mehr in ganzen Stücken vermarkten oder zubereiten kann oder mag. Insofern sind alle Hackfleischgerichte irgendwie Resteessen. In diesem Büchlein werden wir das Thema „Hackfleisch“ nur streifen. Ist für uns eh zuviel Arbeit.

Originalrezept:

regional verschieden, eine schmackhafte Sauce aus Resten

Ursprung:

Ort unbekannt

Döner Kebab

Ganz ehrlich! Welche Kultur hat nicht irgendwann schon sehr früh entdeckt, dass man Fleischstücke am Spieß über Feuer braten kann? Auch der vertikale Spieß ist keine exklusive Erfindung. Und wer kam nicht auf die Idee, das dann zu würzen? Oder mit Brot zu essen? Oder zusätzlich Gemüse dort reinzustopfen? Das gibt es seit Jahrtausenden überall auf der Welt. Es heißt nur verschieden, und es werden natürlich die regional verfügbaren und typischen Fleischsorten und Gewürze benutzt. In Griechenland kennt man es zum Beispiel als Gyros, in Syrien und anderen Ländern des östlichen Mittelmeerraumes als Schawarma. Und ist das wirklich so verschieden im Vergleich zu einem mexikanischen Burrito? Wo dieser Imbiss nun erfunden wurde? Darüber gibt es auch unterschiedliche Meinungen. Aber es ist ja egal, woher es kommt. Gegrilltes Fleisch und Gemüse im Fladen. Schmeckt immer gut!

Originalrezept:

alle haben eines, regional unterschiedlich

Ursprung:

mindestens Planet Erde

Salade niçoise

„Anchovis! Unbedingt Anchovis!“ Lautstark, fast trotzig bestand ein Bekannter vor einiger Zeit einmal mir gegenüber auf diese Zutat. Es gab aber wohl nie ein „verbindliches“ Rezept dafür. O.k., irgendwas Grünes ist drin, Tomaten gehen sicherlich auch und kleine Fische, also Sardellen oder Anchovis. Da das aus dem Mittelmeerraum stammen soll, sind bestimmt auch noch Oliven drin. Salat und Fisch sind aber immer Saisonware. Also wird das genommen, was die Saison und der Konservenvorrat hergeben.

Originalrezept:

keines

Ursprung:

vielleicht auch irgendwo in Frankreich

Shepherd´s Pie

Ein schnelles Gericht aus Fleisch und Kartoffelstampf. Original? Irgendwie, diese Variante wird dem irischen und schottischen Raum zugesprochen. Und es handelt sich definitiv um ein Resteessen, in dem man Fleischreste aller Art vom Vortag verarbeitet hat. Das wird auch heute noch in Restaurants so gemacht: Fleischreste werden geschnetzelt, als Hack, als Teigbelag oder im Teigmantel zubereitet und serviert. So kann man von der abgeklungenen Fleischqualität der Reste der Vortage ablenken.

Ist es ein typisch regionales Gericht? Naja, irgendwie schon. In Irland, in Schottland, in den USA, in Australien, in Neuseeland, in Frankreich, in der Türkei und in anderen Regionen. Jede Region der Welt hat ihr „Fleisch-Kartoffel“-Rezept. Selbst die Briten haben Tausende von Rezepten dafür, und alle sind garantiert „original“! Meines folgt weiter hinten.

Originalrezept:

gibt es nicht

Ursprung:

Planet Erde

Bouillabaisse

Fischsuppe? Eher eine leckere Fischrestesuppe. Das „Rezept“ ist schon tausende Jahre alt, wohl westliches Mittelmeer. Und man kann davon ausgehen, dass die Reste der Fische, die auf dem Markt übriggeblieben sind, dann alle in eine Suppe geschmissen worden sind. Essbares schmeißt man nicht weg! Da Fisch aber nicht unbedingt einen kräftigen Eigengeschmack besitzt, musste man das natürlich noch gut würzen. Das einzig typische an dieser Suppe ist dann der Safran. Eigentlich ein sehr teures Gewürz, aber das war auf der iberischen Halbinsel eben preiswerter, und so sagt man speziell den Katalanen nach, dass sie zu dem „Rezept“ den Safran beigetragen haben.

Originalrezept:

Fischrestesuppe mit Safran

Ursprung:

auch westliches Mittelmeer, mit katalanischer Hilfe

Paella

Ein Gericht aus der Region Valencia (nicht „Spanien“). So wird es immer sehr laut und deutlich erläutert. Aber ist man sich einig über die Zubereitung? Naja, es gibt zahlreiche Rezepte für eine Paella. Einig sind sich alle über die benutzte Pfanne, auch dass man das mittags isst (in Spanien ist das – so wird es berichtet – gegen 15 Uhr2), niemals abends. Der Reis muss natürlich arroz bomba sein, sowieso aus Valencia. Der Rest ist Glaubenssache. Aber mal unter uns: Ist ein kreolisches Jambalaya vom Prinzip her etwas anderes? Reis mit Zeugs drin? Da gibt es beliebig viele Varianten. Und wenn selbst die Leute aus Valencia sich nicht auf ein einheitliches Rezept einigen können, warum sollte das dann nicht anders gemacht werden können oder woanders anders heißen?

Originalrezept:

gerne mit Paellareis

Ursprung:

Naja, bestimmt auch Valencia

Chili con Carne

Was sagt uns der Name? „Chilischoten und Fleisch“. O.k. Wenn wir Ursprünge suchen, müssen wir schauen, wie Fleisch früher haltbar gemacht wurde: Fleisch wurde im südlichen Teil Nordamerikas scharf gewürzt, getrocknet (Jerky) und später mit dem, was gerade da war, aufgekocht. Also kann da auch alles rein. Es war ein Gericht, das man sich zum Beispiel auf Reisen und Wanderungen durch die unwirtlichen Gegenden des nordamerikanischen Südens und Westens machte. Und wie bei allen „traditionellen“ Gerichten streiten sich Regionen und Menschen seit jeher über die ursprüngliche Herkunft, die richtigen Zutaten und die Schreibweise. Bohnen in Chili? Ja, warum denn nicht? Bohnen waren billiger als Fleisch, und wer kein Geld für Fleisch oder Zeit für die Jagd hatte, der hat da dann eben die proteinreichen Bohnen reingeworfen, ein guter Fleischersatz. Und warum nicht beides? Chili ist immer lecker. Im Bild: „Bestes Chili von Welt“ (anno 2005: mit roten Bohnen, türkischem Fladenbrot und irischem Doublestoutbier; „Palenke“, Kiel – So mote it be!).

Originalrezept:

regional viele unterschiedliche

Ursprung:

die heutige südwestliche Grenzregion zwischen Mexico, New Mexico, Arizona und Texas … oder wo man sonst noch Bohnen oder Fleisch scharf gewürzt gekocht hat.

Beef Wellington

Was Feineres, gefällig? Aber auch hier scheitern wir wieder mit dem Originalrezept. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert wird in gehobenen (und dekadenten) Kreisen gerne mal ein Stück Rinderfilet in Teigvarianten gestopft und zubereitet. Es ist aber natürlich kein Geheimnis, dass Fleisch und Brot zusammen einen trickreichen Geschmack erzeugen (siehe Döner Kebab). Also waren Variationen davon wenigstens in den USA, in Frankreich und auf den Britischen Inseln bis hin nach Polen bekannt. Schon wieder nichts.

Originalrezept:

Filet im besonders feinen Teigmantel

Ursprung:

vielleicht im 19. Jahrhundert, mindestens westliche Hemisphäre. Vielleicht.

Du glaubst das immer noch nicht? Na gut, einen habe ich noch…

Huhn Marengo

Napoleons Lieblingsessen soll das gewesen sein. Interessanter ist aber, wie das „Rezept“ dazu beschrieben wird (nachzulesen z. B. in der Wikipedia):

„… Das ursprüngliche Rezept war wesentlich einfacher, wurde aber im Laufe der Zeit verfeinert und variiert. … Später wurde das Rezept durch die Zugaben von Tomaten und Wein ergänzt und schließlich durch Auguste Escoffier verfeinert, der anstelle der Tomaten die Beigabe von Trüffeln empfahl. Heute gibt es verschiedene, einfachere oder raffiniertere Rezepte.“

Also: Aus einem einfachen Gericht wurde immer wieder ein völlig anderes Essen gestaltet. Und daher gibt es heute viele und sehr verschiedene Gerichte, die „Huhn Marengo“ genannt werden. Man nennt das „verfeinern“ und „variieren“. Kurz: Es gab und gibt auch hier niemals „ein Originalrezept“!

Das erinnert mich an einen alten Witz mit „Radio Eriwan“:

Frage an Radio Eriwan: „Ich möchte heute Abend Ente mit Orange machen. Ich habe aber nur ein Kaninchen und Knoblauch. Schmeckt das dann genauso?“

Antwort von Radio Eriwan: „Im Prinzip ja. Aber anders.“

Genau so funktionieren „Originalrezepte“.

Und nun?

Immer noch Lust auf Originalrezepte? Ach, bereite es einfach so zu, wie Du es willst! Schmeckt´s trotzdem? Ja? Warum sollte man es dann nicht essen? Mach Dir ein Döner Kebab mit Filet und Trüffel, Spaghetti mit asiatischer Currysauce und Ente (Nudeln stammen sowieso aus Asien) oder ein Chili mit Erbsen und Spargelstücken. Denn:

„A foolish consistency is the hobgoblin of little minds3“ (Ralph Waldo Emerson)

Die bei uns heute bekannte „französische Küche“ ist nach dem Fall der französischen Monarchie durch die Französische Revolution entstanden, so sagt man, weil die vielen Hofköche nun arbeitslos waren und kein König mehr ihre delikaten Rezepte bewundern wollte oder konnte. Also machten sie Restaurants auf, Orte der „Erholung“. Und kochten dort für die Citoyens, die neuen Bürger. Gab es damals Originalrezepte? Ja. Jeder Koch hatte seine eigenen. Also kannst auch Du alles zusammenkippen, was Dir Spaß macht.

Ein paar Regeln gibt es natürlich trotzdem, weil bestimmte Kombinationen einfach besser schmecken oder gesünder sind. So gehört der Senf einfach zur Bratwurst dazu, weil sie dann bekömmlicher und ein bisschen gesünder ist (oder wenigstens weniger schädlich). Dasselbe gilt für moderne Sushi-Zubereitungen: Wasabi (auch als simpler grüner Meerrettich) und eingelegter Ingwer gehören dazu, um die im Rohfisch enthaltenen Keime und Parasiten halbwegs ordentlich abzutöten (o.k., Fadenwürmer sollten eigentlich keine mehr im Fisch sein…).

Und letztendlich sind fast alle guten Rezepte sehr einfach, weil sie oftmals aus der einfach gehaltenen, traditionellen, bäuerlichen, häuslichen (und oft sehr armen) Küche aus früheren Zeiten stammen. Die Leute hatten früher zum Kochen normalerweise nicht ewig Zeit. Wenige und preiswerte Zutaten, kurze Zubereitung, das war oft schon alles. Auch „Unser täglich Brot“ war bei uns früher meistens einfach rohe Wassermehlpampe, keine knusprig gebackene Weizenschrippe. Jeden Tag Feuer zum Brotbacken zu machen war ebenfalls einfach zu teuer für unsere Vorfahren. Und zu aufwändig.

Das bedeutet aber auch, dass teure Zutaten schon deswegen nicht „original“ sein können, weil sie eben einfach zu teuer waren. Und es bedeutet auch, dass jede Familie ihr eigenes Rezept hatte (und heute oft noch hat), „á la Muttern“ eben. Genau diese Rezepte entstanden auch gerne als „Resteessen“, also aus allem, was vom Vortag noch da war. Man schmeißt gutes Essen nicht weg! Kennst Du das nicht aus der Kantine in der Firma oder aus der Mensa? Mittwoch gibt es gegrilltes Hähnchen, Donnerstag dann Hühnerfrikassee und Hühnersalat. Ach? Na, dämmert´s? Und wir haben es oben an der Liste mit Beispielen gesehen, dass viele solcher „traditionellen" Gerichte Lebensmittelrecycling sind, also realiter Resteverwertung. Das meine ich überhaupt nicht abwertend, denn Reste können sehr delikat sein! Nur: „Reste“ bedeutet, dass es kein einheitliches Rezept geben kann. Reste plant man nicht. O.k., wir als Kinder wollten das freilich schon. Wir wollten immer den guten überbackenen Nudelauflauf, der aus Resten gemacht war. Wenn wir Kinder das sehr lautstark forderten, musste Mutter dann eben die „Reste“ frisch zubereiten. Dann waren wir Blagen zufrieden und moserten eine Weile nicht mehr herum.

Das bedeutet: Schau Dir zu Anfang eines oder mehrere der „Originalrezepte“ eines Gerichts erst einmal an, einfach, um die „Seele“ des Gerichts, das Grundprinzip kennenzulernen. Aber halte Dich später nicht sklavisch daran. Mach das später so, wie Du es möchtest, wie es Dir schmeckt. Beispiele gibt es weiter hinten im Büchlein.

So, wie ich es mit dem „Nusskuchen“ gemacht habe (das Rezept gibt es später): Ich war mit einem Kollegen während einer längeren Fahrt auf der Autobahn 7 auf eine Fahrpause bei seinen Eltern in Unterfranken. Dort gab es einen Nusskuchen zum Nachmittagskaffee. Der Kuchen war toll! Ich erbat mir das Rezept, was mir auch gleich aufgeschrieben wurde. Zuhause angekommen, habe ich das dann bald ausprobiert. Ja, er gelang mir gut! Ein paar Wochen später rührte ich den Teig wieder an und… bemerkte, dass ich keine Nüsse mehr hatte! Hmpf! Irgendwas musste ich rein tun, sonst wäre der Kuchen zu langweilig geworden. Auf dem Küchentisch stand noch Kakaopulver. O.k., rein damit! Das wurde dann ein hübscher Kakaokuchen! Schmeckte auch gut! Nun stand im Rezept unter anderem „eine Tasse Wasser und Rumaroma“. Als ich den Kuchen wieder mal anrührte, wurde ich übermütig und dachte mir: „Das Rumaroma schmeckt man ja kaum“. Kannst Du Dir denken, was ich nun angestellt habe? Richtig! Ich drehte diesen Teil des Rezepts einfach um, und es wurde „eine Tasse Rum und ein bisschen Wasser als Aroma“ daraus. Wow! Der Kuchen war gut! Echt gut! Mein Rumkuchen war geboren. Das wurde der Renner auf Partys. Naja, ähnliches passierte mir später nochmal, als ich keinen Rum mehr hatte, aber noch einen kleinen Rest Whisky (die Schreibweise deutet auf das schottische Lebenswasser hin. Die Schotten mögen mir verzeihen!). Das schmeckte dann noch besser als mit Rum, und diesen Kuchen servierte ich nun immer als Whiskykuchen. Der Weg vom simplen Nusskuchen bis zu meinem „Promillekuchen“ war lang… und erfolgreich!

Alkohol habe ich dann aber später aus der Küche verbannt. Ein guter Tropfen gehört nicht ins Essen, ein schlechter Tropfen gehört nicht ins Haus. As simple as that.

Merke Dir den Grundsatz erfolgreicher Küchenstars:

„Man kann alles zusammenkippen, was essbar ist. Und wenn man dann noch einen pfiffigen Namen dafür erfindet, ein wichtiges Gesicht dazu aufsetzt, mit einem Kochlöffel wirbelt und dabei hektisch Töpfe und Pfannen hin und her schiebt, dann wird man berühmt und verdient reichlich Kohle.“

O.k., die „Experten“ beschreiben das in der Öffentlichkeit anders, also ungefähr so:

„Erfolgreiches Kochen erfordert Kreativität und den Mut zu neuen, pfiffigen Geschmackskombinationen.“ Oder kürzer: „Suche Drama im Mund.“

Na, sowas irgendwo schon mal gelesen? Na also! Mach´s einfach genauso!

Natürlich reicht einfaches Zusammenkippen nicht ganz. Die Verhältnisse müssen schon halbwegs stimmen. Du ertränkst Deine Pommes Frites ja auch nicht unter zwei Litern Ketchup. Aber das kann man ja durch Probieren herausfinden.

Finde Dein eigenes „Originalrezept“, und erzähle dann, dass Du das beim letzten Urlaubstrip im einsamsten Dorf an der Route während einer Autopanne bei der Familie des Werkstattbesitzers gegessen hast, während Ihr auf die Ersatzteile gewartet habt. Oder so ähnlich. Die Leute in unserem Land glauben und essen einfach alles. Man muss es nur entsprechend verkaufen und selbstbewusst servieren. Woanders ist das manchmal schwieriger.

Aber streite Dich um Himmels willen nicht mit Menschen, die an „Originalrezepte“ glauben! Das sind Fanatiker! Sie werden „ihr“ Rezept bis aufs Blut verteidigen und tausend Quellen und zehntausend Einheimische nennen können, die das „Originalrezept“ immer schon so kochen und genau so erklärt haben und dass man das schon seit Achtzehnhundertleipzig so kocht. Nicke dann einfach und iss. Im Bild siehst Du eine „Asiatische“ Pfanne. Ehrlich: Was ist daran „asiatisch“4?

Gib stattdessen Deinem Essen einfach einen neuen Namen, den Deine Gegenüber nicht kennen. Zum Beispiel „Spaghetti Luiginosa“ oder „Steak d´Lino“ oder „Salade cannesoise“ oder „Schnitzel nach Elbmarschen Art“ oder „Ente nach Trischener Art“. Übrigens ist auch der „berühmte“ Caesar Salad einfach nur eine Notlösung gewesen, so wird überliefert, als nämlich der „Erfinder“ wegen Überfüllung seines Wirtshauses in Tijuana keine frischen Zutaten mehr vorrätig hatte und daher auf alle Reste und Konserven zurückgriff, die er noch im Keller hatte. Das alles zusammen gemixt ergab dann diesen heute „edlen und teuren“ Salat. Da auch das offenbar ein Resteessen war, kann man auch heute noch ohne schlechtes Gewissen in diesem Salat alles zusammenkippen, was gerade da ist, und dann erzählen, dass das das Originalrezept ist, dass man in Tijuana ins Ohr geflüstert bekam: „Das ist nicht das Zeugs, das wir den Touristen vorsetzen, Señor, das ist das alte Familienrezept meines Urgroßvaters!“

Benutze „Originalrezepte“ als erste Annäherung an das, was Du dann später daraus machst. Es ist dabei egal, welches der vielen „Originalrezepte“ Du benutzt. Probiere gerne einige aus, die Du gefunden hast, oder die sich für Dich so lesen, als sei das Essen lecker.

Es gibt allerdings Originalrezepte, die es nie in eine Kochsendung schaffen, genau weil sie unspektakulär sind und in ärmeren, einfachen Haushalten gegessen werden. Und aus Zutaten bestehen, die wenig Geld kosten, zumindest nahrhaft sind und mit entsprechenden Gewürzen sehr lecker sein können. Mit denen man aber keine Show abziehen kann.

So etwas wurde mir während eines Ungarnaufenthaltes serviert. Ich war zu Gast in einer sehr liebenswerten ungarischen Familie. Sie wohnten in einem kleinen Häuschen in einem sehr kleinen Dorf, alles sehr unscheinbar.

Eine Einladung zum Essen oder Trinken schlägt man auch in Ungarn nicht aus. So nahm ich also an und saß mit am Familientisch. Nun muss man dazu sagen, dass dort – wie auch in vielen anderen Regionen der Welt – Touristen oder auswärtige Gäste mit dem Essen gerne ein wenig geneckt werden. Denn man nimmt an (oft zu Recht), dass diese mit einer Handvoll Vorurteilen oder Klischees ausgerüstet ins Land stürmen und daher in der Regel falsche Erwartungen hegen. Touristengastronomie lebt von diesen Vorurteilen – und das nicht schlecht.